Nr. 91 Reckar⸗Bote(2. Blatt) Dienstag, 20. April 1937 Führertagung der badiſchen HJ Stabsführer Lauterbacher über die Aufgaben der Hitlerjugend () Karlsruhe. In Verbindung mit dem Gauparteitag veranſtaltete die Hitlerjugend, Gebiet Baden, eine große Führertagung in der Feſthalle. Nach dem Einmarſch der Fahnen eröffnete Gebietsführer Friedhelm Kemper die Ta⸗ gung und hieß den Stellvertreter des Reichsjugendführers willkommen. Weiter begrüßte er die Vertrelerin der Reichs⸗ referentin und alle Vertreter der Aemter der Reichsjugendfüh⸗ rung. Von ſtürmiſchem Beifall empfangen, legte darauf Stabs⸗ führer Hartmann Lauterbacher in zweiſtündigen Aus⸗ führungen die Aufgaben zur Erziehung der deutſchen Jugend dar. Bei dieſer Arbeit müßten ſich die Führer und Führerin⸗ nen ſtets bewußt ſein, daß die deutſche Jugend nicht immer in der heutigen Geſchloſſenheit zuſammengekommen ſei. Wir lebten heute in einer Zeit ruhigen Aufbaus, in der nicht jeden Tag einer niedergeſchlagen oder niedergeſchoſſen werde. Erſt Generationen, die nach uns kämen, würden voll erkennen kön⸗ nen, was in dem neuen Deutſchland geſchaffen worden ſei. Wenn wir das Wort vom tauſendjährigen nationalſozialiſti⸗ ſchen Reich verwirklichen wollten, müſſe uns jene heilige Be⸗ geiſterung der Männer vor der Feldherrnhalle erfüllen. Wir müßten uns täglich hart anfaſſen und nicht bequem ſein und oberflächlich. Was früher durch das Feuer der Begeiſterung geſchaffen worden ſei, müßten wir durch Liebe, Treue und Ehrfurcht erreichen. Wir wüßten alle, was die National⸗ ſozialiſtiſche Deutſche Arbeiterpartei in der Vergangenheit für Volk und Reich geweſen ſei und daß ſie ſolange exiſtiere, ſolange Deutſchland glaube. Sie ſei der Motor, die Organi⸗ ſation des politiſchen Willens des deutſchen Volkes. Und wenn wir in den kommenden Jahren alle Schwierigkeiten überwinden wollten, dann müßten wir genau ſo wie ſie ſtark und kompromißlos ſein, durchdrungen von der gleichen Tat⸗ kraft und Hingabe. In jedem Jahr müßten auf dem Reichs⸗ parteitag neue 21jährige junge Männer und Mädels erſchei⸗ nen, die als ganze Nationalſozialiſten in die Reihen der Par⸗ tei einträten. Man habe mehr erreicht, als man in den kühn⸗ ſten Träumen erwarten konnte. Trotzdem bleibe für die näch⸗ ſten Jahrzehnte noch harte Arbeit zu erfüllen. Dabei müſſe man ſich auch klar werden, in welcher politiſchen und welt⸗ anſchaulichen Situation ſich das Reich befinde. Da gelte es, was der Führer und ſeine Männer erreicht haben, zu konſoli⸗ dieren und das deutſche Volk zuſammenzuführen zu einer Ein⸗ heit. In dieſem Zuſammenhang wandte ſich Lauterbacher den weltanſchaulichen Feinden des Nationalſozialismus, in er⸗ ſter Linie dem Bolſchewismus, zu.„Anſere Arbeit iſt“, ſo fuhr er fort,„die deutſche Jugend und das deutſche Volk gegen dieſen Feind immun zu machen. Die ſtärkſte Waffe iſt dabei einzig und allein die ſozialiſtiſche Gemeinſchaft und Kamerad⸗ ſchaft eines Volkes. Sie gibt uns die Kraft, jene internatio⸗ nalen Lehren vom Volke fernzuhalten. Denn wir haben auf⸗ geräumt mit allen Vorurteilen aus der liberaliſtiſch⸗marxiſti⸗ ſchen Epoche, daß hohe Berufe nur von denen ausgeübt wer⸗ den können, die aus dem gleichen Miljeu kommen. Im natio⸗ nalſozialiſtiſchen Reich kann jeder, ob Bauer oder Arbeiter, bis zu den höchſten Stellen emporſteigen. Das Wort iſt Wahr⸗ heit geworden, daß jeder Pimpf den Marſchallſtab im Tor⸗ niſter trägt.“ 1 Polizei oder Richter? Wohin geht man in Streitfällen? Es herrſcht in manchen Kreiſen noch Unklarheit darüber, wohin der einzelne ſich zu wenden hat, wenn er mit ande⸗ ren in Streitigkeiten gerät oder ſonſt durch ſie in ſeinen Belangen beeinträchtigt wird. Man wendet ſich vielfach an die Polizei. Die iſt aber nicht Mädchen für alles, ſon⸗ dern nur berufen, ſolche Gefahren von der Allgemeinheit und dem Einzelnen abzuwenden, durch die die öffentliche Sicherheit und Ordnung bedroht wird. Nicht jede Art Strei⸗ tigkeiten tut das und nicht bei jeder Streitigkeit kann man Hilfe von der Polizei erwarten. Wer ſich unnötig an die Polizei wendet, ſtiehlt nich, nur ihren Beamten, ſondern auch anderen Volksgenoſſen, die ihre Hilfe nötig brauchen die Zeit weg. Einige Winke mögen hier Aufklärung geben. In Ehe⸗ ſtreitigkeiten kann die Polizei nicht immer gleich helfen Sie kann nicht gleich den Ehemann oder die Ehefrau in Schutzhaft abführen. Wenn es zu Krach und Tätlichkeiten kommt, kann der Schupo nicht viel ausrichten. Meiſt kommt er zu ſpät. Holen ſoll man ihn nur, wenn dem angegriffe⸗ nen Teil oder den Kindern ernſtliche Gefahren für Leben und Geſundheit(Mißhandlungen, ſchwere Drohungen Uſw.), kurz ſtrafbare Handlungen ernſthafter Natur drohen, dann aber auch ſchnell. Damit ſoll aber keineswegs ein Freibrief für Ohrfeigen ausgeſtellt werden. Wer Rat in Eheſtreitigkeiten haben will, wendet ſich an den Rechts⸗ anwalt, oder, wenn er kein Geld hak, an die Rechtsbera⸗ tungsſtelle des Nationalſozialiſtiſchen Juriſtenbundes. Ehe⸗ ſcheidungsſtreitigkeiten gehören vor das Landgericht. Dieſes kann durch einſtweilige Verfügung das Getrenntleben der Ehegatten einſtweilig geſtatten und ihren und der Kinder Unterhalt einſtweilig regeln. 