ringt Und aus ſchen ſtadt auer zeſen ieg⸗ Iber⸗ ein lſch⸗ einer inen leich⸗ Be⸗ delac Nr. 184(2. Blatt). Samstag, 8. Auguſt 1936 Ein Feſt deutſcher Gaſtfreundſchaff Im Namen der Reſchsregierung hatten die Reichsminiſter Generaloberſt Göring und Dr. Goeb⸗ bels aus Anlaß der 11. Olympiſchen Spiele zu einem Empfang in der Staatsoper eingeladen. der feſt⸗ liche Abend in der beſonders ausgeſtatteten Staatsoper bil⸗ dete den Höhepunkt der verſchiedenen großen Rahmen⸗ veranſtaltungen zu den Olympiſchen Spielen in Berlin. Ein ſorgfältig ausgewähltes Programm, das ſich aus geſang⸗ lichen Darbietungen unſerer erſten Kräfte und Tanzvor⸗ führungen des Balletts der Staatsoper zuſammenſetzte, bot Stunden eines hohen künſtleriſchen Genuſſes. 5 Zu Beginn des Abends begrüßte Reichsminiſter Gen e⸗ raloberſt Göring die in⸗ und ausländiſchen Gäſte: „In dieſen Tagen, die im Rahmen der Olympiſchen Spiele in Berlin Abgeſandte aller Völker und aller Nationen ver⸗ einen, iſt es für die deutſche Reichsregierung als Dolmetſch des deutſchen Volkes eine Selbſtverſtändlichkeit, den Frem⸗ den und Ausländern echte deutſche Gaſtfreundſchaft zu bie⸗ ten. Unſer deutſches Volk heißt all die Fremden, die in die⸗ ſen Tagen zu uns gekommen find, auf das herzlichſte will⸗ kommen.“ i Nach einer kurzen Pauſe und nachdem die Rede des preußiſchen Miniſterpräſidenten auf Engliſch und Franzö⸗ ſiſch wiedergegeben worden war, ergriff Reichsmini⸗ ſter Dr. Goebbels zu einer kurzen Begrüßungsan⸗ ſprache das Wort. Der Miniſter ſagte, es falle ihm ſchwer, zu den vielen ausländiſchen Gäſten zu ſprechen, weil er wiſſe, daß manche Zeitungen des Auslandes in allem, was gerade er zu ſagen habe eine Propagandamöglichkeit für das nationalſozialiſtiſche Deutſchland ſehen möchten.„Ich möchte mich daher darauf beſchränken, zu betonen“, ſo fuhr Dr. Goebbels fort,„daß es in einer Zeit, in der viele Län⸗ der Europas von den ſchwerſten wirtſchaftlichen und politi⸗ ſchen Kriſen heimgeſucht ſind, in Deutſchland möglich iſt, nach einer dreieinhalbjährigen Aufbauarbeit des national⸗ ſozialiſtiſchen Staates ein wirkliches Feſt der Freude und des Friedens zu feiern. Ich habe den Eindruck, daß dieſes Feſt vielleicht wichtiger iſt als manche Konfe⸗ renz, die in der Nachkriegszeit abgehalten worden iſt. Hier iſt für die verantwortlichen Männer der Nationen die Mög⸗ lichkeit gegeben, ſich kennen und ſchätzen zu lernen. Dieſes aber iſt die Vorausſetzung für eine wahre und echte Ver⸗ ſtändigung, die Europa nottut und die von allen Völkern in Europa erſehnt und erhofft wird. So geſehen, hat dieſes olympiſche Feſt weit über ſeinen rein ſportlichen Charakter hinaus einen politiſchen Sinn, und zwar einen politiſchen Sinn auf einer höheren Ebene als der der Tagespolitik: Wir wollen uns kennen und ſchätzen lernen und dadurch eine Brücke bauen, auf der die Völker Europas ſich verſtän⸗ digen können.“ Kaum waren die Worte des Reichsminiſters Dr. Goeb⸗ bels verklungen, als die vereinigten großen Orcheſter der Reichsſender Berlin und Frankfurt a. M. unter Kapellmei⸗ ſter Heinrich Steiner zur Olympia⸗Hymne anſetzten. Nach⸗ dem die feierlichen Klänge verhellt waren, dankte im Na⸗ men des Internationalen Olympiſchen Komitees deſſen Prä⸗ ſident Graf Bajllet⸗ Latour der Reichsregierung für die tatkräftige Unterſtützung, mit der ſie die Vorbereitungs⸗ arbeiten des IOC und des Organiſationskomitees gefördert habe. Der Redner ſagte, zugleich für alle ausländiſchen Gäſte, daß ſie auf das tiefſte gerührt ſeien von dem außer⸗ ordentlich freundlichen Empfang, der ihnen vom ganzen deutſchen Volk bereitet worden ſei.„In dieſer herzlichen Feſt⸗ ſtimmung konnten die Olympiſchen Spiele 1936 in einem grandioſen Rahmen und in einer Atmosphäre allgemeiner Sympathie, die durch keine politiſchen Schwierigkeiten ge⸗ trübt wurde, ſtattfinden.“ Abſchließend gab Baillet⸗Latour der Hoffnung Ausdruck, daß durch die vorbildliche Durch⸗ führung der 11. Olympiſchen Spiele in Berlin die Zahl derer, die ſich im Zeichen der fünf Ringe der Völkerver⸗ ſtändigung widmen wollen, in Deutſchland und in allen Ländern ſich vervielfältigen möge. Der Einladung der Reichsregierung hatten alle in Ber⸗ lin anweſenden führenden Perſönlichkeiten des Auslandes Folge geleiſtet. So ſah man König Boris von Bul⸗ garjen und Kronprinz Umberto von Ita; lien. Das Diplomatiſche Korps war faſt vollzäh⸗ lig vertreten. Weiter waren zugegen die Mitglieder des Internationalen Olympiſchen Komitees mit ihrem Präſiden⸗ ten, Graf Baillet⸗Latour, die Mitglieder des Organiſations⸗ komitees mit ihrem Präſidenten Staatsſekretär a. D. Dr⸗ Lewald, der Präſident des Deutſchen Olympiſchen Ausſchuſ⸗ ſes, Reichsſportführer von Tſchammer und Oſten, ſowie die Präſidenten der nationalen olymviſchen Komitees und der internationalen Sportverbände Außerdem wohnten auch zahlreiche frühere Olymviaſieger und Aktive dem Empfang bei. Von der großen Zahl der ausländiſchen Gäſte ſeien ferner noch genannt: Die Gattin des italieniſchen Propa⸗ andaminiſters, Unterſtaatsſekretär Vanſittart, der frühere ſranzöſiſche Kriegsmarineminiſter Pietri, Major Fe⸗ therſtone⸗Godley, der frühere amerikaniſche Bot⸗ ſchafter in Berlin, Shurman. Die Ehrengabe der Frontkämpfer Milderung der Ruhensvorſchriften des Reichsverſorgungs⸗ geſetzes. Das Reichs- und preußiſche Arbeitsminiſterium teilt mit: Die zum 2. Auguſt geſpendete„Ehrengabe für verſorgungs⸗ berechtigte Frontkämpfer“ iſt dem Reichs⸗ und preußiſchen Arbeitsminiſterium zur weiteren Veranlaſſung überwiesen worden. An der Ehrengabe haben ſich u. a. auch die Na⸗ tionalſozialiſtiſche Kriegsopferverſorgung(RSKOV), der Deutſche Reichskriegerbund(Ayffhäuf vate Bankgewerbe in dankenswerter Weiſe veteiligt. Die Spende wird durch die Verſorgungsämter im De⸗ zember verteilt werden, alſo im gleichen Monat, in dem die allfährlichen Weihnachtsſpenden an beſonders bedürftige Kriegshinterbliebene ausgezahlt werden. Die Auswahl der Fälle geſchieht von Amtswegen. Anträge erübrigen ſich da⸗ her. Gleichzeitig gibt der Reichs⸗ und 1 e Arbeits- miniſter bekannt, daß noch im Laufe dieſes Jahres gewiſſe Milderungen der Ruhensvorſchriften eintreten werden. Durch dieſe Aenderungen werden die Bezüge eines Teils der Verſorgungsberechtigten verbeſſert werden. Einen guten Platz bei den Olympiſchen Spielen haſt Du am Lautſprecher. Werde KRundfunkhörer! erbund) und das pri⸗ Der Reigen der Wettkämpfe Weitere ſchöne Erfolge und Beſtleiſtungen. Berlin, 7. Auguſt. Am Freitag nachmittag wurden auf dem Reichsſport⸗ feld in Berlin alle Beſucherrekorde geſchlagen. Das Faf⸗ ſungsvermögen der Hauptkampfbahn, die bekanntlich 110 000 Zuſchauer faßt, war völlig erſchöpft, aber auch die rieſige Steintribüne auf dem Maffeld wo Argentinien und Groß⸗ britannien den entſcheidenden Polo-Wettkampf austrugen, war mit mindeſtens hunderttauſend Zuſchauern beſetzt, ebenſo ſtauten ſich die Maſſen hinter dem Oſttor des Sta⸗ dions beim Hockeyſtadion, ferner auf den Tennisplätzen. wo das Basketballturnier ſeinen Anfang nahm. In der Hauptkampfbahn fand zunächſt die feierliche Siegerehrung für die Preisträger im Florettfechten ſtatt. Olympiaſieger Gaudini(Italien), flankiert von dem Franzoſen Gardere und Bocchini(Italien), erſchien auf dem Podium, die Flagge Italiens ging am höchſten Maſt hoch und ſtehend hörten die Hunderttauſend die Nationalhymnen an. Nach der Ueberreichung der Medaillen begannen ſofort die Wettkämpfe. Mit den beiden vorentſcheidenden Läufen über 400 Meter wurden die Kämpfe des Nachmittags im Olympiaſtadion eingeleitet. Leider konnte ſich unſer letzter Vertreter, der Wünsdorfer Hermann Blazejezak, nicht für den End⸗ lauf qualifizieren, was man nach ſeinen guten Leiſtungen vom Vortag erhofft hatte. Im 1. Lauf ſtanden nur fünf Läufer, da der Amerikaner Smallwood abgemeldet hatte. Der US A⸗Neger Archie Williams hatte eingangs der Zielgeraden ſchon 5 Meter Vorſprung und dehnte ihn auf den letzten 100 Metern noch weiter aus. Der Italiener Lanzi wurde ein Opfer ſeines Anfangstempos und mußte den Engländer Roberts und den Kanadier Loaring paſſie⸗ ren laſſen. Der Franzoſe Slavinſky wurde Letzter. Williams Siegerzeit betrug 47,2 Sekunden. Noch ſchneller war der 2. Lauf, in dem unſer Blazejezak die Innenbahn hatte. Der Schwarze Luvalle war Sieger in 47/1 Sekunden, der Engländer Brown(47,3) und der Kanadier Fritz(47,4) be⸗ legten die Plätze, während der Engländer Rampling, der Argentinier Anderſon und der Deutſche Blazejezak aus⸗ ſchieden. Gunnar Höckert gewinnt die 3000 m Zwei Finnen in Front.— Salminen geſtürzt. Die erſte Entſcheidung des Nachmitlags fiel im 5000. Meter-Lauf und hier gab es den erwarteten finniſchen Triumph. Gunnar Höckert ſiegte in der neuen Olym⸗ piſchen Rekordzeit von 14:22,2 Minuten vor ſeinem Lands⸗ mann Lauri Lekhinen, der dieſen Wettbewerb bekanntlich vor vier Jahren in Los Angeles in 14:30 Minuten ge⸗ wonnen hakte, und dem Schweden John 9. Jonſſon. Ein dreifacher Sieg blieb den Finnen verſagt, und war wohl deshalb, weil der Sieger des 10 000⸗Meter⸗Lau⸗ 25 auf halbem Weg eſtürzte und dadurch wertvollen Boden verlor, den er bis zum Schluß nicht mehr ganz gut⸗ machen konnte. Die drei erſten Läufer blieben unter der alten Olympiſchen Rekordzeit Lehtinens. Am Stark ſtanden 15 Läufer, die ſich in den drei Vorläufen qualifiziert hatten. Deutſch⸗ land war unvertreten. Die 1000 Meter wurden unter der Führung des Amerikanern Laſh in 2:49,5 zurückgelegt und auch die 1500 Meter(4:16) ſahen ihn noch an der Spitze. Dann übernahmen aber Höckert und Salminen das Kom⸗ mando. Die 2000 Meter wurden in 5:45,4 zurückgelegt. Laſh mußte ſchließlich die Finnen ziehen laſſen, auch der Däne Siefert fiel ab. Bei 3000 Meter, die in der glänzenden Zeit von 8:40 Minuten zurückgelegt wurden, führte Hök⸗ kert. Dann gab es vorn an der Spitze einen Zuſammenſtoß zwiſchen Höckert und Salminen, der Sieger des 10 000-Me⸗ ter⸗Laufes ſtürzte. Ehe er wieder auf den Beinen war, hatte die Spitze einen ſo großen Vorſprung, daß an ein Auf⸗ holen nicht mehr zu denken war, zumal Höckert noch das Tempo verſchärfte. Zwei Runden vor Schluß ließ Höckert die übrigen Läufer der Spitzengruppe einfach ſtehen, holte 15 Meter Vorſprung und ging als überlegener Sieger durchs Ziel. Das genaue Endergebnis lautete: 1. Gunnar Hök⸗ kert⸗Finnland 14:22,2 Minuten(neuer olympiſcher Re⸗ kord), 2. Lauri Lethinen⸗Finnland 14:25,8 Minuten, 3. John H. Jonſſon⸗Schweden 14:29,0 Minuten, 4. Kohei Murakoſo⸗Japan 14.30,3 Minuten, 5. Joſef Noji⸗Polen 14:33,4 Minuten, 6. Ilmari Salminen⸗Finnland 14,39,8 Minuten. Siegerehrung Während der Siegerehrung für die Preisträger im 5000⸗ Meter⸗Lauf, Gunnar Höcker t⸗Finnland, Lauri Lethi⸗ nen⸗Finnland und John H. Jonſſon⸗Schweden, ging ein Regenſchauer nieder, aber das tat der Begeiſterung keinen Abbruch. Die finniſche Nationalhymne ertönte und die Flaggen der nordiſchen Sieger gingen an den Maſten och. Anſchließend traten die Preisträger im Modernen ünfkampf, Hauptmann Handrick⸗Deutſchland. Leutnant eonar d⸗USA und Oberleutnant A bb a⸗Italien, auf das Podium. Am höchſten Maſt ging die Hakenkreuzfahne hoch und das Deutſchland⸗ und Horſt⸗Weſſel⸗Lied ertönten. Aus dem deutſchen Zuſchauerblock ſchallte der Sprechchor: „Hauptmann Handrick, wir gratulieren!“ Archie Williams gewinnt 400 Meter Unerhört ſcharfes Rennen und eine knappe Ankunft. Im 400 Meter⸗Endlauf endete erwarkungsgemäß ein Vertreter des Sternenbanners in Front, der ſchwarzhäulige Archie Williams, der damit ſeinem Land die 13. Goldmedaille ſicherte. Aber leicht wurde dem Sieger der Erfolg nicht gemacht. V Bis auf die letzten Meter waren die Engländer Brown und Roberts ſowſe der zweite US A⸗Neger in dieſem Ren⸗ nen, Luvalle. gleichwertige Gegner, erſt ganz zum Schluß konnte ſich Williams einen knappen Vorſprung ſichern und in der fabelhaften Zeit von 46,5 Sekunden, die in Europa noch nicht gelaufen wurde, Olympiaſieger werden. Der Engländer Arthur G. K. Brown belegte einen Meter zurück den zweiten Platz vor James Ellis Lupalle (USA) und dem zweiten Engländer, William Roberts, die alle noch unter 47 Sekunden liefen. Die beiden Kanadier Fritz und Loaring hatten mit dem Ausgang des Rennens nichts zu tun und belegten die letzten Plätze. Das genaue Endergebnis des 400 Meter⸗Endlaufs lau⸗ tete: 1. Archie Williams(USA) 46,5 Sekunden, 2. Arthur G. K. Brown(Großbrit.) 46,7, 3. James E. Luvalle(S2) 46,8, 4. William Roberts(Großbrit.) 46,8, 5. William D. Fritz(Kanada) 47.8, 6. John W. Loaring(Kanada) 48,2. Argentiniens erſte Goldmedaille Großbritannien im Polo mit 11:0 bezwungen. Die erſte Goldmedaille holte ſich Argenkinien im Polo⸗ kurnier, das es mit einem 11:0 Sieg über Großbritannien, das ſomik in den Beſitz der ſilbernen Auszeichnung kam, er⸗ folgreich beendet. Was man niemals für möglich gehalten hatte, wurde bei dieſem Treffen wahr: zu einem Poloſpiel hatten ſich in Deutſchland an die hunderttauſend Zuſchauer eingefunden. Auf dem herrlichen Maifelde gab es dann auch einen pak⸗ kenden Schlußkampf. Die Argentinier waren ſtets über⸗ legen und ſiegten mit 11:0 Toren. Die Briten wehrten ſich überaus tapfer, aber ein Ehrentreffer blieb ihnen verſagt. Schweiz ſchlägt Deutſchland im Basketball Auf den Tennisplätzen des Reichsſportfeldes begann auch das Basketballturnier. In der erſten Runde ſpielte Deutſchland gegen die Schweiz und verlor mit 18:25 Punkten recht ehrenvoll. Die deutſche Mannſchaft, die bekanntlich im Basketballſpiel ſozuſagen noch Neuling iſt, führte bei der Pauſe überraſchend mit 1018 Punkten, aber in der zweiten Halbzeit hatten die techniſch beſſeren Eid⸗ genoſſen mehr vom Spiel und ſicherten ſich noch einen ſchö⸗ nen Sieg. Norwegerſieg bei den Jollen Am Morgen des vierten Wettfahrtstages herrſchte ber trockener Witterung in der Kieler Förde faſt Windſtille, ſo daß ſich die Wettfahrtleitung gezwungen ſah, eine längere Startverſchiebung vorzunehmen. Als die Olympiajollen um 11.15 Uhr auf die Bahn gingen, wehte ein leichter Nord⸗ Nordoſt mit 1—2 Meter⸗Sekunden Alle 25 Boote kamen gut ab. Auf der Strecke arbeitete ſich der Norweger Thor⸗ waldſen vor, dicht gefolgt von dem Holländer Kagchelland und dem Deutſchen Krogmann, aber bald wechſelte die Füh⸗ rung. Die nach der dritten Wettfahrt führenden Boote konn⸗ ten den erlittenen Verluſt nicht wieder aufholen. Zum Schluß brachte ſich der Norweger noch einmal in Front und ſiegte vor Uruguay und Kanada. Holland wurde Sechſter, Großbritannien Siebter und Deutſchland Neunter. In der Starbootklaſſe ſegelte Dr. Biſchof auf„Wannſee“ ſeinen zweiten Sieg heraus und übernahm damit in der Geſamtwertung die Führung vor Schweden, das aber ſeine Ausſichten durch einen zweiten Platz wahrte. Einen Punkt liegen ſich die beiden Boote auseinander. 