Rr. 144(2. Blatt). Neeko Bote Dienstag, 23. Juni 1936 Nordiſche Verpflichtung Reichsleiter Alfred Rofſenber g hielt bei der Kundgebung der nordiſchen Geſellſchaft auf dem Markt⸗ platz zu Lübeck eine große Rede, die unter dem Leitgedan⸗ ken„nordiſche Verpflichtung“ ſtand. Er führte aus: „Wir haben gewußt, daß das Entſtehen der national⸗ ſozialiſtiſchen Revolution, die vieles, was andere glaubten verehren zu müſſen, beiſeiteſchob, naturnotwendig zunächſt auf heftige Ablehnung ſtoßen mußte. Wir ſind darüber hinaus der Ueberzeugung, daß unſere Revolution auch 0 b wenn ſie nur Liebe und hätte, denn die Umſtände, in denen id lebte, waren außerordentlich und forderten des⸗ ) ein entſchiedenes Denken und entſchloſſenes Han⸗ altes, überall gültiges Geſetz vollzog ſich auch an maungeheuren außenpolltiſchen zu finden, um ihm zu widerſtehen. nders feſten Diſziplin, als jenes Mit⸗ ben zu ſchaffen. Die Gelehrten und Politiker der anderen Staaten ver⸗ ehrten durch ein langes Leben hindurch, was wir als im Kampf um unſer Daſein in der heutigen Welt als nicht mehr lebensſtark erlebt hatten, und da es nun mal ſo iſt, daß ältere Gelehrte und Politiker meiſtens lehren und nicht lernen wollen, ſo iſt jetzt ſchon eine Anzahl von Jahren vergangen, ehe ſich die Notwendigkeit, das natio⸗ nalſozialiſtiſche Phänomen wirklich zu ſtudieren, als innere Erkenntnis durchzuſetzen beginnt. Man hatte uns oft als einen ganz Europa bedrohenden Unruheherd hinzuſtellen verſucht. Wir dagegen waren und ſind der feſten Ueberzeu⸗ gung, daß nirgends die innere Aufbauarbeit ſo ruhig vor ich geht wie im nationalſozialiſtiſchen Deutſchland. Man braucht nur einen Blick auf das Geſchehen gerade der letz⸗ ten Zeit zu fen, um feſtzuſtellen, daß es im Gebälk der verſchieden daten in Europa verdächtig kniſtert und daß überall nicht nur einzelne, ſondern ganze Batail⸗ lone von Brandſtiftern durch die Lande ziehen und nur auf den Augenblick warten, die letzten großen Brandf in die S 0 i häuſer Europas zu werfen. Und das Charakteriſtiſche dabei iſt, daß ſie von jenen, die bedroht werden, als bündnisfähig anerkannt, als gute Freunde angeredet w ihre ſogenannte po uls eine innere K erden und man ihnen freie Bahn für ſche Tätigkeit gibt. Das erſcheint uns erſtrebt, ſondern ſämtlichen hohen Truditionen der europäi⸗ 8 erſcheint er ſchon heute vor der Geſchick eines ungeheuren, alle Gebiete umfaf 8 überhaupt. Wir ſind der Ueberzeugung, daß man angeſichts dieſer 1 Tatſache das Wort vom kollektiven Frie⸗ en nur dann in den Mund nehmen dürfte, wenn man begriffen hat, daß hier das alte Europa von einer anti⸗ europäiſchen, aber bereits in allen Staaten und allen Städ⸗ ten vielfach beſtimmenden Kraft erſchüttert wird. Da dür⸗ fen wir hier in Deutſchland wohl mit Stolz ſagen, daß, während eine ſchwere Erſchütterung nach der anderen die Staaten durchzittert, Deukſchland heute nach mehrjähri⸗ ger Erprobung innerlich gefeſtigter daſteht als irgend ein anderes Land. ſind der tiefen Ueberzeugung, daß, entgegen allen anderen Behauptungen, Europa im weiteſten Sinne in allererſter Linie hier in Deutſchland berteidigt wird! Wir ſind auch der Ueberzeugung, daß eine Zeit des Weltzuſammenbrüchs, mag ihre Erſchütterung auch in