N Rr. 224(2. Blatt). Neckar Bote Donnerstag, 24. September 1936 — Aeber den Fronten die Herbſtübungen der deutſchen Wehrmacht.— Der Enl⸗ ſcheidungsſchlacht entgegen. Bad Nauheim, 24. September.(Vom Sonderbericht⸗ erſtatter des DNB.) An der ganzen Front, die ſich auf dem großen nord⸗ſüdlichen Verkehrsweg zwiſchen dem Vogels⸗ berg und den Ausläufern der Rhön abgeſetzt hatte, herrſchte am dritten Tage dieſes„Kriegs im Frieden“ eine ungewöhn⸗ lich lebhafte Tätigkeit, wenngleich der Kampf noch nicht in den entſcheidenden Abſchnitt getreten iſt. Aus den zahlrei⸗ chen kleineren Gefechten aber und noch mehr aus den Vor⸗ bereitungen, die auf beiden Seiten am Mittwoch getrof⸗ ſen wurden, läßt ſich erkennen, daß eine Entſcheidung nahe bevorſteht. Der Angriff, den das 5.(rote) Armeekorps im Laufe des Dienstag in nordöſtlicher Richtung vorgetragen hatte, brachte ihm vornehmlich auf dem linken Flügel bei der 15. Diviſion durch den überraſchenden und durch Ne⸗ bel begünſtigten Einſatz von Panzerkampfwagen einen Geländegewinn von mehreren Kilometern ein. Es gelang dieſen Einheiten, bis in die feindlichen Artillerieſtel⸗ lungen vorzuſtoßen, und die nachſetzenden, meiſt ſüddeut⸗ ſchen Truppen wußten dieſe Stellung zu behaupten, während der Geſamtangriff in der allgemeinen Linie Crain⸗ feld im Südweſten des Vogelsberges und Schlüchtern etwa in der Mitte der großen Verkehrsſtraße Hanau Fulda zum Stehen kam. Das 9.(blaue) Armeekorps hatte bei dieſer Lage ſeine rückwärtigen Kräfte zum Teil in Gewaltmär⸗ ſchen herangezogen. Dabei legte ein weſtfäliſches Infan⸗ terieregiment in 24 Stunden 75 Kilometer zurück, eine ganz außerordentliche Leiſtung, wenn man die mehrfach geſchil⸗ derten Geländeſchwierigkeiten und den Umſtand bedenkt, daß die roten Kampfgeſchwader, die durch ihre Aufklärung von der Verſtärkung wußten, alles daranſetzten, durch dauernde Tieffliegerangriffe den Vormarſch zu beeinträch⸗ tigen. Lebhafte Fliegertätigkeit In der Nacht zum Mittwoch ſtellte ſich das 9. Armee⸗ ſorps, das durch die Heranführung ſeiner rückwärtigen Kräfte die bisherige zahlenmäßige 1 1 0 des Geg⸗ ners ausgeglichen hatte, zum Angriff bereit. Rot hatte die blauen Marſchkolonnen nördlich von Fulda wieder⸗ holt durch Kampfgeſchwader angegriffen, die durch die chlechte Wetterlage in Höhe von 20 bis 100 Meter flogen. In der Abwehr hatte die gegneriſche Flakartillerie mit ihren leichteren Maſchinenwaffen wiederholt Erfolg, wäh⸗ rend die ſchweren Flakgeſchütze wegen der geringen Höhe der anfliegenden Kampfflugzeuge nicht zur Wirkung kamen. In Uebereinſtimmung mit der Geſamtlage an der Front entſchloß ſich der Kommandierende General des 5. Armee⸗ korps zur Verteidigung. Die im Verlauf des Diens⸗ gag erreichten Stellungen wurden mit ſchwachen Kräften ge⸗ halten, während im rückwärtigen Gelände des Gefechtsſtret⸗ ſens zugleich neue Stellungen vorbereitet wurden. Der Neben des dritten Kampftages ſah die Fronten in dichtem Nebel. Im Schutze dieſer Unſichtigkeit ging das 9. Armeekorps in mehreren Gefechtsgruppen abſchnitts⸗ weiſe in ſüdlicher und ſüdweſtlicher Richtung vor. So kam es überall zu igen Kämpfen unter ſtarkem Einſatz der ſchweren Infanteriewaffen und der beiderſeitigen Artillerie. Haltung und Diſziplin bewunderungswürdig Seit drei Tagen und zwei Nächten ſind die Truppen eingeſetzt. In beiden Nächten haben ſie nur wenige Stun⸗ den Ruhe gefunden. Ihre Führung nimmt jede Gelegenheit wahr, ihnen einige Erholung zu verſchaffen. Umſo bewunderungswürdiger iſt die Haltung und die Disziplin der Truppen, die vor allem auf den außerordent⸗ lich ſtark in Anſpruch genommenen Straßen in die Erſchei⸗ nung krikt. Sie iſt buchſtäblich über alles Lob erhaben. 1 9 Dank des Generalkommandos — Stuttgart. Das Generalkommando 5. AK. bittet um Aufnahme folgender Notiz:„Die Herbſtmanöver des 5. Armeekorps haben mit der großen Korpsübung am 11/12. 9. und der Parade vor dem Führer und Oberſten Befehls⸗ haber der Wehrmacht am 17. 9. ihren Abſchluß gefunden. Die Anforderungen, die hierbei an die Bevölkerung des Wehrkreiſes geſtellt werden mußten, waren groß. Sie wur⸗ den jedoch überall im Wehrkreis bereitwillig und gerne erfüllt. Ich ſpreche der Bevölkerung hierfür meinen Dank aus. Sie hat durch die Tat ihre enge Verbundenheit mit der Wehrmacht bewieſen. (gez.): Geyer, kommandierender General des 5. Armee⸗ korps und Befehlshaber im Wehrkreis 5.“ Deutſche Weinwunder Moſel Der Kaſinoſaal in Traben-Trarbach iſt ſchlicht und weiß getüncht, ſo recht ein Raum zum Wemprobie⸗ ren und Weintrinken. Da lenkt nichts ab, denn der Blick auf die wundervolle Moſellandſchaft, auf die Wein⸗ berge und auf den Fluß, das iſt keine Ablenkung, ſondern dieſe Bilder geben die richtige Stimmung für den, der ge⸗ willt iſt, das kennen und lieben zu lernen, was auf dieſen Bergen wächſt. Der Tag war heiß geweſen, ſo recht ein Tag nach dem Herzen der Winzer, die noch ſehr, ſehr viel Sonnenwärme für den Wein des Jahrgangs gebrauchen können. Am Morgen in den weitſchichtig und großzügig angelegten Weinbergen der Staatsdomäne Avelsbach, Mit⸗ tags in der Weinmetropole Trier, Nachmittags in der welt⸗ verühmten Lage des Bernkaſteler Doktors Das iſt ein Tag reich mit Bildern verſehen, bunte Bilder eines wunder⸗ ſchönen Landes. Da iſt eine umfangreiche Liſte, die vor uns liegt. Was ſage ich, eine Liſte, eine Verheißung iſt es. Da iſt ein 1935er Trarbacher Halsberg Spätleſe, der beweiſt, daß die Weine dieſes Jahrganges noch eine gute Zukunft haben. Dann kommen Vertreter des früheren Jahrzehnts als ein Zeichen dafür, daß der Moſel⸗Wein auch alt werden kann, und dann geht es zum großen Jahrgang 1934. Da treten die Lagen miteinander zu edelſtem Wettbewerb an. Der Caſeler Fleiſchwingert von der Ruwer wetteifert mit dem Wiltinger Schlangengraben von der Saar; dazu kommt die Wehlener Sonnenuhr von der Moſel. Nun ſind alle Sorgen geſchwunden und Moſellieder füllen den Raum und ihr Klang fliegt durch das nachtſtille Land. Da iſt das Jubellied vom Jahrgang Neunzehnhundertvierund⸗ dreißig. Wer eine Ohligsberger