3 2. Blatt zu Vr. 302 —— Neckar Bote Sms fag. 28. Dez. 1935 Die Deutſche Arbeitsfront 1033 WPD. Es gibt Organiſationen in unſerem politiſchen Leben, deren Leiſtungen ſich ohne weiteres zahlenmäßig darſtellen laſſen. Das iſt um ſo einfacher, je mehr ſich die Arbeit einer ſolchen Organiſation auf materielle Angelegen⸗ heiten des menschlichen Lebens erſtreckt und ſich infolgedeſ⸗ ſen in ziffernmäßiger Bewertung darſtellen läßt. Schwie⸗ riger iſt eine ſolche Leiſtungsüberſicht zweifellos bei einer Organiſation, bei der es nicht nur um Dinge geht, ſondern um die innere Haltu nig des Menſchen. Die Deutſche Arbeitsfront iſt diefe Gemeinſchaft, die es unternommen hat, den arbeitenden Menſchen in ſeinem innerſten Kern anzupacken, ihn umzubilden und aus dem Individualiſten ein Glied der Gemeinſchaft zu machen. Dieſe Arbeit At ſich glücklicherweiſe nicht in Zahlen ausdrücken, ihre Erfolge ſpüren wir aber überall da, wo wir unter den arbeitenden Menſchen den Geiſt der Gemeinſchaft entdecken: in den Be⸗ trieben. Daß allerdings die Deutſche Arbeitsfront auch mit ſehr eindrucksvollen Zahlen aufwarten kann, das hat der große Jahresbericht gezeigt, der am zweiten Jahrestage der NS⸗Gemeinſchaft„Kraft durch Freude“ veröffentlicht worden iſt. Das Leben und der Geiſt in den deutſchen Betrieben ſind zweifellos anders geworden. War früher die Belegſchaft eines Betriebes faſt immer in ſo viel Teile geſpalten, wie Parteien hatten Fuß faſſen können, und waren dieſe Teile nicht nur nicht Freunde, ſondern gar erbitterte Feinde, denen jedes Mittel recht war, um den anderen eins auszuwiſchen, ſo haben wir heute eine Gefolgſchaft, die ſich dem Be⸗ triebe durch die Arbeit zugehörig fühlt. Wenn auch heute noch hier und da menſchliche Unzuläng⸗ lichkeit dieſes Gemeinſchaftsgefühl bedroht, ſo bedeutet es aber doch nichts gegen den Haß und die Zerriſſenheit, die früher zwiſchen den an einem Werkſtück ſchaffenden Men⸗ ſchen beſtanden. Vor allem an eins müſſen wir denken. Der Menſch läßt ſich nicht von heute auf morgen umbilden, und jahrzehntelang immer wieder künſtlich geſchürter Haß läßt ſich nicht um Handumdrehen in Gemeinſchaftsgefühle verwandeln. Wir haben mit dieſer Arbeit ja erſt begonnen und ſtehen noch am Anfang einer Entwicklung, die Jahr⸗ hunderte überdauern ſoll. Daran ſollten alle die denken, denen das heute Erreichte noch nicht genügt. Die Mönner, denen der Führer die Aufgabe erteilt hat, die Deutſche Arbeitsfront aufzubauen und in dieſem Bau alle ſchaffenden Menſchen zu vereinen, hatten dazu kein irgendwie ähnliches Vorbild. Es gab keine Erfah⸗ rungen, wie man 30 Millionen arbeitende Menſchen, völlig verſchieden nach Herkunft, Bildung, Arbeitsgebiet und politiſcher Ueberzeugung, das große Gefühl der Zu⸗ ſammengehörigkeit, der Gemeinſchaft erleben laſſen konnte. Vorbilder gab es auch nicht dafür, wie man eine ſo gewal⸗ tige Organiſation aufzuziehen hatte, die keine Maſſen⸗ organiſation, ſondern eine Gemeinſchaftsor⸗ ganiſation ſein mußte. Der organiſatoriſche Aufbau pollzog ſich daher nicht ſtreng exakt, ſondern mußte ſich den ſozialen Gegebenheiten anpaſſen. Mit der Zeit aber wurde das Bild der Organiſation, das zuerſt mit wenigen dicken Strichen im Umriß gezeichnet wurde, immer klarer, inimer feinere Striche kamen hinzu. Heute iſt der Aufbau der Deutſchen Arbeitsfront mit ihren vielen Untergliederungen im großen und ganzen vollendet. Der Aufbau der Deutſchen Arbeitsfront kotmte gerade im abgelaufenen Jahre ſo gewaltig gefördert werden durch zwei Ereignitſe von außerordentlicher, ſür die Zu⸗ kunft des ſoziaien Lebens entſcheidender Bede tung. Mit der Leipziger Vereinbarung vom März 1935 zwiſchen Dr. Ley, Dr. Schacht und Reichsarbeitsminiſter Seldte, der den Beitritt der gewerblichen Wirt⸗ ſchaft zur Deutſchen Arbeitsfront vorſah, wurde der Rumpf der Deutſchen Arbeitsfront endlich vervollſtändigt. Durch die Vereinbarung wurde die Gefahr vermieden, daß ſich die Deutſche Arbeitsfront zu einer Gefolgſchafts⸗ organiſation und die Organiſation der gewerblichen Wirtſchaft zu einer Unternehmer vereinigung entwickelt hätte. Die alten Gewerkſchaften wären damit nur unter neuem Namen und in neuer Form wieder aufgelebt. Der gewerblichen Wirtſchaft ſchloſſen ſich übrigens ſehr bald das Verkehrsgewerbe, die Juriſten in der Deut. ſchen Rechtsfront und ſchließlich auch die Bauern im Reichsnährſtand an, die ebenfalls korporative Mit⸗ glieder der Deutſchen Arbeitsfront wurden. Als Grund für den Beitritt des Reichsnährſtandes wurde in der Verein⸗ barung zwiſchen Dr. Ley und dem Reichsbauernführer er⸗ klärt, daß die Aufgabe des Reichsnährſtandes und die der Arbeitsfront gleichermaßen der ſtändigen Verbeſſerung der Lebenshaltung der ſchaffenden Deutſchen dienen. Es wurde daher notwendig, die Aufgabengebiete beider Organiſatio⸗ nen ſo genau feſtzulegen, daß künftig jegliche Doppelarbeit bermieden wird. Die Leipziger Vereinbarung vor allem bildete die Vor⸗ ausſetzung für den weiteren Aufbau der ſo außer⸗ ordentlich wichtigen ſozialen Selbſtverwaltung. Das richtige Funktionieren einer ſozialen Selbſtverwaltung iſt ja die ausſchlaggebende Vorbedingung für das ſinngemäße Funk⸗ tionieren des Geſetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit. Für die Herſtellung des ſozialen Ausgleichs iſt infolgedeſ⸗ ſen ein logiſches S yſtem der Selbſtverwaltung entwickelt und aufgebaut worden. Das unterſte Glied dieſer Selbstverwaltung iſt der Betriebswalter, dann kom⸗ men die Vertrauensräte, und ſchließlich als wichtig⸗ ſtes Inſtrument für die Regelung überbetrieblicher Fragen die Arbeits ausſchü ſſe. Aus den 1 beſtehen⸗ den Arbeits⸗ und Wirtſchaftskammern läuft dann die Spitze zuſammen im Reichsarbeits⸗ und Wirtſchaftsrat. i . Stück für Stück baut ſich hier alſo die große Organiſa⸗ tion der deutſchen Schaffensgemeinſchaft/ auf. Blickt man zu⸗ rück auf ein Jahr ſolchen Aufbaues, dann erkennt man in dem organiſchen Wachſen Methode und Ziel im Aufbau die⸗ ſer Organiſation, die nicht nur eee die größte in der Welt iſt, ſondern ſich auch die größte Aufgabe geſtellt hat. Allein die Ueberwindung des Klaſſen⸗ kampfes iſt eine Aufgabe, die werk iſt, dafür 1 zu haben. Sie iſt erſt möglich durch die Herausſtellung des zweiten großen Zieles— Wiederherſtellung der ſozialen Ehre des deutſchen Arbeiters, einer Ehre, die ihn mit Stolz behaupten läßt: Ich bin deutſcher Arbei ter. Eins greift ins andere, um dieſes zu erreichen Iſt es erreicht, 1 hat ſich das letzte Ziel von ſelbſt erfüllt: Eine Gemeinſchaft aller ſchaffenden Deutſchen. Sf. Die Beflaggung der Dienſtgebäude „Der Reichs⸗ und Preußiſche Miniſter des Inneren, Dr. Frick, hat an die zuſtändigen Behörden einen Erlaß über die Beflaggung der Dienſtgebäude gerichtet. in dem be⸗ ſtimmt wird: N Wenn gemäß dem Erlaß über Anordnungen zur Be⸗ flaggung der Dienſtgebäude vom 8. Juni 1935 die Dienſt⸗ gebäude flaggen, ſo ſetzen: a) die ſtaatlichen Verwal⸗ tungen, die Deutſche Reichsbahn einſchließlich des Zweig⸗ unternehmens Reichsautobahnen und die Reichsbank die Reichsdienſtflagge, der Reichsarbeitsdienſt die Ar⸗ beitsdienſtflagge; b) die Gemeinden und Gemeindever⸗ bände ſowie die ſonſtigen Körperſchaften. Anſtalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die Reichs- und Nationalfla gge; die Gemeinden, Aemter und Kreiſe ſowie die nicht zu den Gebietskörperſchaften rechnenden Körperſchaften des öffentlichen Rechts können, wenn ſie zur Führung einer eigenen Fla 9 ge berechtigt ſind, dieſe neben der Reichs und Nationalflagge ſetzen; e) die öffent⸗ lichen Schulen mit Ausnahme der jüdiſchen Schulen die Reichs⸗ und Nationalflagge Andere Flaggen dürfen nur mit Genehmigung des Reichsinnenminiſteriums geſetzt werden. Den Dienſtgebäu⸗ den ſtehen dienſtlich benutzte Teile privater Gebäude gleich. Der Reichsflagge(Reichsdienſtflagge oder Reichs⸗ und Nationalflagge) gebührt, wenn daneben eine nach Zif⸗ fer 1 zugelaſſene andere Flagge geſetzt wird die bevor zugte Stelle. Beim Vorhandenſein nur eines Flag⸗ genmaſtes iſt an ihm die Reichsflagge zu ſetzen, während die andere Flagge an der Hauptfront des Gebäudes auszuhän⸗ gen iſt. Sind zwei Maſten vorhanden, ſo wird die Reichsflagge rechts, die andere Flagge links geſetzt, vom Innern des Gebäudes mit dem Blick zur Straße geiehen. Beim Vorhandenſein von mehr als zwei Maſten iſt die andere Flagge