Nr. 241(2. Blatt). Neckar Bote Mittwoch, 14. Oktober 1986 Von Kontinent zu Kontinent Mit der Heimkehr des Lu ftſchiffes„Hi nden⸗ burg“ von ſeiner 10. Nordamerikafahrt iſt die diesjährige Fahrtenperiode der Deutſchen Zeppelin⸗Reederei im Nord⸗ atlantik⸗Verkehr abgeſchloſſen. Wenn man rückblickend die Leiſtungen des neuen Luftſchiffes einer Würdigung unter⸗ zieht. ſo kann man ebenſo wie in den ſeit der Indienſt⸗ ſtellung des Luftſchiffes„Graf Zeppelin“ inzwiſchen ver⸗ gangenen acht Jahren die Feſtſtellung machen, daß auch der diesjährige Ueberſee⸗Dienſt für beide Luftſchiffe eine Reihe von Erfolgen gebracht hat und für die Deutſche Zep⸗ elin⸗Reederei einen weiteren vielverſprechenden Fort⸗ ſchritt bedeutet. Wenn nicht alles täuſcht, darf man ſogar die letzt beendete erfolgreiche Durchführung von zehn Stu⸗ dienfahrten über den Nordatlantik als einen Wendepunkt in der Entwicklung des überſeeiſchen Luft⸗ ſchiffverkehrs an ſich bezeichnen. Denn es ſteht außer Zwei⸗ fel, daß die ſeit 9 5 Mai dieſes Jahres durchgeführten Verſuchsfahrten zwiſchen Europa und Nordamerika den un⸗ eingeſchränkten Beweis dafür geliefert haben, daß das Luft⸗ ſchiff beſonders berufen iſt, als ſicheres vollwertiges und zeitſparendes Schnellverkehrsmittel für den Perſonenver⸗ kehr über den Ozean zwiſchen den Kontinenten eingeſetzt zu werden. Die in dieſem Jahre in teilweiſe etwa zehntägigem Wechſel angeſetzten zehn Verſuchsfahrten des Luftſchiffes „Hindenburg“ nach den Vereinigten Staaten wurden auf Grund eines im voraus feſtgelegten Fahrplans durch⸗ geführt. Die im Fahrplan veröffentlichte Fahrtdauer von zwei bis drei Tagen für die Strecke n fi ble Nüceſe und von etwa zwei bis zweieinhalb Tagen für die Rückreiſe konnte in den meiſten Fällen erheblich unterboten werden. Die günſtigſten Fahrzeiten, in denen die ungefähr 6000 Ki⸗ lometer lange Strecke Frankfurt Lakehurſt zurückgelegt werden konnte, waren 52 Stunden und 49 Minuken in weſt⸗ licher Richtung und nur 42 Stunden und 53 Minuten in öſtlicher Richtung, wobei die Ueberquerung des Nordatlan⸗ tiks von der amerikaniſchen zur iriſchen Küfte nur 16 Stun⸗ den und 53 Minuten beanſpruchte— ein Rekord, der ſich den bisherigen Leiſtungen der Flugzeuge bei Verſuchsflü⸗ gen über den Nordatlantik würdig an die Seite ſtellt. Die durchſchnittliche Fahrtdauer von Frankfurt nach Lake urſt betrug 66 Stunden und in 11 0 52 Richtung 55 Stun⸗ den. Dieſe Ergebniſſe ſind um ſo bedeutſamer, als das Luft⸗ ſchiff infolge meteobrologiſcher Navigation zum Teil recht erhebliche Umwege machen mußte, um die zur Beſchleuni⸗ gung ſeiner Fahrt jeweiligen günſtigſten Wetterverhältniſſe auszunutzen. Dadurch gelang es dem Luftſchiff dank ſeiner großen Reichweite den Zeitunterſchied zwiſchen der Ueber⸗ querung des Nordatlantiks in weſtlicher und öſtlicher Rich⸗ tung weitgehend auszugleichen Auf ſeinen zehn Nordame⸗ rikafahrten fuhr das 1 mit einer durchſchnittlichen Stundengeſchwindigkeit von 130 Kilometern, während zeit⸗ weiſe mit Hilfe günſtiger Rückenwinde Geſchwindigkeiten bis zu etwa 300 Stunden⸗Kilometern erreicht wurden. Auch in verkehrsmüßiger Hinſicht können die Ergebniſſe der diesjährigen Nordamerika⸗Fahrten als ae befriedi⸗ gend angeſehen werden: Auf faſt ſämtlichen Reiſen war das Luftſchiff in beiden Richtungen vbollbeſetzt, und bei manchen Fahrten war die Nachfrage nach Plätzen derart