Rr. 257 — Neckar⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 3. November 1937 Der Trompeter oon Lille Frankreichs Staatspartei, die Radikalſoziale Partei, hat auf ihrem Parteikongreß in Lille wieder einmal beſtätigt, daß ſie die franzöſiſchſte aller franzöſiſchen Parteien iſt. Mehr als anderswo wird in Frankreich das Wort geliebt, und wem ein Gott die Gabe verlieh, zu ſagen, was das Volk gern hören möchte, der vermag ſich auch an der Herr⸗ ſchaft zu behaupten. In der Radikalſozialen Partei iſt man in der glücklichen Lage, zwei Garnituren von Rednern zu haben, von denen die eine in Moll, die andere aber in Dur zu reden hat. Die einen ſitzen in der Regierung, die anderen waren geſtern drin und werden morgen wieder drin ſein, aber in jenem Zeitabſchnitt, in dem ſie ſich von ihrer Re⸗ gierungstätigkeit erholen. ſind ſie in der glücklichen Lage, freier und kühner reden zu können als die Herren Partei⸗ miniſter. 5 Wer die innere Lage Frankreichs kennt und wer von der zähen Beharrlichkeit unterrichtet iſt, mit der Frankreichs größte bürgerliche Partei ſich bei den Wählern zu behaupten verſucht, der konnte nicht überraſcht ſein, daß auf dem Parteikongreß in Lille Edouard Herriot die Gunſt der Lage wahrnahm und alle augenblicklich beamteten Par⸗ teiredner in dem Feuer ſeiner patriotiſchen Begeiſterung und in der Kühnheit ſeiner Formulierungen um einige Na⸗ ſenlängen ſchlug. Er war der Stabstrompeter, der mit ſei⸗ nen hingeſchmetterten Tönen das ganze Land alarmierte. Die Aufgabe iſt nicht ganz leicht. Im Kabinett ſitzen ebenſo viele Sozialiſten als Miniſter wie Radikalſoziale. Die Volks⸗ front ſtellt die parlamentariſche Grundlage der Regierung dar Man hörte auf dem Parteikongreß bitterſte Kritik ander Finanzpolitik des erſten Volksfrontkabinetts Leon Blum Das heißt. dieſer Name wurde nie genannt. Und doch war die Rede des radikalſozialen Finanzminiſters Bonnet eine einzige ſcharfe Anklage gegen Blums Ausga⸗ benpolitik Darum muß heute Frankreich, um ſeinen Haus⸗ halt auszugleichen, die ſchwerſten Schuldenlaſten der Welt tragen obwohl ſich das Volkseinkommen um 20 vg. ver⸗ mindert und die Erzeugung ſich um 30 vH. verringert hat. Kein Wunder, daß die bürgerlichen Politiker die Naſe von den ſozialiſtiſchen Experimenten gründlich voll haben. Und ſo iſt es auch zu verſtehen, daß die Jugend der Par⸗ tei, die ſonſt auf den Parteikongreſſen ihr Anlehnungsbe⸗ dürfnis an den ſozialiſtiſchen und kommuniſtiſchen Radr⸗ kalismus oft genug verriet, diesmal die 1 einer geradezu reaktionären Entſchließung war. Der alte gewiegte Taktiker Sarraut mußte die ganze Kunſt ſeiner Dialektik aufbieten, um dieſe Entſchließung ſo zu überarveiten, daß ſie nicht als Sprengbombe gegenüber den Sozialiſten wirkte. Man will ſogar wiſſen, daß Léon Blum Sarraut um dieſe Arbeit telefoniſch geradezu angefleht habe Der Führer der Sozialiſten wird ſowieſo einige Mühe haben, ſeine Anhänger auf dem bevorſtehenden Kongreß der Sozialiſten über den Rechtsabmarſch des rechten Volksfrontflügels zr beruhigen. Aber die Radikalſozialen haben auf dem Gebiete der Außenpolitik einer ſozialiſtiſchen Palaſtrevolution innerhalb der Volksfront ſchon geſchickt entgegengearbeitet. Kein Redner, der nicht wenigſtens mit Andeutungen von der„Gefahr des Faſchismus“ ſprach! Wenn bei den Marxi⸗ ſten aller Kulören nichts mehr verfängt, auf das„Schreck⸗ geſpenſt“ des Faſchismus fallen ſie mit tödlicher Sicherheit herein. Aber die gewiegten Kenner der franzöſiſchen Volks⸗ pſyche, die die Radikalſozialen unſtreitig ſind, akzentierten ihre Töne darüber hinaus noch etwas ſchärfer. Die außen⸗ folitiſche Lage wurde ſchwarz in ſchwarz gemalt. Selbſt der Außenminiſter Delbos, der eine ſeiner geſchickteſten Re⸗ den hielt, die er bisher überhaupt gehalten hat und in der el was gern anerkannt ſei, auch kluge Worte für die Ver⸗ ſtändigung mit Deutſchland fand, unterließ es nicht, von der Pflicht zu ſprechen.