nur einmal und an den übrigen Maſten die Reichsflagge zu ſetzen. Die an einem Gebäude geſetzten Flaggen ſellen gleich groß ſein. Der Reichsarbeitsführer kann beitslager und Dienſtſtellen des Arbeitsdienſtes zu ihrer Kennzeichnung ſtändig die Arbeitsdienſt [lagge ſetzen. Im übrigen iſt eine ſtändige Boflaggung der Dienſtgebäude nur mit Genehmigung des Reichsinnen⸗ miniſters zuläſſig. Die Beflaggung beginnt um 7 Uhr morgens und endet bei Eintritt der Dunkelheit. Die Vorſchriften über die Beflaggung der Gebäude der Wehrmacht und der Erlaß über die Kirchenbeflaggung vom 4. Oktober 1935 bleiben unberührt. Alle ſonſtigen entgegen⸗ ſtehenden Beſtimmungen über die Beflaggung von Dienſt⸗ gebäuden werden 1 anordnen, daß Ar Kohlenſtaub fördert die Verdauung Als Ausgangsmaterial der Teerproduktion ſpielt die Kohle ſeit langer Zeit eine große Rolle in der Erzeugung wichtigſter Heilmittel, denn aus dem Teer werden ſeit dem großen Aufſchwung der deutſchen chemiſchen Forſchung in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts nicht nur die wertvollſten künſtlichen Farbſtoffe, ſondern auch ſehr wir⸗ kungsvolle Medikamente hergeſtellt. daß man aber mit gutem Erfolg auch Kohle ſelbſt als Heilmittel anwendet, iſt, weniger bekannt. Tatſfächlich haben die Aerzte mit feinge⸗ mahlener Holz- Knochen⸗ oder Blutkohle namentlich bei Störungen der Verdauungsorgane ſehr beachtliche günſtige Wirkungen erzielt. Das legte es nahe, auch an Tieren den Einfluß von zer⸗ kleinerter Holzkohle als Futterzuſatz zu erproben; denn offen⸗ bar förderte oder erleichterte der Kohlenſtaub die Verdau⸗ ungstätigkeit. Die dabei gemachten praktiſchen und wiſſen⸗ ſchaftlich ſorgfältig kontrollierten Erfahrungen waren ſehr gut. Es zeigte ſich, daß bei Zuſatz von Kohle der Tierkörper das Futter erheblich beſſer auszunutzen vermochte. Aller⸗ dings kam es ſehr darauf an herauszufinden, in welcher Menge und vor allem in welcher Form die Kohle dem Fut⸗ ter beigegeben werden muß. In der Geflügelzucht zum Bei⸗ ſpiel erwies ſich als beſonders vorteilhaft die Verfütterung von gekörnter Kohle. Die Kohlenkörner befördern die Zer⸗ kleinerung des Futters im Magen und regen die Tätigkeit der Darmbakterien an, die die eigentliche Verdauung beſor⸗ gen. Dadurch wird der Maſterfolg beim Vieh weſentlich ver⸗ größert. Zugleich haben aber die Erfahrungen gezeigt, daß der Holzkohlezuſatz auch Ernährungsſtörungen, die ſonſt ge⸗ rade bei empfindlichem Junggeflügel manches Opfer fordern, verhindert. Anderen Tiergattungen wird die Holzkohle beſſer in pulveriſierter Form gegeben. Beim Pferd wie beim Rind ſtellten ſich dann die gleichen Erfolge ein: Beſſere Aus⸗ nutzung des Futters und Sicherung des Tieres vor Krank⸗ heiten der Verdauungswege. Wie die„Deutſche Forſchung“ nun mitteilt, konnten jetzt aber auch in der Schweinezucht günſtige Ergebniſſe erzielt werden, da ebenfalls beſſere Fut⸗ terverwertung durch Holzkohlepulver die Aufzucht ſehr er⸗ leichterte und die Maſtzeiten ſich günſtig verkürzen ließen. Gläubiger, Schuldner und Verjährung Der 31. Dezember naht! Der 31. Dezember als Verfalltag von Forde⸗ rungen iſt für jeden Kaufmann und Gewerbetreibenden von beſonderer Bedeutung. Im allgemeinen verjähren an dieſem Tage alle Anſprüche, die im Verkehr mit der Kund⸗ ſchaft, einem Teil von Lieferanten uſw. im Laufe des Jahres 1933 entſtanden ſind. Anders liegt es bei Forderungen an den Gewerbetreibenden ſelbſt, alſo bei Lieferung von Waren zur Weiterveräußerung. Für ſolche Forderungen tritt am 31. 12. 35 noch keine Verjährung ein, denn hierfür iſt geſetzlich eine vierjährige Verjährungsfriſt feſtgeſetzt; der⸗ artige Anſprüche würden alſo erſt Ende 1937 verjähren. In allen zweifelhaften Fällen iſt es Pflicht des Ge⸗ werbetreibenden, dafür zu ſorgen, daß die Anterbre chung der Verjährung herbeigeführt wird durch Anerkennung der Schuld, die auch dadurch erreicht wird, daß der Schuldner Teilzahlung, Zinszahlung oder Sicherheit leiſtet. Anderen⸗ falls iſt Zahlungsbefehl zu beantragen, der der Klage vor⸗ zuziehen iſt. Ein rechtsmäßig feſtgeſtellter Anſpruch verjährt dann erſt in dreißig Jahren. Zu beachten iſt, daß eine münd⸗ liche Anerkennung der Schuld nicht genügt, ſie muß ſchrift⸗ lich erfolgen. Jeder gerichtliche Schritt aber muß ſo recht⸗ zeitig vorgenommenen werden, daß der Antrag am 31. De⸗ zember 1935 in Händen des Gerichts iſt. Die„ſchwarze Liſte“ des Finanzamtes macht es dem ſteuerzahlenden Gewerbetreibenden zur beſonderen Pflicht, die Außenſtände hereinzuholen, da er nur zahlen kann, wenn er von der Kundſchaft nicht im Stich gelaſſen wird. Nach prompter Rechnungslegung hat auch der Kunde allein ſchon die moraliſche Verpflichtung, dafür zu ſorgen, daß der Ge⸗ werbetreibende nicht in Druck gerät der Steuerbehörde gegen⸗ über. Er kann aber nur zahlen, wenn er ſelbſt bezahlt wird. Die Pflicht, die dem Gewerbetreibenden vom Finanz⸗ amt auferlegt wurde, iſt eine allgemeine Pflicht gewor⸗ den, die auch den Kunden angeht. Obwohl eine Forderung für Lieferungen eine ebenſo reelle Sache iſt wie die Lieferung ſelbſt es ſein ſoll, wiſſen wir, daß eine Mahnung nicht ſelten unliebſam empfunden wird. Andererſeits will der Gewerbetreibende den Kunden nicht verärgern, er will ihm zeigen, daß er für ſeine Not volles Verſtändnis hat. Will er aber der ſchwarzen Liſte des Finanzamtes entgehen, muß er ſeine alten vorgedruckten oder hektografierten Mahnformulare ſchon etwas abändern. Die alte Formel:„Bei Durchſicht meiner Bücher finde ich...“ muß eine entſprechende Wendung erhalten. Wer von beſtimmten Kunden die Ueberzeugung hat, daß ſie nach Erhalt der Rechnung nichts Eiligeres zu tun haben, als zu zahlen, wird es ſelbſtverſtändlich bei der einfachen Zuſtellung der Rechnung bewenden laſſen. Wo Beträge aber ſchon lange Zeit offenſtehen, vielleicht ſogar trotz mehrfacher Anmahnung nicht eingingen, muß er auf die neue Zeit etwas nachdrücklicher hinweiſen, indem er ſich vielleicht für den Zuſatz entſchließt:„Am meinen ſteuerlichen Verpflichtungen gegenüber dem Staat pünktlich nachkommen zu können und nicht als fauler Zahler in der„ſchwarzen Liſte“ des Finanz⸗ amtes zu erſcheinen, bin ich gezwungen, Sie zu bitten, mir den Rechnungsbetrag oder wenigſtens eine größere Abſchlags⸗ zahlung noch vor Ende des Jahres zukommen zu laſſen.“ Wer ſich noch geiſtreicher auszudrücken verſteht, mag ſein ſchriftſtelleriſches Talent erproben. Wer im Geſchäftsleben nur einigermaßen Beſcheid weiß, wird ſich ohne weiteres veranlaßt fühlen, den gewährten Kredit nicht lange in Anſpruch zu nehmen. Niemand möge vergeſſen, daß die Exiſtenz des Gewerbetreibenden nur ſo lange geſichert iſt, wie er ſeinen Verpflichtungen gegen⸗ über den Lieferanten und dem Staat nachkommt; und das kann er nur, wenn die Kundſchaft dafür Verſtändnis zeigt. Einer muß den anderen nach Kräften ſtützen, wenn die Ge⸗ ſamtheit nicht Schaden leiden ſoll. Eine Mahnung ſollte nie als Verärgerung oder Kränkung aufgefaßt werden, ſondern das Pflichtbewußtſein wachrufen, daß wir alle auf einander angewieſen ſind, und daß das, was der Staat fordert, zu⸗ gleich ein Appell an die Geſamtheit iſt. Der Auktionator, der ſich entſchuldigt Mit einer ſeltſamen Rede wurde dieſer Tage die Ver⸗ ſteigerung aller Einrichtungen des Atlantikdampfers„Olym⸗ pic“ eingeleitet. Der Verſteigerer fühlte ſich nämlich veran⸗ laßt, ſich vorher bei dem Schiff zu entſchuldigen. Seine Rede lautete: „Ich habe bereits manches vornehme und hiſtoriſche Heim in alle Winde verſtreut. Heute habe ich die Aufgabe, an dieſem prachtvollen Schiff die letzten Riten zu vollziehen. Wer aber hilft, ein ſolches Denkmal menſchlicher Voll⸗ endung zu zerſtören, kann nicht anders als bewegt ſein, und ich fühle, daß ich die„Olympic“ um Verzeihung zu bitten habe, bevor ich an mein unwürdiges Werk gehe. Dann begann die Verſteigerung. Aus allen Teilen Großbritanniens und ſogar aus dem Ausland waren Käu⸗ fer erſchienen. Die Preiſe waren bemerkenswert niedrig. Geſucht wurden namentlich Täfelungen, für die bis etwa 1000 Mark gezahlt worden ſind. ö Engliſche Kriegsſchiffe in Alexandrien. Blick auf einige Kriegs⸗ ſchiffe der engliſchen Mittelmeerflotte im Ha⸗ fen von Alexandrien. Täglich läuft ein Teil der Flotte aus, um ge⸗ meinſam mit den engli⸗ ſchen Luftſtreitkräften Manöver abzuhalten. Weltbild() „Herzensnot.