ſtark, daß die vorhandenen 50 Plätze nicht ausreichten. Un⸗ ter dieſen Umſtänden erwies ſich der Einbau weiterer Ka⸗ binen als notwendig, ſo daß das Luftſchiff mit der Re⸗ kordzahl von 72 Fahrgäſten, abgeſehen von der 55, köpfigen Beſatzung, am 17. September ſeine 8. Nordame⸗ rikafahrt von Frankfurt a. M. aus antreten konnte. Durch⸗ ſchnittlich befanden ſich in weſtlicher Richtung 48 che und heimkehrend 52 1 5 an Bord des Luft chiffes. Auch die mit dem Luftſchiff über den Nordatlantik beför⸗ derten 4500 Kilogramm Poſt und 3800 Kilogramm Fracht, darunter mehrere Flugzeuge und Kraftwagen, ſind Leiſtun⸗ gen, die alle Erwartungen übertrafen. Wenn man die von dem Luftſchiff„Hindenburg“ auf ſeinen insgeſamt 46 größeren und kleineren Fahrten ſeit Anfang März zurückgelegten Strecken zuſammenzählt, ſo entſpricht dies mit annähernd einer Viertel Million Kilome⸗ tern einer ſechsfachen Fahrt um die Erde. Gerade dieſer Vergleich läßt erkennen, eine wie weib Fahrtſtrecken⸗ leiſtung das neue Luftſchiff in der kurzen Zeit von ſieben Monaten vollbracht hat. Abgeſehen davon, daß die meiſten Fahrten des Luftſchiffes über den ſchwierigſten und in me⸗ teorologiſcher Hinſicht unbeſtändigſten Teil des e Ozeans erfolgten, ſtellte der ununterbrochene den es Luftſchiffes in den Ueberſee⸗Dienſt mit ſeiner dichten olge von Ankunft und Abfahrt an Schiff und Beſatzun die ſtärkſten Anforderungen. Betrug doch der Aufenthalt in den Luftſchiffhäfen durchſchnittlich nur ein bis zwei Tage, zuweilen ſogar nur wenige Stunden. Die große Zahl der von dem Luftſchiff„Hindenburg“ bisher beförderten Paſſa⸗ giere— 2057 Fahrgaſte davon 1309 im Ueberſeedienſt— iſt ein Beweis für das große Vertrauen und die beſon⸗ dere Beliebtheit, die ſich das neue Luftſchiff infolge einer allen Anſprüchen Rechnung tragenden Einrichtung und ſei⸗ ner e Fahrteigenſchaften bei den Reiſenden der ganzen Welt ſo ſchnell erobert hat. Mit der erfolgreichen Durchführung dieſer zehn Nord⸗ amerikareiſen ſind die Aufgaben des Luftſchiffes„Hinden⸗ burg“ in dieſem Jahre jedoch keinesfalls beendet. Am 21. Oktober tritt das Luftſchiff von Frankfurt aus ſeine fünfte Südamerikafahrt an, der in 14⸗tägigen Abſtänden 20 weitere Reiſen bis Ende November folgen. Durch den 9 0 beider S e im Südamerikadienſt wird der von dem 10 J„Graf Zeppelin“ ſeit dem Jahre 1931 durch⸗ geführte Verkehr über den Südatlantik zum erſten Male zu einem wöchentlichen Dienſt 5— eine neue Etappe 1 Entwicklung der deutſchen erkehrsluftſchiffahrt nach eberſee. Das Fahrtenprogramm für das kommende Jahr liegt in ſeinen Einzelheiten zurzeit zwar noch nicht endgültig feſt, jedoch iſt damit zu rechnen, daß für das nächſte Jahr ein der e e ähnliches Programm aufgeſtellt wird. Der Sü amerikadienſt ſoll im März oder April wieder aufgenommen werden, während die Verſuchs⸗ 1. nach Nordamerika vorausſichtlich im April oder al fortgeſetzt werden und in abſehbarer Zeit N zu einem regelmäßigen Dienſt ausgebaut werden können. „Schaffende ſammeln und geben!