5 Zweite Goldmedaille für Gchweden Den zweiten der im Rahmen der Olympiſchen Spiele in der Deutſchen Verſuchsanſtalt für Handfeuerwaffen durch⸗ geführten Schießwelkbewerb gewann der ſchwediſche Welt⸗ rekordmann Allmann, der mit der glänzenden Serie von 559 Treffern den erſten Platz belegte vor Krempel Deulſch⸗ land(544) und Jamonieres⸗Frankreich(540). Clark(AS A) führt im Zehnkampf Die Zehnkämpfer hatten nach dem 100 Meter⸗Lauf und dem Weitſprung am Vormittag, der die Amerikaner bereits geſchloſſen in Führung ſah, am Nachmittag drei weitere Wettbewerbe zu erledigen, und zwar das Kugelſtoßen, den Hochſprung und den 400 Meter⸗Lauf. Im Kugelſtoßen konnte der Amerikaner Clark ſeine führende Stellung be⸗ haupten, obwohl er nur 12,68 Meter ſtieß und damit nicht unter den erſten zehn Teilnehmern war Beſter im Kugel⸗ ſtoßen war Weltrekordmann Glenn Morris mit 14,10 Me⸗ tern vor dem Ungar Czanyt, der genau 14 Meter erreichte und wertvolle Punkte gutmachte. Die nächſten waren Dimſa (Lettland) mit 13,66 Metern, Bexell(Schweden) mit 13,54 Metern, Parker(USA) mit 13,52 Metern, unſer Bonnet mit 13,50 Metern und der Holländer Braſſer mit 13,49 Metern. In der„Deutſchlandhalle“ waren am Vormittag die Kämpfe im griechiſch⸗römiſchen Ringen mit der zweiten Runde fortgeſetzt worden Beim Wiegen fehlten vier Ringer, die damit beſtimmungsgemäß ausſchieden. Es ſind dies im Federgewicht Scherpeniſſe(Belgien) und Nielſen(Däne⸗ mark), im Leichtgewicht Scheitler(Luxemburg) und im Wel⸗ tergewicht Hametner(Oeſterreich). Im Bantamgewicht kam unſer Vertreter, der Nürnberger Jakob Brendel, zu einem 3:0⸗Punktſieg über den ſtarken Finnen Perttunen. In der erſten Hälfte war der Kampf ausgeglichen, dann brachte Brendel ſeinen Gegner durch Aufreißer und Ausheber mehrfach in Gefahr und bekam ſchließlich den einſtimmigen e zugeſpro⸗ chen. Brendel hat nun ler verlor bekanntlich kags zuvor ſeinen erſten Kampf!) ſchon vier Verluſtpunkte und kann nur dann noch in die Entſcheidung eingreifen, wenn er in Zukunft nur Schulterſiege verzeichnet.— Im Federge⸗ wicht war der Münchner Sebaſtian Hering nicht ein⸗ mal eine Minute auf der Matte Sein Gegner, der Eng⸗ länder Morrell, lag ſchon nach 40 Sekunden platt auf den Schultern Es gab natürlich rieſigen Beifall für dieſen Blitz⸗ ſieg. Hering ſteht nun zuſammen mit dem Finnen Reini und dem Schweden Karlsſon, die ebenfalls Siege verzeich⸗ neten, am beſten. Ergebniſſe Fußball Zwiſchenrunde: 1 Deutſchland— Norwegen 0˙2(0:1) Italien— Japan 870(2:0) 1 1— Handball Gruppe A: USA— Ungarn 2:7(1:4) Gruppe B: i Schweiz— Rumänieſt 856(5:2) Polo Argentinien— Großbritannien 11:0 Hockey Gruppe A: Indien— SSA 7:0(3:0) Gruppe C: Frankreich— Belgien 2:2(122) Basketball Vorrunde: Estland— Frankreich 34.29(16:17) Türkei— Chile 16:30(5:15) Schweiz— Deutſchland 25:18(8:10) ASA— Spanien kampfl. f. AS Tſchechoſlowakei— Ungarn kampfl. f. Tſch. Italien— Polen Aegypten— Peru Lettland— Uruguay 4.28(25.12) 22.35(6:17) 2017(11:11) Braſilien— Canada 17:24(7:14) Japan— China 35:19(15:10) Mexiko— Belgien 32:9(12:2) Philippinen ſpielfrei. Norwegen ſchlägt Deutſchland 2:0 Ueberraſchung in der Iwiſchenrunde zum Fußballturnier. Schon in den frühen Nachmittagsſtunden ſetzte der An⸗ marſch der Zuſchauer zum flaggengeſchmückten Poſtſtadion ein. Kurz vor Spielbeginn traf der Führer und Reichs⸗ kanzler mit ſeiner Begleitung, unter der man die Reichs⸗ miniſter Dr. Frick, Dr. Goebbels und Ruft bemerkte, ein. Unter den 40 000 Beſuchern waren die Norweger ſtark ver⸗ treten und ſchon vor Beginn ließen ſie ihre Schlachtrufe er⸗ ſchallen. Pünktlich erſchienen die beiden Mannſchaften auf dem Platz und nach den üblichen Formalitäten, wobei Nor⸗ wegen die Seitenwahl hatte, ſtellten ſich dem engliſchen Schiedsrichter Dr. Barton die Spieler wie folgt: Deutſchland⸗ Jakob Münzenberg— Ditgens Gramlich— Goldbrunner— Bernard Lehner— Siffling— Lenz— Urban— Simetsreiter Norwegen: Bruſtad— Iſakſen— Martinſen— Kvammen— Frantzen Holmberg— Juve— Ulleberg Holmſen— Erikſen Johanſen Schon in den erſten Minuten ließ die deutſche Mannſchaft eine große Nervoſität erkennen, während die Nordländer recht durchdacht ſpielten und gleich mit gefährlichen Angrif⸗ fen aufwarteten Nach einer unreinen Abwehr in der deut⸗ ſchen Hintermannſchaft erhielt nach einigem Hin und Her der Halblinke Iſakſen den Ball und diesmal hatte Jakob keine Möglichkeit zur Abwehr Norwegen führte unter dem Rieſenfubel ſeiner Anhänger mit 1:0. In der Folge ſah man ein offenes Spiel, wobei man bei den Norwegern das ae Decken des Gegners feſtſtellen konnte, während auf der Gegenſeite vor allem Ditgens und der Schweinfurter Bernard es an der notwendigen Bewachung ihrer Gegen⸗ wieler fehlen ließen. Nach der Pauſe ſplelte die deutſche Mannſchaft im Feld überlegen, aber der erlöſende Torſchuß wollte ſich nicht einſtellen. Fünf Minuten dor Schluß wurden die deutſchen Hoffnungen, doch noch den Ausgleich zu erzielen und damit eine Verlängerung zu er⸗ zwingen, vollſtändig zunichte gemocht, denn den Nordlän⸗ dern gelang noch ein zweites Tor. Der Linksaußen Bur⸗ ſtad war glänzend durchgekommen, gab im letzten Augen⸗ dlick am deutſchen Angreifer vorbei zu dem mitgegangenen Iſakſen, der mit tödlicher Sicherheit zum 2:0 einſchoß. Deutſchlands Niederlage war beſiegelt, während Norwe⸗ Zen jubelte! Italien— Japan 8 0 Das zweite der vier Zwiſchenrundenſpiele führte im Mommſen⸗Stadion in Eichkampf die Nationalmannſchaften von Italien und Japan zuſammen. Dieſes Treffen ſtand natürlich im Schatten des Spiels Deutſchland Norwegen und ſo hatten ſich nur gegen 4000 Zuſchauer eingefunden. Dem ſchwediſchen(chiedsrichter Olsſon ſtellten ſich die bei⸗ den Mannſchaften wie folgt: Japan: Sano; Suzuki, Takeuchi; Tatſuhara, Dita, Kin; Matſunaga, Ükon, Kawamoto, T. Kamo, Sh. Kamo. Italien: Venturini; Foni, Rava; Valdo, Puccini; Locatelli; Froſſi, Marchini, Bertoni, Biagi, Cappelli. 85 Joſef Manger⸗Freiſing Olympiaſieger. Mit der überragenden Leiſtung von 410 Kilogramm holte ſich Joſef Manger im Gewichtheben der Schwergewichts⸗ flaſſe in der Deutſchlandhalle den Olympiaſieg. Die Italiener kamen zu einem überraſchend klaren, aber doch durchaus verdienten Sieg, Die Japaner waren an⸗ fangs im Feld ein ziemlich gleichwertiger Gegner, aber ſie ſcheiterten immer wieder an der Härte und der Einſatzbe⸗ reitſchaft der italieniſchen Abwehr. In der zweiten Hälfte fielen ſie dann mehr und mehr ab und die Italiener, denen alles gelang, feierten einen zahlenmäßig etwas zu hohen Sieg. Tony Merkens Olympiaſieger Arie van Pliet erneut geſchlagen. Am Freilag abend konnte der deutſche Amateur- Flie⸗ germeiſter Toni Merkens ſeinem ſchönen Erfolg in der Weltmeiſterſchaft 1935 einen weiteren ſchönen Erfolg an⸗ knüpfen. Genau wie bei den Weltmeiſterſchaften kraf er in den beiden Endläufen zum 1900 Meter⸗Malfahren mit dem Holländer Arie van Pliet zuſammen. Beide Male verwies er dieſen ſcharfen Widerſacher mit Dreioviertellänge auf den zweiten Platz. Den dritten Platz und damit die bronzene Medaille ſicherte ſich der Franzoſe Louis Chaillot durch zwei Siege im Endlauf um den dritten und vierten Platz über den Italtener Benedetto Pola. Das Olympia⸗Radſtadion bot auch am zweiten Tag der Radwettbewerbe mit einer vieltauſendköpfigen Zuſchauer⸗ menge ein ausgezeichnetes Bild. Begeiſtert feierte man die deutſchen Meiſter im Achter⸗Kunſtreigen und Einer⸗Kunſt⸗ fahren, die auf dem Podium ihr Können unter Beweis ſtellten. Glänzende deutſche Kanu⸗Siege Die Langſtrecken⸗Regatta in Grünau. Auf der Olympia⸗Regattaſtrecke in Grünau begannen die Kämpfe um die zum erſten Mal im Rahmen einer Olym⸗ piade zu vergebenden Medaillen der Kanuten. In den erſten fünf Rennen über die lange Strecke von 10 000 Meter ſtellte Deutſchland ſeine uneingeſchränkte Herrſchaft in die⸗ ſen jüngſten olympiſchen Wettbewerben durch den Gewinn von zwei Gold⸗, einer Silber⸗ und einer Bronzemedaille ſowie durch einen vierten Platz eindeutig unter Beweis. Nach Deutſchland ſchnitten Oeſterreich und die Tſchechoflowakei kei am beſten ab. 5 Kajak⸗Einer. Das Einer⸗Kajakrennen war für den deutſchen Vertre⸗ ter Ernſt Krebs eine ſichere Angelegenheit. Vom Start weg ſetzte ſich der Münchner klar in Front, ſo daß er auf den letzten hundert Meter verhalten dem Ziel entgegenrudern konnte. In 46:01,7 Minuten erreichte Krebs mit genau 14 Minuten Vorſprung vor dem Oeſterreicher Fritz Lan⸗ dertinger das Ziel vor der Tribüne. Den nächſten Platz be⸗ legten Erneſt Riedel(USA) vor dem Holländer Jacobus van Tongeren und dem Finnen Evert Wilhelm Johann⸗ ſon. Kajak⸗Zweier. Am Start zum Zweier⸗Kajakrennen fanden ſich 12 Boote ein. Gleich nach dem Startſchuß ſetzte ſich das deutſche Boot mit Paul Wevers/ Ludwig Landen an die Spitze des Feldes vor Oeſterreich. Nach 700 Meter kämpften beide Boote Seite an Seite. Erſt auf den letzten 600 Meter gewannen die Deutſchen immer mehr Vorſprung und im 0 trennte ſie 90 Meter von den Oeſterreichern Viktor Kaliſch/ Karl Steinhuber. Auf dem dritten Platz kam Schweden vor Däne⸗ mark ein. Faltboot⸗Einer. Der deutſche Vertreter Xaver Hörmann ſetzte ſich gleich nach dem Start zuſammen mit dem Oeſterreicher Gregor Hradetzki und dem Henri Eberhardt an die Spitze. Ueber die nächſten 5000 Meter kämpften dieſe drei Boote Bord an Bord. Der Deutſche verlor bei 8000 Meter dann den Anſchluß und lag bald zwei Längen hinter den Führenden zurück. 200 Meter vor dem Ziel ſetzte Hradetzki zum Spurt an und gewann im Ziel mit eineinhalb Länge Vorſprung vor dem Franzoſen Eberhard, dem mit dem gleichen Abſtand Hörmann folgt. Faltboot⸗Zweier. Ein recht erbittertes Rennen lieferten ſich die beiden Zweier⸗Faltboote von Deutſchland(Willi Horn/ Erich Ha⸗ niſch) und Schweden(Spen Johanſſon/ Eric Bladſtröm). Erſt auf den letzten hundert Meter entſchieden die Skandinavier das Rennen zu ihren Gunſten Die beiden Deutſchen hatten jeder Zeit den zweiten Platz ſicher und gewannen damit vor Holland die Silbermedaille. Zweier⸗Kanadier. Im Zbweier⸗Kanadierrennen bewieſen die beiden Tſche⸗ chen Vaclav Mottl und Zdenek Skrdlank, daß ſie keinen Gegner zu fürchten hatten. Schon nach 3,5 km führten ſie mit 40 Meter Vorſprung vor dem Boot der Canadier und paſſier⸗ ten ſchließlich mit über 100 Meter Abſtand vor dem Boot der Canadier Saker/ Charters. Oeſterreich folgte auf dem dritten Platz vor den beiden Hamburgern Holzenberg/ Schum, die für einen Sieg nie in Frage kamen. i Otympiaſtegerinnen im Florettfechten⸗ 8 drei Beſten im Olympia⸗Florettfechten der Frauen. Von vorn: Ilona Elek⸗Schacherer⸗Ungarn(goldene Me⸗ daille), Ellen Preiß⸗Oeſterreich(bronzene Medaille), Helene Mayer⸗Deutſchland(ſilberne Medaille). Am Rande der Olympiade Die Berliner, im allgemeinen die Pünktlichkeit ſelbſt, kom⸗ men in dieſen Tagen zu ſpät zum Dienſt. Sie ſtehen mor⸗ gens in dichten Haufen am Potsdamer Platz und hören ſich die neueſten Kampfergebniſſe an, die der rieſige Lautſpre⸗ cher dort verkündet. Draußen auf dem Bahnhof in Niko⸗ lasſee hat der geſchäftstüchtige Händler in der Erfriſchungs, halle ebenfalls ſeinen Lautſprecher angeſtellt, und nun ſtehen hier abends nach der Arbeit Männlein und Weiblein, die nicht hinaus aufs Reichsſportfeld fahren konnten, und höten in ſchönſter Sportkameradſchaft ebenfalls, was der Tag an Kämpfen und Siegen gebracht hat. Die Berliner, die ſonſt ſo ſehr auf jede Minulbe drücken, laſſen ſogar einen Wann⸗ ſeezug vorbeifahren, weil ſie wiſſen wollen, wie das große Rennen über die klaſſiſche 100⸗Meter⸗Strecke ausgelaufen iſt. Frauen über ſechzig diskutieren in den Konditoreien und beim Kaffeeklatſch noch über die weiteren Ausſichten von Jeſſe Owens, und die Männer erörtern das große Duell im Stab⸗ hochſpringen. Tauſche Leichtathletik gegen Schwimmen! In dieſen Tagen muß man einmal den Anzeigenteil der Berliner Zeitungen leſen, dann kann man feſtſtellen, daß eine ganz neue Sorte von Anzeigen Aufnahme in dem Anzeigenteil gefunden hat. Es blüht nämlich der Tauſch mit Olympiakar⸗ ten. Ganz ſchlaue Leute haben nämlich einfach aufgekauft, was es zu kaufen gab und ſind nun dabei, das, was ſie nicht ſehen wollen, zu tauſchen gegen das, was ſie intereſſiert. Das Tauſchgeſchäft blüht aber nicht nur im Anzeigenteil der Berliner Tageszeitungen. Es tritt leibhaftig in die Erſchei⸗ nung, und überall, wo in dieſen Tagen vier oder fünf Ber⸗ liner zuſammenſtehen, de. aben ſie Eintrittskarten und ein Programm in der Hand und tauſchen nun aus, was zu tauſchen iſt. Dabei iſt garnicht einmal ſo ſehr entſcheidend, ob eine Karte vier oder fünf Mark gekostet hat. Es geht alles ſehr ehrlich zu dabei, und die Polizei hindert vernünftiger⸗ weiſe dieſes Tauſchgeſchäft nicht, weil ja jeder auf ſeine Art glücklich werden ſoll. Eine richtige Tauſchbörſe iſt über Nacht in der Mauerſtraße vor dem Gebäude der Großbank entſtan⸗ den, die den Kartenverkauf durchführt. Der Andrang nach Eintrittskarten hält unvermindert an, aber man muß ſchon drei Stunden ſtehen, ehe man die Hoffnung hat, abgefertigt zu werden. Das Tauſchen geht ſchneller, falls ſich eine Einf⸗ gung erzielen läßt. Schwimmen ſteht gegenwärtig am höch⸗ ſten im Kurſe, weil der Raum hier verhälknismäßig beſchränkt iſt und die Zahl der Karten deshalb viel geringer iſt als bei den leichtathletiſchen Vorführungen. Leichtathletik gegen Schwimmen, das iſt der Kampf⸗ und Tauſchruf, der überall zu hören iſt. An dem Tauſchgeſchäft beteiligt ſich mit gro⸗ zem Eifer auch ein maſſiver Bierkutſcher, der mit ſeiner Lederſchürze an der Ecke ſteht und nebenbei oder nicht nur nebenbei ein großer Fußballenthuſiaſt vor dem Herrn iſt. Er bielet zwei Karten für die Fußballvorkämpfe gegen den Fußballendkampf, den er auf jeden Fall ſehen möchte. Autoausſtellung umſonſt. Wohin man in dieſen Tagen in Berlin auch blickt, überall gibt es etwas zu ſehen, aber eine Ausſtellung findet in dieſen Tagen ſtatt, von der noch nichts in den Zeitungen geſtanden hat. Das iſt eine völlig koſtenloſe Autoausſtel⸗ lung. die in ihrer Art einzig und unerreicht iſt. Wer dieſe Autoausſtellung ſehen will, dem braucht nur empfohlen zu werden, nachmittags um 3 Uhr an der Reichsſtraße, die zum Reichsſportfeld führt, ſtehen zu bleiben, dann ſieht er die Marken und Firmen aus aller Herren Länder, die in die⸗ ſer Mannigfaltigkeit bisher überhaupt noch nicht gezeigt wer⸗ den konnten. Hier ſind auch ſonſt wichtige Feſtſtellungen zu machen, nämlich erſtens einmal, daß die Berliner mit die ſchönſten Wagen haben. Gewiß ſind auch herrliche Rolls Royce aus Großbritannien erſchienen, ſchnittige franzöſiſche und ſchnelle italieniſche Wagen, aber die Berliner brauchen mit ihren Wagen hinter den Ausländern nicht zurückzuſtehen. Die ausländiſchen Wagen zeigen aber, daß der Beſuch aus dem Auslande doch ziemlich erheblich iſt. Als dritte Feſt⸗ ſtellung muß aber die Tatſache dienen, daß von allen Deut⸗ ſchen die Sachſen wiederum am zahlreichſten bei der Olym⸗ piade vertreten ſind. Sie bleiben ihrer Tradition getreu, und wenn es bei dieſer Olympiade einen Weltrekord gibt, den ſie drücken können, ſo muß er in der Richtung liegen, daß die Sachſen das reiſeluſtigſte Volk der Welt ſind. Kämpfe geſtern, heute, morgen. Es gab vor dem Beginn der Olympiade Peſſimiſten, die unſeren deutſchen Sportlern nicht allzu viel zutrauten. Dieſe Peſſimiſten ſind inzwiſchen gründlich belehrt worden, ſelbſt wenn man zugeben will und muß, daß zu einer tüch⸗ tigen Sportleiſtung manchmal auch eine Portion Glück ge⸗ hört. Wir haben gelernt und gearbeitet und können uns nun auch über unſere Erfolge freuen, und dort, wo wir nicht ſiegen konnten, wollen wir von den Erfolgen der anderen lernen. Da iſt zum Beiſpiel das Hammerwerfen. Dieſer ſehr männliche Sport war bis vor kurzem eine Domäne für Schwe⸗ den und Finnen, und nun haben die olympiſchen Kämpfe zwei Deutſche als Sieger hervorgebracht, die beide im übri⸗ gen den olympiſchen Rekord von 1932 noch überboten haben. Erwin Blask und Karl Hein haben es geſchafft, und die Sprechchöre dichteten:„Blask und Hein, das war fein.