— r———̃—Ä Nr. 227(2. Blatt). Montag, 28. September 1936 Jugend bahnt neue Wege Die politiſche Sprache der Hitler-Jugend in Rom. Die Glücklichen, die aus den Reihen von Millionen deutſcher Jungen ausgewählt das Erlebnis Italiens in ſich aufnehmen konnten, haben nicht nur ſelbſt Eindrücke empfangen, ſondern in gleichem Maße ausgeſtrahlt. Die Glut der Sonne Italiens, die fremde Vegetation, das milde paſtellfarbene Licht, die zerfallenen Monumente anti⸗ ker Weltreichgröße haben auf die Jungens ihre Wirkung getan, von denen die meiſten über den Bereich ihres Heimatgaues noch nicht hinausgekommen waren. Sie konnten ſich ein Bild von dem Leben der faſchiſtiſchen Jugendorganiſationen machen, feſtſtellen, worin der zehn⸗ jährige Vorſprung des Faſchismus als Staatsidee eine äußere Ueberlegenheit beſitzt oder aber wo die deutſche Jugend— aus anderem Holz geſchnitzt— größere Fort⸗ ſchritte aufzuweiſen hat. Die prächtigen Balillahäuſer, die Großzügigkeit, mit der Italien ſeine Jugendarbeit aus⸗ baut, läßt Erfahrungen und Ergebniſſe einer zehnjähri⸗ gen Tätigkeit erkennen. Und ſo ergab ſich gewiß für die große politiſche Arbeit der beiden verantwortlichen Ju⸗ gendführer manche gegenſeitige Anregung, wie für den einzelnen Jungen das Urteil über ſeine perſönliche Pflicht innerhalb ſeiner Formation einer reiferen Erkennt⸗ nis unterworfen wurde. So mag Urteil und Anregung, Gedanken⸗ und Erfahrungsaustauſch im Hintergrund die⸗ ſer Italienreiſe eine gewichtige Bedeutung gewonnen haben. Der große Augenblick dieſer Reiſe war der Vorbei⸗ marſch an Muſſolini. Wieder war es der einzelne unſerer Jungen, der ſich als Repräſentant der ganzen Nation füh⸗ len mußte, und dieſe nationale Selbſtverſtändlichkeit in einem vorbildlichen Vorbeimarſch bewährte. Aber wich⸗ liger als die große Stunde des jungen deutſchen Men⸗ ſchen, politiſch bedeutſamer als das herrliche Bewußtſein, ſeinem Volke einen großen Dienſt geleiſtet zu haben, war der Eindruck und der Gedanke des Duce, war das rau⸗ ſchende Echo der Menge auf dem Platz vor dem Palazzo Venezia. Wie eine Statue aus Carrariſchem Marmor nahm der Duce erhobenen Armes den Vorbeimarſch der deutſchen Jugend ab. Sein waches Auge nur bewegte ſich lebhaft, muſterte die Köpfe und die ſchnurgerade aus⸗ gerichteten Reihen der Hitlerjungen und Pimpfe. Da war ein kräftiges Ordnungsprinzip in Europa an der Seite ſeines faſchiſtiſchen Staates erſtanden, ebenſo gläubig und einſatzbereit wie der enthuſiaſtiſche Strom des römiſchen Volkes, der applaudierend dem Palaſt gegenüber auf und ab wogte und in Sprechchören ſeinem Duce Ovationen darbrachte. Und das Auge Muſſolinis traf in die deutſchen Jungengeſichter, deren Mienen zu Erz geworden ſchienen — ſo hatte ſie der feierliche Moment ergriffen. Die Augen der Ordnung und des Ehrgefühls grüßten ein⸗ ander, aber es ſprach aus ihnen auch die ä eindring⸗ liche Sprache des eigenen nationalen Le⸗ benswillens. Die überragende Perſönlichkeit des italleniſchen Erneuerers und die jungen Zeugen eines gufgebrochenen und wieder mächtig gewordenen Volkes geüßten einander, und nur die Laute der Marſchtritte, die ſchmiſſigen Märſche der HJ.⸗Kapelle verrieten die hier ge⸗ ſbtöchene Sprache. Das Oberhaupt des Faſchismus nahm zumerſtenmal den Vorbeimarſch einer ausländiſchen Formation ab. Es war die Hitler⸗Jugend! Dieſe Ehrung wird im freundlich wie feindlich geſinnten Ausland als bedeutſamer politiſcher Akt empfunden und der Jugend des Führers eine beſonders aufmerkſame Beobachtung ſichern. Die Formationen der deutſchen Jugend waren vor⸗ heimarſchiert. Zum erſtenmal wandte ſich die marmorne Geſtalt des großen Staatsmannes, ſein Blick wanderte den abmarſchierenden Kolonnen zu, als wollte er die Scheiden⸗ den noch einmal grüßen. Seine Lippen bewegten ſich, als ob ſich ein einziges Wort löſe: bello!