“ Von Robert Fuchs⸗Liska. Mit einem mächtigen Seitenſprung ſetzte das Pferd in das Heidekraut am Rande des Reitweges. Doch ſogleich be⸗ ruhigte ſich das Tier und trat von ſelbſt auf den Hufſchlag zurück, den zahlloſe Pferdebeine in das lockere, ſandige Erd⸗ reich getreten hatten. Den Kopf aufwerfend und lebhafter auf dem Gebiß kauend, wollte der Wallach den gemächlichen Schritt wieder aufnehmen. Der Reiter aber hatte durch die unvermutet haſtige Be⸗ wegung des Tieres einen Steigbügel verloren und parierte durch einen ſchroffen Griff in die eben noch läſſig geführten Zügel. Als er den Fuß wieder im Bügel hatte, ſah er ſich nach der Urſache des Erſchreckens ſeines Braunen um. . JN ö In der Tannenſchonung rechts vom Wege leuchtete in der Sonne ein Kleid von greller Farbe. „Sie werden gut tun, einen anderen Platz für Ihre Sieſta zu wählen“, ſagte er unmutig zu dem zwiſchen den Tannen⸗ zöglingen ſitzenden jungen Mädchen Mit Ihrem farben⸗ frohen Fähnchen werden Sie jedes Pferd erſchrecken, das hier vorbeikommt. Setzen Sie ſich wenigſtens weiter hinein in das Tannicht.“ Das Mädchen ſah den Fremden mit großen Grauaugen ernſt an, als ſtaune ſie über den ausfälligen Ton desſelben. Er bemerkte das und ſuchte ſeinen verärgerten Ausſpruch wieder gutzumachen, während er den Wallach ein paar Schritte rückwärts zwang. Nun war die Mädchengeſtalt etwas näher. „Wirklich, Fräulein“, nahm der Reiter freundlicher das Wort.„Es kommen hier viel Reitersleute vorbei.“ „Ich weiß es“, erklärte ſie.„Vielleicht ſitz ich hier, weil ich Pferde zu ſehen liebe.“ „Nun gut, ſo wiſſen Sie auch, daß es ſchlechte Reiter gibt, die einen Seitenſprung ihres erſchreckenden Streitroſſes noch nicht ausſitzen können. Anfänger zum Beiſpiel.“ „Anfänger ſollten in der Bahn bleiben“, meinte ſie achſelzuckend.„Wer noch nicht feſten Knieſchluß hat, gehört nicht ins Gelände.“ Es machte dem Manne plötzlich Spaß, ſich mit dem hübſchen Perſönchen zu unterhalten. Wie niedlich ſie daſaß in ihrer Jugendfriſche. Wie die klaren Augen leuchteten in der zornigen Regung des Widerſpruchs. Zierlich mußte ſie ge⸗ wachſen ſein. Er meinte, das dem wohlgeformten Oberkörper abſehen zu können. Zwar beſaß ſie nicht die vollreifen Formen eines jungen Mädchens, doch konnte man ſchätzen, ſie wäre längſt über die Backfiſchjahre hinaus und nahe den Zwanzig. Sie bemerkte ſeine prüfenden Blicke. Raſch zog ſie die Unterſchenkel zurück und breitete die Falten ihres Kleides über die rehfarbenen Strümpfe. „Ueberhaupt“, ſpottete ſie.„Ein Reiter, der bei einer ſo zahmen Lancade den Sitz verliert!“ Er erkundigte ſich:„Ihre Worte verraten Sachkenntnis. Sie reiten gewiß ſelbſt?“ Nach einer flüchtigen Pauſe und mit einem ernſten Auf⸗ ſeufzen antwortete ſie:„Das war einmal.“ Wie oft ſchon in ſeinem Leben, ging mit Egolf Vehlow das Herz durch bei dem traurigen Blick der Mädchenaugen. Er nahm die Mütze ab und ſtellte ſich vom Sattel aus vor. „Geſtatten Sie, mich bekannt zu machen“, bat er und nannte ſeinen Namen:„Vehlow“. Sie neigte nur dankend den Kopf, verſchwieg aber, wer ſie ſei. Vehlow errötete. Er mußte das Verſchweigen ihres Namens als eine Zurückweiſung auffaſſen. Es tat ihm leid, ſich in ein Geſpräch eingelaſſen zu haben. Er war im Be⸗ griff geweſen, dem fungen Ding das Pferd zur Verfügung zu ſtellen Doch nun unterdrückte er die Worte. Der kühle Blick der ihn plötzlich mit hochmütig zuſammengekniffenen Lidern muſternden Augen ernüchterte ihn. „Sie ſind wohl Stallmeiſter“, ſagte das Mädchen nach⸗ träglich, als wollte ſie zu verſtehen geben, zwiſchen ihm und ihr wäre doch ein Standesunterſchied. „Stallmeiſter?“ betonte er auflachend.„Na— ſo ähnlich, mein gnädige Fräulein.“ Er nahm die Zügel auf und legte den Schenkel an. Das Pferd wollte weiterſchreiten. Da erhob ſich das Mädchen. „Er trägt den Kopf ſehr hübſch“, lobte ſie den Wallach und trat aue der Schonung hervor. Eilig parierte Vehlow. Nun kam ſie näher, patſchte den Hals des Tieres und ſtrich mit gehöhlter Hand zart über das ſanft blickende Auge des Braunen. Der Wallach er⸗ widerte die Liebkoſung mit einem zufriedenen Schnauben, ſpielte kopfnickend mit der Kandare und verſuchte, an der Schulter ſeiner Gönnerin die Nüſtern zu reiben. „Es iſt eigentlich ein Damenpferd“, erläuterte der Reiter. „Armer Kerl“, bedauerte ſie das Tier.„Ich haſſe den Damenſattel. Er iſt eine Quälerei. Bei einer Frau, die den Sattel wirklich richtig und anmutig einzunehmen verſteht, ſieht der Herrenſitz auch keineswegs ſo häßlich aus, wie immer behauptet wird.“ Vehlow tröſtete:„Lanzo hat auch nie einen Damenſattel getragen. Er wurde ſtets im Herrenſitz geritten von ſeiner Eigentümerin Wenn ſch den Wallach ein Damenpferd nannte, ſo wollte ich damit nur ſagen, er ſei ſehr zuverläſſig und ohne Untugenden“ 5 „Lanzo alſo heißt er“, ſtellte ſie feſt. Egolf Vehlow nahm allen Mut zuſammen und erkundigte ſich;„Möchten Sie ihn einmal reiten, gnädiges Fräulein?“ „Danke“, ſagte ſie haſtig.„Ich wüßte nicht, wieſo ich das Recht hätte, Ihre Gefälligkeit in Anſpruch zu nehmen.“ Kalt wie Eis! dachte Vehlow, um dann lebhaft zu ver⸗ ſichern:„Aber es wäre ja doch eine Gefälligkeit Ihrerſeits, gnädiges Fräulein. Lanzo hat keine Herrin mehr. Sie war—“ Er unterbrach ſich für eine Sekunde Sein Blick hatte ſich verfinſtert. Doch gleich darauf glitt ein Lächeln um den eben noch herb zufſammengepreßten Männermund „Sie war— immer gut zu ihm, ſeine Herrin“, vollendete er.„Doch wie geſagt, gnädiges Fräulein. Wenn Sie den braven Lanzo reiten würden, ſo wäre das ſehr liebens⸗ würdig. Er mag nicht unter einer Herrenhand gehen, denn er hat ein empfindliches Maul. Er mu jedoch täglich be⸗ wegt werden. Das nimmt mir zu viel Zeit weg, denn ich habe noch ein zweites Pferd zu reiten. Lan, Ein Abſchnitt wiederholt und richtig geſtellt. f ſchal e verkeuft werden, und die betreffende Dame wird ihn unter einer Reiterin ſehen wollen. Es wäre ſehr nett, wenn Sie es übernehmen, ihn im Gelände vorzuführen. Erſt in acht bis zehn Tagen kommt die Dame hierher. Sie hätten ſolange ein gutes Pferd zur Verfügung“ Das junge Mädchen fühlte ſich beluſtigt durch den eifrigen Ton, mit dem der Reiter ſie zu überreden ſuchte. Zweifels⸗ ohne, der Mann war Stallmeiſter. Das geſunde, viel Kraft⸗ bewußtſein verratende Männergeſicht mit dem breit aus⸗ ladenden Kinn war derb geſchnitten, doch dabei von ange⸗ nehmen Zügen. Das Antlitz wahrſcheinlich eines Menſchen, deſſen Herkunft nicht gerade gering, wenn auch einfach war. „Nun, wie denken Sie darüber?“ erinnerte er jetzt an ſeinen Vorſchlag, als er ihr geduldig Zeit gelaſſen hatte, ihre Betrachtungen anzuſtellen. „Haben Sie denn ein Recht, über das Pferd zu verfügen?“ forſchte ſie. Er zeigte wieder ſein einnehmendes Lächeln und ver⸗ ſicherte:„Selbſtverſtändlich, ſonſt würde ich mein Aner⸗ bieten nicht machen, das— ich gebe es zu— an ſich aller⸗ dings eigenartig iſt.“ „Aber Sie wiſſen doch gar nicht, ob ich gut oder ſchlecht reite“, wendete ſie heiter ein. „Wenn Sie nur erträglich reiten“, meinte er.„Doch ich habe den Eindruck, daß Sie ſogar eine gute Reiterin ſein müſſen. Verzeihen Sie, aber ich kann wirklich nicht ſagen, woher ich dieſen Eindruck nehme. Man hat ſo einen gewiſſen Blick dafür. Jedenfalls, es liegt nicht daran, daß Sie reiter⸗ liche Ausdrücke anwenden.“ . Nun lachten die beiden einander in plötzlicher Munter⸗ eit an. * „Wenigſtens habe ich Uebung und reite leidenſchaftlich gerne“, bekannte ſie endlich. „Dann reiten Sie auch gut“, ſchloß er ſein Urteil ab. „Sind Sie Kurgaſt auf dem Weißen Hirſch oder haben Sie Ihr Reitdreß zur Hand?“ „Wir wohnen hier, mein Vater und ich“, gab ſie Auskunft. „Wollen wir gleich morgen anfangen?“ ſchlug er vor. „Wenn Sie mir Ihre Wohnung verraten, bringe ich Ihnen Lanzo vor das Haus.“ „Nein, nein— auf keinen Fall“, lehnte ſie ab, während eine glühende Röte ihr hübſches Mädchengeſicht überzog.„Ich komme lieber an den Stall. Iſt Ihnen zehn Uhr morgens recht?“ „Die Wahl der Zeit ſteht ganz in Ihrem Belieben“, ver⸗ ſicherte er.„Alſo gut, morgen früh zehn Uhr an dem Leih⸗ ſtall in der Adlerſtraße. Dort iſt Lanzo mit ſeiner Gefährtin, einer Fuchsſtute Blida, den Sommer über untergeſtellt.“ „Ich weiß, wo es iſt“, ſagte ſie, indem ſie dachte: Leih⸗ ſtall— aha, er iſt wirklich nur ein Stallmeiſter! Dann fuhr ſie fort:„Ich nehme Ihr Anerbieten nur deshalb an, weil es ſo ſehr verlockend für mich iſt. Hoffentlich haben Sie aber auch keine Unannehmlichkeiten dadurch.