..* Rr. 265(2. Blatt). Bote Mittwoch, 11. November 1936 Durchführung des Vierſahresplanes prechend ihren den ſo daß ſie enk⸗ Tagung der Narrenzünfte sicherung des einſatzes.— Vechs Anordnungen des erpräſidenten Göring. Berlin, 11. November. Im Reichsanzeiger ſind ſechs Anordnung lan, Miniſter tragten für den abgedruckt, di 0 1 ſichlich der f iachwuchſes, die Sicherſtellung des Bedarfs an Metallarbeitern für ſtaaks⸗ und wirtſchaftspolitiſch bedeutſame Aufträge der Eiſen und Metallwirkſchaft, die Rückführung von Metall- und Bau- facharbeitern in ihren Beruf, die Sicherſtellung der Arbeits⸗ kräfte und des Bedarfs an Bauſtoffen für ſtaats⸗ und wirt⸗ ſchaftspolikiſch bedeutſame Bauvorhaben, die Beſchäftigung älterer Angeſtelller und ſchließlich das Verbot bon Kenn⸗ workanzeigen für die Anwerbung oder Vermittlung von Metallarbeitern und Baufacharbeitern betreffen. Dies ſind die erſten Anordnungen für die Sicherſtellung des Arbeitseinſatzes für die Durchführung des Vierjahres⸗ planes. Während bei der Machtübernahme noch rund ſieben rjahr Millionen Arbeitsloſe gezählt wurden, iſt dieſe Zahl dank der inzwiſchen geleiſteten Aufbauarbeit auf etwa eine Mil⸗ lion zurückgegangen. Hierdurch hat ſich auch das Bild des Arbeitseinſatzes grundlegend gewandelt: Während alſo vor 1933 eine große Arbeitsloſigkeit vorhanden war, iſt heute bei wichtigen Arbeitergruppen, ſo im Baugewerbe, im Me⸗ tall⸗ und Eiſengewerbe uſw. ein ausgeſprochener Facharbei⸗ termangel feſtzuſtellen. Dieſem Facharbeitermangel abzu⸗ helfen dergeſtalt, daß die Aufgaben des Vierjahresplans auch wirklich durchgeführt werden können, dienen die oben er⸗ wähnten Anordnungen. Die Anordnungen ſelbſt enthalten keine Strafvorſchrif⸗ ten. Wer jedoch den Geboten und Verboten, die in dieſen Anordnungen enthalten ſind, zuwiderhandelt, wird nach der im Reichsgeſetzblatt vom 6. November 1936 verkündeten „Zweiten Verordnung zur Durchführung des Vierjahres⸗ planes vom 5. November 1936“ mit Gefängnis⸗ und Geld⸗ ſtrafe, letztere in unbeſchränkter Höhe, oder mit einer dieſer Strafen beſtraſt. Vor Vertretern der Preſſe ging der Präſident der Reichs⸗ anſtalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitsloſenverſicherung, Syrup, auf die einzelnen Anordnungen ein. Er wies dar⸗ auf hin, daß in den Kriſenjahren ſtarke Lücken in den Auf⸗ bau der Gefolgſchaften geriſſen wurden, die zu einer Ver⸗ ringerung der Lehrlingsausbildung führten. Beſonders im Eiſen⸗ und Metallgewerbe und im Baugewerbe machte ſich ein ſtarker Nachwuchsmangel bemerkbar.— Durch die erſte Anordnung des Miniſterprä⸗ ſidenten wird nun den genannten Gewerben zur Pflicht ge⸗ macht, eine Zahl von Lehrlingen auszubilden, die im an⸗ gemeſſenen Verhältnis zu der Zahl der von ihnen beſchäf⸗ tigten Facharbeiter ſteht. Dabei ſollen diejenigen Betriebe, die aus irgendwelchen Gründen Lehrlinge ſelbſt nicht aus⸗ bilden können, durch finanzielle Zuſchüſſe zur Lehrlings⸗ ausbildung bei anderen Unternehmungen herangezogen werden. Die Erfahrung hat gezeigt, daß Facharbeiter nur durch eine geordnete Betriebslehre herangezogen werden können— die Umſchulungsverfahren haben ſich bisher im allgemeinen als ziemlich problematiſch herausgeſtellt. Es hat ſich ber auch gezeigt daß eine ganze Anzahl von fachlich ildeten Metall⸗ und Bauarbeitern nicht in ihren Berufen, ſondern in irgendwelchen anderen Beru⸗ fen beſchäftigt wird. Gerade die Knappheit an Facharbei⸗ tern aber zwingt uns, dieſe Kräfte wieder in ihren Berufen dem Volke nutzbar zu machen. Dazu dient die Anordnung über die Rückführung von Metall. und Baufacharbeitern in ihren Beruf, die die Unternehmer verpflichtet, den Arbeitsämtern mit⸗ zuteilen, wieviele dieſer Fachkräfte bei ihnen berufsfremd beſchäftigt werden. Dadurch wird es jedem Facharbeiter möglich ſein, wieder in ſeinem erlernten Beruf tätig ſein zu können. Die Durchführung des neuen Vierjahresplanes kann aber nur gelingen, wenn keine Arbeitskraft dem deutſchen Volke ungenutzt bleibt. Heute gibt es noch eine, wenn auch kleine Gruppe ſogenannter älterer Angeſtellter(über 40 Jahre), die ſeit Jahren außer Stellung und ohne Erwerb ſind. Das Elend bei dieſen abſolut leiſtungsfählgen Angeſtellten, zu⸗ meiſt Familienvätern, iſt noch außerordentlich. Die Anord⸗ nung des Miniſterpräſidenten geht alſo dahin, dieſe Ar⸗ beitsloſen wieder in den Wirtſchaftsprozeß einzugliedern. Die Unternehmer ſollen angehalten werden, einen beſtimmten Prozenkſatz älterer Angeſtellter in ihre Gefolgſchaft aufzunehmen. Auch hier iſt damit zu rechnen, daß die Unternehmer genügend ſtaatspolitiſches Gefühl haben, um für dieſe Volksgenoſſen zu ſorgen.