7 iet, iſt nicht allohſt Anlei⸗ guber Schalt Nr. 191 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 18. Auguſt 1937 . Einfallstor Schanghai Die Entwicklung in China, insbeſondere die Ausein— anderſetzung in Schanghai, wirft ihren Widerſchein weiter als über die braungelben Fluten des„blauen“ Stronis. Laſſen wir die Erörterung der militäriſchen oder politi⸗ ſchen Auseinanderſetzung einmal beiſeite, dann bleibt doch noch genug Intereſſantes übrig. Natürlich kommt es nicht darauf an, den Leſer damit zu plagen, wo dieſer oder je⸗ ner ſchwer zu behaltender Ort liegt. Genau ſo falſch wäre aber der Standpunkt, man könne die Ereigniſſe in China übergehen, weil in all den Jahren das Hin und Her der Bürgerkriege und die ſonſtigen politiſchen Kämpfe keine rechte Entwicklungstendenz in dieſem Lande hat erkennen laſſen Es genügt nicht mehr, nur zu wiſſen, daß China etwa 5 Millionen Quadratkilometer umfaßt, daß ſeine Be⸗ völkerung mit etwa 480 Millionen ungefähr ein Viertel der Erdbevölkerung beträgt, oder daß etwa Tientſin. Schanghai und Hongkong die wichtigſten Häfen Chinas ſind. Geradezu irreführend wäre es, einen Durchſchnitt zu errechnen und dann zu ſagen, auf einem Quadratkilometer wohnen etwa 70 Menſchen, ohne daß man gleichzeitig ſagt, wie es mit den wirtſchaftspolitiſch entſcheidenden Provinzen ſteht, die tatſächlich zu den dicht bevölkertſten Erdgebieten gehören. Die Provinz Kiangſu mit den Städten Schanghai und Nanking zählt etwa 350 Einwohner je Quadratkilometer. Das enkſpricht ungefähr der Bevölkerungsdichte von Sach⸗ en. Wirtſchaftliche Kenntniſſe ſind zum plaſtiſchen Begrel⸗ en weltumfaſſender Ereigniſſe heute unerläßlich, denn nur mit dieſem Wiſſen laſſen ſich urſächliche Zuſammenhänge aus der ſcheinbar ſo widerſpruchsvollen aſiatiſchen Politik gewinnen. Im Augenblick konzentriert ſich das geſamte Intereſſe auf eine der größten Städte des Fernen Oſtens, die nur im Whangpoo⸗Fluß, der beim Wufung⸗Fort in den Jangt⸗ ſekiang mündet, einen natürlichen Schutz hat. Die Schmutz⸗ waſſerrinnen des Soochow und Siccawei und die übrigen kleinen Waſſerläufe rechnen nicht, auch wenn einer von ihnen an der Namensgebung der Provinz mitwirkte. Giangſu als Provinzname entſtand aus Kiangming, was Nanking entſpricht, und der erſten Silbe von Soochsw.) Inmitten eines flachen Geländes liegt Groß⸗Schanghai. Ungefähr 36 Kilometer entfernt erſt liegt die nächſte Er⸗ hebung, ein unbedeutender Hügel. 5¼ Millionen Menſchen wohnen hier in der ſchnell reich gewordenen Handelsſtadt wie in einem menſchlichen Ameiſenhaufen. Der eigentliche Kern der Stadt zählt immer noch 3½¼ Millionen Menſchen, unter ihnen 58 000 Fremde aller Raſſen. Grundverſchie⸗ dene Verwaltungsſyſteme beherrſchen dieſen Ort, in deſſen Nei dein Mittelpunkt ſich die internationale Niederlaſſung efindet, an die im Oſten die amerikaniſche, im Weſten die engliſche und im Süden die franzöſiſche anſchließt. Weiter im Norden liegt die japaniſche Konzeſſion Die alte Chi⸗ neſenſtadt erſtreckt ſich nach Süden und Südoſten. Dort ſſt auch das Fabrikgelände und das Arſenal. Zwiſchen fran⸗ hoch Siedlung und der Altchineſenſtadt ſowie zwiſchen er internationalen Niederlaſſung und dem im Norden liegenden Chapei ſind Stahltore aufgerichtet, die im Not⸗ fall geſchloſſen werden können. Von allen gemiſchten Bau⸗ gliedern der Rieſenſtadt iſt Chapei das am meiſten zufſam⸗ mengewürfelte. Das hier beginnende