„mit Kaltblütigkeit und Eniſchloſſenheit alle Eventualitäten zu erwägen“ und mit Nachdruck zu betonen, daß Frankreich„einmütig in der Ver⸗ leidigung ſeiner Sicherheit an ſeiner Grenze wie in ſeinen bedrohten Verbindungen“ ſei. Aber Herriot ließ darüber hinaus die Alarmtrompete ertönen Mehrfach kehrte in ſei⸗ ner Fanfare der Satz wieder:„Ich muß es ausſprechen, da⸗ mit Frankreich für jede Eventualität gerüſtet iſt: Die Lage iſt ernſt, ſehr ernſt!“ Solche Töne finden im franzöſiſchen Volke augenblicklich ſtarken Widerhall, da die außenpoli⸗ ichen Sorgen des Landes nicht weniger groß denn eine unnerpolitiſchen ſind. Die Mohammedaner des franzöſiſchen Kolonialreiches rebellieren an den verſchiedenſten Stellen. ö F Leeb O Sein Diener ließ eine Dame eintreten. Bothmer drehte ſch um. Es war ein junges Mädchen, mittelgroß, ſehr blaß und ſchlank, in einem hellen, roſengemuſterten Sommerkleid, mit großen, wie erloſchenen Augen, die tief umſchattet und von dunklen Wimpern verſchleiert waren. aſch atmend und tief erregt ſtand ſie da, eine blonde Locke hing ihr in die Stirn. Sie ſah erſchöpft aus, das hübsche Geſicht war entfärbt und eingefallen. Lunge, ſicher, entſchied er. Nervenzuſammenbruch... Nun wird es leich losgehen. Ihr Kleid, offenbar in der Gile an⸗ bezogen, war zerknittert, der weiße Kragen ſchief zu⸗ gehalt, ihre kleinen Leinenſchuhe beſtaubt. Sie hielt einen alen Strohhut in der Hand. Ein Zittern lief ihre Glieder entlang, als er ſie anſah, prüfend, wie er atienten muſterte. Was wünſchen Sie?“ fragte Bothmer. Mit einer entſchloſſenen Bewegung ſchüttelte das junge mädchen das helle, kurzgeſchnittene Haar zurück und ſagte mit tonloſer Stimme:„Ich muß Sie ſprechen.“ Sie ſah ſich nach einem Stuhl um. 155 ſchob ihr einen Seſſel hin. Sie ſank darauf, als lagche ſie zuſammen. Er wollte ſie ſich erſt beruhigen aſſen.„Nun, mein Kind, was haben Sie denn?“ 1 Da neigte ſie den Kopf in ihre Hände und weinte. Er 8 blonde Haarflut über ein paar ſchmale weiße de rinnen, die jungen, ſchmalen Schultern zuckten r einem wilden Schluchzen. 5 1 77 ließ ſie weinen und betrachtete das verſteinerte ſbtentraut, das Schiefer geworden war. Ein melancho⸗ ſches Gleichnis, dachte er, diefe Verwandlung von Leben⸗ Die myſteriöſen Vorkommniſſe im Mittelmeer ließen viele Parteitagsredner immer erneute Klagen über das„Pira⸗ tentum im Mittelmeer“ ausſtoßen. Frankreich fürchtet für ſeine Seeverbindungen nach Nordafrika, das einzige unbe⸗ grenzte Rekrutenreſervoir für ſeine Armee. Der franzö⸗ ſiſche Kleinbürger iſt bis aufs äußerſte beſorgt und er⸗ ſchreckt. In einer ſolchen Geiſtesverfaſſung hörk er gern die ſtolzeſten Töne über ſeine herrliche Armee und das feſte Freundſchaftsverhältnis zu England. 