— Der Stichtag für die Anzeige an das Arbeitsamt iſt in den Januar kommenden Jahres gelegt worden, ſo daß bis zu dieſem Zeitpunkt noch manches bisher Verſäumte nachge⸗ holt werden kann. Sollte aber der Appell an die Unter⸗ nehmer nicht die richtige Wirkung haben, ſo könnten ſie ziemlich energiſch an ihre Pflicht gegenüber der Allgemein⸗ heit en gemacht werden. Es iſt ſelbverſtändlich, daß dabei dem Unternehmer nicht Angeſtellte zugemutet werden die für die Arbeit nicht tragbar ſind. Bei dem allgemeinen Aufſchwung der Wirtſchaft hat ſich herausgeſtellt, daß für ſtaats⸗ und wirtſchaftspolitiſch be⸗ deutſeme Aufträge der Eiſen⸗ und Metallwirtſchaft nicht ge⸗ nügend Arbeiter zur Verfügung ſtehen. Mit dieſem Problem beſchäftigt ſich die Zweite Anordnung zur Durchführung des Vierſahresplanes. Präſident Syrup wies in dieſem Zu⸗ ſammenhang auf die Beſtimmungen dieſer Anordnung hin und betonte zugleich, daß durch das Verbol der gennwork⸗(Chiffre)⸗Anzeigen der wilden Werbung für die genannten Facharbeitergrup⸗ pen geſteuert werden ſoll Dadurch ſolle auch der Abwande⸗ rung aus anderen Induſtrien Einhalt geboten werden. Die Zuſtimmung zur Gefolgſchaftsvermehrung kann nunmehr nach der ſtaaks⸗ und wirtſchaftspolitiſchen Bedeutung der hierzu führenden Aufträge erteilt werden. Wie alſo auf der einen Seite den ſtaats⸗ und wirtſchaftspolitiſch bedeutſamen Aufträgen der Eiſen⸗ und Metallwirtſchaft der genügende Arbeiterſtand geſichert werden ſoll, ſo regelt endlich eine wierte) Anordnung die Sicherſtellung auc des Bedarfs an Bauſtoffen für ſtaats⸗ und wirtſchaftspolitiſch bedeutſame Bauvorhaben. Hier tritt vom 1. Dezember 1936 eine Re⸗ gelung der g privaken und öffenklichen Bauvorhaben 8 ein. Die Verordnung ſoll ermöglichen, ſich ein Bild über 2 0 tigkeit— bei Wertung aller in Frage en, wirtſchaftlichen, kulturellen uſw. kommenden ſt „daß dieſer spolitiſche Ge⸗ len wird, und en Fällen gezwungen den Zwang einzugreifen. bsappell des Bergbaus Akkion zum Schutz des Bergmannes vor den Gefahren ſeines Berufes. Gelſenkirchen, 10. November. Im Beiſein von über 2000 Gefolgſchaftsmitgliedern der Schachtanlage Weſterholt in Gelſenkirchen⸗Buer hielt die Reichsbetriebsgemeinſchaft Bergbau in der DA zur Er⸗ öffnung der Unfallverhütungswoche einen Reichsbetriebs⸗ appell ſämtlicher deutſchen Bergmänner ab. Der Appell wurde auf die für die Bergbaugebiete in Frage kommenden vier Sender Köln, Saarbrücken, Leipzig und Breslau über⸗ tragen. Werkſcharmänner eröffneten mit dem Lied„Wir ſind des Werkvolks Soldaten“ den Appell, worauf der Gefolg⸗ ſchaftsführer Generaldirektor Tengelmann der Toten der Bewegung gedachte und die Tagesloſung verlas. Reichsſtatthalter Gauleiter Dr. Meyer erinnerte hier⸗ auf zunächſt an die Verkündung des Vierjahresplanes und die Eröffnung der zweiten Arbeitsſchlacht Es gehe darum, die wirtſchaftliche Freiheit zu erlangen, Deutſchland unab⸗ hängig zu machen und deutſche Werkſtoffe zu erzeugen. Da⸗ nach behandelte der Gauleiter die ſoziale Frage des deutſchen Bergmannes, die ebenfalls zum Beſten gelöſt werden ſolle. Es müſſe alles geſchehen, was zur Sicherung von Geſundheit und Leben des deutſchen Bergmannes dienlich ſei. Namens der Bergbehörde ſprach Oberberghauptmann Schlattmann zu den Bergmännern über die Aufgaben der Unfallverhütungsaktion. Der Bergmann wiſſe ſelbſt, daß ſeine Arbeit ſchwer ſei, er ſolle aber auch wiſſen, daß alles geſchehe, ihn gegen die Gefahren ſeines Berufes zu ſchützen. Reichsbetriebsgemeinſchaftsleiter Padberg erinnerte an die 28 braven Bergmänner, die vor einiger Zeit bei einem Grubenunglück auf der Schachtanlage„Vereinigte Präſident“ in Bochum ihr Leben laſſen mußten. Die toten Arbeitskameraden mahnten daran, daß alles getan werden müſſe, um die Unfälle im Bergbau auf ein geringſtmögli⸗ ches Maß herabzudrücken. Dieſes Ziel habe ſich der Nakio⸗ nalſozialtsmus geſetzt. Der Führer und Reichskanzler habe das ganze deutſche Volk zum Vierjahresplan aufgerufen. Bei ſeiner Durchführung müſſe auch auf die Erhaltung der Volkskraft durch Verhütung von Unfällen beſonders geach⸗ tet werden. Damit erklärte der Reichsbetriebsgemeinſchafts⸗ leiter die Bergbauunfallverhütungswoche für eröffnet. Flüſſige Lage des Geld markles Berlin, 10. Nov. Der Ausweis der Reichsbank vom 7. November 1936. durch beſonders ſtarke