(großartig). Nur einen Augenblick, in dem der Duce den politiſchen Wert dieſer Jugend wog, dann ſtieg er vom Podium hinab, um den Führer der deutſchen Jugend im großen Emp⸗ fangsſaal ſeines Regierungspalaſtes in deutſcher Sprache in Rom und im Lande der Schwarzhemden willkommen zu heißen. Ein regelmäßiger Jugendaustauſch ſoll dieſe einmaligen Eindrücke, wie ſie den 452 Jungen ge⸗ ſchenkt wurden, fortſetzen und das Verſtändnis nicht nur von Jugend zu Jugend, von Volk zu Volk fördern, ſon⸗ dern vielmehr auch die Kenntnis von den Lebensnotwen⸗ digkeiten und der politiſchen Lage jedes Volkes reifen laſſen. Eine Fülle lebendigſter Eindrücke hat die deutſche Jugend wieder über die Alpen begleitet. Sie hat viel geſehen, nicht nur mit dem gewöhnlichen Auge, ſondern auch mit dem Auge von Verſtand und Seele. Wenn dieſe verſchiedenartige Aufnahmefähigkeit wächſt und Früchle trägt, dann hat— gleichgültig ob Balilla in Deutſchland oder Hitler⸗Jugend in Italien reiſt— eine ſolche Begeg⸗ nung von Jugend zu Jugend einen tiefen Sinn; Eine unvoreingenommene Jugend kann in Europa einen neuen Weg der Ausſprache wählen, um ſich, ihrem Volk und damit ihrer Zukunft Ausſicht auf einen ehrenhaften Frieden zu erringen. Die badiſche Teilſtrecke Eröffnung durch Reichsſtalthalter Wagner. Bruchſal, 28. September. Am Sonntag fand auf der Zubringerſtraße zwiſchen Bruchſal und Karlsdorf die feierliche Eröffnung der Reichsautobahn⸗Teilſtrecke Mannheim— Heidelberg— Bruchſal durch Reichsſtatthalter Robert Wagner ſtatt. Rechts und links der Bahn waren die Ehrenformationen der SA, SS, des NS und der HJ, ferner die am Bau der Strecke beteiligten Arbeiter angetreten. Kurz vor 11 Uhr traf Reichsſtatthalter Wagner ein. In ſeiner Begleitung befanden ſich die Miniſter Dr. Wak⸗ ker und Pflaumer. Reichsbahnoberrat Kirſch be⸗ grüßte als Vertreter des zuſtändigen Baudirektors der Ab⸗ teilung Frankfurt a. M. den Reichsſtatthalter, die Ehren⸗ gäſte und die ang tretenen Arbeitskameraden. Letzteren ſprach er den Dank der Bauleitung aus und bat dann Reichsſtatthalter und Ehrengäſte, die Strecke zu befahrene Ein Vertreter der Arbeiterſchaft brachte den Dank und den Stolz ſeiner Kameraden zum Ausdruck. Herz⸗ licher Beifall dankte dieſem einfachen Manne, der die rech⸗ ten, zu Herzen gehenden Worte fand. Stürmiſch begrüßt, ergriff darauf Reichs ſtatthalter Robert Wagner das Wort zu ſeiner Eröffnungsanſprache, in der er u. a. ausführte: Während wir hier verſammelt ſind, um eine große Arbeit, ein gewaltiges Werk zu feiern und uns die Kraft zu neuen Leiſtungen zu holen tobt an einer anderen Ecke Europas der Bruderkampf, Arbeiter gegen Arbeiter. Wir deutſchen ſchaffenden Menſchen haben andere Ziele. Der Führer hat uns von einer Fortſetzung der früheren in⸗ neren Kämpfe befreit. Wir können nur mit Grauen zurück⸗ denken, an das, was einſt bei uns geweſen iſt. Wie glück⸗ lich iſt doch das deulſche Volk heute, im nationalſozialiſti⸗ ſchen Staat! Der Kampf hat ſein Ende gefunden und das Volk iſt zu einer einzigen Gemeinſchaft der Arbeit und des Lebens geworden. Der Reichsſtatthalter wandte ſich dann den Ver⸗ kehrsproblemen zu, die ſeit der Machtübernahme durch den Nationalſozialismus mit außerordentlicher Tat⸗ kraft angegriffen wurden. Wir werden vor keiner Schwie⸗ rigkeit kapitulieren oder jemals gar verſagen. Genau wie die Arbeiter auf dieſer Autobahnſtrecke gearbeitet haben, ſo wollen wir an unſerem Reich und an unſerem natio⸗ nalſozialiſtiſchen Staat arbeiten. In dieſem Sinne wollen wie dieſes große Werk hier feiern und den Willen mitneh⸗ men zu neuer Arbeit. Nach weiteren Muſikdarbietungen der Reichsarbeits⸗ dienſtkapelle ertönte aus dem Lautſprecher die Stimme Dr. Todts, der dem Führer an der Breslauer Eröffnungs⸗ ſtrecke über die bisher geleiſtete Arbeit Bericht erſtattete. Mit größter Aufmerkſamkeit wurde dann die Anſprache des Führers verfolgt. Den Abſchluß bildeten das Deutſchland⸗ und das Horſt⸗Weſſel⸗Lied. Das Siegheil des Reichsſtatthalters auf den Führer fand ein begeiſtertes Echo. Pünktlich 12,25 Uhr zerriß der Wagen des Reichsſtatt⸗ halters das weiße Band, das von Mädchen des BdM ge⸗ halten wurde. An die Wagenkolonne des Reichsſtatthalters ſchloſſen ſich die Autobuſſe der Arbeiterſchaft, denen ſich die rund 200 Kraftfahrzeuge mit den Ehrengäſten anreihten. In