725 Im Grunde iſt Frankreich augenk Seine innere Lage und die außenpolitiſck dem Franzosen auf die Nerven. Aber er iſt doch zu ſtolz, um öffentlich einzugeſtehen, daß die gewiß unbefriedigende Lage Europas nicht ganz ohne franzöſiſche Schuld ſo ge⸗ worden iſt, wie ſie ſich heute nicht nur der franzöſiſchen, ſon⸗ dern darüber hinaus der europäiſchen Oeffentlichkeit dar⸗ ſtellt. Frankreich hat aus dem Wahne der kollektiven Si⸗ cherheitspolitik und aus innerpolitiſchen Bindungen heraus ſich mit dem Bolſchewismu's eingelaſſen. Ge⸗ rade das bürgerliche Frankreich war einſt der ſchärfſte Geg⸗ ner der Sowſetrepublik. Es hat heute wohl vergeſſen, daß der geiſtige Vater der Wiederannäherung an Moskau kein anderer iſt als der Stabstrompeter von Lille, Herr Edouard Herriot ſelber. Noch zu einer Zeit, da die franzöſiſche Regie⸗ rung alle weißruſſiſchen Emigranten gegen den Bolſchewis⸗ mus ſchreiben ließ, unternahm Herriot ſeine Reiſe nach Moskau, und von jener Zeit her verſuchte er unausgeſetzt das alte franzöſiſch⸗ruſſiſche Bündnis in neuer Form erſte⸗ hen zu laſſen, unbekümmert darum, daß Frankreich dieſem Wahn zur Zarenzeit ſeinen Wohlſtand geopfert hat und nun eine Spitzelprovinz der Stalinſchen GPU geworden iſt. Wahrheiten ſind immer bitter. Man kann ſie zeitenweiſe durch die nationale Kriegstrompete etwas übertönen, aber auf die Dauer kann man ſie einem großen mündigen Volke nicht verbergen. Und ſo wird auch Frankreich einmal er⸗ wachen und den Irrtum Herriots und der Seinen bereuen. Augenblicklich mag das noch gute Weile haben. Herr Herriot hat den größten Beifall des Parteikongreſſes ge⸗ funden. Er hat das Land alarmiert. Das Mitkelmeer wurde von ihm als„hölliſche See“ angeſprochen, wo es überall Dardanellen gibt. In dieſer Aufregung liegt gewiß manche echte Sorge ümſchloſſen. Frankreich hat allzulange nachdem Rhein geſtarrt, und fetzt plötzlich erkannt, daß es darüber das wichtige Mittelmeer vernachläſſigte. Aber ſind das alles nicht nur halbe Erkenntniſſe? Doppelt gefähr⸗ lich, weil ſie den gefährlichſten Feind, den Bolſchewismus, überſehen? lich überreizk. the Unſicherheit gehen Bewegung, nicht Trägheit! Weſen und Ziel des Berufswettkampfes. Berlin, 3. November. Im Reichstagsſitzungsſaal in der Kroll⸗Oper hielt der für den demnächſt beginnenden„Berufswettkampf aller ſchaffenden Deutſchen 1938“ gebildete Reichsausſchuß ſeine erſte Sitzung ab. Entſprechend der Zuſammenſetzung des Ausſchuſſes ſah man weit über tauſend führende Perſön⸗ lichkeiten der Bewegung und ihrer Gliederungen, von Staat, Wehrmacht, Arbeitsdienſt und Wirtſchaft, die an der Durchführung des Wettkampfs mitwirken. Zunächſt ſprach Obergebietsführer Axmann. Er hob hervor, daß die Grundſätze für den Wettkampf der Ju⸗ gendlichen im großen und ganzen auch auf die Erwach⸗ ſenen übertragen worden ſeien, vor allem hinſichtlich der totalen Aufgabenſtellung, die Weltanſchauung und Sport miteinbeziehe. Neben der Ausbildung zu Fertigkeiten ſoll gleichwertig die Erziehung zu ſinnvoller und fruchtbringen⸗ der Mitarbeit in der Volksgemeinſchaft ſten« Im kom⸗ menden Wettkampf würden auch die ſogenannten unge⸗ lernten und angelernten Jugendlichen erfaßt! Nach einem Hinweis auf den Aufbau der Leiſtungsklaſſen und die beſondere Aufgabenſtellung für das Hand⸗ werk kam Axmann auf die Bedeutung des Wetkkampfs für die Gewinnung neuer Erkenntniſſe im Dienſt an der Sozialpolitik zu ſprechen Nach dem„Morgenlied der Arbeiter“ nahm Reichsju⸗ gendführer Baldur von Schi tach das Wort. Er ging von der Tatſache aus, daß der Berufswettkampf den Be⸗ weis des Vorhandenſeins einer Fülle von Werten und Anla⸗ gen in der deutſchen