1 15 25 Nr. 110 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Freitag, 14. Mai 1937 Von Woche zu Woche Politiſche Betrachtungen zum Zeitgeſchehen. Die nationalſozialiſtiſche Aufbauarbeit hat wieder einen neuen und glänzenden Erfolg zu verzeichnen: nach dem Be⸗ richt der Reichsanſtalt iſt die Zahl der Arbeitslo⸗ ſlen gegen den gleichen Monat im Vorjahre um volle 800.000 zurückgegangen. Sie beträgt heute noch 961 000, hat alſo erſtmals ſeit der Machtergreifung die Millionen⸗ f nterſchritten. Dabei muß noch berückſichtigt wer⸗ ſich die heutige Zahl der Arbeitsloſen zum gro— aus nicht mehr voll Erwerbsfähigen zuſammen⸗ ſe eit noch einzelne Berufe von der Beſſerung der Lage nicht erfaßt ſind, werden alle Mittel angewandt, um auch ihnen zu helfen. Die letzte Verordnung, wonach unter beſtimmter Vorausſetzung ein Zwang zur Einſtellung äl⸗ terer Angeſtellter ausgeübt wird, iſt ein Beweis für die tatkräftige Lenkung des Staates auch auf dieſem Gebiete. * Die Kataſtrophe des Zeppelin⸗Luft⸗ ſchiffes„Hindenburg“ hat das deutſche Volk mit ſchmerzlicher Trauer erfüllt. Welch tiefe Tragik: das ſtolze Fahrzeug hatte wieder einmal den von allen Luftfahrern beſonders gefürchteten Nordatlantik überquert und damit eine Leiſtung vollbracht, deren Größe wir gar nicht mehr richtig würdigten, weil ſie uns bereits zur Selbſtverſtänd— lichkeit geworden iſt und erſt nach der gelungenen Ozean⸗ überquerung, als das Luftſchiff landen will, als es ſich nur noch 20 Meter— alſo etwa in Haushöhe— über dem Erd⸗ boden befindet, wird es von der tückiſchen Flamme erfaßt und vernichtet. Die Stürme über dem Nordatlantik konnten ihm dieſes Mal ebenſowenig etwas anhaben wie bei ſeinen früheren Fahrten— erſt unmittelbar über dem Boden er⸗ folgte die Kataſtrophe. Ob es gelingen wird, deren Urſache zu ergründen, wird ſich bald zeigen. Es ſcheint feſtzuſtehen, daß das Unglück nicht eingetreten wäre, wenn das Luftſchiff Heliumgasfüllung gehabt hätte, die bekanntlich nicht brenn⸗ bar iſt. Für dieſes Gas haben die Vereinigten Staaten von Nordamerika ein Monopol, denn die anderweitigen Vor⸗ kommen ſind ſo gering, daß ihre Ausbeute ſich nicht lohnt. Bisher hatte Amerika aber eine Ausfuhrſperre für He⸗ liumgas, die nun gelockert werden ſoll. Auf keinen Fall haben irgendwelche Konſtruktionsfehler oder techniſche Mängel am Luftſchiff die Kataſtrophe herbeigeführt. Des⸗ halb iſt das Vertrauen des deutſchen Volkes zu ſeinen Zep⸗ pelinluftſchiffen auch durch das Unglück von Lakehurſt nicht erſchüttert worden. Wir beklagen den Verluſt des„Hinden⸗ burg“, dieſes völkerverbindenben Verkehrsmittels, wir trauern um die tapferen Beſatzungsmitglieder und um die Fahrgäſte, die bei der Kataſtrophe ihr Leben laſſen muß⸗ ten, beklagen insbeſondere den Heldentod des Kapitäns Lehmann, aber unſer Vertrauen zu dem großen Werk des Grafen Zeppelin, das deutſche Wiſſenſchaftler, Techniker und Arbeiter weitergebildet haben, bleibt unerſchütterlich. Daß der Untergang des Luftſchiffes auch bei anderen Na⸗ tionen aufrichtige Trauer ausgelöſt hat, wurde in Deutſch⸗ land mit Genugtuung vermerkt. * Die Krönung in London, die ſchon viele Wochen vorher im Brennpunkte des Intereſſes der engliſchen Oef⸗ fentlichkeit ſtand, iſt nun vorüber. Sie iſt programmäßig verlaufen und hat ihren politiſchen Zweck— Bekundung der Einheit des engliſchen Weltreichs— wohl erreicht. Die⸗ ſes engliſche Weltreich— das„Empire“ wie der Engländer ſagt— iſt ſtaatsrechtlich ein recht eigenartiges Gebilde. Ein Bund von Schutzſtaaten und Kolonien Englands, dazu Staaten, die an ſich ſelbſtändig ſind und ihre eigenen Ver⸗ faſſungen und Regierungen haben— alle aber wieder ver⸗ einigt unter der engliſchen Krone. Beſonders merkwürdig iſt, daß dieſes Weltreich keine Verfaſſung, kein Statut be⸗ ſitzt, daß es alſo nicht durch irgendwelche papierenen Pa⸗ ragraphen zuſammengehalten wird, ſondern einzig durch die Tradition und die Perſon des Königs. Oft ſchon hat man vorausgeſagt, daß dieſes Band auf die Dauer nicht haltbar genug ſei, aber immer wieder hat es ſich ſchließlich doch bewährt. Jetzt ſind wieder einmal hervorragende Vertreter aller Glieder des Empire in London verſammelt und haben dem König ihre Ergebenheit ausgedrückt. Aus allen Erd⸗ teilen kamen ſie, ſo daß es eine Kundgebung war, auf die der Brite ſtolz iſt. Aber die Vertreter der Empireſtaaten haben ſich nicht nur an einer prunkvollen Kundgebung be⸗ teiligt, ſondern es wird im Anſchluß daran in London auch eine allbritiſche Reichskonferenz veranſtaltet, um wich⸗ tige politiſche Fragen zu beraten. Zwei große Aufgaben werden dieſe Reichskonferenz beſchäftigen: zunächſt die Außenpolitik einſchließlich der Wehrfragen und dann die Weltwirtſchaftspolitik. Was dieſe letztere angeht, ſei daran erinnert, daß das engliſche Weltreich durch ein komplizier⸗ tes Syſtem von Vorzugszöllen unter ſich verbunden und durch Hochſchutzzölle von der übrigen Welt abgeſchloſſen iſt. Das frühere Freihandelsſyſtem iſt längſt aufgegeben. Daß durch die britiſche Reichskonferenz auf dieſem Gebiet eine Aenderung geſchaffen wird, iſt nicht anzunehmen. Immer Seines Herzens Königin Roman von Marie Blank⸗Eismann. 65 So oſt ſie in den letzten Tagen in die Klinik eilte, fand ſie ihn ſchlafend und wagte nicht, ihn zu ſtören, denn ſie wußte, daß er der Geneſung entgegenſchlief. Heute aber ſtreckte er ihr lachend ſeine Hände entgegen und flüſterte: „So iſt es kein Traum, Lieſelotte, du kommſt zu mir— zu mir, dem Fremdling, dem Bettler?“ Sie faßte nach ſeinen Händen, ſchaute ihm tief in die großen, dunklen Augen und entgegnete ſchlicht und einfach: „Ich habe dich lieb, Michael.“ „Lieſelotte, wie ſoll ich dir danken für dieſes Wort— du weißt ja nicht, wie ſelig du mich machſt.“ N Er zog ſie ganz nahe an ſich heran, ſo daß ihre Wangen die ſeinen ſtreiften. Und ſie lächelte ihm entgegen. „Werde bald geſund, Michael, damit du heimkehren kannſt nach Mayburg, das nun für alle Zeit deine Heimat werden ſoll.