man⸗ chen Staaten früher, in anderen Staaten ſpäter empfunden werden, auch Maßnahmen fordert, die von Dauer ſind, d. h. daß man ſich zu einer Politik und kulturellen Geſtal⸗ tung bekennt, die nicht von der Hand in den Mund lebt, die nicht nur das Heute ſieht und das Morgen, ſondern auch das Uebermorgen. s Wenn in dieſen Tagen in Lübeck über das germaniſche Bauerntum und ſeine Geſetzmäßigkeiten und Schickſalsver⸗ bundenheit geſprochen wird, ſo ſoll uns das ein Symbol bedeuten, daß hier in Lübeck angeknüpft worden iſt nicht an vorübergehende politiſche Zuſtände, ſondern an feſtſte⸗ hende, durch Jahrhunderte, ja Jahrtauſende hindurch wir⸗ kende ewige Kräfte des Blutes und des Bodens. Der Nordoſtſee⸗Schickſalsraum, den wir als unſer Schickſal mit anerkannten, hat begonnen, ſeine Wirkſamkeit zu erweitern, und ich hoffe, daß die geſponne⸗ nen Fäden immer feſter werden, und daß ſchließlich ein in lich geſchloſſener Schickſalsraum, vielgeſtaltig im Innern aber doch in der Haltung gegenüber den Mächten der Welt⸗ zerſtörung einig, einen neuen Kraftquell für die Sicherung der eigenen Völker und für die Sicherung Europas ſchafft Wir jedenfalls haben es als Pflicht empfunden, dieſer Auf⸗ gabe zu dienen, wir freuen uns, in immer ſtärkerem Maße geiſtige Führer des Nordens hier begrüßen zu können und ſind der Ueberzeugung, daß, wenn ähnlich willensſtarke Mächte ſich auf die Urquellen ihrer Kraft beſinnen und un⸗ bekümmert um Geſpött und Gelächter einer abſterbenden een außer 80 d ge ge lſerer Tage ein großes klares Denken und vor⸗ Wollen, aus dem Chaos unſerer Politik ein neues wärtsſtrebendes Europa entſteht! Sporinachrichten Leichtathletilwettkampf der Turnerbundjugend. Die Turnerbündler mit knapp 43:50 Punkten ſiegreich. Auf Einladung des To. Edingen gaſtlerte die Tbd.⸗ Jugend am vergangenen Sonntag in Edingen und er⸗ öffnete ſomit die Reihe der Leichtathlelikkämpfe des Tbd. Jahn. Die Kämpfe verliefen harmoniſch und überaus ſpannend. Wie ſchon das Ergebnis ſagt, ging es hart auf hart, was allerdings nicht in dieſem Maße paſſeert wäre, hätte der beſte Jugendturner Walter Feuerſtein er der Fel ſtarten können, der zur Zeit verletzt iſt. Die Sieger de Einzelkämpfe ſtellten die beiden Vereine ungefähr zu gleichen Teilen. Die 4 mal 100 m⸗Staffel gewann Tbd. überlegen mit Gropp, Scherer, Amminger und Kettner, während die 10 mal Halbrundenſtaffel eine Beute des Platzvereins war, der durchweg kräftiges Ma⸗ terial ſtellen konnte. Sehr praktiſch und fein wirkte ſich die Wahl des rotweißen Sportes aus, der die Gäſtemannſchaft als Geſamtheit betrachten ließ und ſech beſonders bei den Staffelläuſen als ſehr nütz ich ei wies: Die Einzelergebniſſe wa ken für den Turnerbund: Kugelſtoßen: Bächle 1., Kettner 2. 100 m: R. Gropp, 2., Kettner 3. Weitſprung: Kettner 1., Gropp 3. 800 m: Heierling 4. 400 m: Scherer 2., Vögele 4. Keulen⸗ weitwurf: Kettner 2., Bächle 3. Speerwurf: Bäche 1., Scherer 3. l f Auswärtiger Sport In der Leichtathletik war Großkampftag. Das hervorſtechendſte Ereignis war der neue Weltrekord der Nationalſtaffel der Frauen über 4 mal 100 m. Albus, Krauß, Dollinger und Winkels verbeſſerten den von Amerika mit 46,9 Sek. gehaltenen Rekord zunächſt auf 46,7 und im zweiten Verſuch auf 46,5 Sek. Frl. Krüger ſchaffte im Speerwerfen mit 45,27 m ebenfalls in Köln eine neue deutſche Höchſtleiſtung.