“ Eine volle Anerkennung verdienen wiederum unſete Frauen. Anſere Frauen Albus, Krauß und Dollinger haben ſich bei dem 100⸗Meter⸗Lauf fabelhaft gezeigt. Die Goldmedaille haben ſie freilich nicht erringen können, denn das große Farmermädchen Slephens lief ihnen einfach auf und davon. Das ſind eben Sporterſcheinungen, die nur die großen und volkreichen Vereinigten Staaten aufweiſen können mit ihren ungeheuren Menſchenreſerven. Jeſſe Owens, von dem auch behauptet wurde, daß er theoretiſch zu ſchlagen ſei, lief ſeinen Gegnern ebenfalls einfach weg, und das gleiche tat in geradezu grotesker Weiſe der amerikaniſche Neger⸗ läufer Woodruff, der im Zwiſchenlauf ſein Rennen ganz für ſich allein lief. Wenn dieſer Sportler ernſthafte Konkur⸗ renz hätte, ſo würde es ihm auch gelingen, den Weltrekord und gleichzeitig auch den olympiſchen Rekord ohne Schwierig- keiten zu drücken. 5 Was unſere weiteren Ausſichten anlangt, ſo müſſen wit erſt einmal feſtſtellen, daß wir jetzt ſchon mehr errungen haben, als eigentlich erwartet werden konnte. Das gibt uns das Gefühl, auch in Zukunft noch zu holen, was zu holen iſt. In gewiſſen Sportarten, zum Beiſpiel im Schwimmen, werden wir freilich einen ſehr ſchweren Stand haben und kaum gegen die Japaner ankommen können. Die Fett ner ſind mächtig im Kommen, vor allem wenn man bedenkt, daß ſie ja ohne eigentliche Sporttradition ſind und ſeit 1928 zum erſten Mal einen regelrechten Sportbetrieb eingerichtet haben. Es iſt wohl keine falſche Prophezeiung, wenn man ſagt, daß die Japaner auf der nächſten Olympiade, die im Jahre 1940 in ihrem eigenen Lande und in ihrer Hauptſtadt ſtattfindet, den Ton angeben werden. 7fꝗ7,]Vrbmm ß ͤ ee S 882 8 — 2 r e —. r e,. I 9 1442. 8 S HSSS SSS. ſe X Kreuz und Quer Anzug Macke„Eden“ gefällig?— Von Ford hinausgewor⸗ fen und Millionät geworden.— Das verlorene Los Wie ſchon ſeit pielen Jahrzehnten iſt auch heute noch die btitiſche Herrenmode tonangebend in der Welt. Die amerika⸗ niſchen Schneider und Konfektionshäuſer ſind jetzt dazu über⸗ gegangen, Vertrauensleute nach England zu ſchicken, die mit reichlichen Geldmitteln ausgeſtattet werden und nichts an⸗ deres zu tun haben, als das Leben eleganter Herren zu füh⸗ ren, möglichſt biel in der ſogenannten guten Geſellſchaft zu verkehren, die großen geſellſchaftlichen Ereigniſſe wie die Ren⸗ nen, die Theater uſw. zu beſuchen und den beſtangezogenen Briten die Geheimniſſe ihrer Kleidung abzugucken. Darüber müſſen ſie dann ausführlich ihren Arbeitgebern berichten. Als beſtangezogene Männer gelten für die Amerikaner der britiſche König, der Herzog von Kent, der Außenminiſter Eden, Lord Beatty und der Graf von Weſtmoreland. So⸗ bald einer von dieſen Gentlemen in einem neuen Anzug er⸗ ſcheint, werden Zeichnungen und Fotografien nebſt ausführ⸗ lichen Beſchreibungen nach Newyork geſchickt. Wehe, wenn der König einmal verſehentlich einen ſchief ſitzenden Schlips trägt— acht Tage ſpäter zählt man in Newyork dann nur noch„zur Geſellſchaft“, wenn man ſich mit großer Sorgfalt und Mühe ſeinen Schlips ſchief umzubinden verſteht. And hat der König, vielleicht weil er es beim Umziehen eilig hatte oder weil es kalt war, einmal einen Sakko über einem Pullover an, ſo kann man überzeugt ſein, daß man auch in Amerika, von Newyork bis San Franzisko, ſo herumläuft, und mag es 40 Grad heiß ſein. Sehr in Schwung ſind zur⸗ zeit Anzüge, die offiziell den Namen„Typ Eden“ haben. Daß auch ſonſt in Amerika allerhand möglich iſt, hat ſich ja längſt herumgeſprochen. And ſo wundert man ſich auch gar nicht mehr über den Aufſtieg eines gewiſſen Irving Caeſar. Dieſer war Mechaniker bei Ford. Ein paar Jahre lang machte er ſeine Sache ſehr ordentlich. Seine einzige Aufgabe war, dreiviertelfertige Kraftwagen zu ölen. Dieſe Beſchäftigung iſt auf die Dauer eintönig, aber ſie läßt einem Zeit, über dies und das nachzudenken. Irving Caeſar hatte allerhand Einfälle, während er am laufenden Band mit ſei⸗ ner Oelkanne hantierte. Eines Tages ſchienen ſeine Gedan⸗ ken beſonders weit weg zu ſein, denn er ließ drei Wagen vor⸗ überlaufen, ohne ſie zu ölen. Fünf Minuten ſpäter hatte Irving ſeine Lohntüte in der Hand und durfte ſich die Ford⸗ werke von draußen begucken. Wer Arbeiter in Detroit iſt und von Ford hinausgeworfen wurde, hat in dieſer Stadt keine Ausſichten mehr, jemals etwas zu verdienen. Darüber war Irving ſich klar, als er in ſeiner kärglichen Bude ſaß. Aber ſchließlich wollte er wenigſtens etwas von ſeinem Hin⸗ auswurf haben. Alſo ſetzte er ſich hin und ſchrieb das auf, woran er gedacht hatte, als die drei Automobile ungeſchmiert an ihm vorüberfuhren. Das dauerte genau 20 Minuten. Und von dieſen zwanzig Minuten an, die ſchon eine Reihe von Jahren zurückliegen, bis heute hat Irving Caeſar nichts mehr getan. Er hat es auch garnicht nötig, und ſeine Be⸗ ziehungen zu Ford reichen nicht einmal mehr ſoweit, daß er einen Fordwagen fährt, nicht weil er ihn etwa nicht be⸗ zahlen könnte, ſondern weil er ſich einen beſſeren Wagen lei⸗ ſten kann, denn jene zwanzig Minuten brachten ihm die Klei⸗ nigkeit von 600 000 Dollar ein. Irving hatte damals kei⸗ neswegs eine epochale Erfindung gemacht, etwa einen auto⸗ matiſchen Apparat zum Oelen halbfertiger Autos, was ja nahegelegen hätte, als er bei Ford das Oelen vergaß. Nein, ähm waren nur die Refrains zu zwei Schlagern eingefallen. „J want to be happy“, hieß der eine—„Ich möchte glück⸗ lich ſein“,— was ein begreiflicher Wunſch iſt, wenn man ein paar Jahre lang am Fließband geſtanden hat, und„Tee für Zwei“ hieß der andere. Die beiden Refrains ließ ein ahnungspoller Verleger zu richtigen Schlagern ausbauen und in Muſik ſetzen. Dann traten ſie ihren Lauf durch ſämtliche Tanzcafes an und entſchädigten Herrn Irving Caeſar mehr als reichlich für die Stellung bei Ford, die er verlor, als er„glücklich zu ſein wünſchte“ und Sehnſucht nach„Tee für Jwei“ hatte. Beinahe Millionär wäre auch Monſier Prunier, Por⸗ tier in Paris, geworden. Er gewann in der Nationallotterie das große Los. Eine runde Million Francs war ihm ſicher. Madame Prunier erhielt die gute Botſchaft telefoniſch, und es gehört nicht viel Phantaſie dazu, um ſich vorzuſtellen daß es im Hauſe der Familie Prunier an dieſem Tage hoch herging. Das letzte Geld wurde zuſammengekratzt und ein opulentes Frühſtück für alle Nachbarn hergerichtet. Dann ging Madame einkaufen. Obwohl es heißeſter Sommer war, tat ein Pelz es ihr an. Die Wohnungseinrichtung, die noch von der ſeligen Mama ſtammte, kam Frau Prunier an die⸗ ſem Freudenkage beſonders ärmlöch vor; alſo erſtand ſie gegen eine kleine Anzahlung eine neue, und ſie ließ ſich dabei nicht lumpen. Die Nachbarn machten große Augen, als am Nach⸗ mittag der Möbelwagen anxrollte. Als es Abend war, hatte Madame rund 100 000 Francs ausgegeben, nicht in bar natürlich, vielmehr hatte ſie überall eine kleine Anzahlung geleiſtet; das Geld hatten ihr Nachbarn und Freunde mit Vergnügen geliehen. Wer möchte nicht gut mit einem Mil⸗ lionär ſtehen? Ein prachtvolles Abendbrot wartete auf Mon⸗ ſieur. Aber wer nicht erſchien, war Herr Prunier. Wahr⸗ ſcheinlich, dachte Madame, wird er in der erſten Freude über den Gewinn ein bißchen bummeln gegangen ſein, und ſie ging zu Bett, nicht ganz unbeſorgt, denn Ehefrauen haben es nicht gern, wenn ihre Männer mit einer Million in der Taſche bummeln gehen. Als Monſieur Prunier am nächſten Tage noch nicht zu Hauſe war, wurde die Sache unheimlich, und Madame ging zur Polizei. Es konnte ja ſein, daß Herrn Prunier etwas zugeſtoßen war. Vielleicht war er von Ver⸗ brechern betäubt und beraubt worden, vielleicht lag er irgend⸗ wo ermordet! Ein Mann mit einer Million iſt ja doch immer entſetzlichen Gefahren ausgeſetzt. Madame kam ſchließlich auf die gute Idee, ſich zu erkundigen, ob denn die Sache mit der Million überhaupt ſtimmte. Ja, hieß es im Losbüro, es ſei alles in beſter Ordnung, aber— Herr Prunier hatte ſeinen Gewinn garnicht einkaſſiert. Teils beruhigte das Ma⸗ dame, teils aber machte es die Sache nur noch ſchlimmer, denn nun gab es überhaupt keine Erklärung mehr für Pru⸗ niers Verſchwinden. Die Nachbarn begannen komiſche Ge⸗ ſichter zu machen, und wer von ihnen Madame Geld ge⸗ liehen hatte, fühlte ſich leicht beunruhigt. Ein Tag nach dem andern verging. Die Polizei war unfähig, feſtzuſtellen, wo Prunier geblieben und was aus ihm geworden war. Nach acht Tagen erſchien Monſieur, niedergeſchlagen und ſehr klein⸗ laut. Er hatte nämlich, nachdem er ſeiner Frau die Geſchichte von dem fabelhaften Gewinn telefoniert hatte, das Los auf dem Wege zur Kaſſe der Lotterie derloren. Darauf hatte er es nicht fertiggebracht, nach Hauſe zu gehen und ſeiner Frau unter die Augen zu kommeſt. Er war nach Rouen ge⸗ fahren und hatte dort unter einem anderen Namen als Maurer eine Stelle angenommen, feſt entſchloſſen, ſich nie wieder ſehen zu laſſen, bis ihn ſchließlich doch die Sehnſucht nach Madame gepackt hatte. 5 Wir wiſſen nicht, was Madame in dem erſten traulichen Zwiegeſpräch von ſich gegeben hat. Das falſche Ehrenwort Der ruſſiſche Kriegsminiſter Suchomlinow im Juli 1914 und 1923.— Perſönliche Erinnerungen. Für den Leſer dieſer kleinen Geſchichte, die unmittelbar vom Schicksal ſelbſt an den Rand der großen Weltgeſchichte geſchrieben iſt, wenn ſie nicht ſogar mitten in ſie hinein führt, iſt eine Vorbemerkung nötig. Das Vorſpiel geht vor ſich am 26. Juli 1914 in St. Petersburg, im Kriegsminiſterium Seiner Majeſtät des Zaren aller Reußen Nikolaus II. Es ſind dies Tage, in denen der liebenswürdige und allzu argloſe Botſchafter des Deutſchen Reiches, Graf Pourtales, mit allen Kräf⸗ ten verſucht, die ſchon ins Rollen gekommene Lawine noch aufzuhalten. Am 23. hat Oeſterreich⸗Angarn in Belgrad ſein Altimatum überreicht. Am 24. hat Serbien die Wiener Forderungen als unannehmbar bezeichnet und mit ſeiner Mobilmachung begonnen; am ſelben Tage nachmittags hat in St. Petersburg ein fünfſtündiger Miniſterrat feſtgeſtellt: „Rußlands innere Lage geſtattet den Krieg, das Heer iſt bereit.“ Es kommt der 26. Juli, ein Sonntag. Berlin iſt mit allen Kräften um„Lokaliſierung des Konflikts“ bemüht. In Petersburg iſt Hochbetrieb. Die ruſſiſchen amt⸗ lichen Stellen, Außenminiſterium und Kriegsminiſterium, haben alle Hände voll zu tun. Mit zweierlei: mit den geheimen Vorbereitungen für den nahen Kriegsausbruch und mit der Verſchleierung ihrer Maßnahmen, beſonders ge⸗ genüber dem deutſchen Botſchafter. Kriegsminiſter in Petersburg iſt General W. A. Suchomlinow, ehemals großmächtiger Generalgouverneur von Kiew, dann Chef des Generalſtabs und jetzt der Verant⸗ wortliche für alle Maßnahmen der ruſſiſchen Heeresleitung. An dieſem Tage haben die Bureaus des Kriegsminiſteriums, als es Abend wird, Grund, mit ſich zufrieden zu ſein; aber ſo ganz hat es ſich nicht verbergen laſſen; denn es eilen immerhin Gerüchte durch die Stadt, die von beſtimmten Mobilmachungsmaßnahmen reden. Dieſe Gerüchte dringen auch zum Grafen Pourtales. Der ſpricht deshalb am Abend, zum zweitenmal an dieſem Tage, beim Außen⸗ miniſter Saſonow vor und warnt ihn nochmals,„den Generalſtäben das Wort zu geben“. Dies Geſpräch hat eine Folge, die den Ausgangspunkt der vorliegenden Erzäh⸗ lung bildet. „Meine Ausführungen waren augenſcheinlich nicht ohne Eindruck auf dem Miniſter(Saſonow) geblieben“, berichtet Pourtales,„denn um 10 Uhr desſelben Abends ließ der Kriegsminiſter(Suchomlinow) den Militärattache v. Egge⸗ ling zu ſich bitten, um ihn, wie er ausdrücklich bemerkte, auf Wunſch des Herrn Saſonow über die militäriſche Lage aufzuklären“. Und hier geſchieht ein welthiſtoriſches Faktum, das in die Geſchichtsbücher übergegangen iſt, und das damals für kurze Zeit leider geeignet war, ſeinen Zweck zu erfüllen: „General Suchomlinow“, ſchreibt Pourtales,„gab ſein Ehrenwort, daß noch keinerlei Mobilmachungs⸗ ordre ergangen ſei, kein Pferd ausgehoben, kein Reſer⸗ viſt eingezogen werde.