2. Blatt 20 N. 296 fuß, hab 45 1 das 5 N 4 Donnerstag. 19. Dez. 1935 * 7 Bitte an die Eltern Die Hitlerjugend und die geſamte Schuljugend iſt dem Ruf des Reichsjugendführers gefolgt und ſtellt ſich ge⸗ ſchloſſen in den Dienſt der Winterhilfe, indem ſie das Holz⸗ teiterlein, das Weihnachtszeichen der Winterhilfe des Füh⸗ ters, von heute an verkauft. Eltern, helft euren Kindern, Weihnachtsfreude in jedes Haus zu tragen. 5 Keiner, der nicht das Weihnachtsabzeichen der Winter⸗ hilfe trägt, kein Tannenbaum, an dem nicht das Holzreiter⸗ lein als ſchönſter Baumſchmuck prangt! f Wiriſchaſtsordnung vom Bauern her NS. Seit 1933 iſt ganz planmäßig auf eine Markt⸗ ordnung im landwirtſchaftlichen Warenverkehr hingearbei⸗ tet worden. Will man verſtehen, was dieſe Marktordnung für die deutſche Nahrungsmittelverſorgung bedeutet, ſo muß man ſich die Zuſtände, wie ſie vorher auf dieſem Gebiete herrſchten, vergegenwärtigen. Da war es einmal die kataſtrophale Wirtſchaftslage des deutſchen Bauerntums, die zu ernſthaften Beſorgniſſen Anlaß gab. Die Bauern konnten ernten was ſie wollten, immer mehr ſanken die Preiſe herab, immer ſchmaler wurde der Lohn für ihre Arbeit. Fiel die Ernte gut aus, ſo wurden durch das ſtarke Angebot die Preiſe verdorben, die Ware wurde kaum abgenommen. War die Ernte ſchlecht, ſo wurden durch die Ueberſchwemmung des Mark⸗ tes mit Waren ausländiſcher Herkunft die Preiſe ebenfalls heruntergedrückt. Wie es auch kam immer wurden auf Koſten des Bauern die Erzeugerpreiſe auf einen niedrigen Stand gehalten. Entſprechend den Welt⸗ marktpreiſen ſanken weiterhin auch im Durchſchnitt der Jahre die Preiſe mehr und mehr herab, während die Indu⸗ ſtrieerzeugniſſe von Jahr zu Jahr im Verhältnis dazu teu⸗ rer wurden. Man iſt leicht geneigt anzunehmen, dieſer ſtändige Preisabſtieg ſei wenigſtens dem deutſchen Ar⸗ beiter zugute gekommen. Dazu iſt aber feſtzuſtellen, daß wohl auf keinem anderen Gebiet wie gerade am land⸗ wirtſchaftlichen Warenmarkt die Verbraucherpreiſe ſo dauernd auf⸗ und abgingen und damit ein ewiges Hin und Her in der Wirtſchaft geſchaffen wurde, was ſich für den Arbeiter nicht gerade günſtig ausgewirkt hat. Ein Zeichen hierfür iſt der ſich in der Nachkriegszeit oft wiederholende Kampf um den Brotpreis. In den Parlamenten wurde hin⸗ und hergeſtritten. Entweder über die Erhöhung oder Erniedrigung des Brotpreiſes. Der Brotpreis war vielfach ein politiſches Handelsobjekt gewordeg, mit dem die Parteien um die Gunſt ihrer Anhänger wär⸗ ben. Daß der Brotpreis einmal herauf- und einmal her⸗ untergeſetzt werden mußte, war eine Folge der Unruhe, die durch die Spekulation am Getreidemarkt hervorgerufen wurde. Der Spekulant war der eigenkliche Herr über Deutſchlands Brotverſorgung. Hier hat nun die Marktordnung eingegriffen. Ihr Ziel iſt es eine gleichmäßige Verteilung der land⸗ wirtſchaftlichen Erzeugniſſe und eine volkswirtſchaft⸗ lich neſunde Preisentwicklung herbeizuführen. Die äußere Organiſation zur Durchführung der Marktord⸗ nung wurde mit dem Reichsnährſtand geſchaffen. Vom Erzeuger bis zum Verbraucher wurde der Markt erfaßt, eine Vorausſetzung, wollte man eine gerechte Verteilung und gerechtfertigte Preisentwicklung durchführen. In den einzelnen Hauptvereinigungen wurden die Wirtſchaftszweige zuſammengefaßt. Alle Hauptvereinigun⸗ gen gehören wiederum der Hauptabteilung 3 des Reichs- nährſtandes an, die den landwirtſchaftlichen Markt insge⸗ ſamt betreut. Die Marktverbände haben die Aufgabe, ſowohl . die Erzeugung nach Menge und Güte, als auch die Verteilung in der Weiſe zu lenken, daß die Verſor⸗ gung des Volkes zu erträglichen Preiſen ſichergeſtellt wird. Es iſt durch die Marktordnung erreicht worden, daß die zwiſchen dem Erzeuger und Verbraucher liegenden Be⸗ rufsgruppen nicht mehr um ihrer ſelbſt willen da ſind, ſon⸗ dern lediglich als notwendige Sammler. Verarbeiter und Verteiler der landwirtſchaftlichen Güter. Von einer be ⸗ herrſchenden Stellung ſind die Zwiſchenträ ger uf dem landwirtſchaftlichen Markt zu dienenden Migstlern geworden. Es kann nicht Aufgabe der Markt⸗ verbände ſein, der einen oder anderen beteiligten Gruppe Vorteile zufließen zu laſſen, ſondern lediglich vom geſamt⸗ wirtſchaftlichen, volkspolitiſchen Geſichtspunkt aus den Markt zu überwachen. Der Marktverband ſetzt Preiſe und Preisſpannen feſt, erläßt Vorſchriften über die Beſchaffen⸗ heit und Verpackung der Erzeuaniſſe, iſt befugt, Betriebe 1 zu kontingentieren und ſoagar ſtillzulegen, ferner aber auch zu beſtimmen woher die Erzeugniſſe zu beziehen oder wo⸗ hin ſie zu liefern ſind. Das ſind ähnliche Rechte, wie ſie ein Kartell in der ge⸗ werblichen Wirtſchaft beſitzt. Der grundſätzliche Unterſchied iſt nur, daß es ſich bei einem gewerblichen Kartell um N einen Zuſammenſchluß zum Zwecke der Erreichung mög⸗ lichſt hoher Vorteile der ganzen Betriebsgruppe handelt. während der Marktverband nicht einen einſtufigen, ſondern einen geſamtſtufigen Zuſammenſchluß darſtellt, in welchem die Intereſſen vom Erzeuger bis zum Verbraucher nach volkswirtſchaftlichen Geſichtspunkten ausgewogen ſind. Nicht der Verdienſt wie beim Kartell, ſondern 1 die Bedarfsdeckung iſt das Ziel eines Marktver⸗ bandes. Heute geben die in der Reichshauptabteilung 3 des Reichsnährſtandes zuſammengefaßten 13 Wirtſchaftsver⸗ bände den äußeren Rahmen für die Durchführung der i Marktordnung. Sie haben die Ueberſicht über die Belange des Marktes und treffen danach ihre Regelungen, die für die Verſorgung entſcheidend ſind. Wichtig iſt davei nicht das Intereſſe eines einzelnen Standes oder einer ein⸗ zelnen Organiſation, ſondern ſtets das Wohl der Geſamt⸗ 995 Arbeiters genau ſo wie des Bauern. Darin eſteht der grundſätzliche Unterſchied zu einer Marktbeein⸗ fluſſung durch Kartelle. Die Marktordnung ſchafft die e e für die heute in Angriff genommene e acht, deren iel es iſt. die deutſche Erzeugung ſo e otfalle Deutſchland in der Lage iſt, ſich aus ſich ſelbſt her⸗ aus zu ernähren und damit unabhängig vom Weltmarkt und vom Auslande zu werden. s 1 „Ich rufe die Jugend der Welt“ Die Olympia-Glocke, ein Meiſterwerk deutſcher Werkarbeit. Die Vorbereitungen für die XI. Olympiade Berlin 1936 ſind in vollem Gange; die