“ „Ich kann es verantworten“, behauptete er.„Sie werden Ihre Freude an Lanzo haben. Er hat einen ſchönen, ſchwin⸗ genden Trab, einen wundervollen Galopp und nimmt den Reiter gut mit. Eigentlich ſchade, daß das Tier in andere Hände gelangen ſoll. Ich ſehe es nicht gern.“ e Abendkleider! Wenn des Tages Laſt und Mühe beendet iſt, folgen wir gern einmal einer Einladung zu einem Ball oder ſonſt einer kleinen Feſtlichkeit. Wir wollen das Alltagskleid abſtreifen, damit auch unſere käglichen Sorgen, und in das Feſttagskleid ſchlüpfen Ein Abend⸗ kleid zu beſitzen iſt kein Luxus. Natürlich muß es ſchlicht gehalten ſein und ſich dem Typ der Trägerin anpaſſen. Für junge Mädchen eignet ſich am beſten ein Kleid in Stilform. Abb. f zeigt ein reigendes Jundmädchenkleid aus getupfter Kunſtſeide. An den Puffärmeln und am Rockſaum ſind Pliſſsſtreifen aufgeſetzt Eine zarte Blütenranke legt ſich um den Ausſchnitt. Sehr vornehm und damenhaft wirkt das Kleid, das Abb 2 zeigt. Das Material iſt bleufarbener CErepe Georgette. Die rundgeſchnittene Paſſe hal an⸗ geſetzte Flügelärmel, die der Figur etwas graziöſes verleihen. Die breite Schärpe wird hinten geknotet und läßt die Enden lang herabfallen. Man wählt für das Abendkleid gern einfarbige Stoffe. Bei den Farben iſt erlaubt was gefällt, das heißt was der Trägerin am beſten ſteht. Stärkere Figuren ſollten immer die dunklen Farben hevorzugen Ein ſchwarzes oder dunkelblaues Kleid wird immer ſchlanker erſcheinen laſſen. Eine zarte ſchöne Blume wird das Kleid ſtets reizvoll beleben. Y 3 n D Aden M a n 2 — Zelehnung Psille M Zweiteiliges Strickenſemble aus Wollbouclé; die Weſte iſt durch Rillen 1 die Taſchen haben eine eigenartige Form. u der Terrakottafarbe des Koſtümchens paſſen die braunen Leder⸗ öpfe und der braune Ledergürtel ausgezeichnet; brauner Samt⸗ 5 wengluces Kleid aus lebhaft genopptem Homeſpunjerſey in rün. 8. 5 5 a Beige⸗brauner Jumper mit Gürtel aus Lederrollen; nicht ſchwer. 5 das 596 1 wirkt durch ſeine verſchiedene Strickart kompakt, iſt aber Sie fragte:„Und warum verhindern Sie es nicht, Herr — eh— wie war doch der Name?“ „Vehlow“, wiederholte er mit einem leichten Vorneigen des Oberkörpers.„Verhindern könnte ich den Verkauf ſchon. Aber es hat keinen Zweck, wenn Lanzo nur von mir ge⸗ ritten wird. Doch nun, vielen Dank für Ihre liebenswürdige Bereitwilligkeit, gnädiges Fräulein, und auf Wiederſehen morgen früh. Sie ſehen, Lanzo wird unruhig. Er hat viel Gehluſt.“ Der Braune, dem das Stillſtehen läſtig geworden war, weil ein Mückenſchwarm ihn quälte, warf unwillig den Kopf auf und verſuchte, ſich in Kurzkehrtwendung unter ſeinem Reiter zu drehen. Nun zog Egolf Vehlow grüßend die Mütze, gab dem Wallach den Schenkel und ſprengte in be⸗ herrſchtem Schulgalopp von dannen. * bar. An der Ecke des Bergweges ſtand ein kleines altes Wohn⸗ haus als Nachbar einer prunkreichen neuzeitlichen Villa. Dem beſcheidenen Gebäude mit ſeinem verwittert roten Ziegeldach und den etwas verzogenen Wänden, an denen hier und dort der Verputz abgefallen war, ſah man die hohen Jahre an. Es mochte vor Zeiten aufgerichtet worden ſein als länd⸗ lich einfache Sommerbehauſung einer in Dresden wohnenden Familie, die während der ſchönen Jahreszeit nach Loſchwitz hinauf verzog, wie das vor dem Kriege ſo üblich geweſen war in den gutgeſtellten Geſellſchaftskreiſen der Reſidenz. Früher einmal hatten zu dem kleinen Bauwerk weite Obſt⸗ gärten gehört, von denen ein nur noch karger Reſt an der Hinterſeite des Häuschens übrig geblieben war. Das be⸗ ſcheidene Gärtchen ſtieß mit ſeinem vermorſchten Lattenzaun an die parkähnlichen Gartenanlagen der etwas höher ge⸗ legenen Villa. Eine neuangelegte, bergauf führende große Straße machte einen Bogen um den kleinen Beſitz. In der ſchon weit nach Süden gerückten Mittagsſonne funkelte das blank geputzte Meſſingſchildchen neben dem Ein⸗ gang, darunter wie Gold ſchimmernd der Griff der Haus⸗ glocke. Ein einfacher kurzer Name auf der Metallplatte ver⸗ riet den Eigentümer des Grundſtücks Hier ſtand nur: Rade⸗ mar. Weiter nichts. Ganz anders als bei der nur ein pagr Schritte weiter ſichtbaren ſchwarzen Marmortafel neben einem mächtigen Tor in einer hochgetürmten Mauer. Dieſe Tafel verkündete mit weithin leuchtenden Goldbuchſtaben in prunkvoller gotiſcher Schrift: Kommerzienrat Georg Leuen⸗ berg. Der von der Mädchenhand herausgezogene Klingelknopf des alten Häuschens ſchnellte zurück. Im Innern des Bau⸗ werks erhob eine altmodiſche Schelle ungewöhnlichen Lärm. Eilige Schritte ſchlürften hinter der Tür, die mißtrauiſch nur zu einem kleinen Teil geöffnet wurde. Das derbe, gut⸗ mütige Geſicht einer betagten Frau zeigte ſich in dem Spalt. „Herrjeſes, Delachen, ich dachte wunder, wer da ſo an der Bimmel reißt“, ſagte die Alte in unverfälſcht ſächſiſcher Mundart.„Der Herr Oberſcht wird nicht ſchlecht erſchrocken ſein. Er iſt doch ohnehin ſchon ganz ſchrecklich böſe heute.“ „Was iſt's mit Vater?“ erkundigte ſich Adele Rademar flüſternd, ſacht und vorſichtig die Haustür hinter ſich ſchließend, als könne dadurch der Radau der immer noch nachklingelnden Schelle wieder gutgemacht werden. „Der Herr Kommerzienrat aus der Villa war wieder mal da“, tuſchelte die Alte. „Ach, Lene“, ſeufzte Adele Rademar und nickte ernſt vor ſich hin. Dann drückte ſie die Hand aufs Herz und ſtand zaghaft ein paar Sekunden vor der erſten Tür rechts im Flur, be⸗ vor ſie ſanft anzuklopfen wagte. „Komm nur krein, Dela!“ ſcholl es in tiefem Baß von rinnen.. Einen Augenblick ſpäter ſtand das junge Mädchen vor dem Vater Verzeihung heiſchend, lächelte ſie den alten Herrn an. Oberſt Rademar war ein hochgewachſener Mann mit vor der Zeit weiß gewordenen Haaren über der mächtigen Stirn, deren ſteile Vorwölbung Geſcheitheit, doch auch einen trotzigen Geiſt verriet. Der linke Aermel des Lüſterrockes hing leer herab Schon zu Beginn des Völkerringens hatte dem Oberſt der eine Arm abgenommen werden müſſen infolge einer ſchrecklichen Verletzung durch einen Granatſplitter. „Guten Tag, Vater“, grüßte Adele.„Sei nicht ungehalten, daß ich ſolchen Lärm mit der Glocke machte. Ich bin ein bißchen aufgeregt, denn ich hatte ein merkwürdiges Erlebnis und konnte nicht ſchnell genug ins Haus kommen, um dir davon zu erzählen.“ „Schon gut, Dela“, erwiderte der Oberſt.„Ich kriegte einen Heidenſchreck, weil ich dachte, der zudringliche Menſch aus der Villa käme nochmals zurück, obwohl ich ihn heute mit Worten geradezu hinausgeworfen habe. Weil ſie Geld haben, meinen ſie, man müſſe tanzen wie ſie zu pfeifen be⸗ lieben, wenn ſie einem das letzte Dach überm Kopf ab⸗ ſchwatzen wollen, während unſereinem in dem vermaledeiten Jahr der Entwertung die Papierfetzen in den Fingern zer⸗ flatterten.— Herr! habe ich geſchrien, Herr, dieſe alte Bude iſt meine letzte Zuflucht— aus dieſen Mauern hat man meine gute Frau hinausgetragen, als ihr das Herz gebrochen war. Hier hat mein einziges Kind fröhliche Jugendſommer verlebt. Hier haben wir noch eine Zuflucht, und niemand guckt uns in die Töpfe. Hier bringt mich keiner'raus, ſo⸗ lange ich nicht im Sarg liege und dann eben einfach'raus muß. Ich verkaufe nicht— und damit baſta! Ich lege keinen Wert darauf, Ihr Nachbar zu ſein, und wenn andererſeits Ihnen meine Nachbarſchaft nicht vaßt, ſo bauen Sie ſich mit Ihrem Gelde doch anderswo ein Haus hin.— Jawohl, mein Kind, das alles habe ich geſagt. Ich glaube, ſogar noch viel mehr. Da zog er denn ab, der Herr Kommerzienrat. Man wird den zudringlichen Menſchen nicht mehr in unſeren vier Wänden ſehen, und Briefe von ihm nehme ich nicht an.“ Adele Rademar kannte die Gewohnheit des Vaters. Von jeher ſchon pflegte er ſich von einem unangenehmen Erlebnis die Seele frei zu machen, indem er es vor einem geduldig Zuhßrenden aufgeregt erzählte und nacherlebte. Ging man mit keiner Silbe darauf ein, ſobald er geendet hatte, dann war er mieder friedlich. So blieb Dela ſtumm bei der Tür ſtehen, bis der alte Herr wieder das Wort nahm. „Ach ſo, richtig“, erinnerte er ſich.„Wollteſt du mir nicht etwas wichtiges ſagen?“ „Wichtig iſt es juſt nicht, Vater“, meinte ſie.„Aber es iſt erſtaunlich in ſeiner Art“ „Na, Dela, nur nichts unangenehmes“, warnte er. „Es iſt nicht unangenehm, Vater, und es betrifft auch nur mich allein. Wenn ich will, kann ich ein paar Tage ein gutes Pferd reiten.