“ Michael Romanowski ſtarrte Lieſelotte an. „Nach Mayburg zurück? Vergißt du denn ganz, Lieſe⸗ lotte, daß dort jene andere— o mein Gott, wie kann ich mich überhaupt vermeſſen, meine Hände nach dir auszu⸗ ſtrecken, du Süße, du, ich bin ja nicht frei—“ Da ſchmiegte ſich Lieſelotte ganz nahe an den Geliebten und hauchte dicht an ſeinem Ohr;„Du biſt frei, Michael, wieder wird zwar von der Notwendigkeit geredet, die Weltwirtſchaft durch möglichſt freien Güteraustauſch wie⸗ der in Gang zu ſetzen, aber von Taten merkt man boenig Aktueller werden die Fragen der auswärtigen Politik und der Wehrpolitik ſein, die die britiſche Reichskonferenz be⸗ ſchäftigen werden. Man wird von dem Verlauf der Bera— tungen offiziell wohl nicht ſehr viel erfahren, aber der britiſche Reichsverteidigungsausſchuß, eine ebenſo mächtige wie im verſchwiegenen Dunkel arbeitende Behörde, wird ſicherlich alle Fragen bis in die Einzelheiten hinein durch⸗ ſtudiert haben und jetzt zur Erörterung und zur Entſchei⸗ dung ſtellen. Vor dem Weltkriege war es ſo, daß die ein⸗ zelnen britiſchen Reichsteile in ihrer inneren Politik pom Mutterlande möglichſt unabhängig bleiben wollten und Alt— england nur die Aufgabe überließen, mit ſemer mächtigen Flotte ihre Verteidigung zu gewährleiſten. Das Blatt hat ſich inzwiſchen gewendet. Auſtralien mit ſeinen 12 000 Kilo⸗ meter Seeküſte ſchaut etwas ängſtlich auf das mächtige japaniſche Inſelreich und die Bedeutung Südafrikas für England iſt in demſelben Maße geſtiegen, als die talieniſche Militärgeltung im Mittelmeer und in Nordafrika zuge⸗ nommen hat. Sonderſchau „Ein Volk, ein Blut, eine Geſittung“. Auf der bevorſtehenden Reichsnährſtandsſchau München führt dieſe Sonderſchau den Nachweis, daß das freie, tapfere, germaniſche Blut während der ganzen geſchichtlichen Ent⸗ wicklung Bindeglied der deutſchen Stämme war, das durch die Raſſeſchutzgeſetzgebung des Dritten Reiches eine be⸗ ſondere Sicherung und Förderung erfuhr. An einigen Beiſpielen wird ferner die Einheit der deutſchen Stämme in Geſittung, Brauchtum und Kultur erwieſen. Darſtellungen zeigen weiter, wie der zunehmende Kampf gegen die Reichseinheit nicht etwa eine Schuld der deutſchen Stämme war. Die Vorkämpfer des Separatismus, die Schürer der deutſchen Zwietracht ſteckten immer im Gewande geiſtlicher und weltlicher Fürſten. Aus der ſchon immer vorhandenen gemeinſamen Kraft der Stämme wuchs das Reich. Bei der jahrhundertelangen Aufbauarbeit des preußiſchen Staates, in den Befreiungs⸗ kriegen und im gigantiſchen Weltkrieg beiſpielsweiſe ſehen wir immer wieder, wie ſich faſt alle deutſchen Stämme zu gemeinſamem Vorgehen fanden. Die ausgezeichnete Lehrſchau mußt auch du, Bauer und Landwirt, ſehen! Wenn im Dritten Reich die deutſche Bauerngeſchichte, das Erbe und die Ehre deiner Ahnen wieder erſtand und verwirklicht wurde, kann dir dieſe Geſchichte deutſchen Bauerntums und deine ſtandespolitiſche Erziehung nicht gleichgültig oder Nebenſache ſein. Dem Bauern, als Träger und Erhalter von Blut und Brauch⸗ tum, als entſcheidenden Kämpfer im Vierjahresplan zeigt dieſe Ausſtellung in hervorragender Art und Weiſe ſeine Stellung in der Volksgemeinſchaft. Die Organiſation der Sonderzüge und billiger Quar⸗ tiere ermöglicht dir die Reiſe zu einem Spottpreis. An billiger Fahrt kann aber nur Anteil haben, wer ſich recht⸗ zeitig meldet. Meldet euch bei den Ortsbauernführern und Kreisbauernſchaften unverzüglich zur Teilnahme an der Fahrt an, die neben dem Ausſtellungsbeſuch einen weiteren Aufenthalt in München und einen Abſtecher in die bay⸗ riſchen Berge vermittelt. Am die ſüddeutſchen Waſſerſtraßen Die Ausbauprojekte des Verbandes Obere