umfangreichen Arbeiten für die Anlage des Reichsſportfeldes gehen ihrer Vollendung ent⸗ gegen. Das beherrſchende, weithin ſichtbare Bauwerk dieſer Anlage iſt der 76 Meter hohe Glockenturm, der in einer Höhe von etwa 60 Metern das Symbol der Olympiſchen Spiele 1936, die Olympia⸗Glocke, bergen ſoll, Dieſe Glocke wird bei allen Veranſtaltungen auf dem Reichsſportfelde mit ihrer weittragenden und mächtigen Stimme die Kämpfer aller Nationen zum friedlichen Wettſtreit herbeirufen. Das Olympia⸗Komitee hat ſich für eine Stahlglocke ent⸗ ſchieden. Der Berliner Bildhauer Lemcke wurde mit dem Entwurf des Bildſchmucks und der Inſchriften der Glocke beauftragt. Die Vorderſeite zeigt einen rieſigen Adler mit geſpreizten Schwingen, der in ſeinen Krallen die fünf Olym⸗ piſchen Ringe(fünf Weltteile) hält. Auf der Rückſeite er⸗ blickt man das Brandenburger Tor mit dem Viergeſpann, der Quadriga. Die an dem unteren Glockenrande angebrachte Aufſchrift lautet:„Ich rufe die Jugend der Welt. XI. Olym⸗ piſche Spiele Berlin 1936.“ Anfänglich war eine g⸗Glocke mit einem unteren Durch⸗ meſſer von 2,35 Meter und einem Gewicht von etwa 5400 Kilogramm in Ausſicht genommen. Nach dem Vorbild der e⸗Glocke, die vom Bochumer Verein für Gußſtahlfabrikation im Jahre 1897 der St. Georgenkirche in Berlin mit einem unteren Durchmeſſer von 2,80 Metern geliefert war, wurde ſchließlich dieſe Glockengröße auch für das olympiſche Symbol gewählt. Im Anſchluß an eine kleine Modellglocke wurde zu⸗ nächſt ein Gipsmodell in natürlicher Größe geſchaffen. Der Bochumer Verein ſtellte die Zeichnungen der Kern⸗ und Mantelſchablone im Maßſtab 1: 1 für die Anfertigung der Gipsglocke in der beim Bochumer Verein üblichen Glocken⸗ form zur Verfügung, die bereits mehrfach auch in der glei⸗ chen Größe zur Ausführung gekommen war. Nach etwa fünf Monaten war das Gipsmodell vom Künſtler fertig⸗ geſtellt, ſo daß der Transport zur Geburtsſtätte der Olym⸗ pia⸗Glocke, nach Bochum, erfolgen konnte. Der Guß wurde an der gleichen hiſtoriſchen Stätte vorgenommen, an der vor bald einem Jahrhundert Jacob Mayer, der Mitbegrün⸗ der des Bochumer Vereins, mit der Erfindung des Stahl⸗ formguſſes der techniſchen Entwicklung neue Wege gewieſen hatte. Die mit der Ausführung ſchwieriger Stahlgußſtücke vertraute Stahlformgießerei des Bochumer Vereins führte im Auguſt 1935 den Guß des olympiſchen Symbols erfolg⸗ reich durch. Bereits am 27. Oktober konnte die Glocke auf dem Werkgelände des Bochumer Vereins in ihrem reichen und eindrucksvollen Bildſchmuck erſtmalig von einigen Olym⸗ piateilnehmern, nämlich von der Weltrekordlagenſtaffel des Lake Athletic⸗Clubs, Chicago, beſichtigt und angeſchlagen werden. Die Reichsſendeleitung beauftragte den Reichsſender Köln mit der Aufnahme von künſtleriſch⸗dramatiſchen Hör⸗ berichten über den Werdegang der Glocke, die im Laufe des Monats Januar als Reichsſendung in die Welt hinaus⸗ gehen werden. Die einzelnen Arbeitsabſchnitte ſind für einen Olympia⸗Kultur⸗Tonfilm im Bilde feſtgehalten. Die Olympia⸗Glocke hat den Hauptton e der kleinen Ok⸗ tave. Der im Intervall der kleinen Terz vom Hauptton liegende erſte Oberton g verleiht ihr das Gepräge einer Moll⸗ glocke, die wegen des weichen Klanges der Dur⸗Glocke vor⸗ zuziehen iſt. Die durch den Klöppelanſchlag erzeugten und deutlich vernehmbaren Obertöne und der kraftvolle Unterton ergeben in ihrer Geſamtheit ein reiches Klanggebilde. o zu ſteigern, daß im Die aus deutſcher Eiche angefertigte Glockenachſe, auch Joch genannt, hat eine Länge(Spannweite) von 4,60 Metern und wird mit Rückſicht auf die Eigenſchwingungen des Tur⸗ mes in gekröpfter Ausführung geliefert. Acht durch die Bü⸗ gelkrone geführte kräftige Eiſenbänder verbinden die Glocke mit dem Joch. Die Maße und Gewichte der Glocke nebſt i(Klöppel, Joch, Zahnkranzwälzlager) ſind fol⸗ gende: Glockendurchmeſſer 2,80 Meter Glockenhöhe mit Krone 2,70 Meter Höhe der gekröpften Achſe 2,30 Meter Jochlänge 4,60 Meter Geſamthöhe von Glocke und Joch 4,21 Meter Glockengewicht 9 635 Kilo Klöppel mit Gegengewicht 791 Kilo Joch mit Beſchlägen 3 415 Kilo Geſamtgewicht: 13 841 Kilo Am 14. Dezember iſt das olympiſche Symbol in feier⸗ lichem Feſtzuge von ſeiner Werdeſtätte zum Rathausvorplatz in Bochum geleitet worden; es wird bis zum zweiten Weih⸗ nachtstage zur Beſichtigung freigegeben, um alsdann die Reiſe nach der Reichshauptſtadt anzutreten. Auch in Berlin wird Gelegenheit zur Beſichtigung des olympiſchen Symbols geboten werden, bis die Glocke dann ihren endgültigen Platz im Glockenturm auf dem Reichsſpor. d einnimmt. Weihnachtsgeſchenk des Handwerks WPD. In den vergangenen Jahren iſt der Hauptanteil des Weihnachtsgeſchäftes über den Handel gegangen, wäh⸗ rend das Handwerk mit Ausnahme ganz weniger Zweige hiervon nicht profitiert hat. Das mag im weſentlichen daran gelegen haben, daß die Verbraucherſchaft zu ihrem größten Teil daran gewöhnt war, fertige Waren zur Auswahl vor⸗ zufinden— übrigens eine Einſtellung, die auch heute dem Vordringen handwerklicher Maßarbeik immer noch erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Fertige Waren hat aber eigentlich nur der Einzelhandel vorrätig, während es dem Weſen und der Eigenart des Handwerks entſpricht, im allgemeinen nur auf Beſtellung zu arbeiten. Man darf andererſeits annehmen, daß die Kenntnis vom Handwerk und das Wiſſen um ſeine Leiſtungsfähigkeit allmählich ſoweit vorgedrungen iſt, daß man ruhig von dieſer Gewohnheit laſſen und ſoviel Vertrauen in den einzelnen Handwerksmeiſter ſetzen ſollte, daß man mit ihm die Aus⸗ führung einer Arbeit berät. Aus dieſem Grunde hat ſich auch der Reichsſtand des Deutſchen Handwerks entſchloſſen, in dieſem Jahre mit einer beſonderen Aktion an die Kunden des Handwerks heranzutreten bezw. mit dieſer Aktion dem Handwerk überhaupt neue Kunden zu gewinnen. And dieſe „neue Aktion“ iſt der Weihnachtsgutſchein. Man kauft einen ſolchen Gutſchein für ein paar Pfennige entweder in einer Papierhandlung, auf einer Handwerks⸗ dienſtſtelle oder auch bei dem einzelnen Meiſter ſelbſt, füllt ihn aus, wenn man mit einem in Frage kommenden Hand⸗ werker die Leiſtung abgeſprochen hat— was übrigens gar nicht nötig iſt, denn das Formular ſieht auch dafür eine Möglichkeit vor— und legt ihn dann auf den Weihnachts⸗ tiſch. So kann man mit Hilfe dieſes Gutſcheines Maß ⸗ ſtiefel ſchenken, man kann Kleidung anfertigen oder inſtandſetzen, reinigen oder färben laſſen, man kann Zim⸗ mer tapezieren und ſtreichen laſſen, Möbel aller Art anfertigen, Matratzen aufarbeiten, Uhren inſtand⸗ ſetzen, Bücher einbinden laſſen uſw. Man kann auch Dauerwellen oder Abonnements auf Waſſerwellen, Ra⸗ ſieren und andere Friſeurarbeiten ſchenken, man kann Kraftwagen und Fahrräder überholen laſſen.