Ausleſe oder einen Bern⸗ kaſteler Doktor dieſen Jahrgangs für ſich hat, der weiß, was es mit den Wunderweinen dieſes Jahres für eine Be⸗ wandtnis hat. Der Mond iſt längſt ſchlafen gegangen und ſchon liegen die Morgennebel über der Moſel, als das letzte Lied verklungen und die letzte Flaſche geleert iſt. Wer opferte nicht eine Nacht des Schlafens, um dafür die Wun⸗ der der Moſel kennenzulernen? Nahe Von den Naheweinen ſpricht man nicht ſoviel, und doch lohnt es ſich, mehr davon zu ſprechen. Sie ſind ſtiller, ſie find beſcheidener, aber auch ſie ſind von hohem Wert. Von Martinſtein bis Bingerbrück durchfließt die Nahe ein gro⸗ ßes Weintal. Hohe Ufer und Waldgebirge halten alle rauhen Winde fern. Im Land reifen Aprikoſen, Pfirſiche, Mandeln und eßbare Kaſtanien und der Weinſtock bringt die herrlichen Edelgewächſe hervor. Sandſtein, Porphyr und Tonſchiefer, das ſind die Geſteinsarten des Nahetales, aus denen die tiefwurzelnde Rebe ihre köſtliche Nahrung fſaugt, die Kraft, Feuer, Duft und Bukett im fertigen Wein hervorzaubert. Die befte Lage bilden die gegen Mittag gerichteten felſigen Steinhänge, aber es braucht auch da härteſte Menſchenarbeit, um die höchſte Qualität zu er⸗ zeugen. Sind Weine gewachſen, wie ein Kreuznacher Hin⸗ kelſtein oder ein Schloß Böckelheimer Kupfergrube des Jahrgangs 1934, da kann die Nahe ihre Erzeugniſſe denen der anderen deutſchen Weinbaugebiete getroſt an die Seite ſtellen. Aber nicht nur die großen Jahrgänge und die be⸗ ſten Lagen an der Nahe halten den Wettbewerb aus, auch was ſonſt am Scharlachberg, bei der Burg Lay und an anderen Orten wächſt, hat einen auten Namen in deutſchen Landen und über die deutſchen Grenzen hinaus. Rheinpfalz Wiederum ein Sonnentag, der dem deutſchen Winzer neue Hoffnung gibt. Diesmal im Gottesgarten der Pfalz. Vom„Ercker der Pfalz“, vom Hambacher Schloß, schweift der Blick ins Land. Dunkle Kiefern beſchatten die Höhen⸗ rücken der Haardt. Vor uns liegt Hambach und Maikam⸗ mer. Der Blick ſtreift über Edenkoben und Landau, wo tiefe Keller die Fülle des Pfälzer Weins aufnehmen. Nach Norden erſchaut das Auge das Edelweingelände von Neu⸗ ſtadt bis Bad Dürkheim. Da iſt die goldene Weinſtraße mit den Namen des Dreigeſtirns Forſt, Deidesheim und Ruppertsberg. Und mit dieſen Namen verbinden ſich die Namen der pfälziſchen Weinwunder als da ſind: Forſter Kirchenſtück und Jeſuitengarten. Freundſtück und Forſter Ungeheuer, Rupvertsberger Hofſtück und Reiterpfad, Dei⸗ desheimer Kalkofen und Leinhöhle, Dürkheimer Spielberg und Feuersberg. Im Keller einer der älteſten Weinfamilien der Pfalz liegt dann gelagert und gepflegt, was eben das Auge ent⸗ zückte. Unſagbaren, unbeſtreitbaren Duft gibt dieſer Pfäl⸗ zer Edelwein. Keine Sprache der Welt kann dieſe Wein⸗ wunder preiſen, wie ſie geprieſen werden müßten. Aber auch hier in der Pfalz ſchenkt die Natur nicht mit leichten Händen ihre Wunder, jahrhundertealte Weinkultur iſt mit dieſen Spitzenweinen verbunden und ver unden iſt damit auch Arbeit und Sorge Alles das aber wird beſohnt, wenn vor uns ſteht ein Glas einer Ausleſe aus den Riesling⸗ Trauben, wie ſie etwa am Deidesheimer Kieſelberg wachſen. Da iſt Raſſe und Stahl, Kern und Frucht, Blume und Feuer. Hier in der Pfalz wie an der Moſel, der Nahe und am Rhein erlebt man das deutſche Weinwunder, das auf der Welt keinesgleichen hat. Rheinheſſen Wenn man um die Mittagsſtunde eines heißen Som⸗ mertages von Mainz her an den alten Dörfern mit den wohlbekannten Weinnamen— Laubenheim, Bodenheim, Nackenheim, Nierſtein— vorüberfährt und dann in Op⸗ penheim die ſteilen Straßen des alten Reichsſtädtchens hinanſteigt, empfindet man gerade hier deutlich, daß die Wiſſenſchaft recht haben muß, wenn ſie von einem rhein⸗ heſſiſchen Trockengebiet pricht, das zu den ſonnenſchein⸗ reichſten Gegenden Deutſchlands zählt. Wenn hier die Sonne nicht ſo unerbittlich auf den Kalkboden mit ſeinem Cyrenzergel brennen würde, ſo lägen nicht in den Kellern Oppenheims die Gewächſe, die der Kenner mit feinerſonne⸗ nen, auszeichnenden Beinamen belegt, indem er ſie u. a. als reintönig, reingärig, bukettreich, vollmundig und hoch⸗ edel bezeichnet, während der Laie einfach und ſchlicht von ihnen zu ſingen und zu ſagen weiß, daß ſie ausgezeichnet zu trinken ſind. In dem großen Zuſammenbruch des Römerreiches hat der unfreie Kelte den Weinbau wie ſeine antiken Sprach⸗ aus drücke im weſentlichen an den Germanen vermittelt; was der römiſche Anſiedler für den Weinbau geleiſtet hatte, das beſorgten ſpäter die Klöſter, die große Mengen Wein nicht nur für den Gottesdienſt— der Laienkelch bis ins hohe Mittelalter— ſondern auch für ihre großartige Gaſtlichkeit nötig hatten. Auch in Oppenheim erhielt vor⸗ nehmer Beſuch Ehrengeſchenke in Wein, und jede beſon⸗ dere Handlung, jede Verbriefung erfuhr durch einen kräfti⸗ gen Trunk erſt ihre Beſiegelung Uralt wie der Weinbau Oppenheims iſt auch die Kultur dieſes Städtchens. Noch iſt nicht alles verweht ued vergangen. Ergreifend ſind die we⸗ nigen Denkmale vergangener Jahrhunderte; über den Reſten aus alter Zeit ſteht noch groß und erhaben die Katharinenkirche als eine der ſchönſten Kirchenbauten am Rhein. Und die Gaſtfreundlichkeit iſt noch heute wie im Mit⸗ telalter. Die Küfer kredenzen in ihren alten Trachten, ſie hängen an ihren Traditionen und ſingen ihre alten Küfer⸗ lieder und bei beſonderen Feſtlichkeiten zeigen ſie auch ihre Küferſpiele, die, aus mittelalterlichen Tagen überliefert, bei ihnen heute noch lebendig ſind. Und wenn zu dem allen ein Wein wie ein Oppenheimer Sackträger oder ein Op⸗ penheimer Herrnberg kommt, dann hat man erſt den rich⸗ tigen Begriff, welche Werte die alte Weinkultur in Rhein⸗ heſſen birgt. Und nur ſchwer trennt man ſich aus dieſem deutſchen Weingebiet. Schon ſitzt man am Nachmittag wieder feſt in Nierſtein, hart am Ufer des Rheins, der hier mit ſeiner breiten Waſſerfläche den Eindruck einer ausgedehnten Bucht macht. Was die Augen hier ſahen, was die Ohren hörten, mag vielleicht verwiſchen, nimmer aber verwiſcht die