r deen ee 85 3 Rr. 133(2. Blatt). Mittwoch, 10. Juni 1936 — 9 932 Die große Linie Folgerungen des Keichshandwerkerkages. WPD.„Wir ſäßen hier heute nicht zuſammen, wenn der Führer und ſeine Bewegung nicht Ordnung in Deutſchland geſchaffen hätten.“ Mit dieſen Worten wies Reichshand⸗ werksmeiſter Schmidt auf der großen Arbeitstagung ſämt⸗ liche anweſenden Teilnehmer am Reichshandwerkertag in der Frankfurter Feſthalle darauf hin, daß Ausgangspunkt und Vorausſetzung aller ſeit der Machtergreifung geleiſteten Aufbauarbeit im Handwerk die nationalſozialiſtiſche Bewe⸗ gung iſt. Wir brauchen hier nur daran zu erinnern, daß ge⸗ rade in dieſen Tagen die erſten Ergebniſſe der handwerk⸗ lichen Umſatzſtatiſtik den Beweis erbracht haben, daß dieſe Arbeiten auch von Erfolg geweſen ſind, wir brauchen nur die Ausfuhrförderungsſtelle des Reichsſtandes, die Treubau AG., die Reichszentrale für Handwerkslieferungen als Spitze der Landeslieferungsgenoſſenſchaften als einige Bei⸗ ſpiele der umfangreichen Kleinarbeit zu nennen, um einen Begriff davon zu geben, daß der Wiederaufbau des deut⸗ ſchen Handwerks ſich nicht auf die Wiedereinführung des großen Befähigungsnachweiſes beſchränkte, ſondern weit darüber hinaus zu einer grundſätzlichen Neuord⸗ nung aller Dinge des Handwerks führte. Wie weit das Handwerk aus innerer Reſignation ſich ſelbſt aufgegeben hatte ohne daß ihm dieſe ſeine Kapitula⸗ tion vor dem Schickſal voll bewußt geworden ſein mag, wie weit andererſeits dieſe Entwicklung im Handwerk zu gänz⸗ lich falſchen Meinungen von ſich ſelbſt und ſeiner Aufgabe geführt hatte, erkennt man heute an der Forderung des Reichshandwerksmeiſters, der in ſeinem Rechenſchaftsbe⸗ richt erklärte, daß er nicht nur ein Wohlfahrts⸗ ſyſtem ablehne, ſondern ebenſo auch jegliches Betteln um Arbeit denn das ſei heute des Hand⸗ werks unwürdig.„Man kann auf dem Anſpruch auf Be⸗ teiligung an öffentlichen Aufträgen erſt beſtehen, wenn auch die Möglichkeit der Durchführung geſichert iſt.“ Und daß grundſätzlich das Handwerk nur beſtehen kann, wenn es die Forderung nach Lebensraum auch durch entſpre⸗ chende Leiſtungen belegt, brachte der Reichshand⸗ werksmeiſter durch den Hinweis zum Ausdruck, daß der Wirtſchaftsraum des Handwerks„nicht durch Reden vom ehrbaren Handwerk erhalten werden kann, ſondern allein das moderne Handwerk und ſeine Lei⸗ ſtung beſtimmen ſeinen Platz in der Nation“. Und den äußerlichen Rahmen dieſer vom Handwerk zu fordernden Leiſtungen werden die teilweiſe bereits feſtgeſtellten, größ⸗ tenteils jedoch in Vorbereitung befindlichen Meiſter⸗ prüfungsordnungen beſtimmen. Aber— ſo er⸗ klärte der Reichshandwerksmeiſter— auch„der beſte Kön⸗ ner iſt wertlos, wenn er charakterliche Mängel aufweiſt“, d. h. die reſtloſe Durchdringung des Handwerks und das be⸗ dingungsloſe Bekenntnis jedes einzelnen in ihm tätigen Volksgenoſſen zum Führer und ſeiner Bewegung, wird dieſe Leiſtung nicht nur möglich machen, ſondern ihr vor allem die Richtung weiſen. Man hat im Handwerk in den letzten Monaten vor dem Reichshandwerkertag viel davon geſprochen, daß eine der weſentlichſten Aufgaben und Forderungen, die die neue Zeit ſtelle, die aktive Mitarbeit an der Geſtaltung un⸗ ſeres kulturellen Lebens ſei. Man beginnt im Handwerk zu erkennen, daß es zweifellos nicht ſeine Aufgabe ſein kann, der Induſtrie die im Lauf der letzten hundert Jahre verlorenen Arbeitsgebiete wieder entreißen zu wollen— was ja auch aus mancherlei Gründen un⸗ möglich wäre—, ſondern daß vom Handwerk her die Ver⸗ innerlichung, die Beſeelung der uns in unſerem Alltag um⸗ gebenden Dinge eingeleitet werden muß, was ſich wieder⸗ um nicht auf einen beſchränkten Kreis kaufkräftiger Kun⸗ den, ſondern auf die große Mehrheit des deutſchen Volkes— auch der weniger bemittelten Volksgenoſſen erſtrecken ſoll. „Die Städte des Mittelalters— ſo führte R eichsleite r Roſenberg vor dem Handwerk in Frankfurt aus— waren zwar Gründungen der Ritter, aber wohnlich und heimatlich hat ſie erſt das Handwerk gemacht.