2. Blatt æu W. 229 Le ekar Bote Dienstag, I. Okt. 1935 — Englands Völkerbundstreue Die Ankwort auf die franzöſiſche Anfrage. Frankreich hatte vor kurzem an England eine An ⸗ frage gerichtet, deren Sinn beſagt, ob die britiſche Re⸗ gierung bei Angriffen und Vertragsverletzungen in Europa ebenſo entſchieden gegen einen Angreifer auftreten würde wie jetzt im italieniſch⸗abeſſiniſchen Konflikt. Oder, in der Diplomatenſprache ausgedrückt, Frankreich wollte wiſ⸗ ſen, in welchem Maße Frankreich in Hinkunft auf die ſo⸗ ſortige und effektive Anwendung aller Sühnemaßnahmen durch England rechnen könne, die Artikel 16 der Völker⸗ bundsſatzung für den Fall einer Verletzung der Völker⸗ bundsſazung und der Anwendung von Gewalt in Europa porſieht. Die franzöſiſche Anfrage bezog ſich insbeſondere auf die Möglichkeit, daß ein europäiſcher Staat, ſei es, daß er Mitglied des Völkerbundes ſei oder nicht, in Europa zur Gewalt ſchreite. In ſeiner Antwort verweiſt Sir Samuel Hoare, der britiſche Außenminiſter, auf ſeine Anſprache an die Völker⸗ bundsverſammlung vom 11. September, in der er betonte, daß die britiſche Regierung, ſoweit es in ihrer Macht ſtehe, alle Verpflichtungen der Völkerbundsſatzung erfüllen werde. Hoare erinnert daran, daß er im Verlauf ſeiner Genfer Rede bereits die Behauptung zurückgewieſen habe, daß die Haltung der britiſchen Regierung eine andere ſein könnte als die einer nie ſchwankenden Treue gegenüber dem Völ⸗ kerbund. Dies entſpreche nicht nur einer Grundnote ihrer auswärtigen Politik, ſondern auch der öffentlichen Mei⸗ nung Großbritanniens. Es bedeute ein vollkommenes Ver⸗ kennen der Wahrheit und ein Mißverſtehen dieſer Politik, zu behaupten, daß ſie ſich aus irgendeinem Grunde lediglich auf den italieniſch⸗abeſſiniſchen Streitfall beziehe. Das engliſche Volk habe ſeine Anhänglichkeit an die Grundſätze des Völkerbunds als ſolche und nicht an eine beſondere Aus⸗ wirkung derſelben bewieſen. Jede andere Auslegung würde eine Unterſchätzung der britiſchen Pflichttreue und eine An⸗ zweiflung der britiſchen Aufrichtigkeit bedeuten. Anknüpfend an dieſe ausdrücklichen Verpflichtungen be⸗ tont Hoare, daß der Völkerbund und mit ihm Großbritan⸗ nien für die kollektive Aufrechterhaltung der Völkerbunds⸗ ſatung in ihrer Geſamtheit eintrete. Dies gelte beſonders für einen feſten und kollektiven Widerſtand gegen alle Akte eines nicht provozierten Angriffs. Unter beſonderer Beto⸗ nung dieſes letzten Satzes ſtellt der britiſche Außenminiſter feſt, daß kein Mitglied des Völkerbundes ſeine Politik im voraus und im Hinblick auf einen beſonderen Fall, der möglicherweiſe eintreten könne, mit größerer Klarheit und Entſchiedenheit niederlegen könne als dies in den vorſtehen⸗ den Ausführungen geſchehen ſei. Hoare fährt dann wörtüch fort:„Ew. Excellenz werden bemerken, daß meine Rede ebenſo wie das vorliegende Schreiben von allen einen unprovozierten Angriff darſtel⸗ ſenden Handlungen ſpricht. Jedes Wort in dieſem Satz hat ſeine volle Bedeutung. Es iſt zugleich