“ So ſteht es auch im Bericht des Militärattaches von Eggeling, den Graf Pourtales am 27. Juli 1914 um 1 Uhr morgens nach Berlin telegrafiert. Er trifft um halb 3 Uhr ein und wird, als wichtiges Zeugnis der Lage, vom Reichs⸗ kanzler dem Kaiſer vorgetragen, am Abend dem Botſchafter in Wien durchgegeben und am 28. dem Generalſtab, dem Kriegsminiſter und dem Admiralſtab mitgeteilt. Neun Jahre ſpäter Die Weltgeſchichte hat einen großen Schritt getan. Wir ſchreiben 1923. Seit beinahe 5 Jahren iſt der große Krieg zu Ende, der nach jenen Julitagen ausgebrochen iſt. Die Akteure des großen Dramas ſind vom Hammer der Geſchichte zerſchlagen oder von den Stürmen der Zeit in alle Winde geweht. Den großen Suchomlinow hat ſchon zehn Monate nach den Julitagen der Teufel geholt. Ein 5 Korruptionsprozeß hat ihn faſt an den Galgen, dann ig⸗ ſtens in die Peter⸗Pauls⸗Feſtung gebracht; man hat ihn als Haupt einer Spionage⸗Bande an⸗ geklagt, ſeinen vorgeblichen Spießgeſellen Oberſt Mjaſſojodow als„deutſchen Spion“ gehenkt; dann hat Kerenſkis Revo⸗ lution den ſchon Freigelaſſenen wieder verhaftet, wieder in die Feſtung geſperrt. Er wird zu lebenslänglicher Zwangs⸗ arbeit verurteilt, ſchließlich aber begnadigt und in Freiheit geſetzt. Als gehetztes Wild lebt er in Petersburg, dann gelingt es ihm, an die finniſche Grenze zu flüch⸗ ten und in einem kleinen Fiſcherboot die ruſſiſche Erde zu verlaſſen. So iſt es Suchomlinow ergangen, der jenes falſche Ehrenwort vom 26. Juli 1914 gegeben hat. And nun ereignet ſich das Sonderbare, das der erlebt, der dies hier aufſchreibt. Er iſt im Sommer 1923 Buch⸗ verleger. Seine Verlagsanſtalt dient dem großen Ziele, die Kriegsſchuldlüge des Verſailler Vertrages zerſtören zu hel⸗ fen. Die amtlichen„Deutſchen Dokumente zum Kriegsaus⸗ bruch“ ſind ſeit langem erſchienen, jetzt ſteht im Mittelpunkt der Arbeit die„Große Aktenpublikation des Auswärtigen Amtes“, die auf 54 Bände wachſen wird. Zu einem ſolchen Verlag kommen viele Menſchen. And eines Tages kommt von einer Seite die Frage, ob der Verleger wohl Inter⸗ eſſe hätbe, die Memoiren des früheren ruſſiſchen Kriegsminiſters Suchomlinow auf deutſch herauszugeben. And es ſtellt ſich heraus, daß dieſer Mann, der die Lawine von 1914 mit an erſter Stelle ins Rollen brachte, ſeit einiger Zeit in Deutſchland lebt, das er vernichten wollte. Armſeliger Emigrant, der ſeine Lebens⸗ erinnerungen verkaufen muß, um wieder eine Weile aus dem Erlös ſein Leben zu friſten. Der Verleger ſagt ja und fährt eines Tages nach Dresden, um den Geſtürzten zu treffen, nicht ohne ein ſeltſames Gefühl gegenüber den geheimnisvollen Mächten des Lebens, die ſeinen Weg hier den Weg des Mannes kreuzen laſſen, der die Welt in das Blutmeer geſtürzt, der ſein Vater⸗ land zertrümmert, der Europa angezündet hat. Und dann kommt eine Nachmittagsſtunde im alten Hotel Bellevue in Dresden. In ein kleines Zimmer tritt ein alter Herr mit unverkennbarem Geſicht. Alle Zeitſchriften der Kriegs⸗ zeit haben ihn abgebildet, aber damals war er ein großmäch⸗ tiger General, mit Streifen und Achſelſtücken und Fangſchnü⸗ reſt und Orden und Ehrenzeichen; breitſchultrig und wohlge⸗ nährt. Der da jetzt eintritt, ſieht beſcheidener aus, nicht ein⸗ mal wie ein General in Zivil, ſondern wie ein gepflegter alter Herr aus bürgerlichen Kreiſen, reichlich gealtert, aber ganz lebendig und friſch und vor allem mit einem unſagbar treuen blauen Augenaufſchlag, ein„guter alter Großpapa“, dem niemand zutrauen würde, daß er ein Wäſſerchen zu trüben vermöchte. Er ſpricht ein gutes Deutſch, und man iſt ſchnell bekannt miteinander. Er läßt ſich gern ausfragen und erzählt, was man von ihm hören will. Vor allem: daß damals„alles ganz anders war“, daß er das Ehrenwort an den Major von Eggeling„in beſten Glauben“ gegeben habe; daß nicht nur dieſer, ſondern daß er ſelbſt der Be⸗ trogene war; daß er überhaupt den Krieg nicht wollte; und daß Saſonow und der Generalſtabschef Januſchkewitſch auf eigene Fauſt die Politik getrieben haben, die darauf hinzielte, den Krieg unvermeidlich zu machen. Der eiſige Erdteil Er iſt der einzige Kontinent auf Erden, auf dem es auch während der Hundstage kalt iſt. Denn die Eisſchicht, die ihn bedeckt, hat auf Grund phyſikaliſcher Berechnungen eine Durchſchnittsdicke von 1600 Metern. Während es am Nordpol, wie wir wiſſen, kein Land gibt, befindet ſich a m Südpol ein gewaltiges Landgebiet, das anderthalbmal ſo groß wie Europa iſt. Die Forſchungsreiſen von Shackleton, Scott, Filch⸗ ner, Amundſen u. a. haben uns einigen Aufſchluß über die⸗ ſen rätſelhaften Erdteil gegeben. Er iſt ſozufagen eine phyſikaliſche Notwendigkeit, denn er dient als Gegenge⸗ wicht zum Nordpol. Ein Blick auf einen Globus oder eine Weltkarte zeigt, daß die nördliche Halbkugel unver⸗ gleichlich mehr Land enthält als die ſüdliche, die eben da⸗ für den Ausgleich in der Antarktis beſitzt. Zwar würde auch der ſechſte Erdteil trotz ſeiner rund 14 Millionen Quadratkilometer als Gegengewicht bei weitem nicht aus⸗ reichen, wenn nicht die gewaltige Eisdecke hinzukäme. Die Forſchungen haben ergeben, daß der Erdteil unter Eis von hohen Gebirgszügen durchqquert wird, und zwar ſind die bisher entdeckten höchſten Berge Vulkane, wenn auch erloſchene. Der Erebus, den Shackleton ent⸗ deckte, iſt der Vulkan Terror, nämlich 3300 Meter. Am Südpol ſelbſt befindet ſich eine ſehr umfangreiche Hoch⸗ ebene von 3200 Metern über dem Meer. Als das weitaus beſte Fahrzeug auf dieſem Kontinent hat ſich das Flug⸗ zeug bewährt. Aber Jahrzehnte werden noch vergehen, bis wir ein einigermaßen genaues Bild von der Antarktis beſitzen werden. Nach Bodenſchätzen kann nur dort ge⸗ forſcht werden, wo der nackte Fels aus der Eisdecke her⸗ vorragt. Erſt einer ſpäteren Technik wird es vielleicht gelingen, durch die Eisſchicht zum Boden vorzudringen. Rundfunk⸗ Programme Deutſchlandſender. (Programm für alle Reichsſender außer Berlin.) Sonn 3, 9. Auguſt: 6 Olympiſche Fanfaren, anſchließend: Muſik in der Frühe; 7.50 9. Tag der 11. Olympiſchen Spiele: Programm⸗ durchſage; 8 Sonntagmorgen ohne Sorgen; 9 Sonntägliche Muſik; dazwiſchen: Schwimmen: 200⸗Meter⸗Bruſtſtil(Frauen) Zwiſchenläufe, Waſſerballſpiele; 10 Unterhaltungsmuſik; da⸗ zwiſchen: Ringen: Griechiſch⸗römiſch, Entſcheidungen; Bantam⸗ gewicht, Entſcheidungen; Federgewicht, Entſcheidungen; Leicht⸗ gewicht, Entſcheidungen; Olympiſche Segelregatta; Regatta⸗ berichte vom Startſchiff„Najade“; Regattaberichte aus Kiel; 12 Muſik am Mittag; dazwiſchen: Olympiſche Siegertafel 1896 bis 1936; 13 Bunte Platte, Schallplatten; 14 Unter⸗ haltung-. n, dazwiſchen: Regattabericht aus Kiel; 15 Blas⸗ muſik; dazwiſchen: Hochſprung(Frauen) Entſcheidung; viermal 100⸗Meter⸗Staffel, Entſcheidung; viermal 100⸗Meter⸗Staffel (Frauen), Entſcheidung; Schwimmen: 100 Meter Freiſtil Gen Zwiſchenläufe; 100 Meter Freiſtil, Endlauf; Waſ⸗ ſerballſpiele; 16 Der Marathonlauf bei den 11. Olympiſchen Spielen 1936, Staffelhörberichte von der Strecke, Einlage: Marathonlauf, Heroiſche Muſik; 18 Robert Gaden ſpielt— dazwiſchen: Funkberichte vom Stadionrennen in Hoppegarten; 19 Olympiaecho; 20 Muſik am Abend, dazwiſchen: Ringen: Griechiſch⸗römiſch; Entſcheidungen; Fechten: Degen, Einzel, Ausſcheidung; Wetter⸗ und Tagesnachrichten; 22.15 Olympia⸗ echo; 23 Unterhaltungs⸗ und Tanzmuſik; 1 Nachtmuſik. Montag, 10. Auguſt: 8 Anterhaltungsmuſik, dazwiſchen: Radrennen: 100 Kilo⸗ meter Straßen, Start⸗, Strecken⸗ und Zielbericht; Schwim⸗ men: Kunſtſpringen, Entſcheidung; vierma 200⸗Meter⸗Staffel, Vorläufe; Waſſerballſpiele; Regattaberichte aus Kiel; dazwi⸗ ſchen: Olympiſche Siegertafel 1896 bis 1936; 13 Militär⸗ muſik, 14 Allerlei von 2 bis 3; 15 Anterhaltungskonzert; dazwiſchen: Schwimmen: 100 Meter Freiſtil(Frauen) End⸗ lauf; 400 Meter Freiſtil. Vorläufe: Waſſerballſpiele: Boxen: Ausſcheidungskämpfe; Fußballſpiel; Handball: Ausſcheidungs⸗ ſpiele; Hockey: Ausſcheidungsſpiele; Zielbericht von der Olym⸗ piſchen Segelregatta; 18 Blasmuſik; 19 Olympiaecho; 20.10 Alte und neue Tanzmuſik; dazwiſchen: Fechten: Degen, Einzel; Boxen: Ausſcheidungskämpfe; etwa 20.45 Deutſchland baut auf: Der Staat als Förderer des Sports; 21 Herakles, Oratorium, Querſchnitt durch die Feſtaufführung in der Dietrich⸗Eckart⸗Freilichtbühne; 23 Deutſches Volksliederſpielz 22.30 Tanz⸗ und Unterhaltungsmuſik. Dienstag, 11. Auguſt: 9 Anterhaltungskonzert; dazwiſchen: Schwimmen: 400 Meter Freistil, Zwiſchenläufe; 100 Meter Rücken(Frauen), Vorläufe; Waſſerballſpiele; Fechten: Degen, Einzel, Vor⸗ entſcheidung; Rudern: Vorläufe; 14 Bunte Muſik; dazwi⸗ ſchen: Rudern, Vorläufe; Schwimmen: Vorführung im Kunſt⸗ ſpringen durch die drei Sieger; viermal 200⸗Meter⸗Staffel, Endlauf; 200 Meter Bruſtſtil(Frauen), Endlauf; Waſſer⸗ ballſpiele; Fechten: Degen, Einzel, Entſcheidung; Boxen: Aus⸗ ſcheidungskämpfe; Fußballſpiel; Hockey: Ausſcheidungsſpiele; 18 Blasmuſik, dazwiſchen Hörberichte; 19 Olympiaecho, 20.10 Unterhaltungsmuſik, dazwiſchen: Boxen; 2. Serie; 23 Unter⸗ haltungs⸗ und Tanzmuſik. Mittwoch, 12. Auguſt: 9 Anterhaltungsmuſik, dazwiſchen: Schwimmen: Kunſt⸗ ſpringen(Frauen), Entſcheidung; 100 Meter Rücken, Vor⸗ läufe, viermal 100⸗Meter⸗Staffel(Frauen), Vorläufe; Waſ⸗ chen: 5b Rudern: Vorläufe; 14 Buntes Konzert; dazwi⸗ chen: Hörberichte; Rudern, Vorläufe; Turnen: gate 7 Boxen: 2. Serie; Fechten: Säbel, Mannſchafts⸗Ausſchei⸗ dung; Schwimmen: Vorführung im Kunſtſpringen(Frauen) durch die 3 Siegerinnen; 400 Meter Freiſtil, Endlauf; 1 Meter Rücken(Frauen), Zwiſchenläufe; Waſſerballſpiele; Handballſpiele: Vorſchlußrunde; Basketball: e ſtrel Hockey: Ausſcheidungsſpiele; 18 Symphoniſche Mu⸗ ſik, 19 Olympiaecho; 19.30 Aus dem Olympfaſtadion: Gro Dreſſurprüfung; 20 Baſeballvorführungen; 20.30 Kurznach⸗ richten; 20.45 Ballettmuſiken; 22.45 Tanz⸗ und Anterhal⸗ tungsmuſik.„„ .———— ä— 1 N 15 Die Herrgottsmühle Noman von Paul Hain. 40. Der Zuſtand Viktors war durchaus nicht ſo unbedenk⸗ lich, wie die Gräfin ihn darſtellte. Sie und Verena waren aufs höchſte erſchrocken geweſen, als Viktor am Vormittag nicht ins Hotel kam und ſie dann von ſeiner Erkrankung erfuhren, für die ſie keine Erklärung fanden und die ihnen einen peinlichen Strich durch ihre Rechenkünſte machte, denn es war ja unmöglich, die Verlobung nun zu prokla⸗ mieren. Auch rief Viktor in ſeinen Fieberphantaſien wild nach— Eva. Und beide wußten nur zu gut, wen er meinte. Zuerſt hatte der Arzt ſelbſt an Viktors Vater ſchreiben wollen, aber dann davon Abſtand genommen, da er in den beiden Damen gute Bekannte des Patienten erkennen mußte, die dieſe peinliche Pflicht wohl beſſer erfüllen konnten. Doch die Gräfin hatte lange gezögert. Die Gegenwart des Barons wäre ihr und Verena nicht ſonderlich ange⸗ nehm geweſen. Viktor ſollte jetzt erſt etwas ruhiger werden — der Name Eva ſollte aus ſeinen Fiebergedanken ver⸗ ſchwinden— und dem Baron mußte die Verlobung, wenn man ſie ſchon nicht offiziell verkünden konnte, doch als pri⸗ vate Tatſache angekündigt werden. So verfaßte die Gräfin nach langem Ueberlegen denn endlich den Brief, den der Baron erhielt, und ſie hoffte, daß er ſich dabei beruhigen würde. Viktors Zuſtand mußke ſich ja doch bald beſſern— und dann kam alles von ſelbſt in Ordnung. Vorläufig wollte er offenbar in den wenigen lichten Minuten weder die Gräfin noch Verena ſehen, und die„liebende Fürſorge“ Verenas beſchränkte ſich darauf, alltäglich einige Blumen zu ſchicken und ſich bei der Kran⸗ kenſchweſter über Viktors Zuſtand zu erkundigen. Das war alles. Im übrigen war ſie voll leidenſchaftlichen Ingrimmes. Denn dieſe plötzliche Krankheit Viktors zerrte an ihren Nerven. So dicht vorm Ziel— und nun dieſe neue Ver⸗ zögerung! Und dazu die quälende Ungewißheit, was dieſe Kriſis hervorgerufen hatte. Es war ihr klar, daß Viktor im Anterbewußtſein Eva Gwendolin doch noch nicht vergeſſen haben konnte. Aber wie war das möglich? Sie hatte ihn doch ſo feſt in ihr Netz verſtrickt gehabt.— Der Baron faltete den Brief ſorgfältig zuſammen. Die Augenbrauen waren zuſammengezogen. Nein— er mußte hin— zu Viktor! Dieſe Zeilen der Gräfin, ſo beruhigend und gut ge⸗ meint ſie gewiß waren, konnten ihm keine Ruhe geben. Er kannte Viktor zu gut. Nervenzuſammenbruch? Zum Teufel— ein Kerl wie Viktor! 5 Er ſann vor ſich hin. „Id— war er eigentlich nicht ſchon im Sommer etwas ſonderbar geweſen? War ihm da nicht ſchon eine gewiſſe Bedrücktheit an ihm aufgefallen? Gewiß— es war ſo! Dann allerdings ſchien Verena von Ruhland ihn wieder etwas aufgeheitert zu haben. Aber hatte er damals nicht geſagt, daß er Verena nur— freundſchaftlich verehre? Daß er nicht daran denke, ſie zu heiraten? And plötzlich ſein Verlangen, zu reiſen! Ja— zum Kuckuck— es hatte etwas in dem Jungen geſteckt! Ohne Zweifel! Irgendein Geheimnis! And nun— Nervenzuſammenbruch! Nachdem er ſich mit Verena verlobt hatte! Ein glücklicher Bräutigam hat doch keine Nerven! Der Baron klatſchte mit der flachen Hand auf den Tiſch. Morgen fuhr er! Er mußte Viktor ſehen! Mußte ſich hier freimachen, trotzdem es alle Hände voll zu tun gab. Es nützte nichts!— Es war Kurt von Ruhlands Schickſal, daß er an die⸗ ſem und dem folgenden Tage nicht an Ort und Stelle war, ſondern dem Leichtſinn ſeines Blutes folgte. Das Schickſal hat ſeine eigenen Launen. So kam es, daß Wilbrandt den Prokuriſten Lindthorſt mit Vollmachten für die wenigen Tage verſah, die er weg⸗ zubleiben gedachte. Am nächſten Vormittag fuhr er bereits ab, nachdem er telegraphiſch den Damen Ruhland ſein Kommen ange⸗ kündigt hatte. Sie waren wenig erbaut darüber. Baron von Wilbrandt traf gegen Mittag in Paris ein. Südwind wehte von Afrika her. Eine laue Luft lag über den Boulevards. Die erſten Frühblumen wurden von den Verkäuferinnen an den Straßenecken ausgeſchrien. „Mes dames— voila le printemps— kaufen Sie, kau⸗ fen Sie!“ Wilbrandt fuhr zuerſt zu den Damen, die ihn mit be⸗ tonter Herzlichkeit empfingen. Sie hätten es natürlich gar nicht anders erwartet, daß er ſofort käme, behauptete die Gräfin. Verena zeigte ſich diskret erſchüttert. Wilbrandt blickte prüfend in ihr Geſicht. Lächelte flüchtig. „Man kann alſo gratulieren?“ ſagte er. Er zog ſie ſanft an ſich. Dann aber trieb es ihn zu Viktor hin, wiewohl die Damen erklärten, daß der Patient um dieſe Zeit nicht geſtört werden ſolle. Aber er ließ 5 nicht abhalten. So blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihn zu begleiten.— Viktor lag apathiſch in den Kiſſen. Die Krankenſchwe⸗ ſter wollte ſich diskret zurückziehen, als der Baron gemeldet wurde. Ein leiſe verwunderter Blick traf die Damen. Der Baron winkte der Schweſter zu. „Wie geht es dem Jungen—?“ „Noch immer Fieber—, Phantaſten—“ „Wie?!“ ö Er erſchrak, als er den Kranken ſah. Das Geſicht war abgez dur hager. Die Augen geſchloſſen. „Viktor— 5 Der warf ſich unruhig in den Kiſſen. 1 „Es ſcheint doch wieder ſchlimmer geworden zu ſein—,“ murmelte die Gräfin beſorgt. 5 „Wann kommt der Arzt?“ fragte Wilbrandt die Schwe⸗ „Gegen Abend. Wie immer. Vormittags und abends—“ „Ich will ihn ſprechen. Laſſen Sie ihn kommen—“ Die Schweſter ging hinaus. Wilbrandt ſetzte ſich ans Bett Die Damen hielten ſich im Hintergrund. „Eva—, murmelte der Kranke ſchwer.