Rr. 113 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 19. Mai 1937 Dies und das im Aether Urheberrechte.— Wellenlängen.— Weltringſendungen.— Fernſehen und Tonfilm.— Sorge für 230 Millionen Menſchen. Der Rundfunk iſt eine Einrichtung geworden, die die ganze Welt umſpannt. So muß ſich auch die ganze Welt um den Rundfunk kümmern; es geht nicht mehr an, daß ein einzelnes Land aus der Reihe tanzt und für ſich eine Sonderſtraße im Aether oder vielleicht gar den ganzen Aether beanſprucht. Es gibt noch ſolche Länder. Bewußt beiſeite ſteht der Bolſchewismus, der, wie in allen anderen Dingen, auch im Rundfunk als Friedensſtörer auftritt. Hier fehlt es nicht nur am guten Willen, hier iſt der böſe Wille offenbar. Bei einigen anderen noch abſeits ſtehen⸗ den Ländern iſt es weniger der Mangel an gutem Willen, der ſich nicht den internationalen Abmachungen im Rund⸗ funk einordnen läßt, es ſind eigentlich mehr techniſche Schwierigkeiten, die aber überwunden werden können. In der Berliner Tagung des Weltrundfunlvereins ſind all die Fragen zur Sprache gekommen, die den internationalen Rundfunk betreffen. Dieſer Weltrundfunkverein vertritt ja rund 230 Millionen Hörer, er iſt in erſter Linie mit dafür verantwortlich, daß dieſe Hörer in den ungeſtörten Genuß ihrer Radioſendung kommen. Wir wiſſen, mit dem Aufblühen des Rundfunks ſind die Sender ſehr nahe in ihren Wellenlängen aufeinander gerückt. Sie ſitzen mit der geringſt möglichen Entfernung aufeinander. Viele Sender müſſen, weil kein Platz mehr da iſt, eine gemeinſame Wellenlänge benutzen. Damit keine Ueberlagerung vorkommt, iſt es notwendig, dieſe Wellen⸗ länge am Sender zu verteilen, die ſo weit auseinander⸗ liegen und deren Sendeenergie ſo gering iſt, daß ſie ſich gegenſeitig möglichſt nicht ſtören. Aber es iſt auch not⸗ wendig, die übrigen Wellen ſachgemäß bei den einzelnen Sendern unterzubringen. Das iſt Aufgabe des Weltrund⸗ funkvereins, und zur Löſung dieſer Aufgabe iſt mancherlei zu bedenken. Es ſind geographiſche und Witterungsver⸗ hältniſſe z. B. zu berückſichtigen, und wenn dabei ein Irrtum entſteht, ſo können Hunderttauſende von Hörern in einen ſehr heftigen Zorn geraten. So war bei der Berliner Tagung des Weltrundfunk⸗ vereins die Beratung der techniſchen Kommiſſion mit die wichtigſte, um ſo mehr, da ſie einen Teil der kommenden Kairoer Konferenz vorzubereiten hatte, auf der eine Neu⸗ verteilung des Wellenplanes ſtattfinden ſoll. Die Kom⸗ miſſion hat feſtgeſtellt, daß ſich wenigſtens in Europa die jetzige Wellenlängenverteilung im allgemeinen bewährt hat; jedenfalls ſtellt ſie eine erhebliche Beſſerung gegen⸗ über dem Zuſtand noch vor wenigen Jahren dar. Im Langwellenbereich gibt es noch gelegentliche Störungen, hier ſollen Verbeſſerungen vorgenommen werden. Dagegen iſt die Entwicklung im Kurzwellenbereich recht ungünſtig geweſen. Die Kurzwellenſender haben in den letzten Jah⸗ ten eine immer größere Bedeutung vor allem im Welt⸗ rundfunkverkehr erhalten, die Kurzwellen ſind die eigent⸗ lichen Träger des Radioüberſeeverkehrs. Bei der ſchnellen Entwicklung des Kurzwellenbetriebes ließ es ſich nun nicht vermeiden, daß ſich die Wellenlängen teilweiſe gegenſeitig ins Gehege gekommen ſind. Der einzig mögliche Ausweg, um gegenſeitige Störungen und Ueberlagerungen zu ver⸗ meiden, iſt auch hier eine ganz feſte Wellen verteilung, Die Poſt⸗ und Telegraphenverwaltungen der dem Weltrund⸗ funkverein angeſchloſſenen Länder ſollen möglichſt ſchon für die Kairoer Tagung im nächſten Jahre Vorſchläge ein⸗ 1 nach denen der Kurzwellenplan aufgeſtellt werden ann. Neben den techniſchen Fragen hat es bei der Tagung auch rechtliche Fragen zu beraten gegeben. Die Uebertra⸗ gung von Werken der Dichtkunſt und der Muſik berührt Urheberrecht und Urheberſchutz. Die Löſung dieſer Fragen wird neuerdings noch ſchwieriger dadurch, daß zum Rund⸗ funk das Fernſehen hinzugekommen iſt. Die Vertreter aller Länder waren ſich darüber einig, daß der Rundfunk