5 Klagen auf Herausgabe von Kindern gehören ebenfalls vor das Landgericht. Auch hier ſind einſtweilige Verfügungen möglich. Kleine Kinder gehören in der Regel zur Mutter. Wer keine Gerichts⸗ und Anwaltskoſten bezah⸗ len kann— und das gilt für alle Prozeſſe— beſorgt ſich beim Wohlfohrtsamt der Stadt den ſogenannten Armen⸗ ſchein, geht damit zu ſeinem Amtsgericht oder Landgericht je nach der Zuſtändigkeit— vom 1. 4. ab gehören im all⸗ gemeinen die Streitſachen im Werte bis zu 500 Mark vor das Amtsgericht, die anderen vor das Landgericht— und bringt ſeine Klage vor Er kann auch eine ſchriftliche Ein⸗ gabe machen. Wenn die Sache ausſichtsvoll iſt, bewilligt das Gericht das Armenatteſt und ordnet, wo ein Anwalt nötig iſt, ſolchen bei. Einen Armenſchein, nur um ſich beim . unentgeltlich Rat zu holen, gibt es allerdings 1. Streitigkeiten der Eltern um die Kindererziehung den vor das Vormundſchaftsgericht(Amtsgericht). erden Kinder mißhandelt, ſchlecht erzogen(Diebſtahl Betteln, unzüchtige Handlungen und dergl.) oder geraten ſie in ſittliche Gefahren und verſagt dabei die elterliche Er⸗ ziehung, ſo wendet man ſich an das Jugendamt. Man ſoll nicht zu lange zögern, aber auch nicht mit jeder Kleinigkeit ankommen. Das Vormundſchaftsgericht kann vorläufige Maßnahmen treffen. Um gewöhnliche Beleidigungen, leichte Kör⸗ perverletzungen und einfachen Hausfriedens⸗ bruch kümmern ſich im allgemeinen Polizei und Staats⸗ anwaltſchaft nicht. Hier wendet man ſich zunächſt an den zuſtändigen Schiedsmann wegen eines Sühneverfahrens, erſt nach Erfolgloſigkeit an das Amtsgericht(Abteilung für Strafſachen) zur Erhebung einer Privatklage auf Be⸗ ſtrafung. Die Privatklage muß binnen drei Wochen für den Vorfall erhoben ſein. Vorbeugen kann man der Ver⸗ breitung unwahrer beleidigender Racheakte auch durch Er⸗ wirkung gerichtlicher einſtweiliger Verfügung beim Pro⸗ zeßgericht, je nach dem Streitwert Amtsgericht oder Land⸗ gericht. Endlich kann die Polizei auch nicht jede Mietſtrei⸗ tigkeit ſchlichten oder ihr abhelfen. Iſt dringende Hilſe z. B. beim Streit um die Benutzung der Waſchküche oder eines Trockenraumes(draußen oder auf dem Boden) not⸗ wendig, ſo kann das Amtsgericht den Zuſtand durch Erlaß einer einſtweiligen Verfügung regeln. Im übrigen muß man aber einen Prozeß anſtrengen. Beſchäftigung älterer Angeſtellter Zwangseinſtellung, wenn nicht freiwillig. Aus einer Mitteilung der Reichsanſtalt für Arbeitsver⸗ mittlung und Arbeitsloſenverſicherung ergibt ſich, daß die Zahl der beſchäftigen älteren Angeſtellten noch immer zu gering iſt. Deshalb hat der Präſident der Reichsanſtalt be⸗ ſtimmt, in welchem Umfang in einem Betrieb oder einer Verwaltung ältere Angeſtellte zu beſchäftigen ſind. Für den Vollzug der Beſtimmung hat der Pröſident Folgendes an⸗ geordnet: Soweit es ſich um öffenkliche Betriebe und Verwaltungen handelt, beſtimmt der Präſident des Landes⸗ arbeitsamts, in welchem Umfang ältere Angeſtellte zu be⸗ ſchäftigen ſind. Im übrigen iſt dieſe Befugnis den Vorſitze i⸗ den der Arbeitsämter übertragen. Soweit das Ergebnis der Anzeigen es erforderlich macht, nimmt das Arbeitsamt mit dem Betrieb(Verwal⸗ lung) wegen der Beſchäftigung einer angemeſſenen Zahl von älteren Angeſtellten unverzüglich Verhandlungen auf Kommt hierbei eine Einigung in dem durch die Fünfte An⸗ ordnung erſtrebten Sinn nicht zuſtande, ſo greift das Iwangsverfahren Platz. Die Verpflichtung zur Beſchäftigung älterer Angeſtellter hat unter Berückſichtigung der organiſatoriſchen und wirt⸗ ſchaftlichen Erforderniſſe des Betriebs nach Maßgabe der durch die Fünfte Anordnung herausgeſtellten ſtaatspollii⸗ ſchen Notwendigkeiten zu erfolgen. Vorher iſt nochmals ſorg⸗ fältig zu prüfen, ob der einzelne Angeſtellte eine ordnungs⸗ mäßige Vorbildung aufzuweiſen hat und einſatzfähig iſt. Bei der Beurteilung der bekrieblichen Erforderniſſe iſt in Zwei⸗ felsfällen die zu ſtän dige Wirtſchaftskammer zutachtlich zu hören. 