— Gute Ergebniſſe wurden auch bei den Olympiaprüfungskämpfen in Karlsruhe erzielt Ueber 800 in lief Hakbig(Dresden) mit 1:52,5 eine Jahresbeſtleiſtung und auch der Stabhoch⸗ ſprung von Müller(Kuchen) und Schulz(Berlin), die beide 4,02 m bewältigten, wurde in dieſem Jahre noch nicht erreicht. — In Stuttgart ermittelten 150 Junioren ihre Meiſter. Der Königsberger Hilbrecht wurde Doppelmeiſter im Diskus⸗ und Hammerwerſen.— Die Marathonläufer kämpften bei einer geradezu irrſinnigen Glut auf der Olympiaſtrecke. Ueberraſchungsſieger wurde der Breslauer Franz Barſicke vor Paul de Bruyn und dem Berliner Bräſicke.— Bei den Prüfungskämpfen in Saarbrücken ſtellte Fritſch mit 89,39 in eine neue Höchſtleiſtung im beidarmigen Diskus⸗ werfen auf.— Die Pfälziſchen Leichtathletik⸗ meiſterſchaflen wurden in Pirmaſens entſchieden, wo es gleichfalls gute Leiſtungen gab. Im Hochſprung wurden 1,85 m erreicht und im Weitſprung kam man bis dicht an die 7em⸗Grenze heran. 8 * Junioren⸗Leichtathletik⸗Meiſterſchaften. Prächtiges Sommerwetter und hervorragende Bahnen ſchufen die guten äußeren Bedingungen für die Abhaltung der deutſchen Leichtathletik⸗Junioren⸗Meiſterſchaften in der Stuttgarter Adolf⸗Hitler⸗Kampfbahn. Ueber 100 m gab es in der Entſcheidung einen Sieg des erſt 17jährigen Mellerowicz(Berlin) in 11 Sek. Die 200 m gewann Die⸗ derichs(Saarbrücken) überlegen in 22,7 Sek. Eine hartnäckigen Kampf lieferten ſich die 400⸗m⸗Läufer, wobei Wiedenhöfft(Saarbrücken) in 51,1 Sek. ſiegreich blieb. Ueber 800 m war der favoriſierte Kroll(Wünsdorf) nicht am Start. Dem Vierten des Vorjahres, Stieglitz (Barmen), glückte ſo ein ſicherer Erfolg in 1:58,.0. Sehr ſpau⸗ —* Des Deutſche Jugendfeſt 10 Millionen im Welkkampf. Die letzten ſporklichen Wettkämpfe des 4. Deutſchen Ju⸗ gendfeſtes, das den Auftakt für die 11. Olympiſchen Spiele bildete, wurden durchgeführt Im geſamten Reich gingen rund 10 Millionen Jungen und Mädels in die Wettkämpfe. Nach den bisherigen Mitteilungen dus dem Reich ſund die Ergebniſſe über raſchend gut; rund 35 v. H. aller Teilnehmer erhielten die Segernadel— Kaum anders ſieht es auch bet den Mannſchaftswettkämpfen der Hund des BDM k aus. Einige bis fetzt vorliegende Ergeb⸗ niſſe aus den Einzelleiſtungsprüfungen der Schulen und den Mannſchaftswettbewerben des Jungvolks und der Jungmädel, die zugleich den durchſchlagenden Er ⸗ folg des diesjährigen Deutſchen Jugendfeſtes erkennen laſſen, mögen den Erfolg der Wettkämpfe veranſchaulichen: Der 14jährige Wilhelm Lehrle aus Freiburg im Breisgau hat bis etzt die höchſte Punktzahl mit 352 Punk⸗ ten erreicht. Die für die Siegernadel verlangte Punktzah! beträgt nur 180 Punkte. Beſte Schülerin nach den bisherigen Meldungen iſt Alberta Hellge in Magdeburg mit 346 Punkten. Als bisher beſte Jungenſchaft erwies ich die Jungenſchaft 2 im Fähnlein 20 des Jungbanns 142 25 eil 4 5 215 in aus dem Gebiet Baden der HJ mit einer Geſamtdurchſchnittspunktzahl von 298. Bisher beſte Jungmädelſchaft iſt die Jungmädelſchaft 3, Jungmädel⸗ gruppe 38 im Untergau 30 des BDM in Mettlach, Ober⸗ gau Saarpfalz. 