— Da das Geſchenk in Form eines Gutſcheines von verſchiedenen Wirt⸗ ſchaftszweigen— namentlich vom großſtädtiſchen Einzelhandel — bereits ſeit langer Zeit gepflegt wird, iſt anzunehmen und zu hoffen, daß dieſe Maßnahme des Reichsſtandes allenthalben großen Anklang finden wird. Der Gutſchein des Handwerks hat für manchen Ver⸗ braucher ſicherlich auch noch einen erhöhten Wert inſofern, als normalerweiſe die geſchenkte Arbeit ja erſt in der Zeit nach Weihnachten beſtellt und erſt im Anfang Januar ſerktig wird, ſo daß die Zahlung in den meiſten Fällen ebenfalls erſt im Januar fällig iſt. Auf dieſe Weiſe wird es manchem Volksgenoſſen möglich ſein, gewiſſermaßen„zuſätz⸗ liche“ Geſchenke zu verteilen, indem er notwendige Anſchaf⸗ fungen durch einen Gutſchein bereits vorwegnimmt, obwohl natürlich die Barzahlung das volkswirtſchaftlich erſtrebens⸗ werte re Ziel i und bleiben wird. Arbeitszeit— Mehrarbeit Der Beauftragte des Treuhänders der Arbeit für das Wirtſchaftsgebiet Südweſt gibt bekannt: 5 Da wir noch immer im Kampf gegen die Arbeitsloſig⸗ keit ſtehen, iſt es ein Gebot der Selbſtverſtändlichkeit, daß Mehrarbeit durch vermehrte Einſtellung, wenn auch nur vorübergehender Art, bewältigt wird. Iſt dies nicht möglich, dann kann die Mehrarbeit durch Verlängerung der Arbeits⸗ zeit erledigt werden. Dafür gelten folgende Beſtim⸗ mungen: Läßt die Tarifordnung eine Verlängerung der Arbeits⸗ zeit über die 48⸗Stundenwoche zu, ſo kann dieſe Ver⸗ längerung unter Beachtung der tariflichen Beſtimmungen eingeführt werden. Als Tarifordnung gilt auch der frühere Tarifvertrag, ſoweit er nicht ausdrücklich aufgehoben worden iſt. Muß die Arbeitszeit im Rahmen dieſer Beſtimmungen verlängert werden, ſo iſt dazu eine behördliche Genehmi⸗ gung nicht erforderlich. Ueber die in der Tarifordnung bezw. in dem Tarif⸗ vertrag feſtgelegte Arbeitszeit hinaus kann auf begründeten Antrag des Unternehmers das zuſtändige Gewerbeaufſichts⸗ amt Mehrarbeit genehmigen, wenn dieſe Möglichkeit nicht ausdrücklich in der Tarifordnung ausgeſchloſſen oder einge⸗ ſchränkt iſt. Das Letztere iſt im Wirkſchaftsgebiet Südweſt⸗ deutſchland allein in der Reichstarifordnung für die Deutſche Zigarreninduſtrie der Fall. Dort iſt die Höchſtarbeitszeit für die eigentliche Zigarrenherſtellung auf 48 Stunden in der Woche zwingend feſtgeſetzt. Ausnahmen davon können durch die Behörden nicht gewährt werden, wohl aber be⸗ ſtehen auch dort die geſetzlichen Möglichkeiten der Para⸗ graphen 6, 7, 11 der Arbeitszeitordnung, die durch die e ſchlechterdings nicht ausgeſchloſſen werden önnen. Anordnungen der Reichsregierung, wie z. B. die des Arbeitszeitausgleichs für die Weihnachtsfeiertage 1935, gelten für die geſamte Wirtſchaft(alſo nicht etwa nur für das Baugewerbe) unbeſchadet der geſetzlichen oder tariflichen Regelungen. 5 Die Nutzholzvorräte Beſtandsaufnahme am 1. Januar. Auf e des Reichs- und preußiſchen Wirt⸗ ſchaftsminiſters und im Einvernehmen mit dem Reichs⸗ e führt das Statiſtiſche Reichsamt für den 1. anuar 1936 eine umfaſſende Erhebung durch, welche die Sen Vorräte der Wirtſchaft an Sägerundholz, Blöcken, tangen, Schwellenholz, Grubenholz. Papierholz, ſonſtigem Schichtnutzholz, Telegraphenſtangen, Maſten, Schnitt olz (Bauholz, Bauware. Tiſchlerware), Faßdauben und Sperr⸗ holz ermitteln ſoll, die am Stichtag im Deutſchen Reich lagern oder gerade verſandt werden, ſoweit ſie ſich nicht noch im Eigentum der Forſtverwaltungen befinden. Es iſt— abgeſehen davon, daß Nichtbeantwortung ſtrafbar iſt— eine Ehrenpflicht aller an der Erhe⸗ bung beteiligten Firmen der Induſtrie und des Holzhan⸗ dels, für eine eingehende Beantwortung und pünktliche Einſendung des ihnen Ende Dezember vom Statiſtiſchen Reichsamt zugehenden Fragebogens Sorge zu tragen, um eine ſchnelle Durchführung dieſer im Rahmen der wirt⸗ ſchaftspolitiſchen Maßnahmen der Reichsregierung erfor- derlichen Feſtſtellung zu ſichern. Abeſſinjens einzige Zeitung.. „.und andere merkwürdige Pflanzen in dem Bläkterwald. Unendlich groß iſt die Zahl der Zeitungen in der Welt, in Deutſchland allein erſcheinen mehrere tauſend, die meiſten davon täglich. Kann man es ſich da vorſtellen, daß in einem ſo großen Land wie Abeſſinien nur eine einzige Landes⸗ zeitung vorhanden iſt? Und dieſe Zeitung erſcheint wöchent⸗ lich nur einmal! Die Zeitung gehört dem Negus ſelbſt. Sie wird in der amhariſchen Sprache gedruckt und nennt ſich nach der deut⸗ ſchen Ueberſetzung:„Licht und Friede“. Davon ſollte aller⸗ dings jetzt nicht allzuviel darin zu leſen ſein, denn ſelbſtver⸗ ſtändlich werden in dieſer Zeitung die Kriegsberichte ver⸗ öffentlicht, und auch die Bebilderung befaßt ſich faſt aus⸗ ſchließlich mit den Kriegsereigniſſen. In normalen Zeiten nahmen die Berichte über das Leben am kaiſerlichen Hof den größten Platz dieſer Zeitung ein. Auch Anzeigen hat dieſes Blatt. Sie erſcheinen auf der Titelſeite des Blattes. Dieſe Zeitung wird von dem abeſſiniſchen Kaiſer als ein wichtiger Faktor der Förderung von Kultur und Heimat⸗ gefühl angeſehen. Daher wird ſie jedem im Ausland leben⸗ den Abeſſinier regelmäßig koſtenlos zugeſtellt, damit er ſich über die Ereigniſſe in ſeiner Heimat unterrichten kann. Der Negus ſchreibt ab und zu— jetzt wird er allerdings kaum Zeit haben— ſelbſt Artikel für ſeine Zeitung. Damit die Leſer auch gleich genügend auf dieſe Kaiſer⸗Artikel hinge⸗ wieſen werden, werden ſie auf beſonderen Seiten gedruckt, und zwar in blauer Farbe ſtatt wie die übrigen Nachrichten in dem üblichen Schwarz. Aber die Zeitung des Negus iſt nicht die einzige merk⸗ würdige Pflanze in dem großen Blätterwald der Zeitungen. So wurde erſt