“ Wie damals, ſo wird es auch künftig wieder dem Handwerk zufallen, uns zu d Geſtaltun gn Hahens⸗ haltung und-führung die Gegenſtände zur Verfſtaung zu stellen, die unſerer politiſchen Willensrichtuno Atſprechen r——— Es iſt ein weiter und auch beſchwerlicher Weg, den das t 1 Grundbedin⸗ i die klare Wollens und die ig der handwerk⸗ e geforderte echte n kann. Aber das eſen Weg aus einfacher Notwendigkeit heraus gehen müſſen, und zwar auch als Pionier und als Weg⸗ und Richtungweiſer für die Induſtrie. Wollte das Handwerk nur in der vielleicht qualitativ etwas beſſeren Ausführung von Waren, die man auch induſtriell verferti⸗ gen kann, ſeine Aufgabe ſehen, dann kann es ſich damit eine Zeitlang wohl einen gewiſſen Auftragsbeſtand ſichern, ſein wirtſchaftliches Daſein kann es aber darauf für die Dauer nicht begründen. Wenn das Handwerk aber ſich durchringt zur kulturellen Geſtaltung unſeres täglichen Le⸗ bens, dann wird es auch wieder den goldenen Boden fin⸗ den, den es erſtrebt und den es braucht. Reichsleiter Roſenberg wies weiter darauf hin, daß das Handwerk nicht nur im Mittelalter, ſondern in dreiein⸗ halb Jahrtauſenden in Deutſchland lebendig geweſen ſei. Das aber legt dem Handwerk, wenn es heute ſein Teil zur organiſchen Fortbildung der deutſchen Kultur beitragen will, auch eine umgehende Verantwortung vor der Geſchichte auf.„Die ungeheure Lebenskraft deutſcher Menſchen hat ſelbſt nach einem Dreißigjährigen Krieg der deutſchen Kultur wieder neue Grundlagen zu geben ver⸗ mocht. Dann aber iſt mit dem techniſchen Zeitalter für das Handwerk eine große Gefahr entſtanden, die außerdem nocheinhilfloſes Geſchlecht vorgefunden hat. Keine einheitliche Idee, keine bindende Anſchauung erfüllte das Schaffen. An die Stelle der ehrlichen Handwerksarbeit war der Warenhausramſch getreten, an die Stelle der ſchaffenden Perſönlichkeit das laufende Band. Der Na⸗ tionalſozialismus hat nicht nur die Ehre des Arbeiters und des Bauern wiederhergeſtellt, ſondern auch die Ehre des deutſchen Handwerks“, dafür verlange er aber auch vom Handwerk, daß es nicht nur aus Ueberlieferung und Selbſtſchöpfung das Daſein verſchöne, ſondern ſich auch zur Verteidigung neu erſtandener deutſcher Kultur bekenne Noch im vergangenen Jahr hatten auf dem Reichs⸗ handwerkertag Fragen der wirtſchaftlichen Zukunft, Fragen der Leiſtungsſteigerung und der leiſtungsmäßigen Ausleſe zwar nicht im Vordergrund geſtanden, aber ſie bildeten die Grundlage der Erörterungen. Dieſen Dingen hat nun der Reichshandwerksmeiſter in ſeinem Rechenſchaftsbericht einen gewiſſen Abſchluß gegeben, während im An⸗ ſchluß daran Reichsleiter Roſenberg das große Ziel des handwerklichen Aufbaues umriß. Wenn man damit alſo in eine neue Periode des hand⸗ werklichen Strebens überleitet, dann wird es Aufgabe die⸗ ſes und des nächſten Jahres ſein, die Grundlagen und Vor⸗ ausſetzungen zu klären und zu ſchaffen. Mancherlei Anſätze dazu finden wir ja ſchon in den faſt überall entſtehenden Gütezeichen des Handwerks, durch den Reichshand⸗ werkertag 1936 dürften dieſe Bemühungen den notwendigen Auftrieb erhalten. J. B. D. höchſte Vollkommenheit in lichen Technik, aus denen beiden er handwerkliche Meiſterleiſtung erwackh Handwerk wird 0 Internationale Handwerkstagung Der Auskauſch von Handwerksgeſellen. Gleichzeitig mit dem Reichshandwerkertag in Frankfurt a. M. würde eine internationale Handwerkskonferenz durch⸗ geführt. Deutſchland wurde durch Reichshandwerksmeiſter Schmidt vertreten. Den Vorſitz führte Profeſſor Bu⸗ ronzo aus Rom. Die Konferenz erklärte die Internationale Zentrale um Studium der Handwerksfragen mit dem Sitz in Rom ür endgültig errichtet. Eine neue Handwerkskonferenz ſol! in Zürich zuͤſammentreten. Dieſe kommende internationale Arbeitstagung wird ſich mit dem— auch in letzter Zei⸗ wieder von Seutſchland in Angriff genommenen— Aus, tauſch von Handwerksgeſellen auf internatio⸗ naler Grundlage befaſſen. Die Berichterſtattung für dieſe Frage wurde dem deutſchen Handwerk übertragen. Zur Beratung ſtehen weiter der internationale Austauſch von Handwerkserzeugniſſen und eine Unterſuchung über die Lage des Handwerks in den einzelnen Staaten. Verbrechen in der Hypnoſe möglich Sachverſtändigengukachlen im Heidelberger Prozeß. Heidelberg, 9. Juni. Am letzten Tag der Beweisauf⸗ nahme im Hypnoſe⸗Prozeß