8 Die Feier auf der Zugſpitze. Zum Avbſchluß des Deutſchen Jugendfeſtes veranſtaltete die Hitler⸗Jugend in der Nacht zum Montag in ganz Deutſchland ihre Sommerſonnenwendfeiern. Auf den Hö⸗ hen der deutſchen Mittelgebirge, auf den Hügeln der nord⸗ deutſchen Ebene, auf den Feierplätzen der Dörfer und vor den Toren der großen Städte, überall loderten in dieſer Sommernacht die Flammen der Sonnwendfeuer, um die ſich die deutſche Jugend zu ſchlichten Feiern ſcharte⸗ Im Mtttelpunkt diefer Feiern ſtand auf der Zugſpitze die gemeinſame Sonnwendfeier der Hitler⸗Jugend und der Schutzſtaffeln, die ſich auf der höchſten Stelle Deutſchlands in der Hochgebirgsnacht auf 3000 Meter Höhe zu einem un⸗ vergeßlichen Erlebnis für alle Teilnehmer geſtaltete. Der Reichsjugendführer Baldur von Schirach hielt die Weiherede. Er nannte die Sonnenwendfeuer, in denen ſich immer wieder geſunde Kraft des deutſchen Brauchtums, ſtärker als die volkstumsfeindlich eingeſtellten Mächte erwie⸗ ſen habe, einen ſchönen Beweis für die Selbſtbeſinnung der Jugend. Der Reichsjugendführer übergab ſymboliſch das Feuer, das der Reichsführer SS bei der letzten Winter⸗ ſonnwendfeier auf dem Brocken der HJ„bis zum längſten Tag des nächſten Jahres“ übergeben hatte, wiederum den Männern der Schutzſtaffeln, daß ſie es hüten mögen bis zum kürzeſten Tag des Jahres, an dem die Jugend wieder an ihre Stelle tritt. Bei dieſen Worten des Reſchsjſugendfüh⸗ rers wurde die Feuerwache der HJ von der SS ab⸗ gelöſt und ein Ss⸗Mann übernahm mit knappen Worten das Feuer im Auftrag des Reichsführers Himmler in ka⸗ meradſchaftlicher Verbundenbeit mit der Hitler⸗Jugend⸗ r(Hannover) Uls einzigem Er ge⸗ der bei Hammerwer⸗ im Kugel⸗ Gi ferinnen Im hen Prüfungskämpfe in Köln Frauen⸗Nationalmann⸗ ſchaft 8, Dollinger, Winkels über vierm rekord k. einen neuen Welt⸗ kord wurde von USA auen⸗Nationalmannſchaft ig in gleicher Beſetzung eine neue Weltbeſt⸗ auf 46,5 Sekunden. leiſtung wurde auf der für Strecke, allerdings mit m, ausgetragen. Sie ergab von der Olympiamannſchaft halten konnte. Den Sieg er Franz Barſicke vom sher größ⸗ r und dem kannſchafts⸗ J. erreichte er irrſinnigen 1 55 Brude ahre N 8 prechen iſt. war, ging in Platz belegte ide Paul de m Rückſtand Borgſen(Ber⸗ Ent Schmeling bleibt feſt nde Angebote abgelehnt. V volkstü Wie Dollar für verſchiedene arm im 9 i dio⸗Grande⸗Tal Benennung ihres für die Be 0 Drittel des Geſamt⸗ en ein umſatzes ar wur für eine zehn⸗ wöchige anderen tſchaftsunterneh⸗ men enden Angebote zit de ndung, die Weltmei⸗ ger als alles Geld. Es ſei ihm un⸗ ein: Er ſterſchaft möglich, ſich für den mit Jimmy Braddok im September er vor dem Mikrophon ſtehen oder 1 er zehn en Rundreiſe durch die e. Schmeling erklärte, er habe ts am Dienstag mit dem deutſchen nach Deutſchland zurückreiſen. Bis nach den Olympiſchen Spielen wird er ſich in der Heimat aufhalten, und anſchließend beginnt für ihn wieder die Vorbereitungszeit in Amerika für 5 5 K [kampf mit f den Tit . Braddock, der für September In Ner k war Schmeling der gefeiertſte ſe gab ihm zu Ehren ein Frühſtück. And die Glückwunſchtelegramme aus aller Welt Mann. Die immerfort lie ein. Schmelings Börſe Da die Beſucherzahl des Schmelingkampfes etwas Lrwartungen zurückblieb, erreichten auch die ht die hohe Summe, die ſich die Veranſtalter H. Immerhin war bei einer Brüttoeinnahme von 31. Dollar noch ein Reingewinn von 464945 Dollar zu chnen. Davon erhielten die beiden Hauptperſonen 250.000 Dollar zu gleichen Teilen, ſo daß auf Schme⸗ ling 1251 olle Die Steuerbe⸗ el ch 5 8 Börſe ſofort r und ßweitere haus den Jahren Gewähr.) 