“ Der Oberſt ſah auf und knurrte. Er war bis dahin in dem kleinen Arbeitszimmer auf und ab geſchritten. Die Schweißperlen der Erregung glänzten noch auf ſeiner Stirn. Vor nachbebendem Groll ſchnaufend, ließ er ſich in den Schreibtiſchſtuhl nieder und puſtete durch den dunkelgrauen, marttaliſch altmodiſchen Schnurrbart. (Copyright 1934 by Verlag Knorr& Hirth G. m. b. H., München.) (12. Fortſetzung.) Im vorhergehenden Kapitel wurde erzählt: Schmitthenner trifft die Baronin im Flur. Sie ſteht in der Tür zu ihrem Zimmer, iſt verführeriſch aufgemacht und lädt Schmitthenner ein, ihr Geſellſchaft zu leiſten. Er lehnt das ab. Dabei bemerkt er daß ſie viel getrunken hat, und der Zuſtand des Zimmers beſtätigt es. Sie habe verſucht, ſich zu bekrinken, ſagt die Baronin, denn ſie habe ihren Erbſchaftsprozeß nun end⸗ gültig gewonnen. Sie bietet ihr Scheckbuch und will dafür etwas Liebe Schmitthenner iſt entſetzt, er läßt die Baronin ſtehen Im Schneefernerhaus trifft die Schweſter der Baronin mit Mann und Kind ein. Die Baronin erzählt von ihrem ver⸗ geblichen Kampf um Schmitthenner. Adrienne will die Sache arrangieren Am nächſten Morgen wartet Schmitthenner am Frühſtückstiſch auf Oſſi. Als er ſagt, daß er gegen ſeinen Willen aufgehalten worden ſei, fragt ſie:„Die ganze Nacht?“ Sie weiß, daß ihn die Baronin hatte rufen laſſen. „Das haſt du gewußt?“ fragte er verblüfft.„Und gifteſt Dich gar nicht darum?“ „Aber warum denn?“ meinte ſie.„Ich kenne ſie doch. Sie iſt einer von den Menſchen, von denen Nikolaus nichts wiſſen will. Und du wirſt doch noch ein bißchen geſcheiter ſein als Nikolaus, oder nicht?“ „Glänzend“, ſagte Schmitthenner und ſtrahlte.„Das haſt du glänzend geſagt! Dafür muß ich dir ſofort einen Kuß geben. Komm her. Hier ſieht uns niemand.“ „Ah, oh! Ich will aber nicht!“ Aber es half ihr alles Sträuben nichts. Sie bekam ihren Kuß, und darauf wurde Schmitthenner wieder fried⸗ lich. „Weißt du, Oſſi, am liebſten würde ich meine Brettlu nehmen und mit dir abhauen Hier iſt man nie ſicher vor unliebſamen Begegnungen. Und auf das Tennerlehen kommt mir nur wen ich mag. Madame de Beer iſt zwar Auch einmal dort geweſen, aber das war ein Irrtum und wird nicht wieder vorkommen. Wenn man einen Menſchen wie dich gefunden hat, wird man im Umgang immer wähle⸗ riſcher. Ich ſehe voraus, daß ich zuletzt überhaupt nur noch dich um mich ſehen mag. Hauen wir alſo ab.“ „Puh!“ machte Oſſi.„Nein, das darf nicht ſein. Auf keinen Fall! Jetzt haſt du dir ſo viel Mühe mit mir gege⸗ ben, und es ſieht ſo aus, als ſei nicht alles vergeblich geweſen. Außerdem, meinſt du nicht, wenn du ſo vom Schneeferner⸗ kopf herunterbrauſt— das wäre doch eine Aufnahme für dieſen Herrn von Weechow. Geſtern war ich zu verblüfft, um zu knipſen. Und es ſieht auch zu gefährlich aus, als daß ich dich bitten möchte, noch einmal ſo zu fahren. Aber morgen, wenn das Rennen iſt, dann will ich gut aufpaſſen, damit ich die Zeit nicht verpaſſe. Und wenn das Bild gut iſt, gehe ich damit zu Herrn von Weechow. und ich werde die Augen rollen, ſo gut ich kann.“ „Was? Augen rollen, das kannſt du auch?“ „Aber natürlich. Was denkſt du eigentlich von mir!“ „Wo haſt du das gelernt, das Augenrollen?“ „Oh, damit haben wir bei den Engliſchen Fräulein an⸗ gefangen, als wir noch ganz klein waren. Alles zur Vor⸗ übung. Und wir haben uns genug Mühe damit gegeben.“ Schmitthenner rang entſetzt die Hände.„Das alſo ſind die Erfolge der Erziehung. Und dabei habe ich den guten Weechow für frivol gehalten, weil er dich zum Abendeſſen eingeladen hat, und den armen Haſſenpflug hätte ich bei⸗ nahe die Treppe hinuntergeworfen, weil er hinter dir her⸗ geweſen iſt, und jetzt ſtellt ſich heraus, daß du mit den Augen rollſt. Ich will dir etwas ſagen, Fräulein. Heute wenigſtens ſollſt du keine Gelegenheit mehr haben, vor fremden Leuten Rollaugen zu machen. Wir ſchnallen jetzt unſere Brotbeutel um, und dann ſchultern wir unſere Schwartlinge und ſuchen uns einen Hang aus, wo uns beſtimmt kein Menſch und Teufel findet. Und da wird geübt, ſolange wir Sonne haben. Dann geht es früh zu Bett, und morgen, wenn das Rennen vorbei iſt, fahren wir zum erſtenmal zuſammen hinunter zur Knorrhütte. Und der Schnee ſoll hinter uns ſtieben wie eine Gewitter⸗ wolke. Und wenn Madame de Beer in ihrem geſcheckten Mantel oben auf der Terraſſe ſteht, ſoll ſie erſtaunt fragen: 57 iſt denn die da unten, die ſo einen tollen Schuß vor⸗ 1 egt 4. „Sie wird mich ſofort erkennen am wannerl!“ „Nix Badewannerl!“ erklärte Schmitthenner katego⸗ riſch.„Badewannerln ſind von nun an unterſagt.“ XXVII. Adrian de Beer hatte ſich im Schneefernerhaus auf der oberen Terraſſe einen Liegeſtuhl aufſtellen laſſen. Er ſaß ziemlich aufrecht, eine Decke um die Füße und eine Sonnenbrille vor den Augen. Er war der einzige Gaſt hier oben, der keinen Sportanzug trug und der auch auf jedes Behelfsmittel, ſportlich zu wirken, verzichtet hatte. Er ſaß da, atmete ruhig und tief und ließ ſich von der Sonne beſcheinen. Auf den Knien hatte er ſauber gefaltet alles, was er an Zeitungen hatte erreichen können. Er hatte auch ein Etui mit vorzüglichen holländiſchen Zigar⸗ ren mit herausgenommen, aber als er erſt einmal eine Probe von der Luft hier draußen eingeatmet hatte, ließ er ſeine vorzüglichen Zigarren lieber unberührt. Er hatte ſich auch mit einem Fernſtecher verſehen und dieſen Fern⸗ erſten Bade⸗ ſtecher hob er zuweilen, aber nicht oft, an die Augen, um das bunte Treiben unten auf dem Platt und drüben am Hang vom Schneefernerkopf beſſer beobachten zu können. Im allgemeinen aber gab er ſich damit zufrieden, ruhig in der Sonne zu ſitzen und tief zu atmen. Baron Annetsrieder, der ehemalige k. und k. Rittmei⸗ ſter, bemühte ſich, ihm etwas wie Geſellſchafter zu ſein. Geſellſchafter mit Abſtand natürlich, trotzdem der Adel der Annetsrieder um mehrere Generationen älter war als der Adel der niederländiſchen de Beers, denn er war bezahlter Agent und der Holländer der zahlende, der gut zahlende Auftraggeber. f ä „Sie ſollten ſich wirklich a biſſerl a Creme auflegen, Herr de Beer“ riet er gutmütig.„Sie können ſich ſonſt bei der Sonne hier heroben heut abend die Haut vom Ge⸗ ſicht abziehen.“ „Es kommt nicht mehr darauf an—“ „Ich mein's nur gut, Herr de Beer“, verſicherte An⸗ netsrieder.„Und wenn Sie wirklich denken, daß nun in der Sache nichts mehr zu tun iſt für mich, muß ich mich wohl verabſchieden. Unnötige Speſen darf ich dem Büro nicht anrechnen. Die bekomme ich nicht erſetzt. Und ich ſelber.. na, ſprechen wir nicht darüber.“ „Nein, es iſt nichts, mehr zu tun“, erklärte de Beer. „Madame muß nun ſchon im Beſitz aller Urkunden ſein. Nichts hindert ſie mehr daran, das Geld mit vollen Hän⸗ den hinauszuwerfen.“ Annetsrieder ſchwieg eine Weile und ſchluckte, als müſſe er mit einem trockenen Biſſen fertig werden.„Wiſſen S'“ meinte er endlich,„was mich wundert, iſt Ihre veränderte Art jetzt, Baron. Nehmen Sie's mir net übel. Es geht mich ja eigentlich nichts an, aber heraus muß es doch. Erſt haben S' Himmel und Erde gegen Madame in Be⸗ wegung geſetzt, zuletzt ſind S' noch mit einem Elan aus Holland hier herauf auf die Zugſpitze geſtürmt, daß ich ſchon dachte, ich müßt' Mord und Totſchlag verhindern, und nun liegen S' da in der Sonne und laſſen die Sach' gehen. wie's mag. Schaun Sie ſich die Leut' an hier herum. Eigentlich wirkt die Luft hier heroben doch nicht eigentlich . ſagen wir mal. niederſchlagend.“ De Beer winkte mit der Hand, nicht fortzufahren. „Ich bin das erſtemal in meinem Leben ſo hoch oben. Ich habe meine Jahre im Flachland verbracht, auf der See und in den Tropen. Daß es ſo etwas gibt wie hier oben, davon habe ich wohl ſagen hören, aber ich habe es nicht geglaubt. Hoffentlich läßt mich die Sonne nicht im Stich. Ich will noch einen Tag hier oben verbringen, dann geht es heim.“ „Dann alſo. Baron... Annetsrieder nahm die Hak⸗ ken zuſammen. Faſt war es, als höre man etwas klirren. De Beer richtete ſich etwas auf.„Welche Zeit, haben Sie geſagt, hat der junge Mann gebraucht, vom Schnee⸗ fernerkopf dort oben bis unter das Hotel?“ „Genau zwei Minuten acht Herr de Beer.“ „Fabelhaft. Ich glaube, den kriegt ſie doch nicht unter. Leben Sie wohl, Annetsrieder. Es iſt doch gut, daß ich heraufgekommen bin. Das mußte ich noch ſehen.