augenfällig, daß ein Vorgehen auf Grund von Artikel 16 der Völkerbundsſat⸗ zung, das im Falle einer poſitiven, einen unpro⸗ voztlertſ en Angriff darſtellenden Handlung geeignet wäre, nicht angewandt werden kann im Falle eines ledig⸗ lich negativen Handelns in Geſtalt der Nichterfül⸗ lung der Beſtimmungen eines Vertrages. In ſeinem Schreiben betont Sir Samuel Hoare dann weiter, daß es bei Beweishandlungen Abſtufungen der Schuld und Abſtufungen des Angriffs gebe. Je nach der Eigenart des betreffenden Falles könnten daher die auf Grund von Artikel 16 zu ergreifenden Maßnahmen ver⸗ ſchiedener Natur ſein. Dieſe Unterſcheidungen habe die franzöſiſche Regierung bereits anerkannt. Dementſpre⸗ chend müſſe daran erinnert werden, daß Elaſtizität in Bezug auf Vertragsverpflichtungen ein Teil der Sicherheit ſei. Jedes Völkerbundsmitglied müſſe anerkennen, was ja auch aus den Satzungen hervorgehe, daß die Welt nicht auf einem Fleck ſtehen bleibe. Hoare ſchließt:„Wenn es im Intereſſe des Friedens möglich iſt, die Gefahren auf ſich zu nehmen, müſſen ſie von Allen auf ſich genommen werden. Solange der Völ⸗ kerbund ſich durch ſein eigenes Beiſpiel erhält, werden meine Regierung und meine Nation voll für ſeine Grund⸗ ſätze in ihrem geſamten Umfang einſtehen. 5 Die amtliche franzöſiſche Auffaſſung bezüg⸗ lich der britiſchen Antwort lautet einer 1 Reutermel⸗ dung zufolge:„Wir ſind völlig be riedigt. Nichts könnte endgültiger ſein. Die Note ſtellt eine ſehr vollkom⸗ mene Antwort auf die Anfrage Frankreichs dar. Reuter fügt hinzu, es ſei allerdings auf den erſten Blick nicht ſicher, ob dies die allgemeine Anſicht der franzöſiſchen Oeffentlich⸗ keit ſein werde. Das„Journal“ bezeichnet die engliſche Ant⸗ wort als eine außerordentlich klare und der britiſchen Ueberlieferung entſprechende Kundgebung. England behalte ſich Handlungsfreiheit vor wie früher und werde gemäß ſei⸗ nen Belangen beſtmöglich handeln. Der„Petit Pariſien“ er⸗ klärt, ein Teil der franzöſiſchen Oeffentlichkeit werde wohl mit Bedauern eine gewiſſe Unbeſtimmtheit über die Sühne⸗ Beſtimmungen feſtſtellen, aber die engliſche Antwort ſcheine doch geeignet zu ſein, das mitunter erſchütterte Gefühl der Sicherheitsbürgſchaften in Europa zu feſtigen und die Völ⸗ ker zum Nachdenken zu veranlaſſen. Der„Matin“ empfindet es als eine Lücke, daß der Sühneartikel der Völkerbunds⸗ ſatzungen noch keine Unterſcheidung zwiſchen poſitiven An⸗ griffshandlungen und negativen Vertragsverletzungen mache. Das„Petit Journal“ erblickt in der Antwort eine feierliche und für alle ſchwerſtwiegenden Fälle gültige Ver⸗ pflichtung zur Aufrechterhaltung der europäiſchen Sicher⸗ heit. Das„Echo de Paris“ wünſcht zwiſchen Frankreich und England Verhandlungen der beiden Generalſtäbe, ähnlich denen, die 1905⸗14 die militäriſche Betätiaung der beiden Länder vorbereitete. 