nordwärts ziehende Gebiet iſt mit modernen Fabriken und dichtgedrängten chineſiſchen Siedlungen beſät. Es iſt das künftige Zentrum des geplanten neuen Groß⸗Schanghai. Nur weniges Frei⸗ elände liegt dazwiſchen, wie der Hongkew⸗Park, die chießſtände und der Rennplatz. Auf den Beſitz des Welthafens Schanghai, das Zentrum des chineſiſchen Finanzkapitals, gründet ſich die Macht der Nanking⸗Regierung Der Jangtſe, ſtändiger Liegeplatz von Flotteneinhekten der Großmächte, iſt zugleich die wichtigſte 2 1 9 4 9 Heinrich Hansjakob Zum 100. Geburtstag des Volksſchriftſtellers Man hat aus Hansjakob oft ſchon einen Dichter machen wollen— er hat zeitlebens dieſen Titel abgelehnt. Von einer ſeiner beſten Erzählungen, dem„Leutnant von Hasle“, ſagt er ſelbſt einmal, er nenne ſie nicht einen ge⸗ ſchichtlichen Roman, denn„ein ſolcher iſt eine Kunſtleiſtung und die ſtehe ihm fern... Wie ein alter, einſamer Berg⸗ fink ſein Lied ſingt, wie es ihm aus der Kehle dringt, ohne ſich zu kümmern, ob es der Harmonielehre oder dem Kon⸗ trapunkt entſpricht, ſo erzähle ich meine Geſchichten. Ich will nichts wiſſen, nicht einmal wenn ich predige, von der rauen Theorie, ſondern gehe immer dem Leben und der raxis nach.“ So iſt er 1 jede künſtleriſche Abſicht der Volksſchrif⸗ ſteller und Vo kserzähler eigenſter Prägung geworden. Er erzählt, weſſen das Volk ſeiner Heimat, an die er zuerſt und 5 denkt, bedarf und redet die Sprache ſeines Vol⸗ kes, die unverfälſchte Sprache alemanniſchen Bauerntums. Und damit ſind wir beim tiefſten, bleibenden Wert des von ihm Geſchaffenen: dem Schreiber unbewußt, lebt und webt in jeder Zeile die kleine, aber echte und ganze Welt ſeiner Heimat, des Kinzigtales und darüber hinaus des alemanniſchen Landes. Daraus iſt Hansjakob, der Pfar⸗ ter und Volkserzähler herausgewachſen, und eine eigene, charaktervolle Elſchelttung unter den deutſchen„Bücher⸗ reibern“ geworden. t In Haslach im Kinzigtal wurde Hansjakob um 19. Auguſt 1837 als Sohn eines Bäckers geboren, der zugleich; auch eine Wirtsſtube offen hielt. Haslach bot dem Buben en Blick in ein breites, fruchtbares Tal, das rings ſtatt⸗ liche Schwarzwaldberge umſtehen. Das alte Städtchen ſelbſt A in eindrucksvollen Zeugniſſen einer bewegten Ge⸗ ſchichte zu ihm, die der Haslacher Volksſchlag, geſund und lebensfroh, wenn auch von der tiefen Beſinnlichkelt des chwarzwälders überſchattet, tapfer beſtanden hatte. In er Welt des Städtchens lag die Kleinwelt des Knaben, die Wirtsſtube des Vaters mit ihren ſo merkwürdigen Gäſten, ie Häuſer der Verwandſchaft, der geliebten Großmutter gur allem, die zahlloſen Winkel der Bubenſtreiche, die 50 Alles das hat unverwiſchbare Schrift⸗ urche, die Schule. t üge in die Seele des Kindes eingegraben, ſo daß dem rei⸗ en Manne, als ihn der„Schreibteufel“ packte, die Feder von überlief, daß es ihm, wenn er anfing, aus dieſem urn zu ſchöpfen, wie ſeinem Großvater, dem„Kſelsbeck“, erging, der die Bauern in ſeiner Wirtsſtube mit ſeinen Er- aählungen feſſelte und dabei immer„vom Hundertſten ins auſendſte“ geriet. 