Rückflüſſe ge⸗ kennzeichnet, die auf die flüſſige Geldmarktlage zurückzu⸗ führen ſind und ihren Ausdruck in einem Abbau der Ul⸗ timo⸗Oktober⸗Spitze um 63,4 v. H. gefunden haben. Die eſamte Kapitalanlage in Wechſeln und Schecks, Lom⸗ ards und Wertpapieren zeigt eine Verringerung um 351,1 auf 5194,3 Millionen Mark. An Reichsbanknoten und Rentenbankſcheinen zuſammen ſind 252,4 Millionen Mark aus dem Verkehr zurückgefloſſen. Der geſamte Zahlungs⸗ mittelumlauf wird am Stichtag mit 6424 Millionen Mark ausgewieſen gegen 6712 Millionen Mark in der Vorwoche, 6433 Millionen Mark im Vormonat und 6037 Millionen Mark zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Die Spanne gegenüber dem Vorjahr hat ſich demnach von 446 Millio⸗ nen Mark in der Vorwoche auf 387 Millionen Mark ver⸗ ringert. Die Giroguthaben waren in der Berichtswoche um 71,0 Millionen Mark rückläufig und ſtellen ſich auf 617,8 Millionen Mark. Die Abnahme betrifft ausſchließlich die privaten Konten, da die öffentlichen noch eine kleine Zu⸗ nahme aufwieſen. Die Deckungsbeſtände der Reichsbank zeigen einen geringfügigen Rückgang um 0,4 auf 69,2 Mil⸗ lionen Mark. Gegen Verflachung im karnevaliſtſichen Sinn. Zu ihrer diesjährigen Hauptverſammlung traten die Vertreter der ſchwäbiſch⸗alemanniſchen Narrenzünfte in Rottenburg zuſammen. 28 Zünfte hatten ihre Abgeſandten geſchickt, nämlich: Bräunlingen, Donaueſchingen, Laufen⸗ burg, Oberndorf, Offenburg, Rottweil, Schramberg, Stock⸗ ach, Waldſee, Engen, Löffingen, Möhringen(Baden), Uleberlingen, Bonndorf, Hechingen, Pfullendorf, Radolfzell, Haigerloch, Schwenningen, Breiſach, Waldkirch, Wolfach, Sigmaringen, Mengen, Tiengen, Waldſee, Elzach und Rot⸗ tenburg. Im Verlauf der Tagung konnte Präſident Albert Fiſcher⸗ Villingen, ferner noch den Vertreter der Schweizer Narrenzunft Großlaufenburg begrüßen. Nach herzlichen Begrüßungsworten von Zunftmeiſter Grall⸗ Rottenburg und Bürgermeiſter Seeger ⸗ Rottenburg er⸗ ſtattete Präſident Fiſcher⸗Villingen den Jahresbericht, der hauptſächlich einem Rückblick auf das Narrentreffen 1936 in Oberndorf und den dort gewonnenen Erfahrungen galt. Es ſoll in Zukunft noch ſchärfer darauf geachtet werden, daß bei derartigen Veranſtaltungen nur Faſtnachts⸗ bräuche ſchwäbiſch⸗alemanniſchen Ur⸗ ſ[prungs gezeigt und die Masken auch tatſächlich von al⸗ len Teilnehmern getragen werden. Ferner berichtete der Redner über die Zuſammenſtellung der„Stammbäume“ der Zünfte zum Zwecke ihrer Unterteilung in zwei Gruppen. Gruppe 1 umfaßt die Narrenzünfte mit hiſto⸗ riſchem, Gruppe 2 diejenigen ohne hiſtoriſchen Untergrund. Zum Ort des nächſten Narrentreffens im Jahre 1938 wurde Ueberlingen, der nächſtjährigen Hauptverſammlung Waldshut beſtimmt. Letztere ſoll auf den Tag der Waldshuter„Kilbe“ gelegt werden. Neuen Aufnahmean⸗ trag haben Spaichingen und Immendingen ge⸗ ſtellt. Es kam daher eine recht lebhafte Ausſprache zuſtande. Im Für und Wider zu der Frage, inwieweit die Zünfte auch Veranſtaltungen außerhalb des Bereiches ihrer Boden⸗ ſtändigkeit mitmachen ſollen, kam nachdrücklich ihr zähes Feſthalten am heimat verwurzelten Her⸗ kommen zum Ausdruck. Namentlich Kreiskulturwart Tönnies⸗ Villingen und der Vertreter Walds⸗ huts ſetzten ſich gegen die Gefahr der Verfla⸗ chung des altgermaniſchen Brauchtums etwa im kkarne⸗ vali f iſchen Sinne ein. Die alemanniſche„Fasnet“ habe nichts mit dem zu tun, was wir mit Faſching und Karneval gemeinhin verſtehen. Ihr Brauchtum iſt mit ur⸗ alten kultiſchen Vorſtellungen verknüpft, die in der Seele des Volkes wurzeln. Vorſicht in Gärkellern! Verhaltungsmaßregeln! „Immer wieder hört man in dieſen Tagen bei der Bear⸗ beitung des neuen Weinjahrganges von Fällen, wonach Perſonen beim Betreten von Gärkellern bewußtlos zuſam⸗ menbrachen und in Lebensgefahr kamen. Die Bewohner der Weingegenden müſſen ſich bewußt ſein, daß das Betreten der Weinkeller, in denen der gärende Wein lagert, durch die ſich dort ausbreitende Kohlenſäure lebensgefährlich iſt und daß man vor dem Betreten der Keller regelmäßig Vor⸗ ſichtsmaßnahmen ergreifen ſoll. Die in den Kellern lagernde Kohlenſäure macht ſich in der Regel durch das Erlöſchen eines mitgeführten Lichtes bemerkbar. Sie ſammelt ſich mei⸗ ſtens in der Nähe des Bodens an und ſollte, ehe der Keller betreten wird, entweder durch gründliches Lüften der Kel⸗ lerräume, durch Abſaugen der Luft mittels entſprechender Vorrichtungen oder durch Neutraliſierungsmaßnahmen un⸗ wirkſam gemacht werden. Die