5 Die Verpflichtung zur Beſchäftigung älterer Angeſtell⸗ ter wird in der Regel ſpäteſtens vier Wochen nach Zuſtellung des Beſcheids durch die zuſtändige Stelle wirk⸗ ſam. Neichsteſorm und Gemeinden Skaaksſekretär Pfundiner vor der Verwalkungsakademie In der Berliner Univerſität eröffnete Staatsſekretär Pfundtner am Montag die kommunalwiſſenſchaftliche Fach⸗ woche. Nach ſeiner Begrüßungsanſprache hielt er einen Vortrag über das Thema„Reichsreform und Gemeinden! Das deutſche Volk, ſo führte er aus, ſei nach ſeiner gan⸗ zen geſchichtlichen Entwicklung kein Volkskörper, deſſen Be⸗ dürfniſſen eine volle Zentraliſierung aller Angelegenheiten gerecht werden könne. Der Selbſtver waltung, die in Heimatliebe und Heimatverbundenheit ihre Wurzel finde, blieben neben der Partei und ihren Gliederungen auch heute noch ſtaatspolitiſch bedeutſame Erziehungsaufgaben geſtellt So bleibe ſie auch heute noch eines der beſten Mittel, den Bürger im engeren Bereich der Heimat in den Dienſt öffentlicher Aufgaben zu ſtellen, und damit ſei ſis auch in Zukunft eine Schule zur Erziehung des deutſchen Menſchen zum Staate. Ebenſo wie dem Neubau des Reiches zunächſt eine Reihe von Aufräumungsarbeiten hätten voran⸗ gehen müſſen, ſo ſei es auch bei den Gemeinden geweſen Sie bewegten ſich in der großen Linie in der Richtung, daß der verheerende Gemeindeparlamentaris⸗ muss vollſtändig beſeitigt wurde. Weiter ſel erreicht wor⸗ den, ic fel zwiſchen Gemeinden und Reich nicht mehr ſtaats⸗ rechtlich ſelbſtändige Länder einſchöben, daß die Gemeinden vielmehr Unterbau des Reiches geworden ſeien. Wenn die deutſche Gemeindeordnung die Gemeinden zum tragenden Unterbau des neuen Reiches ge⸗ macht habe, ſo konnte ſie ſich nicht darauf beſchränken, ihnen Selbſtverwaltung in weitgeſtecktem Umfange zu überlaſſen Sie mußte ebenſo um einen richtigen Einbau die⸗ ſer bedeutungsvollſten Selbſtverwaltungskörper in den Staat bemüht ſein Die Gemeinde habe ſich ſtets ſo zu ver⸗ halten, daß jede ihrer Handlungen im Einklang mit den Zielen der Staatsführung ſtehe. Ferner habe die deutſche Gemeindeordnung endgültig den Uebergang von parlamen⸗ tariſchen Verfaſſungsformen zum Führerprinzip vollzogen Die Zuweiſung der Realſteuern an die Gemein⸗ den gebe dieſen ſelbſt eine endgültige und ſichere finanzielle Grundlage. So ſähen wir deutlich das Endziel vor unſeren Augen: „Es iſt die deulſche Gemeinde, die als Unterbau des natio⸗ nalſozialiſtiſchen Einheitsſtaates in umfaſſenden Wirkungs. bereich auf geſunder finanzieller Grundlage im Rahmen der Geſetze des Reiches dem Wohle der Volksgemeinſchaft in be⸗ ſter Reichsverbundenheit dient.“ — Unverlangte Lotterieloſe. Der Präſident des Werbe⸗ rats der deutſchen Wirtſchaft hat zu der Frage Stellung ge⸗ nommen, ob die unverlangte Zuſendung von Loſen den vom Werberat aufgeſtellte Grundſätzen widerſpricht. Er er⸗ klärt hierzu, daß die von den Lokterie⸗Einnehmern ver⸗ ſandten Originalloſe keinen eigentlichen Wertgegenſtand darſtellen. Der Empfänger ſolcher Loſe vernichtet alſo keinen Wert, wenn er die Loſe nicht zurückſendet. Der Lotterie⸗ Einnehmer erleidet hierdurch auch keinen Schaden, da er die Möglichkeit hat, der Lotterſe rechtzeitig vor Beginn der Ziehung zu melden, daß die Loſe nicht zurückgelangt ſeien. 7. 112 Mannheimer Jubiläums⸗Pferderennen Drei ganz große Tage. In den vergangenen Wochen hatte ſich Mannheim für ſeine große Maiveranſtaltung, die wegen des 70jährigen Vereinsjubiläums mit 83500 Mark beſonders wertvoll ge⸗ ſtaltet wurde, mehrfach an die Rennſtälle gewandt. Jedesmal konnte der Verein einen Erfolg verbuchen. Seine großen Ren⸗ nen, alſo der Saarbefreiungs⸗Preis, die Jubiläums⸗Badenia und der Jubiläums⸗Preis der Stadt Mannheim haben aus⸗ gezeichnet geſchloſſen und auch die 6 Ausgleichsrennen fan⸗ den größtes Intereſſe. In den letzten Tagen waren noch die 13 Altersgewichtsrennen zu nennen und auch für ſie ſind ſo zahlreiche Nennungen eingegangen, daß nunmehr für das am 2., 4. und 9. Mai ſich abwickelnde Jubiläums⸗Meeting 288 Pferde mit 591 Nennungen eingeſchrieben ſind, wozu noch 2 kleinere Entſcheidungen erſt demnächſt ihren Nennungs⸗ ſchluß haben, ein Rekord, der die Jubiläumsveranſtaltung des Mannheimer Rennvereins unter allergünſtigſte Erwartun⸗ gen ſtellt. Insbeſondere der Wehrmachtsſport am Maimarkt⸗ Dienstag verſpricht eine ganz große Linie, denn die Badenia umfaßt nach ihrer Gewichtsannahme von 33 Anterſchriften noch 20, das Rieſen⸗Jagdrennen 40, das Amateur⸗Flachren⸗ nen 38 und das spezielle Offiziers⸗Jagdrennen 27 Pferde. In dieſe Entſcheidungen greifen nicht nur ausländiſche Pferde ein, ſondern neben unſerer Wehrmacht werden auch ſchweizeriſche Offiziere, in der Badenia vorausſichtlich der Champion der franzöſiſchen Herrenreiter, tn. Methet, im Sattel ſein. Sehr gut ſieht