einen„öffentlichen Dienſt“ darſtellt und daß darum alles vermieden werden muß, was ſeine Aufgabe irgendwie er⸗ ſchwert, daß auf der anderen Seite natürlich auch die Rechte eines Autors an ſeinem Werk nicht geſchmälert werden dürfen. Die Rechtskommiſſion des Weltrundfunk⸗ vereins hat daher beſchloſſen, die geſamten urheberrecht⸗ lichen Verpflichtungen des Rundfunks einer neuen durch⸗ greifenden Prüfung zu unterziehen. Die die Welt um⸗ ſpannenden Sendungen des Rundfunks bringen natur⸗ gemäß Beziehungen zwiſchen den einzelnen Völkern, die bor allem das kulturelle Gebiet berühren. Wie nur wenig andere Mittel iſt der Rundfunk geeignet, geiſtige und kul⸗ turelle Beziehungen zwiſchen den Völkern zu vermitteln. Der kulturellen Verbindung der Völker durch den Rund⸗ funk dienen in erſter Linie die„Weltringſendungen“. Dieſe Veranſtaltungen, die gerade mit Darbietungen von ſolcher Seite ſchon ſo großen Erfolg gehabt haben, ſollen im kom⸗ menden Winterhalbjahr fortgeſetzt werden. Für Septem⸗ ber ſendet die Schweiz eine Weltringſendung, Mitte Okto⸗ ber folgt Italien, im Dezember Finnland, im Januar 1938 Holland, im März Irland und ſchließlich ſoll das Neujahr 1938 von allen europäiſchen Rundfunkorganiſationen ge⸗ meinſam im Radio gefeiert werden. FFFFFFFPFFPbCCCCCTCTCTCTCTCTCTCTCTCTG᷑GTGTGTGTGTGTGTGTGTGT(TGTbTCTGTbTVTT Mannheimer Theaterſchau Im Nationaltheater: Mittwoch, 19. Mai: Miete M 26 und 2. Sondermiete M 13 und für die NS.⸗Kulturgemeinde Mannheim, Abt. 159, 259, 271: Prinz Cara mo. Oper von Albert Lortzing, Neubearbeitung von Georg Richard Kruſe Anfang 20, Ende gegen 22.45 Uhr. Donnerstag, 20. Mai: Miete D 25 und 1. Sonder⸗ miete D 13 und für die NS.⸗Kulturgemeinde Mann⸗ heim, Abt. 181, ferner für die NS.⸗Kulturgemeinde Ludwigshafen,*. 434: Friedrich Wilhelm!. . von Hans Rehberg. Anfang 19.30, Ende 15 Uhr. Freitag, 205 Mai: Miete F 25 und 1. Sondermiete F 13 und für die NS.⸗Kulturgemeinde Mannheim, Abt. 122 bis 123: Der Campiello. Oper von Ermanno Wolf⸗ Ferrari. Anfang 20, Ende gegen 22 Uhr. a Samstag, 22. Mai: Miete E 24 und 2. Sondermiete E 12: Muſtkaliſcher Komödienabend: Zum erſten Male: Die ungeratene Tochter. Ballett von, Caſella. In neuer Einſtudierung: Gianni Schicchi. Oper von Puccini. In neuer Einſtudierun Der Dreiſpitz. Bal. lett von Manuel de Falla. Anfang 20, Ende etwa 22.15 Sonntag, 23. Mai: Miete G 24 und 2. Sondermiete G 12 und für die NS.⸗Kulturgemeinde Mannheim, Abt. 120 bis 121: Lohengrin, von Richard Waaper. An⸗ fang 19.30, Ende 22.30 Ubr. Anlegung der Hofkar te 5 Miniſterpräſident Göring hat in ſeiner Rede vor den Führern des Reichsnährſtandes am 23. März 1937 eine Reihe von Maßnahmen entſcheidendſter Bedeutung bekanntge⸗ geben, die die deutſche Landwirtſchaft befähigen ſollen unber Führung des Reichsnährſtandes die Erzeugung im Laufe der nächſten Jahre ſoweit zu ſteigern, daß die Unabhängigkeit Deutſchlands auf dem Gebiet der Ernährung ſichergeſtellt wird. Eine dieſer Maßnahmen iſt die eingehende Einzelbera⸗ tung der landwirtſchaftlichen Betriebsinhaber durch ſachkun⸗ dige Wirtſchaftsberater, wodurch die nach dem heutigen Stand der Bewirtſchaftung in den Betrieben noch liegenden Reſer⸗ ven erſchloſſen und Verluſtquellen unterbunden werden ſollen. Eine ſolche Beratung muß ſelbſtverſtändlich auf einer genauen Kenntnis der Wirtſchaftsgrundlage des einzelnen Betriebes aufbauen und da dieſe Kenntnis bisher nur in wenigen, dem Wirtſchaftsberaber perſönlich bekannten Fällen beſtand, ſoll ſie allgemein aufgrund der neu einzurichkenden Hofkarte ge⸗ ſchaffen werden. Die Hofkarte muß für jeden landwirtſchaft⸗ lichen Betrieb von 2 ha Fläche an aufwärts angelegt wer⸗ den. Sie enthält Angaben über die Liegenſchaften des Be⸗ triebes, über Anbau der verſchiedenen Kulturen, über Ern⸗ ren und Leistungen aus Tierhaltung und zucht, über Arbeits⸗ einſatz, Maſchinenverwendung und ſonſtiges. Zuſammenfaſſend ſei geſagt, ſoll die Hofkarte ein in Zahlen ausgedrücktes genaues Spiegelbild