5 Der ſchwierige Schulbub wurde trotz allem Lateinſchaler und konnte das Raſtatter Gymnmaſialkonvikt beziehen, id ſeine Leiſtungen in hett er Kurve auf und ab gingen und nur ſeine Freude am Bier und am Pfeifenrauchen ſtetig blieb Zu aller Staunen bezog er als Theologieſtudent 5 Freiburger e Dort hat er ſich feſt in die Han bekommen, ernsthaft ſtudiert und ſogar neben der Theologie Guüterverkehrsſtraße Chinas und wird es bleiben, bis der Ausbau der Kanäle und des Eiſenbahnnetzes vollendet ein wird. Damit iſt Schanghai gleichzeitig der wichtigſte Verkehrs und Handelsplatz. Das Handelskapital konnte ſich überall in China, ſo vor allem hier, auf die Küſtenpro⸗ vinzen beſchränken, während das Induſtriekapital Jen Bo⸗ denſchätzen nachgehen, alſo weiter ins Innere des Landes folgen mußte. Faſt zwei Drittel der Baumwollfabriken Chinas liegen in der Provinz Kiangſu, ungefähr die Hälfte davon in Schanghai. Infolge der Entwicklung des Rohſtoff⸗ handels im Jangtſe⸗Delta lag es auf der Hand, daß ſich mit der Zeit auch andere Induſtriezweige in den Vororten von Schanghai anſiedelten. Wir finden hier Papier⸗ und Pflanzenölinduſtrien, Mühlen, Glasfabriken, Baumwoll⸗ materialieninduſtrien und auch zahllose Zigarettenfabriken. Letztere ſind von beſonderer Bedeutung, denn Konſam und Einfuhr nehmen in den letzten Jahren außerordentlich zu. Die Chineſen ſcheinen dem Laſter der Zigarette genau ſo widerſtandslos zu verfallen, wie früher dem Opium. Weiter finden wir eine hochmodern eingerichtete chineſiſch⸗kuham⸗ ſche Zuckerraffinerie. Im eigentlichen Hafengebiet ſind die Sortieranſtalten für die Neben⸗ und Abfallprodukte der chineſiſchen Landwirtſchaft, die aus dem Innern den Jangtſe entlang mit verhältnismäßig geringen Koſten das Meer erreichen. Därme, Häute, Fälle, Borſten, Federn, Moſchus, Wolle, Menſchen⸗ und Tierhaare ſind die wichtig⸗ ſten dieſer Artikel, die zugleich einen namhaften Poſten der chineſiſchen Handelsbilanz ausmachen. Für die Nahrungs⸗ mittelverſorgung liefert das Hinterland Weizen und Reig. So ſieht alſo das Gebiet aus, in welchem im Augen⸗ blick Japan und China ſich mit der Waffe in der Hand aus⸗ einanderſetzen.—0t. Große Schadenfeuer! Eine Mühle ſteht in Flammen. Wertvolles Gut— viel⸗ leicht auch Erntevorräte— wird vernichtet. Und die Urſache der Kataſtrophe? Vielleicht ein unachlſam forkgeworfenes Skreichholz, das doch glimmt, vielleicht ein unvorſichtiges Hantieren mit offenem Licht, vielleicht auch irgend eine an⸗ dere Unvorſichtigkeit. Jedenfalls hat eine an ſich geringfügige Urſache verhängnisvolle Wirkungen gehabt. Darum: Keine Unachtſamkeit. denkt immer daran, wie groß die Brandge⸗ fahren ſind 5 die philologiſchen Studien ſoweit betrieben, daß er bald nach ſeiner Prieſterweihe das philologiſche Staatsexamen abſolvieren konnte. Der kurze aber erlebnisreiche Umweg über den Schuldienſt und die parlamentariſche Vertretung ſeiner Heimat hat den ſanguiniſchen Mann allenfalls läu⸗ tern helfen, keinesfalls aber innerlich bereichert. Er be⸗ endete dieſe Zeit mit der gründlichen Abſage an den politiſchen Katholizismus, die ihm noch lange Jahre Anfeindungen und Verunglimpfungen eingetragen hat. ö Erſt als Pfarrer im Weindorf Hagnau am Boden⸗ ſee fand er ganz zu ſich ſelbſt, und hier entſtehen auch ſeine erſten Erzählungen. Mitten in der Seelſorge, die für ihn auch tätige Sorge für die weltlichen Intereſſen ſeiner Pfarrkinder war, treibt es ihn zum Schreiben, und„jeder Wellenſchlag, der an ſeinem Mfarchäuschen hinauftönte, gab ihm einen neuen Impuls“. Die Stille des Dorfes war ihm„eine Goldgrube, die er gehörig ausgebeutet“ hat Haslach im Kinzigtal, Pfarrer Hansjakobs Geburtsort, iſt eine echte, geſunde Schwarz⸗ waldſtadt. Bon der Natur iſt das traute Städtchen mit ſeinen heimeligen Straßen und Plätzen in den ſattgrünen Wieſenſchoß ſanftanhebender Hügel und Haldan gelegt, die hinaufführen zu den mächtigen Wäldern der Höhe. Rundfunk⸗ Programme Reichsſender Stuttgart. Mittwoch, 18. Auguſt. 