Jugend geliefert habe, die bisher völ⸗ lig verborgen blieb und nur in unzulänglicher Weiſe zum dem in Stein.. Ein Menſch, der Erde wurde, dann Baum oder Pflanze, und zuletzt Stein... Er war es gewohnt, Frauen weinen zu ſehen. In dieſem Zimmer waren ſchon viele Tränen gefloſſen. Die meiſten beruhigten fich dann wieder. Die Sicherheit und Ueberlegenheit, die ihm eine tadelloſe ärztliche Vergangenheit, ein europäiſcher Ruf als mediziniſche Größe gaben und die Gewißheit, dem berühmten Bothmer gegenüber zu ſitzen, wirkte wie Opium auf die meiſten Frauen. Aber hier trat dieſe Wirkung nicht ein „Sie müſſen nicht immer weinen, Kind“, ſagte Bothmer. „Sie ſind doch hergekommen, um mir etwas zu ſagen, ich habe nicht viel Zeit. Was wollen Sie denn von mir!“ Sie ſchaute auf und ſtrich das wirre Haar zurück. „Das habe ich Ihnen doch alles geſchrieben!“ ſchluchzte ſie.„Aber Sie haben mir keine Antwort darauf gegeben. Auf keinen Brief. Nicht einmal auf den letzten...“ „Von was für Briefen ſprechen Sie denn?“ Sie ſah ihn an.„Haben Sie denn meine Briefe nicht bekommen? Seit einer Woche ſchreibe ich Ihnen, weil man das nicht ſagen kann— und weil Sie der einzige ſind, der mir helfen kann. Aber es wird wahrſcheinlich zu ſpät ſein...“ Und ſie begann wieder zu weinen. f „Verehrtes Fräulein“, unterbrach ſie Bothmer,„Sie ſind zu erregt, um mir folgerichtig zu erzählen, was Sie ſich vorgenommen haben, mir anzuvertrauen. Ich halte hier keine Sprechſtunde und empfange niemals Patienten in meinem Hauſe, auch nicht in Ausnahmefällen“, betonte er, da ſie ihm ins Wort fallen wollte.„Kommen Sie Mon⸗ tag in die Poliklinik!“ 55 0 iſt es zu ſpät!“ rief das junge Mädchen und preßte die Hände gegen die Bruſt.„Jeden Tag war ich hier, aber Ihr Diener ließ mich ja nicht zu Ihnen! Und in der Klinik hieß es, Sie ſeien verreiſt“ 8 „Ganz recht. Ich bin erſt vor zwei Stunden aus Stock⸗ holm gekommen.“ Bothmer ſah auf die Uhr. Er dachte an ſeine Frau, die im Garten mit dem Tee auf ihn wartete. Aber meine Briefe müſſen doch angekommen ſein! Oder hat man ſie Ihnen unterſchlagen?“ Ihre Augen —— Einſatz gelangen konnte. Aus dieſen Feſtſtellungen leitete der Reichsjugendführer die unbedingte Notwendigkeit einer planmäßigen Ausleſe und För der un g der Begab⸗ ten her Als Sprecher der Jugend wies Baldur von Schirach unter ſtarkem Beifall nachdrücklich darauf hin, daß in Zu⸗ kunft jeder öffentlich angeprangert werden müſſe, der es wage, ſich an unſerer ſchaffenden Jugend zu verſündigen. Der freiwillige Einſatz unſerer Jugend im Keichsberufs⸗ weltkampf, im Landdienſt und vielen anderen der Zukunfk unſeres Volkes dienenden Einrichtungen müſſe uns mik Ehrfurcht erfüllen, weil ſich die Schöpferkraft unſeres Bluts in dieſen Leiſtungen offenbare. Dann ſprach Reichsorganiſationsleiter Dr. h verwies eingangs auf Deutſchlands Armut an materiellen Gütern. Dennoch ſeien wir das fähigſte, fleißigſte und 0 darum glücklichſte Volk der Erde. Es dürfte künftig in Deutſchland einen„un gelernten“ Arbeiter nicht mehr geben. Der Menſch, der ſeinen Beruf meiſtere, werde auch nicht von Müdigkeit in bürgerlichem Sinn be⸗ fallen. Der Berufswettkampf bringe im ſchönſten Sinne des Worts„Bewegung“ und ſtelle damit das ſchärfſte Gegenſtück zu der Trägheit dar, die man einſt von oben in das Volk hineingepflanzt habe. „Auf dem Wege dieſes Wettkampfes wird Deutſchland das ſozialſte und höchſtentwickelte Land der Erde werden. Unſer Volk gibt uns die wertvollſte raſſiſche Unterlage. Es liegt jetzt nur an uns, dieſe Fähigkeiten und daneben die Geſundheit unſerer Menſchen zu fördern und zu hüten. Wenn wir das tun, dann gibt es für Deutſchland ein„Un⸗ möglich“ überhaupt nicht mehr!