„Unſer— Som⸗ mer——“ Der Baron beugte den Kopf tiefer. Ihm war bewuß! geworden, daß Viktors Zuſtand bei weitem nicht ſo beruhi⸗ gend war, wie die Gräfin ihn geſchildert hatte. Er griff nach der unruhig taſtenden Hand des Kranken. Der Huls klopfte wild. „Viktor— mein Junge— ich bin da—“ 5 Der ſchien ihn nicht zu hören. Schwer ging ſein Atem ſter „„Eva——, flüſterten ſeine heißen Lippen nur. And lag wieder wie leblos. „Wer iſt Eva?“ fragte Wilbrandt leiſe die Damen. Die Gräfin lächelte matt. „Er meint wohl— Verena—. Der Name muß ſich in ſeinen Phantaſien verwirren—. Verena— halte ihm die Hand auf die Stirn. Das beruhigt ihn immer—“ Wilbrandt ſtand vom Bett auf. „Sein Zuſtand iſt doch ſchlimmer, als ich annahm—, murmelte er.„Ich werde auf den Arzt warten—“ Er ſah noch einmal in das blaſſe, hagere Geſicht. Er begriff nicht, was Viktor, den körperlich ſo kräftigen, ſo hatte umwerfen können.— Die Schweſter kam wieder zurück. Sie hatte dem Arzt telephoniert; er wollte in einer halben Stunde da ſein und erſchien pünktlich. Wilbrandt ſprach mit ihm unter vier Augen. ö „Schenken Sie mir klaren Wein ein, Doktor, was mit 080 iſt. Haben Sie eine Erklärung für ſeine Krank⸗ heit?“ Der Arzt blickte mit kühl⸗ruhigen Augen aus einem klugen Geſicht den Sprecher an. „Erklärung? Nein! Die findet man bei ſolchen Nerven⸗ geſchichten gewöhnlich immer erſt ſpäter. Zumal in die⸗ ſem Fall— der mich ſelbſt etwas irritiert, wie ich Ihnen offen geſtehe, Herr Baron. Erſt Verlobung— und dann — des Bräutigams Glück hat noch keinen jungen Mann umgeworfen.“ Der Baron antwortete: „Sie wiſſen davon?“ „Die Frau Gräfin erzählte es mir. Wiſſen Sie, was ich glaube?“ „Om?“ „Der Patient iſt durch die Verlobung in einen ſeeli⸗ en Konflikt gekommen. Er ſpricht fortwährend von einer Ing 2 „Ja— ich hörte ſelbſt—“ „Dieſe geheimnisvolle Evya— ſie könnte uns den Schlüſſel zu der Krankheit geben. Haben Sie keine Ahnung, Herr Baron, wer dahinterſteckt?“ „Ich denke— er meint die Gräfin Verena! Die Frau Gräfin deutete das auch an. Die hellen Vokale in dem Namen— ſo was verwirrt und vereinfacht ſich in dem kranken Hirn, wie?“ „Allerdings—“ Der Arzt blickte zur Seite. „Die gleiche Erklärung machte mir die Frau Gräfin auch. Aber dem ſteht entgegen, daß der Patient augen⸗ ſcheinlich eine pſychiſche Antipathie gegen die junge Gräfin hat. Wenn ſie an ſein Bett kommt— wenn ſie ihn an⸗ ſpricht— ſteigt ſein Fieber, deutlich gibt er ſelbſt im Deli⸗ rieren zu verſtehen, daß er— nicht Gräfin Verena bei ſich haben will. Sie iſt deswegen auf meine Anordnung auch von der Krankenſchweſter von dem Kranken zurück⸗ gehalten worden. Ihre Nähe ſchadet ihm zweifellos. Sie iſt beſtimmt auch nicht böſe, daß ſie den Patienten nicht zu betreuen braucht. Bei vornehmen jungen Damen ja auch— hm— verſtändlich—“ Der Baron unterdrückte ſein Erſtaunen über dieſe Er⸗ öffnung, die ſo gar nicht im Einklang mit dem Brief der Gräfin ſtand. Was bedeutete das? „Iſt Ihnen nicht vielleicht eine junge Dame im Be⸗ kanntenkreis Ihres Sohnes bekannt, Herr Baron, die Eva heißt?“ 1 5 Ahnung, Doktor. Mein Sohn iſt den ganzen Winter über auf Reiſen geweſen—“ „Vielleicht fällt Ihnen doch etwas ein, was auf die Spur führen könnte. Der Patient ſpricht auch viel von einer Mühle—“ „Von Nebeln— er ſieht Nebelfrauen, die tanzen— einen Fluß— murmelt zuweilen Bruchſtücke einer phanta⸗ ſtiſchen Geſchichte— warten Sie einmal— ich habe mir alles notiert.“ 8. 60 Er ſchlug ſein Notizbuch auf. „Hier— das kehrt auch immer in ſeiner Phantaſſe wieder: Nun muß ich ſterben— weil ich unter— der Mühle geſtanden habe— um Mitternacht und— dein Herz ſtahl. Dein Ahne hat recht gehabt—.“ „Seltſam,“ ſagte Wilbrandt.„Aber ja— die Mühle er denkt an das Mühlenwerk, zu Hauſe— natürlich. Un⸗ ſere Mühle! Natürlich! Und in den Feldern wallen die Nebel am Abend. Er wird vielleicht Heimweh haben. Doktor— iſt mein Sohn transportfähig?“ „Jetzt? Anmöglich! Nein— nicht daran zu denken. Ausgeſchloſſen. Die Kriſis müßte erſt vorbei ſein.“ „So— alſo nicht!“ „Nein!“ „And— was iſt zu tun?“ „Abwarten, Herr Baron. Das eine kann ich Ihnen verſprechen auf mein ärztliches Gewiſſen: Sein Zuſtand wird ſich nicht weſentlich verſchlimmern. Er wird geſund werden. Es kann ſich in die Länge ziehen, das verhehle ich nicht. Aber der Körper iſt kräftig— organiſche Kom⸗ plikationen ſind ſo gut wie ausgeſchloſſen. Von dieſer Seite aus iſt alſo nichts zu befürchten. Aber gut wäre es ng⸗ türlich, wenn dieſe geheimnisvolle Eva, die ſicher exiſtiert, gefunden werden würde.“ „Ja— wenn das ſo leicht wäre, Doktor. Ich muß ge⸗ ſtehen, mir iſt die Geſchichte reichlich rätſelhaft. Jeden⸗ falls möchte ich Sie bitten, mich ſtets auf dem Laufenden zu halten, Herr Doktor. Ihre Worte haben mich immerhin ſoweit beruhigt, daß ich nicht für Viktors Leben zu fürch⸗ ten brauche.“ „Ganz beſtimmt nicht. Ich behalte ihn in ſorgſamer Beobachtung. And die Krankenſchweſter iſt unbedingt zu⸗ verläſſig.“ Es wurde noch über die finanzielle Seite der Behand⸗ lung kurz geſprochen, dann verabſchiedete ſich der Arzt, den Baron in gedankenvoller Stimmung zurücklaſſend. Die Worte des Arztes hatten ihn ſonderbar und tief berührt. Danach ſchien es feſtzuſtehen— in der Tat!— daß irgendein geheimnisvoller, ſeeliſcher Vorgang Viktor; Krankheit verurſacht hatte. Eine— Eva finden! Ja— wo? Verena ſollte es alſo nicht ſein! Irgend etwas Fremdes in ihm bewog ihn, der Gräfin und ihrer Tochter gegenüber über den Inhalt ſeines Ge⸗ 1 8 mit dem Arzt zu ſchweigen. Er blieb etwas wort⸗ arg. Am zweiten Tage ſeines Dortſeins— der Zuſtand Vik tors war unverändert geblieben, obwohl er ſeinen Vater in einigen wachen Augenblicken erkannt hatte— reiſte er ab. Den Damen drückte er noch einmal ſeinen Dank aus, ohne ſich über die Gegenſätzlichkeit zwiſchen den ärztlichen Eröffnungen und dem Inhalt des gräflichen Schreibens zu äußern. „Es iſt mir natürlich lieb, Frau Gräfin, Sie und Grä⸗ fin Verena in der Nähe Viktors zu wiſſen. Ich ſelbſt bin ja leider geſchäftlich verhindert, noch länger hierzubleiben, ich kann ja auch nichts weiter hier tun und muß dem Arzt und dem Schickſal vertrauen. Selbſtverſtändlich kann ich Ihnen nicht zumuten, ſich noch wochenlang dem Patienten zu widmen—“ „Aber Herr Baron— das iſt doch natürlich Pflicht,“ ſagte die Gräfin betont.„Wir werden ſelbſtverſtändlich bleiben, ſolange Viktor noch nicht die Kriſe überwunden hat. Verena iſt doch ſeine Braut—“ Der Baron dachte erſt jetzt wieder daran. „Ja ſo—,“ ſagte er,„gewiß. Ich komme tief in Ihre Schuld, Frau Gräfin.“ „Verena tut nur, wozu ihre Liebe ſie zwingt, Hert Baron. Solche Pflichten fordern keine Dankbarkeit.“ Er antwortete nichts darauf. Er dachte nur verwun⸗ dert: Ja, was tut Verena denn? Sie darf nicht einmal ans Krankenbett. And ſie iſt ſo ſorgfältig wie immer ge⸗ pudert. Es fiel ihm auf.— Gebrauchte Flaſchen und Fläſchchen im Haushalt In jedem Haushalt ſammeln ſich mit der Zeit mehr oder weniger größere und kleinere Flaſchen an, die der Hausfrau namentlich beim Großreinemachen ſtets wieder in die Hände fallen. Zum Wegwerfen ſind die Flaſchen zu ſchade und man hat ſie ja irgendwie auch einmal be⸗ zahlen müſſen. Gewöhnlich ſehen ſolche Flaſchen nicht ge⸗ rade ermunternd aus, denn mit der Zeit hat ſich der Staub auf ihnen niedergelaſſen, und da ſie meiſtens keinen Korken mehr tragen, ſo ſind ſie auch innen verſtaubt. Oft weiß gerade bei Flaſchen die Hausfrau auch nicht, wie ſie ſie ſäubern ſoll, denn es iſt ſchließlich nicht alles mit Waſſer auszuſpülen. So werden die größeren und kleineren Flaſchen nicht ſelten mit dem guten Vorſatz der ſpäteren Reinigung beiſeite geſtellt bis man ſie eines Tages doch einmal ſortiert und ſäubert. Am beſten nimmt man dieſe Arbeit nach der großen Wäſche vor, weil man die dann vorhandene Seifenlauge noch gut dazu benutzen kann. Man darf aber nicht alle Flaſchen und Fläſchchen wahllos mit Seifenlauge reinigen, ſondern man muß zuerſt ſor⸗ tieren. Zunächſt werden alle Flaſchen, in denen ſtark rie⸗ chende und übelriechende Subſtanzen enthalten waren, bei⸗ eite geſtellt, denn ſie dürfen nicht mit den anderen zu⸗ ſammen gereinigt werden. Man prüft die Flaſchen ein⸗ eln, ob ſich eine Reinigung lohnt. Stark riechende lüſſigkeiten haften nach der Entleerung der Flaſchen doch dem Glas noch an und es lohnt manchmal nicht die Mühe der Reiniauna. f Die übrigen Flaſchen muß man ſich dann noch etwas genauer anſehen, und diejenigen herausſortieren in denen Oele oder ölhaltige Flüſſigkejten enthalten waren. Dieſe Oelreſte ſind gewöhnlich recht hartnäckig, ſie verſchwinden aber vollſtändig, wenn man in jede Flaſche etwas Seifen⸗ pulver füllt, ſie dann voll Waſſer laufen läßt und in einem Keſſel in Waſſer ſtehend kocht. In den Keſſel muß man ſoviel Waſſer geben, daß die Flaſchen genau bis an die obere Halskante bedeckt ſind. Wenn man dann den Keſſel bis zum Kochen des Waſſers erhitzt, löſen ſich alle Fett⸗ ſpuren und ſprudeln mit dem entſtehenden Seifenſchaum aus den Flaſchenhälſen heraus. Man braucht die Flaſchen dann nur noch in klarem Waſſer nachzuſpülen. Alle anderen 8 1 legt man in Seifenlauge, läßt ſie ein paar Stunden weichen und kann ſie dann leicht blank ſpülen. Zeigt ſich in einzelnen Flaſchen irgend ein Anſatz, ſo ſchwenkt man ſie mit etwas zerdrückter Eierſchale oder auch mit e In Ausnahmefällen ge⸗ nügt ein kurzes Ausſpülen mit ein wenig Salzſäure. Alle gereinigten Flaſchen ſpüle man gut mit klarem Waſſer nach und laſſe ſie dann austropfen. Hiernach kann man die Flaſchen wieder für die verſchiedenſten Zwecke in Gebrauch nehmen g. Zimmerlüften an heißen Tagen Man iſt vielfach der Meinung, daß man bei hochſon⸗ merlicher Wärme die Fenſter Tag und Nacht offen halten muß, um erfriſchende Luft in den Räumen zu haben. Dieſe Annahme iſt unrichtig, weil die in den Tagesſtunden ein⸗ dringende Wärme in den Räumen haftet und nur durch Gegenzug in den Nachtſtunden wieder beſeitigt werden könnte. In der Nacht kann man aber in den Räumen meiſtens keinen Durchzug herſtellen. Man muß alſo morgens recht frühzeitig die Fenſter ſchließen und tags⸗ über geſchloſſen halten. Abends nach Sonnenuntergang werden alle Fenſter weit geöffnet, damit die kühle Nacht luft ungehindert eindringt Man hänge außerdem in jedem Zimmer tagsüber angefeuchtete Tücher zum Trocknen auf und wiſche den Fußboden täglich mit kaltem Waſſer. So hat man Tag und Nacht angenehm kühle Luft in den Räumen, die erfriſchend wirkt.. die ſelbſtgebaule Kothkiſte Beſonders gut eignen ſich dazu die alten, braven Holzhutſchachteln, wie ſie vor zwanzig Jahren üblich wa⸗ ren. Aber auch andere feſte und gut verſchließbare Holz⸗ kiſten gewünſchter Größe können verwendet werden. Die Kiſte ſtopft man mit Heu und Holzw. gut und feſt aus und ſchneidet aus Filz die drei erforderlichen Teile: Boden in Größe des Topfes, der in der Kiſte Au, nahme finden ſoll. Seitenſtreifen in Höhe des Topfes und Rand in der Breite des Abſtandes von Topfloch und Kiſtenrand. Dann näht man überwendlich Boden u Seitenwand ſowie den Innenrand der oberen Auflage zu⸗ ſammen, ſchafft durch Eindrücken des Topfes in die Fül⸗ lung in der Mitte eine Höhlung, genau paſſend für den Topf, und nagelt mit Stiften den Filzeinſatz am Rand feſt. Ein flaches Heukiſſen aus gleichem Material wird übergedeckt, bevor der Deckel, feſtſchließend aufgelegt, mit einem Schnappſchloß feſtgezogen oder einem Riemen über⸗ ſchnürt wird. Alles in allem eine kleine Mühe, gemeſſen an dem Nutzen, den eine ſolche primitive Kochkiſte der Hausfrau bringt. Bei einer viereckigen Kiſte verfährt man genau ſo, nur wird dann der obere Rand viereckig ſtatt rund geſchnitten. 3 . r en Atte E e eee Von dem Tage an, an dem der Bauer das Samenkorn im den Acker legt, gehören ſeine Gedanken der zukünftigen Ernte. Er weiß, daß er das Land umſonſt bebaut, wenn Gott nicht ſeine Arbeit ſegnet. Ein Hagelſchlag, ein Sturm kann alles vernichten, was der Landmann in müh⸗ ſamer Arbeit geſchaffen hat. Dürre kann kommen und die Erde unfruchtbar machen. Deshalb gilt ſein erſter Blick dem Himmel. Er lächelt den erſten grünen Halmen zu, die aus der braunen Erde ſteigen— und das Herz wird ihm weit, wenn an heißen Sommertagen die ſchwere Frucht leiſe im Wind ſchwankt und das Lied des Reifens und der Sonne ſingt. Wen die Erntezeit herankommt, dann ſind auch des Städters ſorgende Gedanken und ſeine Hoffnungen drau⸗ ßen auf dem Land, und auch er blickt zum Himmel empor, ob er Sonnenſchein und Regen ſo verteilt, daß die Ernte reich wird Nꝛot! Die blauen Glockenblumen neigen ſich im Sommer⸗ wind. Sie klingen zuſammen zu einem leiſen ſummenden Lied. Die Luft iſt heiß und ganz erfüllt von Sonne, die ſich wie flirrendes Gold über die Dinge legt. Die roten Mohnblumen leuchten im Aehrenfeld in feſtlichem Beken⸗ nen: Segen der Erde— immer wieder von neuem ein Geſchenk des Himmels für die Menſchen! Die ſchwere Aehrenfrucht ſchimmert in goldenem Glanz. Schmetter⸗ linge und Bienen taumeln und tanzen durch die blaue Luft, berauſcht vom reichen Blühen. Aus den ſchmalen Gräſern lacht das Zirpen der Grillen. Vögel locken und jubilieren. Die ganze Erde iſt lebendig geworden und ſingt des Sommers Lied. Des heiligen Sommers Lied, der dem geſegneten Leib der Erde die Erfüllung gibt. Im letzten vollerblühten Werden und Reifen wartet die Flur. Im Frühling, als ihre braunen Schollen vom erſten warmen Sonnenſtrahl berührt wurden— ſcheu wie von eines Kindes zärtlich taſtenden Händen— erfuhr ſie ihre Beſtimmung. Zwiſchen Regen und Sonnenſchein— Wind, Wehen und Sturm trug ſie wie die junge Mutter ihres Daſeins Verheißung in ihrem Schoß. Und vom Frühling in den Sommer hinein ſtrömte von ihrem Wachſen und Blühen in nie ſich erſchöpfenden Quellen Kraft, Glauben und des Schöpfers heilige Liebe zu den Menſchen hin. In unermüdlicher Arbeit und in unermüdlichem Hoffen ſchritten viele Füße über die Erde. Sie hörte das Klopfen von vielen Herzen an ihren braunen Leib ſchlagen, wenn Männer und Frauen, ausruhend von der Arbeit auf ihr niederſanken. 5 Kinder laufen mit den Erntewagen mit. Die Flur hat den Schweiß ihrer Väter getrunken, die mit krummen Rücken und mit immer reger Kraft die Schollen aufriſſen und den Samen hineinlegten, damit ſie Ernteſegen brachte. Die vollen Aehren neigen ſich über das heiße Ge⸗ ſichtchen eines Knaben, der auf dem Erntewagen ein⸗ ſchlief. Sein Köpfchen ſank ſchlaftrunken nieder. Die Hände halten ein Stück Brot. Der Mund iſt geöffnet und lächelt zwiſchen Wachen und Traum. Kleine Zähne ſchim⸗ mern wie weiße Blüten hinter den roten Lippen. Glück⸗ lich, ſatt und ſorglos ſchläft der blonde Knabe zwiſchen den Aehren von ſeines Vaters Feld. Er war zu müde, um das Brot in ſeiner Hand zu eſſen, aber das Verlangen danach blieb ihm im Traum, und leiſe, begehrlich flüſtert ſein Mund: „Brot! Mein Brot!