Donau. — Ulm. Anläßlich eines Beſuches der Preſſekonferenz der Reichspreſſeſtelle der NSDAP. unter Führung des Reichshauptamtsleiters Dresler hielt der Oberbürgermeiſter der Stadt Ulm, Foerſter, einen Vortrag über die Pläne des Verbandes Obere Dona u, deſſen Arbeiten bis ins Jahr 1919 zurückreichen. Die Projekte des Verbandes laſſen ſich dieſem Referat zufolge etwa folgendermaßen zuſammen⸗ faſſen: Im Norden ſoll der Ausbau der Rhein⸗Donau⸗Ver⸗ bindung bereits im nächſten Jahr Würzburg erreichen. Ueber die Fortſetzung bis Bamberg ſind zurzeit Verhandlungen im Gang. Im Süden liegt die für den Ausbau vorgeſehene Hochrheinſtrecke Baſel—Bodenſee, die mit der Donau durch einen Ueberlandkanal vom Bodenſee nach Ulm verbunden werden ſoll. In der Mitte iſt die für Württemberg wichtigſte Strecke, nämlich die Rhein⸗Neckar⸗Donau⸗Waſ⸗ ſerſtraße, die einmal berufen ſein ſoll, in Verbindung mit dem Saarpfalz⸗Rheinkanal als ſüddeutſcher Mittel⸗ landkanal die trauskontinenkale Weſt⸗Oſt⸗Waſſerſtraße Euro⸗ pas zu werden. Von dieſer Strecke iſt der Neckarkanal oon Mannheim bis Heilbronn ſeit zwei Jahren in Betrieb und oberhalb von Heilbronn bis Plochingen im Bau. In einigen Jahren wird auch dieſes Stück fertiggeſtellt ſein und die über alles Erwarten günſtige Verkehrsentwicklung bis Heilbronn wird im Stuttaarker Hafen als Mittelpunkt des kein Hindernis iſt mehr auf unſerem Weg zum Glück, auch die letzte Feſſel, die dich noch an deine Heimat band, iſt ge⸗ fallen, das Schickſal hat ſie ſelbſt geloſt, weil es in dem Willen eines Allmächtigen liegt, daß wir beide unſeren Le⸗ bensweg zuſammen gehen ſollen, Hand in Hand, damit wir die Erfüllung unſerer Träume finden.“ „Lieſelotte, ich wage nicht, daran zu glauben— das Schick⸗ ſal ſagſt du?“ Sie nickte ernſt. 0 5 Für ein paar Minuten herrſchte tiefſte Stille in dem hohen Krankenzimmer. Die Augen der beiden Liebenden hingen ineinander, hielten Zwieſprache, und es ſchien, als fürchtete Lieſelotte ſich, das Letzte auszuſprechen. Da aber trat Konrad Mayburg an das Lager des Kranken. Er hatte bisher im Schatten der Tür geſtanden, als wagte er nicht, dieſes Wiederſehen zu ſtören. Und mit ernſter, gefaßter Stimme erklärte er:„Wir kom⸗ men von Werras und Saſchas Grab, Herr Romanowski, und über dieſem friſchen Hügel möchte ich Ihnen die Hand zur Verſöhnung reichen und alles abbitten, was ich Ihnen an Unrecht zufügte. Werra hat in ihrer letzten Stunde alle Schuld gebeichtet. Wir wiſſen nun, daß Sie kein Spion, kein Vaterlandsverräter und auch kein Dieb ſind, wiſſen, daß Sie um dieſer Frau willen viel gelitten haben, heute brin⸗ gen wir Ihnen den Krondiamanten zurück und legen ihn wieder in Ihre Hände, und die Sterbende hatte nur noch einen letzten Wunſch, daß Lieſelotte gut machen möchte, was ſie ſelbſt Schweres verſchuldete.“ Michael ſtarrte Konrad Mayburg faſſungslos an. „Werra und Saſcha tot? Und alle Schuld gebeichtet?“ Er ruhte nicht eher, bevor man ihm nicht alle Vorgänge berichtet hatte. 