es um den Amazonen⸗Preis aus, ein Flachrennen für Rennxeiterinnen, für das 25 Pferde ein⸗ geſchrieben ſind. Der neu eingeführte„Preis der Baden⸗ Badener Spielbänt' erhielt 24, det ebenfalls neue„Preis des Mannheimer Flughafens“ 20 Anterſchriften, beide mit je 5000 Mark Geldpreiſen ausgeſtattet, die die 3 Hauptentſchei⸗ dungen mit 15000 bezw. 10000 Mark als Groß⸗Rennen komplettieren. Mannheim wird alſo nicht nur in ſeinen großen Rennen hochklaſſigen Sport bringen, auch das ſehr ahwechſlungsreiche Rahmenprogramm läßt nichts zu wünſchen übrig. SGelbſtverſtändlich? Geſtern in der Straßenbahn ſahen alle Mitfahrenden halb intereſſiert, halb beluſtigt, einen achtjährigen Buben an, der vor Freude über die Fahrt in der Straßenbahn ſtrahlte. Die neben ihm ſitzende ärmlich gekleidete und verhärmt aus⸗ ſehende Mutter erklärte uns, daß der Bub' ja das erſte Mal in ſeinem Leben Straßenbahn führe. Straßenbahnfahren! Wie ſelbſtverſtändlich erſcheint uns das. Ja, nicht einmal mit der Geſchwindigkeit der Kraftwagen ſind wir zufrieden. Nichts geht uns ſchnell genug. Straßen⸗ bahnfahren— ach, wie langweilig, ja, oft unangenehm not⸗ wendig iſt uns das doch— und wie belanglos. Und nun dieſe ehrliche, ſtrahlende Freude dieſes Buben. Vieles erſcheint uns ſo im Leben ſelbſtverſtändlich, es muß nun eben mal ſo ſein, baſta! Nein, nichts iſt ſelbſtver⸗ ſtändlich! Wir vergeſſen zu oft, wer uns dieſe kleinen Selbſtverſtändlichkeiten des Alltags vermittelt und ſchenkt. Vor allem müſſen wir lernen, uns zu freuen über jeden neuen Tag, der uns geſchenkt wird, freuen über die dauernden Fort⸗ ſchritte deutſcher Technik und deren Annehmlichkeiten. Wir haben heute erſt ſechs Jahre alte Kinder, die alle Teile eines Kraftwagens oder Kraftrades genau kennen. Wir haben kleine Kinder, denen das Reiſen in FD.⸗Wagen be⸗ reits ſelbſtverſtändlich iſt, und die es nicht einmal für nötig erachten, ihren Eltern dafür Dank zu wiſſen. So wollen wir doch recht oft im haſtenden Alltagsleben, und bei den Dingen in ihm, die uns freudlos und ſelbſtver⸗ ſtändlich erſcheinen, dieſes kleinen Buben und ſeiner erſten Straßenbahnfahrt gedenken. Gefahren des Hausgeräts Vorſicht iſt überall am Platze. Nicht nur im Verkehrs- und Berufsleben iſt der Menſch von ſtändigen Gefahren bedroht, ſondern auch im fried⸗ lichen Heim lauern ſie, ſobald entſprechende Vorſichtsmaß⸗ nahmen außer acht gelaſſen werden Außer den häufigen Unfällen wie Abſturz beim Fenſterputzen durch Fehltrilt, Schwindelanfall uſw., Handverletzungen durch ſplitternde Fußböden und abgenutzte Bürſten, Verbrennungen durch heiße Dämpfe oder aus der Feuerung herausſchlagende Flammen, Ausgleiten auf ſpiegelglatten Böden, verdienen die ſchleichenden Gefahren durch Gas und Elektrizität be⸗ ſondere b Schadhafte Stellen der Leitungen und Rohre müſſen, 5 ald ſie entdeckt werden, ausgebeſſert wer⸗ den. Durch Abſtreifen locker gewordener Gaszuleitungs⸗ ſchläuche iſt ſchon manche Perſon durch Gasvergiftung, Ex⸗ ploſion oder Brand zu Tode gekommen. Auch das Ausſtrö⸗ men von i aſen bei fehlenhaften Kohlenherden und»öfen hat viele Erſtickungsfälle gebracht. Unfachmän⸗ niſch angelegte elektriſche Leitungen, ſchadhafte Schalter und unzulängliche Iſolierungen können zu Kurzſchluß und Bränden führen. Selbſt das Einſchrauben neuer Birnen kann beim Berühren unter Strom ſtehender beſchädigler Leitungen zu ſchweren geſundheitlichen Schäden Anlaß ge⸗ ben. Schadhafte Heizkiſſen verurſachen leicht Verbrennungen des Bettzeugs und Perſonenverletzungen. Niemals laſſe mon das Bügeleiſen auf der Wäſche ſtehen, wenn nicht vorher der Stecker herausgezogen wurde: f Beim Reinigen von Klerdungsſtucken und Waſche mit Benzin oder ſonſtigen Reinigungsmitteln ſind ſchon viele Unfälle durch Exploſion oder Giftdämpfe entſtanden. Außer Benzin, mit dem man nicht mit brennender Zigarette oder Pfeife im Mund oder in Räumen mit Feuerſtellen hantie⸗ ren darf, ſind es auch die gechlorten Kohlenwaſſerſtoffe, die nur bei offenem Fenſter benutzt werden dürfen, weil ſie ſtark narkotiſche Dämpfe ausſtrömen, die recht bedenkliche Folgen von Bewußtloſigkeit nach ſich ziehen können. Größte Vorſicht iſt auch der Reinigung der ſo gebräuchli⸗ chen Zelluloidgegenſtände zuzuwenden. Sie dürfen niemals auf brennende Oefen oder heiße Metallteile geſetzt oder ge⸗ legt werden, weil ſie ſich durch Erhitzen ſchnell zerſetzen und in dieſem Zuſtand tödlich wirkende Gaſe e ſowie unter Umſtänden ſogar zu Exploſionen führen können, Große Unkoſten, Verdruß und Schäden laſſen ſich bei der notwendigen Vorſicht und rechtzeitiger Abſtellung von Feh⸗ lerquellen vermeiden. e Jacht fir das, Saukuyſe der Nulun'! 