“ Zeichnung: Eisler, Von dieſer ſichere. Poſition aus begann er, ſeine Eltern mit Schneebällen zu werfen. Die beiden Herren reichten ſich die Hände. Annets⸗ rieder trat zwei Schritt zurück und verbeugte ſich offiziers⸗ mäßig. Dann trat er ab. Sein kleiner Koffer war ſchon gepackt. Er war Beamter im Außendienſt der internatio⸗ nalen Detektipgeſellſchaft Harriſon and Blunt, London, New Vork, Paris. Wien. XXVIII. Frau Adrienne hatte, um ſtilecht zu ſein, ihren Skian⸗ dag angezogen. Vor zwei Jahren, als es noch keine Schul⸗ en in Locarno gab, hatte ihn ihr ein Pariſer Schneider angefertigt. Der Stoff war himmelblaues Tuch, das den Schnee hielt ſtatt 191 5 Die Hoſen waren wie Reit⸗ breches gehalten und die Jacke wie eine Ulanka. Die Knöpfe waren rieſengroß und mit weißem Tuch überzogen. Weiß waren auch die Stulphandſchuhe, die Socken und die Nähte 2 Skiſtiefel. Sie erregte berechtigtes Aufſehen in dieſem nzug. Draußen vor dem Hotel ſchnallte ſie die Skier an. Es war nicht ganz einfach, denn ſie war an die Handhabung der Bindungen nicht gewöhnt. Endlich ſaßen die Skier feſt. Frau Adrienne nahm die Stöcke feſt in die hängen⸗ den Hände. Sie blickte hinunter auf das Platt, denn die ebenen Flächen dort unten waren ihr Ziel, aber ſie ſtellte die Skiſpitzen ſo, als wollte ſie bergauf auf den Ferner⸗ kopf. Sie ruderte verzweifelt mit den Stöcken, um von der Stelle zu kommen. In ihrer Spur, zwei Schritte zurück, ſtand ihr Gatte, Herr Edmund Laure, auch mit Skiern unter den Füßen. Er hatte einen rieſigen weißen Schal maleriſch um den Hals drapiert. Er hielt ſeinen und Frau Adriennes Sohn mit der einen und ſeine Skiſtöcke mit der anderen Hand. Der Sohn hieß Marcel. Er beſchäftigte ſich damit, mit ſeinen Stöcken kleine Schneelawinen loszuſtochern. Frau Adrienne drehte den Kopf nach rückwärts.„Mar⸗ cel, warum fährſt du nicht?“ „Papa hat mich doch an der Hand.“ „Edmund, warum läßt du Marcel nicht fahren?“ Aber Adrienne, Kind, ich muß ihn doch halten. Er fällt ja ununterbrochen. Schau her, wie er ausſieht!“ 2 — 27 „Das iſt doch nur Schnee, Edmund. ruhig ſich ſelber und fahre voraus.“ „Aber Kind. wie ſoll ich fahren wenn du nicht aus der Spur gehſt.“ Frau Adrienne wurde ärgerlich.„Wir ſpielen doch hier nicht Eiſenbahn! Kein Menſch verlangt von dir, daß du wie ein Zug im Gleiſe bleibſt. Mach' dir doch ſelber eine Spur!“ Herr Edmund Laure knüpfte ſeinen Schal feſter, rückte ſeine beiden Brillen zurecht, ſchloß die Augen und arbei⸗ tete gewaltig mit den Stöcken. Nach einem kurzen An⸗ lauf wälzte er ſich im Schnee. Er zappelte ſich hoch, nahm die Brillen ab, betrachtete ſie kopfſchüttelnd und verſuchte, ſie vom Schnee zu reinigen. „Siehſt du“, ſagte er vorwurfsvoll,„das habe ich jetzt davon. Du hätteſt aus der Spur gehen ſollen!“ Frau Ardienne warf ihm einen wütenden Blick zu. „Was du nur immer mit deiner dummen Spur haſt. Du biſt nur feige und willſt es nicht geſtehen. Wir machen uns vor allen Leuten lächerlich.“ „Alſo gut“, verſetzte Herr Laure philoſophiſch,„rette unſeren Ruf. Fahre du voraus. Der Junge und ich, wir werden folgen.“ Frau Adrienne ſtieß ſich wütend mit den Stöcken ab, aber das hatte nur zur Folge, daß ſie ſich unmittelbar darauf in den Schnee ſetzte. Der Gatte wollte ſich ihr nähern, um ihr ritterlich behilflich zu ſein, aber er ver⸗ unglückte ſchon auf halbem Wege. Der Knabe Marcel lachte unbändig darüber. Der Junge wollte nun ſeiner⸗ ſeits verſuchen, in Fahrt zu kommen als er aber merkte, daß die Skier ins Gleiten kamen., zog er es vor, ſich in den Schnee zu ſetzen. Von dieſer ſicheren Poſition aus begann er, ſeine Eltern mit Schneebällen zu bewerfen. Die unbeabſichtigte Familienvorſtellung hatte eine Menge Zuſchauer angelockt. Sie machten es ſich gemütlich und waren nicht gewillt, von der Stelle zu weichen, ſo⸗ lange es hier etwas zu ſehen gab. Und ſo etwas gab es in dieſer Höhe nicht alle Tage zu ſehen. Die Familie hatte ſich für die Uebungswieſe mit der Baronin verabredet, hatte es aber für angebracht gehalten. etwas früher aufzubrechen. Das Unglück wollte es, daß die Baronin in dieſem Augenblick aus der Skihalle kam. Sie überſah ſofort, was hier vorging. Sie warf zornig die Skier auf den gefrorenen Boden und ſchlüpfte in die Bin⸗ dung. Im nächſten Augenblick war ſie neben Adrienne. „Aber, aber, was treibt ihr denn hier? Wollt ihr euch vor dem ganzen Hotel lächerlich machen? Warum ſchnallt ihr euch denn Skier an, wenn ihr nicht einmal darauf ſtehen könnt?“ Ueberlaſſe ihn „Ich habe es eben nicht ſo gut getroffen wie andere Leute“ verſetzte die Schweſter böſe. „Was willſt du damit ſagen?“ 5 „Ach nichts. Kümmere dich nicht um uns. Wir kom⸗ men ſchon hinunter und ſchließlich wieder herauf, wenn wir auch keine Meiſter ſind.“ a Madame kannte ihre Schweſter zur Genüge. Sie tat, als ließe ſie es an dieſer gewundenen Antwort genug ſein. „Hat jemand von euch Eddie geſehen?“ „Herrn von Haſſenpflug?“ Frau Adrienne war erſt wenige Stunden hier oben, aber ſie wußte ſchon um alle Dinge Beſcheid.„Er iſt doch hinunter nach Garmiſch⸗Par⸗ tenkirchen gefahren, um ſich neue Skier zu beſorgen. Weißt du das nicht?“ f Die Baronin machte die Lippen ſchmal und gab keine Antwort. „Soll ich etwas ausrichten, falls ich ihn früher ſehe als; du?“ fragte Adrienne. Kitty ſchüttelte den Kopf. Schweigend nahm ſie die Richtung hinüber zur Wetterwand, ließ die Bretteln ſau⸗ ſen und war im Augenblick unten auf dem Platt Der Schwung trug ſie auf der anderen Seite noch hinauf auf 0 Sattel. Gleich darauf war ſie dahinter verſchwun⸗ en. Frau Adrienne drehte ſich um nach ihrem Mann. So wird in meiner Familie Ski gefahren.“ 17 78 meiner nicht“, verſetzte Herr Edmund Laure gleich⸗ mütig. „Ich hoffe“, ſagte Frau Adrienne, nachdem ſie ſich von dieſer frechen Aeußerung erholt hatte,„daß du wenigſtens zu anderen Dingen zu gebrauchen biſt.“ „Wir wollen es immerhin annehmen.“ „Pponne möchte uns am liebſten auf der Stelle wieder forthaben“, erklärte Frau Adrienne. aber ich möchte ſie 175 um keinen Preis allein laſſen. Nicht um eine Mil⸗ ion.“ „Um zwei Miillonen vielleicht?“ warf Herr Laure fra⸗ gend ein. Er war dumm genug geweſen, Frau Adrienne zu heiraten, aber er war doch nicht dumm genug, ihre Eigenſchaften dauernd zu verkennen. Sie warf ihn einen giftigen Blick zu.„Ich bin nicht in der Lage zu ſpaßen. Hier muß notwendig etwas getan werden. Wenn wir ſie in der Hand behalten wollen, müſſen wir ihr jetzt beiſtehen.“ f „Ganz einverſtanden“, erklärte er.„Aber wie d“ „Sie iſt anberechenbar in ihren Entſchlüſſen“, fuhr Frau Adrienne in ihren Betrachtungen fort, als wäre ſie nie unterbrochen worden.„Wenn ſie ihren Willen nicht durch⸗ ſetzt, iſt ſie imſtande, das ganze ſchöne Geld für einen Ju zu vertun. Sie iſt nun einmal ſo. Und dieſer dee von einem Kerl, den ſie ſich einbildet, hat eine andere im Kopf. Sie heißt Oſſi. Dieſe Oſſi iſt zuviel im Spiel. Sie hat in München an Nvonne die Wohnung vermietet. Was kann alſo ſchon viel hinter ihr ſtecken. Du biſt ein Mann. unmöglich zu machen. 5 8 Herr Edmund Laure wehrte ab mit beiden Händen. „Ich werde mich hüten, mir ſo einen Skimeiſter auf den 1155 15 laden. Lieber nicht. Behüte! Das iſt keine Sache ür mich.“ e .(Fortſezung folgt) Es muß doch Mittel genug geben, ſo ein kleines Mädel 4 1 875 Boleros Sport und Spiel Handball⸗Propagandaſpiel des Tod.„Jahn“ Tbd.