Nr. 302 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Dienstag, 28. Dezember 1937 fenden Jahres im badiſchen Land, ſtehen an die großen Ereigniſſe der Partei. Gautag der NS DA Pin Baden, der in ſeiner Be⸗ deutung über unſeren Gau hinausragte. Das wurde durch die Anweſenheit führender Perſönlichkeiten aus dem Reiche nachdrück U ern der feſtlich geſchmückten Gauhauptſtadt der Ausdruck des unerſchütterlichen Willens des deutſchen Volkes, und damit auch der Grenzlandbevölkerung zur ſieg⸗ kampfes aus dem Gau h 28 Baden im Jahre 1937 Wenn wir zurückblicken auf die Ereigniſſe des ablau⸗ erſter Stelle Da iſt vor allem der ich unterſtrichen. Der Gautag, der in den Mau⸗ ſtattfand, war reichen Durchführung des zweiten Vierjahresplanes. Die Reden des ſtürmiſch umjubelten Stellvertreters des Füh⸗ rers, Reichsminiſter Rudolf Heß, und des nicht minder herzlich begrüßten Reichsleiters Alfred Roſenberg, ge⸗ ſtalteten ſich zu gewaltigen Kundgebungen. Dazu kam als beſonderes Merkmal der Tage vom 16. bis 18. April ein neuer flammender Hinweis auf die Gefahren, die der Welt durch den Bolſchewismus drohen. Dem Kampfe gegen die⸗ ſen nd aller Kultur und Ziviliſation galt die in Gegen⸗ wart offizieller Vertreter Italiens und Ungarns vom Gau⸗ leiter und Reichsſtatthalter Robert Wagner eröffnete, in ihrem Aufbau und Inhalt einzigartige Antibolſche⸗ wiſtiſche Schau. Dieſe wurde nach Karlsruhe auch in Mannheim gezeigt. Am 17. April wurde das im Siebenmühlental bei Hei⸗ delberg hübſch gelegene Jungſchweſternheim des Gaues Baden durch den Hauptamtsleiter der NS⸗ Volkswohlfahrt, Pg. Hilgenfeldt, feierlich eingeweiht. Am gleichen Tage erfolgte in Karlsruhe die erſte Vereidi⸗ gung von NS ⸗Schweſtern des Gaues durch den Am 13. Februar erlebte die Gauhauptſtadt die bis da⸗ hin größte Kundgebung einer geeinten deutſchen Bea m⸗ kenſchaft. Am 1. Ma! drängten ſich nach der Jugend⸗ kundgebung auf dem Karlsruher Maifelde, dem Feſthalle⸗ platz, 60 000 Menſchen Kopf an Kopf. Obergebietsführer Friedhelm Kemper ehrte vor der Uebertragung der Füh⸗ rerrede die Sieger und Siegerinnen des Reichsberufswelt⸗ Baden. Die letzten Junitage brachten die Gautagung des NS⸗Lehrerbundes, die 10000 Lehrer und Erzieher in der Gauhauptſtadt verei⸗ nigte. Am 20. Juni fand auf der Feierſtätte„Heiliger Berg“ die alljährliche Sauſonnwen dfeier ſtatt, die diesmal von der Hitlerjugend geſtaltet wurde. Es ſprach der Obergebietsführer Kemper. Die Ortsgruppen der NSDAP Mer chingen bei Bu⸗ chen und Ittlingen bei Eppingen feierten im Sommer ihr zehnjähriges Beſtehen. Bedeutſame Veranſtaltungen bvachte uns die Gaukulturwoche 1937 in den Tagen vom 9. bis 17. Oktober. Sie erſtreckte ſich auf Volksgenoſſen. dem ten ſich Kundgebung in einer Rieſenkundgebung auf dem Mi leiter Alfred Roſenberg. Im Rahmen der Gaukult urden im Gau Baden 13 Volksbildungsſtätten und ſt tet und insgeſamt 400 Dorfgemeinſchafts⸗ rt. Das aus der Zeit Karl Theodors ter Schwetzingen erlebte ſeine Wie⸗ jährigen Gaukulturpreis er⸗ brich Rot h. An dieſer Stelle