8a . 5 84 tierten: Wieſenheu ki Luzernkleeheu altes 6 bie 22. Juni. Es no⸗ 0 6, keues 4 bis 4.50; 50. Alle anderen Notierungen un⸗ verändert. Mann er Großviehmarkt vom 22. Juni. Der Auf⸗ trieb zum E ekt betrug 45 Bullen, 39 Ochſen, 76 Rinder und 142 he, zuſammen 302 Stück. Der geringe Auftrieb machte Zuteilung durch die Kommiſſion entſprechend dem Kontingent erforderlich. Gegenüber der Vorwoche ſind die Höchſtnotizen unverändert mit 43 für Bullen, 45 für Ochſen, 44 für Rinder und 43 für Kühe.— Einen ſchlep⸗ penden Verlauf nahm der Kälbermarkt, bei welchem 686 Tiere zum Verkauf ſtanden. Bei einem Ueberſtand von 14 Skück ſchloß der Markt mit einer Höchſtnotiz von 71 Pfennig, mithin 1 Pfennig weniger als in der Vorwoche.— Am Schweinemarkt ſtanden 2116 Tiere— d. i 250 mehr als in der Vorwoche— zum Verkauf. Es entwickelte ſich hier ein leb⸗ haftes Geſchäft Deckungsmöglichkeit beſtand im Rahmen der Kontingente bei unveränderter Höchſtnotiz von 57 Pfennig. N* 72 n „Fraukfukter — r — .———.—— Einer muß den Anfang machen Der erſte Flug über die Alpen (4. Fortſetzung.) Im Jahre 1910 war das noch ſo eine Sache mit dem Fliegen! Ein Jahr zuvor hatte der franzöſiſche Flieger Blériot es gewagt, zum erſten Male den Aermelkanal zu überqueren, und die Welt betrachtete es als ein Wunder, daß es ihm gelang. Da gab es ein paar Piloten, die es ſich in den Kopf geſetzt hatten, die Alpen zu überfliegen. In dem kleinen ſchweizeriſchen Städtchen Brig waren ſie verſammelt und warteten auf gutes Wetter. Es war ein zermürbendes, aufreibendes Warten. Im⸗ mer wieder waren es die gleichen Nachrichten, die eine Durchführung der erſten Ueberquerung der Alpen unmög⸗ lich erſcheinen ließen. Die Schweizer Polizei fühlte ſich gewiſſermaßen für das Leben der wagemutigen Flieger verantwortlich und ver⸗ bot einfach den Start. Immer wieder kamen die Menſchen, um zu ſehen, ob nicht doch einer es wagen würde, loszufliegen— und immer wieder hieß es:„Wirbelwinde am Muncherapaß!“ oder:„Nebel über dem Simplon!“ Unter den Fliegern befand ſich auch Géo Chavez, groß, ſchlank, dreiundzwanzig Jahre alt, ein Kerl, dem Mut und Unkernehmungs⸗ luſt in den Adern lagen. Keiner der leichtſinnigen Flieger, die ihr Leben aufs Spiel ſetzen für irgend etwas— ſondern einer von denen, die im Fliegen mehr ſahen als die meiſten. Fliegen war kein Sport für ihn, keine Sache, die man nur aus Spielerei tat. Geo Chavez ſah eine Zeit voraus in der das Flugzeug die Lüfte durchraſen würde, wie— im September 1910— die Eiſen⸗ bahn auf ihren Schienenſträngen die Län⸗ der verband. Ueber die Alpen hinweg—— Das war eine Tat! Ein Rekord würde es ſein in den Augen der Zeitgenoſſen— für ihn ein Beweis, daß das Flugzeug in der Lage war, jedes Hindernis zu über⸗ winden! Am 23. September 1910 lauteten die Wetternachrichten noch immer nicht beſſer. Geo Chavez faßte einen Entſchluß: Er wollte fliegen! Er wollte verſuchen, über die Alpen hinwegzukommen! Rieſenhaft, gewaltig ſtarrten die Felſen gen Himmel— weiß umkrönte Häupter lockten in mafeſtätiſcher Einſamkeit. Er will der Erſte ſein! Noch nie vor ihm war ein Pilot über 25 Jahre ſpäter: Meiſter U dieſe Berge hinweggeflogen— er würde 5 der erſte ſein! f Chavez ließ den Blick von den Bergrieſen zurückwan⸗ dern zu dem Schuppen, in dem ſein Aeroplan ſtand. „Ich fliege!