Heidelberg fand in der Stadthalle für die am Bau beteiligten Arbeiter ein Kameradſchaftsfeſt ſtatt, das die Teilnehmer noch lange beiſammenhielt. Gautreffen des Führerkorps Gauleller Wagner gibt die Richtlinien für die Aufgaben des Winterkampfes. Karlsruhe, 28. September. Den Auftakt für die Kulturwoche des Gaues Baden bildete ein Gautreffen des badiſchen Führerkorps am Samstag mittag in der Reichsſtatthalterei, zu dem die Kreisleiter, die führenden Männer aller Gliederungen, ſo⸗ wie die badiſchen Miniſter erſchienen waren. Wir entneh⸗ men hierüber dem„Führer“: Gauleiter Robert Wagner ſtellte auf der Tagung einleitend feſt, daß die Aufgabenſtellung für die Zukunft auf dem Reichsparteitag in Nürnberg durch den Führer, insbeſondere in ſeiner Proklamation genau umriſſen wor⸗ den iſt.„Wir ſind glücklich“, ſo fuhr der Gauleiter fort, „daß wir als Propagandiſten wieder zu unſerem Volk ſpre⸗ chen können. Wir wollen mit einer gewaltigen Propaganda⸗ und Aufklärungswelle wieder an unſer Volk herankommen und mit ihm über ſeine Nöte ſprechen, in der Ueberzeugung, daß das Volk uns nicht nur verſteht, ſondern auch ſolgen wird, bis alle Schwierigkeiten überwunden ſein werden. Die Arbeit in der Partei oder an der Partei iſt die Grundvorausſetzung für jede erfolgreiche Arbeit an un⸗ ſerem Volk und an ſeiner Kultur. Ich kann es nicht oft ge⸗ nug hervorheben: Der Dienſt an der Partei iſt der höchſte, ſchönſte und wertvollſte, den der Führer überhaupt zu ver⸗ geben hat. Das Entſcheidende, das Wichtige, das Notwen⸗ dige in der Wirtſchaft, in der Kultur, auf allen Gebieten des öffentlichen Leben, muß immer von der Partei aus⸗ gehen.“ 0 Der Gauleiter kam dann auf die Wege zu sprechen, die die Partei zur Verwirklichung ihrer Ziele eingeſchlagen hat. Eine Hauptaufgabe iſt und bleibt die weltanſchau⸗ liche Schulung. Von der Schlußrede des Führers in Nürnberg ausgehend, ſtellte der Gauleiter den ſozialen Cha⸗ rakter des Nationalſozialismus klar heraus. Er muß auch der Leitgedanke unſeres ganzen Winterkampfes ſein „Ich werde“, ſo ſagte der Gauleiter,„die Einrichtungen des Winterhilfswerkes beſuchen und beſorgt ſein, daß es mit allen erdenklichen Mitteln ausgeſtattet wird und im Laufe dieſes Winters zu den höchſten Ergebniſſen kommt. Ich werde mich der Wohnungsverhältniſſe annehmen, mich mit dem Altſtadtproblem, dem Heimſtättenbau, dem Klein⸗ ſiedlungsbau beſchäftigen.“ Als weitere Forderung, die ſich aus dem Nürnberger Reichsparteitag ergibt, bezeichnete der Gauleiter den Kampf gegen den Bolſchewismus,. Die Kultur⸗ auffaſſung vieler Unternehmer insbeſondere ſteht dem Bol⸗ ſchewismus viel näher, als die weiter Arbeitermaſſen. Der Kampf gegen den Bolſchewismus iſt zugleich der Kampf gegen das Judentum, dem Todfeind alles völkiſchen Werdens und Geſtaltens überhaupt. Auf wirtſchaftliche Fragen eingehend bezeichnete der Gauleiter als weitere Aufgabe für den Winter die weitere Erſchließung unſeres Bodens und die Hebung der Wohn⸗ kultur, wobei er im Heimſtättenbau Arbeitseinſatz und Er⸗ folg erwarte. Der Gauleiter richtete abſchließend an ſeine Mitarbeiter einen aufrüttelnden Appell zum Einſatz aller Kräfte in dem großen Kampf um das Wohl unſerer Ge⸗ meinſchaft und im Kampf gegen den Bolſchewismus. Badiſche Gaukulturwoche Der Aufkakt in Karlsruhe. i Karlsruhe, 28. September. Die im Auftrage des Gauleiters und Reichsſtatthalters Robert Wagner von der Gau⸗Kulturſtelle der NSDAP in Zuſammenarbeit mit der Landesſtelle Baden des Reichsmi⸗ niſteriums für Volksaufklärung und Propaganda, der Kul⸗ turabteilung der HJ, Gebiet 21, der NS⸗Gemeinſchaft Kraft durch Freude, der NS⸗Kulturgemeinde und den Lan⸗ desleitungen der Reichskulturkammer in Baden durchge⸗ führte Kulturwoche nahm in der Landeshauptſtadt durch zwei große Veranſtaltungen im Feſthalleſaal, durch eine Morgenfeier der Reichsmuſikkammer und durch eine Kul⸗ turkundgebung in den Nachmittagsſtunden einen höchſt eindrucksvollen und vielverheißenden Beginn. Kulturpreis des Gauleiters in Baden Der Gauleiter und Keichsſtatthalter Robert Wagner hat anläßlich der