3 a In der Londoner Preſſe wird die Note vorbe- haltlos als eine Bekräftigung der Politik, die Sir Samuel Hoare in ſeiner Genfer Rede dargelegt hat, gebilligt. Die Blätter ſtimmen beſonders darin überein, daß die Note die deutlichſte und endgültigſte Erklärung über das Verhalten bei einem nichtherausgeforderten Angriff gebe, die erfolgen könne, bevor ein beſtimmter Fall eingetreten ſei.„Daily Te⸗ legraph“ erklärt, die Note bezeichne die britiſche Politik mit der größtmöglichen Deutlichkeit. Tatſächlich beſtehe ein ge⸗ waltiger Unterſchied zwiſchen der negativen Hand- lung der Nichterfüllung von Vertragsbedingungen und der poſitiven Handlung eines nicht herausgeforderten Angriffs, und es ſei eine geſunde allgemeine Regel, daß Sühnemaßnahmen ebenſo wie Strafen dem Verbrechen ent⸗ ſprechen ſollten. Im„News Chroniele“ heißt es, die Bedeu⸗ tung der Ausführungen über Sühnemaßnahmen ſei klar, Großbritannien ſei z. B. in ſtrittigen Fällen nicht zu Sühnemaßnahmen bis zur äußerſten Grenze, d h. militäriſchen oder Flottenmaßnahmen, verpflichtet. Der Landesverein Badiſche Heimat Wiedererweckung des Sippengedankens und Erneuerung der Volkstrachten. 2 Offenburg, 30. Sept. Heimatliebe und Heimatkunde ſind die zwei Grundpfeiler, die der ſich immer mehr aus⸗ breitende Landesverein Badiſche Heimat, Sitz in Freiburg i. Br., zu den Grundpfeilern ſeiner unterſtützungswerten Tätigkeit geſetzt hat. Seine diesjährige Landeshauptver⸗ ſammlung in der Ortenauer Hauptſtadt Offenburg nahm mit einem klar aufgebauten, neue Gedankenwege mit altem Gedankengut verſchmelzenden Vortrag des früheren lang⸗ jährigen Vorſitzenden, jetzigen Ehrenvorſitzenden der Badiſchen Heimat, dem Berliner Univerſitätsprofeſſor Dr. Fiſcher, über den mit dem Aufbau der Volksgemeinſchaft ſo eng ver⸗ 1 Gedanken der Sippenzuſammengehörigkeit ſeinen nfang. Aus dem von dem Vorſitzenden erſtatteten umfang⸗ reichen Geſchäftsbericht ging die große Arbeit des Vereins auf dem Gebiete des Heimat⸗ und Denkmalſchutzes hervor. Zunächſt wäre zu erwähnen ſein Eintreten für die Erhaltung des Hohenſtoffeln, der der Bevölkerung gehöre. Viel getan wurde gegen die Verſchandelung des Landſchafts⸗ bildes. Mit großer Freude wurden die geſchnitzten Weg⸗ weiſer aufgenommen, doch muß von einer allzu ſtarken Häufung und vor allem ſpieleriſchen Motten gewarnt wer⸗ den. Auch auf den Gebieten der Volkskunde, der Fa⸗ milienforſchung, der Wappenk un de wurde eine erhebliche Arbeit mit Erfolg geleiſtet. Als unmöglich wurde erklärt, auf Trachtenfeſten, wie es in Herrenalb geſchehen, in Trachten geſteckte Städter als echte Trachtenträger aus⸗ zugeben.. Rechenſchaftsbericht und Satzungsänderung, die dem Führergrundſatz angeglichen wurde, fanden glatte Erledi⸗ gung. Auf Vorſchlag von Profeſſor Dr. Fiſcher⸗Berlin wurde der bisherige verdiente Vorſitzendee Landeskommiſſär Schwörer erneut auf fünf Jahre wiedergewählt. Er be⸗ ſtimmte hierauf zu ſeinem Stellvertreter Schriftſteller Eris Buſſe und zum zweiten Vorſitzenden Mirniſterialdirektor Dr. Fehrle. Der bisherige Landesausſchuß wurde gemäß der neuen Satzung aufgelöſt.. Miniſterialrat Dr. Eugen Fehrle, Univerſitätsprofeſſor in Heidelberg, ſprach