wurde noch eine wichtige Identitätszeugin vernommen, die nach der Ver⸗ haftung des Angeklagten Walter die Hauptbelactungszeu⸗ gin zuſammen mit dem anderen Angeklagten zweimal eſehen hat. Die Zeugin erkennt mit aller Beſtimmt⸗ heit den Angeklagten wieder und nimmt dieſe Ausſage auf ihren Eid. Anſchließend gaben die mediziniſchen Sachverſtändigen für Hypnoſe ihre Gutachten ab. Ueber das Verbrechen ſelbſt ſprach Dr. Ludwig Mayer⸗ Heidelberg, der noch einmal den ganzen Befund und die Krankheitsgeſchichte der Frau ſchilderte und dabei ausführte, daß keinerlei krank⸗ hafte Veranlagung bei ihr gefunden haben konnte, die auf eine Selbſthypnoſe ſchließen ließ. Das ganze Bild bewies im Gegenteil, daß eine Fremdhypnoſe vorliegen muß, denn wenn die Frau hyſteriſch oder neurotiſch veran⸗ lagt wäre, hätten in den nahezu zwei Jahren kleine Aen⸗ derungen in den Ausſagen auftreten müſſen. Dr. Mayer wies noch darauf hin, daß er eine der Grundanſichten über die Hypnoſe auf Grund dieſes Falles habe ändern müſſen. Er ſei früher genau wie die anderen Autoren der Hyp⸗ noſe der Meinung geweſen, daß derartige verbrecheriſche Taken nicht in der Hypnoſe durchgeführt werden könnten, weil immer ein Reſt der perſönlichen Widerſtandskraft ſich gegen die Durchführung des Verbrechens wehren würde. Er habe nunmehr die Feſtſtellung machen müſſen, daß es je nach der Beeinflußbarkeit des Hypnokiſierten und dem Kön⸗ nen des Hypnokiſeurs gelingt, Menſchen in der Hypnoſe zu Verbrechen jeder Ark 5 zwingen. Obermedizinalrat Dr. Lange⸗Chemnitz unterſtrich als Obergutachter die Ausführungen Dr. Mayers. Aus ſeiner 20jährigen Erfahrung als Hypnotiſeur ſchilderte er die unbedingte Macht über den Willen des Hypnotiſierten, wenn man es nur verſteht, ihn zu täuſchen, ſo daß er in die Hupnoſe keine Hemmungen mitnehmen kann. Auch Dr. Lange ſtellte ſich auf den Standpunkt, daß es möglich iſt, durch Hypnoſe Aufträge verbrecheriſcher Art durchführen zu laſſen. Oer Verteidiger Walters zurückgetreten Die Verhandlung des Prozeſſes mußte am Dienstag noch vor dem Plädoyer unterbrochen und auf Freitag vertagt werden, weil der Verteidiger des Angeklagten Walter die Verteidigung niedergelegt hatte. Der Verteidiger begründete in einem Schreiben an die Strafkammer ſei⸗ nen Rücktritt mit unüberwindlichen Schwierig⸗ keiten, die einer Einigung in der Art der Verteidigung mit dem Angeklagten entgegenſtehen. Gleichzeitig bat er, von einer Aufſtellung als Offizialverteidiger Abſtand zu nehmen, weil ſeine Perſon den Angeklagten zu einer Be⸗ ſchränkung in der Art ſeiner Verteidigung veranlaſſen würde. Der Angeklagte Walter bat das Gericht um die Stel⸗ lung eines Offizialverteidigers. Auch der Vertei⸗ diger des Angeklagten Bodmer lehnte eine Verteidigung Walters ab, weil ſein Mandant im Laufe der Verhandlung durch den Angeklagten Walter beſaſtet wird. Fußball⸗Enoſpiel in Berlin Und erſtmalig: Spiel um den drikken Platz. Berlins Fußballgemeinde wird noch einmal Großkampf⸗ tage erleben. Wie das Fachamt Fußball mitteilt, findet das Endſpiel um die deutſche Fußballmeiſterſchaft zwiſchen Fortuna Düſſeldorf und dem 1. FC Nürnberg am 21. Juni im Berliner Poſtſtadion ſtatt. Erſtmalig kommt daneben auch ein Kampf um den dritten und vierten Platz zum Austrag. Dieſes Treffen zwiſchen dem Fe Schalke 04 und Vorwärts Raſenſport Gleiwitz wird am Samstag, 20. Juni, alſo am Tage vor dem End⸗ ſpiel, ebenfalls in Berlin und zwar auf dem Hertha⸗Platz am Geſundbrunnen entſchieden. Während im Poſtſtadion 50 000 Menſchen— der Zu⸗ ſchauerrekord von Stuttgart wird alſo im Endſpiel nicht er⸗ reicht werden— gute Sichtmöglichkeit haben, können am Geſundbrunen glatt 20 000 Zuſchauer untergebracht werden. 7 , 4. Eine Jeriengeſchichte gus der Kinderlandverſchickung 8 der NS V. „Nun willſt du mich wohl veräppeln?“ „Nein, veräppeln gar nicht!“ verteidigt ſich Steppke,„ich dachte bloß, Lieſe und Lotte und Lore, das ſind doch auch Mädchen⸗ namen, und der Name Heide iſt ſo hübſch. Ich hab ihn noch nie gehört, aber er ge⸗ fällt mir.“ „Ich heiße doch Adelheid.“„Heide klingt viel hübſcher!