erſten Kulturwoche der NS DA Gau Baden den„Kulturpreis des Gauleiters in Baden“ geſtif⸗ ket. Dieſe höchſte Auszeichnung unſeres Gaues für kultu⸗ relle Leiſtungen kann an Archilekten, Bildhauer, Maler, Schriftſteller, Dichter und Komponiſten des Gaues Baden verliehen werden. Es werden aber nur ſolche Werke aus⸗ gezeichnet, die aus dem Geiſte der nationalſozialiſtiſchen Weltanſchauung enkſtanden ſind. Der Landeskulturwalter als Vertreter der Reichskul⸗ tuürkammer im Gau Baden und der Gaukulturſtellenleiter als Vertreter der Partei unterbreiten dem Gauleiter und Reichsſtatthalter Vorſchläge zur Verteilung des Preiſes. Der Gauleiter und Reichsſtatthalter beſtimmt hierauf den Preisträger und verleiht jeweils im Rahmen der Kultur⸗ woche der NSDaAp des Gaues Baden den Preis. Der Namen des Preisträgers im Jahre 1936— der damit der erſte Preisträger iſt— wird bei der Eröffnung der Gaukulturſchau am Dienstag, den 29. September, bekanntgegeben. Handelsteil Gut erholt Der Berliner Aktienmarkt nahm die Franc⸗Ab⸗ wertung, die ſehr überraſchend kam, ruhig auf. Die Geſamt⸗ ſtimmung war etwas unſicher, doch konnten die meiſten Aktien⸗ werte zum Teil erhebliche Kursſteigerungen erzielen. 1 größere Gewinne fielen beſonders die chemiſchen Werte auf, IG. Farben 162(158,37), Kokswerke und Chem. 129,75 (126,25) und Rütgers 129(126,75). Die führenden Papiere waren alle befeſtigt, Siemens 186,75(183,75), Vereinigte Stahl 108,37(106.12) und Hoeſch 109,775(106,62). Die Börſe ſchloß in feſter Haltung. Am Geldmarkt trat keine Veränderung ein. Tages⸗ geld notierte wie geſtern mit 2,75 bis 3 Prozent. Am Deviſenmarkt wurde vorläufig die Notierung des franzöſiſchen Franken ausgeſetzt. An der Londoner Börſe wurden keine Geſchäfte in ausländiſchen Währungen getätigt. Deviſenmarkt. Belga(Belgien) 42,06(Geld) 42,14(Brief), dän. Krone 55,96 56,08, engl. Pfund 12,535 12,565, franz. France——. holl. Gulden 168,08 168,42, norw. Krone 62,99 63,11, öſterr. Schilling 48,95 49,05, poln. Zloty 47,04 47,14, ſchwed. Krone 64,63 64,75, ſchweiz. Franken 80,87 81,03, ſpan. Peſeta 28,47 28,53, ital. Lira 19,55 19,59, tſchech. Krone 10,27 10,29 gamer. Dollar 2,488 2,492. 1 in Rom. 5 0 5 5 Vorbeimarſch der HJ. vor Muſſolini. f 15 Höhepunkt der Italienfahrt der 450 Hitlerjungen bildete die Parade vor dem Ducs Weltbild(Ih) Sport des Sonntags Fußball Cänderſpiele. in Prag: Tſchechoſlowakei— Deutſchland 1:2(1:0) in Krefeld: Deutſchland Luxemburg 7:2(3:2) Süddeutſche Meiſterſchaftsſpiele Gau Südweſt: Boruſſia Neunkirchen— Eintracht Frankfurt 42 Sportfreunde Saarbrücken— FK 03 Pirmaſens 111 FS Frankfurt— Union Niederrad 910 Wormatia Worms— SW Wiesbaden aus Kickers Offenbach— FV Saarbrücken 54 Gau Baden: VfR Mannheim— SpVg. Sandhofen aus VfB Mühlburg— Pf Neckarau 212 Freiburger FE— Karlsruher FV 0:3 FV Raſtatt— Germania Brötzingen 113 Nordheſſen: SVg. Niederzwehren— Germania Fulda 112 VfB Friedberg— 1. FC Hanau 93 aus. Boruſſia Fulda— Kurheſſen Marburg 413 Heſſen Hersfeld— SC Kaſſel 3:2 Auf Reiſen f FC Winterthur(Schweiz)— Stuttgarter Kickers 1:6 Handball Gauſpiele in Landan: Südweſt— Württemberg 8:7(32) in Hamburg: Nordmark— Mitte 818(4:5) Süddeutſche Meiſterſchaftsſpiele Gau Baden: SV Waldhof— TW. Ettlingen 713 8 TSV Nußloch— VfR Mannheim 21 abg. TV Rot— TSW Oftersheim 713 TV 62 Weinheim— Seckenheim(Pokalſp.) 5˙4 Tgd Ketſch— Sp St. Leon(Pokalſp.) 9:5 Gau Württemberg: Tgd. Schwenningen— VfB Friedrichshafen 116 Deutſchland Luxemburg 7:2 18 000 Juſchauer in ig— Pörkgen dreifacher Tor⸗ ütze. Schon wenige Wochen nach dem deutſch⸗luxemburgiſchen Fußball⸗Länderkampf innerhalb des olympiſchen Tur⸗ niers, in dem Luxemburg bekanntlich mit 9:0 unterlag, trat die deutſche Nationalmannſchaft am Sonntag in der Krefelder Grotenburg⸗Kampfbahn zum vierten Male gegen unſere weſtlichen Nachbarn an. Wie alle vorhergehenden Treffen endete auch dieſes mit einem einwandfreien deut⸗ ſchen 7:2⸗(3:2)⸗Sieg. Regneriſches Wetter verhinderte es nicht, daß die Gro⸗ tenburg⸗Kampfbahn in Krefeld mit 18 000 Zuſchauern faſt bis 911 den letzten Platz beſetzt war. „In