über„Die Volkstracht, ihre Entwick⸗ lung, Erhaltung und Erneuerung“. Die Frage des Er⸗ neuerns oder Ausſterbenlaſſens unſerer Volkstrachten wird — ſo leitete Dr. Fehrle ſeine Betrachtungen ein— nicht in den Amtsſtuben, gelöſt, ſondern von denjenigen Volksteilen, die die Tracht heute noch tragen. Der tiefſte Grund für das Verſchwinden der Volkstrachten iſt darin zu ſehen, daß das Wort„Bauer“ oder„bäuerlich“ die Beſchimpfung oder Herabminderung des Bauernſtandes darſtellte. Der Schwarzwald iſt noch reich an Volkstrachten, während dieſe im Odenwald faſt gänzlich ausgeſtorben ſind. Dies liegt im Charakter der beiden Kulturkreiſe begründet: der Schwarz⸗ wälder iſt mehr in ſich geſchloſſen, landschaftlich bedingt, dagegen iſt der Odenwälder anpaſſungsfähiger. Im Anſchluß an dieſen Vortrag ſprach der Miniſter des Kultus und Unterrichts, Dr. Wacker, über„Das Ge⸗ ſicht der Ortenau“. Willkürliche Ein⸗ und Ausbürgerungen Zu den im Ausland verbreiteten litauiſchen Meldungen über die Zahl der Ein⸗ und Ausbürgerungen im Memel⸗ gebiet iſt folgendes zu bemerken: Tatſächlich ſind im Memelgebiet bis zum 1. April die⸗ ſes Jahres 5238 Perſonen eingebürgert worden, und nach dieſem Zeitpunkt noch mindeſtens 5000, letztere größ⸗ tenteils im Widerſpruch mit dem Memelſtatut, da der ſta⸗ tutswidrige Präſident des Direktoriums Bruvelaitis im April dieſes Jahres die Richtlinien für die Einbürgerung geändert und dabei die Bedingungen einjährigen Wohnſitzes im Me⸗ melgebiet ſowie der Erfüllung der Steuerpflicht beſeitigt hat. Auf dieſe Weiſe haben auch ſolche Perſonen im Memelge⸗ biet das Wahlrecht erhalten, die es in Litauen nicht beſitzen. Es ſind ſogar Saiſonarbeiter eingebürgert worden, die nicht einmal ihren Wohnſitz im Memelgebiet, ſondern in Litauen haben. Außerdem iſt entgegen den Beſtimmungen des Sta⸗ tuts und des Wahlgeſetzes ein beſonderes Wahlverfahren für die in letzter Zeit ſtark vermehrten Militärperſonen und Grenzpolizeibeamten eingeführt worden, durch welches deren Stimmabgabe der öffentlichen Kontrolle entzogen wird. Mit den Ausbürgerungen hat man in erſter Reihe die Führer des Memeldeutſchtums treffen wollen. Man hat die Spitzenkandidaten der memelländiſchen Liſte, Präſident Dr. Schreiber, Oberbürgermeiſter Dr. Brindlinger und Verwaltungsgerichtsdirektor Dr. Treichler, durch die un⸗ geſetzliche Entziehung der Staatsbürgerſchaft für die Wahl ausgeſchaltet. Außer den 69 Ausbürgerungen ſind in der Stadt Memel allein 14800 Päſſe von Memellän⸗ dern beanſtandet worden, in den Landkreiſen vermut⸗ lich ebenſoviel. Sporinachrichten Neuer badiſcher Rekord über Amal 1500 Meter. Während der Pauſe des Gauligaſpiels Freiburger Fc— VfL Neckarau unternahm die Leichkathletit⸗Staffel des Frei⸗ burger FC einen Rekordverſuch über Amal 1500 Meter, der auf den erſten Anhieb glückte. Die Mannſchaft lief in der Beſetzung Ritter, Krummholz, Krapff und Stadler. Als Konkurrenz war eine ſtarke Kreisſtaffel aufgeſtellt, die aus Lutz(Müllheim), König(Freiburger Fc), Berg(Freiburger