7 8 Einzeichnungsliſte: 855 5 5 SA-Sturm 13/171, Freiburgerſtraße 3 Täglich von 1821 Uhr; Sonntags 9 12 Uhr. 1 e Zehnter Verhandlungstag Im Prozeß gegen kakholiſche Jugendführer. Berlin, 19. April. Zu Beginn der neuen Verhandlungswoche im Hochver⸗ ratsprozeß gegen die katholiſchen Jugendführer vor dem Volksgerichtshof in Berlin wurde die Beweisaufnahme mit der Zeugenvernehmung fortgeſetzt. Gegenüber einem Kriminalaſſiſtenten, der die Ange⸗ klagten vernommen hat, hat Roſſaint betont, daß er die Kommuniſten religiös erfaſſen wollte. Durch eine Frage des Staatsanwaltes wurde dagegen klargeſtellt, daß keiner der Mitangeklagten bei ſeiner Vernehmung irgend⸗ etwas darüber geäußert hat, daß Roſſaint eine Miſſions⸗ tätigkeit unter den Kommuniſten habe entfalten wollen. Der Kriminalbeamte bekundet weiter, Roſſaint habe ſeine Ausſagen frei und offen gemacht und hinterher den in den Protokollen niedergelegten weſentlichen Inhalt ſeiner Ausſagen als richtig unterſchrieben. Aehnlich habe ſich die Vernehmung Stebers abgeſpielt. Nun behauptet Steber, bei ſeiner erſten Vernehmung derart aufgeregt geweſen zu ſein, daß er auf alle ihm vorgelegten Fragen mit Ja geantwortet hätte. Von einer derartig über⸗ mäßigen Aufregung hat der vernehmende Kriminalbeamte nichts gemerkt. Der Vorſitzende richtete an Steber noch eine An⸗ zahl Fragen, um die in manchen Punkten unklaren Zeit⸗ angaben dieſes Angeklagten richtigzuſtellen. Dieſe Dinge ſind inſofern von erheblicher Bedeutung, als davon die Frage abhängt, ob Steber noch nach den milden Strafbe— ſtimmungen oder nach den verſchärften abzuurteilen iſt, die ſeit dem 2 Mai 1934 in Kraft ſind. Die Bekundungen eines weiteren Kriminalbeamten er— gaben gleichfalls, daß die Vernehmung Stebers ſehr ſorgfäl⸗ tig durchgeführt worden iſt. Steber habe durchaus den Ein⸗ druch gemacht, daß er mit ſeinen Nerven vollkommen auf der Höhe war. Bei ſeiner polizeilichen Vernehmung hatte Steber beiſpielsweiſe eingeräumt, daß er eine ille⸗ gale Druckſchrift weltergegeben habe. Das be⸗ ſtreitet er jetzt, wiederum unter Berufung auf ſeine dama— ige angebliche Aufgeregtheit. Der Vorſitzende ſtellte daraufhin feſt, es werfe ein merk⸗ würdiges Licht auf die charakterliche Eignung eines„Reichs- führers der Sturmſchar“, wenn er beſ einer Vernehmung gleich ſo außer ſich gerate, daß er das Blaue vom Himmel herunterſchwindle. Wann ſolle man einem ſolchen„Reichs. führer“ denn überhaupt glauben? „Ein anderer Kriminalbeamter, der ſchon ſeit 1913 in Düſſeldorf tätig iſt, wies darauf hin, daß Roſſaint auf⸗ fallendojel Umgang mit namhaften kommuntſtiſchen Hetzern gehabt habe. Mit allen den Elementen, die entſchei— dend die Jugend kommuniſtiſch zu beeinfluſſen verſuchten ſei er perſönlich in Berührung gekommen. Aufſehenerregende Enthüllungen Die ſtaatsfeindlichen Umtriebe des„Friedensbundes deutſcher Katholiken“. Aufſehenerregende Enthüllungen über die ſtaatsfeindli⸗ 9955 Umtriebe des„Friedensbundes deutſcher atholiken“, für den ſich auch der Angeklagte Roſſaint lebhaft eingeſetzt hat, brachte die Zeugenvernehmung des Landgerichtsdirektors Bork, der in den Jahren 1933 und 1934 als Staatskommiſſar im Auftrag des Reichs⸗ innenminiſteriums die in Weſtdeutſchland noch beſtehenden bom Zentrum abhängigen Organiſationen zu überwachen und aufzulöſen hatte. In Düſſeldorf kam er mit dem mitangeklagten General⸗ ſekretär Clemens in Berührung., Auf Grund der Ver⸗ en mit ihm wurde die Beſchlagnahme des ermögens des Katholiſchen Jungmännerverbandes aufgehoben, da das Konkordat auf dieſen Verband an⸗ gewendet werden konnte. Sein Hauptaugenmerk hatte der Zeuge auf die ſtaats⸗ feindlichen Umtriebe des„Friedensbundes deutſcher Katho⸗ liken“ zu richten. Der„Friedensbund“ hatte ſeinen Sitz in Frankfurt a. M. In ſeinen Büros, die ſich in der Ca⸗ rolus⸗Druckerei befanden, konnte eine ungeheure Fülle ſchwerbelaſtenden Materials beſchlagnahmt werden. Als „Hausherren“ des Druckereibetriebes traten der frühere Zentrumsab eordnete Profeſſor Deſſauer, ein Mann jüdiſcher Abſtammung, und der ſattſam bekannte Herr Mühlon in die Erſcheinung. Mühlon iſt, ſo erklärte Skaatskommiſſar Bork, der rößte und gemeinſte Landesverräter, der jemals auf deut. chem Boden geboren wurde!