Erinnerung an den 1911er Nierſteiner Fläſchenhohl und an den wunderbaren, unbeſchreiblichen 1893er Nier⸗ ſteiner Heiligenbaum. Kaſtanien In dieſen Wochen iſt die Kaſtanienzeit. Die ſtachelige Kugel in grüner Hülle läßt die braune glänzende Frucht aus dem Gefängnis los. Und ſo oft ein Windſtoß um die Baumkrone fährt, ſchüttelt er reife Kaſtanien aus dem Laub⸗ dach auf den Boden. Die Buben und Mädel reißen ſich um die Kaſtanien und ſammeln ſie in Schürzen und Hoſenta⸗ ſchen, bis dieſe ganz gefüllt ſind. Jedes will die größten Ka⸗ ſtanien haben. Die einen vollführen mit ihnen eine kleine Schlacht und es gibt manchen Weh⸗Schrei, wenn die„Ku⸗ gel“ trifft. Andere ſchnitzeln an den braunen Bällen herum und bohren Löcher in ihren Bauch. Dann werden Schnüre durchgezogen, Ketten geſchlungen und um den Hals ge⸗ hängt. Wieder andere Buben machen ein ganzes Geſchirr aus den Kaſtanien und der Schnur, ſpannen ein und treiben das zweifüßige Geſpann mit Würfen aus der Hoſentaſche in Galopp. Die kleinen Mädchen hingegen ſitzen beiſammen und baſteln aus den Kaſtanien Körbchen und andere nied⸗ liche Sachen. So ſind die Kaſtanien all den Kleinen als Spielzeug willkommen, genau ſo wie die Kreiſel und Dra⸗ chen. 5 Die großen Herbſtübungen der deutſchen Wehrmacht haben begonnen. Einer Aufklärungsabteilung werden im Manövergebiet beim Paſſieren eines Dorfes Er⸗ g friſchungen von den Dorfbewohnern gereicht. Weltbild(M) Die nationalen Truppen im Vormarſch auf Bilbao. Nationale Soldaten bringen Gefangene, die beim Vormarſch auf Bilbao gemacht wurden, zu ihrem Standquartier hinter der Front. N Weltbild(M) Wehrhafte Bauernfäuſte Schrifttumsdenkmäler bäuerlicher Wehrkaft. Vor 550 Jahren— Anno 1386— zeigte alemanni⸗ ſcher Bauernſinn ſich ritterlichem Standesgefühl nicht nur ebenbürtig, ſondern ſogar ſtark überlegen. Die Schlacht bei Sempach iſt heute mehr denn je zuvor Sinnbild und Gleichnis und verkündet, daß nicht äußeres Anſehen und prunkvolle Lebenshaltung den Ausſchlag im Daſeins⸗ kampfe geben, ſondern beſeeltes Selbſtbewußtſein und herzhaft⸗handfeſte Tüchtigkeit. Die deutſche Dichtung hat oft und gern ſich die geſchichtlichen Zeugniſſe bäuerlichen Lebenswillens zu eigen gemacht und das verherrlicht, was jeden Menſchen, jeden Stand und jedes Volk ehrt: die Selbstbehauptung im Ringen der Kräfte. Laſſen wir einige Verſe, die der markigen Art bäuerlicher Wehrhaftigkeit voll gerecht werden, an uns vorüberziehen, und zwar zu⸗ erſt einige wuchtige Reime aus Guſtav Schülers Sempach⸗ Lied: „Herzog Leopold von Oeſterreich zündete luſtige Kriegs⸗ feuerlein an; Die liefen über die Berge der Schweiz an das Herz der Schweiz heran. Da ſtand eine Not über den goldlich⸗ſtrömenden Bergen gar groß; Die Bauern riſſen ſich von ihren Herden, Hütten, von Weib und Kindern los, Nahmen Aexte und Senſen von der Wand Und blieſen lange das Nothorn von einem Berge zum andern durch das Land.“ Während die Bauernſcharen„bei Sempach ihre Sen⸗ ſen zum Mähen ſtellten ein“, rücken die wohlgewappneten Rittergeſchwader— 4000 Reiter auf ſchweren flrandri⸗ ſchen Gäulen— gegen die 1400 Landleute an. Als die Stunde der Entſcheidung herangenaht iſt, bilden die Rei⸗ ſigen den„Igel“, ein ſpeerſtarrendes Viereck, ein leben⸗ des Kaſtell, daran ſich die heranflutenden Bauernkolonnen verbluten ſollen. Wirklich zerſchellt der erſte Anſturm im ungleichen Kampfe. Dann kommt die großartige Tat Ar⸗ nold Struthahns aus Winkelried in Unterwalden. Er reißt die Lanzen, die ihn abwehren ſollen, in kühnem Arm⸗ ſchwunge zuſammen, drückt ſie gegen die Bruſt, die kaum das ſelbſtgewebte Linnen bedeckt, verankert die blugierigen Spitzen zwiſchen ſeinen Rippen und reißt die Lanzen⸗ träger mit ſich nieder, ſo daß„der Freiheit eine Gaſſe“ entſteht, durch die die Bauern eindringen und die ſchwer beweglichen Eiſenmänner in grauſigem Gemetzel zerſpel⸗ len, zerſprengen und vernichten: „Alle Glocken in Sempach rundum ſturm, Knaben und Weiber zerrten die Stränge und riſſen faſt die Glocken vom Turm. Ueber die Furchen der Felder holperte keuchend manch Junkerlein, Aber nacktfüßige Hirten konnten rennen und— holten ſie alle ein!“ „Anka“ 25 Roman von Hans Pofſendorf. Gegen Abend kamen ſie vor einem kleinen Städtchen an. „Wir werden am beſten wieder in dem Gendarmerie⸗ Fort übernachten,“ ſagte Anka.„Da iſt man am ſicherſten aufgehoben. Meinſt du nicht auch, Dulko?“ Der Zigeuner ſtimmte zu. Vor dem Fort ſchwang er ſich vom Pferde. Ein Korporal und drei Gendarmen traten heraus. „Können wir hier übernachten?“ rief ihnen Dulko ent⸗ gegen. „Ihr?— Dich meinſt du wohl? Wir warten ſchon längſt auf dich! Die Dame wird wohl beſſer in dem klei⸗ nen Gaſthof im Ort bleiben.“ Und ehe Dulko noch zur Beſinnung kam, packten ihn drei Gendarmen und legten ihm Handſchellen an. „Was iſt das?“ Er richtete einen erſchreckt fragenden Blick auf Anka. „Merkſt du's noch nicht, Dulko?“ ſagte Anka kalt.„Ich habe dich wegen des Mordverſuches gegen den Herrn Ba⸗ ron feſtnehmen laſſen. Das iſt doch ſelbſtverſtändlich.“ Dem Zigeuner traten vor Entſetzen die Augen faſt aus dem Kopf. Er ſchnappte ein paarmal förmlich nach Luft. Dann brachte er mühſam hervor: „Für dich, Anka.. habe ich auf ihn dich... zu rächen, weil er dich hat.— Das alſo iſt dein Dank?“ »Es iſt ſein gutes Recht, mich zu ſchlagen. Ich ge⸗ höre ihm Ich bin ſein Eigentum.— Gute Nacht, Dulko!“ Sie nickte ihm zu, wendete ihr Pferd und ſprengte im Galopp in das Städtchen hinein.— Am anderen Morgen ritt Anka nach Tiflis zurück, in der Abſicht, von dort Gerhart ſo ichnell als möglich zu folgen. Ihr Aerger gegen ihn war längſt verflogen. 