Neutraltſterung geſchteht zweckmäßig durch Aetzkalk, der in flachen Gefäßen auf dem Kellerboden aufgeſtelll wird oder durch Gefäße mit Kalk⸗ milch(mit Waſſer angerührten Aetzkalk). Ferner empfiehlt es ſich in jedem Falle, daß niemals eine Perſon allein einen Keller aufſucht, in dem ſich gärender Wein befindet, damit ſofort Hilfe zur Stelle iſt für den durch die Kohlenſäure Gefährdeten. Vollkommen gefahrlos iſt der Weinkeller erſt dann, wenn eine auf den Kellerboden geſtellte brennende Kerze nicht verlöſcht und nicht kleiner brennt. Lebensmittel ſind ſehr wichtig, drum behandle ſie auch richtig! Rundfunk⸗ Programme Reichsſender Stuttgart. Jeden Werktag wiederkehrende Programm⸗Rummern: 5.45 Choral, Zeit, Wetter, Bauernfunk; 5.55 Gymnaſtik; 6.20 Nachrichten; 6.30 Frühkonzert; 7 Frühnachrichten; 8 Waſſerſtandsmeldungen; 8.05 Wetter; 8.10 Gymnaſtik; 8.30 Muſikaliſche Frühſtückspauſe; 9.45 Sendepauſe; 11.30 Für dich, Bauer; 12 Mittagskonzert; 13 Zeit, Wetter, Nachrich⸗ ten; 13.15 Mittagskonzert; 14 Allerlei von Zwei bis Drei; 15 Sendepause; 16 Nachmittagskonzert; 20 Nachrichten; 22 Zeit, Nachrichten, Wetter, Sport; 24 Nachtkonzert. Donnerstag, 12. November: 9.30 Welche Frau hat ein Sachverzeichnis?; 10 Volks⸗ liedſingen; 10.30 Sendepauſe; 15.30 Ein Regentag mit Kin⸗ dern; 17.45 Letzter Herbſtſpaziergang eines Naturfreundes, Plauderei; 18 Konzert; 19 Szeſten aus Puccinis Opern; 19.40 Echo aus Baden; 20.10 Bergauf— bergab, bunte Volksmuſik; 21 angenehm in die Ohren, AUnterhal⸗ tungsmuſik; 22.30 Für die ältere Jugend, Schallplatten; 23 Konzert. Freitag, 13. November: 9. Sendepauſe; 10 Der Mütter großer Opfergang, Hörfolge; 10.30 Sendepause; 15.30 Doktor Allwiſſend, Mär⸗ chenhörſpiel; 17.30 Stimmungsbilder aus dem Bruhrain; 18 Berühmte Tenöre; 19 Wunder des Weltalls; 19.25 Erinnern Sie ſich?; 20.10 Auweh, der 13te, Spiel vom Aberglauben; 22.20 Worüber man in Amerika spricht; 22.30 Unterhaltungskonzert. Samstag, 14. November. 9.30 Sendepause; 10 Stellungskrieg, Hörfolge; 10.30 Sendepauſe; 15 Bauernehre, Hörſpiel um einen Grenzkampf in alter Zeit; 15.30 Volk an der Ruhr; 15.50 15 der Jugend: 16 Froher Funk für Alt und Jung; 18 Tonbericht der Woche; 18.30 Aus beliebten Filmen des Jahres; 19.30 Beim Pälzer Wef, Lieder und Schnooke; 20.10 Wie es euch gefällt, buntes Konzert; 22.30. und morgen iſt Sonntag. Reichsſender Frankfurt. Jeden Werktag wiederkehrende Programm⸗NRummern: 6 Choral, Morgenſpruch, Gymnaſtik; 6.30 Frühkonzert; 7 Nachrichten; 8 Zeit, Waſſerſtandsmeldungen; 8.05 Wetter; 8.10 Gymnaſtik; 8.30 Bäderkonzert; 10 Schulfunk; 10.30 Sendepauſe; 11.15 Programmanſage, Wirtſchaftsmeldungen, Wetter; 11.45 Sozialdienſt; 12 Mitkagskonzert l; 13 Zeit, Nachrichten; anſchließend Lokale Nachrichten, Wetter; 13.15 Mittagskonzert II; 14 Zeit, Nachrichten; 14.10 Schallplat⸗ tenkonzert; 15 Volk und Wirtſchaft; 16 Nachmittagskonzert; 19.40 Tagesſpiegel; 19.55 Wetter, Sonderwetterdienſt für die Landwirtſchaft, Wirtſchaftsmeldungen, Programmänderun⸗ gen; 20 Zeit, Nachrichten: 22 Zeit. Nachrichten? Donnerstag, 12. November: 11.80 Landfunk; 15.15 Kinderfunk; 17.30 Die junge Kolonne; 18 Konzert; 19 Muſik von Joſef Haas; 20.10 Bergauf— bergab, bunte Volksmusik; 21 Keine Angſt vor der Sinfonſe, Sendereihe mit ſchöner Muſik; 22.30 Schallplattenkonzert; 23 Konzerk. 5 Freitag, 13. November: 11 Hausfrau, hör zu; 11.30 Landfunk; 15.15 Dichterſtim⸗ men aus Kurheſſen; 15.30 Herbſtſonne über Strom und Wald, Streifzug durch das Land der jungen Weſer; 17.30 Ein Journaliſt erzählt, Erinnerungen; 17.45 Das dramatiſche Werk von Ernſt Kratzmann, Betrachtung; 18 Muſik aus Dresden; 19 Volksmuſik; 20.10 Der deutſche Weg, Hör⸗ bildreihe; 21 Gaſtſpiel der Londoner Philharmoniker; 22.20 Worüber man in Amerika ſpricht; 22.30 Orcheſterkonzert; 23.20 Für die unermüdlichen, die neueſten Tanzſchlager. Samstag, 14. November: 8.30 Zum Staatsfjugendtag, HJ⸗Spork; 8.45 Sende⸗ pauſe; 11 Hausfrau, hör zu; 15.30 Münden 16 Fro⸗ r Funk für Alt und Jung; 18 Militärkonzert; 19.30 ochenſchau; 19.55 Ruf der Jugend; 20.10 Humor und Tanz in buntem Kranz, bunter Abend; 22.15 Sportſchau; 22.30 .und morgen iſt Sonntag. Beſuch auf den 62 Inſeln Unbekannter engliſcher Norden.