des Hofes in all ſeinen einzelnen Erzeu⸗ gungsfaktoren ſein. Die Anlegung der Hofkarte erfolgt im Intereſſe der be⸗ ſchleunigten Durchführung und 95 Eiheitfichelk der Ein⸗ tragungen nicht durch die Betriebsinhaber, ſondern durch die Ortsbauernführer des Reichsnährſtandes. Stichtag für die Anlegung der Hofkarte iſt der 1. Mai 1937. Die Anlegung ſelbſt hat während des Monats Mai zu erfolgen. Vor Beginn der Arbeiten werden die Ortsbauernführer im Rahmen einer Ortsbauernſchafts⸗Verſammlung den Be⸗ triebsinhabern Näheres über die Hofkarte mitteilen und be⸗ kanntgeben, welche Angaben erhoben werden. Die Betriebs⸗ inhaber werden gebeten, ſich dieſe Angaben für ihren Betrieb möglichſt ſchnell und genau zuſammenzuſtellen, damit nach Be⸗ ginn der Erhebung die Arbeit ohne Störung vonſtatten gehen kann und zeitraubende Ermittlungen vermieden werden. Es wird erwartet, daß die Betriebsinhaber die Durchfüh⸗ rung der Erhebung nach Kräften unterſtützen und damit eine Maßnahme fördern, der ein bedeutſamer Anteil an der Frei⸗ W von der Auslandsabhängigkeit zukom⸗ men wird. Die Biene im deutſchen Volksglauben Die fleißigen Bienen ſind emſig bei der Arbeit, um den erſten Honigſeim dieſes Jahres zu ſammeln. Der Menſch hat von jeher die Bienen geſchätzt und geachtet, denn Fleiß und Ordnung, Reinlichkeit und Sparſamkeit, Klugheit und Ausdauer fand er in der Biene vereinigt. Das wunderbare Leben und Treiben dieſer Tierchen er⸗ füllte das Volk mit ſtaunender Bewunderung. Die Art der Fortpflanzung konnte man ſich nicht erklären. Die Produkte der Bienen— Honig und Wachs— erfreuten ſich ſchon frühzeitig außerordentlicher Beachtung. Der Honigtrank, der Met, galt den Alten als köſtlichſte Labe, als Götter⸗ trank. Und in Walhall konnten ſich die Helden nichts Schöneres denken, als Honigmet kredenzt zu bekommen don jungfräulichen Walküren. In allen nordiſchen Mythen, die um das wunderbare Leben der Natur einen Sagen⸗ kranz ſchlingen, wird auch der Biene Erwähnung getan. Ihre ſeltſame Staatsverfaſſung, ihre kunſtvolle Bautätig⸗ keit flößten ihnen ehrfürchtige Scheu ein. Sagen und Le⸗ zenden, Lieder und Sprichwörter rankten ſich um das Leben der Bienen. Man ſah in den Bienen Schutzgeiſter vor den zuckenden Blitzen, wie die Schwalben, und traute ihnen faſt menſchliches Empfinden zu. Darum ging auch der Immenvater, ſtarb jemand im Hauſe, von Stock zu Stock, am es den Immen mitzuteilen. Starb ihr Hüter gar ſelbſt, ſo unterließ man die Mitteilung der Trauerkunde unter keinen Umſtänden, da ſonſt, ſo glaubte man, die Bienen ihm im Tod nachfolgten. In manchen Gegenden hängte man bei dieſer Gelegenheit ſchwarze Tücher über die Bienenſtöcke. Auch an den Feſten der Freude ließ man ſie teilnehmen und ſchmückte ihre Wohnungen mit rotem Tuch. Im Verkehr mit den Bienen unterließ man von alters⸗ her jedes Schimpf⸗ und Scheltwort. Man ſpricht davon, daß ſie eſſen und trinken, nicht daß ſie freſſen und ſaufen wie andere Tiere. Man glaubt auch, daß ſie Menſchen mit ſchlechter Geſinnung herauszufinden vermögen. Daher führt in manchen Gegenden noch heute die Verlobte ihren Erwählten zu den väterlichen Bienen, um an deren Ver⸗ halten zu erkennen, ob er ihnen genehm und mithin tugend⸗ haft iſt. Wo Zank und Streit in der Familie iſt, da ſollen Bienen nicht lange weilen; auch bei Geizigen ſoll ihres Bleibens nicht ſein. Darum kargte der Imker mit den goldenen Waben nicht und gab von jeder Ausbeute ein Teilchen ab an Bedürftige. Bienen, die man geſchenkt erhält oder erbt, ſollen am meiſten Glück bringen. Bienen darf man nicht töten, ſagte das Volk, das bringt Unheil. Auch Bienen, die man ſtiehlt, bringen nur Unglück, und oft ſtirbt der Schwarm. Stets rühmte man den Bienen Sinn für Muſik nach. Beim Klang des Erzes ſammeln ſie ſich. Darum machte man früher auch beim Schwärmen wilden Lärm mit allerlei Blechinſtrumenten. Man ſchlug auf Senſen und läutete ſogar die Glocken. Gar mancher Dichter hat das Lob geſungen: „Wie ſie die Wachsburg bauen Von goldnem Pergament, Kann man was Schönres ſchauen? Kein Künſtler von Talent Kann ſo Bewundrung wecken. Die Zimmer all' ſind gleich, Geſondert mit ſechs Ecken, Das Honig⸗Königreich.