möch⸗ der Träger des Gaukulturpreiſes r, als Stad in die Haupt⸗ ch ihnen, d g Dr. Al ſtad begung n Oktober beſchloß eine Stadtbaurat München berufen wurde. Am 17. eindrucksvolle Morgenfeier der NS⸗ DA in der Karlsruher Feſthalle die Reihe der Veranſtal⸗ tungen. Ein weiteres wichtiges 5 e a Ereignis des Jahres war die und Leiſtungsſchau der badiſchen Ge⸗ 1937 und in Verbindung damit die Kommunalpolitiſche Woche vom 23. Oktober bis 7. November. Die Bedeutung dieſer Veranſtaltungen für das ganze Reich wurde durch die An⸗ Reichsinnenminiſters Dr. Frick als Schirm⸗ Lehr⸗ meinden weſenheit des Reick ninif 2 nick als Sch herr der Ausſtellung unterſtrichen. Am 6. November fand Eröffnung des Kommunalwiſſen⸗ die feierliche. nalwiſſe n“ ſchaftlichen Inſtitutes an der Univerſität Frei⸗ burg i. Br. ſtatt, nachdem bereits am 11. März 1937 in Freiburg eine badiſche Gemeindeverwaltung⸗ſchule eröff⸗ net wurde.. 5 Die Hitlerjugend 5 führte zum 1. Mai eine Neueinteilung der Banne, Jung⸗ banne und Untergaue im Gebiet Baden durch, Die 0 eim. beſchaffungsaktion nimmt einen erfolgreichen Ver⸗ Laut wurde durch die Wanderausſtellung der 2 J. Die Hunderteiner von Meersburg Ein alter Neujahrsbrauch am Bodenſee. In Meersburg, dem maleriſchen Städtchen am Boden⸗ ſee, treten am Silveſterabend die„Hunderteiner zuſam⸗ men, gemäß einem Brauch, der wohl aus der Zunftzeu ſtammt und in den Stadtakten bis 1500 zurückzuverfolgen iſt. Als im 14. Jahrhundert in den meiſten Städten die Zunftſtuben entſtanden, verſammelten ſich in Meersburg die wehrhaften Bürger in den Turmſtuben, die man„Tafern nannte. Es waren meiſt Rebbauern und Schiffleute, die ſich im Winter im frohen Kreiſe zu einem geſelligen Trunk tra⸗ fen. Die Stadt Meersburg hatte durch den Kaiſer u ihre Reichstreue zahlreiche Freiheiten und Gerechtſame beſtätigt erhalten. Zu dieſen Rechten zählte auch das Vereinigang⸗⸗ recht der Hunderteiner. Im Jahre 1510 hatte die Geſellſchaft ihren Sitz im„Bären“ und nannte ſich Ehrbare Geſell⸗ ſchaft im Bären In früheren Zeiten traf ſie ſich mehrma⸗⸗ in den Wintermonaten zu einem Geſellſchaft⸗trunk. Als das Vermögen der Geſellſchaft zu Beginn des 18. Jahrhun⸗ dert⸗ zuſammenſchmolz. mußte man ſich auf einen einzigen Geſellſchaft⸗ trunk, am Silveſterabend, beschranken Set etwa hundert Jahren erfolgt dieſer Trunk im Rathau⸗ſaal Eine Ueberlieferung will wiſſen, daß die Zahl 101 auf 5 101 Bürger der Skadt zurückzuführen iſt, die das Peſt lahr 1625 überlebten Urkunden jedoch laſſen zrkennen, daß die Zahl 101 erſt vor etwa⸗ mehr als 100 Jahren en ſtanden it, denn zur Peſtzeit hatte die Geſellſchaft weitau⸗ mehr Mitglieder Alljahr ich am Tage des Weinheiligen, des Apoſtels Jo⸗ „Schafft Heime!