“„Siebzehn Kühe haben wir, fährt Heide ſort,„und noch ein paar Kälbchen. Du wirſt ſie ſehen, wenn ſie heut Abend von der Weide kommen. Wir laſſen das Vieh über Nacht nicht mehr draußen, ſeit uns vor zwei Jahren unſer beſtes Rind von der Weide einfach weg⸗ geklaut iſt.“ Nachdem Steppke dann noch ein Rudel Gänſe, diverſe Dutzend Hühner, darunter ein paar Glucken mit ihren Kükentrüpplein und den großen Taubenſchlag beſtaunt, mit dem kleinen Spitz„Fiffi“ Bekanntſchaft eſchloſſen und das kohlſchwarze Spiegel⸗ amtfell des Katers„Murr“ geſtreichell at, muß er auch noch das ganze Haus vom eller bis zum Räucherboden in Augen⸗ ſchein nehmen. Es iſt ein Haus, vollgeſtopft mit altväterlichem Bauernhausrat, mit vielen altersdunklen, ſchweren, weitbuchtigen Schränken und Truhen, hinter denen ſich er Verſtecken ſpielen läßt— und oben, au en Häupten der Schränke, marſchieren verlockend zum Wegſtiebitzen ganze Batte⸗ rien Weckgläſer mit Eingemachtem, mii Kirſchen und Eroͤbeeren, mit Pflaumen und Birnenkompott, und oben in der Räucher⸗ kammer hängen auf den langen Wurſt⸗ ſtangen Speckſeiten und Schinken und eller lange, nahrhafte Girlanden ſpeckig glän⸗ zender Würſte. „Gefällt es dir?“ fragt Heide.„O ja, ehr fein!“ nickt Steppke, und es deucht ihm chier, er ſei hier im Schlaraffenland ge⸗ landet. Das Haus, angefüllt mit leckeren Dingen, der Garten voll Beeren und Obſt, man braucht nur die 1 5 auszuſtrecken, in die vollbeladenen Zweige. Wie ein Märchen iſt das, wie ein unvorſtellbar ſchönes und doch wirkliches Märchen. Als Steppke am nächſten Morgen die Augen aufſchlägt, braucht er erſt eine geraume Weile, um ſich mit ſeinen Ge⸗ danken in der neuen Umgebung zurecht⸗ zufinden. Eine zarte Gardine, mit dem leiſen Schattenſpiel ſanft wippender, wind⸗ gewiegter Zweige dahinter, bauſcht ſich in einem Hauche friſcher Morgenluft. Höchſt merkwürdige Geräuſche haben Steppke an dieſem Morgen geweckt. Hähne krähen, Stalltüren knarren, Hufe trappeln, Milchkannen ſcheppern, ein Wagen klappert über das Pflaſter, und das muht und quietſcht und ſchnattert und gackert vom Hofe herauf. Steppke iſt plötzlich hellwach und mit einem Satz am Fenſter. Er muß doch einmal ſehen, was da unten los iſt. Gerade werden die Kühe ausgetrieben, die jetzt wohl wieder auf die Weide kommen, und ein paar Kälbchen machen dabei ſo brollige und tolpatſchige Sprünge, daß Steppke laut auflachen muß. Der junge Knecht ſchirrt eben die Pferde an und ſing und pfeift dabei ſo ſeelenvergnügt in der ſchönen Sommermorgen. Ab und zu muß er zwar ſeinen Geſang unterbrechen, wei! der tuddelige Braune und die um ſo tem peramentvollere Fuchsſtute nicht ſo wollen wie er will. Alle Augenblicke muß er ſie anfahren, aber unbekümmert ſingt er nach jedem Schnauzer weiter:„Das Lieber bringt groß Freud, das wiſſen alle Leut— Voß, du Dämel, ſtah ſtill— weiß mir eir ſchwarzbraun Mägdelein, mit zwei ſchwarz⸗ braunen Aeugelein— Voß, du Beeſt— das mir, das mitir, das miiiiitir das Herz erfreut— hüh, Voß!“ „Es geht gewiß wieder ins Heu!“ denk Steppke, und auch ihn hält es nicht mehr in den Federn.„Nanu, Steppke, ſo früh du hätteſt ja noch ſchlafen können!“ mein die junge Bäuerin, als Steppke ſo zeiti; auf der Bildfläche erſcheint. Aber der Reiz des Neuen iſt ſo un widerſtehlich. Eine neue, fremde Welt ha ſich für Steppke aufgetan, die nun bunt un! ſchillernd winkt mit den vielen kleiner benteuern, die ſein Jungenherz begeiſtern Zum erſten Male in ſeinem kleinen Leber iſt er ja hier draußen in der freien Natur Steppke iſt ſo erfüllt von Entdeckerluſt und Tatendrang. Und als der Tagelöhner Buntje⸗ mittags zu den Wieſen am Kaulenbuſck Heu wenden geht, da bettelt auch Steppke mitgehen zu dürfen. Er hat am Vormittag ſchon Freund ſchaft mit den Hofkindern geſchloſſen. De. elffährige Fritz Buntjes hat verſprochen ihm ein Dohlenneſt zu zeigen und ein Wetbenftote zu ſchnitzen. Auf Flötenſchnitzen derſteht er ſich ausgezeichnet, ſeitdem er zum letzten Geburtstag ein neues Taſchen⸗ meſſer bekommen hat— am Kaulenbuſch gibt's eine Menge Weiden. Auch Heide und Fritz Buntſes gehen mit zur Wieſe. Fritz ſchultert den Rechen wie ein Alter, und er weiß ihn auch ſo fix zu handhaben, daß alles nur ſo ſtiebt und fliegt. Das flitzt Schwade auf, Schwade