8 i 7 — J württembergiſchen Wirtſchaftsgebiets ihre Fortſetzung bezw ihre weitere Steigerung finden. Die Strecke der oberen Donau von Ulm bis Regensburg ſoll ſo weit als möglich im Bett des Fluſſes und nicht als Seitenkanal außerhalb des Bettes verlaufen. Die obere Donau, das heißt die Strecke von Ulm bis Regensburg, wird in dieſem ſüddeutſchen Waſſerſtraßen⸗ netz eine ausgeſprochene Schlüſſelſtellung einnehmen. Die Waſſerſtraßenbaupolitik des Reiches wird ſich, wie Oberbürgermeiſter Foerſter weiter ausführte, zweifellos dem Ausbau derjenigen ſüddeutſchen Waſſerſtraßen zuwenden, die den größten volks⸗ und ſtaatspolitiſchen Nutzen erwarten laf⸗ ſen. Dabei dürfe ein älteres Projekt, wie die Rhein⸗Mail⸗ Donau⸗Verbindung, nicht deshalb einſeitig bevorzugt werden weil ſie die ältere iſt. Dem Vorſchlag, den Oberbürgermes⸗ ſter Dr. Strölin kürzlich auf der Kanalvereins⸗Tagung in Heilbronn gemacht habe, als er die Kraft an der Saar, am Rhein, am Neckar und an der Donau zu einer volks⸗ und ſtammesmäßigen Gemeinſchaftsarbeit an dem ſüddeutſchen Mittellandkanal über Ländergrenzen hinweg aufrief, ſei des⸗ halb, nach Meinung des Referenten, reſtlos zuzuſtimmen. NEV-Kinderlandverſchickung Ein geſundes Volk iſt Deutſchlands Wohlergehen. Wenn es draußen grünt und blüht, beginnt auch ſchon die Kinderlandverſchickung der NS. ⸗Volkswohlfahrt. Unge⸗ zählte Tauſende von Buben und Mädels im ſchulpflichtigen Alter kommen in Bewegung, um in allen Gauen und Gegen⸗ den des Reiches untergebracht und der treuen Obhut liehe⸗ voller Pflegeeltern anvertraut zu werden. Ein ſolcher Kin⸗ derzug iſt für alle, die dabei ſein dürfen, ein unvergeßliches Erlebnis. Wieviel Arbeit und Mühe hinter den Vorbereitungen ſteckt, die ſich ganz im Stillen vollziehen— wir können es nicht ermeſſen! Auf dem Wege von der Gauamtsleitung der NSV., wo alle Fäden zuſammenlaufen, über die Kreis⸗ amts- und Ortsgruppenleitungen bis zu den ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen wird der Transportplan mit vor⸗ bildlicher Gründlichkeit aufgeſtellt und die Organiſation bis ins kleinſte geregelt, ſo daß die Durchführung wie am Schnürchen klappt. Mit gleicher Sorgfalt erfolgt zuvor die Erfaſſung der hilfswürdigen erholungsbedürftigen Kinder, Und das alles geſchieht von der Oeffentlichkeit faſt unbemerkt, Umſo lebhafter wird es in den Familien der zu betreuenden Jungen und Mädels von dem Tage an, da ſie wiſſen: Es geht bald fort! Da heißt es verſchiedenes an Wäſche und Kleidung zu richten; wenn es ſein muß, hilft dabei auch die NSV. Man läßt es nicht an guten Ermahnungen fehlen und wartet geſpannt auf die Stunde, die zum Bahnhof führt. Ei, iſt das ein Umtrieb auf dem Bahnſteig. Verſtohlene Abſchiedstränen der Mutter! Der Vater tröſtet ſich über die Trennung von ſeinem Schützling, indem er ihm vor⸗ täuſcht:„Ich bin froh, daß ich Dich los krieg!“ Die Kinder aber lachen, nehmen ihr Paket und klettern vergnügt in den Zug, ſie werden im Nu miteinander bekannt, plappern und ſingen und möchten zwiſchendurch wiſſen, ob's jetzt bald losgeht! Endlich kommt der erſehnte Augenblick. Ein freudiges Winken und Rufen, ein letztes„Ade“ und„Sei brave Die Lokomotive faucht und in wenigen Minuten iſt unſer Zug aus dem Bahnhof— wir fahren über den Rhein in den Gau Saarpfalz. Unter umſichtiger Führung, wie immer ging der Transport der 500 Kinder aus Ober⸗ und Mittel⸗ baden, aus der Raſtatter und Pforzheimer Gegend glatt