“ Verantwortungsbewußte Kultur führung München, 2. Nov Auf einer Tagung der Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künſte ſprach nach Ge⸗ ſchäftsführer Walter Hoffmann Präſident Profeſſor Ziegler. Er trat für die Dezentraliſation der kultur⸗ politiſchen Arbeit in der Reichskammer ein und bezeichnete die Landesleiter als die verantwortlichen Träger ſener kulturpolitiſchen Entſcheidungen, die nun auf dem Gebiete der Malerei, Graphik und Bildhauerei überall im Reich an⸗ fallen. Die Vorausſetzung für ihre Tätigkeit ſei das tief empfundene, rückhaltloſe und lautere Bekenntnis zu dem uͤnmißverſtändlichen Willen des Führers. Am Tage nach der Schließung der großen deutſchen Kunſtausſtellung im Haufe der Deutſchen Kunſt habe er, Profeſſor Ziegler, den Landesleitern nochmals die Möglichkeit der Ueberſchau und des Einfühlens in den Führerwillen geben wollen. Pro⸗ feſſor Ziegler appellierte an die Landesleiter, ſich jederzeit As treue Diener des kulturellen Geſtaltungswillens des Führers zu fühlen und in ſeinem Geiſt als vornehmer Pfleger der lebenden deutſchen Kunſt zu wirken. Mit„Koc“ in den Winterurlaub Arbeitskagung des Amtes für Reiſen, Wandern und Arlaub. Berlin, 2. Nov. Unter dem Vorſitz von Reichsamtslei⸗ ter Dr. Lafferentz wurde in Berlin eine Arbeitstagung aller Gaureferenten des Amtes für Reiſen, Wandern und Urlaub durchgeführt, die der Feſtſetzung des Winterpro⸗ gramms gewidmet war. Dabei konnte die erfreuliche Feſt⸗ ſtellung getroffen werden, daß die Beteiligung an den Winterfahrten der NSG„Kraft durch Freude“ gegenüber dem Vorjahre erheblich im Aufſtieg begriffen iſt, worauf jedenfalls die hohe Zahl der Anmeldungen zu den Winter⸗ fahrten ſchließen läßt. Erfreulicherweiſe ſind beſonders die ſchönen deutſchen Winterſportgebiete die begehrteſten Rei⸗ ſeziele. Trotz dieſer erfreulichen Steigerung betonte jedoch Dr. Lafferentz, daß für die Zukunft noch in erheblich ſtär⸗ kerem Maße auf eine Verlagerung des Urlaubs in die Wintermonate und beſonders auch in die Vor⸗ und Nach⸗ ſaiſon hingearbeitet werden müſſe. Wer ſchon ſelbſt einmal einen Winterurlaub in den Bergen verbracht hat, werde am beſten ermeſſen können, wie wohltuend gerade ein ſol⸗ cher Urlaub in herrlicher Luft und ſchönſter Umgebung iſt und eine wie gründliche Erholung er bedeutet. Ein wichti⸗ ger neuer Programmpunkt des diesjährigen Winterfahr⸗ planes ſei die Durchführung der Italienfahrten, über die in Kürze weitere Einzelheiten bekanntgegeben würden. leuchteten ihn an. Es waren merkwürdige Augen, nicht blau, nicht grau, ſie ſchimmerten hellgrün. „Ich leſe meine Privatbriefe meiſt erſt am Sonntag. In der Woche bleibt mir dazu leider keine Zeit. Nach jeder Reiſe erwartet mich ein großer Stoß Briefe.“ In dieſem Augenblick klingelte das Haustelephon und er hörte die Stimme ſeiner Frau.„Haſt du den Tee ver⸗ geſſen, Hans?“ „Ich komme in fünf Minuten, verzeih, ich habe noch Beſuch“, und er hing raſch wieder an. „Wie beſchäftigt Sie ſind“, ſagte die Fremde.„Aber Sie müſſen mich anhören. Eher gehe ich nicht aus dieſem Zimmer.“ „Nun, dann entſchließen Sie ſich endlich dazu! Ich habe noch fünf Minuten Zeit.“ Und er legte ſeine Uhr auf den Schreibtiſch. Fünf Minuten!