dieſer Tage von einer amerikaniſchen Zeitung berichtet, die in einer Sonderauflage von nur einem einzigen Exemplar hergeſtellt wurde. Und das trug ſich folgender⸗ maßen zu: Ein angeſehener Kaufmann aus Toronto wurde verdächtigt, ein junges Mädchen ermordet zu haben. Zu gleicher Zeit lag die Frau des Kaufmannes nach einer ſchwe⸗ ren Entbindung auf Tod und Leben im Krankenhaus. Da⸗ mit ſie nun nichts von dem furchtbaren Verdacht, der auf ihrem Mann laſtete, erführe, wurde veranlaßt, daß von ihrer Zeitung eine Sonderausgabe von einem einzigen Exem⸗ plar gedruckt wurde, aus der die ſpaltenlangen Berichte her⸗ ausgenommen waren, die ſich mit der Mordtat befaßten. Auf dieſe Weiſe erfuhr die Frau nichts von dem Ereignis, da ſie ohne Zweifel dieſe Nachricht nicht überlebt hätte. Aehnliche Fälle hat es auch ſchon früher gegeben, wie die Geſchichte des bekannten engliſchen Politikers Lord Cur⸗ zon beweiſt. Als Curzon einmal ſchwer erkrankt war, ſchal⸗ ee tete man aus demjenigen Exemplar der Zeitungen, die der Staatsmann im Krankenhaus las, alle Berichte über ſeinen um zu verhüten, daß er von dem Eben⸗ Krankheitszuſtand aus, tatſächlichen Stand ſeiner Krankheit etwas erführe. falls in England iſt es vorgekommen, daß vor einer Wahl ein Kandidat eines Morgens in einer Zeitung die ſchwerſten— und wie er wußte, begründeten— Anſchuldigungen gegen ſich zu leſen bekam. Er eilte ſofort auf die Redaktion des Blattes und erfuhr dort zu ſeiner Erleichterung, daß dieſe Anſchuldigungen nur in dem einen Exemplar geſtanden hat⸗ ten, das man ihm auf den Morgentiſch gelegt hatte. Der Betreffende zog es darauf vor, von der Wahl zurückzutreten, und damit war der Zweck dieſer„Sondernummer“ erreicht. Welches iſt die größte Zeitung der Welt? Es handelt ſich bei dieſer Frage nicht darum, welche Zeitung das größte Verbreitungsgebiet hat, ſondern darum, welche Zeitung an Format am größten iſt. Das iſt die 1859 zum erſten und gleichzeitig vorläufig zum letztenmal erſchienene Zeitung „Illuminated Quadruple Conſtellation“, die damals in New Vork in einer Auflage von nur 28 000 Stück erſchien, von denen jedes die Kleinigkeit von rund 250 Mark koſtete. Die Zeitung, die hundert Jahre nach ihrem Erſcheinen zum zweitenmal vor die Oeffentlichkeit treten ſoll, war 2,50 Meter hoch und 1,80 Meter breit und hatte zwölf Seiten. Ebenfalls in England erſcheint eine Zeitung, die nur in drei Exemplaren gedruckt wird. Sie heißt„Anti Top Hat“ und hat es ſich, wie ihr Titel verrät, zur Aufgabe gemacht, gegen die Mode des hohen Hutes, alſo des Zylinderhutes, Sturm zu laufen. Dieſe Zeitung wurde einſt von einem alten Sonderling herausgegeben, der dieſe Art der männlichen Kopfbedeckung nicht leiden konnte. Als der Mann ſtarb, hin⸗ terließ er ſeinem Neffen zwar eine jährliche Rente von rund 40 000 Mark, gleichzeitig aber auch die erſprießliche Aufgabe, dieſe Zeitung weiterzuführen. Der junge Mann nahm an, da ja die Rente nicht zu verachten war. Und ſo erſcheint jetzt die komiſche Zeitung monatlich einmal in drei Exemplaren, von denen immer zwei dem Teſtamentsvollſtrecker zugeſtellt werden, der darauf zu achten hat, daß der letzte Wille des alten Onkels auch tatſächlich erfüllt wird; denn ſonſt müßte er dem Neffen die ſchöne Rente ſperren! Neuentdeckte in diſche Sprachen 8 Volksart und Volkstum äußern ſich am deutlichſten in der Sprache des Volkes. Darum ſind uns auch fremde Völker ſo ſchwer begreiflich, ſolange wir ihre Sprache nur oberflächlich kennenlernen. Das gilt beſonders für die Völ⸗ ker der außereuropäiſchen Kulturkreiſe, für Aſien und Afrika, und wird am deutlichſten da, wo wir die Sprache ausgeſtorbener Nationen erſt mühſam und lückenhaft aus Der letzte Junker von Rothenburg a Roman von Paul Hain. Nachdruck verboten 50 Vierunddreißigſtes Kapitel „Wenn man nur wüßte, was inzwiſchen überhaupt in der Welt geſchehen iſt!“ ſagte Simmern zu Jörg, der neben ihm auf dem Markusturm ſtand und von hier aus die Bewegung des Feindes beobachtete.„Kein Reiter iſt zurückgekommen. Nichts! Zu dumm iſt das alles. Es ſcheint, der Herr Bruder hat noch neue Verſtärkungen be⸗ kommen—“ Deutlich konnte man die einzelnen Abteilungen der Ritter nach ihren Führern unterſcheiden. Walter von Le⸗ vetzing ſtand vor ſeinem Zelt inmitten neuangekommener Freunde Er ſchien beſter Dinge zu ſein und wies nach der Stadt hinüber, als ob er etwas erkläre. 8 Jörg hielt ſcharfe Umſchau. „Mich deucht, man plant etwas Beſonderes,“ murmelte er.„Simmern— wir werden einen ſchweren Tag haben. Und es wird mir nicht erſpart bleiben, mit dem Schwert meinem Bruder entgegenzutreten. Bärbele wird es nicht wiſſen dürfen.“ Sein Blick flog zu dem Häuschen am Wall, das dem Phyſikas gehörte und in dem er die Geliebte wußte. Ein verſonnener Ausdruck lug auf ſeinem Geſicht. Nun waren ſchon viele Tage vergangen, ſeit ſie zum erſtenmal die Au⸗ gen aufgeſchlagen und in wiederkehrender Geſundheit ihn geküßt hatte. Schnell hatte die Beſſerung Fortſchritte ge⸗ macht, und nun war ſie wieder wohl und munter. Jörg hatte alles erfahren, was ſich zwiſchen ihr und ſeinem Bruder begeben, aber er hatte ihr das Verſprechen ab⸗ geben müſſen, ihn nicht perſönlich zur Rechenſchaft zu iehen. 5„Mag er auch ein Schurke ſein, Jörg— er iſt doch dein Bruder— und nur dem Himmel ſteht es an, ihn der verdienten Strafe zuzuführen. Er hat uns wohl viel Leids getan, aber er hat doch unſer Glück nicht zerbrechen können.“ Daran mußte er ſich halten. Und dennoch— es mußte zu einer Entſcheidung kom⸗ men! Nicht eher konnte Bärbele ſein Weib werden, als bis Rothenburg wieder die Tore öffnen konnte und er Beſitz ergreifen von der Burg ſeiner Väter. Gegen Abend blies der Ritterbund zum Sammeln. Eine letzte Beratung. Man wußte drüben ſehr wohl, warum man noch einmal alle Kräfte zur letzten Entſcheidung zu⸗ ſammennehmen wollte.— Jörg nahm Abſchied von Bärbele. Sie hing ſchluchzend an ſeinem Halſe. „Am meinetwillen iſt das alles, Jörg—“ Er ſtrich tröſtend über ihre Wange. „Am das Höchſte, Bärbele, was es gibt! Um Frauen⸗ ehre!