8 ſtürmten Feuer⸗ . geſchoſſen. Um ins Geſicht geſchlagen Pawel Maximowitſch Aſanaſſiew, Polizeichef beim Ge⸗ neralgouvernement, einer der mächtigſten Männer in Tiflis, wartete mit Angeduld auf Ankas Rückkehr. Der Auftritt zwiſchen Anka, dem Baron und dem Zi⸗ geuner ſchien ſeiner ſchon begrabenen Hoffnung, das ſchöne Mädchen für ſich zu gewinnen und in Tiflis zurückhalten zu können, noch im letzten Augenblick Erfüllung gebracht zu haben: Körring hatte die Stadt kurz nach Ankas und des Zigeuners Aufbruch allein und in anderer Richtung verlaſſen, und Dulko war unſchädlich gemacht, ohne daß hierfür ein ungeſetzlicher Uebergriff nötig geweſen wäre. Anka hatte, als ſie am vorletzten Abend, bald nach jener wüſten Szene, zu Afanaſſiew gekommen war und um Dulkos Verhaftung gebeten hatte, als Beweis für ihre Anklage gegen den Zigeuner deſſen abgeſchoſſene Piſtole mit den zwei leeren Hülſen mitgebracht und auf die Ein⸗ ſchläge in der Wand des Zimmers hingewieſen. Der Polizeichef hatte darauf die Feſtnahme des Zigeu⸗ ners ſofort anordnen wollen, doch bat Anka dringend, Dul⸗ kos Verhaftung erſt am nächſten Abend, am erſten Raſtort, vornehmen zu laſſen. Sie hatte für dieſe Bitte ihre guten Gründe: Gerhart von Körring würde erfahren, daß ſie wirklich an der Seite dieſes Zigeunerburſchen davongerit⸗ ten ſei— und das ſollte ſeine Strafe dafür ſein, daß er ſie geſchlagen hatte. Ihre Rache an dem Zigeuner für deſſen Attentat auf den Baron aber ſollte dadurch noch grauſamer werden, daß ſie ihn erſt in die ſüßeſten Hoffnungen wiegte. Ein ander Bild, ſtatt aus dem deutſchen Südgau von der Normark! Theodor Fontane hat ein ſprachgewal⸗ tiges Denkmal vom„Tage von Hemmingſtedt“ geſchaffen. Johann von Dänemark brennt die„alte Dithmarſen⸗ wunde“— gemeint iſt der Sieg der Holſteiner über die Dänen bei Bornhöved, die damit ihre Herrſchaft verloren. König Johann ſchwört, daß er ſich Bart und Haupthaar nicht werde laſſen ſtutzen, bis er„wieder ins Joch gebeugt dies bauernſtolze Trutzen“. Durch Sendboten verkündet er im Lande, er werde drei Zwingburgen in die Mar⸗ ſchen legen. Da brauſt der Zorn und Grimm auf: „Und von den Bauern Wolf Iſebrand, der ſprach:„Er mag nur kommen! Wir haben aus keines Königs Hand dies Land zu Lehn genommen; Wir ſind zudem vom Aufrechtgehn verſteift in unſern Hälſen, Und wer ſeine Schlöſſer auf Marſchgrund baut, der baut ſie nicht auf Felſen. Dies Land iſt unſer, wir haben's im Kampf der Sturm⸗ flut abgerangen, Wir bangen vor keinem Königszorn, wir, die wir das Meer bezwungen.“ Dann rückt der Heerbann des Adels heran, um„zu brechen den Bauernſtolz und die Schande Jes Königs zu ſühnen“. 12000 wohlgeübte Krieger gegen kaum 1000 Bauern! Dieſe haben ſich an der Hemmigſtedter Brücke verſchanzt. Der Volksmund nannte die Gegend, die ſich etwas über das flache Land erhebt, den„Tauſend⸗Teufels⸗ Wall, wo die Moorelfen tanzen und tollen“. Der Feind rückt an, ein wilder Steinhagel praſſelt auf die blinkenden Harniſche nieder, ohne eben viel Schaden anzurichten, und nun ſtehen die ungleichen Scharen beide— hüben und drüben— am Graben. Der Sturmangriff des Ritter⸗ heeres und eine Umklammerung der Flanken ſcheint der Bauern Untergang zu beſiegeln. Mit Bangen ſehen es die an den Deichwehren aufgeſtellten Bauernvoſten. Die Schlacht tobt hin und her; viel Zeit und viel Blut ver⸗ rinnt. Da ſteigt die Flut, und wie ein Schickſalswink kommt den Deichwächtern ein grauſiger Gedanke, dem ſo⸗ gleich die Tat folgt. Die Schleuſentore gehen hoch— das Meer tobt über die Marſchen. Hochauf nur ragt der„Tau⸗ ſend⸗Teufels⸗Wall“, auf dem ſich die wackeren Bauern noch immer gehalten haben! „Das Meer, der Marſen alter Feind, heut kommt es als ihr Retter!“ s In den gurgelnden Wogen verſinken mehr und immer mehr Gewappnete; wer den Sturm auf den Hügel wagt, wird mit ſchmetterndem Schlage des Dreſchflegels oder der Holzaxt hinuntergeſchleudert. Der Dänenkönig erreicht mit wenigen Begleitern eben noch das ſchützende Schiff und flieht „„ bis in ſeine Stadt am Sunde, er trug zu der alten Narbe heim eine neue brennende Wunde; die neue Wunde, bis zum Tod wollt ſie ihm nicht verharſchen— das war am Tag von Hemmingſtedt, dem Brauttag der Dithmarſchen.“ Nicht lange nach dieſem bäuerlichen Ehrentag flammte die Fackel des Bauernkrieges im Binnenlande: Doch Afanaſſiew war mißtrauiſch. Erſt als Anka ihm dieſe Gründe offen geſtand, hatte er endlich in die Ver⸗ ſchiebung der Verhaftung auf den nächſten Tag gewilligt, und alles war nach Ankas Wunſch verlaufen. Nun— es war ſchon am Spätnachmittag des Tages nach Dulkos Verhaftung— wurde Pawel Maximowitſch Afanaſſiew doch ſehr unruhig. Immer wieder blickte er auf die Ahr. Anka konnte längſt wieder in Tiflis ſein! Weshalb hatte er nicht Be⸗ fehl gegeben, ihre Rückkehr durch Ueberwachung zu ſichern! Am Ende hatte er ſich doch von ihr überliſten laſſen! Sie hatte ſich vielleicht auf gute Art von ihren beiden Beglei⸗ tern befreien wollen, um mit einem Dritten, irgendeinem neuen Liebhaber, das Weite zu ſuchen! Als er gerade überlegte, was in einem ſolchen Falle zu tun ſei, kam eine Ordonnanz und überreichte ihm einen Zettel mit Ankas Namen. Wenige Augenblicke ſpäter trat Anka über die Schwelle. „Willkommen!“ rief er überſchwänglich und zog ihre Hände an ſeine Lippen. „Hat Baron von Körring Tiflis verlaſſen?“ war Ankas erſte erregte Frage. „Ja— geſtern vormittag, zwei Stunden nach Ihnen.“ gat er erfahren, daß ich mit dem Zigeuner abgeritten bin?“ „Ich habe ſchon dafür geſorgt. Es ſcheint übrigens, daß er Sie ſelbſt hat abreiten ſehen.“ „Gut ſo!— And welche Richtung hat der Baron ein⸗ geſchlagen?“ Schon wollte der Polizeichef ſagen, daß Körring die große Heerſtraße genommen habe, die nach Norden über das Gebirge führt. Er war natürlich über die Reiſeziele von Ausländern genau unterrichtet. Wenn ſich einer nicht gerade in die wegeloſe Wildnis ſchlug, war er viel leichter zu überwachen, als in jedem ziviliſierten Lande. Doch die Spannung in Ankas Geſicht machte ihn plötzlich mißtrauiſch und er ſagte leichthin: „Wie ſoll ich das wiſſen, liebes Kind?“ „Aber ich muß ihn doch wieder einholen! was tue ich jetzt?“ „Sie wollen ihn einholen? mit ihm entzweit?“ „Entzweit?— Mit ihm?“ „Ich denke, er hat Sie ins Geſicht geſchlagen?“ „Ich habe ihn dazu gereizt. Er hatte ganz recht damit. And ich habe ihm dieſe Schläge ja auch ſchon heimgezahlt. Aber nun hab ich ihm verziehen. Ich muß zu ihm! Am liebſten möchte ich noch heute abend abreiten. Bitte, bitte, verſuchen Sie feſtzuſtellen, wohin er ſich gewendet hat!