„Jahn“ 1— Urlauber des Tbd. 10:11 Am 2. Weihnachtsfeiertag exlebte man im Wörtel eine groteske Ueberra chung. Den Turnerbunds⸗Arlaubern gelang es, ihre Stammannſchaft mit einem Tor Unter⸗ ſchied zu ſchlagen. Hierbei ſpielten allerdings eine Reihe von Zufällen eine große Rolle. Zunächſt mußten die Einheimiſchen mit Erſatz antreten, was ſich natürlich auf das Spielſyſtem auswirkte. Dann machten ihnen die ſchlechten Bodenverhältniſſe große Schwierigkeiten, über die ſich die Urlauber leichter hinwegſetzten. Dieſe waren auf die Ausführung und Geſtaltung des Spiels weniger bedacht, als auf das Erzwingen von Strafſtößen, die ſie glatt verwandelten, oder auf flink eingeleitete Einzel⸗ aktionen, die natürlich auch zum Ziele führten. Dieſem gegenüber ſtand die geſchloſſenere Mannſchaftsleiſtung und das ſyſtematiſche Aufbau- und Stürmerſpiel der Turner⸗ bündler. Aber all die dadurch herausgeſpielten Tor⸗ chancen ſcheiterten an der Glätte des Bodens. Jedenfalls gaben beide Mannſchaften ihr Beſtes und trotz all dieſer Nachteile war es ein feines und elegantes Werbeſpiel. So erntete auch das Spiel den Beifall und die Zufriedenheit der zahlreichen Zuſchauer. Auswärtiger Spor. Mit Ausnahme der Fußballmeiſterſch iftsſpiele und der zahlreichen Winterſport⸗Veranſtaltungen läßt das Sport⸗ programm für den letzten Dezember⸗Sonntag etwas zu wün⸗ ſchen übrig. Immerhin reichen die Veranſtaltungen im Fuß⸗ ball und im Winterſport, der künftighin mehr und mehr den Sportbetrieb beherrſchen wird, das große Intereſſe wach⸗ zuhalten. Im Fußball nehmen in allen deutſchen Gauen die Meiſterſchaftsſpiele ihren Fortgang. In Süddeutſchland befinden ſich faſt alle erſtklaſſigen Mannſchaften im Kampf. Der Gau Süd⸗ weſt trägt ſeine aus der Vorrunde noch rückſtändigen Treffen nach und auch in Baden ſind noch Vorrunden⸗Begegnungen vorgeſehen. Der Spielplan: 5 Gau Südweſt: Fa Pirmaſens— Kickers Offenbach, Eintracht Frankfurt— Union Niederrad, FV Saarbrücken gegen Opel Rüſſelsheim. Gau Baden: Amicitia Viernheim— 1. Fe Pforz⸗ heim, VfB Mühlburg— S Waldhof, VfR Mannheim— Freiburger FC, Germania Brötzingen— Phönix Karlsruhe. Gau Württemberg: SW Feuerbach— SC Stutt⸗ gart, Stuttgarter Kickers— Sportfreunde Stuttgart, 1. SSV Alm— FW Zuffenhauſen, Sp⸗Vg Cannſtatt— Ulmer FV. Gau Bayern: 1. FC Nürnberg— Bayern München, Sp⸗Vgg Fürth— 1. Fck Bayreuth, Wacker München— 1860 München, FC München— Fel 05 Schweinfurt. Im Handball verzeichnet der Spielplan in den ſüddeutſchen Gauligen nur einige wenige Meiſterſchaftstreffen. Württemberg und Bayern ſind ganz ſpielfrei, der Gau Baden führt nur eine Begeg⸗ nung durch und im Gau Südweſt ſtehen vier Treffen auf dem Programm: Gau Süd weſt: Polizei Darmſtadt— TSV Herrnsheim, TV Haßloch— S 9s Darmſtadt, FS Frankfurt— VfR Kaiſerslautern, SV Wiesbaden— Ingo⸗ bertia St. Ingbert. Gau Baden: SV Waldhof— TV Seckenheim. Im Winterſport kommen zu den vielen Veranſtaltungen des Skiſports am Wochenende in faſt allen Winterſportorten noch Wettbewerbe des Eisſports, im Rodeln, Bobfahren uſw. zur Durchführung, ſo daß überall Hochbetrieb herrſchen wird. Nicht gerade zahlreich ſind die Veranſtaltungen in den bayeriſchen Gebirgen. Lediglich Oberammergau wartet am Sonntag mit einem international beſetzten Sprunglauf auf. Zahl⸗ reiche Veranſtaltungen werden im Harz abgewickelt. Von den übrigen Winterſportarten bietet das Eishockey das größte Programm. In Garmiſch⸗Partenkirchen auf der neuen Olympia⸗Kunſteisbahn geht ein internationales Turnier von⸗ ſtatten. Im Rugby werden mit Rückſicht auf die hartgefrorenen Spielfelder in den deutſchen Gauen nur einige Spiele durchgeführt, deren Austragung aber noch fraglich iſt. Das wichtigſte Ereignis des kommenden Wochenendes iſt für uns wohl die Reiſe einer ſüddeutſchen Auswahl nach Frankreich. Im Ringen werden in den ſüddeutſchen Gauen die Kämpfe um die Mannſchaftsmeiſterſchaft fortgeſetzt. Ein intereſſantes Treffen führt in Oftersheim den Bf Schifferſtadt mit einer Auswahlmannſchaft zuſammen, die ſich aus den beſten Rin⸗ gern von Oftersheim und Nürnberg zuſammenſetzt. Nichts gegen ein ordemllthes Skatſpiel Wer war früher„an allem ſchuld“, wenn die Pleiten zu⸗ nahmen und nichts in der Wirtſchaft voran—, ſondern alles berg⸗ ab ging—„die Banken N So tönte es von Hundert⸗ tauſenden von Stammtiſchen. ichts gegen den Stammtiſch. Nichts gegen ein ordentliches und durchdachtes Skatſpiel. Aber alles gegen die Helden des Stammtiſches, die glauben. ein Schimp⸗ fen ſei 0 on eine Ausſprache Nehmen wir einmal an, an jenem Stammtiſchgerede ſei etwas richtig, die Banken ſeien wirklich ſchuld daran, wenn es in der Wirtſchaft bergab geht, ſo iſt es nur logiſch, 9 ſie auch ſchuld daran ſind, wenn es wiederum ace geht. Beides aber iſt falſch Die Banken ſind ja nicht z eine ſelbſtändige Wirtſchaftsmacht Sie ſind nur Ausdruck der e wirtſchaftlichen Verhältniſſe, und ihr Einfluß auf die Wirtſchaft hängt völlig von der ſtaatlichen 1 und Wirtſchaftsführung ab. Dieſe hat auch den Verdienſt der Banken geregelt. gegen den ſoviel an deutſchen Stammtiſchen gewettert wurde. Führen Sie— Herr Müller— doch einmal an Ihrem Stammtiſch folgendes Geſpräch: Herr Schulze“— ſagen Sie— „Sie werden doch an Ihrer Ware, roh gerechnet. 5 Prozent ver⸗ dienen und Ihr Kapital im Jahre 3⸗ bis Amal umſchlagen. Das ibt 20 Prozent Verdienſt. alſo bei einem Kapital von 50 000.— Mark ſind das doch 10 000,.— Mark, nicht wahr. Herr Schulze?“— „Das wäre la noch ſchöner“— antwortet Ihnen Herr Schulze“— zwenn ich 50 000,.— Mark ins Geſchäft ſtecke und im ganzen 50 die Plackerei habe und meine Arbeitskraft verzehre und nicht einmal 10 000.— Mark verdienen ſollte“— Gut“— ant⸗ worten Sie—„ich gönne Ihnen das, Herr Schulze, aber nun die Banken, von denen wir ſprachen: Die müſſen mit einem Millio⸗ nenbetrag arbeiten und das ganze Riſiko dafür übernehmen, um dieſe 10 900.— Mark zu verdienen. Die Bank kann nicht mit 5 Prozent, höchſtens mit 1 1 Nettogewinn rechnen. Sie muß ja auch Zinſen zahlen an Sie, Herr chulze, Riſiken über⸗ nehmen und ießlich geiſtige und verwaltungsmäßige Arbeit leiſten, und ſie hat nur einmal im Jahr dieſen Gewinn. Reden Sie ſo einmal an Ihrem Stammtiſch. Sie werden Segen ſtiften und Aufklärung ſchaffen, und man wird ſich über Ihr Wiſſen wundern und ſich über folche nützliche Aufklärung ehr freuen. Proſt, Herr Müller! feier; 9.30 Sendepauſe; 10 Schallplattenkonzert; 10.30 Die 15.45 Tierſtunde; älteſten Sektkellerei Deutſchlands; a Silveſterfeier. Bauer, hör zu!; 8.45 Sendepauſe; 9 Katholiſche Morgen⸗ feier; 9.30 Orgelkonzert; 10 Feierſtunde zum Jahresbeginn; 10.45 Blaskonzert; 11.30 Friede ſei ihr erſt Geläute, Hör⸗ werk vom Guß der Olympiaglocke; 13 Kleines Kapitel der Zeit; 13.15 Mittagskonzert; 13.50 Zehn Minuten iges Kune Das Schläfchen iſt getan, Nord und Süd fingen, ſpielen und gratulieren zum neuen konzert. 100 Millionen Lebeweſen auf einen Quadratmeter. Einen intereſſanten Einblick in die Lebensperhältniſſe der kleinſten Vertreter der Tierwelt gibt eine kürzlich angeſtellte Unterſuchung. Wie overſchieden groß der Lebensraum iſt, den die einzelnen Tiergattungen beanſpruchen, zeigt folgende Gegenüberſtellung Während das Jagdgebiet eines ſibiriſchen Tigers mehr als 100 Quadratkilometer groß iſt, leben auf einem Quadratmeter Stall- und Scheunenboden 100 bis 110 Millionen je 1 Millimeter große Fadenwürmer. Um ſich einen Begriff von der Enge zu machen, in der dieſe kleinen Lebeweſen zuſammengepfercht ſind, ſei bergleichsweiſe erwähnt, daß die Ziffer von 110 Millionen der Einwohnerzahl von Frankreich und Deutſchland zuſammen entſpricht. Die Dichte, in der dieſe Tierchen leben, iſt natürlich von den Ernährungs⸗ möglichkeiten, die ſich ihnen bieten, abhängig. Sie beträgt auf den Böden der Abfallwäſſer 60 Millionen, auf Acker⸗ und Wieſenböden noch immer 25 Millionen pro Quadratmeter. Nach 23 Jahren An einem Novembertag des Jahres 1912 kam in eine Beamtenfamilie im Inntal ein Handwerksburſche und bat um eine Gabe. Die junge Frau war gerade am Ofen beſchäf⸗ tigt. Im Knien öffnete ſie die Schublade einer neben dem Herde ſtehenden Kommode und reichte dem Wanderburſchen ein Geldſtück in der Annahme, ein Zweipfennigſtück gegeben zu haben. Der Handwerksburſche bedankte ſich ganz beſonders. Als am Abend die Frau das Geld nachzählte, wurde ſie ge⸗ wahr, daß ſie dem Handwerksburſchen ein Zehnmarkſtück ge⸗ geben hatte. Es vergingen 23 Jahre. Niemand dachte mehr an den Vorfall. Da erhielt die Familie heuer zur Kirchweih ein großes Paket, deſſen Inhalt— ein zanſehnlicher Geld⸗ betrag und Kirchweihnudeln— reichlich die ſeinerzeit ge⸗ gebenen 10 Mark aufwog. Aus dem Handwerksburſchen war ein wohlhabender Feinbäcler in einer Kleinſtadt geworden, der nach langen Bemühungen den Aufenthalt der inzwiſchen mehrfach verſetzten Familie ausfindig machen konnte. In einer Schwarzwälder Suinnſtube. Weltbild(A Nieſenpleite auf St. Pierre Die kleine franzöſiſche Fiſcherinſel St. Pierre an der Küſte von Neu⸗Fundland hark das eigenartige und von trü⸗ geriſchem Glanz ſchillernde Schickſal gehabt, 14 Jahre lang als Königreich der Alkoholſchmuggler zu gelten. Während dieſer Zeit gab es dort geradezu paradieſiſche Möglichkeiten des leichten Geldverdienens. Jetzt aber iſt das Bootlegger⸗ Königreich von ſo kläglichem Ruin bedroht, daß die fran⸗ zöſiſche Regierung tief in den Beutel greifen muß, um die etwa 3500 Einwohner nicht verkommen zu laſſen. In den Zeiten des Alkoholverbots der USA. und auch noch bis vor einigen Monaten herrſchte im Hafen vom St. Pierre ein Leben und Treiben, als ob dieſer weltver⸗ geſſene Winkel ein wichtiger Stützpunkt für die internatio⸗ nale Handelsſchiffahrt wäre. Bis zu zwölf große Dampfer kamen an manchen Tagen an, befrachtet mit alkoholiſchen Getränken aller Art, die ſchnell entladen und auf Stapel ge⸗ legt wurden, bis in gewagten nächtlichen Fahrten die klei⸗ nen, flinken, gepanzerten und bewaffneten Boote der Schmuggler das wertvolle Gut an die nahe amerikaniſche Küſte brachten. 