vonſtatten. Es war für alles aufs beſte geſorgt, vortrefflich ſchmeckten die Butter⸗ und Wurſtbrötchen, und für den Durſt gab's Tee. Die kleinen Reiſegäſte mit dem umgehängten Täfelchen, auf dem kurz die Perſonalien des Kindes und die Adreſſe der Pflegeeltern ſtanden, befanden ſich in liebevoller Obhut ihrer Begleiter; auch ein Arzt fuhr mit. Es war eine aufgeweckte, fröhliche Geſellſchaft. Im Hauſe der Pflegeeltern brav, manierlich und ge⸗ fällig zu ſein, iſt jedem Schützling eine ſelbſtverſtändliche Dankespflicht. Die Kinder wurden hauptſächlich auf Orte im Weſten und Süden des landſchaftlich ſo reizvollen Gaues Saarpfalz verteilt und überall aufs herzlichſte aufgenom⸗ men. In Püttlingen(Saar) holte man die Kleinen ſogar mit Muſik ab. In vier Wochen werden wir uns wieder⸗ ſehen und den beglückten Eltern ihre Lieblinge gut erholt und neugeſtärkt, mit geſunden Backen und etliche Pfund ſchwerer zurückgeben können. In den Monaten Mai bis Oktober werden 11000 Jungen und Mädels aus allen Teilen Deutſchlands nach dem Gau Baden zur Erholung kommen und vom Boden⸗ ſee bis zum Main die Gaſtlichkeit und Schönheit unſeres Landes kennenlernen. Wir werden 7000 Badener⸗Kinder in andere deutſche Gaue ſchicken. Dazu kommt noch die Ver⸗ ſchickung und Aufnahme von je 2000 Kindern innerhalb dez Gaues Baden ſelbſt. Dieſe Zahlen ſind nur ein Ausſchnitt des gigantiſchen Werkes der Kinderlandverſchickung wie es im ganzen Reiche durchgeführt wird. — Während Konrad Mayburg mit leiſer Stimme, in der deutlich der Schmerz über die bittere Enttäuſchung zitterte, alle Ereigniſſe ſchilderte, ſaß Lieſelotte neben dem Geliebten und hielt deſſen Hände in den ihren. 5 5 Und Konrad Mayburg ſchloß:„Wir wollen den Toten die Ruhe gönnen, ſie haben ſchwer geſündigt, aber auch ſchwer büßen müſſen, darum ſei ihnen alles verziehen, wir aber gehen einem neuen Leben entgegen, ich habe meine Erfindung gerettet und werde nur das eine Ziel kennen, mich dafür mit meiner ganzen Perſönlichkeit einzuſetzen, Sie aber, Herr Romanowski, ſollen an Lieſelottes Seite Herr auf Mayburg werden, ſollen mit ihr die Verwaltung des großen Beſitzes übernehmen und mich dadurch aller Sorgen entheben. Wollen Sie meinen Vorſchlag annehmen und da⸗ mit auch einen Wunſch meines geliebten Vaters erfüllen, denn ich weiß, daß er Mayburg ſeiner kleinen Lieſelotte übergeben wollte, wollen Sie mit ihr das Werk vollenden, das mein Vater begonnen hat?“ Michael Romanowski ſchaute mit leuchtenden Augen zu der blonden Lieſelotte auf.„Dich heimführen zu dürfen, an deiner Seite auf Mayburg weilen, mit dir arbeiten und ſchaffen zu können, Lieſelokte, du meines Herzens Königin, das muß ja der Himmel auf Erden ſein!“ Und er breitete beide Arme aus und zog die ſchlanke Mädchengeſtalt feſt an ſich. Ihre Lippen ſuchten und fanden ſich zu heißen, heißen Küſſen. Sie hatten ſich ja ſo oft, ſo lange ſchon danach geſehnt. Nun durften ſie endlich glücklich ein. f Da ſchlich Konrad auf leiſen Sohlen aus dem Zimmer. Er wußte, daß kein Dritter ein ſolches bräutliches Glück ſtören durfte. Behutſam drückte er die Türe ins Schloß. Aber ſein Geſicht ſah bleich aus und er fühlte ſich mit einem Male ſo müde und erſchöpf“ Schluß folgt;