“ in den erſten Novembertagen wirkſam unterſtützt. Die Sommerarbeit der HJ brachte das Ge bietsſporttreffen in Karlsruhe und das Ober- gauſpoctfeſt in Mannheim. Die beſte Mannſchaft ſo⸗ wie die beſten Einzelſieger nahmen an den Kampfſpielen beim Reichsparteitag in Nürnberg teil. Von Ende Juli bis Ende Auguſt wurden im Gebiet Baden 6 0 Zeltlagel mit einer Geſamtzahl von etwa 21000 Jungen durchge führt, wobei beſonders auf das Offenburger Südweſtmark lager hinzuweiſen iſt. Im November konnte die badiſche H3 auf ein zehnjähriges Beſtehen zurückblicken. Der BdM hat in Bühl eine neue Obergauführerinnenſchule erhalten, die am 22. März durch den Gauleiter und Reichsſtatthalter ein geweiht wurde. Im Keichsberufswektkampf 1936/37 haben in unſerem Gau 63 000 Teilnehmer in 400 Orten vier Wochen lang ihr berufliches Können gemeſſen. Der mit ſportlichen Wettkämpfen verbundene Gauentſcheid rief an, fangs April 700 Teilnehmer nach Karlsruhe. 170 Jungen und Mädel kamen zum Endkampf nach München. Baden hat im vierten Reichsberufswettkampf wiederum gut ab⸗ geſchnitten. Auch der Meiſterkampf im Frühjahr hat einen er, freulichen Anklang gefunden und zeigte einen hohen Grad handwerklicher Leiſtung. Für verſchiedene Handwerks- zweige beſtehen jetzt Meiſterſchulen. Zum Leiſtungskampf der Betriebe haben ſich im ganzen Reich etwa 80 000 Betriebe freiwillig ge⸗ meldet, davon 4000 in Baden. Die Arbeitskammer Baden war am 8. Juni im früheren Landtagsgebäude zu ihrer 3, Sitzung verſam⸗ melt. Es wurde die Loſung ausgegeben: Schafft ſchöne, ge⸗ ſunde Wohnungen für den ſchaffenden deutſchen Menſchen! Pg. Fritz Plattner vecabſchiedete ſich als Gauobmann der DA und Leiter der Arbeitskammer Baden. An ſeine Stelle trat Gauobmann Pg. Dr. Roth. In Heidelberg fand am 10. Oktober eine Reichstagung des Amtes„Schön⸗ heit der Arbeit“ ſtatt, die die Aufgabe ſtellte, noch in dieſem Winter in jedem Dorf einen Feſtſaal zu ſchaffen.— Mit einer ſtolzen Bilanz konnte die NMS,-Gemeinſchaſt„Kraft durch Freude“ für das vierte Jahr ihres Beſtehens auch im Gau Baden aufwarten. Ueber 3.25 Millionen Volksgenoſſen kamen in den Genuß der ſegensreichen Einrichtungen von„Kdß“. Im November führte die Deutſche Arbeitsfront die erſte Italienfahrt aus dem Gau Baden durch, die bei allen Teil⸗ nehmern unvergeßliche Eindrücke hinterließ. Im Bereich der Reichsjuſtizberwaltung gab es für Baden einige wichtige perſonelle Veränderun⸗ gen. Auf 1. Juni trat Oberlande⸗gericht⸗präſident Dr. h. c. Buzengeiger wegen Erreichung der Alter⸗ 3 Sein Nachfolger wurde der bishe Reich⸗juſ General⸗ nach un und 1 4. ng ber Außengbteilung des Deutſchen Rei⸗ AH 1 erfolgte die feierliche Eröffnu N b uhe des Rechnungshofes des Kultu⸗ und Unterrichts, Dr, ung 2 1 a f gen, Schelten gen und Hin Die Pflegichaft . ehen 24 an die ehrenwerten Geſellen dee i enbär mit dem großen Apfel macht d pfel drückt je der elle ie und Berns um ſo mitzuhelfen, das- 2 27. Dezember, wirb auch heute noch die Geſell⸗ hat ar Kechen ſchgftenber no me aufgeboten. Nach 2 Rechnung⸗ prüfung erfolgt die Neuwahl zur Sölle D a Jaß mit emmem 5 Iſt da⸗ Jaß dich die See a. Rehbergen deer, lot ſich Reichsvepkehrsminiſter Dr. Dorpmüller weſlle am 21. November in Lörrach und hatte eine Beſprechung über Verkehrsfragen des Grenz- und Oberrheingebletes, Im Bereich der inneren Verwaltung iſt zu erwähnen die