“ , Vor dem Kriege war er als Direktor bei Krupp tätig. Während des Krieges floh er nach der Schweiz, weil er für Deutſchland nicht kämpfen wollte. In der Schweiz nahm er Verbindung mit der Entente auf und trat ſpäter in Seines Herzens Königin Roman von Marie Blank⸗Eis mann. 47 Er ſchien alle Vorgänge, die ſich vor wenigen Stunden erſt abgeſpielt und das ganze Haus in Aufregung verſetzt hatten, vergeſſen zu haben, denn er eilte auf Werra zu, faßte ſtürmiſch nach deren Händen und rief: „Werra, Liebling— komm mit mir— nach dem Turm⸗ zimmer— meine Erfindung— ich muß es dir zeigen— der letzte Verſuch iſt geglückt—“ ö Da hing ſich Werra an ſeinen Arm, auch Saſcha ſprang haſtig auf und beider Augen leuchteten. Sie überſchütteten Konrad Mayburg mit Fragen und zeigten ſo großes Intereſſe, daß Konrad Mayburg beglückt darüber war und nicht mehr daran dachte, daß er vorher Mißtrauen gegen dieſe beiden hegte. Und er zog ſie nach Turmzimmer, um ihnen die letzten Verſuche vorzuführen. 5 Annie Willinger ſtarrte entſetzt den Kranken an, der bereits auf dem Operationstiſch lag, als ſie den Saal betrat, um Profeſſor Reinhard zu aſſiſtieren. Sie ſtrich ſich mit einer haſtigen Bewegung über die Stirn, aber das Bild veränderte ſich nicht. Vor ihr lag Michgel Nomanowski, den ſie im Hauſe May burg kennengelernt hatte. Doch Annie Willinger blieb wenig Zeit zum Nachdenden, denn da alle Vorbereitungen getroffen waren, an dem Kron⸗ ken eine Operation vorzunehmen, ſo mußte ſie ihre ganze Aufmerkſamkeit zuſammennehmen. Wie ſtets bei ſolch ernſter, gefährlicher Arbeit, ſo herrſchte auch heute eine tiefe Stille, und erwartungsvoll blickten die beiden Schweſtern den 1 an, der nur ab und zu mit leiſer Stimme ſeine Befehle erteilte. Trotzdem Annie Willinger ſich bemühte, ihr ganzes In⸗ tereſſe nur ihrer verantwortungsvollen Arbeit zuzuwenden, 9 Päris als Deutſchenſeind hervor. In einer Veröffentlichung hat er in unerhörter Weife alles in den Schmutz gezogen, was uns Deutſchen heilig iſt. Der frühere Zentrumsreichskanzler Dr. Brüning, der ſich ebenfalls für den„Friedensbund“ einſetzte und ihm eine Skagtsſubvenkion verſchaffte, hat während ſeiner Kanzler⸗ ſchaft den Herrn Mühlon als außerpolikiſchen Beraker be. ſchäfkigt. Der Verteidiger Deſſauers hat damals ſelbſt zu⸗ geben müſſen, daß Mühlon während der Reichskanzlerſchaft Brünings im Reichskanzlerpalais ein⸗ und ausgegangen iſt Landgerichtsdirektor Bork machte dann nähere Angaben über die verderbliche Wirkſamkeit des„Frie⸗ densbundes“. Er wurde vor dem Kriege gegründet und ſpä⸗ ter international aufgezogen. Im Jahre 1917 trat er wieder in Erſcheinung, als im Reichstag von den Marxiſten und dem Zentrum die ſogenannte Erzbergerſche„Friedensreſo⸗ lution“ beſchloſſen wurde. Nach Kriegsbeendigung wurde der Bund in München neu gegründet. Aus Deutſchland gehörten ihm nach den beſchlagnahm⸗ ten Mitgliederliſten an ſechs Erzbiſchöfe, 14 Biſchöfe, neun Weihbiſchöfe, zwei Prälaten und etwa 250 weitere katholiſche Geiſtliche. Die Geiſtlichkeit machte angeſichts der wenige Tauſend betragenden Mitgliederzahl einen hohen Prozent⸗ ſatz aus. Der„Friedensbund“ trat gegen alle Beſtrebungen auf, durch die die Wehrhaftigkeit des deutſchen Volkes gefördert werden konnte. Gemäß ſeinen auf völlige Ohnmacht Deutſchlands hinzielenden Beſtrebungen erkannte der„Frie⸗ densbund“ ſelbſtverſtändlich auch keine Pflicht zur Verteidi⸗ gung des Vaterlandes an und zwar„aus allgemeinen Menſchheitserwägungen internationalen Natur“. Der Pater Strathmann, der ſtellvertretende Vor⸗ ſitzende des„Friedensbundes“, war ein unverſöhnlicher Deutſchenhaſſer. Er forderte:„Man muß den Soldaten äch⸗ ten, indem man ihm den Gruß verweigert. Keine deutſche Frau kann einem deutſchen Soldaten die Hand geben, ohne zu erſchauern.“ Damit ſchließt die Vernehmung des früheren Staats- kommiſſark Bork, die Material von nicht zu überbietender Eindeutigkeit beibrachte, das dem deulſchen Volke die Augen geöffnet haben dürfte über die erbärmlichen Machenſchaften des politiſchen Katholizismus und ſeine vakerlandsloſe und volksfeindliche Einſtellung. 8 Neues aus aller Welt Das Schickſal Fuchners Nanking, 19. April. Die Bemühungen zur Freilaſſung des noch immer in Chotan feſtgehaltenen hehechen For⸗ ſchers Filchner und ſeines Begleiters Haack, die Klärung der Umſtände dieſes ſeltſamen Falles e die Verſuche zur Herſtellung einer Verbindung mit den Zentralbehör⸗ den der Provinz Hfinkiang und der örtlichen Behörden in Chotan beſchäftigen nach wie vor ſowohl die deutſche Bot⸗ ſchaft als auch die zuſtändigen chineſiſchen Behörden. Der deutſche Botſchafter hat zudem die Aufmerkſamkeit des Kommandeurs der im Raume von Chotan ſtehenden 36. Diviſion auf dieſen Fall gelenkt und um ſofortige Frei⸗ laſſung erſucht. Ebenſo iſt der engliſche Vizekonſul in Kaſch⸗ gar, der ſich zurzeit auf einer Reiſe nach Chotan befindet, von ſeinen vorgeſetzten Behörden angewieſen worden, nach einer Ankunft in Ehotan alles in ſeinen Kräften ſtehende zu fes um eine Freilaſſung Filchners und