der erſten Viertelſtunde hatte es den Anſchein, als würde das Spiel für die Deutſchen ein kleiner Spaziergang. Unaufhörlich rollten die deutſchen Angriffe gegen das Lu⸗ xemburger Tor, aber hier erwies ſich Hoſcheid 55 ein großer Könner ſeines Fachs. Die deutſche Elf war nach Gefallen überlegen, trotzdem brauchte ſie acht Minuten, um durch Kuzorra den erſten Treffer zu erzielen. Die⸗ ſer Treffer gab den ungekünſtelt ſpielenden Luxemburgern Auftrieb ihr Spiel bekam mehr Forſche, und in der elf⸗ ten Minute hieß es 1:1. Einen groben Schnitzer Buſchs, der Jüriſſen den Ball wegnahm und ihn nicht weg⸗ ſchlug, nutzte Vauler zu einer hohen Flanke aus, die Mengel zum Ausgleich benützte. Jüriſſen hätte bei eini⸗ ger Aüfmertſamkeit dieſen Treffer verhindern muſſen. Die deutſche Elf geriet vollkommen aus dem Tritt, plötzlich machten ſich grobe Mängel, vor allem in der Hintermann⸗ ſchaft bemerkbar. Kurz hintereinander fielen dann zwei Tore. In der 22. Minute flankte Günther zu Malecki. der Deutſchland mit 2:1 in Führung brachte. Zwei Minuten ſpäter ſtellte aber Kemp den Ausgleich wieder her. Die deutſche Abwehr war zu weit aufgerückt, Sievert verpaßte den Ball, der Luxemburger e erreichte ihn vor dem nachſetzenden Rohde, überſpielte dieſen und ſchoß flach ein. Während der deutſche Sturm mit hervorragenden Kombinationszügen aufwartete, wirkte die Hintermannſchaft weiter beängſtigend. Kürz hintereinander würden Mitte der Halbzeit die Luxemburger Außenläufer Schmitt und Touba verletzt, ſo daß ſchließlich nur noch neun Spieler Luxem⸗ burgs auf dem Felde waren. Kurz vor dem Wechſel, in der 44. Minute, brachte Pörtgen nach wunderbarem Durchſpiel auf der rechten Seite Deutſchland 3:2 in Front. Nach der Pauſe kam Luxemburg mit zehn Leuten wieder. Nach Einigung mit der deutſchen Mannſchaftsführung wirkte Roſa als Er⸗ ſatzmann mit, Schmitt und Touba waren alſo nicht dabei. Der deutſche Sturm lag ſofort wieder im Angriff. In der 9. Minute hieß es nach großem Hin und Her 4:2. Einen Schuß Maleckis hielt Hoſcheid hinter der Linie, van Mor⸗ ſel gab aber kein Tor. Pörtgen holte ſich entſchloſſen den Ball und verwandelte. Schon eine Minute ſpäter flankte Günther zur Mitte, Malecki gab mit dem Kopf zu Pörtgen, der den fünften deutſchen Treffer erzielte. Ein zwei Minuten ſpäter erzieltes weiteres deut⸗ ſches Tor gab der Schiedsrichter wegen Abſeitsſtellung nicht. Luxemburg vervollſtändigte ſich jetzt auf elf Mann, Touba kam wieder. Während die Gäſte immer mehr ab⸗ fielen, erzielten Günther und Kuzorra in der 25. und 33. Minute zwei weitere Tore, die Deutſchlands überlegenen 7:2⸗Sieg ſicherſtellten. Auch in Prag deutſcher Sieg Deutſchland gewinnt auch in Prag gegen die Tſchecho⸗ ſlowakei 2:1 Was eigentlich nur die kühnſten Optimiſten erträumt hatten, wenn es auch durchaus im Bereiche der Möglichkei⸗ ten lag, wurde diesmal wahr. Die deutſche Elf konnte in einem großartigen Kampfe gewiſſermaßen in der Höhle des Löwen der überaus ſtarken Tſchechoſlowakei eine neue Niederlage beibringen. Mit 2:1 wurde das Dresdner Er⸗ gebnis aus dem Vorjahre wiederholt, nachdem noch bei der Weltmeiſterſchaft in Rom die Tſchechoſlowakei beim erſten Zuſammentreffen mit 3:1 die Oberhand b ehalten hatte. Zunächſt ſah es allerdings ganz nach einem tſchechiſchen Siege aus. Aber das Führungstor konnte die Mannſchaft weiter anſpornen, ſo überſtand die deutſche Hintermann⸗ ſchaft den kurzen Druck. Nach dem Seitenwechſel kam Deutſchlands Sturm beſſer ins Spiel und errang den knap⸗ pen 2:1⸗Sieg durch Tore von Elbern und Siffling. Zum Schluß ſetzten ſich die Tſchechen zwar wieder mit größter Härte ein, aber an dem deutſchen Sieg war nichts mehr zu ändern. Die 45 000 Zuſchauer mußten— in Erinne⸗ rung an die Mitropa⸗Pokal⸗Niederlage der Sparta— eine neue Enttäuſchung mit nach Hauſe nehmen. Deutſchland hatte verdient gewonnen. Das Spiel Deutſchland hatte Anſtoß. Gleich entwickelte ſich ein tech⸗ niſch guter Kampf, der allerdings nicht die Leiſtungshöhe des Vorjahrstreffens erreichte, wenigſtens nicht in der er⸗ ſten Spielhälfte. In beiden