“ ſagte er ſtolz. Dann hielt er ſie in den Armen von ſich ab und be⸗ trachtete mit inniger Zärtlichkeit ihr roſiges Geſicht. „Bärbele— wir beide bleiben immer zuſammen, im Leben und im Tode. Aber fort mit den Tränen, Liebſte! Wenn ich wiederkomme, dann ſollen die Hochzeitsglocken läuten über das Land. Und die St. Jakobs⸗Kirche wird das ſtolzeſte Hochzeitspaar, die ſchönſte Braut ſehen, die je⸗ mals dort getraut wurde.“ Sie lächelte unter Tränen. „Du Lieber— ich bete für dich—“ Er küßte ſie heiß und lange. Dann reckte er ſich. „And nun— fertiggemacht!“ Er rief nach dem Diener. Von draußen läutete ſchon die Sturmglocke vom Nathauſe. Die Männer in den Häu⸗ ſern griffen nach den Piken, Hellebarden, eilten zum Marktplatz, wo Simmern, Wozzek und Bredau zu Pferde warteien, um Anordnungen zu treffen.— Der Diener, ein 8 kam mit dem Harniſch, dem Eiſenzeug, das über das Lederkoller gezogen werden mußte, in das Zimmer. i 8 Raſſelnd klirrten die ſchweren Eiſenteile über den Boden „Schnell, ſchnell! Man wartet auf mich,“ hautentzünd Inſchriften rekonſtruieren müſſen. Jedenfalls geht die Er⸗ forſchung ſolcher Wunderländer wie Indien in erſter Linie über die gründliche Erforſchung ihrer Sprachen und Dialekte. Wer weiß, was„Chin“ iſt? Mit China hat das gar nichts zu tun. Chin iſt einer von 16 Dialekten, die ein engliſcher Forſcher jetzt in Indien ausfindig gemacht hat. Unter den übrigen 15 kann man das„Bengali“, das„Pan⸗ jabi“ und„Hinduſtani“ noch wenigſtens geographiſch eini⸗ germaßen einordnen. Alle dieſe Dialekte ſind aber ſehr ver⸗ teilt auf die Bevölkerung der verſchiedenen Gebirgsland⸗ ſchaften Nordindiens, die ſich zwiſchen den Ausläufern des Himalaya⸗Gebirges hinziehen, und ſie führen ihr Eigen⸗ leben neben den beiden Hauptſprachen Indiens, dem Neu⸗ Indiſch und dem iflamiſchen Arabiſch. Dieſe Dialekte wurden an einem ſehr intereſſanten Ge⸗ genſtand entdeckt, nämlich an verſchiedenen Bibelüberſetzun⸗ gen. Sie ſind für den Sprachforſcher ungemein wertvoll, weil dieſe Dialekte wahrſcheinlich auf ſehr altes Sprachgut zurückgehen und der geſamten Indienforſchung ganz neue Wege erſchließen. Harfenmuſik gegen Reizbarkeit behauptet ſchon die Bibel; David mußte dem ſchwermütigen König Saul vorſpielen. Wie die Muſik aber auf den Men⸗ ſchen Einfluß gewinnt, das ſuchte erſt die moderne Medi⸗ zin zu ermitteln. Denn wenn die Muſik wirklich heilen ſoll, muß ſie ganz beſtimmte phyſiologiſche Wirkungen ausüben können. ganz auffallenden Blutdruckerhöhung dagegen aber eine belebende Wirkung: Beim Anhören von Moll⸗Akkorden vertiefte ſich die Atmung der Verſuchsperſo⸗ nen, und die Atemſtöße folgten ſchneller, wenn die Muſik von ruhigeren Weiſen zu bewegten Rhythmen überging: dann wurde übrigens auch die Herztätigkeit beſchleunigt. Prof. Haberling hat ſo bei den verſchiedenſten Tonfolgen und Muſikſtücken das Befinden der Zuhörer in jeder kör⸗ perlichen Hinſicht unterſucht und konnte feſtſtellen, daß Se⸗ quenzen und Konſonanzen ebenfalls eine Pulsbeſchleunigung herbeiführten. Auch die Wiederholung bereits bekannter Muſikſtücke gibt den Zuhörenden ein ſtarkes Wohlbefinden. Haberling hat damit erfolgreich die Forſchung auf einem Gebiet wieder aufgenommen, auf dem ſchon der große Arzt Er verſchrieb ſich Hufeland offenbar gut Beſcheid wußte. nämlich ſelbſt Harfenſpiel, als er nach einer heftigen Hirn⸗ ung ſtändig ſehr reizbar war. e 5 Diener nahm das eiſengeflochtene Kettenhemd und zog es Jörg über den Kopf Bärbele ſtand mit gefalteten Händen am Fenſter. In ihren Augen war ein ſtummes Gebet, Die Bruſt⸗ und Rückenplatten kamen an die Reihe, die über die Achſeln gelegt und unten mit Riemen feſtgehalten wurden. Dann die Beinſchienen und Knieſtücke, die ei⸗ ſernen, ſpitz zulaufenden Rüſtſchuhe, an die die goldenen Sporen, Zeichen ſeiner ritterlichen Würde, geſchnallt wurden. Er reckte ſich. „Mädel—“ Sie flog ihm entgegen. „Reich mir das Schwert— aus deinen Händen kom⸗ mend, muß es Sieg bringen—“ Sie reichte es ihm mit bebender Hand hin. „Stark ſein, Mädel— biſt eine Rittersbraut!“ Leiſe zog er ſie an ſich. „Noch einen Kuß Feſt preßte ſie ihre weichen, roten Lippen auf ſeinen heißen Mund. „Gott— behüte dich, Vöglein— „Und dich—“ ſtammelte ſie. Lauter, dröhnender mahnte die Sturmglocke vom Rat⸗ hauſe, Stimmengemurmel ſchwoll an, wie Wellenrauſchen klang es, auf und ab wogend. Jörg griff nach dem Helm. Die langen Schmuckfedern darauf wallten bunt von ihm hernieder. Da bat Bärbele: „Wart“— einen Augenblick—“ Huſchte ſchnell zum Garten hinaus und brach eine Roſe vom Strauch. „Soll dir Glück und Sieg bringen— wie damals—“ flüſterte ſie und heftete ſie dann an ſeinen Helm. Er kniete vor ihr nieder, ergriffen von ihrem Schmerz und der Tapferkeit, mit der ſie ihn hinter ihrem ſüßen Lächeln verbarg. Küßte den Saum ihres Kleides und ſtand dann auf. Stülpte den Helm auf den Kopf, das Schutzgitter hoch⸗ geſchoben. Mit einem letzten Blick umfaßte er die holde Mädchen⸗ geſtalt. „Tapfer ſein, Mädel—“ rief er ihr noch zu, dann eilte er ſchnell zur Tür hinaus. Das Pferd ſtand wohlgerüſtet draußen. Trotz der ſchweren Ausrüſtung ſchwang ſich Jörg doch leicht in den Sattel. Stolz, aufrecht, ehern, ein Bild kühner, trotziger Mannesſchönheit, ritt er davon, dem Marktplatz zu, wo Wozzek und Simmern noch ihre Befehle an die Gruppenführer erteilten und auf den Junker war⸗ teten. Aller Augen richteten ſich auf ihn, den ſie alle lieb⸗ ten, der ſich nicht zu ſtolz dünkte, ein Mädchen aus ihren Kreiſen zur ritterlichen Frau zu nehmen. Es mochten wohl an zweitauſend Menſchen dort verſammelt ſein, Män⸗ ner und Frauen. Wer irgendwie eine Waffe tragen konnte, war gekommen, Jünglinge, kaum dem Knabenalter entwachſen, Greiſe, die helfen wollten an den Mauern, Waffen tragen, Pfeile ſpitzen— und manches andere. Je⸗ der wußte, diesmal würde es ein offener Kampf auf freiem Felde vor den Mauern werden. 