Haacks zu bewir⸗ en. f 555 Allerdings muß damit gerechnet werden, daß ſich alle dieſe Maßnahmen erſt ſehr viel ſpäter auswirken werden, da Chotan, ſoweit hier bekannt, nicht unmittelbar an das Telegraphennetz angeſchloſſen iſt, ſo daß Telegramme unter ſchwlerigen und teils auch gefährlichen Verhältniſſen von Haſheh aus durch Ueberlandboten nach Chotan gebracht werden müſſen und daher ihre Ankunft nicht immer ge⸗ währleiſtet iſt. Mit Dynamit ſich ſelbſt in die Luft geſprengt. Wien, 20. April. Der Sprengmeiſter einer Baugruppe, dem die Regulierung des Gai⸗Fluſſes in Kärnten übertra⸗ gen 11 h auf grauenhafte Weiſe Selbſtmord. Er ſprengte ſich ſelbſt mit 40 Kg. Dynamit in die Luft. Die Wirkung der Exploſion war außerordentlich groß Im Um⸗ kreis von ſechs Kilometern gingen alle Fenſterſcheiben in Trümmer. Beſonders ſchwer wurde die Pfarrkirche des Or⸗ tes Mitſchig in Mitleidenſchaft gezogen. Vom Körper des Selbſtmörders wurden nicht einmal Spuren gefunden. An der Stelle der Tat entſtand ein tiefer Krater. ab Orkſchaft in Peru von Erdſtößen zerſtört. In der letzten Zeit kraten in Peru wiederholt Erdſtöße auf. Die dicht bevölkerte Stadt Cajabamba wurde faſt völlig zer⸗ ſtört. Viele Einwohner wurden verletzt. Die Behörden ha⸗ ben die völlige Räumung des Ortes angeordnet. konnte ſie es doch nicht verhindern, daß ihre Gedanten manchmal zu der letzten Begegnung zurückirrten, die ſie mit dem Kranken hatte. Sie hatte ja an jenem Tage ihr ganzes großes Herzensglück begraben müſſen. Annie Willinger fühlte, daß ein Schluchzen in ihrer Kehle aufſtieg und ſie preßte ihre Lippen zuſammen, damit ſie ſich nicht durch eine Unvorſichtigkeit verriet. Sie wollte nicht durch neue Fragen gequält werden, ſie hatte in den letzten Tagen ſeit Konrads Rückkehr nach der Heimat allzuviel unter neugieriger Teilnahmen leiden müf⸗ ſen. Alle Tageszeitungen hatten von der Rückkehr des Ver⸗ ſchollenen berichtet, überall war ſein Bild zu ſehen und ſeine Leidensgeſchichte zu leſen.. Da man aber in der Stadt, in der Annie Willinger auf⸗ gewachſen war, wußte, daß ſie ſich mit Konrad Mayburg verlobte, ehe dieſer ins Feld zog, ſo wurde deſſen Heimkehr für die Klatſchbaſen doppelt intereſſant, da er ſich aus der Fremde eine junge Frau mitbrachte und ſeine Braut ver⸗ geſſen hatte. b Sie wagte kaum auf die Straße zu gehen, weil ſie die neugierigen Blicke und das Tuſcheln hinter ihrem Rücken nicht ertragen konnte. Da aber Profeſſor Reinhard viele Privatpatienten beſaß, ſo war ſie durch ihren Dienſt gezwun⸗ gen, öfter die Klinik zu verlaſſen. Dabei fürchtete ſie ſtets, auf einem dieſer Wege Konrad Mayburg zu begegnen— ihr Herz zitterte und bangte vor einem ſolchen Wiederſehen, denn ſie war ſich in den letzten Tagen völlig darüber klar geworden, daß ſie Konrad Map⸗ burg noch immer liebte, daß die vielen Jahre, da ſie ihn als einen Toten beweinte, ſein Bild nicht aus ihrem Herzen verdrängten. Aber er gehörte einer andern— er liebte ſie nicht meyr — und ſie durfte ſeinen Weg nicht mehr kreuzen. Trotzdem ſie ihre alte Mutter, die ebenfalls durch den Krieg ſchwere Verluſte erlitten hatte, hier in dieſem kleinen Städtchen wußte und deshalb die Stellung in der Klinik des Profeſſors Reinhardt annahm, um der alten Frau im⸗ mer nahe zu ſein, hatte ſie jetzt bei ihrem Schweſternorden Große ſpaniſche Nationalbewegung Juſammenfaſſung aller nationalen Verbände. Salamanca, 19. April. General Franco verkündete in einer Rundfunkrede die Zuſammenfaſſung aller nationalen Freiwilligenverbände des befreiten Spaniens zu einer großen Organiſation. Dieſe ſollen die politiſche Schulung und Erziehung des ſpaniſchen Volkes im Sinne der großen ſpaniſchen Vergangenheit und als Verwirklichung des ſpaniſchen Nakionalgedankens übernehmen. Hiermit habe die Zerſplitterung der ſpaniſchen Freiwilligenbewegung in Falange, Requetes und Monarchi⸗ ſten uſw. beziehungsweiſe Nakionalſyndikaliſten, Traditio. naliſten und Karliſten aufgehörk. Es enkſtehe eine große ſpaniſche Nationalbewegung. Der Entſchluß General Francos, den viele herbeiſehn⸗ ten, hat große Begeiſterung im Volke ausgelöſt. Im An⸗ ſchluß an die Rede zog eine Volksmenge vor das Haupt⸗ quartier General Francos, um dieſem ihre Begeiſterung zu bezeugen. Franco erſchien am Fenſter und dankte mit er⸗ hobenem Arm In ſeiner Anſprache ſtellte er den ſpaniſchen Frontſoldaten, der für die Befreiung ſeines Landes vom bolſchewiſtiſchen Joch kämpfe, als Vorbild des echten Spa⸗ niertums hin. Die Blockade bewährt ſich Engliſche Scheinfirma zur Durchbrechung? London, 19. April. Nach einer Reutermeldung aus Santander hat das finniſche Schiff„Aranda“(592 