9.30 Sendepauſe; 19 Unſer ſingendes, klingendes Frank⸗ furt; 21.15 Alte Muſik: 22.15 Die Welt des Sports Vor⸗ trag: 22.30 Programmaustauſch Deutſchland⸗Portugal: Portugieſiſche Muſik; 23 Wer macht mit?, Unterhaltung und Tanz. Donnerstag, 19. Auguft. 9.30 Sendepause, 19 Schöne Melodien, geſungen und geſpielt; 20 Nette Sachen zum Tanzen und zum Lachen; 21.15 Abendkonzert; 22.30 Unterhaltungsmuſik. Freitag, 20. Auguſt. 9.30 Sendepauſe; 19 Stuttgart ſpielt auf, heitere Feier⸗ abendmuſik; 20 Ein Blick— ein Gruß, Folge heiter⸗be⸗ ſinnlicher Szenen; 21.15 Schöne Abendmuſik, Schallplatten; 22.15 Wir Jungen tragen die Fahne, Hörberichte vom Ve⸗ 9190 des Adolf-Hitler-Marſches der ſchwäbiſchen HJ zum Reichsparteitag in Nürnberg; 22.30 Eins ins Andere. Bunte Muſik zur ſpäten Nacht. Samstag, 21. Auguſt. 9.30 Sendepauſe; 14 Fröhliches Wochenende, Schall⸗ platten; 14 Badiſche⸗bayeriſche Dirndl, juchhei, unſere Hörer entſcheiden den Singwettſtreit der Mädel der Rundfunk⸗ ſpielſcharen Karlsruhe-München; 15 Wer recht in Freuden wandern will..., was machen wir am Sonntag?; 16 Stuttgart ſpielt auf, heitere Muſik zum Wochenende, da⸗ zwiſchen: Liebe nach Noten, Liebesgeſchichte in Schlagern; 18 Tonbericht der Woche; 19 Tonfilmmelodien, Schallplat⸗ ten; 20 Wein blüht doppelt, am Stock und im Glaſe; 22.30 Tanzmuſik. Reichsſender Frankfurk a. M. Mittwoch, 18. Auguſt. 9.30 Sendepauſe, 10 Schulfunk; 10.30 Hausfrau, hör zu; 10.45 Sendepauſe; 15.15 Sendepauſe; 19 Unſer ſingen⸗ des, klingendes Frankfurt; 20.10 Unfer ſingendes, klingendes Frankfurt, Fortſetzung; 21.15 Ins rechte Licht gerückt, Funkkabarett, 22.15 Europa⸗Waſſerballturnſer: Deurſch⸗ land— Holland; 22.20 Kamerad. wo biſt du?: Donnerskag, 19. Auguſt. 9.45 Sendepauſe; 10 Schulfunk; 10.30 Hausfrau, hör zu; 10.45 Sendepauſe; 15.15 Für unſere Kinder; 19 Wal⸗ zer und Märſche; 20.10 Walzer und Märſche, Fortſetzung; 21.15 Sommerabend am Schluchſee; 22.15 Internationales Reit⸗, Spring⸗ und Fahrturnier in Aachen; 22.30 Unter⸗ haltungsmuſik. Freitag, 20. Auguſt. 9.45 Sendepauſe; 10 Schulfunk; 10.30 Hausfrau, hör zu; 10.45 Mutter turnt und ſpielt mit dem Kind; 11 Sen⸗ depauſe; 1515 Sendepauſe; 19 1 20.10 Hei⸗ terer muſikaliſcher Abend; 21 Neue Liedmuſik aus Oeſter⸗ reich; 22.15 Europa⸗Waſſerballturnier: Deutſchland— Oeſterreich; 22.30 Tanzmuſik. Samstag, 21. Auguſt. 9.30 Sendepauſe; 10 Schulfunk; 10.30 Hausfrau, hör zu; 10.45 Sendepause; 15.15 Volk und Wirtſchaft; 1530 Alle Tage iſt kein Sonntag..., volkstümliche Lieber; 16 Stuttgart ſpielt auf, heitere Muſik zum Wochenende; 19 Herzlichen Gruß aus Swinemünde. Dein..., heiterer Refſehrief, 20.10 Heute abend großes Extrakonzert, ſchmun⸗ zelnde Rückerinnerung an Klänge eines Bierabends um 1910; 22.30 Wir tanzen in den Sonntag. mit Studien der Geſchichte und des Volkstums, aus denen ganz von ſelbſt die Originalgeſtalten ſeiner Heimat aufſtle⸗ gen, die er nicht„unbeſchrieben“ laſſen wollte. Bis 1884 blieb er Pfarrer am See, dann kam er als Stadtpfarrer an die Martinskirche nach Freiburg. Den weit größeren Aufgabenkreis bewältigte ſeine ungewöhn⸗ liche Arbeitskraft, das kluge Verſtändnis des„Einſamen“, der bisweilen in ſeine Einſamkeit faſt verliebt