“ ſagte er plötzlich und gab den Befehl, ſeine Maſchine herauszuholen. 1 HBeſtürzung. Von allen Seiten beſtürmte man ihn, es nicht zu tun. Er winkte gelaſſen ab. „Einer muß den Anfang machen! Wenn es keiner wagt, wird nie etwas aus einer Sache!“ Er ſaß ſchon am Steuer. Der Propeller wurde ange⸗ worfen. 1.29 Uhr rollte der Apparat über das eld, hob ſich leicht in die Luft und verſchwand in Richtung implon⸗ ulm. Die Menſchen ſtanden unten und blickten ihm nach. Noch glaubte niemand, daß es ernſt werden würde— man wartete, daß es nicht anders ſein würde als bei manchem anderen porher: Nach kurzer Zeit würde er wieder auf⸗ tauchen, landen und reſigniert erklären, es ſei unmöglich! Chavez flog unterdeſſen mit ſüdöſtlichem Kurs dem Saltinental zu. Schwebte bald über dem Kaltwaſſergletſcher. 9 war ganz ruhig. Sein Blick ging hinunter in die iefe. Menſchen ſah er auf dem Simplon⸗Kulm, die aus dem Bellevue⸗Hotel herausgeſtürzt waren, um den kühnen Flie⸗ ger zu ſehen, der es zum erſten Male wagte, die Alpen zu überqueren, der es wagte, allen Hinderniſſen zum Trotz die ewigen Eisgletſcher da oben aus ihrer Ruhe zu ſtören, ſie 9 umdonnern mit dem Sauſen ſeines Propellers und dem röhnen ſeines Motors. Vor ihm öffnete ſich das Saltinental. Chavez bog in ſüdlicher Richtung ab und flog an den Hängen entlang. Bis hierher war ja alles gut gegangen. Ein Lächeln war auf ſeinen Lippen. Er pfiff ein Lied vor ſich hin, deſſen Rhythmus das Donnern des Motors verſchlang. Es war herrlich, das Fliegen! Weit, weit hinten lagen die Täler— weit, weit hinten die Menſchen, die an der Erde klebten. Nur er— er war losgelöſt von allem— er ſchwebte hier oben— frei wie der Adler! Ueber ihm ſtrahlte der blaue Himmel. Man müßte immer höher hinaufſteigen können— im⸗ mer höher— bis in die herrliche Bläue hinein! Rechts wuchs das Fletſcherhorn vor ihm auf. Unter ihm gähnten Gletſcherſpalten— reckten zackige, ſcharfgratige Felſen ihre kahlen Finger in die Luft. Nicht mehr lange, dann kam der Muncherapaß, in dem angeblich Wirbelwinde herrſchen ſollten. 7 Chavez fürchtete ſich nicht davor. Ihn beſeelte eine un⸗ wahrſcheinliche Gewißheit, daß der Flug glücken, daß er einen Rekord aufſtellen würde, über den morgen alle Zei⸗ tungen der Welt ſchrieben. Morgen würden ſie ihn feiern! Tief unten lag Gondo. Nun kam die Gondoſchlucht. Steil wuchſen die Felſen auf, als wollten ſie ihm eine drohende Wand entgegenſchieben. Da wurde das Flugzeug plötzlich gepackt wie von ge⸗ waltigen Fäuſten— wurde hin und her geſchleudert und mit unwiderſtehlicher Wucht in die Tiefe gedrückt. Chavez' Fäuſte umklammerten das Steuer. beitete— wollte die Maſchine halten—— In wenigen Sekunden wurde ſie um faſt hundert Me⸗ ter heruntergedrückt! Ein Windſtoß kam von der Seite und warf den Apparat aus