Auflöſung des Amtsbezirks Gttlön⸗ gen und deſſen Zuteſlung zu Karlsruhe mit Wirkung vom I. April 1937(aufgrund bes Geſetzes vom 30, Jun 1036), Weiter iſt auf den gleichen Zeitpunkt eine Verordnung über die Organiſation der Eichbehörben und Gichgebühren in Kraft getreten, Schlioßlich wäre auf ba, Haus haltsgeſeß für das Rechnungsjahr 1037 hinzu⸗ weiſen. Der Haushalt des babiſchen Staates ſſt ein Einnah men und Ausgaben mit je 163511000 Mark ausgegllſchen, Babiſche Wiriſch aft Der wirtſchaftliche Aufſtleg wirb am beſten belegt durch die Berſchte über die Arbeits lage, Im Dezember 1936 hatten wir in Baden noch rund 4/000 Ar beitsloſe(darunter 38300 Männer), Dleſe Zahl iſt bis No vember 1937 auf 21313 Arbeitsloſe(barunter 16 430 Män ner) geſunken, Ende Dezember 1930 betrug bie Zahl ber Arbeitsloſen 82 736(69 7909 Männer). Es iſt alſo inner— halb zweier Jahre ein Rückgang um Über 67000 zu ver zeichnen. In der Beſchäftigungslage ber geſamten Inbu ſtrie iſt eine bemerkenswerte eſtigkeit feſtzuſtellen, in ber Verbrauchsgüterherſtellung iſt ſie ſogar teilweſſe noch leb hafter geworden Das von der babiſchen Wirtſchaft beſonbers gepflegte Auslandsgeſchäft zeigte ſich deutlich an den Feſt⸗ ſtellungen über den geſchäftlichen Erfolg ber babiſchen Au— ſteller auf der Leipziger Frühjahrsmeſſe 1937. Das große Ziel des zweiten Vierjahresplanes haf auch den in ben zahlreichen Spezialinbuſtrien der bablſchen Grenz landwirtſchaft lebenden Erfinbdergeſſt, hat babiſche Witt ſchaftsführer zu berufenen Pionieren auf dem Gehiet be⸗ zweilen Vierjahtes planes gemacht Das Inſtitut für Beton und Eiſenbeton an ber Techni⸗ ſchen Hochſchule Karlsruhe hat einen neuen Hahlſche hochwertigen Betont ohſtoff geſchaffen, Einen PVeweis Schaf⸗ fenskraft der Induſtrie bes oberrheiniſch aftstau⸗ mes gab am 4 emher in Ann Reich ſtattha Robert W er und des Gaule Heſch⸗ kommiſſars Bürckel durch den babiſchen Miniſte enten Walter + eröffnete Oberrl 14 7 ſtrie ausſtellung in Hallen. S 8 insgeſamt in bet Gemeinden tatthalter unte 0 de 7 18 4 7 7 elſe 0 45 dlungspolil n N 2 1. gelegt Reichs autobahn 9 11 eee Mar bei — 2 5 5 2 222 Ng (1. Fortſetzung.) Bisher hat Miſter Anderſon die in Amerika be⸗ liebten Indianer⸗Abenteuer geſchrieben. Der junge Mann erhält viele Zuſchriften. Eines Tages ſchreibt ihm Mary Leingießer aus Milwaukee und fordert ihn auf, ſie und ihre Freundin auf einer Tour durch die Indianerreſervation am Superiorſee zu begleiten. Der junge Mann kommt dieſer Aufforderung nach. Er ſchreibt ſeine letzte Indianergeſchichte und begibt ſich nach Moorhead, dem Einfallstor zu der rieſigen In⸗ dianerreſervation im Norden des Staates Minneſota. Zwei Tage vor dem verabredeten Termin trifft er dort ein. Moorhead ſah aus wie hundert andere kleine Prärie⸗ ſtädte. Man baute weitläufig, denn das Terrain war billig. Und man baute aus Holz, denn der unerſchöpfliche Wald war nahe. Nur ein paar Bankgebäude, das Amts⸗ haus der Indianeragentur, das Kino und einige Aus⸗ rüſtungsläden hatten ſich zu Steinbauten