ab die langen Heubreiten hinauf und hinunter, Auch Heide, die kleine Erbhoftochter, ver⸗ ſteht recht fix und geſchickt mit der Heuharke umzugehen. Da will auch Steppke nicht müßig zuſehen. Der Tagelöhner Buntjes hat auch noch einen überzähligen Heurechen da— und Heide iſt gleich bereit, ihm den erſten Inſtruktionsunterricht im Wenden zu geben. Steppke iſt leicht von Begriff mit echt kindlicher Freude des„Mithelfen: dürfens“ iſt er bei der Sache. Der Schweiß läuft ihm in kleinen Bächen von der Stirn Aber er läßt nicht locker, um mit den anderen in der Reihe zu bleiben. Es iſt wie ein heimlicher und zäher Wettkampf So ſchnell iſt man mit der großen Wieſen⸗ fläche fertig, als ſei ein hurtiger Heinzel⸗ männchenſchwarm am Heuwenden geweſen⸗ Buntjies ſchiebt ſeinen verwitterten Stroh⸗ hut in den Nacken und ſchmunzelt aner⸗ kennend:„Dunnerkiel!“ Fortſetzung folat. ——— Unterhaltung und Wissen. der Wald Ich ſinge den Wald und das Rauſchen, Das uralte brauſende Wehn, Die Bäume, die wipfelſchwer lauſchen, Am niemals ſich ganz zu verſtehn. Ich ſinge die dunklen Getäuſche Der Tiere, den Blätterſchwung And das braune, bebende, keuſche Jallen der Dämmerung. Von kühlendem Atem umfangen Erkennen ſich Mooſe und Stein, Die zierlichen Farne fangen Das Licht der Geſtirne ein. Der Gräſer helle Gerippe Stehen verſponnen und dünn. Der Pflanzen verſchlungene Sippe Enträtſelt den ſchweigenden Sinn. Ich ſinge den Wald und die Skürme, Den orgelnden Widerhall, Die Spuren und dunkelnden Türme, Das Leben und ſüßen Verfall. Heinz Kuſch. Die Schmugglerin Erzählung von Paul Wagner. Sieben dumpfe Schläge fielen von der Rathausuhr durch die ſchimmernde, trübe Morgenluft. Nadelfeiner Regen näßte un⸗ aufhaltſam die„Katzenköpfe“ der breiten Marktſtraße. So wie das Wetter, ſo verſchlafen ſchienen heute die Menſchen zu ſein. Daher war es auch nicht verwunderlich, daß Albert Poly es vergaß, ſeine Piſtole an ſich zu nehmen. Dies bemerkte im letzten Augenblick ſeine Schweſter Marga. Behende eilte ſie ihrem Bruder bis zur Stubentüre nach und rief in guter Laune: „Polychen, du wirſt alt!“ Unwirſch kehrte ſich der Angeſprochene um— er war heute ſchlechter Laune— und meinte barſch: „Laß den Unſinn. Ich muß fort, es iſt höchſte eh „Die Piſtole haſt du vergeſſen. wirſt du alt, weil du vergißt.“ „Gib her!“ „Bitte, dort auf dem Sofa am Frühſtücks⸗ tiſch liegt ſie. Ich muß mich eilen, muß zum Markt. Wiederſehen, Polychen. Schließ gut die Türen ab.“ Albert Poly knurrte etwas hinterher, ging ins Zimmer zurück, nahm die ver⸗ geſſene Piſtole an ſich und machte ſich auf den Weg zur Polizeiſtation. Bald hatte er dieſe erreicht. de Gewehrſchüſſe zerriſſen die wolkenhan⸗ 1 Morgenſtille. Grenzbeamte lagen in eckung, geſchützt von niedrigem, naſſem Weidengebüſch. Zwei Geſtalten ſchlängelten ſich fliehend durrch den Grenzwald. durch lich warfen ſie ſich platt auf die regendur tränkte Erde. „Liegenbleiben— Hände hoch!“ rief ihnen der Führer der Grenzpatrouille be⸗ fehlend zu. „Los weiter!“ ziſchte der eine Liegende dem anderen zu—„jede Kugel trifft jo nicht, keine Bange. weiter los!“ „Ich kann nicht mehr“, keuchte der und hob die Arme in die Höhe. „Der Teufel hol dich, du feiges Bieſt“, rief der andere wutentbrannt und warf ſich katzenartig zur Seite, um für eine Sekunde Deckung hinter einem mächtigen Baum zu finden. Dann ſprang er auf und ſetzte mit Darum * weiten Sprüngen die Flucht fort.— Zwei, drei Kugeln pfiffen meſſerſcharf an ſeinen Ohren vorüber— dann ſackte er wie ein gefällter Baum zu Boden. „Verflucht, mein Bein!“ falls die Hände in die Höhe. „Bitte, laſſen Sie mich von der Leibes⸗ viſitation aus“, bat der Verwundete. Der derwundete Bandit aber, der ſeines Bein⸗ ſchuſſes wegen auf einem Stuhl in der Wachtſtube der kleinen Grenzſtation ſitzen durfte, lachte hämiſch und ſchadenfroh, als ſein Genoſſe nochmals bat: „Bitte, laſſen Sie mich davon aus, ich bin— bin— eine Frau.