5 Auch nach Aufhebung des amerikaniſchen Alkoholver⸗ bots lohnte ſich zunächſt noch dieſer wohlorganiſierte Schmuggel, denn die legale Einfuhr war mit hohem Zolk belaſtet. Auf St. Pierre richtete man ſich daher auf ein Dauergeſchäft ein. So gut die Einwohner als Vermieter, Verkäufer von Lebensmitteln, Hotelwirte, Hafenarbeiter und Mitglieder der Schmugglerflotte verdienen mochten, ſo viel gaben ſie auch aus, vieles allerdings zum Ausbau ihres Hafens und zum Neubau von Lagerhäuſern, von denen viele ſo ſpät fertig wurden, daß ſie nicht ein einziges Mal mehr in Gebrauch genommen werden konnten, ſo ſchnel nahte das Verhängnis. Auf amerikaniſche Vorſtellungen hin führte nämlich die franzöſiſche Regierung, ſehr zum Nachteil des Abſatzes franzöſiſcher Weine hohe Jollfage auch für jedes alkoholiſche Getränk ein, das die Hoheits⸗ zone des Hafens von St. Pierre paſſierte. Und während in den Tagen der Blüte des Schmugglerkönigreichs der Kaf⸗ ſierer der einzigen Bank das eingehende Geld tagsüber aus Zeitmangel nur raſch in einen großen Papierkorb werfen konnte, um es erſt nach Schalterſchluß ſorgſam zu zählen und zu verwahren, iſt die Pleite nun ſo groß, daß den Ein⸗ wohnern auf ſchnellſtem Wege„Erſte Hilfe“ für den Win⸗ ter geleiſtet werden muß. Dann werden die Bewohner den Weg zurück zum Fiſchfang finden müſſen, der ihnen ſchon vor der Sumpfblüte des Schmugglerreichs einfachen, aber ehrlichen Unterhalt gewährte. 2 Ein Schwalbenpaar blieb in der Heimat. Daß die Tiere hier und da ſchon einmal ein abſonder⸗ liches Verhalten an den Tag legen, dafür liefern mancherlei Naturbeobachtungen hinreichenden Beweis. Während die Schwalben normalerweiſe im Herbſt nach dem Süden zie hes, iſt in Kall in der Eifel ein Schwalbenpaar in der Heimat verblieben. Die Schwälbin hatte in den Sommermonaten einen Unfall erlitten; ſie war gegen die Scheibe eines Kraft⸗ wagens geflogen und hat ſich hierbei offenbar einen Schaden zugezogen, ſo daß ſie es nicht gewagt hat, den weiten Süd⸗ landflug anzutreten. Es zeugt von einer rührenden Anhäng⸗ lichkeit, daß das Männchen ſeine Gefährtin nicht im Stich ließ, ſondern die Strapazen der Wintermonate mit ihr zu teilen bereit iſt. Rundfunk⸗ Programme Reichsſender Stuttgart. Jeden Werktag wiederkehrende Programm⸗RNummern: 6 Die Fahne ruft, Choral; 6.05 Gymnaſtik; 6.30 Frühkon⸗ zert 1; 7 Frühnachrichten, anſchließend Frühkonzert II; 8 Waſſerſtandsmeldungen; 8.10 Bauernfunk; Wetter; 8.15 Gymnaſtik; 8.45 Funkwerbungskonzert; 10.45 Sendepauſe; 11 Hammer und Pflug; 12 Mittagskonzert J; 13 Zeit, Nach⸗ richten, Wetter; 13.15 Mittagskonzert II; 14 Allerlei von zwei bis drei; 17 Nachmittagskonzert; 20 Die Fahne ruft, i 22 Zeit, Nachrichten, Wetter, Sport; 24 Nacht⸗ konzert. Sonntag, 29. Dezember: 6 Hafenkonzert; 8 Zeit, Wetter; 8.05 Gymnaſtik; 8.25 Bauer, hör zul; 8.45 Sendepauſe; 9 Evangeliſche Morgen⸗ Götter Germaniens, Lied in den Aether; 11.15 Von der Ewigkeit in dir, beſinnliche Hörfolge um Meiſter Eckart; 12 Muſik am Mittag; 13 Kleines Kapitel der Zeit; 13.15 Muſik am Mittag; 13.50 Zehn Minuten Erzeugungsſchlacht; 14 Kinderſtunde; 14.45 Aus Laden und Werkſtatt; 15 Haus⸗ muſik; 15.30 Stunde des Chorgeſangs; 16 Nette Sachen aus Köln, 18 Aufſitzen, Zeitfunkbericht von einem Beſuch beim Reiterregiment 18 Bad Cannſtatt; 18.30 Anterhaltungs⸗ konzert; 19.45 Turnen und Sport— haben das Wort; 20 Bilanz des Herzens, bunte Stunde zum e 20.50 Sinfonie⸗Konzert; 22 Zeit, Nachrichten, Wetter, Sport; 22.30 Bunte Muſik zur ſpäten Nacht; 24 Zu Beſuch auf einer Geburtstagsfeier im Deutſchlandſender. Montag, 30. Dezember: 9.15 Die zwölf Nächte; 9.30 Sendepauſe; 15 Sende⸗ pauſe; 16 Heitere Muſik am Nachmittag; 18.30 Polniſche Jugend ſingt und muſtiziert in Berlin; 19 Barnabas von Geczy ſpielt; 19.45 Einszweidrei, beſinnliche Plauderei am Jahresende; 20.10 Mozart⸗Zyklus; 22.20 Die Friedericus⸗ Rex⸗Plakette, Funkbericht von der Herſtellung des Januar⸗ abzeichens des WHW; 22.30 Muſik zur guten Nacht; 24 Weihnachts⸗Oratorium von Johann Sebaſtian Bach. Dienstag, 31. Dezember: 9.15 Sendepauſe; 15 Sendepauſe; 15.15 Blumenſtunde; 16 Nachmittagskonzert; 18 And treibt der Champagner das Blut erſt im Kreiſe.. Beſuch in der 18.30 Uebernahme; 19 Zum Jahresende, ewige Verſe und Klänge; 20 Gala⸗ Mittwoch, 1. Januar(Neujahr): 6 Hafenkonzert; 8 Zeit, Wetter; 8.05 Gymnaſtik; 8.25 12 Mittagskonzert; 14 Kinderſtunde; 14.45 unte Muſik; 16 Oſt und Weſt, Jahr; 18 Zeitfunk; 18.30 Kleinkunst der Großen, heiteres Funkſpiel; 19.30 Turnen und Sport— haben das Wort; 20 Tritt gefaßt, großes Konzert; 22 Zeit, Nachrichten, Wet⸗ ter, Sport; 22.30 Nachtmuſik und Tanz; 24 Großes Opern⸗ —— rœw—— ͤ— Reichsſender Frankfurt. Sonntag, 29. Dezember: 6 Hafenkonzert; 8 Zeit, Waſſerſtandsmeldungen, Wetter⸗ und Schneebericht; 8.05 Gymnaſtik, 8.25 Sendepauſe; 8.45 Orgelchoräle; 9 Kath. Morgenfeier; 9.45 Bekenntniſſe zur Zeit, 10 Kammermuſik; 10.30 Chorgeſang; 11.15 Südweſt⸗ deutſche Erzähler: Heinrich Kromer; 11.30 Bachkantate; 12 Muſik am Mittag; 14 Kinderſtunde; 14.45 Das Volk er⸗ zählt; 15 Deutſche Scholle; 16 Nette Sachen aus Köln; 18 Jugendfunk; 18.30 Einszweidrei, im Sauſeſchritt..., Tert⸗ folge um den„Hinkenden Boten“ und alte deutſche Volks⸗ kalender; 19 Blasmuſik; 19.50 Sport; 20 Schlöſſer, die im Monde liegen; 22 Nachrichten; 22.15 Wetter, lokale Nach⸗ richten; 22.20 Sportſpiegel des Sonntag; 23 Bunte Muſik zur ſpäten Nacht; 24 Nachtkonzert. Montag, 30. Dezember: 10.30 Sendepauſe; 10.45 Praktiſche Ratſchläge für Küche und Haus; 11.30 Bauernfunk; 15.15 Kinderfunk; 15.45 Konzert; 18.30 Wer ſchlägt hier Schaum?, Funkbericht; 19 Anterhaltungskonzert; 20.10 Klaviermuſik; 21 Zwiſchen Zeit und Ewigkeit, Betrachtungen am Jahresende; 21.30 Alte Turmmuſiken; 22.25 Weltpolitiſcher Monatsbericht; 22.45 Muſik zur guten Nacht; 24 Weihnachts⸗Oratorium von Johann Sebaſtian Bach. Dienstag, 31. Dezember: 10.45 Sendepauſe; 15.15 Die deutſche Frau; 16 Nach⸗ mittagskonzert; 18 Das alte Jahr vergangen iſt..., Funk⸗ folge; 18.30 Mit Laſſo und Peitſche; 19 Silveſteranſprache: Reichsminiſter Dr. Goebbels; 19.10 Anterhaltungskonzert; 20 Die Fledermaus, Operette von Johann Strauß; 22 Fort⸗ ſetzung des Fledermausballes und Silveſterfeier des fidelen Gefängniſſes. Mittwoch, 1. Januar(Neujahr): 6 Hafenkonzert; 8 Zeit, Waſſerſtandsmeldungen, Wetter⸗ und Schneebericht; 8.05 Gymnaſtik; 8.25 Sendepauſe; 8.45 Orgelchoräle; 9 Evang. Morgenfeier; 9.45 Bekenntniſſe zur Ker; 10 Mozart und Schubert; 10.30 Chorgeſang; 11.10 arl Heinrich Waggerl erzählt aus ſeiner Kindheit; 11.30 Friede ſei ihr erſt Geläute, Hörwerk vom Guß der Olympia⸗ glocke; 12 Mittagskonzert; 14 Kinderfunk; 14.45 Das Schläf⸗ chen iſt getan, bunte Mufik; 16 Oſt und Weſt— Nord und Süd ſingen, ſpielen und gratulieren zum neuen Jahr; 18 Das wollen wir genau nicht mehr wiſſen..., eine Ent⸗ rümpelungsaktion; 18.30 Kleinkunst der Großen; 19.30 Der Sport marſchiert in das olympiſche Jahr; 19.45 Auftakt 1936: Männer des Volkes haben das Wort; 20 Mit den drei luſtigen Geſellen ins Jahr 1936; 22 Zeit, Nachrichten; 22.15 Lokale Nachrichten, Sport, Wetter⸗ und Schneebericht; 22.30 Im bunten Wirbel; 24 Großes Opernkonzert. Dr. Goebbels am Silveſterabend im Rundfunk. Reichsminiſter Dr. Goebbels ſpricht im deutſchen Rund⸗ funk am Dienstag, den 31. Dezember, von 19 bis 19,10 Uhr zur Jahreswende. Am Sonntag, den 29. Dezember 1935, vormittags 8.25 Uhr, ſpricht über den Neichsſender Stuttgart der badiſche Landesbauernführer Engler⸗Füßlin über das Thema:„Die badiſche Landwirtſchaft im Jahre 1935“ In dieſem Vor⸗ trag werden die Ergebniſſe der badiſchen Erzeugungsſchlacht bekanntgegeben. ArGe