aufgeſchwungen. N Was aber Moorhead ſeine eigene Note gab, waren die vielen zerlumpten Geſtalten, die vor den Speiſehäu⸗ ſern und den Flüſterkneipen herumlungerten und deren ſcharfgeſchnittene, aber erſchlaffte Geſichter ſich ſo kraß von den rotbäckigen, behäbigen Antlitzen der überwiegend deutſchen und ſchwediſchen Bürgerſchaft des Städtchens abhoben. Kleiner Häuptling großer Durſt Das waren die„Lumpenindianer“, der poor red thrash, die nicht mehr die Energie aufbringen konnten, das harte, aber verhältnismäßig freie Leben in den Re- ſervationen zu führen, die am Monatserſten ihre dürftige Indtanerpenſion von der Agentur abhoben, einige Tage unter der Einwirkung des verbotenen, aber gegen bar erhältlichen Schnapſes wieder blitzende Augen und ſtraffe Haltung bekamen und dann die langen Wochen bis zum nächſten Penſionstag wie herrenloſe Hunde auf den Stra⸗ ßen herumlungerten. Ich war am 17. in Moorhead eingetroffen, weit in den Monat hinein, und darin liegt vielleicht die Erklä⸗ rung, daß ich mich am erſten Tage meiner Ankunft kaum in einem kleinen chineſiſchen Reſtaurant niedergelaſſen hatte, als ſchon eine große Geſtalt, in die Lumpen der Ziviliſation gehüllt, lautlos an meinem Tiſch auftauchte und mit bedächtigen Worten, aber gierigen Blicken auf mich einredete. Es war ein waſchechter Indianer älteren Jahrgangs, deſſen Naſe eine ſelbſt für eine Rothaut ver⸗ dächtige Purpurfarbe ausſtrahlte. Ich verſtand nicht alles, was der alte Häuptling(alle Indianer außerhalb der Reſervation geben ſich für Häupt⸗ linge aus, genau wie alle ruſſiſchen Eintänzer Großfür⸗ ſten ſind) für ein Palaver anſtimmte, denn er redete in einer nur mit wenigen Brocken Engliſch vermiſchten Sprache ſeines Stammes; aber ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß er mir zu verſtehen geben wollte, daß er 98 Jahre alt ſei und ſeit dem Tage ſeiner Geburt noch keine Nahrung oder Labung über ſeine Lippen gekommen ſei, daß er neun Kinder, alle unter drei Jahren, habe und der Niederkunft ſeiner Frau mit Drillingen in der näch⸗ ſten Zukunft entgegenſehe. Auch ſei der Sitzboden ſeiner Hoſen defekt. Dieſen Teil ſeiner Litanei konnte ich nachprüfen, denn der alte Herr drehte ſich in liebenswürdiger Weiſe um und hob die Schöße ſeines alten Rockes zur gefälligen Inſpektion. Zum Schluß ſtellte er die Frage,„was der 75 5 weiße Freund ob ſolcher Kümmernis zu tun ge⸗ enle“. So tief war das Mitgefühl des„großen weißen e und ſo ſcharf mein Verlangen, endlich mit dem Eſſen ungeſtört beginnen zu können, daß ich der Rothaut einen blanken Silberdollar gab, worauf der rote Gentle⸗ man ſpornſtreichs von dannen ging, um wahrſcheinlich allen ſeinen Stammesgenoſſen in Moorhead zu erzählen, welch herrlichen Jagdgrund er in dieſem ſpeziellen Chine⸗ ſenreſtaurant entdeckt habe 8— — 8 mir unſympathiſch. Erſtens, 2 85 2 2 Iſt das nicht ſchändlich? Jedenfalls dürfte nur dies die Erklärung dafür ſein, daß mein Tiſch, ehe ich mit der Suppe fertig war, buch⸗ ſtäblich von ähnlichen verdienſtlichen Rothäuten wim⸗ melte und