1 f Jörg ließ ſeinen leuchtenden Blick über die Menge gleiten. And dann ſenkte er das Schwert tief— nahm den 5 vom Haupt— ſeine Stimme klang ſchwingend wie Erz: „Bürger der Stadt Rothenburg— ihr wißt, um was es geht. Kein Bruderkampf um eitlen Gewinſt. Was des Grafen Walter, meines Bruders, iſt, ſoll ſein bleiben, was mir gehört, ſoll mein werden, wie es das Teſtament meines ſeligen Vaters beſtimmt. Nichts weiter. Aber Schmachvolleres als der Raub eines Dokuments war ge⸗ ſchehen. Die Ehre eines Mädchens, das unter meinem Schutz ſtand, iſt beleidigt worden. Und da Bärbele zu euch gehört— ſo habt ihr alle dieſe Schmach mitempfunden, und niemand kann's euch verdenken, wenn ihr den Buben, der Rothenburgs Bürgerſtolz ſo ſchändlich verletzte, zum Teufel jagt. Gott wird uns das nicht zur Sünde anrech⸗ nen. Wir kämpfen für eine gerechte Sache— das wiſſen wir ſelber am beſten. And wenn kein anderer uns zu hel⸗ fen vermag, ſo müſſen wir's ſelber tun. Auf des Buben Haupt, der den Namen Levetzing beſchmutzte, komme alle Schuld und Sühne. Wir fühlen uns frei von jeder Schuld. Wir kämpfen mit Gott um Ehre und Frieden— Laſſet uns beten!“ Er ſenkte das Haupt. Und ringsum neigten ſich die Köpfe der Männer und Frauen in Demut und Vertrauen, Schluchzen brach auf, eine ungeheure Welle ſtarker, reiner Ergriffenheit band alle in einem Gefühl der Zuſammengehörigkeit und ſtol⸗ zer Tatbereitſchaft zuſammen. Laut ſprach Jörg ein Gebet für alle hier. Und es war wohl keiner, der nicht ſtumm in ſeinem Herzen mitbetete und zum Schluß noch ein beſonderes Flehen hinzufügte. „Amen!“ ging es durch die Reihen. Jörg ſetzte den Helm auf. „And nun jeder auf ſeinen Poſten!“ Es war beſchloſſen, an jedem Tore ſollte ein Trupp unter bewährter Führung ſtehen. Auf ein verabredetes Hornſignal aber ſollte jeder durch das Tor hindurchbre⸗ chen, den Gegnern entgegen, bevor dieſe an ihren eigenen Angriff dachten. Die Entſcheidung mußte fallen, ſo oder ſo. „Unſer Feldruf iſt—“ „Junker Jörg!“ ſchrie es ihm entgegen. „Nan gut! Sei es denn!“— Im Lager des Ritterbundes ſchien man ſich nicht recht einigen zu können. Walter von Levetzing ſtand mit zu⸗ ſammengezogenen Brauen.— Die Herren verteilten ſchon die Beute, waren der Meinnug, ſie hätten Rothenburg ſchon. Jeder ſtellte ſeinen Preis für ſeine Hilfe. And die Herren waren nicht ſonderlich beſcheiden. „Der Jörg kommt mir teuer zu ſtehen,“ dachte Walter zornig. Aber da gab's nichts abzuhandeln. Mißmutig er⸗ kannte er die Forderungen an. 8 Plötzlich ſtürzte ein Bewaffneter in das Zelt der Führer. „Die Rothenburger—!“ 85 Langgezogener Hornruf ſchmetterte herüber.. „Sie öffnen die Tore—“ 5 Im Nu ſtürzten die Ritter heraus. Es war gut, daß vorher der Kampfplan ſchon hinreichend beſprochen war. Aber die Verblüffung war dennoch ſtark genug. „Verdammt—“ knirſchte Graf Walter, und fahle Bläſſe zog über ſein Geſicht. Das Rödertor ſprang auseinander— das Klingentot — das Galgentor— das Spitaltor— Zugbrücken raſſelten. Gellend ſchrien Trompeten und Hörner. And hervor brach es— ein Schwarm eiſengepanzerter Reiter— Mann an Mann— die Harniſche funkelten im Abendſonnenlicht— die Lanzen waren wie feurige Strahlen— die Helme glühten.— Und allen voran einer, dem eine rote Roſe am Helm brannte, unter dem goldnen Wappen der Levetzing. Kommandoworte— haſtende Reiter. Der Wöllenber⸗ ger fluchte: „Verdammte Schacherei! Das haben wir davon.“ Und es dröhnte ihnen entgegen— von allen Seiten der Feldruf der Rothenburger: „Junker Jörg!“ Wie eine Lawine kamen ſie heran— Staubumwirbelt — jauchzend, ſchreiend— zum Aeußerſten bereit. Mann an Mann. Pferd an Pferd. Eine ſauſende Gewitterwolke ein Sturmwind— ein fliegendes Entſetzen— „Junker Jörg!—“ l And da ſind ſchon die erſten! Schmetternd ruft Sim⸗ merns Hornruf über das Feld. Er bläſt, als gelte es, die Mauern von Jericho zu erſchüttern. Noch rechtzeitig hat ſich der Hauptteil des Gegners zum Karree formieren können, ſpießbewehrt— aber viele er⸗ reichen die Rettung nicht mehr, die nur eine vorläufige ſein konnte, und brauſend ſtob der Schwarm der Roſſe über ſie hinweg, brauſend gellte in die erſten Schmerzens⸗ ſchreie das jubelnde Feldgef rei„Hie gut Rothenburg!“ Da klirrten Schwerter und Spieße aneinander.— Fortſetzung folgt Profeſſor Haberling kann nun über Experimente berichten, bei denen Dur⸗Tonarten nachweislich zu einer führten. Die in Moll geſchriebene Muſik bringt das nicht zuſtande, zeigt V. Selbſtgebautes Segelflugzeug 1935 9 7 Nr. 51 C ja alles keine Stürme. ür ane ſoa aan „bind Hi ttot ihr da erlebt habt amal in Gaff pon Miaf ang „Was see e ee hee vnd gun jnluog 150 „Ibieuvmegun zeig“ zen jag dig uohpl zeidngncd ze len vc boch dust ei aeg bins eſping infüog i eon jebnz 21 „iind pu ava“ noed eibeimeß nec„ang eue inv 6 49159 za. wee, u een bu eine eig ug! 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Er beugte ſich an ihr Ohr.„Ich könnte noch einmal gra ſetzen!“ flüſterte er,„aber wir haben Pech!“ „Setzen Sie auf die Vierundzwanzig. Sie kann wie⸗ derkommen!“ Aber jetzt kommt die Dreiundzwanzig! Der Konſul zuckte wieder die Achſeln.„Künſtlerpech!“ murmelte er,„ich werde an einen anderen Tiſch gehen. Hier bringe ich Ihnen nur Unglück.“ Sie nickte ihm zu und ſetzte nun ihrerſeits einen klei⸗ nen Betrag auf Pair. Als ſie aufſchaute, ſah ſie am anderen Ende des Tiſches einen alten Herren ſitzen, der, als ihn ihr Blick traf, merk⸗ lich zuſammenzuckte. Aber das dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde. Dann zog er gelaſſen das Geld ein, das er offenbar gewonnen hatte, ſtand auf und ſtrebte dem Aus⸗ gang des Saales zu. Auch Frau Reichenbach brach das Spiel ab. Sie folgte ihm. Eine gewiſſe Unruhe beherrſchte ſie. Der alte Herr durchſchritt das Reſtaurant, ohne ſich um⸗ zublicken. Dann ſtieg er die Treppe zum Garten hinun⸗ ter. Frau Reichenbach folgte ihm ſo, daß es nicht auffal⸗ len konnte. Sie taſtete ihre Taſche ab. Ja— der kleine Revolver ſtak noch darin. Vorſichtig ſtieg auch ſie die Treppe hinunter. Sie hielt ſich aber in ſolchem Abſtand, daß ſie der Mann, wenn er ſich umblickte, in der Dunkelheit nicht erkennen konnte. Er ſchritt den Anlagen zu, an der kleinen Ausſtellungshalle vorbei, und wählte wohl abſichtlich einen Weg, der ganz finſter war. Frau Reichenbach entſicherte ihren Revolver und ſchlich ihm nach.