“ 5 Die Beamten ſtutzten. Da riß ſie ihre Mütze vom Kopf. Keck ſprang ein gutge⸗ pflegter Bubikopf hervor. Wahrhaftig. So wurden nur die Taſchen ihres Anzuges durchſucht. Keine Waffen. a Mit dem erſten Zuge wurden die Gefan⸗ genen zum nächſtliegenden Gerichtsgefäng⸗ nis transportiert. Die kleine Stadt hatte ihre große Senſa⸗ tion: Der weibliche Gefangene war kurz vor Einfahrt des Zuges aus dem Abteil ge⸗ ſprungen und mit gebrochenem Genick auf dem Nebengleiſe liegengeblieben. Oberwachtmeiſter Poly, der Wachthabende dieſes Ortes, entſandte einige Mann zur Un⸗ glücksſtelle. 5 Bald erſtatteten ſie Rapport. Stumm ſtanden ſie da, die Papiere der Toten in der Hand. „Was iſt los— wer iſt die Frau?“ ragte Oberwachtmeiſter Poly. Keine Ant⸗ wort. Bleich, faſſungslos blieben die Be⸗ und hob eben⸗ * So ſprecht habende. Da trat einer von ihnen ganz dicht an Poly heran, legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter und ſagte, das Unbe⸗ greifliche ſelbſt nicht faſſend: „Poly, erſchrick nicht— hier— hier ſind die Papiere der— der Toten..“ Weiß ſank der Wachthabende ſtarr auf ſeinen Stuhl zurück. Halbgeöffnet blieb ſein Mund, während ſeine Augen bewegungs⸗ los auf den Ausweis der Toten ſtarrken:— — Margarete Poly——. doch!“ befahl der Wacht⸗ „Marga?— Marga— Marga!“ bebten Polys Lippen. Schweiß ſtand auf ſeiner Stirn. Krampfartig zitterten ſeine Hände. Seine Augen aber ſtierten auf das ſchickſals⸗ ſchwere Stückchen Papier. Dann ſchüttelte er leicht den Kopf, der ihm wirr und ſchwer geworden, und dann, dann brach es aus ihm heraus: „Nein— nein— es iſt nicht Marga, es iſt nicht meine Schweſter— es kann— es ann ficht eien Die Hände machte er zu Fäuſten, ſtützte ſie auf die Tilchplatte, warf den Kopf dar⸗ auf und ſchrie, lauter, immer lauter: „Es kann— es darf nicht ſein— Marga, Schweſter——!“ Jäh ſprang er auf, riß die Mütze vom Haken und verließ ſtumm, wie in wilder Flucht, den Wachtraum. Die Menſchen auf der Straße ſahen ihm nach. Sie wunderten ſich gar nicht darüber, ſie hatten ja heute ihre große Senſation: Das Unglück, die Tote, die Schmugglerin.. Da hat die Po⸗ lizei eben zu tun. Nun, abends wird man ja alles erfahren. * Poly hielt ſeine Schweſter in den Armen. „Marga, du biſt nicht tot, biſt hier, bei mir——2“ „Aber— was iſt denn, was haſt du?“ Verwundert ſchaute ſie ihn an. „Du biſt alſo nicht tot, biſt auch Schmugglerin?“ Marga verſtand nicht. „Komm“, ſprach ſie auf ihn ein, wie zu einem Schwerkranken,„komm, Polychen, ſetz dich hin. Du biſt erregt und führſt ſonder⸗ bare Reden.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, befreite ſie ſich aus der brüderlichen Umarmung und führte ihn zum Sofa vor dem Früh⸗ ſtückstiſch. Dann erzählte er. „Aaach ſoo!“— Wie erlöſend entſtieg der Seufzer ihrer Bruſt„ja weißt du, das iſt ſicherlich das Mädchen, das im vergangenen Jahr ganze acht Tage bei uns im Dienſte war und dann ſamt meinem Täſchchen ſpur⸗ los verſchwand.“ Die Totenſchau nahme. Der Oberwachtmeiſter Poly knurrte ſeit⸗ dem nie mehr in ſchlechter Laune hinter Marga her. Notſchmänzchen Von Wolfgang Gilbert Koeppen. Mit viel Hoffnungen baute ſich Rot⸗ ſchwänzchen in einer Pfeilerniſche unſerer Terraſſe ſein Neſt. Wie wir einſt den Bau⸗ leuten beim Bau unſeres Hauſes zuſahen, ſo verfolgten wir jetzt Rotſchwänzchens Ar⸗ beit. Es war Bauherr und Architekt, Bau⸗ meiſter, Maurer und Zuträger. Mit großer Umſicht hatte es den Bauplatz ausgewählt. Nach drei Seiten hin war die Stelle, an der das Neſt ſtehen ſollte, gegen Regen und Wind geſchützt. Und vor Katzen ſollte Rot⸗ ſchwänzchens Brut ohnehin einmal ſichet ſein. Zeigte ſich doch unſere große, ſchwarze Schäferhündin mehrmals am Tage auf den Terraſſe, allen Katzen zur Warnung. Unermüdlich trug Rotſchwänzchen große und kleine, ſtarke und dünne Halme heran. Material gab es im Garten genug, auch zum Innenausbau fand es die notwendigen Stoffe. Ein Wollfaden, der bei Handarbeiten auf den Boden der Terraſſe gefallen war, e kurzerhand in Rolſchwänzchens eſt. Nach vierzehn Tagen war der Bau ſoweit fertig, daß die Gebrauchsabnahme erfolgen konnte, die Rotſchwänzchen wiederum ſelbſt keine beſtätigte Margas An⸗ vornahm. Und auch hierbei ging es gründ⸗ lich zu Werke. Es duckte ſich tief in das Neſt hinein und drehte ſich im Kreiſe, um die Probe zu machen, ob es ſich auch warm und weich darin läge. Nun ſaß Rotſchwänzchen tagein, tagaus im Neſt und flog nur einmal für Augen⸗ blicke in die nächſte Umgebung, um Futter zu ſuchen, und etwas weiter weg, um zu trinken. Es war wirklich nicht leicht, bei dem herrlichen Frühlingswetter zu Hauſe zu ſitzen. Auf der nahen Wieſe tummelten ſich die anderen Vögel, aber Rotſchwänzchen wußte, wofür es dies Opfer brachte; es würde durch ein großes Glück entſchädigt werden. Schon rückte der Zeitpunkt nahe heran, an dem es im Neſt quicklebendig zu werden verſprach Da bezog ſich der Himmel. Vielleicht war es nur ein ſchnell vorübergehendes Gewit⸗ ter, das ſich durch den heftigen Wind ankün⸗ digte. Nun, Rotſchwänzchen hatte ſein Neſt ſo gebaut, daß nach Vogelermeſſen kein Un⸗ wetter ihm etwas anhaben konnte. Aber der Sturm, der ſich da plötzlich aufmachte, war kein gewöhnlicher. Dieſe Windſtöße kamen nicht in gerader Richtung, ſondern drehten ſich und verſuchten, das Neſt in die Höhe zu heben. Rotſchwänzchen war noch jung und mochte einen Wirbelſturm noch nicht erlebt haben. Sonſt wäre es ſicherlich nicht im Augenblick drohendſter Gefahr noch einmal ausgeflogen, um ſchnell noch Käfer zu picken. Inzwiſchen geſchah das Unglück. Ein Wir⸗ belwind packte das Neſt von unten, hob es hoch, drehte es im Kreiſe und trug es durch die Luft, wobei der zerbrechliche Inhalt herausfiel und an der Erde zerſchmetterte. Das Neſt ſelbſt verfing ſich, arg zerzauſt, im Gartenzaun Als Rotſchwänzchen wieder zurückkam, fand es die Stelle, da eben noch ſein Neſt ge⸗ ſtanden hatte, leer, Zunächſt begriff es nicht gleich, was geſchehen war. Es hüpfte auf dem kahlen Pfeiler ringsherum, pochte mit dem Schnabel an den Holzbalken des Daches und ſuchte alle Ritzen ab, vergeblich. Ver⸗ zweifelt und ratlos ſaß es mit aufgepulſter⸗ tem Gefieder da. Sein Werk war vernichtet, Und alle ſchönen Hoffnungen waren zerſtört. Imſonſt das Opfer, das es dem werdenden Leben gebracht; und ahne Sinn, weil ohne Pflicht, ſein eigenes Daſein. Noch konnte Rotſchwänzchen ſein Unglück nicht faſſen. Es flog immer wieder um den Pfeiler herum und durch den Garten. Aber es fand nicht, was es ſuchte. Da erhob es von der Spitze eines Obſtbaumes herab ſein Stimmchen zu einer Klage. Es waren herz⸗ zerreißende Schreie. Und wieder flog es zum Pfeiler zurück und ruhte erſchöpft aus. Schon wurde es dunkel. Die Nacht würde furchtbar werden. Heimat⸗ und beſtim⸗ mungslos, ohne Obdach und ohne die Ge⸗ wißheit eines Daſeinszweckes würde Rot⸗ ſchwänzchen in dieſer Nacht keine Ruhe fin⸗ den. Aengſtlich ſchaute es ins Weite und rührte ſich nicht von der Stelle Auch ich, der ich den Vorgang beobachtet hatte, fand in dieſer Nacht keinen Schlaf. Nach Mitternacht ſchlich ich mich noch einmal auf die Terraſſe hinaus. Es war ſehr fin⸗ ſter. Nicht einmal der Mond wollte die Qual des kleinen Vogels durch ſeinen milden Glanz lindern. Er ſollte in feiner Herzens⸗ angſt ganz allein bleiben. Ich machte Licht und ſah Rotſchwänzchen, furchtſam in die Ecke gekauert, auf dem kah⸗ len Geſtein an eben der Stelle ſitzen, an der noch vor einigen Stunden ſein Neſt geſtan⸗ den hatte. Es hielt ſein Köpfchen nicht zum Schlaf in das Gefieder geſteckt— es wachte, wachte in letzter treuer Pflichterfüllung. Finniſche Fauna Klein und rot und hölzern ſteht es dort an irgendeinem der 65 000 finniſchen Seen, Sauna, das Badehäuschen. Ihm ge⸗ hört die ganze Liebe und alles Heimatgefühl der Kalmarisfamilie und der Hofleute. Auf nichts ſind ſie ſo ſtolz wie auf den kleinen uralten Raum mit den ſchwarz verkohlten Balkenwänden und dem rieſigen Steinofen. Viele, viele Male hat die Sauna, haben die heißen Bäder ſie vor Krankheit bewahrt und Feierlicher Auftakt des Reichshandwerkertages. Weltbild(M). Reichsorganiſationsleiter Dr. Ley und Reichshandwerksmeiſter Schmidt nehmen den Vor⸗ beimarſch des Arbeitsdienſtes ab nach der Totenehrung für die. Weltkrieges, 3 0 5 die unter Beteiliaung der Wehrmacht im Ebre 10. Genickſtarre, im langen, dunklen Winter erwärmt Und er⸗ freut, vor ihnen die Väter Vika könnte hundert Jahre alt ſein, könn⸗ te eine Zauberſängerin aus Kalevala, dem großen Heldenlied der Finnen, ſein. Uralt und winzig klein ſchleppt ſie ihre Boltiche und Holzſcheite. Vika iſt Saunafrau. In der Badeſtube wohnt