der Bahn. Er ar⸗ Aufnahme: Terra⸗Film„Wunder des Fliegens— M. det bezwingt mit ſeinem Flugzeug die ſchroffen Felſen und gefährlichen Eisgipfel. Chavez beugte ſich vor. Da— wenige Meter vor ihm wuchſen die ſteilen Felſen des Seehorns auf! Mit aller Kraft riß er die Maſchine herum— haar⸗ dicht flog er an dem Felſen vorbei. Der Schrecken zwiſchen den Felſen Ein eiſiger Wind fuhr über ihn hin, bohrte ſich durch die Haut, fraß ſich hinein in den Körper. Die Gletſcher des Fletſcherhorns—— An ihnen mußte er vorbei— er mußte über ſie hinweg — aber es ging nicht! Die Maſchine lag zu tief— viel zu tief! Er griff nach dem Höhenſteuer. Es gehorchte nicht. Der Wind war ſtärker. Immer wieder drückte er ihn hinab. Herrgott! Er kam nicht vorbei. Da— ders Felſen! Jetzt—— Um Millimeter, ſchien es ihm, ging es. Und immer kälter wurde es. Die Zähne klapperten gegeneinander. War's die Kälte? War's das Entſetzen, das aufwuchs? Chavez dachte nichts— fühlte nichts. Starr war ſein Blick geradeaus gerichtet. Erfaßte die Hinderniſſe, die auftauchten. Jedes einzelne bedeutete Tod, jedes einzelne konnte dem Wahnwitz ein Ende bereiten! Wenn er doch nicht geſtartet wäre! nicht— 2 Doch! Gerade! Er mußte hindurch! Wenn nicht er, wer ſollte es dann ſein? Die Gondoſchlucht—— Da verließ Chavez für Sekunden alle Sicherheit, alle Ruhe. Schrecken packte ihn. Er ſah einen ſchmalen Spalt, dunkel und gähnend. Und durch dieſen Spalt mußte er hindurch! Zu beiden Seiten hohe, ſtarre Felſen, die nach ihm zu enen ihn zu ſich herüberzuzerren ſchienen mit eiſigen rmen. Hin und her wurde er geſchleudert, auf und ab wankte ſein Apparat. Alles in Chavez war angeſpannt zu äußerſter Auf⸗ merkſamkeit. Wenn ſetzt das Gehirn nur für den Bruchteil einer Sekunde verſagte, wenn jetzt die Hände—— In vielen Windungen zog ſich die Schlucht dahin. Immer wieder mußte er das Steuer herumreißen, um nicht gegen eine plötzlich vorſpringende Wand zu ſtoßen. Und kaum war er glücklich vorbei, wuchs ſchon eine neue Wand auf, verderbendrohend—— Er warf einen Blick in die Tiefe. Grauenvoll, da hin⸗ unterzuſtürzen! Nur aufpaſſen! Keine Sekunde nachlaſſen! Wenn er doch Ein Krampf ſaß in den Händen, kroch lähmend an den Armen empor. Jetzt ſaß es in der Kehle, würgte ihn— Hier komme ich nicht mehr heraus! dachte er und riß das Flugzeug gleich darauf wieder zur Seite, weil der Wind, von oben her auf ihn eindringend, ihn wieder gegen eine Felswand zu werfen drohte. Ein Meter— ach was, um Zentimeter! Ein Aufatmen hob ſeine Bruſt. Die Schlucht öffnete ſich. Tief unter ihm lagen grüne Wieſen, lag ein Tal. Menſchen wohnten da— Vieh weidete da. Und die Menſchen, die ihn vielleicht jetzt ſahen, ahnten nichts von dem fürchterlichen Kampf mit dem Tode, den er eben überſtand. Aber nun war es hoffentlich vorbeil Nicht mehr lange, dann mußte Domodoſſola auftau— chen, das Ziel. Dann lagen die Alpen hinter ihm, war das Werk gelungen! Jäh zerbrach die Hoffnung. Ganz plötzlich kamen die Felſen wieder auf ihn zu— die grünen Wieſen verſanken. Ganz nahe zu ihm kam der Tod, ſtreifte ihn—— Das war noch gar nicht Domodoſſola — das war der Pizzo d' Albione, der ſich ihm entgegenſtellte. Dicht am Tode vorbei! Er raſte auf ihn zu mit unverminder⸗ ter Geſchwindigkeit. Mit bebenden Händen griff er zum Höhenſteuer— ſein Mund öffnete ſich, als wolle er im nächſten Augen⸗ blick einen Schrei ausſtoßen. Er riß das Steuer herum—— Um Haaresbreite ging es am Pizzo d'Albione vorbei.