— * Richard Stolz war, wie Kommiſſar Köſter vermutet hatte, mit einem der kleinen Verkehrsdampfer abgefahren, nachdem er ſich raſch auf Umwegen ſeine Sachen geholt und die kleine Rechnung beglichen hatte. Klopfenden Herzens fuhr er bis Heringsdorf, um dort einen Zug zu beſteigen, mit dem er dann nach Berlin fuhr. Er befand ſich in einer wütenden Stimmung. Schlug doch alles fehl! Das Zuſammentreffen mit Lilli Wingert hatte ihm noch den Reſt gegeben. Ingrimmig ballte er die Fauſt. Müller hatte ihn aufſitzen laſſen! Ob er überhaupt Müller hieß? Er rekapitulierte noch einmal die letzten Erlebniſſe. Durch einen Artiſten, der ſein Zimmernachbar geweſen, hatte er Müller kennen gelernt. Das forſche Auftre⸗ ten dieſes Mannes hatte ihm imponiert. Irgendwie kam er in ſeinen Bann. Man befreundete ſich. Bis dann der andere, vorſichtig taſtend, mit ſeinen Plänen kam. Er, Ri⸗ chard, brauchte ja bloß Handlangerdienſte zu tun und ihn mit einem ehemaligen Kollegen bekannt zu machen. Eine Menge Geld war dabei zu verdienen. Die Welt des Ver⸗ brechens zog ihn in ſeine Kreiſe. Der große Schlag war geglückt. Müller ſteckte ihm das Schweigegeld von 12000 Mark in die Taſche. Er nahm das Geld und ſpielte zunächſt noch weiter den harmloſen Angeſtellten im Warenhaus. Bis dann Müller kam, ziemlich aufgeregt, und ihn warnte. Man ſei ihnen iegendwie auf die Spur gekom⸗ men. Es wäre das Beſte, ſich möglichſt raſch aus dem Staub zu machen.— Richard fühlte an ſeine Taſche, in der noch immer das Geld ſtak, von dem nur einige hundert Mark im Kreiſe liebenswürder oder genau genommen: liebens un wür⸗ diger Damen durchgebracht wurden, und bat ſeinen Freund nur, ihm doch bei der Flucht behilflich zu ſein. Müller tuſchelte, daß es nicht ratſam ſei, ſich gemeinſam blicken zu laſſen. Richard forderte noch einen weiteren Geldbetrag, oder er werde ihn anzeigen laſſen. Ihm ſei jetzt alles egal. „Gut!“ hatte Müller geſagt,„ich werde nach Swine⸗ münde fahren und zuſehen, ob dort nicht noch etwas zu machen iſt. Komm auch hin. Ich hinterlege dort auf der Poſt einen Brief für dich, unter bekannter Chiffre. Das Weitere wird ſich dann finden Jetzt muß ich gehen— ſcheint mir ſo, daß ich beobachtet werde!“ „Und das Geld?“ 1 „Bekommſt du in Swinemünde. Erſt muß ich wiſſen, daß du mir zur Verfügung ſtehſt.“ „Alſo abgemacht!“ Müller ging. Tatſächlich ſchien ihm jemand zu folgen. Es war ein kleines, ſchnaufendes Männchen, mit einem Seehundskopf, das ſich aber recht ungeſchickt zeigte. Viel zu auffällig ſtiefelte es hinter Müller her. Pah— dem 11 8 es wohl ein Leichtes ſein, jenen Kerl abzuſchüt⸗ eln. Richard hatte ſich während der Mittagspauſe zur Paoſt begeben, um nachzuſehen, ob von Lilli Nachricht gekom⸗ men war. Ja! Sie ſchrieb ihm, daß ſie mit ihren Eltern verreiſen müſſe. Der Vater trat ſeinen Urlaub an. Aus⸗ erechnet ging es nach Swinemünde! Sie bat ihn, poſt⸗ agernd dorthin zu ſchreiben. Nach dem Dienſt ſuchte er dann ſofort ſein Zimmer bei Machnows auf, packte vorſichtig ſeine Sachen zuſam⸗ men und ſchlich des nachts ungeſehen davon. In einem Lokal trank er zunächſt einige Gläſer Bier und zwei Korn dazu. Er überlegte. Was ſollte er Lilli ſchreiben? Sie mußte von hier aus noch eine Nachricht erhalten, damit ſie nicht auf den Gedanken kam, ihn in Swinemünde zu ſuchen. Oder ob er ihr etwas vorſchwin⸗ deln ſollte— er habe ſich einige Tage freigemacht und komme ſie dort beſuchen? Doch wie, wenn auch ſie vielleicht ſchon beobachtet wurde? Er hatte in Kriminalromanen die ſonderbarſten Dinge geleſen. Die Polizei war oft ſchlauer, als es ſich der gewiegteſte Verbrecher träumen ließ. Sie erſchien oft da, wo man es zunächſt nicht vermutete. Man hatte Lilli öfter mit ihm zuſammen in beſtimmten Lokalen ge⸗ ſehen. Es erſchien ihm nicht ausgeſchloſſen, daß ein ge⸗ wiegter Kriminaliſt auf irgend eine Weiſe dahinterkam und ſich dann, wenn er ſelber verſchwunden war, an das Mädchen hielt, um auf dieſe Weiſe ihm auf die Spur zu kommen. 4 Ließ er ſich alſo mit ihr noch blicken, ſo lief er Gefahr, plötzlich verhaftet zu werden. Darauf wollte er es nicht an⸗ kommen laſſen. Eigentlich war das Ganze über⸗ haupt eine Dummheit— dachte er weiter— er hatte ſeine cee Mark, das ſtimmte—— übrigens auch nicht mehr ganz. Aber er wußte nicht ſo ꝛecht, was er mit dieſem Gelde eigentlich anfangen ſollte. Er kannte ſeine Veranlagung, gerne den großen Herrn zu ſpielen. Es würde ihm durch die Finger rinnen— und ſchließlich 19 55 er doch wieder da, wo er anfing! Aber was halfen ie Ueberlegungen jetzt? Uebrigens hatte er noch einen großen Fehler began⸗ gen, als er die Summe Lilli zur Aufbewahrung anver⸗ trauen wollte,— gewiſſermaßen, um das Geld zunächſt vor ſich ſelber ſicher zu ſtellen. Das Märchen von der Erb⸗ tante war doch zu fadenſcheinig! Und jetzt, ſobald man ſein Verſchwinden entdecken würde, mußte ſie erſt recht ſtutzig werden. Nein— er durfte ſich nicht bei ihr blicken laſſen. Das war ihm jetzt völlig klar. Am Ende ließ ſie ihn noch verhaften. Es blieb nur ein einziger Weg: ſie zu vergeſſen; mit ihr zu brechen! Nachdem er noch mehrere Kognaks getrunken hatte, ſchrieb er ihr einen Abſchiedsbrief. Weiter rollten die Geſchehniſſe, während er in die Landſchaft ſtarrte, die draußen vorüberglitt, vor ihm ab. Einen Nachtzug benutzend, war er zunächſt nach Berlin gefahren, wo ſeine Tante Amalie wohnte, die nach dem frühen Tode der Eltern gewiſſermaßen ſeine zweite Mut⸗ ter geworden war. Ob er ſie aufſuchen— ihr alles beich⸗ ten und wieder ein anſtändiger Kerl werden ſollte? Nur einen Augenblick durchzuckte ihn dieſer Gedanke. Aber dann packte ihn wieder die Furcht, doch beſtraft zu werden und einige Zeit ins Gefäfgnis wandern zu müfſ⸗ ſen. Nein. Das war ja Unſinn. Wozu hatte er das viele Geld in der Taſche! Außerdem ſollte er ja noch mehr er⸗ halten! Wie kam er dazu, dem Müller, dieſem Halunken, alles zu laſſen?! Durchaus darauf gefaßt, in Swinemünde keine Nach⸗ richt von Müller zu finden— war er ſogar etwas er⸗ ſtaunt, aks er dort einen Brief vorfand. Sofort eilte er zu 112 hin. Alſo: von Arnſtein heißt er auf einmal! Na — ſchön! „Herr von Arnſtein läßt bitten!