war, für die Nöte ſeiner Pfarrkinder und ſein praktiſcher, auch in geiſt⸗ lichen Dingen einfacher und geſunder Sinn ſicher und er⸗ folgreich. Der Kanzelredner iſt heute noch nicht vergeſſen, und der Volksſchriftſteller kam über der Arbeit des Pfar⸗ rers nicht zu kurz. Im Gegenteil: hier bei St. Martin ent⸗ ſtanden ſeine ſchönſten Dorfgeſchichten, der„Leutnant von Hasle“, der„Vogt auf Mühlſtein“ und die„Bauernblut)⸗ Erzählungen u. a. m. Hier und in der nahen„Kartauf 2 dem einſtigen Kartäuſerkloſter im Dreiſamtal, dem Armen⸗ heim der Stadt Freiburg, wo der damalige Oberbürgermei⸗ ſter Dr. Winterer Hansjakob mit der Einrichtung einer ſtillen Klauſe einen Herzenswunſch erfüllte. In der Ruhe des alten Priorats hat der alternde und kränklich werdende Mann die ſchönſten Schaffens⸗ und Mußeſtunden ſeiner Freiburger Zeit verbrachl. Mit 76 Jahren aber verſagte der Körper dem unge⸗ brochenen lebendigen Geiſt nach ſoviel ſtrenger Arbeit im Amt und mit der Feder Gefolgſchaft. So ging er 1913 in den Ruheſtand und folgte dem Rufe der Heimat: auf der Berghalde über Haslach ließ er ſich ein ſtattliches Haus, den„Freihof“, bauen, wo er noch drei Jahre Ruhe fand, ſoweit ihm, dem noch immer geiſtig Regſamen, das Schickſal ſeines Volkes im Weltkrieg den Frieden des Al⸗ ters gewinnen ließ Er blieb auch im Tod dem Menſchen⸗ getriebe fern; auf dem Bühl bei Hofſtetten im Kinzigtal, wo ihm früher ſchon eine Strohhütte angenehmen ent halt zum Sinnen und Träumen gewährt hatte, hat er ſich ſchon 1901 ſeine Grabſtätte bereiten laſſen, eine kleine Ka⸗ pelle mit der Nachbildung der Pieta des Tilman Riemen⸗ ſchneider. Wenn Hansjakob heute mit ſeinen Schriften weit über ſeine Heimat hinaus fortwirkt und hier an Volkstümlichkeit Hebel kaum etwas nachgibt, ſo hat das ſeinen guten Grund. Denn in ſeinen Erzählungen iſt nicht er ſelbſt mit ſeiner blutvollen, herzhaften, oft ſchrulligen, immer aber echten Eigenwüchſigkeit und Ungeſchminktheit, ſondern ein ſchönes und reiches Stück alemanniſcher Geſtaltung gegenwärtig. Und was noch mehr iſt und was wir ihm 1 beſonders danken: er hat in einer Zeit des Unechten und einer ſchema⸗ tiſierenden und alles verſtädternden Scheinkultur in einer leidenſchaftlichen Abwehr und oft derben Ironie, die in den köſtlichen„Schlenkerern“, den nachdenklichen Abſchweifungen vom Thema feiner Erzählungen, 5 1 0 Niederſchlag gefun⸗ den hat, nach dem Echten und Wahren gegriffen und iſt nicht müde geworden, die Kraft des Echten und gerade Ge⸗ wachſenen in unzähligen Originalgeſtalten der Geſchichte und ſeiner Erinnerungen darzüſtellen und als Spiegel der Wahrheit und Geſundheit, vor allem eines unverfälſchten Bauerntums, ſeiner Zeit vorzuhalten. Wie vor Jahrmulionen Arkrüfte in der Exdrinde an Der planet bebt ununterbrochen/ Berge wandern/ Der Meeresboden ſinkt ab?/ Ergebniſſe der Erdbebenforſchung Unſere Erde kracht in allen Fugen— das iſt eine Erkenntnis, die wir im übertragenen Sinne auf die zer⸗ fahrene Situation der Weltpolitik anwenden. Aber auch im wortwörtlichen Sinne bebt unſer Planet, nur kommt uns dieſe geophyſiſche Erſcheinung im allgemeinen nicht zum Bewußtſein, es ſei denn, daß die Zeitungen von einem verheerenden Erdbeben in Japan oder Indien, auf einer Südſeeinſel oder im Andengebiet berichten. Tat⸗ ſächlich aber durchzittert jede Stunde eine kleine Erſchüt⸗ terung unſere Erde. Dieſe Feſtſtellung verdanken wir der Reichsanſtalt