“ zitterte ihre Stimme, ihre Hände knäulten nervös das kleine Taſchentuch.„Und ich ſol Ihnen mein ganzes Leben erzählen...“ „Wozu ſo weitſchweifig, mein Fräulein? Sagen Sie mir kurz und bündig, was Ihnen fehlt und wie ich Ihnen helfen kann. Seit wann ſind Sie— krank?“ Sie ſah ihn groß an.„Ich bin nicht krank.“ „Nicht krank? Wozu ſind Sie denn hier?“ „Krank— bin— ich nicht“, wiederholte ſie mit nieder⸗ geſchlagenen Augen. Es war, als ob ſich ein Schleier üben ihr helles, junges Geſicht ſenkte. Sie raffte ſich zuſammen „Ich habe ein Verbrechen begangen“, ſagte ſie tonlos. Auch das noch, dachte Bothmer. So fing es an. Danr liefen ſie zu den Aerzten. Und wenn ſie dort abgewieſer wurden, kamen ſie zu ihm, dem Pſychiater, von dem fi „BVerſtändnis für alles Menſchliche“ hofften. Tränen Kniefälle, Schwüre, Verzweiflungsausbrüche, Krämpfe— alles hatten dieſe grünen Wände ſchon mit angeſehen, und ſelten hatte eine dieſer Frauen ſein Haus verlaſſen ohne Mittel und Rat. Er ließ ſich ſtets von ihnen verſprechen, daß ſie darüber ſchwiegen, daß er ihnen geholfen hatte. Aber trotzdem ſchien ſeine Hilfsbereitſchaft bekannt ge⸗ worden zu ſein. 55000 Zu dritt beieinander Ein Bekenntnis von L. Biermer Es gibt ein Märchen— und Märchen haben ja gemein⸗ hin die Eigenheit, wirklich und unwirklich zugleich zu ſein—, das erzählt von einem weiſen Manne, der, als ſchon das Ende ſeiner Tage herannahte, von ſeinen Freunden beſtürmt wurde, ihnen doch, ehe er dahinginge, noch ein Beiſpiel und eine Lehre zu geben, die ſie als ſein Vermächtnis weitertragen könnten zu den Menſchen— und ſie baten ihn, von der Freude am Leben zu ſprechen. Der Alte aber lächelte zu ihrem ungeſtümen Drängen: Ihr verlangt Unmögliches von mir. So vielgeſtaltig und vielfältig iſt die Freude, die das Leben gibt, daß ich mich nicht vermeſſen will, auch nur einen Tropfen dieſes Stille Stunden mit einem guten Buch Buderdienst Kieglicb(1) Ozeans vor euch zum Glänzen zu bringen, geſchweige denn ſeine Fülle mit Worten auszuſchöpfen. Von der Freude am Leben ſpricht man nicht, nkan erlebt ſie nur.— Und mit dieſem Beſcheid mußten die Freunde ſich zu⸗ frieden geben. Es wäre angenehm, wenn man wie der Alte im Märchen auch das Thema„Freude am Buch“ mit einer ſo knappen und weiſen Antwort abtun könnte, denn un⸗ erſchöpflich iſt auch dieſes Thema— ſo unerſchöpflich, daß man zunächſt nicht weiß, wo man beginnen ſoll. Und überdies iſt auch das Buch eine Wirklichkeit gerade wie das Leben ſelbſt, und Freude am Buch will wie die Freude am Leben nicht beſchrieben, ſondern erlebt werden. Allerdings: es gibt auch heute noch Menſchen, und wird ſie wahrſcheinlich immer gegeben haben, die das Leſen als eine Flucht vor dem Leben oder als einen minderwertigen Erſatz für das wirkliche Leben verachten zu müſſen glauben— aber man fragt ſich, wenn man ſie reden hört, mit einem gewiſſen Mißtrauen, ob ſie denn von dem, was ſie ſo großartig„wirkliches Leben“ nennen, etwas verſtehen und begreifen können, wenn ſie dem Buch, dieſem verdichteten, geſteigerten Leben, ſo verſtändnislos und begriffsſtutzig gegenüberſtehen. Erinnern wir uns doch einmal an die früheſten Eindrücke, die wir von einem Buch empfangen hoben— den Struwwelpeter hatten wir damals vielleicht in der Hand oder ein unzerreißbares Buch mit Bildern von Kühen, Pferden, Hühnern, die als Unterſchriften Verſe zeigten, die uns heute reichlich ab⸗ geſchmackt und