ſie, wie es ihre Vorfahren in alten Zeiten taten. Die Welt iſt fremd und fern. Daß es Menſchen gibt, die ihre Sprache nicht verſtehen, glaubt ſie einfa nicht. Sie liebte ihren Herrn. Er lehrte ſe die Bibel leſen. Niemand trauerte wie ſie um ſeinen Tod. Jetzt liebt ſie den Jung⸗ herrn, den 17 jährigen Eoroſohn, wie ſie den Vater und Großvater liebte. Vika und die Sauna von Karmelathji ge⸗ hören zuſammen. Kommt ihr am Nachmit⸗ tag um 5 Uhr zu Vika— ſie weiß von der Sonne, wann es 5 Uhr iſt—, ſo iſt in der Badeſtube Finſternis vor Rauch. Rieſige Birkenſcheite hat Vika in dem mächtigen Ofen aus Felsblöcken aufgehäuft. Das Jeuer leckt an dem ſchwarz verkohlten Waf⸗ ſerkeſſel, der davorhängt. Die Rauchſchwg⸗ den werden immer dichter, gehen immer fie⸗ fer, denn einen Schornſtein gibt es nicht in der Sauna. Nur wenn ihr euch auf den Boden duckt, könnt ihr noch atmen. Vor „tuli“, dem großen Feuer, kniet Vika, allt und klein und ſehr ſtill, hält ein Birkenſcheſt in der Hand und ſtarrt in das Feuer, bis der letzte Funke verlöſcht iſt. Kommt ihr nach einer Stunde wieder zur Sauna, dann ſteht die Tür weit auf. Ueher dem See iſt der Rauch davongeflogen, und reine, warme Luft ſchlägt euch entgegen. Im Innern ſtehen in langer Reihe die Blr⸗ kenholzbottiche mit warmem, kaltem und lauem Waſſer. Reiſer und Aſche ſind fort⸗ gekehrt. Die ſelbſtgewebten Linnentücher liegen auf der Bank, fertig zum Bad. Schnell zieht ihr euch aus, greift euren Waſſereimer und klettert die ſchmale Stiege anan auf den kleinen Balkon unter dem Dach. Macht's euch gemütlich, ſolange ihr zuch noch hinſetzen könnt. Später iſt die Holzpritſche zu heiß. Glühend ſind die Steinplatten des großen Ofens durch das Feuer geworden. Vika packt die Birkenru⸗ enbündel, ohne die die Sauna nicht zu den⸗ zen iſt, darauf. „Vka, bitte Dampf!“ Aus dem großen Keſſel ſchöpft die Alte Waſſer und gießt es über die heißen Steine, daß ziſchend der heiße Dampf aufſteigt. Herrlich riecht ez nach Birkenblättern. Immer mehr, immer mehr.. 50— 60— 70— Grad ſind ſetzt im Raum. Weil ihr Anfänger ſeid, werdel ihr jetzt denken, ihr ſeid in der Hölle,„Danke, danke, Vika, es iſt genug!“ Aber ihr wißt nicht, wie ſchön es jezt wird. Da ſind die heißen Birkenruten mit den jungen Blättern. Vika gibt uns allen eine. Wir tauchen ſie in den Eimer mit hei⸗ ßem Waſſer und verprügeln uns gegenſeltig damit. Nun denkt ihr ſicher, das tut weh! Kein Gedanke, es iſt weich und herrlich. Wenn ihr trotzdem genug habt, dann ſteigt ihr krebsrot und pruſtend nach unter. Auf ein winziges Schemelchen werdet ihr gebe⸗ ten und vor all die Bottiche. Dann werdet ihr mit Seife eingerieben. Wenn ihr durch eine Schicht ſchöner, ſelbſtgemachter Schmier⸗ ſeife glatt ſeid wie Aale, dann macht Vika die Tür weit auf, und ihr ſauſt glühend, mit rieſigen Sprüngen in den See. Kommt mit mir, ſpät am Abend. wenn der große, gelbe Mond am nordiſchen Som⸗ mernachtshimmel ſteht, noch einmal zu Vika. Sie ſietzt vor ihrem Saunahäuschen auf der Schwelle, klein und ernſt, Jooki, den Kater, neben ſich, und hält Zwieſprache mit dem ſtillen See. Die luſtige Etke „Iſt der Chef zu ſprechen, junger Mann de „Für ſo hübſche junge Damen immer! „So? Dann ſagen Sie ihm, ſeine Frau iſt da!“ * Tante erzählt:„Und als dem Wolf der Bauch aufgeſchnitten wurde, ſprangen alle Geißlein geſund und vergnügt wieder her⸗ aus Herbert(ſtrafend):„Da hatte ſie der Wolf aber gar nicht richtig gekaut!“ „Warum heiraten Sie nicht?“, wollte das ſunge Mädchen von dem ſchüchternen Jüng⸗ ling wiſſen.„Oder ſind Sie vielleicht ſchon einmal enttäuſcht worden?“ 5 „Enttäuſcht? Nein! Aber ich hatte mich einmal in ein vergnügtes, nettes Mädel ver⸗ liebt. Schließlich hatte ich allen Mut zuſam⸗ mengenommen und ſie gefragt, ob wir hei raten wollten, und da hat ſie geſagt:„Wer wird uns ſchon nehmend“ Nätſel⸗Etke Jon Feſt zu Jeſt: 1. Nitroglyzerin, 2. Abgottſchlange, 3 Sanitätsrat, 4. Scharlach, 5. Erec, 6. Pale ſtrina, 7. Fachmann, 8. Irrwiſch, 9. Ni 11. Samſonow. 12. 0 kirſche, 13. Einreiſeverbot, 14. Notetat, 1 Feldartillerie.„Naſſe Pfingſten, fette Weih; nachten.“ Hoch hinaus: Flug— Lug. Enkſchuldigungsbrief: Dienstaa— dein Gaſt. 1