für Erdbebenforſchung in Jena, die heute Weltruf genießt. Dieſem Inſtitut verdanken wir und die Welt wertvolle Feſtſtellungen über das„innere Leben“ der Erde. Die in den Laboratorien und Arbeits⸗ räumen der Reichsanſtalt vom Seismographen verzeich⸗ neten Erdſtöße beweiſen, daß Urkräfte in der Erdrinde am Werk ſind wie einſt vor Jahrmillionen. Früher glaubte man, daß es ſich bei dieſen Erdſtößen um Nachwehen einer längſt verſunkenen erdgeſchichtlichen Epoche handele, heute weiß man, daß die Erde ſtändig das Bild ihrer Land⸗ ſchaften ändert. Die Schöpfung endet nie, und das Geſicht unſeres Planeten befindet ſich in ſteter Wandlung. Man braucht gar nicht in ferne Zonen zu reiſen und die dort wirkenden oberflächengeſtaltenden Kräfte beob⸗ achten, ſondern auch unſer deutſches Land befindet ſich in immerwährender Bewegung. Jeder Kumpel in den unter⸗ irdiſchen Stollen der Bergwerke weiß, daß der„Berg arbeitet“, aber wußten Sie ſchon, daß München und die Zugſpitze ſich nähern? Die deutſchen Geologen und Geo⸗ däten haben nachgewieſen, daß die Entfernung zwiſchen dem höchſten Berg Deutſchlands und der Hauptſtadt der Bewegung infolge weiterer Gebirgsauffaltung ſtändig ab⸗ nimmt. Wie in der Vorzeit, ſo ſind auch heute noch die gebirgsbildenden und oberflächengeſtaltenden Kräfte am Werk. Die Schwäbiſch⸗Bayeriſche Hochebene wandert nach Weſten, allerdings beträgt dieſe Verſchiebung in 85 Jahren nur drei Meter. Das Rheiniſche Schiefergebirge hat ſich ſeit Beginn der Eiszeit um 200 Meter gehoben, und die⸗ ſer Prozeß iſt auch heute noch nicht abgeſchloſſen. Bei den deutſchen Waldgebieten des Odenwaldes, des Schwarzwaldes und des Pfälzerwaldes hat man ähnliche Beobachtungen machen können. Aber noch weiter gehen die ſtaunenerregenden Feſt⸗ ſtellungen der deutſchen geologiſchen Forſchung. Heute wiſſen wir, daß das deutſche Küſtenland ſtändig abſinkt. Meſſungen und Funde unter dem Spiegel der Nordſee haben ergeben, daß die Bodenſenkung der Nordſee an manchen Stellen in einem Jahrhundert etwa 15 Zenti⸗ meter beträgt. So vermutet man heute, daß der Kanal zwiſchen Dover und Calais durch eine ſolche Landſenkung entſtanden iſt. Wenn dieſe Vermutung richtig iſt, dann wäre der Rhein in einer früheren Erdepoche, wahrſchein⸗ lich im Diluvium, bei der Doggerbank in die Nordſee ge⸗ mündet, und die Themſe wäre ein linker Nebenfluß des deutſchen Stromes geweſen. Das ſind nicht Phantaſtereien, ſondern die ſehr beſtimmten Mutmaßungen ernſter Wiſſen⸗ ſchaftler. Auch für die Oſtſee hat man ähnliche Theorien aufgeſtellt, die für manchen Forſcher bereits zur Gewiß⸗ heit geworden ſind. Das ſind nicht— wenn auch intereſſante— Spiele⸗ reien einer weltabgewandten Wiſſenſchaft, ſonbern die ge⸗ wonnenen Forſchungsergebniſſe werden dem Leben dienſt⸗ bar gemacht. Die geodätiſche Feinvermeſſung im Ruhr⸗ gebiet etwa führt zu rechtzeitiger Verhütung von Erd⸗ und Dammrutſchen und zur Beurteilung von Bergſchä⸗ den— ein Thema, das beſonders die Verſicherungsgeſell⸗ ſchaften intereſſiert. Die ſtändigen, allerdings langſam verlaufenden Bodenveränderungen müſſen auch aus Gründen eines intenſiven Bergbaues beobachtet und regi⸗ ſtriert werden. Wenn wir auch in einem erdbebenarmen Gebiet wohnen, ſo iſt eine geologiſche Forſchung in Deutſchland von außerordentlicher Wichtigkeit, denn nicht nur die großen Erdbeben zeigen, daß unſere Erde unruhig iſt, ſondern die über die ganze Welt