“ Afanaſſiew hatte ärgerlich die Brauen zuſammenge⸗ zogen. „Das wird nicht ſo leicht ſein, mein ſchönes Kind. Außerdem kann keine Rede davon ſein, daß ich Sie aus Tiflis jetzt weglaſſe.“— „Wie? Sie wollen mich hindern...“ „Ich will Sie nur erſuchen— höflichſt, aber dennoch dienſtlich erſuchen, mein Fräulein, ſich in Tiflis zur Ver⸗ 1 des Gerichts zu halten.“ „Was habe ich mit dem Gericht zu tun?“ „Sie ſind die einzige Zeugin in der Sache gegen den Zigeuner. Wir können nicht auf Sie verzichten.“ Ganz verzweifelt über dieſe Lage, die ſie ſelbſt herbei⸗ geführt hatte, ließ Anka den Kopf auf die Bruſt ſinken.“ Afanaſſiew trat auf ſie zu, hob ihr das Kinn und blickte ihr verlangend in die großen dunklen Augen, in denen Tränen ſchimmerten. „Nehmen Sie die Sache nicht do tragiſch, ſchöne Anka! Mein Gott, Ich denke, Sie haben ſich „Acht und Bann über den Bauersmann! Sprachen die Herren im Lande herum. „„. Krieg denn, Krieg! Roter Hahn, flieg' Flieg' über die Schlöſſer all! Schwing' die Flügel und krähe! Niemand ackere, niemand ſäe! Oed ſei Scheu'r, Hof und Stall! Mähet, Mähder! Sichelt, Schnitter! Mähet, Pfaffen! Sichelt, Ritter! Haben die Väter den Leib verkauft, Wurden wir drum leibeigne Knechte? Andere Zeiten, andere Rechte— Mit Blut ſei's umgetauft!“ So ſingt Hermann Lingg, der Bayer vom Bodenſee. Und Börries, Freiherr von Münchhauſen, ergänzt das grauſige Bild: „Ja, gnade dir Gott, du Ritterſchaft! Der Bauer ſtund auf im Lande. Und tauſendjährige Bauernkraft Macht Schild und Schärpe zu Schande!“ Und aus der großen ſchweren Maſſe der wehrberei⸗ ten Bauern heben ſich einzelne Geſtalten wie Rieſen der Vorzeit ab. Ein Recke iſt dieſer Bauernſchmied: „Der ſtärkſte Mann des Lands, Der Schmied von Kochel, der Meier Hans.“ Er zieht mit den Seinen, die erbittert ſind, daß der Landesherr Max Emanuel im Elend weilen muß, gegen die Kaiſerlichen, die München beſetzt halten, in die„Send⸗ linger Bauernſchlacht“, wo er ſich neuerlich ruhmvoll be⸗ währt und fällt, als der Letzten einer des verſprengten Bauernheeres. So wird ſie nur allzu wahr, ihre Parole: „Lieber bayeriſch ſterben als kaiſerlich verderben!“ Hans Hopfen beſingt dieſe blutige„Chriſtmette“, die ſo gutes Bauernblut verrinnen ließ, und die Taten des reckenhaften Schmiedes mit ſeiner Eiſenkeule: „Und wird von ſolchem Bauernſtreich Noch Kindeskind erzählen!“ Mit Stolz erzählen die Weſtfalen von zwei Bauern⸗ ſchmieden, die ein gleicher Geiſt erfüllte, nämlich von je⸗ nem, der ein Bündel Bajonette ſchmiedete, auf den Buckel nahm und ſich beim Alten Fritzen kriegsfreiwillig mel⸗ dete, weil dem Wackeren der Unglückstag von Kolin im Herzen weh tat. Und ihm nacheiferte jener andere, der Anno 1813 zwar ſeiner Gebrechen halber nicht mehr„an⸗ treten“ konnte, aber ein Bündel Senſenklingen zu Land⸗ ſturmlanzen umſchmiedete und dem alten Blücher ſchickte. Ein Nachbar— Großbauer im Siegerland— ſandte dem Marſchall Vorwärts ſein letztes Pferd:„Alle anderen haben die Franzoſen mir ſchon fortgeholt, nun mag ein deutſcher Reiter dieſes Pferd den anderen gen Paris nach⸗ reiten!“ Das iſt heldiſcher Opferſinn! Und er ſchließt ſich den Taten und Opfern der Männer an, die jene Erhebung gegen den Tyrannen vorbereitet hatten: die Bauernwirte Andreas Hofer und Peter Mayr, ſowie ein anderer Mann aus Bauernſtamm, Joſeph Speckbacher, der„Mann von Rinn“, wie er nach ſeinem Hof hieß, und den ſein kleiner Sohn— er ließ ſich's nicht ausreden— in die Schlachten hinein begleitet! Bauernblut, Bauernſinn, Bauernfauſt hat ſich immer bewährt und durch die Tat ſich ſelbſt ge⸗ itt W. L. Ich werde die Verhandlungen beſchleunigen.— Aber ich hoffe, wir werden uns inzwiſchen hier auch ganz wohl fühlen— wie?“ „Sie vielleicht— ich nicht.“ „Ich hatte mir Ihre Rückkehr heute eigentlich etwas an⸗ ders vorgeſtellt. Ich dachte, Sie würden ſich ein wenig— dankbarer zeigen...“ „Wofür?“ „Daß ich Ihnen Ihren Willen getan.“ 5 „Daß Sie einen Verbrecher haben verhaften laſſen? Ich dachte, das wäre Ihre Pflicht als Polizeichef?“ „And ich glaube, ſchöne Anka, es wäre für uns alle praktiſcher, Sie würden etwas weniger unliebenswürdig zu mir ſein.— Wo wollen Sie übrigens wohnen? Die Rückkehr in das Haus, wo Sie zuletzt logierten, wird Ihnen vielleicht nach jenem Auftritt nicht angenehm ſein. Ich würde mich freuen, Sie in meinem Hauſe beherbergen zu dürfen.“ „Ich danke für die Einladung. Ich ziehe aber vor, im Gaſthof zu wohnen,“ gab Anka in trotziger Verzweiflung zurück. „Nun, wie Sie wollen!— Wenn Sie ſich aber noch anders beſinnen ſollten: Mein Haus und... mein Herz ſtehen Ihnen immer noch offen.“— Am folgenden Mittag wurde dem Polizeichef gemeldet, daß der verhaftete Zigeuner in das Gefängnis in Tiflis eingeliefert ſei. Afanaſſiew nickte nur gleichgültig; er dachte gar nicht daran, ſein Verſprechen zu halten und die Eröffnung des Verfahrens gegen Dulko zu beſchleu⸗ nigen. Jeden Abend ſprach Anka bei ihm vor, um zu fragen, ob man ausfindig gemacht habe, wohin ſich der Baron von Tiflis aus gewendet und wie es mit der Verhandlung ge⸗ gen Dulko ſtehe. Aber Afanaſſiew behauptete, daß in beiden Angelegen⸗ heiten bisher kein Ergebnis zu erzielen ſei: Der Baron ſcheine ſich abſichtlich unauffindbar zu machen, und der Zi⸗ geuner habe ſich bisher zu keinem Geſtändnis, nicht einmal zu irgendeiner Antwort bewegen laſſen. Dann begann er ſtets ſofort von anderen Dingen zu plaudern und endlich 1 neuen und frecheren Zudringlichkeiten überzu⸗ gehen. 0 Ankas e und Ungeduld wurden immer grö⸗ ßer, beſonders ſeit ſie bemerkte, daß ſie bei jedem Ausgang von Polizeibeamten überwacht und beobachtet wurde, wo⸗ durch ſie ſich auch der Möglichkeit beraubt ſah, Tiflis heim⸗ lich zu verlaſſen und die Suche nach dem Geliebten auf eigene Fauſt zu betreiben. Aber auch Afanaſſiews Geduld war erſchöpft. Als er merkte daß er mit aller Liebenswürdigkeit und Schmeiche⸗ lei nicht weiterkam, riß er Anka eines Tages mit brutaler Gewalt an ſich. Sie biß und kratzte um ſich wie eine wütende Katze, bis er ſie wieder fahren ließ. „Mit mir werden Sie 1 ſo leicht fertig!