“ ſagte die Wirtin. (Fortſetzung folgt.) Tapfere Frauen Von Arthur von Riha In der Rhön liegt das Städtchen Kaltennordheim, das einſt zur gefürſteten Grafſchaft Henneberg und dann zu Sachſen⸗Weimar gehörte. Es war vermutlich im zwölften Jahrhundert der Geburtsort des Minneſängers aus dem Geſchlechte der Henneberger Grafen, der ſich nach ſeinem Lieblingsſchloſſe(Bodenlaube bei Kiſſingen) Otto von der Bodenlaube nannte. Fürſt Heinrich der Vierzehnte von Henneberg reſidierte in Kaltennordheim und ſtarb in ſeinem Schloſſe„Zur Meerlinſe“ in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahr⸗ hunderts. Er führte wegen ſeiner Wohltätigkeit den Ehren⸗ namen„Vater der Armen“, wurde aber trotz ſeiner Fried⸗ fertigkeit in manche ſchwere Fehde mit den ſtreitluſtigen Rittern der Nachbarſchaft verwickelt. Seine adeligen Feinde ſchloſſen ſogar ſpäter ein Bündnis gegen ihn und verwüſteten die 11 0 von Kaltennordheim, beſonders Kaltenweſtheim und die Dörfer Mittelsdorf und Erbenhauſen, die ſie ausplünderten und durch Brände verheerten. Dann ee ſie einen nächtlichen Ueberraſchungs⸗ überfall auf Kaltennordheim ſelbſt, deſſen befeſtigtes Schloß nur eine ſchwache Beſatzung hatte, Faſt hätte es der Fürſt bitter bereuen müſſen, daß er aus allzugroßer Friedensliebe nicht beſſer gegen ſeine Geg⸗ ner gerüſtet war. Denn die unzureichende Beſatzung des Schloſſes begann unter dem Anſturme der beſſer gerüſteten Feinde zu wan⸗ ken, ſo daß der Verluſt des Platzes ſchon beſiegelt ſchien. Da fanden die bedrängten Verteidiger eine unerwartete Hilfe in ihrer Not. Plötzlich erſchienen die Bürgerfrauen von Kaltennord⸗ heim mit Eimern voll ſiedenden Waſſers auf den Zinnen und goſſen ihren ſengenden Inhalt auf die Köpfe der An⸗ ſtürmenden hinab. Kaum waren die Eimer leer, ſo wanderten ſchon friſch gefüllte durch eine von Hand zu Hand gehende Kette her⸗ an, die von den umſichtigen Frauen zwiſchen mehreren Koch⸗ plätzen und den Wallmauern aufgeſtellt worden waren. Die Feinde wurden ſo gründlich begoſſen und verbrüht, daß ſie trotz ihrer Ueberzahl ſchleunigſt die Flucht ergriffen. Damit war Kaltennordheim von allen weiteren Angrif⸗ fen befreit, weil die Gegner keine Luſt nach einer Wieder⸗ holung der heißen Waſſertaufe hatten. Durch die tapfere und zeitgerechte Tat der Frauen ent⸗ ſtand jedoch ein Unfriede in der Stadt. Die Männer fühlten ſich durch das Verhalten der Frauen beſchämt, beſonders, da es unter den Heldinnen einige Scharfbezungte gab, die es nicht unterließen, ihr eigenes Verhalten gegen das der Männer herauszuſtreichen. Der Streit wurde ſchließlich ſo heftig, daß er dem Für⸗ ſten Heinrich zu Ohren kam. Nachdem ihm mehrere Verſöhnungsverſuche mißlungen waren, hielt er eine öffentliche Tagung ab, bei der Vertre⸗ 155 beider ſtreſtenden Parteien ihrn Standpunkt vorbringen ollten. Er überzugte ſich dabel, daß tatſächlich nur das Eingrei⸗ 0 der Frauen die Stadt gerettet hatte Da ſich aber die ertreter der Männer nicht mit dieſer Erkenntnis zufrieden geben wollten, beſchloß der Fürſt, ſeinem Urteil einen nach⸗ drücklichen und bleibenden Ausdruck zu geben. Er ließ inmitten des Marktplatzes von Kaltennordheim eine ſteinerne Ehrenſäule für die Frauen errichten und ver⸗ bot bei ſtrengſter Ahndung jede künftige Schmälerung ihres Verdienſtes um die Rettung der Stadt. Ein Blumenrelief und eine eingegrabene Inſchrift mit entſprechendem Text ſchmückten die Säule, die noch bis in die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts auf ihrem Platze ſtand. Inzwiſchen vom Zahne der Zeit zernagt, wurde ſie als Hindernis des größer gewordenen Verkehrs beſeitigt. Nicht gewollte Beförderung Anton Mühſelig, Schriftſteller ſeines Zeichens, machte große Augen. War dieſe elegante, geradezu 1 ausſehende Geſtalt, die da gerade einem fabelhaften Pri⸗ vatwagen entſprang, wirklich die ſeines Freundes Amadeus Theophil Knatterbox, des bisher in weiteſten Kreiſen un⸗ bekannten vergeblich mit der Muſe ringenden„Lyrikers“. Kein Zweifel, er war es. Drauf loseilen, ihm die Hand drücken, war eins! Amadeus war ein guter Freund, wenn er auch vielleicht keinen Anſpruch auf den Titel eines Lyrikers machen konnte. Er verleugnete den einſtigen Freund nicht, erwiderte ſogar kräftig ſeinen Händedruck und lud ihn auf der Stelle zu einem großartigen Frühſtück in einem nahe gelegenen Lokal ein. Mühſelig blieb vor Staunen einfach die Sprache weg. War das wirklich Knatterbox, der ewig Verhungerte, ewig Bargeldloſe von einſt? Erſt nach dem Frühſtück fand er einigermaßen die Worte wieder, „Es freut mich Amadeus, daß es dir nun beſſer geht,“ ſagte er den Freund genau muſternd,„ein Glück, daß du dich noch in einen vernünftigen Beruf gerettet haſt. Mit deiner Lyrik— nimms mir bitte nicht übel, hätteſt du doch nicht erreicht was du heute biſt—“ Knatterbox ſah geheimnisvoll lächelnd nach dem Rauch ſeiner Zigarre und ſchwieg ſich aus. Vielleicht aber biſt du ein erfolgreicher Sportsmann ge⸗ worden, Knatterbox, denn ich ſehe da einige Narben und Beulen an dir, die darauf ſchließen laſſen, daß du unter die Boxer gegangen biſt. Auch ſcheint mir deine Naſe etwas verbogen. Knatterbox nickte. „Und doch irrſt du, ich verdiene mein Geld immer noch mit der Lyrik. Mein letztes Gedicht brachte mir ungefähr 500 Mark, ein ganz kleines Gedicht von zwölf Zeilen.“ Mühſelig riß Mund und Naſe auf. „Un— glaub lich“: ſtotterte er! „Wie kommſt du, ausgerechnet du zu ſolchen Hono⸗ raren?“ „Ich will es dir erklären. Es iſt Schmerzensgeld——“ „Schmerzensgeld???“ „Natürlich, ich komme ſo oft und bleibe ſo lange, bis den allerbeſten und gutmütigſten Verlegern die Geduld reißt. Und dann werde ich meiſt von einem dienſtbaren Geiſt mit Gewalt entfernt. Na, und dabei geht denn mei⸗ ſtenteils irgendetwas kaputt an mir. Siehſte und dann kommt das Schmerzensgeld——“, hen hatte ſeinen Freund Knatterbox nie mehr ge⸗ ehen. Tags darauf erfüllte ſich an ihm das verdiente Schickſal. Dieſe Methode, zu Geld zu kommen, hatte ſich in Verleger ⸗ kreiſen herumgeſprochen. Und als er ſich wieder einmal hin⸗ aus werfen laſſen wollte, wurde er zwar hinausbefördert, aber bis zur nächſten Polizeiwache. Wenn Männer Aufſchnitt reden. Erlauſchtes vom Stammtiſch. In einer Kneipe in St. Pauli. An dem runden Tiſch unter der Lampe geht es beſonders hoch her. Bemooſte Schiffer ſitzen da beiſammen. Beileibe nicht auf dem Jrok kenen. Sie feuchten gehörig die durſtigen Kehlen ar an ſpinnen ihr Garn Erzählen von kaum glaublich⸗n Srür men, die ſie erlebt. Pitt, der bislang ſchweigend zugehört, ſchieht ſeinen Priem von Backbord nach Steuerbord, räuſpert ſich und legt dann mächtig los: ——