Mannſchaften erwieſen ſich ſo⸗ fort die Verteidigungen als äußerſt ſtark. Unſere Außen⸗ läufer dagegen hatten zunächſt ſchwer zu tun, um die ſchnellen und wenigen Seitenſtürmer der Tſchechen zu hal⸗ ten. Goldbrunner als Mittelläufer legte den gegneriſchen Angriffsführer Sobotka nahezu vollſtändig lahm und nahm damit dem Tſchechen⸗Angriff viel von ſeiner Schlagkraft. Der deutſche Sturm kam aber trotzdem vorläufig wenig zur Geltung. Sehr gute Zuſammenarbeit zeigten Elbern und Siffling, die ſich ſofort gut verſtanden. Lenz, der Dortmun⸗ der„Tank“ kam in den erſten 45 Minuten faſt überhaupt nicht zur Geltung, und darunter litt auch der ſehr wenig beſchäftigte, ja faſt vernachläſſigte Kobierſki. Alle fünf Stür⸗ mer zeigten aber auch wenig Energie, hinter allen Angrif⸗ fen lag noch kein Druck. Ein faſt ähnliches Bild ſah man aber auch auf der anderen Seite. Die erſte Ecke wurde durch Goldbrunner mit Ausſchlagen unſchäblich gemacht. Der ſofort folgende Vorſtoß Siffling-Elbern ſcheiterte aber an der hervorragenden Kunſt eines Planicka. Den zweiten Eck⸗ ball rettete Münzeaberg auf der Torlinie. Obwohl die Tſche⸗ chen immer ſchneller im Abſpiel waren, blieb das Spiel. dennoch offen. Jakob mußte erneut in Aktion treten, aber gleich war die rechte fſchochiſche Flanke wieder da. Neſedly gab den. Ball an Cech, dieſer ſchoß im Fallen an dem her⸗ auslaufenden Jakob hoch vorbei und unhaltbar in die obere Ecke, eine ſchöne Leiſtung. Die Tſchechoſlowa⸗ kei führte 1:0! Ein ſtarker Begeiſterungsſturm über den erſten tſchechichen Erfolg ſetzte ein. Giffling brachte die Entſcheidung Die erſten zehn Minuten nach dem Seitenwechſel gehör⸗ ten ganz den Tſchechoſlowaken, die mit ihrem ſauberen Flachpaß das Spielfeld beherrſchten. Nach zehn Minuten ſetzten ſich dann die deutſchen Stürmer wieder durch, und der erſte Angriff brachte gleich einen Erfolg. Burger und Planicka waren ſich bei einem hohen Schuß des deutſchen Angriffs nicht einig, Elbern ſpurtete blitzſchnell heran, und der kleine Rheinländer konnte zwiſchen den beiden Tſchechen hindurch mit Kopfball ins leere Tor verwandeln. Jetzt über⸗ nahm die deutſche Mannſchaft das Spiel, die ganze Mann⸗ ſchaft 1 ſelbſt Münzenberg und Munkert hatten die Mittellinie weit überſchritten. Im deutſchen Sturm aber war Elbern die treibende Kraft, der durch immer wieder einſetzende Vorſtöße die gegneriſche Verteidigung zerriß, Das Spiel der Tſchechen wurde immer härter. In der 75. Minute war der deutſche Sturm wieder vorn. Kobierfki flankte genau zu Siffling, der bereits vorgelaufen war und genau reagierte. Mit der beſten Leiſtung des Tages ſchoß er den zweiten deutſchen Treffer, Schiedsrichter Olſſon erregte verſchiedentlich das Mißfal⸗ ler der Zuſchauer. Noch waren ſechs Minuten zu ſpielen. Immer wieder verſuchten die Tſchechen, doch noch den Aus⸗ gleich zu erzwingen aber die deutſche Hintermannſchaft war nicht mehr zu ſchlagen Immer noch war das Spiel außer⸗ ordentlich ſchnell, aber ſchon für Deutſchland gewonnen. Als ſich die erſten Zuſchauer bereits von ihren Plätzen erhoben hatten, ertönte der Schlußpfiff. Nach der Enttäuſchung in Warſchau ein ſchöner deutſcher Sieg. 5 11. Feldberg⸗Rennen Bernd Roſemeyer Bergmeiſter.— Auko⸗Anion auf den Krafträdern erfolgreich. Alle Vorbedingungen für das 11. Feldbergrennen auf der „Kanonenſtraße“ am Feldberg im Taunus ſchienen gege⸗ ben zu ſein, als am Sonntag aber der„Wettergott“ den deutſchen Kraftfahrſportlern einen dicken Strich durch die Rechnung machte. Ein feiner Regen, hin und wieder etwas Schnee und auf dem letzten Teil der Strecke ein dichter Nebel, der die Sicht bis höchſtens 10 Meter freigab, waren wohl ausſchlaggebend dafür, daß in ſämtlichen Klaſſen die beſtehenden Rekorde nicht erreicht wurden. Da aber ſowohl für die Krafträder als auch die Rennwagen die Meiſterſchaft entſchieden wurde, hatten ſich dennoch zahl⸗ reiche Zuſchauer eingefunden, die alle Teile der 12 Kilome⸗ ter langen Rennſtrecke umſäumten. Bei den Krafträdern vollbrachte Heiner Fleiſchmann auf ſeiner NS eine großartige Leiſtung. In der 