“ Die Geſchichte der Weltausſtellungen Keine Angſt: Die Geſchichte der Weltausſtellungen iſt abwechſlungsreich und vielſeitig, aber niemals ſind ſo ſkandalöſe Vorfälle vorgekommen wie bei der geplanten Pariſer Weltausſtellung, deren Eröffnungstermin immer wieder hinausgeſchoben werden muß, weil ſie zum Er⸗ preſſungsmittel der Arbeiter gegen die eigene Volksfront⸗ regierung geworden iſt... Aber wir reden heute nicht bon Paris! Die Geſchichte der Weltausſtellungen iſt auch kurz. Sie beginnt erſt, als Eiſenbahnen, Dampfſchiffahrt und die Mittel des modernen Nachrichtenverkehrs ſowohl eine ſtarke Anſammlung vieler Menſchen wie auch ihren raſchen An⸗ und Abtransport erlaubten. Die Idee der Weltaus⸗ ſtellung iſt von einem deutſchgeborenen Prinzen gefunden worden: Von Albert von Sachſen⸗Coburg, dem Prinzge⸗ mahl der engliſchen Königin Victoria. 1851 ſah London auf ſeine Anregung hin die erſte Weltausſtellung, die auch dem weiten Londoner Stadtbild für lange Jahrzehnte eine beſondere Eigenart verlieh: den großen„Kriſtall⸗Palaſt“, der im vorigen Jahre abbrannte und zur Zeit für den ſtarken Schmelzbedarf der engliſchen Hütteninduſtrie ver⸗ ſchrottet wird. Und hier finden wir ſchon eine ganz be⸗ ſondere Eigenart der modernen Weltausſtellungen: daß ſie häufig zu neuen Formungen und einem neuem Stil⸗ willen des durch die Technik gewandelten Zeitalters führ⸗ ten. Der Kriſtall⸗Palaſt war die erſte Groß⸗Konſtruktion aus Eiſen und Stahl. Die Pariſer Weltausſtellung von 1889 ſchuf den berühmten Eiffel⸗Turm, und ſelbſt die Wie⸗ ner Weltausſtellung vom Jahre 1873 hinterließ in dem „Rieſenrad“ im Prater eine Erinnerung, die freilich mehr dem Vergnügungsgewerbe als der Architektur angehörte. Ganz ſicher haben die Weltausſtellungen die moderne Induſtrie allgemein befruchtet, wenn auch ihre eigentliche Wirkungs⸗ und Glanzzeit heute wohl etwas vorbei iſt. Um nur einige Erinnerungen aufzufriſchen. Auf der Lon⸗ doner Weltausſtellung von 1851 ſtellte Krupp einen für die damaligen Verhältniſſe rieſigen Stahlblock und auf der Weltausſtellung von Paris im Jahre 1867 ſchon ein 35⸗Zentimeter⸗Geſchütz(Hinterlader) aus. Auf der vor⸗ angegangenen Pariſer Weltausſtellung vom Jahre 1855 wurde zum erſtenmal Aluminium gezeigt, das aber da⸗ mals— ſein Preis iſt ſeither auf etwa ein Tauſendſtel geſunken!— ſo teuer war, daß Napoleon III. ſeine Idee fallen ließ, es wegen ſeiner Leichtigkeit zu Küraſſierpan⸗ zern zu verwenden. Die Amerikaniſchen Weltausſtellungen oon Philadelphia 1876 und von Chikago 1893 gaben da⸗ gegen der ſich damals gerade entwickelnden Elektroindu⸗ ſtrie und der modernen Beleuchtungstechnik denkwürdige Auftriebe. Fügen wir noch hinzu, daß Weltausſtellungen auch manchmal ſchief ausgingen. So endete die erſte Pariſer Weltausſtellung von 1855 mit dem für die damalige Zeit erheblichen Fehlbetrag von 8 Millionen Francs. Die Wiener Weltausſtellung von 1873 war unliebſam beglei⸗ tete von einem verheerenden Ausbruch der damals noch gefährlichen Cholera, was der Ausſtellung ſelbſt unge⸗ heuren Schaden zufügte. Das wurde wieder einer der Anläſſe, die zum ſchauerlichen Ende der Spekulations⸗ träume in den Gründerjahren führten. Rundfunk⸗ Programme Reichsſender Stuttgart: Jeden Werktag wiederkehrende Programm⸗Nummern: 6 Morgenlied, Zeit, Wetter, Gymnaſtik; 6.15 Nachrichten; 6.30 Frühkonzert, i. d. Pauſe(77.10) Frühnachrichten; 8 Zeit, Waſſerſtandsmeldungen, Wetter, landwirtſchaftl. Nachrichten, Gymnaſtik, 8.30 Morgenkonzert; 9.45 Sendepauſe; 11.30 Volksmuſik; 12 Mittagskonzert; 13 Zeit, Wetter, Nachrich⸗ ten; 13.15 Mittagskonzert; 14 Allerlei von Zwei bis Drei; Mittwoch, 19. Mai: 9.30 Sendepauſe; 19 Stuttgart ſpielt auf, heitere Feier⸗ abendmuſik; 20.15 Friſche Briſe, Schallplatten; 21.15 Der Bielefelder Kinderchor