Turner) und Büttner(Freiburger Turner) beſtand. Stadler hatte in dem Schlußmann Bültner keinen ernſten Konkur⸗ renten, ſo daß er mit etwa 200 Meter Vorſprung durch das Ziel ging. Die Zeit der Rekordſtaffel beträgt 16:56,6 Min. Freiburg ſiegt im Kunſtturnwettkampf. Im traditionellen Kunſtturnwettkampf Freiburg⸗Karls⸗ ruhe Gaggenau trafen ſich am Samstag abend zum zweiten Male in dieſem Jahre die Freiburger Turner(1844), der Karlsruher TV 46 und der Turnerbund Gaggenau. Dabei errangen die Freiburger im Gerätemannſchaftskampf einen knappen, aber wohlverdienten Sietz mit 387.8 Punkten vor Gaggenau mit 383.4 Punkten und Karlsruhe mit 370 Punk⸗ ten. Der beſte Einzelturner war Meißner(Freiburg) mit 56.8 Punkten vor Haſel(Gaggenau) mit 55.9 und Eßlinger (Karlsruhe) mit 55.6 Punkten. Gerätemannſchaftskampf Frankfurt Mannheim. Im Rahmen der Jubiläumsveranſtaltungen anläßlich des 75jährigen Beſtehens des Frankfurter Turnvereins 1860 hatte ſich dieſer den TV 1846 Mannheim zu einem Gerätemannſchaftskampf verpflichtet. Der 11 795 verlief äußerſt ſpannend, die Führung wechſelte 508 1 Schluſſe ſiegte Mannheim mit 522,5 Punkten vor den Ein⸗ heimſichen, die es auf 518 brachten, dafür aber in Fiſcher mit 87 Punkten den beſten Einzelturner ſtellten. Die Mann⸗ heimer Heß(83,5), Maas(80,5) und Butz(80) en auf den nächſten Plätzen. Die Punktzahlen an den eräten: Mannheim: Querpferd 97, Barren 109, Längspferd 102, Freiübung 63,5, Ringe 47,5, Reck 103,5, zuſammen 522,5 Zunkte; Frankfurt: Querpferd 98, Barren 101, Längspferd 110,5, Freiübung 52, Ringe 55,5, Reck 101, zuſammen 518 Punkte. Ein Handballſpiel beider Vereine gewannen die Mannheimer mit 11:5(5:2). Weltmeiſterſchaften der Schüten. Nach langwierigen Errechnungen konnten bei den Welt⸗ meiſterſchaften im Schießen in Rom die Ergebniſſe des Klein⸗ kaliberſchießens bekanntgegeben werden. Die deutſchen Schüt⸗ zen erzielten ihr beſtes Reſultat in der Anſchlagsart„liegend“. Hinter Eſtland, Schweden und England wurde hier der vierte Platz belegt. In den übrigen Konkurrenzen endeten unſere Schützen weit zurück. Links: Zum Ernkedankfeſt auf dem Bückeberg. g Auf dem Bückeberg werden die letzten Vor⸗ bereitungen für das Erntedankfeſt am 6. Ok⸗ tober getroffen. Im Hintergrund die Thing⸗ ſtätte. Weltbild(M.) Rechts: Einweihung des Küſten⸗ kanals. Der Küſtenkanal verbin⸗ det die Unterweſerhäfen über den Dortmund⸗ Ems⸗Kanal mit dem weſtfäliſchen Induſtrie⸗ gebiet. Unſer Bild zeigt die Schleuſe in Dörpen, wo der Kanal in den Dortmund⸗Ems⸗Kanal mündet. Links die Wohnhäuſer für das Schleuſenperſonal, Eino bewegleche, wirkfame Waffe- Horchgerät, Scheinwerfer und Flak gegen Flugzeug Nachtdunkel liegt das Land. Kein Licht ſchimmert aus Häuſern und Höfen. In den Lüften lauert Verderben. Fern tönt Motorengeräuſch. Scheinwerfer taſten geſpenſtiſch den Himmel ab. Jetzt ruhen ſie vereint auf einem Punkt. Ab⸗ ſchüſſe blitzen auf. Granaten krachen. Mit helleuchtender Brandfahne ſchlägt ein feindliches Flugzeug zu Boden. Die