verteilten, mit Seismographen aus⸗ gerüſteten 250 Erdbebenſtationen ver⸗ zeichnen, daß jede Stunde ein Erd⸗ ſtoß unſeren Planeten durchzittert. Im allgemeinen handelt es ſich hier⸗ bei um tektoniſche Beben, die im Zu⸗ ſammenhang mit dem Aufbau der Erdkruſte auftreten und durch Ge⸗ ſteinsverſchiebungen entſtehen. Die Geſteinsmaſſen befinden ſich im Zu⸗ ſtand der Elaſtizitätsſpannung, d. h., die Erdoberfläche zeigt ſtändige Schwingungen, die von den Seismo⸗ graphen der Erbebenſtationen regi⸗ ſtriert werden. Daraus ſolgt, daß die Gebirgsbildung noch nicht abgeſchloſſen iſt und daß das Antlitz der Erde ſich auch heute noch wandelt. 5 Neben den tektoniſchen Beben unterſcheidet man vul⸗ kaniſche Beben, die an vulkaniſchen Boden gebunden ſind, und Einſturzbeben, bei denen unterirdiſche Hohlräume einſtürzen. Jährlich werden rund 10000 Beben verzeich⸗ net, von denen allerdings nur 100 zerſtörend wirken, die aber immerhin Werte in Höhe von etwa einer Milliarde Dollar vernichten und etwa 30 000 Menſchen das Leben koſten. In„Kataſtrophenjahren“ erhöhen ſich dieſe Zif⸗ fern in grauenvollem Ausmaß. So vernichtete das Erd⸗ beben von Meſſina 1908 83 000 Menſchenleben, und die Tokioter Kataſtrophe von 1923 forderte den Verluſt von 200 000 Menſchen Nachdem ſich die Statiſtik zu Wort gemeldet hat, ſei noch eine Zahl verzeichnet: jedes durchſchnittliche Zer⸗ —————ͤ——ʃb!—m— Links: In der Reichsanſtalt für Erdbebenforſchung wer⸗ den an Modellen die Wir⸗ kungen von Erdbeben ver⸗ ſucht. An ein fertiges Mo⸗ dell werden die Meßinſtru⸗ mente angeſchloſſen. Rechts: Ein leichtes Scha⸗ denbeben im Modellverſuch. Unten: Ein Erdbebenmeſſer, der die Bodenbewegung zweitauſendfach vergrößert. Aufnahmen(5): Koch (Mauritius)— M Allerſchwerſte Erdbeben ſchaffen Ruinen. — auch in Mexiko und Japan beobachtet hat— reſtlos anzu⸗ erkennen. Zunächſt iſt für den Ausbau der Bebenvor⸗ ausſage und des Warnungsdienſtes noch ein weites Feld, Wie aber werden nun Erdbeben regiſtriert? Erdbebenſtationen ſind Seismographen jede Bodenerſchütterung„aufſchreiben“. Die Grundform des Meßinſtruments iſt ein gewöhnliches Pendel, das aus einer„trägen“ Maſſe beſteht, die beim Anſtoß hin⸗ und herſchwingt. Die für den deutſchen 15⸗Tonnen⸗Seismo⸗ graphen in Jena benutzte Pendelmaſſe beſteht aus einem Eiſenbetonbottich von zwei Meter Durchmeſſer und zwei Meter Höhe, der mit ſchwerem Geſtein gefüllt iſt. Es werden nun zwei Pendel aufgehängt, die ſowohl Stöße in der Oſt⸗Weſt⸗Richtung als auch in der Nord⸗Süd⸗ In den aufgeſtellt, die Richtung durch Ausſchlag „melden“. Die Zuſammen⸗ ſetzung dieſer beiden Zei⸗ gerausſchläge ermöglicht es, die Richtung zu beſtimmen, aus der der Erdbebenſtoß gekommen iſt. Zur ſtändi⸗ gen Ueberwachung der Bo⸗ denbewegung läßt man die Pendelausſchläge auf einen Regiſtrierſtreifen aufzeich⸗ nen. Zugleich überträgt eine Normaluhr auf dem⸗ ſelben Streifen zu jeder vollen Minute eine Zeit⸗ marke. Dadurch kann man den genauen Beginn des ſtörungsbeben erzeugt 150 Billionen Pferdekräfte! Eine Zahl, die das menſchliche Vorſtellungsvermögen bei wei⸗ tem überſchreitet. Iſt es nun möglich, ein Erdbeben vorauszuſagen und damit die verheerenden Wirkungen einzuſchränken? Die Wiſſenſchaft erteilt auf die Frage die Antwort, daß eine praktiſch verwertbare Vorherſage der Erdbeben nicht mög⸗ lich iſt. Ein deutſcher Bergingenieur hat allerdings vor mehreren Jahren auf Grund mehrjähriger