“ Die Deutſche Arbeitsfront ſammelt am 17. und 18. Oktober für das WSW. Jeder Deutſche tut ſeine Pflicht. Im Dienſt des techniſchen Fortſchritts Erſte e der Lilienthal⸗Geſellſchaft. Ausländiſche Luftfahrt ſtark verkreken. Berlin, 13. Oktober. Die Lilienthal⸗Geſellſchaft für Luftfahrtforſchung hielt ihre erſte Hauptverſammlung ab. Als Vertreter des Reichs⸗ luftfahrtminiſteriums wohnte der Chef des Techniſchen Amtes des Reichsluftfahrtminiſteriums, Oberſt Udet, der Tagung bei. Weiter waren anweſend Vertreter der inter⸗ eſſierten Behörden, der Partei, der Wehrmacht, darunter insbeſondere der e ferner führende Mitarbeiter der deutſchen Luſtfahrkwiſſenſchaff, der Luftfahrtinduſtrie und der Wirtſchaft. Auch die ausländiſche duſahrt war ſtark vertreten. Der geſchäftsführende Präſident der Lilienthal⸗Geſell⸗ ſchaft, Miniſterialrat Bäumker, eröffnete die wiſſenſchaftliche dieses mit einem Hinweis darauf, daß die im Frühling dieſes Jahres gegründete Geſellſchaft mit dieſer Hauptver⸗ ſommlung zum erſtenmal durch Vorträge und Beſichtigun⸗ gen an die Oeffentlichkeit trete. Das Präſidium habe an den Schirmherrn der Geſellſchaft, den Reichsminiſter der Luft⸗ fahrt, Generaloberſt Göring, ein Begrüßungstelegramm ge⸗ richtet, auf das folgende Antwort eingegangen ſei: „Ihrer Tagung wünſche ich beſten Erfolg. Im unberirr⸗ baren Willen zur Gemeinſchaftsarbeit bei Lösung der vor uns liegenden großen Aufgaben liegt das Geheimnis für den techniſchen Fortſchritt. engſter Wechſelbeziehungen zwiſchen den wiſſenſchaftlich⸗ techniſchen Arbeiten der Forſchung und der Induſtrie meine wärmſte Unterſtützung.“ Die Reihe der wiſſenſchaftlichen Vorträge eröffnete Prof. C. B. Millican vom California Inſtitute of Techno⸗ logy, Paſadena, Californien, der über ärodynamiſche 3 ſchungsergebniſſe und ihre Auswertung für den Flugzeug⸗ bau berichtete. Den Abſchluß bildete ein Vortrag von Dipl. Ing. F. Nallinger von der Daimler⸗Benz AG. Im weiteren Verlauf der Tagung der Lilienthal⸗Geſell⸗ Wa für Luftfahrtforſchung ergriff Reichsminiſter der Luft⸗ waffe, Generaloberſt Göring das Wort zu ee Ausführungen über die großen der Lilienthal⸗Geſellſchaft geſtellten Aufgaben auf dem Gebiet der Luftfahrtforſchung. Er begrüßte zunächſt die Verſammlung, insbeſondere auch die ausländiſchen Gäſte aus den perſchſed nen Ländern, die durch ihr Erſcheinen den Arbeiten und Beſtrebungen der Lilienthal⸗Geſellſchaft ihre Anerkennung zeigten. Durch die Namensgebung der Geſellſchaft ſei eine Dankesſchuld an denjenigen deutſchen Mann abgeſtattet worden, der als erſter die uralte Sehn⸗ ſucht des Menſchenflugs verwirklicht habe. In ſeinem Geiſte 5 weitergearbeitet werden. Es ſei für die deutſche Luft⸗ ahrt, für die zivile Luftfahrt 97 wie für die Landes⸗ verkeidigung von höchſtem Wert, daß in der Lilienthal⸗Geſellſchaft frucht⸗ bare Arbeit geleiſtet werde, denn gerade auch in der Flie⸗ gerei müſſe die Praxis ſtets auf tiefgründigen und weit⸗ ſchürfenden Forſchungen und wiſſenſchaftlichen Erfahrungen aufbauen. Nicht zuletzt ſei die Forſegungsgrbeit der Lilien⸗ thal⸗Geſellſchaft eine Vorausſetzung dafür, daß der Weg der deutſchen Luftfahrt immer weiter aufwärts führe. Die in der Lilienthal⸗Geſellſchaft geleiſtete Arbeit diene jedoch nicht allein der deutſchen Luftfahrt, ſondern ebenſo ſehr auch dem allgemeinen Forkſchritt. Generaloberſt Göring ſprach zum Schluß ſeiner Aus⸗ führungen gegenüber den aus lä ndiſchen Teilnehmern an der Tagung die Bitte aus, daß ſie an den Arbeiten der Geſellſchaft mit warmem Herzen Anteil nehmen möchten denn dieſe Gemeinſchaftsarbeit in friedlichem Wettbewerb diene der Erhaltung des Friedens, der allein die Menſch⸗ heit in den Genuß der großen Segnungen der Luftfahrt bringen