ſingt; 21.30 Johann A. Sixt, Kon⸗ zert; 22.30 Unterhaltungs⸗ und Tanzmuſik. Donnerstag, 20. Mai: 9.30 Sendepause; 10 Volksliedſingen; 10.30 Sendepauſe; 19 Zauber der Stimme; 20 So iſch no au wieder, bunte ſchwäbiſche Stunde; 21.15 Tanzmuſik; 22.30 Unterhaltungs⸗ konzert. Freitag, 21. Mai: 9.30 Sendepauſe; 10 Vom„Knochenſchüttler“ zur„Ben⸗ zine“, Lebensbild eines deutſchen Arbeiters; 10.30 Geſunder Körper— geſunder Geiſt, der Mann am Start; 10.45 Sendepauſe; 19 Stuttgart dh auf, Feierabendmuſik; 20.10 Familientag derer von Millöcker, Stelldichein ſeiner belieb⸗ teſten Operettenfiguren; 21.15 Von böſen Weibern und armen Pantoffelhelden, Ehekrieg in Muſik und Verſen; 22.20 Die Welt des Sports; 22.35 Nachtmuſik. n Samstag, 22. Mai: 5. 9.30 Sendepauſe; 15 Wer recht in Freuden wandern will; 16 Froher Funk für Alt und Jung; 19 Drum grüß ich di mein Badner Land; 19.30 Ein Tänzchen, bitte, Schallplat⸗ ten; 20 Großes luſtiges Rätſelraten, dazwiſchen: 21 bis 21.15 Nachrichten; 22.30 Muſik zur ſpäten Nacht; 24 Der Wildſchütz, komiſche Ove. von Lortzina. 5 5 f Reichsſender Frankfurt: Mittwoch, 19. Mai: 9.30 Sendepauſe; 11.15 Hausfrau, hör zu; 11.50 Deutſche Scholle; 15 Eine kleine Doſis Heiterkeit; 16 Das deutſche Lied des Barock; 16.30 Unterhaltungskonzert; 18 Sport zeitgemäß belauſcht; 18.30 Unſer ſingendes, fingen des Frank⸗ be 19.45 Funkbericht aus der Ausſtellung„Schaffendes olk“; 20.10 Karl Schmitt⸗Walter, ein großer deutſcher Sän⸗ ger; 20.40 Unterhaltungskonzert; 22.20 Kamerad, wo biſt du?, 22.30 Kammermuſik; 23 Unterhaltungs⸗ und Tanz⸗ Donnerstag, 20. Mai: 9.45 Sendepauſe; 11.15 Hausfrau, hör zu; 11.45 Deut⸗ ſche Scholle; 15 Für unſere Kinder; 15.45 Sendepauſe; 18 Deutſche in Buſch, Sand und Steppe; 18.15 Unterhaltungs⸗ muſik; 18.45 Zweiter Vorbericht zur Reichsnährſtandsſchau 1937; 19 Nikolaus von Horthy; 19.15 Froher Feierabend; 20.10 Muſik für Alle; 22.30 Unterhaltungskonzert. Freitag, 21. Mai: ö 11 Mutter turnt und ſpielt mit dem Kind; 11.15 Haus⸗ frau, hör zu; 11.45 Deutſche Scholle; 15.10 Zehn Paar Schuhe vor der Tür, Funkbericht aus einem Dorf der Kinder; 15.45 Sendepauſe; 16.45 Lieder mit Klavierbegleitung; 17.10 Sport und Geſundheit; 17.20 Ludwig Erk, der Schaßzgräber des deutſchen Liedes; 17.50 Bodenſtändigkeit und Kinder⸗ reichtum, Vortrag; 18 Muſik aus Dresden; 20.10 Das Fünf⸗ geſtirn am Operettenhimmel; 22.30 Tanzmuſik. i Samstag, 22 Mai: 5 9.30 Sendepause, 11.15 Hausfrau, hör zu; 11.50 Deut⸗ N 0 Scholle; 15.15 Volt und Wirtſchaft; 15.30 Ich hab ge⸗ 1 cht, ich hab gefiſcht, ich hab die ganze Nacht gefſſcht, Jung⸗ mädels bei fröhlichem Spiel; 16 Froher Funk für Alt und Jung; 18 Sport rings um Deutſchland; 18.15 1920 ff 18.30 Hurra, die Muſik kommt, Militärkonzert; 19.30 Wo⸗ chenſchau; 20.10 Ein froher Abend in der Weltkurſtadt Wies⸗ baden; 22.30 Muſik zum ſpäten Abend; 24 Der Wildſchütz, komiſche Over von Lortzing. 5 5 9 8 Roald Amundſen: der letzte Wilinger der abenteuerliche Schiclſalsweg eines Forſchers (4. Fortſetzung.) Das einzige, was ſich regt, iſt der Sturm. Er brauſt durch die pechſchwarze Finſternis, die keinen Schimmer kennt, er fegt über die erſtarrten Blöcke des ewigen Eiſes, er allein lebt hier in Nacht und Kälte. Die Temperaturen liegen oft zwiſchen minus 40 und minus 60 Grad. Da wächſt kein Baum, kein Strauch. Nicht Menſch noch Tier ſind hier, nicht Fiſch noch Wurm. Nur die ewige Nacht und das ewige Eis. Der Pol, der Punkt, um den die Erde ſich dreht— ihn und ſeine Myſterien zu kennen, iſt uralter Traum der Menſchheit. Aber nicht nur um einen Traum, nicht nur um eine„Preſtigefrage“ der Menſchheit geht es: gelingt die Bezwingung der Pole, gelingt es, den Regionen des ewigen Eiſes und Schweigens ihre Schrecken zu nehmen, dann iſt Neuland erſchloſſen, deſſen Bedeutung ſich heute noch keineswegs überſehen läßt. Bisher wiſſen wir: die Antarktis, das Eis um den Südpol, ſtellt einen rieſigen, wahrſcheinlich ganz zuſam⸗ menhängenden Kontinent dar, und das, was