“ ſagte ſie atemlos und mit einem ſpöttiſchen Lachen.„Ich liebe nur einen Menſchen auf der Welt: Gerhart von Körring. Und wenn es den nicht gäbe, dann...“ „Was dann?“ fragte Afanaſſiew lauernd. „„dann würde ich mir einen anderen ausſuchen als gerade Sie!“ And brutal ſchloß ſie:„Sie ſind mir zu plump und. zu alt.“ Sie hatte die empfindlichſte Stelle des alternden Man⸗ nes getroffen. Ein böſer Blick traf ſie aus den kleinen grauen Augen des Ruſſen und ſein Geſicht wurde um eine Schattierung bleicher. Dann aber ſagte er mit einem ver⸗ kniffenen Lächeln: 8 „Das iſt bitter, was Sie mir da ſagen,— das mit dem Alter, denn dagegen iſt kein Kraut gewachſen. Hof uuvg sq usuuvg uda ohe ond ueuupancpl meg ros fold e ene ende eeuc e „anke use“ „Gepe zd u neee een ehen e, „ nambu on eue e en“ „al eluutcg vzumcß ze ne cnbgu sw cha ol ee een en ehe died“ Mel usef Geief n de eee eee e gun used eunzsnyz uebngu ov uch ung gan uup zg deli Aegi can gun uspiog sein szv geo se uuhvu Bunſipjuvaeg; eig Jin ae bene een eng dong, saglloſpe ssd den used segen ue een e been usbaech sudo aun u: noi gun jh oqanqm 8 uezuvſzea joheang ueigef e „„ ene ebene egen ock use gun aq: uda pnaq requpch uus dug eon neee een eg, uon nd dn uso meaegzubc ͤ dun eech ie uo geg iu ue bos slehsuuzz ene nv se us ug! ada pus eee ebe e de gu unn gun auen eig u nens fplebſol gun ueaccteg Knud nut Sibi uqt ed eee nee e ep b se n aupjaejog seie eee sendu ue an epnvag geſchupz vu o eiae ue ua eue eee een Illog) enau eg o 31 110 d u ehen hr e gubihhne Sou ussgeaneuneg gun usuufbeg ne usgeg sendu ue uegefienesnv degaig evale geg dig uecpbruneleg! pi ene dune en e eee eee eee ee abu nps idle sbeanezun ge eig usupjgz ug ho gejun vaqaesa aequdunpa d ue ei de ee een e Soll eng sog guellor nog munabgz Juello geg „ Ibhoelog meg gon qun soba nasa gde enen ue „nun ee eg e un eee pnane gegen oog eig aba Invavg pleſdb: enol uellvpf nec ag ae ag aenlnhleb anu iqusgnu much zun suehen ed pguebnzz ueuse ei eng uz Gin age zi sj uuvg d uegebeb op ⸗usbnzz dpd eh e eee lee een Ueglelb no usgog ne dupp mug uuvg un buegunlob Anag aufe uv pnich ada qusqeg og aun guss nz song zb en zocanm uellebasa ueqeg uteusel u eu d soon ehe sog zo uuvg gun ono uebol ne 401 Laech use sv uaollnut usagguv sev quae gun cpieig eng ai gun Zuigajlob usckchg eusef aeqn se ao gisgquea nd o„feleheuuzz“ uo gie nd un abc usa Jpicplebaegeſu aeg Jebuc ue 21 Cueſogaea pꝓnagqpozg) aan uſſigh ufd oog fecpicpleblnv eil un usbunznuzagz uelgg uv ſcpnſaelic due soch eeamhegeiu seno negufepzz Uelleg ada ueuefcplae ueleaeqnog ue siv ung oi doc l uusg aequegeaulig gun zeug ueupa usage u usgeleb 6511 aa di de eim gun szeullg pause ug en sig newumpgeb guenqm gun anm obuvj ol: meulupheb anz duslloicplaea daq uv ag gun uegacat zuuvundan ogplaocß uobilſe aufe and sio ab 0 pfl dd hoch aeufe uca 4e ao v udagg udufec oil ad nog Heneseß zewmung ac: Inv pyckoch utoag zul eil de vg aq unvg dcanq jezavanze seing) ueuebejebqv sog ugeugoctegz usbnqn used qun uge quiz uesbenge praneal spasdgecß ud Siege oi on Apvaqeh wum ane eſoheuuz enog 40 egönlec zeneguuneaun gut usbungunlckuich aeuſhnmeblnv unzag aeg onnvag Anagz zou zi ui aeg pnaguſ uegvlob gun uobigna snocpang ueufe gubzlaeqnue bes Jauche ae gueahy m apcnd oom 400 ee ee e eee een been uu vagen aeuimlebun ol un poackl jaeqozs zebunl 8 Inv pafegegßz uangecz so vun aeg Inv usbaout ene nel ci oog gezcpigz uempag dog üoaholge ae vg uognueg ne fegquobejeg diger oled eileg uud pod se fe o gun dueganq uösge! „ea uegeg ui sjputel i— ice megane de gun a0 jc pich ujejnvag— die du go uellſa uueg euugz ae uus uepnazg ne gupcg dig joue ou ufaepngogz aeu v eee ec eee ee lee leech Sole usgunsc usjger usg uf Gi oho a) plaellogz use dic usckchc snegope ua se ehegnach uuvg gun agent dasguv sepeia an! ou meggegnv aeg gigs bpnv og „evaſegegz uazech jeg scpvacklang aeg uebogz“ lellnu uezuvgeg eqog ueagplae a0: ua Sogn as som sah an nv pi uaegu of uegescigvaea ag uda inu icpiu cpi ae nog eng bun ug eujeg injolqv ge usbval quvulel anu ezuucg ol hoch zegeh ng sung egvailsno uup zg geleig dd eh uebilſe zog uoa piu qs ene een en une e e eee ee uobebiue uqufel ung se buvg„zue zdackhl jufgequn aeicich ueinpas dies uon mnagz“ daun uteleig sn qun gbufgequn Luv uespoack joue zbungegun opou aeg ⸗i0a aejqpich Ue mpg a0 ann uunzog gun„ino vu usb aon dab gun ueoge valenegz unge uga qjebelfene sog ecppacklang saejlolctz ulejnpag zuvg eineh eqog de nog 100 oben 6 gun og uueg ae dſgyege ol gun gan inv; jegug ue pu obvag dae duseg sw Inv ozeunv gaegozs (Hungehaog 28) uu neum'c udga upon Spumi pu G6 515 „9 jo Spo un? 99 9 (Ii C-szequcd)„uonvag 3 8 enz e usclunam geuppt opties f a ⸗ioa ange 21 vo G- us pure 1 5 pnaquſc vu og Gilde undd= pylpnatß sr ns uu l ele or auieg06 % een e ehen e eee eee e eee e een e ene „ een er ten eeege zaoulunzg 092 sn uobunlgilnzz „ Rufes i e uegebae uegckalong ndr eee eee en bee 10 88 udſun ppu usgo uga usgoßlcengauc lactz aun ⸗sbupuz ueneg uegng nd asſaggz Je h spe qu uegns dT uegueen sn . npaus gn 8 1 gage eg u Anvaſsg uoa gockg Jepasbungupözc ue eee eue ez zagg Uefgelehuse geg usgoßlcpngsbuv! . 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Ein biß⸗ chen zu viel, glaube ich.“ Ullrich lächelte abwehrend, aber gleichzeitig, während er ſann, wie er dem armen Teufel helfen könne, formte ſich immer heftiger und drängender ein ganz beſtimmter Gedanke hinter ſeiner Stirn. Ja, und er wußte plötzlich, daß er es ſelbſt ſein würde, der ihn zur Quinta brachte, um ihm und Annelieſe eine Freude zu machen! Das Gut würde er allerdings nicht be⸗ treten, nein, ihm genügte ſchon, wenn er von weitem das Fenſter ſah, hinter dem ſie atmete.. ihm genügte, daß Schmidt einen Hauch von ihr zurückbrachte zu ihm, der draußen irgendwo in der Dunkelheit wartete. Seine Augen leuchteten. Obwohl er erſt fünfunddreißig Jahre zählte, war er ſich oft alt und verbraucht erſchienen, aber jetzt ſchäumte es in ihm vor jugendlichem Uebermut. Heute brachte er Schmidt zur Quinta... morgen er⸗ ſuchte er Herrn Pereira um ſeine Entlaſſung... und über⸗ morgen trat er als freier Menſch vor Annelieſe hin war das nicht ein herrlicher Plan? Aber wie kam man zu einem Auto? die Pereiraſchen Wagen ſchieden aus. Nein, für Schwarzfahrten war er noch nie geweſen. Aber würde man ihm nicht in der großen Re⸗ paraturwerkſtätte, wo er ſeit Jahren bekannt war, für die paar Stunden ein Fahrzeug zur Verfügung ſtellen? Ganz ſicher! „Gut!