Flaks und ihre Hilfsgeräte haben ihre Pflicht getan. Die Flaks ſind die jüngſten Kinder St. Barbaras, der Schutzpatronin der Artillerie. Als der Weltkrieg ſein Antlitz erhob, da war ſich der Erdkämpfer nur dunkel der Gefahren bewußt, die ihm aus der Luft drohten, da waren die erſten Geſchütze in Erprobung, die ihnen entgegentreten ſollten. Ballonabwehrkanonen nannte man ſie damals. Zwölf pferde⸗ beſpannte, ſechs motoriſierte zählte man nur alles in allem an der deutſchen Oſt⸗ und Weſtfront und in der Heimat. Aus ihnen erwuchs im Verlaufe des Feldzuges eine von Monat zu Monat ſtärker werdende ſelbſtändige Waffe. Mehr als 200 Flakverbände mit über 400 Offizieren und 7000 Mann halfen bereits im Sommer 1917, zwiſchen Ar⸗ mentieres und der Kanalküſte den Abwehrſieg in Flandern erkämpfen. An Kinderkrankheiten hat es bei ihrem Einſatz, bei ihrem Schießen nicht gefehlt. Erſt nach und nach gewann man Klarheit über die Grundelemente des Schießverfahrens. * 5 225 Flak-Arkilleriſt mit Gasmaske beim Tief- und Gasangriff. über die zu verwenden Geſchützarten und Richtgeräte. Lange mußte man ſich bei verhältnismäßig großem Munitions⸗ aufwand mit mageren Treffergebniſſen begnügen und ſchon zufrieden ſein, wenn man die feindlichen Flugzeuge in Höhen hinaufdrückte, aus denen ein gezielter Bombenabwurf ſchwie⸗ rig und Maſchinengewehrfeuer ſo gut wie unmöglich war. Oft ſpöttelten die Schweſterwaffen, aber man ließ ſich nicht beirren, arbeitete an ſich ſelber weiter und ſtellte mit Befrie⸗ digung feſt, daß die Kurve der Abſchußzahlen ſtändig ſich aufwärts bewegte. Das Kriegsende hatte die Entwicklung der deutſchen Flakartillerie jäh unterbrochen. Das Friedensdiktat hatte der kleinen Reichswehr die Ausſtattung mit Fliegerkanonen Dien Die Freiheitserklärung des Führers hat ſie der neuen Wehrmacht wiedergegeben. In Batterien, Abteilun⸗ gen und Regimentern zuſammengefaßt, ſind ſie in die Luft⸗ waffe eingegliedert worden. Ihre Kanoniere tragen den lichtblauen Rock der Flieger und am Kragen und Mützen⸗ rand das Rot der Artilleriſten. Sie dienen allen drei Wehr⸗ machtsteilen. Sie ſchützen den Kämpfer auf der Erde auf . 8. 2 dem Waſſer und in der Luft. Sie die Erfahrungen, die die Flakartillerie des rüſtungsfreien Auslandes in den letzten zwei Jahrzehnten gemacht hat, mit Ernſt ſich zu eigen zu machen. 5 Ihre Geſchütze ſind motoriſiert. Kraft⸗ fahrzeuge für Erkundungszwecke, Entfer⸗ nungsmeſſer, Scheinwerfer, Horchgeräte, Nachrichtenmittel jeder Art ſtehen ihnen ausreichend zur Verfügung. die Ent⸗ fernungsmeſſer ermitteln gleichzeitig Ent⸗ fernung und Höhe des anfliegenden Geg⸗ ners. Die Horchgeräte nehmen ihn ſchon aus weiter Entfernung wahr, ſind freilich von atmoſphäriſchen Einflüſſen noch nicht völlig unabhängig. Scheinwerfer be⸗ ſchreiben Wirkungskreiſe von mehr als 5000 Meter Radius. Horchgerät und Scheinwerfer ergänzen ſich gegenſeitig Schaffen doch jene Zeiten und Wetter⸗ lagen, die das Auge ausſchalten, dem Ohr günſtige Vorbedingungen, leiten doch die Nacht, eine