“ Da rauſchte es in den Aehren auf in einer großen Verheißung: 5 „Brot! Brot!“—— Eine alte Bäuerin ſteht am Erntewagen. Ihre Hände prüfen den Körnerreichtum der Aehren, und ihre Augen leuchten. Wie mager iſt der Boden hier einmal geweſen! Wie hat ihr Sohn mit dieſem Lande ringen müſſen! 5 Da ſieht ſie den ſchlafenden Knaben, und Rührung verklärt ihr hartes Bauerngeſicht. Vorſichtigt nimmt die alte Frau das Stückchen Brot aus des Knaben Hand. Dann greift ſie in die Aehren, und es ſteigt in ihr auf wie eine neue Kraft— ein junges Hoffen. Durch ihr Herz geht ein inbrünſtiges Beten: 0 „Geſegnet ſei die Flur! Und gnädig ſei ihr der Him⸗ mel mit Regen, Sonnenſchein und Wind, bis auch der letzte Segen heimgebracht iſt!“——— Verein Der junge Bauer fährt den vollen Erntewagen in den Hof. Es iſt das erſtemal, daß die Bäuerin nicht neben ihm ſitzt. Aber das Kind, das nun doch noch zu ihnen kommen wird, hielt ſie im Haus. Aber ſie ſteht in feſtlicher Tracht vor dem Haus, und ihre Augen blicken ihn glücklich an. Ein heißes Danken macht dieſe Augen einen Augenblick dunkel, als ob Tränen dahinter ſtehen, dann ſind ſie wieder hell und klar und umfaſſen unverzagi und ſtark ihr Glück. Der Segen der Scholle Aufnahme: Mauritius— M. Die Frau iſt hoch gewachſen. Kraftvoll und ſchön wie die Erde ſelbſt ſteht ſie zwiſchen den Garben, die in die Scheune gebracht werden. Ihre Haare leuchten in dem⸗ ſelben Gelb, vom Glanz der Sonne wie zu einem Feſt geſchmückt. Sie faltet die Hände. Der Mann legt eine körnerſchwere Aehre wie ein Ge⸗ ſchenk in ihre arbeitsharte Hand. Eine Hand, die ſich nur ſelten eine Feierſtunde gönnt, und der er den Wohl- ſtand ſeines Hofes dankt. Nie müde ſind dieſe Hände, ſo⸗ lange eine Arbeit wartet, und ihr kurzes Ausruhen iſt immer nur ein neues Kräfteholen. Das Glück macht dem Bauern das Herz weit, als die Frau mit ihrem ſchwer gewordenen Gang in das Haus geht und die kleine goldene Aehre wie ein köſtliches Gut behutſam mitnimmt. Er blickt in die Zukunft, die voll Segen für ihn iſt. Er hat nicht umſonſt die Erde bebaut, die ſein Beſitz iſt. Noch ehe die letzte Ernte heimgebracht iſt, wird er der Vater eines kommenden Geſchlechtes ſein, das einmal gleich ihm dieſem Boden den Segen abringt. Die ulieꝛle itte Die kleine Dorfkirche iſt zum Erntefeſt geſchmückt. Lie⸗ der klingen aus den Häuſern und vom Feld. Die Ernte iſt gut, das macht alle Herzen froh. Nur die kleine Anke iſt traurig. Die Mutter iſt ſchon lange krank. Der Vater iſt ſo lange tot, daß ſie ſich nicht mehr an ihn erinnern kann. Nur aus den Worten der Mutter kommt noch manch⸗ mal ſein Geſicht auf ſie zu. Wenn Vater noch lebte, würden ſie beſtimmt etwas zu eſſen haben, und die Speiſekammer wäre nicht ſo leer. Mit blaſſem Geſicht liegt die Mutter im dämmernden Halbſchlaf im Bett und merkt nicht, als Anke leiſe aufſteht und hinausgeht. Als Anke auf der ſonnenbeſchienenen Landſtraße ſteht, kommt ſie ſich ſehr verlaſſen vor, denn das ganze Dorf iſt draußen auf dem Feld, um die Ernte heimzuholen. Nur die Alten ſitzen auf der Bank vor dem Haus und erzählen ſich von der alten Zeit. Anke geht einem Mann nach, der Blumen und grüne Zweige in die Kirche bringt, um ſie zu ſchmücken. Als ſie ihm eine Weile zugeſehen hat, kommt in der Stille der Kirche das feierliche Bewußtſein über ſie, daß ſie in Gottes Haus iſt. Die Not zu Hauſe fällt ihr ein und die Sorge um die kranke Mutter, die morgen nichts mehr zu eſſen haben wird. Das Kind kniet in feierlichem Ernſt unter den Roſen nieder. Flehend hebt es die mageren Aermchen und faltet die Hände: „Unſer täglich Brot gib uns heute!“ Wie die Mutter, wenn ſie in ihrer Not betet, ſo ſtößt Anke die Worte in ängſtlichem, abgeriſſenem Flüſtern her⸗ vor, in dem die Verzweiflung liegt, die das Ende ſorgen⸗ voller Tage und durchweinter Nächte iſt. Der Mann hört die Worte— verſteckt hinter dem Grün der Bäume, die er aufſtellt. Er biegt die Zweige auseinander und ſieht das Kind. Ihn rührt das traurige Geſichtchen. Die Roſen— das betende Kind vor dem Altar! Eine ſeltſame Weichheit kommt in des Mannes Herz. In der Taſche hat er ſein Frühſtück und einige gute Dinge, die er eben kaufte und mit nach Hauſe nehmen wollte. Aber hier ſieht er die größere Not. Von ihrer Unerbittlichkeit niedergebrochen, liegt ein Kind vor Gottes Altar und begreift einer Bitte Lebensſinn: „Unſer täglich Brot gib uns heute!“ Der Mann biegt die grünen Zweige noch weiter aus⸗ einander und legt den Inhalt ſeiner Taſchen neben das Kind. Anle blickt auf, denn ſie hörte das Regen der Blätter, aber ſie ſieht den Mann nicht mehr. Sie ſieht nur die Gaben zu ihren Füßen, und in der Inbrunſt ihres Glaubens drückt ſie das Brot ans Herz. Mit einem jubelnden Ruf der Freude läuft ſie aus der Kirche. In der kleinen Stube gibt das Kind der Mutter die Gaben Gottes in die müden Hände und erzählt von dem Wunder unter den Roſen in der Kirche. Die kranke Frau küßt das heiße Geſicht und die glücklichen Augen. Ein begreifendes Lächeln geht um ihren leidvollen Mund. Wie nahe kommt eines Kindes Herz der Wahrheit alles Ge⸗ ſchehens! Jede gütige Tat eines Menſchen iſt ein Ge⸗ danke Gottes auf Erden. Die Frau faltet die Hände in ſtillem Danken: „Unſer täglich Brot gabſt du heute!“ Peters en mild III Das iſt eine ganz verteufelte Geſchichte, die mit dem Hut. Es iſt eigentlich gar nicht viel zu erzählen, nur eben das mit dem Hut. Aber die Menſchen ſind einmal ſo, daß ſie aus nichts die größten Geſchichten machen, ſich aufregen, aufhetzen, befeinden, kämpfen— um was denn groß? In dieſem Falle um einen Hut. Und gar keinen beſonderen, um einen einfachen, abgetragenen, breitrandigen Plüſchhut. Es fing ganz harmlos an. Peterſen hieß der Mann, der die neue Siedlung gepachtet hatte. Mehr wußte zuerſt keiner. Nur daß Peterſen weither kam, daß er ein durch⸗ aus zuverläſſiger Pächter war und ein beſcheidener, ſtil⸗ ler Mann nebenbei. Aber er hatte einen Fehler, das ſprach ſich in den erſten Tagen herum, und dieſer Fehler war— ſein Hut. Was fiel dem Kerl ein? Hier, wo jeder, ſolange man denken konnte, ſeine ehrliche Mütze auf dem Kopf trug, wollte nun fortan einer herumlaufen mit ſolchem Hut? War ihm etwa eine Mütze nicht fein genug? Wollte er höher hinaus als die anderen? Denn, wenn ihm ihre Mützen nicht fein genug waren, ſah er ſie ſelbſt auch nur über die Achſel an. Nein, das mit Peterſen und dem Hut mißfiel ihnen! Zuerſt begehrte Bauer Recknagel dagegen auf.„So und ſo iſt das“, murrte er“, und wir ſind genau ſo gut wie er, und er ſoll ſich bloß nichts ein⸗ bilden von wegen Hut und Prahle⸗ rei.“„Das gibt ſich“, meinte Kö⸗ nig,„und mal wird der Hut ja auch zu Ende ſein.“ Aber das war wenig ver⸗ ſöhnend und kein Abſchluß dieſer Angelegenheit. Sie fingen an, ihm böſe Blicke nachzuwerfen, wenn er vorbei⸗ ging, ſie begrüß⸗ ten ihn nicht, wie ſich untereinander, ſie nickten nur wür⸗ 8 8 Was ihm die Feindſchaft eines ganzen Dorfes eingetragen hatte, wußte er nicht. dig und griffen nicht an die Mützen, denn die Freude ſollte er nicht haben, daß er ſeinen breitrandigen Hut vor ihnen ſchwenken konnte und ſie nur ihre Mützen! Bald taten es Blicke allein nicht mehr, aus den böſen Blicken wurden böſe Worte. Peterſen ſah ſie verwundert an, grüßte höflich und ging ſeines Weges. Was ihm die Feindſchaft eines gan⸗ zen Dorfes zugezogen hatte, wußte er nicht. Er zwiſchen ihnen herum. von einem Baunkreis umg den er nicht durchbrechen konnte, er ging und trug ſe Hut. Regen fiel darauf nieder, Wind wehte ihn ter Sonne beränderte ihn, mit den Wochen wurde er unan⸗ ſehnlich und ſchäbig, aber Peterſen legte ihn nicht ab. Er ahnte ja nicht, daß dieſer Hut an aller Undill ſchuld hatte. Bis es ihm der Pfarrer eines Tages zu verſteben gab:„Der Hut iſt es, Peterſen, der Hut“. Da riß der Bauer die Augen auf. Wieſo? Hut? Er hing an dieſem Hut, es war ein tenrer Hut geweſen, warum ſollte er den nicht tragen? Nur, weil die anderen Mützen hatten? Teufel! Er wußte, was er tat und was er verantworten konnte. Da ſollte ihm keiner hinein⸗ reden! „Es iſt ja nicht nur der Hut, Peterſen“, warf der Pfarrer ein.„Es iſt vielmehr die Idee—“ „Ach ſo“ ſagte Peterſen.„Jawohl. Die Idee alſo.“ Aber er verſtand es nicht. Wie konnte dabei eine Idee ſein, wenn einer einen Hut auf dem Schädel trug? So ging es eine Weile weiter. Ernte reifte heran, Ernte wurde geborgen, über die Felder ſtrich ein harter Herbſtwind. Der Hut war grau und filzig geworden, aber die Feindſchaft ſchlief nicht ein. Dann geſchah es eines Tages, daß ein Feldſtein ihn traf, als er an einem Häuflein ſpielender Kinder vorbei⸗ ging. Er ſah ſich nicht einmal um nach ihnen. Er lächelte traurig und ſchritt nicht ſchneller aus. Es iſt ja nur um die Idee, ſagte er ſich wie lönnen Kinder es beſſer wiſſen als Erwachſene? Aber es wurde ärger und ärger von Tag zu Tag. Kaum konnte er ſich noch auf der Dorfſtraße ſehen laſſeu. Es geht ſo nicht weiter, dachte er verzweifelt, dieſe ver⸗ dammte„Idee“ wird mich und uns alle noch ins Unglück bringen! Es war aber noch einer im Dorf, der ebenſo dachte. Das war der Pfarrer. Es war ein freundlicher, behäbi⸗ ger Herr, der ſich gern gelegentlich ein Späßchen gönnte. „Ihr müßt das ganz anders machen“, lachte er die Bauern aus.„Warum murrt ihr und befeindet Peterſen, anſtatt, ihn von dieſem Hut zu kurieren? Wenn ihr meint, daß er durch ſeinen Hut mehr gelten will als ihr, ei, warum lauft ihr nicht in die Stadt und ſchafft euch auch ſolche Hüte an? Iſt das nicht viel einfacher und angenehmer als dieſer Kleinkrieg?“ Da ſahen ſie ſich an und ſchwiegen eine Weile, und als dieſe Weile um war, wurden ſie ungemein heiter und zufrieden. Das war ein guter Gedanke! Ja, der Herr Pfarrer— alle Achtung! Sie rückten enger beim Bier zuſammen und wiſperten und flüſterten und vergaßen allen Groll um dieſes köſtlichen Spaßes willen, der nun bevorſtand. So fuhr denn einer von ihnen in die Stadt und be⸗ ſtellte zur Verwunderung des Hutmachers gleich dutzend⸗ weiſe breitrandige graugrüne Plüſchhüte, die eine tüchtige Summe koſteten. Alle Knechte, Knaben, Greiſe eingerech⸗ net, rund 36 breitrandige Plüſchhüte, grüngrau mit ſchwarzem Band. Es war eine ganze Fuhre. Nun ging es die nächſten Tage geheimnisvoll von Haus zu Haus, von Tür zu Tür, von Zaun zu Zaun. Viel Lachen dabei, viel Spott, viele Erwartung vor allen Dingen. Am Markttag, wenn am Abend Gemeindebe⸗ a, l, ö. Mitten im Saal, an ſeinem einſamen Tiſch: Peterſen, eine neue Mütze auf dem Kopf. Zeichnungen(2): Grunwald— M. ſprechung war, wollten ſie alle mit ihrem neuen Prunk erſcheinen. Und dann ſollte Peterſen Augen machen! Dann war das Ueber⸗die⸗Achſelſehen an ihnen! Der Tag kam heran, der Abend war da. Es war ein ſonderbarer Zug, der ſich geheimnisvoll zum Dorfkrug wälzte. Wie ein Spuk ſah es aus, dieſe lange Reihe breit⸗ randiger, graugrüner Hüte, ein wandelnder Pilzwald im nächtlichen Dunkel. Vor der Tür mußten ſie erſt einen Augenblick ver⸗ ſchnaufen. Sie mußten erſt Herr werden über die ge⸗ ſpannte Erregung dieſer grenzenloſen Vorfreude. Alle auf einmal wollten ſie in die Tür drängen— hervor⸗ brechen— die Hüte ſchwenken, und dann, Peterſen, ja dann— „Tür auf“—„Ich!“—„Nein, ich!“—„Ich, ich“, Alle Augen voran— groß und leer und hell der Saal— und mitten im Saal an ſeinem einſamen Tiſch: Peterſen, eine neue Mütze auf dem Kopf! Er ſah ſich langſam um, ſtaunte nicht einmal, er nahm nur beſcheiden ſeine Mütze zum Gruß und ſagte: Guten Abend! 2 2 Aleatedtes Skizze von K. R. Neubert. Doktor Heinze hatte ſich vor ungefähr acht Jahren in Pleſſenberg niedergelaſſen und erfreute ſich unter den Bauern der Gegend eines guten Rufes, dennoch gab es nicht übermäßig für ihn zu tun. Als an dieſem Abend das Telephon in ſeiner Wohnung klingelte, war er gerade mit ſeinen Briefmarken beſchäftigt. Der Anruf verwan⸗ delte ihn raſch. In kurzer Zeit ſaß er in ſeinem kleinen Wagen. Kurz vor ſeinem Ziel aber hatte der Arzt eine Panne. Wenn nicht zufällig ein Wagen kam und ihn mitnahm, mußte er ins Dorf laufen. ſtens eine halbe Stunde dauern. Er mußte ſein Auto Hier ſtehenlaſſen. Eine tiefe Stille lag über dem Land. Fern blinkten ein paar Lichter auf. Ein Hund bellte von einem einſamen Gehöft. Aber jetzt kam Motorengeräuſch näher. Ein Auto tauchte aus der Richtung auf, von der auch der Arzt gekommen war. Er winkte, neben ſeinem Wagen ſtehend. Das Auto hielt an. Als der Arzt heran⸗ trat, blickte er in ein etwas erſchrockenes Frauenantlitz. „Verzeihung!“, ſagte er beruhigend,„ich bin Arzt und habe hier eine Panne mit meinem Wagen. Man erwartet mich dort im Dorf. Würden Sie mich, bitte, das kleine Stück mitnehmen?“ Die Dame ſah ihn und auch das Auto prüfend an, ſie ſchien etwas Furcht zu haben, und wie ſie nun:„So, Sie ſind Arzt?“ vor ſich hinflüſterte, ſchien ſie gegen dieſe Furcht zu kämpfen. Dann hatte ſie geſiegt und ſagte: „Steigen Sie ein!“ Sie ſprachen den ganzen Weg nicht, und es war für die Dame ein unheimliches Gefühl, einen fremden Mann hinter ſich zu wiſſen, der auf einer dunklen Chauſſee zu ihr ins Auto geſtiegen war. Sie atmete auf, als die erſten Häuſer des Dorfes in Sicht kamen. Sie fuhr lang⸗ ſamer. Er ſagte, um ihr nicht länger zur Laſt zu fallen: „Nun iſt es ja nicht mehr weit. Ich danke Ihnen ſehr.“ Er hatte aber unwillkürlich in einem Ton geſprochen, der eine gewiſſe Geringſchätzung oder Verärgerung ver⸗ riet, und ſie empfand es betroffen. „Nein, nein!“ ſagte ſie,„ich will Sie noch bis hin bringen. Sagen Sie mir nur, wo das Gehöft liegt!“ Seine Stimme klang viel freundlicher, als er ihr den Weg beſchrieb. Das Gehöft lag etwas außerhalb des Dorſes, am Rande des Waldes, der Wagen holperte über einen Feldweg, und jetzt fing es auch leiſe zu regnen an. „Es tut mir leid!“, begann da der Mann hinter ihr,„daß ich gerade einer Dame dieſe Hilfeleiſtung zumuten mußte!“ „Aber als Arzt konnten Sie doch nicht anders!“ er⸗ widerte ſie, obwohl ſie eigentlich erneut Furcht bekam, denn der Weg ſchien ihr unheimlich, und wo war denn das Gehöft 2 „Da!“, ſagte der Arzt, als hätte er ihre Gedanken erraten. Auf dem Hof ſchien das Motorengeräuſch gehört Das würde wenig⸗ worden zu ſein, jetzt flammte dort die Hoflampe auf, ein Mann trat aus dem Tor. „Nun, wie ſteht's, Kerber?“, rief der Arzt, während er aus dem Wagen ſtieg. „Sie ſind ja raſch gekommen, Herr Doktor“, ant⸗ wortete der Bauer,„aber jetzt iſt nichts mehr zu machen. Sie iſt tot!