Beobachtungen in den Kordilleren Südameriles geglaubt, die Möglich⸗ keit ableiten zu können, daß ſich gewiſſe Erſcheinungen, die auf der Erdoberfläche zu Beben und Grubenkataſtro⸗ phen führen, in der Atmoſphäre vorher ankündigen. So berichtete er, daß ſich in den großen Höhenlagen der Kor⸗ dilleren vor jedem Erdbeben ein eigenartiges Flimmern in der Luft bemerkbar macht. Unmittelbar Bebens feſtlegen. Durch eine möglichſt ſchwere Pen⸗ delmaſſe erreicht man, daß auch die kleinſten Boden⸗ bewegungen noch ſichtbar werden. Die Aufzeichnung erfolgt in der Weiſe, daß die Schreibnadelſpitze von einem zehntel Millimeter Stärke in eine Rußſchicht auf einem zu einem Band zuſammengeklebten Papierſtreifen ritzt. Das Band läuft über eine Trommel, die von einem Uhr⸗ werk um 60 Millimeter in der Minute vorwärts bewegt wird. Gleichzeitig wird der Streifen durch eine Spindel ſeitlich verſchoben. Dadurch wird ermöglicht, daß auf einem Bogen von insgeſamt zwei Meter Länge und 20 Zentimeter Breite die Aufzeichnungen eines ganzen Tages verzeichnet werden. Befindet ſich der Erdboden in Ruhe, ſo iſt die in die Rußſchicht eingeritzte Spur der Schreib⸗ feder eine gerade Linie. Erbebt irgendwo in der Welt die Erde, ſo wird die Pendelmaſſe angeſtoßen und die Schreibfeder gibt die Bodenbewegung in den bekannten, charakteriſtiſchen Kurven— wie von zittriger Greiſenhand geſchrieben— wieder. Aus dieſen„Schriftzügen“ kann man dann die Entfernung des Erdbebenherdes und ſeine Richtung ermitteln. Aber nicht nur die Ermittlung und Regiſtrierung von Erdbeben gehört in den Aufgabenkreis einer Erd⸗ bebenſtation. Auch beſchränken ſich die deutſchen Inſtitute nicht nur darauf, die Erdbebengebiete— im weſentlichen alſo die Gebirgsketten, die den Pazifik umſchließen, In⸗ dien, Tibet, Vorderaſien und die Mittelmeerländer— mit ihren Herden kartographiſch darzuſtellen, ſondern ſie erfüllen daneben noch nationalwirtſchaftliche Aufgaben. Durch die beratende Tätigkeit der Reichsanſtalt werden jährlich Vermögenswerte von über einer Million Mark erhalten. Die Berechnungen der geologiſchen Forſchung, die alle Bodenumlagerungen natürlichen und künſtlichen Urſprungs in Deutſchland beobachtet, intereſſieren die großen Induſtrie⸗ und Verkehrsunternehmen und den Hoch⸗ und Tiefbau. a die Gutachten der Geologen und Geodäten ein, um ſich vor ſpäteren Schäden zu ſchützen. So erfüllen die Wiſſenſchaftler in der Reichsanſtalt in Jena und in den Univerſitätsinſtituten ihre vornehmſte Aufgabe: dem Menſchen zu helfen im Kampf mit den rät⸗ ſelvollen Naturgewalten, im Dienſte des Fortſchritts des eigenen Landes und der Welt. Dr. Hannay. darauf folgt ein ſtarker Temperaturſturz. Wenn ſich dieſe atmoſphäriſchen Störungen bemerkbar machen, ſo verlaſſen die in den Bergwerken beſchäftigten Indianer mit dem Ruf„Terremoto!“(auf deutſch„Erd⸗ beben!“) die Stollen und fliehen auf die Hochebene. In knapp einer Stunde ſetzt dann das Erdbeben ein, das die Grube in einen Trümmerhaufen verwandelt, der die Belegſchaft begraben hätte, wenn ſie ſich nicht rechtzeitig in Sicherheit gebracht hätte, Die Wiſſenſchaft hat ſich allerdings noch nicht entſchließen können, dieſe Zuſammen⸗ hänge zwiſchen atmoſphäriſchen Störungen und tektoniſchen Vorgängen— die man So fahen die Aufzeichnungen eines Bebens in Weſtdeutſchland am 21. November 1932 aus. — Alle dieſe Wirtſchaftszweige holen Rur eine gesunde Jugend ſichert eine gl