To.) vergeblich verſucht, die nationale Blockade in den baskiſchen Gewäſſern zu durchbrechen. Das Schiff wurde von dem Kreuzer„Eſpana“ angehalten und gezwungen, in die ſranzöſiſchen Gewäſſer zurückzukehren. Aus gutunterrichteten Kreiſen erfährt man, daß der Verſuch der bolſchewiſtiſchen Spanier, ihre in ausländiſchen Häfen liegenden Schiffe zwecks Umgehung der Kontrolle in Zukunft unter fremder Flagge fahren zu laſſen, bereits in großem Umfange vorbereitet worden ſei. Es ſoll die Bil. durg einer engliſchen Geſellſchaft beſchloſſen worden ſein, die nach außen hin von Engländern geleitet werden ſoll, obgleich das Kapital ausſchließlich ſpaniſcher Herkunft ſei. Der Dampfer der bolſchewiſtiſchen Regierung„Mary Caraibe“ iſt in der Nähe von Kap Matifou, 10 Seemeilen öſtlich von Algier, auf Grund gelaufen, nachdem das Schiff von einem nationalen Flugzeug längere Zeit verfolgt und bombardiert worden war. Der frühere irakiſche Konſul in Beirut, Mouzaffar, zu⸗ letzt Mitglied der irakiſchen Geſandtſchaft in Paris, wurde in Beirut auf Verlangen der Irak⸗Regierung wegen Waffenſchmuggels verhaftet. Mouzaffar ſoll Waf⸗ fenaufträge ſeiner Regierung in Frankreich zur Verſchie⸗ bung nach 5 ausgenutzt und dabei 50 000 Pfund verdient haben. Schreckensherrſchaſt in Valencia Hilferuf franzöſiſcher Kommuniſten. Paris, 19. April. Das„Echo de Paris“ veröffentlicht zwei Briefe franzö⸗ ſiſcher Kommuniſten, die in den Reihen der e Brigade in Spanien gekämpft haben und jetzt vergeblich darauf warten, daß ihnen die bolſchewiſtiſchen Machthaber die Rückkehr nach Frankreich ermöglichen. Die Abſender der beiden Briefe befinden ſich zuſammen mit weiteren 150 Franzoſen unter dem Schutz des franzöſiſchen Konſuls in Valencia. Trotz aller Bemühungen dieſes amtlichen Ver⸗ treters der Pariſer Regierung iſt es bisher nicht gelungen, die Ausreiſegenehmigung zu erhalten. Die Kommuniſten geben eine anſchauliche Schilderung der unglaublichen. auf Seiten der Bolſchewiſten und der Art und Weiſe, in der die ſogen. Freiwilligen als Kanonenfutter benutzt werden. Von 10000 Mann einer in⸗ ternationalen Brigade ſeien 3000 getötet und 5000 verwun⸗ det worden. Der berüchtigte Kommuni ſtenhäupling M arty, der ein wahres Schreckensregiment ausübe, werfe jeden in den Kerker, der nach Hauſe wolle. Marty habe mehrfach erklärt, daß kein franzöſiſcher Fa nach Frankreich zurück dürfe. Er habe Angſt, aß er bei Bekanntwerden ſeines unmenſchlichen Treibens ſeinen Po⸗ ſten verlieren würde. Beſuch des Großweſirs von Spaniſch⸗Marokko. Der Großweſir der ſpaniſchen Marokkozone, Abdel Ka⸗ der, der zurzeit auf einer Spanienreiſe begriffen iſt, be⸗ ſuchte in Salamanca General Franco, der eine längere Un⸗ terredung mit ihm hatte. Der Großweſir beſuchte dann ver⸗ wundete Marokkaner im Krankenhaus und ermahnte ſie zu weiterem Aushalten im Befreiungskampfe General Francos. um Verſetzung gebeten, denn es würde über ihre Kräfte gehen, noch länger hier zu bleiben. Voller Ungeduld wartete ſie auf eine Nachricht, denn ſie ſehnte ſich danach, ſo raſch als möglich fortzukommen. Sie wollte auch Lieſelotte jetzt nicht wiederſehen, denn ſie bangte vor jener Stunde, da ſie von dem Glück Konrad Mayburgs hören mußte. Sie liebte ihn ja ſo ſehr, daß ſie ihm ein reiches, großes Glück von ganzem Herzen gönnte— aber ſie wollte nichts davon hören— noch ſehen, denn, ach, es tat ſo wehe— ſo bitter wehe, beiſeiteſtehen zu müſſen. Während ſich Annies Gedanken hetzten, tat ſie mechaniſch ihren Dienſt und ſchreckte wie aus einem Traum auf, als ſie dicht neben ſich die ernſte Stimme des Chefarztes hörte, der zu ihr gewendet erklärte: „Die Operation iſt geglückt— hier iſt die Kugel, Schwe⸗ ſter Annie und nun vertraue ich Ihrer Pflege dieſen Kran⸗ ken an, vielleicht wird er wieder geſund.“ Die übrigen Arbeiten waren raſch erledigt, ſo daß der Kranke nun nach einem Zimmer gebracht werden konnte. Als Annie Willinger der Bahre folgte, trat plötzlich aus einer Fenſterniſche des Treppenhauſes eine hohe, breitſchult⸗ rige Männergeſtalt auf ſie zu und faßte nach ihrem Arm. Jäh blickte die Schweſter auf und ſtammelte: „Inſpektor Karſten!— Sie?— und hier?“ Er nickte ernſt. 8 „Wie geht es Michael Romanowski?— Wird er wieder geſund werden oder—“ Annie Willinger zog ein wenig die Schultern hoch. „Die Operation iſt geglückt—“ „So iſt er gerettet?“ „Hoffen wir es, Herr Inſpektor—, die Verwundung iſt allerdings ſchwer und ſollte Fieber hinzukommen, ſo wird der Aermſte wohl kaum zu retten ſein.“ Inſpektor Karſten 1 5 für Sekunden die Hand über beide Augen und flüſterte:„Armer Romanowski— ihm iſt kein Glück beſtimmt—“ i 8(Fortſetzung folgt.) e ee