könne. Als Auftakt zu dieſer erſten Hauptverſammlung der Li⸗ lienthal⸗Geſellſchaft hatte im Neuen Palais in Potsdam ein Begrüßungsabend für die in⸗ und ausländiſchen Teilnehmer der Tagung ſtattgefunden. Sie finden daher beim Ausbau — Freiwillige für die Leibſtandarte Adolf Hiller Muſterungen in Koblenz, Marburg und Kaſſel. Für die zurzeit ſtattfindenden Einſtellungen von Frei⸗ willigen in die Leibſtandarte SS. Adolf Hitler finden am 29. Oktober in Koblenz, am 30. Oktober in Marburg und am 31. Oktober in Kaſſel Muſterungen ſtatt. Beweer⸗ ber, die ſich bisher noch nicht wegen ihrer Einſtellung in die Leibſtandarte SS. Adolf Hitler unmittelbar an dieſe ge⸗ wandt haben, können ſich an den nachfolgend angegebenen Tagen und Muſterungsorten unmittelbar bei der Muſterungs⸗ kommiſſion der Leibſtandarte melden und zur Muſterung vorſtellen. Die Bewerber für die Leibſtandarte SS. Adolf Hitler müſſen völlig geſund ſein, eine Mindeſtgröße von 1,78 Meter aufweiſen und dürfen nicht älter als 23 Jahre ein. Von den Bewerbern iſt mitzubringen: ein pollzei⸗ liches Führungszeugnis und ein von einer Parteidienſtſtelle ausgeſtelltes politiſches Zuverläſſigkeitszeugnis. Die Muſterungen finden an folgenden Tagen ſtatt: in Koblenz, Rheinanlagen 15, 5. SS.⸗Standarte, am 20. Oktober, 10 Uhr vormittags; in Marburg, Robert Koch⸗ Straße 7, SS.⸗Dienſtſtelle, am 30. Oktober, 14 Uhr; in Kaſſel, Köllniſche Straße 97, SS. Abſchnitt 30, am 31. Oktober, 14 Uhr. Manger und Ismahr in Ladenburg Auf der Rückreiſe von Stuttgart beteiligten ſich die Olympiaſieger Joſef Manger und Rudi Ismayr an einem Schwerathletikabend des ASV. Ladenburg, der einen glänzenden Verlauf nahm. Gauführer Schopf(Mann⸗ heim) konnte den beiden Olympiaſiegern die Benz⸗Pla⸗ kette überreichen, und die gleiche Ehrung wurde einem verdienſtvollen badiſchen Schwerathletik⸗Pionier, Juſtizrat Dir. Ritter, der gerade ſein 70. Lebensjahr vollendete und aher ſelbſt aktiv kätig war, zuteil. Im Gewichtheben Dachte Ismayr 690 Pfund(Drücken 210, Reißen 210, 1 ßen 270) zur Hochſtrecke, während Manger 780 Pfund 230, 300) ſchaffte. Auch die einheimiſchen Gewicht⸗ er Stahl, Trill und Friedrich warteten mit achtbaren Leiſtungen auf. eginn des Pflicht⸗Zehnkampfes für SA.⸗Führer. Die Hechtrolle, eine der Mutübungen innerhalb des Pflichtzehnkampfes für SA.⸗Führer, der erſtmalig von der Weſtberliner SA.⸗Standarte 7 in dieſen Tagen durchge⸗ führt wird. — Moſeifahrt im ſpäten Herbſt Von Carl Bulcke. Als wir zu dritt in Koblenz gegen Abend in die Bahn ſtiegen, um nach Kochem zu 8 ließ uns das Moſeltal wiſſen, daß wir willkommen ſeien. Das Moßfelland hatte uns nebenan junge Leute hingeſetzt, und ſie klangen und fangen juchhei. Das taten wir denn auch: Es gab Wein im Zuge zu kaufen; wir ſtanden am Fenſter und ſahen auf herbſtbeglänzte, rebenhügelbekränzte Landſchaft, fahen über den ſagenden Strom und über ihm die geheimnisvolle Verſchleierung des Nebels, die den Schöpfungsvorgang der Traubenreife mütterlich bewacht. In drei Wochen ſollte die Leſe beginnen. Damit fing die Reiſe an. Um dieſe liebliche und edle Landſchaft zu überſehen, muß man die Moſel auf dem Dampfer befahren, das iſt die Hauptſache. Man ſchäle kunſtgerecht einen Apfel, die Schale darf nicht abreißen: man ziehe die Schale lang und laſſe ſie wieder zurückſchnellen; man betrachte das one Geringel: So und 115 viel