350⸗cem⸗Klaſſe ſicherte er ſich mit dem überlegenen Siege mit 100,2 Stundenkilometer nicht nur die Meiſter⸗ ſchaft dieſer Kategorie, ſondern konnte darüber hinaus als Sieger der Halbliterklaſſe mit 101,2 Stundenkilometer auch noch die beſte Zeit des Tages für Krafträder vor den bei⸗ den Da W⸗-Fahrern Bodmer und H. P. Müller herausho⸗ len. Die Meiſterſchaft war hier aber dem Bielefelder Müller nicht mehr zu nehmen. Bei den„kleinen“ 250. cem⸗Maſchinen ſtand der Sieg Ewald Kluges auf der DK W⸗ Maſchine natürlich nie in Frage, der ſich damit den Mei⸗ ſtertitel ſicherte. Die beiden Seiten wagenläufe ſtanden ganz im Zeichen der beiden Schweizer NSU⸗Fahrer Hans und Eilly Stärkle. Das„ſchnelle“ Ehepaar verhalf den NSu⸗Werken in der 600er Klaſſe mit 93,3 Stundenkilome⸗ ter und in der 1000er Klaſſe mit 90,5 Stundenkilometer zu zwei ſchönen Erfolgen, ſo daß die Neckarſulmer Werke an dieſem Tage vier Sieger ſtellten. Eine feine Leiſtung vollbrachte bei den Sport⸗ wagen der Münchner Kohlrauſch in der 1100 cem⸗ Klaſſe mit ſeinem ſchnellen MM, den er in 95,5 Stunden⸗ kilometer über die Strecke jagte. Er war damit noch ſchneller als der Sieger der 2⸗Liter⸗Klaſſe, der Altonger Berg, der mit Rudolf Caracciolas altem Alfa⸗Romeo 95,2 Stundenkilometer erreichte. Der Münchner Schwe⸗ der wurde mit ſeinem Adler-Wagen kurz vor dem Ziel aus der Kurve getragen, fuhr durch das Gelände, erreichte wie⸗ der die Strecke und wurde noch— Sieger in ſeiner Klaſſe. An der gleichen Kurve ſcheiterte auch Ernſt von Delius, Er fuhr mit ſeinem Auto⸗Union in den Graben. Der Wa⸗ gen wurde dabei leicht beſchädigt und konnte die Fahrt nicht wieder fortſetzen. Auf dem erſten Teil der Strecke ſoll Delius ſogar noch ſchnelter gefahren ſein als Bernd Roſe⸗ meyer, der mit 112,7 Stundenkilometer zwar die beſte Beit des Tages erzielte, aber dennoch unter dem alten Re⸗ kord von Stuck mit 112,9 Stundenkilometer blieb. — „Anka“ 28 Roman von Hans Pofſendorf. 8 Als Dr. Rudolf von Aue dem Briefträger die Poſt abnahm und ſich abermals ein Schreiben aus Rußland für Eliſabeth darunter befand, kämpfte er mit der Verſuchung, dieſen Brief zu öffnen und dann zu vernichten! Er ſah in dieſen Nachrichten von Körring nur ein Unglück für die Schweſter; ſie wühlten ihren Schmerz nur von neuem auf und brachten ihr unerträgliche Qualen. Dennoch brachte Rudolf einen ſolchen Eingriff in Eliſabeths Rechte nicht über ſich und gab ihr ſchweren Herzens das Schreiben. Mit fliegendem Atem riß ſie den Brief auf, überflog die wenigen Zeilen und ſagte dann mit halberloſchener Stimme: i 5 „Gerhart iſt zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt— wegen angeblicher Spionage— ohne irgendeinen ſtichhal⸗ tigen Beweis— nur auf das falſche Zeugnis des Zigeu⸗ ners und dieſes Mädchen hin.“ Rudolf zuckte die Achſeln. i 8 1„Er hat ſich ſelbſt offenen Auges in dieſes Unglück ge⸗ ſtürzt.“ liſabeth raffte ſich zuſammen: „Wir müſſen ſofort alle nötigen Schritte zur Wieder⸗ aufnahme des Verfahrens tun!“ 5 Der Bruder ſah ſie verblüfft an. Dann rief er heftig: „Du willſt alſo noch weiter deine Hände mit dieſer ver⸗ pfuſchten Exiſtenz beſudeln?“ „Rudolf, vergißt du ganz, daß du heute nicht mehr am Leben wärſt, wenn er nicht geweſen wäre!“ Aber was willſt du denn in der Sache unternehmen, Eliſabeth,“ fragte der Bruder, ſeine Heftigkeit bereuend, in gütigerem Ton. „Alles, was nur möglich iſt! Wie auch immer Ger⸗ hart gehandelt haben mag— aus Bosheit und Niedrigkeit iſt ſein Verhalten nicht entſprungen. Und für mich bleibt, ſolange ich lebe, das beſtehen, was ich ihm damals an ſei⸗ nem Krankenbett gelobt habe: immer werde ich für ihn da ſein; wenn er eines ergebenen Menſchen bedarf.