— Herbſtlicher Reiſebrief von den Orkneys. Wenn man einen Londoner nach den Orkneyinſeln fragt, zuckt er mit den Schultern und gibt dann, manch⸗ mal, eine Auskunft, die völlig falſch iſt, was Lage, Be⸗ völkerung und das kulturelle Leben der Bewohner jener Gegend betrifft. Eigentlich iſt das kein Wunder— auch heutzutage, im Zeitalter der ſchnellen und ſicheren Ver⸗ kehrsmöglichkeiten, haben ſich dieſe Inſeln, deren wind⸗ umbrauſte Küſten unſeren deutſchen Unterſeebooten da⸗ mals im Großen Kriege oft gefährlich wurden, vollkom⸗ men vom übrigen England abgeſondert gehalten und als einziges Zugeſtändnis an moderne Zeiten einen Waſſer⸗ flughafen gebaut, in dem wöchentlich einmal ein engliſches Poſtflugzeug landet und, noch ſeltener, manchmal einen Paſſagier an Land ſetzt. Die Orkneyinſeln ſind, im höchſten ſchottiſchen Norden, weit zahlreicher, als man gewöhnlich annimmt, denn ſie werden aus rund 67 Inſeln gebildet, von denen 30 Ei⸗ lande bewohnt werden. Tagaus, tagein, ſommers und winters hindurch wehen hier kräftige atlantiſche Winde, von deren Stärke man ſich vielleicht dann eine Vorſtellung macht, wenn man erfährt, daß alle Bäume, ſofern ſie höher als einen Meter wachſen ſollen, in kleinen künſtlichen Tälern aufgezogen werden müſſen, denn die Inſeln ſelbſt ſind, mit einer einzigen Ausnahme, ſämtlich tellerflach, und die eigentliche Moorlandſchaft der Eilande wurde nur in jahrhundertelanger zäher Arbeit der Einwohner, der „Orcadians“, zurückgedrängt, um Platz für wichtige Nah⸗ rungsmittelanlagen zu ſchaffen. So ſeltſam es klingen mag, ſind dieſe winzigen Inſeln die einzigen engliſchen Plätze, auf denen das Ge⸗ ſpenſt des„Landwirtſchaftsproblems“ niemals auftauchte. Während in Schottland und auch weiter im Süden Eng⸗ lands oft die wertvollſten Ländereien nicht ausgenutzt werden können, weil ſie von der Landariſtokratie in Jagd⸗ gründe und rieſige Golfplätze umgewandelt wurden, hat⸗ ten die Feudalherren des Mittelalters und der Neuzeit an jenen unfreundlich ſcheinenden Gebieten kein Inter⸗ eſſe, und der Erfolg war, daß die Bewohner— gleich⸗ zeitig Fiſcher und Bauern— ungeſtört ihren Berufen nachgehen konnten und ſich zu einem Menſchenſchlag ent⸗ wickelten, vor dem der Fremde nur Hochachtung empfin⸗ den kann und den er unwillkürlich mit unſeren deutſchen Frieſengeſchlechtern vergleicht. Wie groß die Heimatliebe dieſer Menſchen iſt, geht daraus hervor, daß man dem Sohn, der in die Welt hinauszog und nach Jahren, vielleicht wohlhabend, in ſeine Heimat zurückkehrt, unverblümt zu verſtehen gibt, daß man ſich zwar über ſeinen Wohlſtand freut, aber daß er an ſeinen Bruder nicht heranreiche, der in der Zwiſchenzeit den väterlichen Boden pflügte und auf Fiſch⸗ zug zog, um das heimatliche Erbe zu erhalten! In vielen Familien der Orcadians hat ſich das urſprüngliche Wikingerblut in erſtaunlicher Reinheit er⸗ halten. Die Männer vor allem ſind faſt ſämtlich groß, mit ſchmalen, langen Köpfen und blondem Haar und haben das uralte natürliche Prinzip der Selbſterhaltung und Selbſtverſorgung auch der größten Gemeinſchaft bis auf den heutigen Tag bewahrt. Während im übrigen Eng⸗ land täglich darüber geſtritten wird, wie lange ſich die Nation in einem Kriegsfall ernähren könne, wenn die Zufahrtswege zu den britiſchen Inſeln, dem„United King⸗ dom“, abgeſchnitten würden, gibt es ein derartiges Pro⸗ blem auf jenen 67 Inſeln nicht. Rinderzucht, Schafherden, Flachs, Gerſte, Weizen, Kartoffeln und Fiſchfang— und natürlich Whiskybrenne⸗ reien— befriedigen die einfachen und unverfälſchten Be⸗ dürfniſſe der Inſelbewohner vollkommen, und ſelbſt die Kleidungsſtücke werden, wie vor Hunderten von Jahren, ſelbſt als Tuch auf den Handwebeſtühlen hergeſtellt. Die unabläſſige Arbeit gegen die ſtürmiſchen Natur⸗ gewalten, bringt es mit ſich, daß dieſer Menſchenſchlag ſchweigſam wurde und mißtrauiſch gegen viele der ſoge⸗ nannten techniſchen Errungenſchaften, mit denen gerade die Landwirtſchaft des engliſchen Südens experimentiert. Hier genügt noch der alte, eiſerne Pflug, von einem Joch Ochſen gezogen und das mit der Hand geſäte Getreide. Fremde, die aus Neugierde ſich dann und wann in dieſen ſtürmiſchen Norden verirren, halten es meiſt nicht länger aus als bis zum nächſten Dampfer, der wöchentlich einmal auf Hoy anlegt und den Verkehr zwiſchen den kleineren bewohnten Eilanden beſorgt. Denn der Orkneybewohner liebt ſeine Landsleute, mit denen er nichts gemeinſam hat und haben will, wenig und zieht den Fremden vor— vor allem Skandinavier und Deutſche. Roman von Paul Hain. 32 Schön, ſchön, wiſperte eine Stimme gegen ſein Ohr, das werden wir ja ſehen. Komm du nur ſelber erſt heil nach Haus. Wenn du ſo weiterjagſt, könnte es ſchon leicht ſein, daß man den Solbakken