auf den Karten als Inſel verzeichnet ſteht, ſind Küſtenſtreifen dieſes gewaltigen Erdteiles. Ueber den Nordpol geht ein erträumter Verkehrsweg der Zukunft— eine Paſſage von Kontinent zu Kontinent, die Wirklichkeit ſein würde, wenn die Arktis beſiegt... Nord⸗ und Südpolregion aber bergen unter den gewaltigen Eismaſſen Kohlen und Erz⸗ lager, deren Umfang ſich heute noch kaum ſchätzen läßt. Hier und in der Klärung zahlloſer wiſſenſchaftlicher Fragen liegt die große Bedeutung der Polarforſchung. Irgendwo in dieſen Eiswüſten des Nordpols liegt Roald Amundſen. Sein Kindheitstraum iſt ausgeträumt „Seien wir ſtolz darauf, daß unſer Zeitalter noch ſolche Männer hervorbringt!“ hat Nanſen geſagt, als er Abſchied nahm von dem toten Amundſen. der Traum des Knaben Zwei Eindrücke ſind es— ſo hat er ſelbſt berichtet—, die ſich unvergeßlich in die Seele des Knaben Roald graben. Mit 15 Jahren fällt ihm das Werk des großen britiſchen Forſchers John Franklin in die Hände. Wie im Fieber lieſt er Seite um Seite— 400 Jahre Forſcher⸗ drang, 400 Jahre Kampf um den Nordpol werden leben⸗ dig vor ihm, und in ſeine Seele brennt ſich der Wunſch: nun mußt du es wagen! Dann kommt Nanſen zurück; die erſte Grönland⸗Fahrt iſt geglückt. In der vorderſten Reihe derjenigen, die ihm zujubeln, ſteht der große ſtarke Knabe. Tatendrang brennt in ihm, nur im Pol kann ſein Leben Erfüllung finden! Freilich, da iſt die Mutter, die den Mann früh ver⸗ lor, und der ihr Roald lieber iſt als alle anderen. Und für die Mutter gibt es nur eines: er muß Arzt werden. Nein, die Mutter darf das nicht wiſſen... Brav geht er zur Schule, und ebenſo brav und gehorſam wird er bald auf der Univerſität ſein Medizinſtudium beginnen. Doch in den freien Stunden zieht er ſich zurück, lieſt wieder und wieder in dem Werk Franklins. „Am meiſten erregten mich die Schilderungen der von ihm erlebten Leiden und Strapazen; ein ſeltſamer Ehrgeiz begann ſich in mir zu regen, dasſelbe durchzumachen! Jedenfalls wurde meine Laufbahn hierdurch entſchieden. Im geheimen, denn meine Mutter durfte vorläufig nichts davon wiſſen, entſchloß ich mich, Polarforſcher zu werden. Ich begann auch ſofort, mich auf meinen Beruf vorzu⸗ bereiten.“ Und ſchon der 15jährige weiß genau, was einmal das Wichtigſte ſein wird: ſtahlharte Nerven und Muskeln, ein Herz und eine Lunge, die auch den härteſten Anforderun⸗ gen gewachſen ſind. Alſo treibt er Sport. Man kennt da⸗ mals nur Fußball und Ski in Norwegen, und obgleich ihm Fußball„wenig ſympathiſch“ iſt, widmet er ſich dennoch mit Feuereifer dieſem Training. Im Winter aber ſteht er auf den Skiern. Wie wird man Polarforſcher? Noch iſt er Medizinſtudent. Da die Mutter zwei Jahre nach ſeinem Studienbeginn ſtarb, war ihr wenig⸗ ſtens die Enttäuſchung erſpart geblieben, zu ſehen, daß ſein Ehrgeiz ſich in ganz anderer Richtung entwickelt hatte, als es ihr Wunſch geweſen war! Und ſchon jetzt erweiſt ſich, daß der Junge, der von Polabenteuern träumte, kein leerer Phantaſt war—: der junge Amundſen weiß ſehr genau, was ſeine nächſten Etappen ſein werden. Aus den Berichten der Polarfor⸗ 5 er hat er den Eindruck gewonnen, daß nur allzuoft Meinungsverſchiedenheiten und Mißhelligkeiten daraus entſtehen, daß der Führer des Schiffes Fachmann und Autorität iſt auf dem nautiſchen Gebiet, der Leiter der Expedition aber nur der wiſſenſchaftliche Fachmann. Amundſen beſchließt daher, zunächſt ſich für die Kapitäns⸗ prüfung vorzubereiten. 