“ Die nächſten Wochen vergingen für Eliſabeth mit eben⸗ ſo aufreibenden wie fruchtloſen Bemühungen. Sie machte Beſuche bei maßgebenden Perſönlichkeiten des General⸗ ſtabes, des Kriegsminiſteriums, der bayeriſchen Regierung. Doch überall fand ſie taube Ohren. g Sie reiſte nach Berlin zum Auswärtigen Amt. Auch dort zeigte man ſich unzugänglich, bis es ihr endlich ge⸗ lang, eine Audienz beim Staatsſekretär zu erreichen. Der ließ ſich endlich dazu bewegen, ein laues Schreiben in der Sache an die deutſche Botſchaft nach St. Vetersburg zu richten des Inhalts, daß man ſich dort über den Fall Kör⸗ ring eingehend informieren laſſen und gegebenenfalls Schritte im Intereſſe des Verurteilten tun möchte. Als nach vier Wochen ungeduldigen Harrens noch im⸗ mer keine Nachricht vom Auswärtigen Amt bei Eliſabeth eintraf, entſchloß ſie ſich, perſönlich bei der deutſchen Bot⸗ ſchaft in St. Petersburg vorſtellig zu werden. Anfang Auguſt reiſte ſie dorthin ab. Der deutſche Botſchafter empfing Eliſabeth von Aue mit Liebenswürdigkeit, aber auch mit unverhohlenem Erſtau⸗ nen. Auf ihre Bitte um dringlichſte Behandlung des Fal⸗ les ſagte er: „Verzeihung, mein gnädiges Fräulein— darf ich zu⸗ nächſt fragen, in welchem verwandtſchaftlichen Verhältnis Sie zu Herrn Baron von Körring ſtehen?“ „In keinem verwandtſchaftlichen, Exzellenz. Wir ſind befreundet.“ Und da Eliſabeth einen eigentümlichen, faſt peinlich forſchenden Ausdruck auf dem Geſicht des Bot⸗ ſchafters wahrnahm, ſetzte ſie hinzu:„Ich war mit Herrn Baron von Körring verlobt.“ „Sie waren mit ihm verlobt?“ Die Verwunderung des Botſchafters ſchien ſich noch zu ſteigern.„Alſo iſt die⸗ ſes Verlöbnis gelöſt worden?“ Da erzählte ihm Eliſabeth frei und offen den ganzen Sachverhalt.— Der Botſchafter hatte ihr aufmerkſam zugehört. Als ſie ihren langen Bericht geendet, ſagte er freundlich: „Ihr Verhalten in der Sache zeugt von einer großen und ſeltenen menſchlichen Güte, für die ich Ihnen nur meine Bewunderung ausſprechen kann. Was an mir liegt, ſoll für Herrn Baron von Körring geſchehen. Aber die Schwierigkeiten ſind größer als Sie denken. Ich bin über die ganze Sache jetzt auch ziemlich orientiert. Es hat allerdings lange gedauert, bis ich eine klare Auskunft be⸗ kam, denn in Rußland mahlen die bürokratiſchen Mühlen viel langſamer als bei uns daheim.— Daß der Herr Ba⸗ ron von Körring auf dem Wege nach Kraßnojarsk in Si⸗ birien iſt, wiſſen Sie?“ „Ja, er hat mir von Orenburg aus geſchrieben. Es ſind von da aus noch etwa drei bis vier Monate Marſch — 2600 Werft über Land, nicht wahr?— Er hat die Ver⸗ büßung ſeiner Haft in Sipirien aber ſelbſt 51 „Das habe ich zu meiner Verwunderung erfahren. Können Sie ſich erklären, wie er dazu gekommen iſt, eine ſolche Strapaze freiwillig auf ſich zu nehmen?“ 5 „Ja, auch darüber hat er geſchrieben, Exzellenz. Die Zeit des Transportes wird ihm auf die Strafzeit ange⸗ rechnet, und da er überhaupt leidenſchaftlich gern reiſt, iſt es ihm lieber, dieſe Zeit über zu reiſen, als ſie im Gefäng⸗ nis zu verbringen. Er iſt auch von Orenburg aus nicht einem Gefangenentransport, ſondern einem militäriſchen Ablöſungstransport angegliedert worden, und man hat ihm ſogar erlaubt, ſein eigenes Pferd zu benutzen. Ueber die Strapazen des Marſches mache ich mir alſo keine Sor⸗ gen. Aber wenn erſt in Kraßnojarsk eintrifft— wie ſchrecklich kann ſich dann ſein Schickſal geſtalten. In einem ſibiriſchen Gefängnis! Vielleicht zuſammengepfercht mit den gemeinſten Verbrechern!— Ich hoffe zu Gott, daß es Ihnen gelingt, Exzellenz, bis dahin— er wird wohl gegen Ende September in Kraßnorjarsk eintreffen, etwas für ihn zu erreichen.“ „In zwei Monaten.“ Der Botſchafter ſchüttelte ener- giſch den Kopf.„Dieſe Hoffnung müſſen Sie aufgeben, gnädiges Fräulein!— Sehen Sie: Der Antrag auf Wie⸗ deraufnahme des Verfahrens müßte darauf gegründet wer⸗ den, daß die Zeugin, jenes Mädchen, durch beſondere Am ſtände unvereidigt geblieben iſt. Aber man muß ſie erſt mal finden! Wer weiß, wo in der Welt ſie ſich jetzt um hertreilt!“ Und wee ſie dann, in Falle einer Wieder⸗ aufnahme des Prozeſſes, nachträglich den Eid leiſtet was dann? And dann die Entfernungen: St. Petetsbulg — Wladikawkas— Kraßnojarsk! Wieviel Zeit vergeh da nur mit Weiterſendung der Akten. Wenn alles klappte. könnte der Baron vielleicht gerade dann freigeſprochen werden, wenn er die Strafe eben verbüßt hat!— Aber vor allem fehlt es ja auch am guten Willen zu einer Wie⸗ deraufnahme!“.