geſchloſſene Wolkendecke, der Nebel den Schall beſonders gut Ein Wunderwerk der Kommandogerät. Es b dig die Schießelemente( haltemaß) und überträgt ſie mit Hilfe elektriſcher Kabel auf die einzelnen Ge⸗ ſchütze, an denen ſie in der Weiſe eines Maſchinentelegraphen durch Signallam⸗ pen und Zeichen ſichtbar werden, auf die die Bedienung dann die Geſchütze nur einzuſpielen braucht. Zünderſtellmaſchinen erleichtern den Kanonieren das Laden. Die Zeit zwiſchen Schießbefehl und Geſchoßwirkung wird auf 8 bis 11 Sekunden herabgedrückt. Dennoch bleibt das Luftziel ein heimtückiſcher Geſelle. Es bewegt ſich ſchnell in drei Ebenen. Man kann es nur treffen, wenn man ein Geſchütz mit großem Schwenkbereich und raſcher Folgemöglichkeit, mit großen Steighöhen und ſchneller Schußfolge zur Hand hat, wenn man ein ſchnellfliegendes Geſchoß verſeuert, das zur Wirkung kommt, ehe das Luft⸗ ziel ſich nicht allzu weit von dem Punkte, an dem man es angerichtet hat, entfernt hat. Dagegen kommt es auf die Durchſchlagskraft der Geſchoſſe nicht ſo ſehr an. Flugzeuge ſind zerbrechliche Weſen. Sie erliegen ſchon Vollgeſchoſſen kleiner Kaliber(20—47 Millimeter) und Sprengſtücken großer Kaliber(75105 Millimeter), wenn nur einiger⸗ maßen lebenswichtige Teile(Beſatzung, Motor, Brennſtoff⸗ behälter, Verſpannung) getroffen werden. Flaks müſſen raſch feuer⸗ bereit und raſch beweglich ſein. Sind ſie zum Schutz von Oert⸗ ſuchen, Die chnik iſt das it ſelbſtän⸗ e, Seite, Vor⸗ lichkeiten(Städten, Induſtrie⸗ werken, Kunſtbauten) be⸗ ſtimmt, ſo montiert man ſte in der Regel feſt auf einen Sockel mit 360 Grad Schwen⸗ kungsmöglichkeit auf. Sollen ſie den Schutz beweglicher Truppenverbände überneh⸗ men, ſo müſſen ſie zum min⸗ deſten ebenſo beweglich, wenn nicht beweglicher ſein als dieſe und dürfen nur wenige Minu⸗ ten zur Feuerbereitſchaft brau⸗ chen. Kleinkalibrige Flaks und Flugabwehrmaſchinenge⸗ wehre(Flamgas), die Vollge⸗ ſchoſſe verfeuern, erreichen ſelbſtverſtändlich noch weit größere Feuergeſchwindigkei⸗ ten(kleinkalibrige Kanonen bis 450 Schuß in der Minute). Jedoch iſt die Wirkung klein⸗ kalibriger Flaks und Flamgas auf kurze Entfernungen be⸗ ſchränkt. Flakkanonier ſein bedeutet nicht, auf einem geruhſamen, ungefährdeten Poſten des Hin⸗ terlandes ſtehen. Flaks ge⸗ 5 glat-Geſcutz in Abwehrfeuer. hören in die vorderſte Kampf⸗ zone, um Angreifer und Ver⸗ teidiger gegen Tiefangriffe feindlicher Schlachtflieger zu ſchützen, Flaks haben hinter der Front, im Heimatgebiet, juſt in dem Augenblick in Tätigkeit zu treten, in dem alle anderen menſchlichen We⸗ ſen unter dem Bombenhagel feindlicher Flugzeuggeſchwader ſich in die Unterſtände und Schugräume verkriechen, Flak⸗ kanonier ſein heißt ausharren, heißt kühle Nerven behalten, kalt rechnen und handeln, wenn die Gefahr für das eigene Leben am größten iſt. Wenige Wochen ſind es her, daß die junge Flakartillerie der Wehrmacht ihre erſten größeren Geländeübungen bei Braunſchweig abhielt. Drei Flakabteilungen, eine Schein⸗ werferabteflung