läypiſch erſcheinen mögen. Damals aber waren ſie ein Neues, Erregendes, das erſtmalig in unſer Leben trat, waren ein Stück der Welt, die wir langſam zu erahnen und zu ertaſten begannen. Später dann ver⸗ ſchlangen wir die erſten Räuber⸗, Indianer⸗ und Aben⸗ teurergeſchichten: den Robinſon, den Lederſtrumpf, die unzähligen Geſchichten von Karl May— und die Helden und Schurken dieſer Romane waren uns ſo gegenwärtig, da wir ſie in unſere Träume, in unſere Spiele, in unſer Leben einbezogen. Und mit den Jahren gerieten wir über die Götter- und Heldenſagen der Germanen: ein Stück vom Mythos unſeres Volkes offenbarte ſich uns beim Leſen. Wir wußten es nicht, wir begriffen es noch nicht — begriffen es ſo wenig, wie wir den Gehalt Schillerſcher Dichtungen oder die Menſchheitstragödie in den Dramen Shakeſpeares zu faſſen vermochten. Aber: immer weiter, immer größer, immer rätſelhafter, immer verheißungs⸗ voller tat ſich dabei die Welt vor uns auf und— wir lebten doch in dieſen Büchern, durch dieſe Bücher. Und immer, wenn wir uns ſo in ein Buch vertieften, waren wir zu dritt beieinander: wir, das Buch und die Freude. Das iſt nicht anders geworden mit den Jahren, denn auch heute noch gibt es kaum einen ſtilleren, reiferen Genuß als ein Buch am Feierabend. Wir gehen beiſpiels⸗ weiſe, wenn die Dunkelheit ſchon hereingebrochen iſt, durch abendliche Straßen, wir ſehen durch ein Fenſter, das nicht perhangen iſt, in ein Zimmer hinein, darin ein Menſch mit einem Buch ſtill unter der Leſelampe ſitzt— und viel⸗ leicht packt uns ein wenig Neid an bei dieſem Bild des Friedens. Oder es überkommt uns in den Tagesſtunden, während der Arbeit. Wir ſtehen vielleicht hinter dem Ladentiſch oder ſchreiben auf der Maſchine oder ſitzen in einer Konferenz, der Tag liegt endlos, grau und ein⸗ förmig vor uns— doch plötzlich überfällt uns der Gedanke an ein Buch, das daheim auf uns wartet. Und von dieſem Augenblick an ſind wir getröſtet, denn wenn ſchon der Tag inhaltlos erſcheint, der Abend jedenfalls wird ſeinen Inhalt haben. Jeder von uns hat auf ſolche oder auf andere Weiſe ſchon einmal erfahren, was das Buch den Menſchen ſein kann, doch iſt das Leſen ſchließlich nicht allein ein Feierabendvergnügen für die langen Herbſt⸗ und Winterabende: es lieſt ſich ebenſogut im Sommer, wenn man im weichen Sand am Waſſer oder im Liege⸗ ſtuhl auf einer Bergwieſe liegt. Und die Freude am Buch kommt ebenſo zu dem Kranken, der langſam wieder nach dem Leben greift, wie zu dem Hungrigen, der die Welt durchdringen und erfaſſen will, wie zu dem Müden, der Erholung und Erfriſchung im neuen Erlebnis ſucht. Denn — wie ſagten wir doch?— das Buch iſt eine Wirllichkeit gerade wie das Leben ſelbſt und Freude am Buch muß wie die Freude am Leben erfahren und erlebt werden. Mit dem Reden darüber iſt es nicht getan. f Doch der Menſch iſt nun einmal ſo beſchaffen, daß er gern redet von den Dingen, die ſein Herz erfüllen, und wenn wir bisher zumeiſt der Bücher gedachten, die uns Zerſtreuung und Unterhaltung bringen, ſo wollen wir doch über ihrer großen Menge nicht die geringe Zahl jener Werke vergeſſen, die ſtreng und anſpruchsvoll vor uns hintreten im Gewand der Wiſſenſchaft, die nicht geleſen, ſondern erarbeitet und erobert werden wollen, und die unſere Anſtrengung und Mühe überreich durch jene Ein⸗ ſicht und Erkenntnis lohnen, die allein erſt unſer Daſein aus der Sphäre der Exiſtenz in die des Lebens emporhebt. Und