heute noch zu dir ruft! Unwillkürlich zog der Senator die Zügel an. Die Hand zitterte ihm. Da hinten lag die Schenke von Oll Klöhn. Grau und jammervoll ſelbſt unterm Sonnenglanz. Klöhn ſaß auf einer Bank vor der Tür. Er übte ſich im Würfeln und hatte einen mächtigen Humpen neben ſich ſtehen. Bei jedem hohen Wurf genehmigte er einen ge⸗ hörigen Siegesſchluck. Nun ſah er auf. Die Augen unter den buſchigen Brauen kniffen ſich zuſammen. Dann 1 er leiſe auf und ſich von der Bank er⸗ hebend, machte er einen devoten Kratzfuß vor dem Reiter, der in einiger Entfernung gehalten hatte. „Der Herr Senator van Uylenburgh— ergebenſter Diener, Euer Gnaden— ganz ergebenſter—,“ brabbelte er und rieb ſich die Hände.„O der Ehre—“ Uylenburgh ſaß wie feſtgewachſen auf ſeinem Pferd, das ſich ebenfalls nicht von der Stelle bewegte. Er ſtarrte zu Klöhn hinüber. Ein wütender Gedanke jagte durch ſein Hirn. In die⸗ 155 Schenke alſo war Saskia aufgehoben worden! Bei 3 85 alten, anrüchigen Schenkenwirt hatte ſig Schutz ge⸗ ucht. „Wollen Euer Gnaden nicht einen Trunk bei mir einnehmen?“ rief Oll Klöhn herüber.„Das Pferd 1 ja rechtſchaffen abgeritten, wenn mir eine . einung erlauben dürfte, juſt Zeit zum Verſchnau⸗ Die Role non Amernan Mit den Skandinaviern fühlt er ſich inſtinktiv bluts⸗ verwandt, und die Deutſchen lernte er während des Welt⸗ krieges kennen, als deutſche Unterſeebootbeſatzungen den gefährlichen und manchmal verderblichen Weg um den engliſchen Norden wagten. Vor nichts hat dieſer Men⸗ ſchenſchlag eine ſo große Achtung wie vor den Mut einer Schiffsbeſatzung, ſich auch durch das ſcheinbar Unbezwing⸗ liche nicht aus dem Kurs bringen zu laſſen. 2 0 9 86 g Zarenbeſuch in Croſſen Vor 225 Jahren.— Der ſpütere Soldatenkönig verhandelt mit Peter d. Gr. Man ſchrieb das Jahr 1711. Seit Jahren ſchon tobte in ganz Europa die Kriegsfurie. Während im ſpaniſchen Erbfolgekrieg die preußiſchen Truppen eine Hauptrolle ſpielten und überall Siege erfochten, griff König Fried⸗ rich J. in den nordiſchen Krieg nicht ein. Wie unglücklich die Stellung Preußens zwiſchen zwei Feuern— Schweden und Rußland— war, mußte Friedrich erkennen, als er im Spätſommer 1711 aus dem Haag zurückkehrte, wohin er Ende Mai mit dem Kronprinzen wegen der oraniſchen Erbſchaft gereiſt war. Er fand die pommerſchen Grenzen ſeines Reiches von mehreren Seiten bedroht, da ſich ein Einfall der Ruſſen und der ihnen verbündeten Polen und Dänen in Schwediſch⸗Pommern vorbereitete. Schnurſtracks marſchierten auch die Ruſſen durch preußiſches Gebiet, und der Preußenkönig hatte keinen genügenden Grenzſchutz zur Hand, um dieſen Neutralitätsbruch verhindern zu können. Er entſchloß ſich aber, den Kronprinzen Friedrich Wilhelm zu beauftragen, dieſerhalb mit dem Zaren Peter dem Großen perſönlich zu verhandeln, und zwar in Croſſen an der Oder, das dieſer auf einer Reiſe nach Dresden und weiter nach Karlsbad am 18. September paſſiert hatte, und wo er auf der Heimfahrt am 1. November zurückerwartet wurde. Der damals erſt 23 Jahre alte Kronprinz entledigte ſich dieſes diplomatiſchen Auftrages in glücklichſter Weiſe. Bereits am 29. Oktober hielt er mit nur kleinem Gefolge in der alten Oderſtadt, die drei Jahre zuvor faſt völlig einem Rieſenfeuer zum Opfer gefallen und erſt teilweiſe wieder aufgebaut war, ſeinen Einzug. Zunächſt muſterte und exerzierte er die dort liegenden Truppen, nahm auch mitten unter ihnen— im Freien neben den Kanonen ſitzend ſeine kargen Mahlzeiten ein. In der Frühe des 1. November machte ſich Friedrich Wilhelm auf den Weg, um dem Zaren entgegenzufahren. Zwei Stunden ſpäter etwa fand auf offener Landſtraße die Begegnung zwiſchen den beiden Fürſten ſtatt, und um die Mittagszeit rollten deren Wagen wieder über die Croſſener Oderbrücke. Im erſten Gefährt ſaß der Zar, der den preußiſchen Kronprin⸗ zen„wie einen Sohn im Arme hielt“— ſo ſagt jedenfalls die Chronik. Auf dem Schloſſe bewillkommnete Friedrich Wilhelm im Namen ſeines königlichen Vaters den ruſſi⸗ ſchen Monarchen noch einmal ohne großes Zeremoniell und bot ihm Gaſtfreundſchaft an, die Peter gerne annahm. Bis zum 4. November hielten ſich Zar und Kronprinz in Croſſen auf. In dieſen Tagen, die ausgefüllt waren mit Truppenbeſichtigungen, Jagdausflügen und ſonſtigen beſcheidenen Unterhaltungen, entwickelte ſich trotz des Un⸗ terſchieds der Jahre ein ſchönes Freundſchaftsverhältnis zwiſchen dem Zaren und Friedrich Wilhelm, das ſeinen Urſprung fand in vielen gleichgearteten