“ rief er heiter,„Ich bringe Sie hin. Wir werden einen Wagen nehmen, verſtehen Sie?“ Robert verſtand, aber er, dem jetzt das Geld nicht mehr locker durch die Hände rutſchen durfte, bekam einen heilloſen Schreck. „Aber das wird ja ein Vermögen koſten, Herr Ullrich!“ „Kaum. Höchſtens ein paar Liter Benzin, und die nehme ich auf meine Kappe.“ Aber das wollte Robert nicht annehmen, nein, das ginge nicht, meinte er verzagt, unter keinen Umſtänden ginge das. Zudem begriff er nicht, was dem Schofför Ver⸗ anlaſſung geben konnte, plötzlich ſo jungenhaft auszuſehen und wieſo er ſich bereit erklärte, ihn ſelbſt auf das Gut zu bringen. Er erriet es nicht. „Alſo abgemacht,“ ſagte Ullrich Carſten mit einer Be⸗ tonung, die keinen Widerſpruch duldete.„Seien Sie heute abend um acht Uhr am Rocio, Ecke Rua Aurea. Früher kann ich leider nicht. Und jetzt müſſen Sie mich entſchuldi⸗ gen. Auf Wiederſehen, Herr Schmidt.“ Die Beſchaffung eines Wagens machte Ullrich keine Schwierigkeiten. Wenn Schmidt pünktlich zur Stelle war, konnte die Fahrt losgehen. Schmidt war pünktlich. Ach, er wartete ſchon ſeit ſieben Uhr und ſtrahlte über das ganze Geſicht, als plötzlich ein kleiner, flinker Sportwagen an der Ecke hielt. „Herr Ullrich!“ rief er beglückt.„Alſo wirklich!“ „Los, los, ſteigen Sie ein!“ Ullrich ſprach während der Fahrt nicht viel. Robert er⸗ zählte ſeine Geſchichte. Aus jedem Wort klang Reue und der Wille, die Scharte wettzumachen. Ullrich lauſchte inter⸗ eſſiert. Dann und wann verſpürte er Luſt, dem jungen Menſchen von ſich aus noch einmal über ſo viel Dumm⸗ heiten die Leviten zu leſen, aber dann ſchwieg er doch. Die Strafe, die Robert bekommen hatte, war hart genug geweſen Nach anderthalb Stunden wurde das Ziel erreicht. Dun⸗ kelheit breitete ſich über das rieſige Anweſen, und nur we⸗ nige Lampen, die auf dem quadratiſchen Hofe verteilt waren, ſpendeten das nötigſte Licht. „Gehen Sie hinein.. ich wende und erwarte Sie hier auf der Straße. Bleiben Sie nicht zu lange, hören Sie?“ Robert gehorchte. Noch ehe er das Gutshaus erreicht hatte, ſchlugen die Hunde an. Ein Mann tauchte aus dem Schatten. Robert ging auf ihn zu, ſprach mit ihm, geſtiku⸗ lierte mit beiden Händen. Dann, nach erfolgter Verſtändi⸗ gung, verſchwanden beide im Hauſe. Ullrich ſah verträumt zu dem einen Fenſter im erſten Stock hinüber, in dem Licht brannte und in dem er Anne⸗ lieſe wußte. Jetzt tauchte ein Schatten auf„ dann ein zweiter.. Robert war bei ihr, Ullrich Carſten lächelte ſtill. Nie hatte er eine Frau ge⸗ liebt. Und nun hatte es auch ihn gepackt. Wie ſonderbar das alles war. Man ſah einen Menſchen und war fafziniert. Wie geheimnisvoll das alles war Zehn Minuten verſtrichen, dann kam Robert Schmidt zurlick. Auf der Landſtraße war es ſtockdunkel, und einige⸗ male ſtolperte er. Erſt als Carſten den Scheinwerfer ein⸗ ſchaltete, fand er die Richtung zum Wagen. Er ſtieg ein, und Carſten fuhr ſofort los. Er wollte nicht in der Nähe der Quinta geſehen werden... ſo lange nicht wenigſtens, ſo lange er noch in Pereiras Dienſten ſtand. Pfeilſchnell glitt der Wagen den Weg zurück. Robert drehte ſich um und wollte noch einmal zum Gutshaus zurückwinken, aber die Mauer, die ſich rings um die Quinta zog, hatte ſich bereits zwiſchen ihn und das weit zurückliegende Haus geſchoben. „Nun?“ fragte Ullrich. Ach, Robert war überglücklich. Sein Wunſch, ſein letzter Wunſch in dieſem Lande, war ja in Erfüllung gegangen! „Sie.. ſie iſt wohlauf, ja?“ Komiſche Frage, dachte Schmidt. Warum ſollte Anne⸗ lieſe nicht 0 0 ſein? Erfreut war ſie geweſen, berichtete er eifrig, erfreut und grenzenlos überraſcht. Und ſie ſei glücklich geweſen, als ſie gehört habe, daß er nun doch heim⸗ reiſe, und habe ihm alles Gute gewünſcht. Alle Einzelheiten erzählte er und vergaß nichts. Dann aber fragte er plötzlich in großem Staunen, ob er, Ullrich, Fräulein Annelieſe auch etwa näher kenne. „Ich? Warum fragen Sie?“ Ullrichs Herz ſchlug plötz⸗ lich ſchneller.„Hat Fräulein Pichler etwas darüber geſagt?“ „Nein, das nicht gerade, aber.“ „Aber?“ Schmidt ſpürte plötzlich Verlegenheit.„Ich dachte nur,“ agte er endlich.„Darum nämlich, weil p weil Fräulein ichler ſo ſonderbar war, als ich ſagte, daß Sie mich 115 gebracht hätten und draußen auf der Straße mit dem Wa⸗ gen warteten.“ Aber dieſe Auskunft befriedigte ihn noch lange 8 „Wieſo ſonderbar?“ verlangte er zu wiſſen.„War Fräulein Pichler ärgerlich darüber?“ „Aber nein!“ „Sondern? Mann, ſo laſſen Sie ſich doch nicht um jedes Wort zehnmal bitten!“ „Sondern—— ja, ich hatte den Eindruck, als freue Sie ſich ſehr. Komiſch, was?“ Darauf blieb Ullrich Carſten die Antwort ſchuldig, aber er war froh, daß Schmidt ſein Geſicht nicht ſehen konnte. Nun ging es bereits auf elf Uhr. Nach einer Weile gab es einen unvermuteten Aufenthalt. Von der entgegengeſetzten Seite jagte ein ſchwerer, gro⸗ ßer Wagen heran. Die Straße war ſchmal, und beide Wa⸗ gen mußten, nachdem ſie ſcharf voreinander gebremſt hat⸗ ten, je ein paar Meter zurückfahren, um einen Zuſammen⸗ ſtoß zu vermeiden. Noch während dieſes Manövers war Ullrich jäh zu⸗ ſammengezuckt. Aus dem Innern der Limouſine ſcholl eine ſchimpfende, lallende Stimme, deren Klang ihm merkwürdig bekannt vorkam. Er verſuchte, Näheres von dem anderen Wagen zu er⸗ ſpähen, aber die grellen Scheinwerfer blendeten ihn. Dann wurde plötzlich die Stimme noch einmal laut— und nun gab es für ihn keinen Zweifel mehr— es war wirklich Joſs Pereiras Stimme! Pereira. hier.. hier mitten in der Nacht auf dem Wege zur Quinta, wo Annelieſe Ein dumpfer Laut entrang ſich Ullrich Carſtens Munde. „Um Gotteswillen, was haben Sie denn?