1894 und 1896 läßt er ſich auf einem Segler als Matroſe anheuern. Schon im folgenden Jahr iſt er an einer Polarexpedition beteiligt, diesmal jedoch nur als Obermaat. Aber zum erſtenmal ſieht nun der Jüngling die Wunder und Schrecken der Antarktis; drei⸗ zehn Monate wird ihr Schiff, die„Belgica“, in der Um⸗ klammerung des Eiſes feſtgehalten— als ſie zurückkehren, iſt Amundſen ein Mann. Er erhält das Kapitänpatent. Es folgen Studien an der Seewarte in Hamburg und den Obſervatorien in Wil⸗ helmshaven und Potsdam. Die Ausbildung iſt beendet. Noch kennt niemand in der Welt den Polarforſcher Amundſen. Er allein aber weiß, daß ſein Leden bis an das Ende untrennbar verwoben ſein wird mit allen Ge⸗ heimniſſen, die die Arktis und Antarktis umgeben. Die erſte Tatſache, die er feſtſtellt, iſt, daß ſeine Mittel durch das Studium reſtlos erſchöpft find. Es gelingt ihm trotzdem, einen kleinen alten Fiſchdampfer, die„Gjoa“, zu kaufen. Zwei Jahre lang kreuzt er auf ihr zwiſchen Nor⸗ wegen und Finnland und macht kartographiſche Aufnah⸗ men. Das Intereſſe dafür iſt gering. Wer iſt ſchon dieſer junge Menſch Amundſen... Geld hat er auch nicht— im Gegenteil, Schulden hat er! Schon einige Male haben die Gläubiger auf Zahlung warten müſſen. Der junge Mann macht Reiſen, die Geld koſten und nichts bringen, immer wieder verſpricht er, dann läßt er ſich monatelang nicht ſehen, weil er irgendwo im Eis ſteckt, und wenn er zurück⸗ kommt, ſind ſeine Hände leer. Genug! Alles hat einmal ein Ende. Und auch die Geduld der Gläubiger „Am 16. Juni 1903“, ſo berichtet Amundſen ſelbſt, „verlangte der bedeutendſte meiner Gläubiger wütend Zahlung binnen 24 Stunden und drohte, mein Schiff zu beſchlagnahmen und mich wegen Betruges einſperren zu laſſen. Der Zuſammenbruch jahrelanger Arbeit ſchien unabwendbar.“ Vor dem Fiasko! Alles umſonſt, alle Strapazen, alle Mühen, alles Streben. Geträumt hatte er, er werde ſeinem Vaterlande Ehre und Gewinn bringen— und nun werden ſie auf ihn weiſen voller Verachtung, auf den Bankrotteur, den Be⸗ trüger. Amundſen iſt auf dem Schiff geblieben; wenigſtens noch die letzte Nacht. Zwei Matroſen ſind bei ihm. Sie teilen ſeine Sorgen, ſie allein glauben an ihn.. ſchwei⸗ gend, traurig verrichten ſie die letzte Arbeit, auch ſie haben ſchon wochenlang auf ihre Heuer gewartet. Als die Gläubiger mit dem Gerichtsvollzieher in der zehnten Stunde am Kai erſchienen, ſuchten ſie vergeblich nach der„Gjoa“. Sie trieb ſchon auf freiem Meer nord⸗ wärts Als drei Jahre ſpäter die„Gjoa“ an der gleichen Stelle wieder anlegt, ſtaut ſich eine unabſehbare Menſchen⸗ menge am Kai. Tücher werden geſchwenkt, Fahnen wehen, Kinder jubeln. Und unter den erſten, die hinter den Re⸗ gierungsvertretern toſend, jubelnd und begeiſtert auf Amundſen zuſtürzen, ſind ſeine Gläubiger. Drei Jahre wußte keiner von ihm, ſelbſt die Gerichts⸗ vollzieher fanden ſeine Spur nicht mehr. Die Gläubiger hatten ihn abgeſchrieben, die Welt hatte ihn vergeſſen. In dieſen drei Jahren zwang Roald Amundſen als Erſter die Nord⸗Weſt⸗Paſſage durch die Polarregion. Noch keiner war lebend heimgekehrt von dieſem tollkühnen Wageſtück. Gewaltig iſt die Forſchungsausbeute, die er mitbringt. Schon kommen Einladungen zu einer Vortragsreiſe nach Amerika. Sein Name geht um die Welt Die Entdeckung des Südpols Jetzt hat er auch Geld. Nicht viel, doch genügend, um das berühmte Polarſchiff Nanſens, die„Fram“, zu er⸗ werben. Und nun, im Jahre 1909, rüſtet er, ſeinen Traum zu erfüllen, der gleichzeitig uralter Traum der Menſchheit war: als erſter Menſch will er den Nordpol erreichen! Monate vergehen mit Vorbereitungen. Endlich liegt das Schiff zur Abfahrt bereit im Hafen. Eine Schar treuer und erprobter Kameraden ſind an Bord, alles wiſſenſchaft⸗ liche Hilfsmaterial, das zu einer ſo wichtigen Expedition gehört, iſt ſorgfältig zuſammengeſtellt, Proviant für drei Jahre verſtaut. Schon ein⸗ „Wir fahren!— Sogleich!“ Die Segel der„Fram“ blähen ſich im Winde, das ſchwere Schiff, das weit eher einem Eisbrecher gleich, und das bis obenhin mit Tonnen und Kiſten beladen iſt, gleitet über das Meer, ſie fahren gen Norden. Sie erreichen das offene Meer. Eine Stunde ſpäter ſind all die führenden Männer der Expedition in Amundſens Kajüte verſammelt. Er hat ſie zu ſich gebeten. Und jetzt ſpricht er: „Die Nachricht, daß uns Peary am Nordpol zuvor⸗ gekommen ſei, iſt zwar noch nicht endgültig. Aber ich habe dieſe Expedition nicht ausgerüſtet, um die Ergebniſſe eines anderen zu beſtätigen. Der Nordpol ſcheint beſiegt. Aber noch unerforſcht iſt der Südpol. Meine Herren, wir legen das Schiff auf entgegengeſetzten Kurs. Wenn uns das Schickſal den Nordpol nicht gönnt, nun, dann wollen wir ihm den Südpol abtrotzen!