noch ein letztes Wort mag uns geſtattet ſein, ein Wort über das Buch in ſeiner ſchönſten Geſtalt und höch⸗ ſten Vollkommenheit, geſchrieben im reinen Ebenmaß der gebundenen Sprache: über die Dichtung. Gedichte zwar leſen die Menſchen im allgemeinen nicht, ſie wollen ſie auch nicht hören, ſie wollen überhaupt nichts von ihnen wiſſen, und es iſt hier nicht der Platz, ſie zu bekehren. Doch wer je einmal in einer Stunde der Aufgeſchloſſenheit und Bereitſchaft mit Auge, Ohr und Herz den Wohllaut eines Verſes in ſich aufnahm und der Offenbarung „Gedicht“ teilhaftig wurde, der weiß, daß es nicht nur Freude bringen, ſondern ebenſo Glück und Troſt, Frieden und Harmonie ſchenken kann oder auch jene ſtarke ſchöpfe⸗ riſche Unruhe, die zu Werken und Taten treibt. Preisaussch reiben Zur Woche des Deutsehen Buches 1937 Im Rahmen der„Woche des Deutſchen Buches 1937“ vom 31. Oktober bis 7. November veranſtaltet die Reichs⸗ ſchrifttumskammer nachſtehendes Preisausſchreiben, an dem ſich jeder deutſche Volksgenoſſe beteiligen ſoll. Zwei Fragen ſind zu beantworten: 1. Was für Bücher leſen Sie am liebſten? 2. Welchen Büchern ſind die in der Sonderausgabe von „Buch und Volk“ beſonders gekennzeichneten Leſe⸗ proben entnommen? (Bitte Buchtitel und Verfaſſer angeben) 7 Zu Frage 1 kommt es darauf an, in kurzen Worten zu ſagen, was man dem Leſen guter Bücher an Anregung und Freude verdankt und warum man eine beſtimmte Art von Büchern(3. B. Romane, Lebensbeſchreibungen, Reiſeſchilderungen uſw.) beſonders ſchätzt. Die einfachſte, natürlichſte und doch erſchöpfende Antwort, die etwas Weſentliches über das Verhältnis des einzelnen zum deutſchen Schrifttum ausſagt, erhält den erſten Preis. Eine weitere Vorausſetzung hierfür iſt, daß die zweite Frage richtig beantwortet wird. Die Sonder⸗ Teilnahmebedingungen: Beteiligen kann ſich jeder deutſche Volksgenoſſe. Die Einſendungen müſſen auf einem beſonderen Teilnahme⸗ ſchein erfolgen, der in der Sonderausgabe„Buch und Volk“ enthalten und außerdem in jeder Buchhandlung koſtenlos zu haben iſt. Die Einſendungen müſſen bis ſpäteſtens 31. Dezember 1937 erfolgen und Namen, Beruf, Alter, genaue Anſchrift in deutlicher Schrift tragen. Das Preisgericht entſcheidet endgültig und unter Ausſchluß des Rechtsweges bis ſpäteſtens 15. Februar 1938. An dieſem Tage erfolgt die Benachrichtigung der Preisträger. Die prämiierten Ein⸗ ſendungen gehen mit allen Rechten in das Eigentum der Reichsſchrifttumskammer über. Zwiſchen mehreren gleich⸗ a wertigen Einſendungen entſcheidet das Los. Die Einſendungen ſind zu richten an: „Buch⸗Woche“, Abt. Preisausſchreiben, Berlin⸗Charlottenburg 2, Hardenbergſtr. 6 ausgabe muß alſo daraufhin genau durchgeleſen werden. „Buch und Volk“ iſt mit den ge⸗ nauen Bedingungen zu dieſem Preis⸗ ausſchreiben in jeder Buchhand⸗ lung koſtenlos zu haben. Die Auflage iſt jedoch begrenzt. Es emp⸗ fiehlt ſich alſo, ſich rechtzeitig ein Stück zu ſichern. Weitere Hefte der Sonder⸗ ausgabe liegen in den Dienſtſtellen aller Organiſationen der Bewegung und des Staates aus, beſonders in denen der DA F., der HI., der NS. Frauenſchaft, des Arbeitsdienſtes, in den Volks⸗ büchereien und Werkbüchereien, An Preiſen ſind ausgeſetzt: 1. Preis 250 RM 4. Preis 110 RM 2. Preis, 150 RM 5. Preis. 90 RM 3. Preis. 130 RM 6. Preis, 80 RM 7. Preis. 75 RM 8. Preis. 65 RM 9. Preis, 50 RM 10. bis 14. Preis je eine He ebljothek 15. bis 200. Preis ein zeue Bücher =