“ fragte neben ihm Schmidt voller Angſt. Aber Ullrich hatte die ſchreckhafte Ueberraſchung bereits überwunden. Er ſtieß die Tür auf und ſprang auf die Straße. „„Halt!“ brüllte er. Aber die Limouſine fegte eben vorüber und er mußte zurückſpringen, um nicht von den vorſtehenden Kotflügeln erfaßt und zu Boden geriſſen zu werden. Und jetzt, da ihn die Scheinwerfer nicht mehr blendeten, erkannte er, daß es die blaue Limouſine war, die da in die Nacht hineinraſte.. dorthin, wo ſie eben herkamen! 0 Schluß folgt.) S. M. Jalakakamimikalaka Zur Zeit des Großen Kurfürſten, der bekanntlich die erſte deutſche Kolonie in Afrika gründete, kam ein Negerfürſt nach der kurbrandenburgiſchen Hauptſtadt Berlin, um dem Kurfürſten zu huldigen. Hier berichten wir von dem Einzug des ſchwarzen Herr⸗ ſchers: Nein, das hatte Berlin wahrhaftig noch nicht geſehen! Schon früh am Morgen war die Straße Unter den Linden ſchwarz von Menſchen, die voller Neugier das ebenſo neu⸗ artige wie aufregende Ereignis erwarteten. Und fürwahr, als der große Augenblick kam, wußte jedermann, daß ſich das lange Warten gelohnt hatte! Schmetternde Fanfaren kündeten das 1 15 des ſeltſamen Zuges an. Hinter den Muſikanten marſchierte mit dröhnendem Schritt eine Kom⸗ panie ſtrammer Grenadiere. Und dann dann dann tauchten drei Mohrenknaben auf, die halb erſchreckt, halb beglückt, in das aufgeregte Meer von Menſchen ſtarr⸗ ten. Sie bildeten aber nur den Vortrupp einer noch viel merkwürdigeren Gruppe, die aus ſechs herkuliſch gebauten Negern beſtand.— Während vier von Bat einen rieſigen aldachin trugen, unter dem ein ein⸗ zelner, prunkbehan⸗ gener, grinſender und nach allen Sei⸗ ten winkender Neger ſchritt, hielten die beiden anderen große, ſeltſam geformte Fä⸗ cher in den ſchwar⸗ zen Händen, mit de⸗ nen ſie ihrem Gebie⸗ ter Luft zufächelten. Das war alſo der Negerfürſt von der afrikaniſchen Gold⸗ küſte, der gekommen war, dem Großen Kurfürſten, ſeinem Herrn, zu huldigen? 5 Wie die Berliner ihn anſtarrten! Wie ſie ihn ſchier mit Blicken verſchlangen! Wie ſie dann zu brüllen und zu ſchreien anfingen und vor Vergnügen in die Hände klatſch⸗ ten! Wie war doch gleich der Name dieſes aftikaniſchen Fürſten? Jakamakatamuno? Nein.. Janakakatoruno auch nicht, nein, wer, zum Kuckuck, kann auch ſolche Namen behalten? Mit„Ja—“ ging's los. Aber die Berliner waren ſchon damals praktiſche Leute, die ſich zu helfen wußten. Jalakakamimfkalaka.. Quatſch mit Soße Jahnke hieß er, jawoll, da zerbrach man ſich doch wenig⸗ ſtens nicht die Zunge! „Jahnke!“ Einer brüllte es.„Hoch, Jahnke!“ Und der Name zündete wie ein Funke.„Jahnke! Jahnke!“ Von allen Seiten praſſelte das neugeprägte Wort.„Jahnke!“— „Hoch, Jahnke!“—„Jahnke, haſt du Gold von der Gold⸗ küſte mitgebracht?“— Jahnke! Jahnke!“— Jahnke, war⸗ um haſt du dich ſo ſchwarz geärgert?“—„Jahnke, wo haſt du denn nur ſo lange geſteckt?“ Ein Lärm war das, daß die Fenſterſcheiben klirrten. Zurufe, Scherzworte, Hochrufe... das alles ballte ſich zu⸗ ſammen zu einer brauſenden Melodie, wie ſie die Linden noch nicht gehört hatten. Was verſtand Jahnke ſchon von alledem, was ihm von allen Seiten entgegenſchallte? Kein einziges Sterbenswort! Und doch fühlte er, daß ſich alle, die da ſtanden, ſehr freu⸗ ten, daß er gekommen war. Er ſah in lachende Geſichter— und wußte, was ihm da zugebrüllt wurde! Und weil er es wußte, wurde er von Augenblick zu Augenblick freigebiger mit ſeinen Dankesbezeigungen, fuchtelte und winkte immer lebhafter mit den Armen und machte kleine hopſende Schritte dabei, wie es eben an der Gold⸗ küſte üblich iſt, wenn der König ſich freut. Ach, es war ein⸗ fach unbeſchreiblich herrlich! Hinter den Bal⸗ dachinträgern kam aber noch etwas, was die begeiſterten Gaf⸗ fer die Münder auf⸗ reißen ließ: ein gutes Dutzend grinſender Neger, die zwiſchen ſich eine wahre Laſt bon Geſchenken ſchleppten... Huldi⸗ gungsgeſchenke für den Kurfürſten: El⸗ fenbein, Früchte, gol⸗ dene Schalen. und denen, die das alles ſehen 0 kam es vor, als erlebten ſie ein Märchen aus Tauſendundeiner Nacht...— Den Schluß bildete wie⸗ der eine Kompanie Grenadiere.. Staunend ſah alles dem Zuge nach, ſo lange, bis er endlich im 1 Schloſſe verſchwunden war. Jahnke war am Ziel ſeiner langen und beſchwerlichen Reiſe! Die Zeremonie im Thronſaal währte eine halbe Stunde, Danach gab der Kurfürſt den Gäſten ein Frühſtück und ließ ihnen auch ſeinerſeits einige Freund⸗ ſchaftsgeſchenke überreichen. Jahnke zeigte ſich für alles empfänglich, aber am beſten von allen Dingen gefiel ihm der Wein vom Rhein, und ſo nachdrücklich bezeugte er da⸗ für ſeine Begeiſterung, daß man ihn eine Weile ſpäter von der Tafel forttragen mußte! In Berlin ſprach man aber noch von Jahnke“, als der längſt wieder heimgereiſt war in ſeine afrikaniſche Heimat 5 f B. Zeichnung: H. Bauer. Meine erſte Rolle Als ich vor einigen Jährchen zum Theater ging, geſchah es mit dem feſten Vorſatz, dereinſt das Publikum durch meine Metiſterleiſtungen als Mephiſto oder Wallenſtein zu entzücken. f Dazu iſt es leider nicht gekommen, weil ich ſchon bei meinem erſten Auftreten jämmerliches Fiasko erlebt und alles zum Lachen gebracht habe. a Und das hat ſich folgendermaßen abgeſpielt: Ich hatte in der Jungfrau von Orleans einen Soldaten zu mimen, der entſetzt auf die Bühne ſtürzen und dort in höchſter Todesangſt die Worte hervorkeuchen mußte; „Das Mädchen!... Flieh!.. Flieh!l. Feldherr!“ Dabei iſt nun das Unglück geſchehen, daß ich ſo ein ganz klein bißchen ausgerutſcht bin, als ich von dem ob dieſer Worte ſchrecklich ergrimmten Darſteller des Talbot den „Todesſtreich“ empfangen ſollte. a Mein Hinplumpſen, ehe der Feldherr der Briten in der Lage war, mich mit ſeinem Schwert zu durchbohren, wäre übrigens nicht weiter ſchlimm geweſen. So etwas kann einem„blutigen“ Anfänger ſchon einmal paſſieren. Jeden⸗ falls hätte ſich beſtimmt darüber kein Menſch aufgeregt, und zwar ſchon aus dem Grunde nicht, weil das Publikum von ——