nahmen ne⸗ ben einer Reihe von Flieger⸗ verbänden unter der Leitung des Inſpekteurs der Flakartil⸗ lerie, Generalmajor Rüdel, an Flak-Geſchütz auf dem Marf —— Ae erſte Uebung der Flakartillere Am Enkfernungsmeßgerät. der Uebung teil. Der zivile Luftſchutz war in weitem Um⸗ kreis mit herangezogen. Der Wettergott war mit der Uebungsleitung im Bunde: Ein ſtarkes Gewitter mit aus⸗ gebreiteter Wolkendecke ſtellte den Angreifer aus der Luft und die Abwehr auf der Erde vor nicht vorgeſehene, aber willkommene Schwierigkeiten, die geſchickt überwunden wur⸗ den. Die Bevölkerung brachte der Uebung volles Verſtänd⸗ nis entgegen. Bei Nacht hatte ſie Häuſer und Fabriken ſorg⸗ ſam abgeblendet, bei Tage verfolgte ſie mit reger Anteil nahme den Uebungsverlauf. Zu ſehen gab es genug: Kraftfahrer tauchen als erſte zur Erkundung der Beobachtungsſtelle und Feuerſtellung auf. An der Brücke ſtutzen ſie:„Zu ſchwach für die ſchweren Geſchützſchlepper!“ Ein Blick auf die Karte:„Die Stein brücke, 2 Kilometer flußaufwärts, wird tragen!“ Ein Melde⸗ Batterie den Umweg. Die an⸗ Kaum haben ſie eine Beobachtungs⸗ be macht kehrt, führt die deren brauſen weiter. 8 ch in ſchwerem Gelände. Aufnahmen(4): Bittner(Arndt)(M) ſtelle gefunden, trifft auch ſchon die Beobachtungsſtaffel ein, ſind das Scherenfernrohr, die Meßinſtrumente aufgeſtellt, werden die Leitungen geſtreckt. Inzwiſchen gehen die Ge⸗ ſchütze in Tarnſchutz in Feuerſtellung. Kurze Kommandos ertönen. Nicht drei Minuten ver⸗ ſtreichen, und die Meldung fliegt durch den Draht zur Beob⸗ achtung;„Vatterie feuerbereit!“ Juſt zur rechten Zeit: Am Himmel werden dunkle Punkte ſichtbar: Feindliche Flieger. Geſchütze donnern, Schiedsrichter eilen hin und her, größer und größer wird das Ziel, ſtößt im Sturzflug herab, kurot wieder empor und davon Kritik— viel Ehr. 1 5 Der Uebungszweck— die Nachprüfung der kriegsmäßi⸗ gen Verwendung der neuen Waffen und Geräte, des Aus⸗ bildungsſtandes von Führer und Truppe, der Zuſammen⸗ arbeit mit den Organen des zivilen Luftſchutzes— wurde voll erreicht, die geſtellte Aufgabe: Luftſchutz der Induſtrie⸗ werke im Umkreis von Peine, inſonderheit der Ilſeder Hütte, wurde einwandfrei gelöſt. Die neue Wehrmacht gewann die Gewißheit, daß ſie in ihrer Flakartillerſe eine Waffe beſitzt, die vor dem Feinde allen Anforderungen, die an ſie geſtellt werden, genügen wird 5 Auch bei den anderen Heeresmanövern, an denen die lak⸗Artillerie teilgenommen hat, zeigte ſich, daß die aktive uftabwehr durch die Flaks einen erfreulichen Stand erreicht hat. So iſt in verhältnismäßig kurzer Zeit im Rahmen der neuen Wehrmacht eine 11 5 geſchaffen worden, deren Tradition zwar nur bis auf den Weltkrieg zurückreicht, die aber trotzdem wendig und wirkſam iſt. i ä. Oberſtleuknank a. D. Benary. Druckarbeiten für Handel, Gewer be und industrie liefert schnellstens Neckar-Bote- Druckerei Ueberz meinen lands und B die Wi von H auf de bekenn eherne ſenlos Lebens bis der Mann fragte, wortli! und re nen D und war e über heit.