“ Sie gingen beide ins Haus, und der Arzt hatte in der Aufregung ganz vergeſſen, ſich bei der Dame zu be⸗ danken und ſich von ihr zu ver⸗ abſchieden. Es lam ihr aber gar nicht zum Be⸗ wußtſein, ſie hörte nur immer noch des Bauern monotone Stim⸗ me:„Sie iſt tot!“ Sie ſaß eine Weile wie er⸗ ſtarrt am Steuer. Ganz mechaniſch ſetzte ſie dann den Wagen wie⸗ der in Gang. Sie war noch nicht auf den Haupt⸗ weg gekommen, als ſie ſich fragte, wie der Arzt nun eigentlich nach Hauſe kommen würde. Vielleicht ſtellte ihm der. 5 Bauer ein Ge⸗ ,..— ſpann? Der Re⸗ s e gen hatte ſich ver⸗ Zeichnung: Grunwald— M. ſtärkt. Sie mußte Als der Arzt herantrat, blickte er an den verlaſſe⸗ in ein etwas erſchrockenes Frauen⸗ nen Wagen des antlitz. Arztes denken. Zwanzig Minuten wartete ſie vor dem Gehöft, bis der Arzt herauskam. Er war erſtaunt und faſt erſchrocken, ſte noch hier zu ſehen. „Sie hatten vergeſſen, ſich von mir zu verabſchieden!“ ſagte ſie.„Da mußte ich eben warten!“ „Ich bin untröſtlich!“ antwortete er. „Und wie ſteht es drinnen?“ fragte ſie leiſe. Der Arzt zuckte die Schultern.„Der Bauer iſt ſelber ſchuld. Hätte mich früher rufen ſollen, aber den Doktor rufen ſie hier nur, wenn keine Hoffnung mehr beſteht. Und dann verlangen ſie ein Wunder von unſereinem. Eine tote Kuh kann ich leider nicht lebendig machen.“ „Eine tote Kuh?“ „Was dachten Sie?“ „Gott ſei Dankl“ ſeufzte ste erleichtert. „Ach ſo! Ich vergaß in der Eile: ich bin Tierarzt, Und Sie glaubten natürlich...“ „Ein Menſch wäre geſtorben!“ Sie lachte jetzt ganz froh. „Wollen Sie nicht einſteigen?“ fragte ſie. „Sie ſind ſehr gütig“, ſagte er, freundlich ablehnend, „aber ich kann es nicht annehmen, ich habe Sie ſchon ſo lange aufgehalten, es wäre ungezogen von mir. Wenn Sie immerhin ſo freundlich ſein wollten, mich bis zum Gaſt⸗ haus im Dorf zu bringen, von dort kann ich telepho⸗ nieren.“ „Bitte!“ lächelte ſie, wohl etwas verblüfft, und ſie wußte nicht, ob ſie ſich über ſeine Zurückweiſung ärgern oder über ſeine Rückſichtnahme freuen ſollte. Sie ließ den Wagen davonſchießen. Er ſaß jetzt neben ihr und blickte ſie oft verſtohlen von der Seite an.„Kam Ihnen dieſe Unterbrechung ſehr ungelegen?“ fragte er. „Sie meinen wohl, weil ich im Anfang nicht ſehr be⸗ geiſtert von der Idee war, Sie mitnehmen zu ſollen?“ „Sie hatten immerhin etwas Furcht. Oder wenig⸗ ſtens Mißtrauen! Fahren Sie nicht öfter des Nachts?“ „Doch, aber ich habe nachts noch nie einen Fremden von der Landſtraße mitgenommen“ lächelte ſie.„Wenn Sie nicht Arzt geweſen wären...“ „Tierarzt!“ lächelte er nun auch.„Aber vielleicht wären Sie allein weitergefahren, wenn Sie gewußt hät⸗ ten, daß ich nicht zu einer kranken Bauersfrau, ſondern nur zu einer kranken Kuh wollte?“ Leiſe Ironie war in ſeiner Frage. „Vielleicht!“ antwortete ſie etwas ſchroff, denn ſein Ton verfſtimmte ſie. Dann lachten ſie beide.„So iſt es nun im Leben!“ philoſophierte er. Sie hatten nun das Gaſthaus erreicht. Er ſtieg zögernd aus. Er wäre gern mit ihr weiter ſo durch die Nacht gefahren und hätte mit ihr von Dingen geſprochen, die bei ihm lange hatten ſchweigen müſſen. „Vielleicht trinken Sie hier ein Glas Tee mit mir?“ fragte er, aber ſie dankte. „Nun iſt mir die Weiterfahrt allerdings wichtiger!“ lächelte ſie.„Aber den Tee können Sie mal bei mir im Landhäuschen trinken, wenn Ihr Wagen wieder intakt iſt. Ich habe da auch einen Hund, einen Pudel, vielleicht braucht er mal einen Arzt.“ Sie reichte ihm die Hand, während ſie lachte. Er blieb noch neben dem Wagen ſtehen. „die Adreſſe!“ dachte er. Aber ſie fuhr ab, ohne ſie ihm gegeben zu haben. Vielleicht hatte ſie es vergeſſen, oder die Einladung war Scherz geweſen. Er ſtand da und glaubte, noch ihren Duft zu ſpüren. Ein fremder, verwirrender Duft. Ihm fiel plötzlich ſeine Frau ein. Er mußte lächeln. Seine Frau duftete höchſtens nach friſcher Wäſche, nicht nach fremden Parfüms. Wie er ſich nun umwandte und in das Gaſthaus ging, um zu telephonieren, ſpürte er Sehnſucht nach dieſem Duft friſcher Wäſche, und als er die Stimme ſeiner Frau am Telephon hörte, war es ihm, als könnte er dieſen Duft einatmen. „Ich hatte ein kleines Abenteuer!“ ſagte er. — 85 5 ä——— 1 FF ̃ ˙ UE r Copyright by Carl Duncker Verlag, Berlin Wö62. 4. Fortſetzung.) Das letzte Kapitel ſchloß: Am nächſten Morgen ſtand man ſehr früh auf, denn es ſollte beizeiten gelandet werden. Ellen hatte ſchnell und un⸗ geduldig ihre Sachen zuſammengepackt und war an Deck ge⸗ zilt, um den erſten Anblick der Küſte Afrikas nicht zu ver⸗ fäumen. Sie hatte die Scheu und Angſt, die ihr die verhüll⸗ ten Warnungen ihres Freundes Tom Grant geſtern wach⸗ gerufen hatten, vergeſſen und gab ſich ganz dem Genuſſe des Gedankens hin, nun bald das geheimnisvolle Land zu be⸗ treten. So ſtand ſie oben an der Reling und ſah aus dem Morgennebel das Land wachſen, das wunderbare Land der Kleopatra, das ſie nun ſelbſt betreten ſollte. Sie ſtand dort und trank alles ein, was ſich langſam aus dem rötlichen Dunſt löſte, was ſeltſam und unglaublich fremde Geſtalten aunahm und ſich als eine Stadt mit flachen Dächern er⸗ zennen ließ, deren grelle Sonnenbeſtrahlung den Augen weh ut. Aber nun geſchah etwas Seltſames. Der Anblick der Kſehnten Fremde löſte nicht die Freude aus, die ſie er⸗ wartet hatte, ſondern plötzlich packte ſie eine ſeltſame läh⸗ deende Furcht. In dieſem Augenblick kamen Ellen unwillkürlich auch die Worte der Warnung vom geſtrigen Abend wieder in den Sinn, und ſie ſah ſich ängſtlich ſuchend nach der ohen Geſtalt ihres Freundes um. Er war nirgends zu entdecken, ſchade, ſein Anblick würde ihr das verlorene Gefühl der Sicherheit wiedergegeben haben. Starr richtete ſie die Blicke auf das ſonnenheiße Alexandria. Aber dieſe Augen ſahen dort nichts von der Sonne und dem harten Weiß der flachen Häuſer; ſie ſahen ein Gartenzimmer vom grünen Blätterſchatten durchtanzt, von Sonnenſtille durchatmet und ſahen einen Lehnſtuhl am Fenſter; in dem Lehnſtuhl ſaß eine ſehr zarte Frau und ſchaute hinaus in das Grün da draußen; eine müde Stimme ſagte leiſe:„Ja, ſehr ſchön, Elli, ſehr ſchön; aber wenn ich nur erſt wieder bei Heinz wäre!“ und eine ganz unirdiſche bleiche Hand ſtreichelte zärtlich ihren Kopf, immer wieder, immer wieder. Ellen Sedlin wußte es nicht, daß ihr die Tränen über die Wangen liefen, während ſie ſtarr auf Alexandria blickte. Sie wußte nur, daß ſie ſich jetzt nach der Mutter ſehnte, die nun „wieder bei Heinz“ war, wieder bei ihrem geliebten Manne, und die Tochter einſam zurückgelaſſen hatte. War es wirklich Abenteuergeiſt, der ſie hier auf dieſe Schiffs⸗ planken geführt hatte? Nicht allein, es war auch der Wunſch, ſich ſelbſt davonzulaufen und der bohrenden Sehnſucht nach einer leiſen Stimme und einer liebkoſen⸗ den Hand zu entfliehen, immer zu entfliehen! In irgend⸗ ein neues Geſchehen hinein zu entfliehen, welches die Sehnſucht töten würde, dieſe immer leiſe bohrende Sehn⸗ ſucht, dieſe tiefſte, die es im Menſchen gibt: die nach der toten Mutter. Aus ihrer ganz weltvergeſſenen Verſunkenheit wurde Ellen herausgeriſſen durch die Stimme des Erſten Offi⸗ ziers. Er mußte ſchon eine Weile mit ihr geſprochen haben, ehe ſie ſich ſeiner Nähe bewußt wurde, denn er war mitten im Satz, als ſie ſeine Worte vernahm. „.. ſtelle Ihnen Miſter Williams vor, der gekommen iſt, Sie abzuholen, Miß Sedlin, und bitte, mich zu ent⸗ ſchuldigen. Damit war der vielbeſchäftigte Mann bereits wie⸗ der fort, und Ellen ſah vor ſich einen Herrn von un⸗ gewöhnlicher Eleganz ſtehen. Er war von Kopf bis zu Fuß in Weiß gekleidet, was ja hier nichts Ungewöhnliches war; doch ſeine Kleidung beſtand ausſchließlich aus ſchwe⸗ rer, weißer Seide, immerhin eine Abſonderlichkeit. Irgendwie wirkte ſeine Erſcheinung befremdlich. Dieſer Eindruck verſtärkte ſich noch, als ſie dem Manne ins Ge⸗ ſicht ſah; er konnte nicht in ihre Augen ſehen, ſondern blickte immer ein wenig zur Seite. Außerdem hatte er einen ganz eigentümlichen Mund, deſſen Ausdruck er offenbar beſtrebt war unter einem kleinen Schnurrbart zu verbergen. Dieſer Miſter Williams erweckte in Ellen ſo⸗ fort einen ſtarken Widerwillen, der noch weſentlich da⸗ 0 durch verſtärkt wurde, daß der Mann nach Parfüm duftete und die Hand, die er ihr Entgegenſtreckte, glänzend polierte rote Fingernägel hatte, mit höchſtem Widerſtreben legte Ellen ihre ſchmale, bräunliche Sporthand in die weiche, knochenloſe Williams' und ſah den Blick ſeiner farbloſen Augen rechts und links an ſich vorbeihuſchen. „Ich freue mich ſehr, Miß Sedlin, die Ehre zu haben, Sie im Namen von Muſtafa Hilmi Paſcha begrüßen zu dürfen. Nafis Bey hat Ihnen ſicher in London ge⸗ ſagt, daß ich Sie abholen würde. Wenn Sie den Dienern Ihr Gepäck überlaſſen wollen, ſo können wir gleich an Land gehen. Der Zug nach Kairo verläßt Alexandria in einer halben Stunde. Sind Sie bereit, Miß Sedlin? Oder haben Sie noch Vorbereitungen zu treffen?“ Ellen ſah hinter Williams drei Männer in dunkler Kleidung ſtehen; ſie ſtanden regungslos und waren offen⸗ bar die erwähnten Diener. Die Gruppe ſchien Ellen ſehr beunruhigend, ihrer Seltſamkeit wegen. Sie ſagte kurz und ſehr hochmütig, um nicht'ihre Furcht zu verraten: „Ich danke ſehr, Miſter Williams; ich habe noch einiges in meiner Kabine zu tun. Bitte, auf mich zu warten.“ 5 Ihrem Rücken machte Williams eine kleine Ver⸗ beugung und richtete ſich dann ſchnell auf, um der ſchlan⸗ ken, weißgekleideten Geſtalt nachzuſchauen. Jetzt ſahen ſeine Augen geradeaus, da ſie keinen Blick zu fürchten hat⸗ ten, und ſie umfaßten prüfend jede Bewegung der jungen elaſtiſchen Geſtalt des davoneilenden Mädchen. Ein eigen⸗ tümliches Lächeln huſchte um den Mund des Mannes, als Ellen unter Deck verſchwunden war. Er lehnte ſich wartend an die Reling, eine der wun⸗ derbaren Zigaretten des Landes rauchend, wozu ihm einer der neben ihm wartenden Diener das Feuer gab. Keiner von ihnen, weder der Herr noch die Diener, ſchenk⸗ ten der hohen Geſtalt eines Eingeborenen Beachtung, der, in einen grauen Burnus gehüllt, offenbar das Handgepäck ſeines Herrn vom Bord ſchaffte. Der Aegypter, anſchei⸗ nend ein Mann aus dem Sudan, hatte ein ſchmales, ſehr gebräuntes Geſicht, das jedoch zum Teil durch den herab⸗ fallenden Kopfteil des Burnus verdeckt wurde. Seine Augen ſahen mit einem ſchnellen Blick zu Williams und den Dienern, an denen er nahe vorbeikam. Mit lautloſen Schritten ging er auf das Fallreep zu und begann hinab⸗ zu ſchreiten. Auffällig war nur, daß der Zweite Offizier der zur Beaufſichtigung der Ausbootung auf der unteren Fallreep⸗Plattform aufgeſtellt war, ein kurzes, leiſes Wort mit dieſem Manne aus dem Sudan wechſelte, und dann ſelbſt einem Boot winkte, daß den Eingeborenen und ſein Gepäck aufnahm. Von dem Herrn, deſſen Gepäck der Aegypter trug, war nichts zu bemerken; er fuhr allein an Land und er⸗ reichte einen der wartenden Wagen, bevor Ellen Sedlin mit ihrer prächtigen Begleitmannſchaft ausgebootet wurde. Als ſie die„Conſtantine“ verließ, ſah ſie ſich ſuchend um, als vermiſſe ſie jemand. Aber den, den ſie zu ſehen hoffte, fand ihr ſuchender Blick nicht. Sie traute ſich je⸗ doch nicht, nach Tom Grant zu fragen, der ja auch bereits geſtern abend Abſchied von ihr genommen hatte. Schwei⸗ gend ließ ſich Ellen zu dem wartenden Wagen geleiten, dem ein zweiter mit den Dienern und dem Gepäck folgte; ſchweigend beſtieg ſie den Zug nach Kairo und hatte kaum einen Blick für das weiße, in der Sonne ſich dehnende Alexandria, in dem der Herrſcherpalaſt der Kleopatra ge⸗ ſtanden hatte. Denn Ellen Sedlins Reiſegefährte war die Furcht. 5. Kapitel Im Zuge war es glühend heiß. Die Fenſter und Vorhänge mußten des Staubes und der Sonnenglut wegen geſchloſſen bleiben, und Ellen Sedlin, das Kind des Nordens, meinte erſticken und vergehen zu müſſen. Williams hatte ſich rückſichtsvoll— oder vielleicht aus an⸗ derem Grunde— in ein Nebenabteil zurückgezogen, und 8 8 8 Zeichnung: Drewitz— M. Ellen ſah vor ſich einen Herrn von ungewöhnlicher Eleganz ſtehen. Seine Kleidung beſtand ausſchließlich aus ſchwerer, weißer Seide. Irgendwie wirkte ſeine Erſcheinung be⸗ fremdlich. die Dienerſchaft füllte mit dem Gepäck ein drittes. Der Schaffner verbeugte ſich vor der blonden Fremden, deren Abteil von den Dienern des Muſtafa Hilmi Paſcha beſtellt worden war, und unaufgefordert erſchienen in kurzen Abſtänden Stewards und brachten eisgekühlte Getränke. Ellen war bald ſo erſchöpft von der Hitze, daß ſie nicht bemerkte, mit welch ſcheuer Ehrfurcht ſie betrachtet wurde, und ſelbſt wenn es ihr aufgefallen wäre, würde ſie es wahrſcheinlich nur als eine Beſonderheit der Landes⸗ ſitte angeſehen haben. Sie fühlte ſich in dem kleinen ge⸗ polſterten Kaſten wie in einer Zelle und ſehr einſam; ihr einziger Troſt war der Gedanke an Tom Grant, der ihr besagt hatte, ſie ſolle nicht vergeſſen, daß ſie einen Freund eſäße, und ſie wunderte ſich nicht darüber, wie ſchnell dieſer Gedanke bei ihr Wurzel gefaßt hatte. Einige Stunden hatten aus der ſiegesgewiß auf Abenteuer aus⸗ ziehenden jungen Tennismeiſterin eine ängſtliche Frau gemacht, die ſich ihres Alleinſeins unter Fremden bewußt geworden war. Ellen wußte aber kaum zu ſagen, wo⸗ durch dieſer Umſchwung hervorgerufen war. Sie fragte ſich jetzt, wie es denn möglich 8 0 ſei, 8 ſie ſo blind vertrauend darauf losgefahren ſei. Das flüchtige Ver⸗ wundern über die Großartigkeit der Stellung, wie ſte ihr der Mann im Pelzmantel geſchildert hatte, kehrte nun mit Mißtrauen vermiſcht zurück. Und plötzlich fiel ihr ein, daß ſie auch heute noch nichts über ihre Zöglinge wußte. Das wenigſtens mußte ſie ſofort erfahren, viel⸗ leicht zerſteute es ihre Sorge. Denn hier ſtimmte Ver⸗ — 0 nicht. Man ließ eine Kindererzieherin nicht n einem reſervierten Abteil erſter Klaſſe reiſen; ſchickte ihr nicht einen Herrn und drei Diener ſtundenweit ent⸗ gegen. Dieſe Gedanken drängten ſich mit der Glutwelle . in den Sinn der blonden Ellen und ließen ihr lut heißer ſieden, bis ſie meinte, es nicht mehr ertragen 225 zu können. Sie erhob ſich, öffnete vorſichtig die Tür ihres Abteils und ſchaute hinaus. Sofort erſchien in der Tür des Nebenabteils Williams und fragte höflich, ob ſie etwas wünſche, und ob er es ihr beſorgen dürfe. Die Frage, die Ellen hatte ſtellen wollen, erſtarb ihr auf den Lippen. Nein ſie wünſchte nichts, denn ihre Freiheit, die ihr verloren ſchien, konnte Williams nicht zurückgeben. So trat ſie wieder in ihr luxuriöſes Abteil zurück und er⸗ gab ſich in Geduld, wobei ſie ſich immerzu ſagte, daß ſte einen Freund habe, der ſie nicht verlaſſen werde. Zerſchlagen von Hitze und Angſt ſchlief ſie endlich doch ein, und ihr letzter Gedanke war: Bills Hotel, Zim⸗ mer 77— nicht vergeſſen— 771 Der nächſte Wagen hatte keine Vorhänge gegen die Sonne und den Staub. Es war ein Wagen der Einge⸗ borenenklaſſe, ohne Fenſter und Türen, und der Luftzug, den die Schnelligkeit der Fahrt erzeugte, diente als Küh⸗ lung. Es ging ziemlich lebhaft zu in dieſem Wagen, denn ein Thema von allgemeinem Intereſſe ſchien die Inſaſſen zu bewegen. Die Ruhe des Orientalen iſt nicht immer allen Stämmen eigentümlich, wie hier erſichtlich war; denn wenn auch manche Männer, die die alte Tracht noch trugen und in ihren Bumius gehüllt daſaßen, als frören und ſchliefen ſie zugleich, ſo gab es doch viele, die erregt und heftig geſtikulierend miteinander ſprachen. Der Mann im grauen Burnus, der die„Conſtantine“ in Alexandria verlaſſen hatte, ſaß ruhig in einer Ecke und rauchte aus einem langen Tſchibuk ſeine Zigarette, die er ſich ſelbſt mit geſchickten braunen Fingern gedreht hatte. Er ſchien nichts zu ſehen und zu hören von dem, was um ihn herging. Ebenſo wie es noch drei oder vier Männer taten, die gleich ihm träumend rauchten und wie er gekleidet waren. Doch unter den halbgeſenkten Lidern des Mannes im grauen Burnus waren die Augen hell⸗ wach. Manchmal warfen ſie einen blitzſchnellen Blick auf dieſen oder jenen der Sprecher, und es war ſicher, daß der Mann Wort für Wort jener Sprache verſtand. „Glaub' es mir, Mehemed Ali, er iſt verſchwunden. Seit drei Tagen hat ihn niemand mehr geſehen. Es iſt, als ob die Erde ihn verſchlungen hätte.