“ Zwei Jahre ſpäter, im Herbſt 1911, iſt die Expedition mit Hundeſchlitten weit vorgedrungen in die Regionen der Antarktis. Es beginnt das Endſtadium im Kampf um den Pol. In ſeinem Werk„Die Eroberung des Südpols“ (J. J. Lehmann, München) hat Amundſen über dieſe Polfahrt der„Fram“ einen dramatiſchen Bericht nieder⸗ gelegt. Und dort berichtet er über jenen 15. Dezember 1911, der in der Geſchichte der Menſchheit ewig unver⸗ geſſen bleiben wird: „Auch an dieſem Tage ging es in derſelben mechani⸗ ſchen Weiſe vorwärts wie am vorhergehenden. Es wurde nicht viel geſprochen, aber die Augen wurden um ſo eifri⸗ ger benutzt. Hannſens Hals war doppelt ſo lang wie an den anderen Tagen, ſo ſehr drehte und reckte er ihn, um womöglich einige Millimeter weiter vorausſehen zu können Aber wie ſehr er auch guckte und guckte, er ſah doch nichts als die unendliche, gleichmäßige Ebene ringsum. Die Hunde hatten ſich nach der Witterung zufrieden⸗ gegeben, und die Gegenden um die Erdachſe ſchienen ſie durchaus nicht mehr zu intereſſieren. Um 3 Uhr nachmittags ertönte ein gleichzeitiges „Halt!“ von allen Schlittenlenkern. Sie hatten ihre Meß⸗ räder fleißig unterſucht, und nun ſtanden alle auf der aus⸗ gerechneten Entfernung— auf unſerem Pol nach dem Beſteck. Das Ziel war erreicht und die Reiſe zu Ende! Ich kann nicht ſagen, obgleich ich weiß, daß es eine viel großartigere Wirkung hätte—, daß ich vor dem Ziel meines Lebens ſtand. Dies wäre doch etwas zu ſehr übertrieben. Ich will lieber aufrichtig ſein und gerade heraus erklären, daß wohl noch nie ein Menſch in ſo völligem Gegenfatz zu dem Ziel ſeines Lebens ſtand wie ich bei dieſer Gelegenheit. Die Gegend um den Nordpol — ach— zum Kuckuck, der Nordpol ſelbſt hatte es mir von Kindesbeinen an angetan, und nun befand ich mich am Südpol! Kann man ſich etwas Entgegengeſetzteres denken Und nun folgt die Schilderung, wie die fünf Teil⸗ nehmer der Expedition Norwegens Vanner hißten „Liebe und Stolz leuchteten aus den fünf Augen⸗ paaren, die die Flagge betrachteten, als ſie ſich bei der friſchen Briſe entfaltete und über dem Pol flatterte. Ich hatte beſtimmt, daß das Aufpflanzen ſelbſt— das hiſto⸗ riſche Ereignis— gleichmäßig von uns allen vorgenom⸗ men werden ſollte. Nicht einem allein, nein, all denen kam es zu, die ihr Leben in den Kampf miteingeſetzt hatten und durch dick und dünn zuſammengeſtanden hatten Fünf rauhe, vom Froſt mitgenommene Fäuſte griffen nach der Stange, hoben die wehende Fahne auf und pflanzten ſie auf— als die erſte und einzige auf dem geographiſchen Südpol.„So pflanzen wir dich, du liebe Flagge, am Südpol auf und geben der Ebene, auf der er liegt, den Namen König⸗Haakons⸗VII.⸗Land!“ (Fortſetzung folgt.) mal hat Amundſen ja erlebt, daß das Polareis keinen ſo leicht und raſch wieder frei⸗ gibt, der ſich ihm zu nähern wagt. Sie liegen im Hafen und warten auf günſtigen Wind. Fieberhaft werden die Wet⸗ termeldungen verfolgt, Eis⸗ berichte treffen ein. Mit ihnen kommt eine andere Meldung. Ein kurzer Bericht, er klingt kaum glaublich, man kann ihn nicht nachkon⸗ trollieren:„Der amerika⸗ niſche Admiral Peary er⸗ reichte zu Fuß, begleitet von einem Neger, den Nordpol!“ Und wiederum alles ver⸗ geblich?— Wenn dieſe Mel⸗ dung tatſächlich ſtimmt Noch weiß niemand Genaues. Warten, bis die Nachricht be⸗ ſtätigt oder dementiert wird? Abermals warten, jetzt, da das Wetter endlich eine freie Ausfahrt ermöglicht? Alle blicken geſpannt auf Amund⸗ ſen. Wenige Stunden, nach⸗ dem die Meldung über die angebliche Entdeckung des Nordpols eintraf, ſein Befehl: 8 Aufnahme: Scherl Bilderdienſt— M. weht über dem Pol. kommt Amundſen begründet ſeinen Ruhm. Der Südpol iſt entdeckt, die norwegiſche Flagge Die Jugend von heute iſt der taat von morgen.