— Um Haaresbreite am Tode vorbei! Es war, als habe dieſe Minute, dieſe Sekunde mit einemmal alle Kräfte in ihm aufgezehrt. Schwäche überfiel ihn. Ließ ihn zuſammenſinken. Es war, als könnten die Hände das Steuer nicht mehr halten Er hob den Arm. Ganz langſam ging es nur. Starre lag über ihm. Seine Hand ſtrich über die Stirn. Das Haar wollte er glätten. Und fühlte, daß ſeine Stirn feucht war. Feucht von eiskaltem Schweiß. Er hatte die Gondoſchlucht durchquert. Vor ihm lag, lieblich wie ein Garten Eden, die Ebene des Toce. Aber dieſe Ebene lockte ihn auf einmal nicht mehr. Es war, als habe der wahn⸗ ſinnige Flug über die Alpen, als habe das unabläſſige Ringen mit dem Tode ihn völ⸗ lig verbraucht. 8 Der Flug war geglückt— ſicher war er geglückt. Aber was hatte das zu be⸗ deuten? Er war müde— nur müde! Am liebſten hätte er ſich fallen laſſen, um irgendwo niederzuſinken und ſchlafen u können. Eigentlich müßte es jetzt gut ſein, im Bois de Bonpaze zu ſitzen— über ſich die grünen Bäume, durch⸗ ſetzt mit dem goldenen Licht der Sonne. Und—— War er wirklich herausgekommen aus der Hölle? War der Kampf mit den Alpen, mit dieſen grauſamen Bergen, dieſem heimtückiſchen Wind vorbei? Oder lauerte vielleicht im Hinterhalt noch irgendein letzter Schlag? Nein— da unten, tauſend Meter unter ihm, leuchtete es wieder von grünen Wieſen. Und ein Ort war auch da. War das nun Domodoſſola? Oder irgendein anderer Ort? Es war ja gleichgültig—— 5 e Alles war gleichgültig— der Flug über die Alpen— das Ziel— das Flugzeug— er ſelbſt. Es blieb die Tat— nur die Tat! Aber dieſe Tat hatte alles in ihm reſtlos aufgezehrt. Was konnte eigentlich nun noch kommen? Ruhm— Gefeiertwerden? Es war nichts. 8 Die Erfüllung war das Weſentliche! Und die Erfül⸗ lung lag hinter ihm. Vor ihm lag—— Mechaniſch riß er das Höhenſteuer herum, ſchaltete Vollgas ein. Müde war er— furchtbar müde! Er wußte gar nicht, daß er es tat—— Steil ſenkte ſich der Apparat, ſtürzte aus tauſend Me⸗ tern Höhe in ſteilem Gleitflug hinab. 95 und tiefer kam er— ſchneller und ſchneller—— Die Menſchen ſtanden unten und begriffen nicht, was es zu bedeuten hatte. Der Telegraph hatte die Kunde von dem Alpenflug Geo Chavez' in alle Welt gemeldet. Zu Tauſenden waren die Menſchen hier zuſammengeſtrömt, um die Landung des Lufthelden mitzuerleben. Da war er. Er hatte es geſchafft! Die Alpen bezwungen! Zum erſten Male war ein Flugzeug über ſie hinweg⸗ geflogen! 5 Das Flugzeug raſte noch immer in die Tiefe—— Die Menſchen warteten, daß der Pilot es herumreißen, es aus der ſteilen Bahn emporwerfen würde, um zur Fan dung anzuſetzen. Hundert Meter nur noch— jetzt fünfzig! Und noch immer nicht! Jetzt— jetzt nur noch zwanzig—— Ein tauſendſtimmiger Schrei gellte über den Platz. Der Apparat überſchlug ſich, prallte mit furchtbarer Wucht auf der Erde auf und war in der nächſten Sekunde ein Trümmerhaufen. (Fortſetzung folgt.) —— N N rer r Druc Ar eiten für Handel, Gewerbe und industrie liefert schnellstens Neckar-Bote- Druckerei