“ „Das ſagſt du, Mohammed Fati; aber wer beweiſt mir, daß du recht haft? Wenn ein Mann drei Tage lang nicht geſehen wird, ſo bedeutet das noch nicht, daß die Erde ihn verſchlungen hat. Iſt es nicht ſo?“ „Mehemed Ali hat recht, und du haſt unrecht. Mo⸗ hammed Fati. Sami kann ebenſogut krank in ſeinem Hauſe liegen; oder ſich ein neues Weib genommen haben; oder auf einer Geſchäftsreiſe ſein. Was wiſſen wir?“ Mehemed Ali wandte ſich dem neuen Sprecher zu und ſah ihn mit deutlicher Verachtung an, daß ſich der Mann im grauen Burnus ſchnell eine neue Zigarette dre⸗ hen mußte, um nicht ſehen zu laſſen, wie ſehr ihn dieſer Ausdruck abgründiger Mißachtung beluſtigte. „Wie klug du biſt, Eſſad, wie ſehr klug! Möge deine Mutter Ruhe haben in ihrem Grabe und dein Vater glei⸗ cherweiſe. Denn darf man ſich nicht Ruhe gönnen, wenn man einen ſo klugen Sohn der Welt gab? Maſchalla!“ „Und warum bin ich nicht klug, Mehemed Ali? War⸗ um biſt du nur der einzige Kluge unter uns? Der einzige, der hört, der ſieht und fühlt? Warum?“ „Warum? Das will ich dir ſagen, Eſſad; weil ich fragte und ſuchte. Weil ich ſuchte, ob Sami krank ſei, zum erſten; ob er verreiſt ſei, zum zweiten; ob er ein neues Weib habe, zum dritten; zum vierten ging ich dann zu ſeinem Sohn, und auch dieſer konnte nur ſagen, daß ſein Vater ſeit drei Tagen verſchwunden ſei. Der Letzte aber, mit dem er ſprach... weißt du, wer das war, Eſſad? Und du, Mohammed Fati, weißt du es?“ Nachdem ſie ihm beide verſichert hatten, daß ſie es nicht wüßten, und nachdem ſich Mehemed Ali daraufhin, zwecks Erhöhung der Spannung und Verlängerung des Augenblicks ſeiner Wichtigkeit umſtändlich und langſam eine Zigarette gedreht hatte— alles Vorgänge, die der Mann im grauen Burnus ſcharf beobachtete— nachdem ſolcherart die rhetoriſche Pauſe geſchickt ausgenützt war, beugte ſich Mehemed Ali zu ſeinen Freunden und ſagte halblaut zwei Worte. Dieſe beiden Worte aber hatten die Wirkung, daß dem Mann im grauen Burnus die Zigarette aus dem Tſchibuk fiel, und ſowohl Eſſad wie Mohammed Fati ſich ſcheu umſahen, um feſtzuſtellen, ob ſich auch kein Verräter unter ihnen befände. Dann ſagte Eſſad ruhig, mit einem Blick ſeiner dunklen Augen auf die ſonnige Weite, durch die ſie raſten: „Kismet! Mit wem Hali Bey ſpricht. Kismet Und dann verſanken ſie alle drei in Schweigen und rauchten dem Andenken ihres Freundes Sami eine Ab⸗ ſchiedszigarette. Denn mit wem Hali Bey ſprach, den ſah man faſt niemals wieder. a Verſunken in ſeine Gedanken lauſchte der Mann im grauen Burnus dem rauhen Kehllaut nach, mit welchem das H jenes Namens geſprochen worden war; es klang wie Chali und war ſo unverkennbar die Verdrehung eines fränkiſchen Namens, daß ein Blitz des Verſtehens in den Augen des ſtillen Mannes aufleuchtete. Er entſchloß ſich, durch Teilung ſeines Reiſeproviantes die Bekannt⸗ ſchaft der drei Freunde zu machen. Es bedurfte dazu längerer Vorbereitungen, denn der Aegypter der Haupt⸗ ſtadt hat ein leiſes Mißtrauen gegen die Männer der Wüſte. Sie ſin ö und er kann ſie nicht immer als Stammesbrüder Doch der Mann im grauen Burnus beſaß die fern, i 4 4 1 die des es ge⸗ uld, H. lang ihm nach einiger Zeit, die Aufmerkſamkeit der drei auf ſeinen ungewöhnlich guten Tabak zu lenken, indem er Eſſad um Feuer bat, nachdem ſein eigener vor ihrer aller Augen die Dienſte verſagt hatte. Hortſetzung folgt) 9—— Kreis⸗Rätſel (Zeichnung geſetzlich geſchützt!) In den bezifferten Kreiſen entſtehen durch Hinzu⸗ fügung je zweier Buchſtaben Wörter mit folgender Be— deutung, die im Sinne des Uhrzeigers zu leſen ſind: J. Arzneigahe, 2. Auserleſene Geſellſchaft, 3. Körperorgan, 4. Naturerſcheinung, 5. Erdwall, 6. Höhere Schulklaſſe, 7. Pflanzenteil, 8. Fußbekleidung, 9. Heilswunſch, 10. Wierſchmarotzer, 11. Seidenartiges Gewebe, 12. Möbelſtück, 13. Inſektenmade, 14. Deutſcher Strom, 15. Nordiſcher Dichter. Die gefundenen zwei Buchſtaben jedes Kreiſes ſind der Reihenfolge nach in die betreffenden Ringfelder einzutragen die ergeben, miteinander verbunden, dann einen Sinnſpruch „ Silbenanfügungs⸗Aufgabe. Stade Feld Vers Satz Vier Pore Lias Wand Hang Jade Pot Luſt Puls Erich Koje Gur Lade Land Gemach Maſt Port. Einem jeden der vorſtehenden Hauptwörter iſt eine der nachfolgenden Silben am Anfang anzufügen, ſo daß neue Hauptwörter, jedoch ganz andern Sinnes entſtehen. Dieſe müſſen in ihren Anfangsbuchſtaben miteinander ver⸗ bunden, einen Wunſch des Verlages und der Schriftleitung für die Ferien ergeben. da de ei ein em ent er ex fi ge i im lev na re rou ſtock tra um un ur ver. Werk Geographiſches Buchſtaben⸗Füll⸗Rätſel. 1 — Aus den 35 Buchſtaben: aa aa a bbecedeeeee A hitfklilimooorrrſſtuu bilde man ! Wörter mit folgender Bedeutung: 1. Univerſitätsſtadt in Preußen, 2. Schweizer Gebirgsgruppe, 3. Stadt im Rhein⸗ land, 4. Eiſenbahnknotenpunkt in Heſſen(Provinz), 5. Stadt in Oberſchleſten, 6. Haſenſtadt am Golf von Genua, Stadt in Britiſch⸗Indien und ſtelle dieſe ſenk⸗ recht in die vorſtehende Figur ein, ohne die Reihenfolge zu ändern. Es ergeben dann die erſte und dritte waage⸗ rechte Reihe je eine bekannte See⸗ und Handelsſtadt. Silben⸗Kapſfel⸗Rätſel. Sauerland. Areal, Gurgelwaſſer, Korkenzieher, Arbeitszeit. Vorſtehenden fünf Wörtern entnehme man je eine Aneinandergereiht, ergeben dieſe eine burſchikoſe Bezeichnung für die Hundstage. Silbe Schach⸗Aufgabe. Weiß zieht und ſetzt mit dem dritten Zuge matt. Buchſtuben⸗Verſetzungs⸗Rätſel. Brauſche Pore Zuaim Imme Senn Preetz Eifel Serbe Feier Kain Mieter Einer. Aus vorſtehenden Wörtern ſind durch Verſetzung der Buchſtaben neue Wörter zu bilden, die in ihren Anfangs⸗ buchſtaben, aneinandergereiht, eine Erholungszeit nennen. Rütſel. Es blüht dir, wenn du mit Bedacht Stell vor ein Zeichen— mich gemacht. Creme Dosen 30.60 Pf. Sonnen noßbroun Flosche 38 Pf. NMI LESum eto Auflöſungen aus letzter Nummer: Silben⸗Kreuzwort⸗Rätſel: 1. Allotria. 2. Appenzeller. 3. Lena. 5. Lachen. 6. Tai. 7. Hülle. 8. Todesfelde. 9. Senſenhausplatz. 10. Sauerbraten. 11. Hellebarde. 12. Brunhild. 13. Manſarde. 14. Imi. 15. Gondel. 16. Mutter.— Senkrecht: 1. Alle⸗ gretto. 2. Appelhülſen. 6. Tafel. 10. Sauerbrunnen. 13. Mandel. 17. Lona. 18. Aneide. 19. Zella. 20. Lerchen⸗ bergplatz. 21. Leſen. 22. Deſſauer. Hausnachbar. 24. Brahe. 25. Lehen. 26. Dezennium. Demut. Buchſtabenergänzungs⸗Rätſel: Eiger Raab Duero Bütow Erpel Eloge— Erdbeerbowle. Ergänzungs⸗Rätſel: Acht Fuehler Schar⸗ niere Wagenſpur Pfeil Abſatz— Tennis. Silben⸗Anfügungs„Aufgabe: Revers, Eſprit, Infant, Scharade, Eiweiß, Vormund, Orcheſter, Retorte, Bezug, Elfriede, Roland, Erdkunde, Imbiß, Ter⸗ rain, Ungunſt, Nabob, Genuß, Elſaß, Nubier.— Reiſe⸗ vorbereitungen. Anekdoten Mai und Dezember. Noch in ſeinem hohen Alter ſchwärmte der Prinz von Conti für das ſchöne Geſchlecht, indeſſen nicht mehr mit den Erfolgen, wie ſie ihm in ſeiner Jugend zuteil gewor⸗ den waren. Da er ſich darüber keiner Täuſchung hingab, bemerkte er einſt:„Es wird Zeit für mich, daß ich mich zurückziehe; denn früher nahm man ſogar meine Höflich⸗ leiten für Liebeserklärungen auf, jetzt aber will man meine Liebeserklärungen kaum noch als Höflichkeit gelten laſſen. Dezember iſt eben kein Mai.“ * Eine ſalomoniſche Entſcheidung. Bei einer Erbteilung konnten ſich einmal in Trans⸗ vaal zwei Brüder darüber gar nicht verſtändigen, wie eine billige und gerechte Verteilung der Hinterlaſſenſchaft ihres Vaters anzuſtellen ſei, und baten zuletzt den Präſidenten Krüger um ſeine Vermittlung. Da Krüger nicht Luſt hatte, den Tarator zu ſpielen, ſo ließ er es anfangs bei guten Ratſchlägen bewenden; als es aber nach wie vor zu keiner Einigung kam, erklärte er ſich ſchließlich bereit, eine end⸗ gültige Entſcheidung zu fällen. Er ließ die ſtreitenden Brüder einen Schein unter⸗ ſchreiben, nach welchem ſie ſich bedingungslos ſeinem Schiedsſpruch unterwerfen ſollten. Darauf ſagte er zum älteſten der beiden:„So, jetzt verteile du die Sachen ge⸗ nau, wie du es für gerecht hältſt, in zwei gleiche Hälften. Mach's, wie du willſt, und es ſoll dir keiner dreinreden. Dann ſoll dein Bruder jene Hälfte wählen, die er vor⸗ zieht!“— Die Brüder einigten ſich darauf ſofort. Die erſte Schönheitskonkurrenz in Deutſchland. Als Ludwig der Fromme(778840) ſeine erſte Ge⸗ mahlin verloren hatte, wollte er die Krone niederlegen und Mönch werden. Aber die Biſchöfe rieten ihm, ſich wieder zu verehelichen. Um ihn hierzu zu veranlaſſen, wurden alsbald die edlen Töchter des großen Reiches zu einem Schönheitswettbewerb zuſammenberufen; bei die⸗ ſem wurde der Preis Judith, der Tochter des Grafen von Bayern, zuteil, welche dann auch der König geheiratet hat. —— K—ö 8 Humor Unter Freundinnen. „Wie hat es dir auf Ellis Hochzeit gefallen?“ „Großartig. Ihr Brautkleid ſaß miſerabel, und die Geſchenke, na, das war der reinſte Bruch.“ * „Denk mal, Elfriede, eben habe ich eine entſetzliche Skandalgeſchichte gehört.“ „Das habe ich mir gleich gedacht, du kamſt ſo ſtrah⸗ lend herein.“ Waagerecht: Neapel. 1 4. N 23 27 Muſik. „Ach Gott Herr Schultze, was iſt das für ein gräß⸗ liches Geräuſch?“ „Aber bitte, ich ſpiele Cello!“ „Gottſeidank, ich dachte ſchon, Sie würden die Bett⸗ pfoſten abſägen.“ * Unterſchied. Der Gaſt kommt ins Kaffeehaus und beſtellt:„Einen Tee ſchwach!“ Als der Kellner dee Tee bringt, ſchüttelt der Gaſt den Kopf und meint:„Schwach habe ich zwar geſagt, aber nicht— ohnmächtig!“ Mißverſtanden. „Mit einem Ihrer Freunde haben Sie alſo auf den Zeugen eingeſchlagen.“ „Nein, mit dem Regenſchirm. Herr Richter.“ sind unsere Molzgold-Oldckssteinsyrnbole, Ning oder Anhengen 10000 Walrgold mit hrem Smüchsstein ud eib groviertem Tierkreis Symbol versehen 2 Jahre schriftl. Carontie. Be stellen Se diesen Schmuck sofort gegen Ein- Sendung von 2 NM in Briefmorken oder duf DostschectEonte Berlin 309 18 so Angabe rer resse. ihres Ceburtsdat. u Fingerumfang vom COMET-R AO. SENLIN C2. Schließfach 106. ut: Ptosp. gralis. Nechn zuz. 30 Pig. Porte. ZEISS IKON FILN Verwendet Werde Muglied des RB. all Nerz u. Sefäffkrankfeften Nheumo Sicht. Nerväse Erschépfungszüstönde —— W Zeichnung: Lucie Kreuczeck— M. Krach um Jolanthe. „Seit ſie auf der Bühne geſtanden hat, kennt ſie uns nicht mehr!“ * „Man hört Ihre Frau Gemahlin gar nicht mehr ſingen, Herr Nachbar.“„Wir haben doch jetzt waz Kleines.“ „Haja, Kinder ſind ein Segen.“ Das Opfer. „Wenn Sie zum Frühſtück zwei Koteletts, drei Glas Bier und vier Brötchen eſſen, dürfen Sie ſich nicht wun⸗ dern, wenn Sie bei Tiſch keinen Appetit haben.“ „Ich hatte ja ſchon vorher keinen, Herr Doktor.“ Geſchäftliches— außer Verantwortung der Schriftleitung. 8. 8 95 r Die Bienen unſer Vorbild Wenn die Arbeitsbienen im Sommer ausſchwärmen, um Blütenſtauz und Nektar einzuholen, dann findet jede ihre Lieblingsblüten mit den feinen Sinnesorganen ihrer Fühler. Dieſes wunderbare und für die Biene lebenswichtige Oxientie⸗ rungsinſtrument funktioniert aber nur ſo lange, als es nicht verſchmutzt iſt. Deshalb ſind die Tierchen von einer vorbild⸗ lichen Sauberkeit. beſonders in ihrem Stock. In feindlicher Abſicht eingedrungene und getötete Weſpen, Hummeln oder Ameiſen oder auch Leichen des eigenen Volles, zum Beiſpiel nach der„Drohnenſchlacht“, werden ſorgſam hinausgefördert. Iſt nun aber eine Leiche zu groß, um von den kleinen Bienen bewältigt zu werden, zum Beiſpiel eine Maus oder ein Eich⸗ hörnchen, dann helfen ſie ſich auf andere Art: Die Sammel⸗ ienen holen in eifrigem Hin und Her Harzbröckchen von pel⸗, Birken⸗ und Tannenknoſpen, und jüngere Geſchwiſtes bedecken damit den großen toten Körper im Stock, bis er voll ſtändig darunter verſchwunden iſt. Nur durch dieſe planvolle Zuſammenarbeit aller vermögen ſie ihn in kurzer Zeit ein⸗ zumauern, ehe ſeine Verweſung ſie alle gefährdet. Ganz in⸗ ſtinktiv finden die Tiere den nächſtliegenden Weg zur gemein; ſamen Abwendung einer drohenden Gefahr. Auch die Menſchen müſſen zuſammenhalten. Wie oft kann der einzelne allein die Folgen eines Unglücks nicht überwinden. Er braucht die Gemeinſchaftshilfe.. So alt dieſer Gedanke iſt, ſo vielſeitig und beweglich muß die Form ſein, in der die Hilſe geboten wird. Deshalb wird die Privatverſicherung, die die Gefahrengemeinſchaft auf witt⸗ ſchaftlichem Gebiet verwirklicht, ſich dem Schutzbedürfnts jedes einzelnen Berufes beſonders anpaſſen müſfen, wenn ſie au dem modernen Menſchen die Hilſe bieten ſoll, die ſich die Bie⸗ nen inſtinktiv geſchaffon be 8 8 ingen hergestelſt nech . der 598672. 509166 gut gelaunt: ROTH-SUOGHNER OMS. H. SERNUIN-TEMPELH Of . Zum Wochenende und Zum Seitvertretde Nr. 82 erſcheinen als Beilage. D A 2 Bi. 36: 680 201 FPl.⸗Nr. 8. Für die auf dreſer Seite erscheinen Anzeigen iſt der Verlag der vorl. Zeitung nicht zuſtändig. Verantwortlich ſ die Schriftleitung Kurt Winkler. für Anzeigenteil Carl Görg. Verlag So 02 dlatt Deutſcher Provins⸗Verleger; fämtl. in Berlin SW, Lindenstr. 104102. 2 — 2—