anders windet ſich die Moſel. Dort ſteht auf dem Berg eine Burg. Nach einre Weile Dampferfahrt iſt die Burg ein zweites Mal zu ſehen. Geht das mit rechten Dingen zu? Aber ja. Wir ſind unmerklich eine Schleife gefahren und ſehen fetzt die Burg von der Rückſeite. Nun ragen Berge ſteilhoch: Wer die Reben an ihren Hängen betreut, muß klettern können wie ein Gams⸗ jäger. Gleich darauf öffnet ſich die Landſchaft. Feld und Wieſen ſind zu ſehen und Wald in der Ferne Eine Strecke tiefſter Einſamkeit folgt, nirgendwo eine Menſchenſeele; ein Zug von zehn, 5 Reihern ſteigt hoch; dort eine ver⸗ F gotiſche Kapelle und nun wieder dicht beieinander chmucke Städtchen mit ihren erlauchten Namen; jeder Re⸗ benhang trägt ſeine Viſitenkarte ſchwarz auf weiß gemalt. un gehen wir zu 900 Die Ruine Beilſtein. Raub⸗ 5 in der Luft. Das hübſche Mädchen von Reil. Moſel⸗ chiffer in ſchwarzgeſtrickten Joppen, vorn zwei Reihen blan⸗ ker Knöpfe. An der Landungsbrücke liegen Fuderfäſſer, lang und b zwei chen nach Königsberg, zwei 990 England Die Kirche in ernkaſtel, wo abwechſeln proteſtantiſch und katholiſch gepredigt wird. Rotkäppchen mit dem Wolf geht vorüber, 8 e Läßt ſich ein einziger Rebenhang für ſich allein richtig ſchildern? Es 90 nicht an. Denn wenn man richtig zu⸗ ſieht, hat die ſchöngekämmte Fläche eines ſolchen Hangs dreißig, fünfzig perſchie dene Streifen, und jeder Streifen hat ſeine eigene, ſtreng perſönliche grüne Farbe. Es läßt ſich nicht nachzählen. Es mag hier fünfhundert Spielarten in Grün geben. Denn grün, grün iſt alles. Strom, Wieſe, Wald, Rebenhang. Ich habe alle die Tage an der Moſel nach einem hellen Wort geſucht, das all dieſe liebliche Mannigfalt zuſammen⸗ faßt. Nicht ich, Hilde hat das Wort gefunden. Hilde, 190 undzwanzigjährig, ſchöne Hilde, Reiſegenoſſin von Alf bis Zeltigen Wir hörten die Mutter fragen:„Wie gefällt Dir das eigentlich, Hilde?“ Und Hilde tat ihren hübschen Mund auf und antwortete ohne Beſinnen:„zückend, Mutti. Ein⸗ fach zückend“. Am vierten Tag in der Dämmerung, dunkel gegen ſchwarzgrünen Grund, wurden die Türme von Tier ſichtbar. Und dann kam das gewaltige Erlebnis dieſer Stadt, herrlichen Kleinods des Vaterkandes. 5 Wer hat nicht ſchon einmal Moſelwein getrunken? Mir war auf dieſer Fahrt tagtäglich zumute, als tränke ich die⸗ ſen Wein zum erſten Mal. Es 1 zu ſingen und zu ſagen von dieſem Wein, der hier wächſt, und der Rebe, die ihn reifen läßt. Dieſer Wein, der ſchon deshalb liebenswert ſſt, da er von allen Weinen der Welt der blondeſte it, hal alle Eigenheiten ſonſt gewohnter Blondheit auch. un e Vlondheit leiſen Duftes voll, in die Gottvater Vernunft und Unvernunft alles in eins gemischt hat; ſo freilich, daß Ver⸗ nunft gegen ſie nicht aufkommen kann und Unvernunft ver⸗ ſtändig gemacht, ſagen wir: leicht lächelnd getröſtet wird. Bernſteinblaſſe Blondheit, die man trinkt, wie man Mozart⸗ muſik trinkt. Moſelwein iſt die erſte Liebe: Und die Rebe, unter deren gerollter Ranke und ſcharf⸗ gezeichnetem Blatt die Traube reift, Rebe, die ſich an den dunklen feſten Rebſtock ſchmiegt, leicht geneigten Hauptes, wie der pantherbegleitete Bacchus an 1 1 Thyrſusſtab, die Rebe ſcheint das ſüßeſte Sinnbild der Leichtheit, der Erdenſchwere enthobener Freude, Sinnbild des unabläſſig Winkenden. Sinnbild der Lyrik vielleicht auch, deren Vor⸗ recht es iſt, das Unſagbare zu ſagen. —