Weſenszügen und Charaktereigenſchaften und das beſtimmt auch die diplo⸗ matiſchen Verhandlungen günſtig beeinflußte. Zwar glaubte Peter der Große, auf Winterquartier für zwei ſeiner Regimenter auf preußiſchem Gebiet(Pommern und Neumark) beſtehen zu müſſen; aber auch dieſe Forderung wurde preußiſcherſeits dadurch abgewendet, daß man einige Bataillone aus den Niederlanden zurückrief und in die in Frage kommenden Gegenden legte. Und zudem konnte ſich Preußen dank der Initiative ſeines Kronprinzen der berechtigten Hoffnung hingeben, nicht doch noch wider ſeinen Willen in den ſchwediſch⸗ruſſiſchen Krieg verwickelt zu werden. Somit hatten alſo die Novembertage in Croſſen die gewünſchten Erfolge gezeitigt. In Amöneburg fängt der Himmel an Kleines Erlebnis abſeits der großen Straßen. RV. Zwiſchen Kaſſel und Marb urg bei Kirch⸗ hain ſieht man vom Zug aus den Bergkegel von Amöneburg einſam in den Himmel ragen. Man ſieht an ſonnenklaren Tagen ſogar die Zacken der Dächer auf dem Berg zierlich, hoch und heiter, und man ſollte ſich einmal verlocken laſſen, hinaufzuſpazieren. Selbſt an einem trüben Tag, wenn der Dunſt der Erde 0 ieee ſich zu einem dichten Geſpinſt über das Land hoben. ballt, und der Blick nicht weit über die Aecker dringk, With jeſes abſeitige Städtchen zu einer der vielen Ueberraſchungen die das heſſiſche Land für den Wanderer birgt. 5 Wenn die Sonne nur ganz dünn vom Himmel ſchimmert und die Welt im Nebelſchleier geheimnisvoll wird, dann ſcheint alles, der alte Baum am Weg, die ſteinerne Bank wieder den alten Zeiten Heſſens anzugehören, in denen hinter jedem Buſch ein Zwerg hervorlugte und man die Kobolde auf Grashalmen ſchaulelnd traf, und jede Sage helle Wahr⸗ heit war. 5 Der Berg von Amöneburg geht ſteil in den Himmel hinter ihm ſcheint die Welt aufzuhören, rechts und links von dem Berg geht es ins Leere. Verwegen ſieht die Bergſtadt aus, wenn man näher kommt; die Dächer und der Kirchturm ſchneiden zackig in den Himmel, der dicht obendrauf liegt und, wie es hier unten ſcheint, ſeine Wolken dort oben ſchon in die Straßen ſenkt. Der Berg hebt das Städtchen über alles hier b immer höher, fe unten hinaus und anſcheinend mehr man herankommt, ſo daß dort oben bei dem Kirchturm ſicher ſchon der Himmel anfängt. Die Straße geht in Windungen hinauf, darüber ſtehen ſteil Häuſer und Mauern wie eine Feſtung, unten ſinkt daz Land immer tiefer. Dann eine Biegung, und eine Stra öffnet ſich, man geht durch eine Mauerlücke, an einem Wirts⸗ haus vorbei mit Inſchrift und Wappengetier über dem Eif⸗ gang, weiter an Häuſern und Gehöften hin; ein junger Amöneburger ſchichtet einen mächtigen Stapel Holz auf und ruft einen Gruß, wir winken, gehen noch ein paar Schritte und ſind gleich in der Mitte des Städtchens. Ganz ſtill iſt es hier, himmliſch ſtill auf dem Pla mit Bäumen, deſſen Häuſer ringsum aus friedlichen Feg⸗ ſtern auf uns ſchauen. Die Luft über uns und um uns it wolkengrau; denn gleich, noch ein paar Schritte höher, beim Kirchlein, muß ja der Himmel anfangen Wir ſteigen das Gäßchen höher und ſchauen manchmal zurück, können ſchon auf ein paar Dächer gucken und ſehen, wie faſt jedes Haus einen Schuppenpanzer angetan hat von Schiefer oder Schindeln; wir ſteigen weiter, ein ſteinernes Wappen iſt an einem Türpfosten und eine Inſchrift, ſchwer zu buchſtabieren: Col⸗legi⸗um S⸗ Joannis⸗Bap⸗ti⸗ſtae— die Witterung hat die Buchſtaben zernagt, die Jahreszahl iſt kaum noch zu leſen. Ueber uns ſteht wuchtig der graue Kirchturm, rechts fängt ein Gitter an mit einer Hecke dahinter, Tau glit⸗ zertd an jedem Zweig, hinter der Hecke ſtehen Kreuze: der Friedhof. Hier iſt es noch ſtiller als auf dem Platz unten, hier bei den Gräbern. Die Kreuze von Stein und Eiſen ſind vom Tau der Wolke benetzt; in der wir hier oben auf dem ſtillen Berg ſtehen; die Toten des Städtchens in der Erde wohnen auch mit ihren Leibern ſchon im Himmel. Denn der Berg ragt in die große Ruhe hinauf, wo der Wind die einzige Unraſt bringt. Er kommt und geht, ſtreift die Tropfen von den Aeſten, daß ſie leiſe herunterklatſchen, er weht über die Mauer⸗ reſte, die hinter der Kirche ſtehen und huſcht über das Gras in die ſchwarzen Gewölbe hinunter. Ein Plätzchen mit Tannen und Birken hinter der Kirche, Bäume mit großen Kronen zwiſchen den Burgtrümmern, Lin⸗ den mit knappgeſchnittenen Aeſten. In der Kirche wachſen die Spitzbogen in lichten Farben hoch, Heilige ſind auf die Wand gemalt, der Chor wölbt ſich als blauer Sternenhimmel. Draußen trillert ein Vogel leiſe im Gebüſch, das iſt die einzige Stimme hier oben. Aber ein paar Schritte tiefer, am Fuß der großen Mauer, ſchnattert es emſig. Weiße Gänſe rupfen eifrig Gras. Die Mauer geht rund um das Städtchen, von Bäu⸗ men auf der anderen Seite des Weges begleitet. Schwarze Turmſtümpfe ſtehen von Zeit zu Zeit am Abhang, tief unten durch die Verſchleierung des Nebels ſieht man Aecker und zammetgrüne Flächen, dazwiſchen blinken Streifen von Waſ⸗ ſerreſten. Ein paar Bergbuckel wölben ſich durch den Dunſt hoch; man findet noch immer keinen Horizont, die Welt ſſt in der Wolke verſchwunden, die bis ins Unendliche reicht. Aber der Schleier hat ſchon Löcher und Riſſe, ſo daß unten auf dem Land unter dem Blick der Sonne helle Flecken leuchten. Noch die letzte Mauerſtrecke, während droben ein Glöck⸗ chen läutet, dann wieder in die Gaſſe, wo zwiſchen Hühner⸗ gegacker aus einem Haus ein zarter Geigenton klingt. Noch einmal Grüßen und Winken zu guten Amöneburger Geſich⸗ tern hin, dann geht es wieder die gewundene Straße hinab und unten über das Land. Von Kirchhain geſehen, wenn die Sonne dann vom blauen Himmel zwiſchen ganz hohen Wolken frei hindurch ſtrahlt, liegt Amöneburg wieder wie über die Welt hinausge⸗ Rudolf Gläſer. Uylenburgh ſchwoll die Ader über den Schläfen an. „Spar' Er ſich ſeine Einladung,“ knirſchte er. Oll Klöhn lächelte ſauerſüß. „Nun— nun— Euer Gnaden hochwohlgeborene Tochter hat meinen Wein nicht verſchmäht. und der Herr Rembrandt hat oft hier——“ Uylenburgh ſtieß eine derbe Grobheit aus. „Halt Er's Maul—!“ 55 „Oho! Mir hat der Herr Senator nichts zu ver⸗ bieten,“ grimmte ſich Oll Klöhn. Der riß das Pferd herum, Zornröte im Geſicht. Ein Sporendruck— unwillig machte das Tier einen Satz und preſchte davon, wieder den Weg zurück. Klöhn blickte breitbeinig hinterdrein ſpöttiſches Lachen um den Mund. Haſtig begab er ſich nach draußen. Muhme Alberta huſchte gerade den Flur entlang. Sie ſah Uylenburgh mit großen, ſtarren Augen an, als er an ihr vorbeiſtürzte. Anſchlüſſig blickte er ſich eine Weile auf dem Hof um. Was nun? Er ging in den Stall und ſattelte ſich ſelbſt ſein Pferd. Langſam ritt er dann über den Hof. Auf die Gaſſe hinaus. Ich mache einen Spazierritt, ſagte er zu ſich mit ge⸗ waltſamer Ruhe. Nichts weiter. Und er fühlte dunkel, daß er ſich ſelber betrog. Einen Spazierritt? And warum gab er nun dem Gaul die Reitgerte, daß er auskeilte und über die nächſte Gracht ſprengte mit funkenſtiebenden Hufen? Macht Euch nichts vor, Mijnheer van Uylenburgh: Die Fieberrufe Saskias hängen auch hier im Freien in der Luft! Sie hallen aus den Gaſſenwinkeln und unter den Brücken hervor. And wenn du zur Mauer hinaus⸗ reiteſt, ſo fliegen ſie hinter dir her, magſt du dem Gaul noch ſo ſehr die Sporen in die Flanken treiben. Der Gaul hat keine Schuld! und hatte ein Der kann auch nichts dafür, daß des Doktors Solbakken Worte nicht verſtummen wollen.„Laſſet Euch 1115 Worte durch den Kopf gehen, ehe es zu ſpät f E. Van Aylenburgh war ſchon weit vor dem Stadttor. Vögel ſangen in der Luft— ein rechtes ſommerliches Konzert. Aber was ſangen ſie nur? Uylenburgh ſpornte das Pferd von neuem an. Zum Teufel, was konnte er dafür, wenn Rembrandt Schulden hatte und dafür in den Schuldturm kam? Es war nur rechtens, daß er das Bild nicht bezahlt bekam, weil es nicht gefiel! Beſchluß, Herr Doktor Solbakken! Ein Beſchluß war immer rechtens! He? Der Gaul warf den Kopf und wieherte laut, daß es ſich wie ein böſes Gelächter anhörte. Künſtler ſind Menſchen von Gottes Gnaden, fangen die Vögel. Kein Geldſack drückt ihnen das Herz ab. And dazu jubilierten ſie gegen den blauen Himmel, was ihre Kehlen nur hergaben. „FJarbenkleckſer ſind es, Windbeutel, Schuldenmacher, Vagabundenvolk!“ rief Aylenburgh in den Wind, als wolle er die Vögel überſchreien. An einem Bach ging der wilde Ritt vorbei. Das Waſſer glitt dunkel und ruhig dahin, leiſe gluckſend.„Mea culpa— mea culpa—!“ Mitten hinein ſetzte. mit dem Pferd, daß ihm die Tropfen bis zum Hut ſpritzten. Das Pfer ſchüttelte ſich und jagte das andere Ufer hinan.„Mea culpa— mea culpa—“ gluckſte der Bach hinter dem Rei⸗ ter her. „So lauf doch, Schinder!“ brüllte Uylenburgh voller Grimm. Es war kein Reiten mehr— es war ein wildes Hetzen und Dahinbrauſen und Fliehen vor den geheimnisvollen Stimmen ringsum, die nicht ſchweigen wollten. Es war wirklich kein Spazierritt. 5 „Der Solbakken kommt mir nicht mehr ins Haus! ſchrie er vor ſich hin.