ſich ein Dutzend ſchmutzige, aber raſſige und ſchmale Hände mir entgegenſtreckten. Ich mußte als ge⸗ recht denkender Chriſt blechen, wenn auch in kleineren Münzen, denn was dem einen recht iſt, ſoll dem anderen billig ſein. Zu ſpät erkannte ich mit Bedauern, daß ich meine Gelegenheit zu einer paſſenden Antwort verſäumt hatte, als mir der erſte„Häuptling“ ſeinen Hoſenboden zur Inſpektion hinhielt und ich meine Füße in Ruhe⸗ ſtellung behielt Der chineſiſche Wirt verſuchte zwar hin und wieder, mit einer müden Bewegung, aus der die Nutzloſigkeit ſolchen Tuns ſprach, die Rothäute zu verſcheuchen, aber ebenſogut hätte er Weſpen von einer friſchen Bickbeeren— korte verjagen können. Schließlich verſchanzte er ſich ge⸗ ſchlagen hinter der Theke, richtete ſeine glänzenden Man⸗ delaugen entſchuldigend auf mich und meinte in ſeinem guten Engliſch: „Is nit this disgraceful, Sir?“(„Iſt das nicht ſchänd lich, Herr?“ Nun ſagen Sie, bitte, ſelbſt: Iſt es nicht wirklich eine Schande, daß ein ſtolzer Indianerhäuptling ſich in einem chineſiſchen Speiſehaus von einem Fremden ein paar Groſchen für Schnaps erbettelt? Ja, gewiß, es iſt eine herzbeklemmende Schande! Aber nicht für die Rothaut, ſondern für die Bleichgeſich— ter, die ihm ſein freies Leben und ſeinen Stolz ſtahlen, die ſeinen Stamm ſo grauenhaft dezimierten, daß man die Lebenden mehr bedauert als die Erſchlagenen, die ihn landlos und verachtet in ſeiner eigenen Urväterheimat machten und dann ihr Gewiſſen durch ein paar Dollar Indianerpenſion beſchwichtigen wollten, nur um ihm auch dieſes Almoſen zu Wucherpreiſen gegen Schnaps um⸗ zutauſchen. Ja, es iſt eine Schande der Ziviliſation, die in die⸗ ſen Grenzſtädten bei den Reſervationen zu den ewigen Jagdgründen der roten Krieger emporſteigt. Der Dollar, den ich dem erſten Indianer— er nannte ſich„Weißer Bär“— gegeben habe, machte ſich übrigens gut bezahlt. Der alte Krieger heftete ſich an meine Per⸗ ſon, verfolgte mich, wo ich ging und ſtand, außer in mein Hotel, an deſſen Portal die übliche amerilaniſche Inſchrift prangte:„Soldaten, Indianern und Hunden iſt der Zutritt verboten.“ Ein ſtrikt durchgeführtes Verbot, das die Söldlinge der Bundesarmee mit den Rothäuten und dem treueſten Freund des Menſchen auf eine Stufe ſtellt, die man als unterhalb des geſellſchaftlichen Ver⸗ kehrs betrachtet. Der alte Häuptling mit dem großen Durſt war mir, wie geſagt, von Nutzen. Er kannte die Reſervation, zeigte mir auf einer Karte den Weg zu einer verlaſſenen Block⸗ hütte eines Fellhändlers und lehrte mich einige Worte der Sioux⸗Sprache, wie„ſchlafen“,„eſſen“,„trinken“ und andere Ausdrücke der geläufigen Umgangsſprache. Er gab mir wertvolle Tips für die Ausrüſtung und erhan⸗ delte für mich gegen wenig Geld einen kleinen, lang⸗ felligen Packpony, für den ich ſelbſt ſicherlich das Drei⸗ fache hätte bezahlen müſſen. Faſt alle ſeine Winke erwieſen ſich ſpäter als gut. Nur mit dem Sprachunterricht haperte es. Aber auch das war wohl kein böſer Wille, denn„Weißer Bär“ gab ſelbſt zu, nicht den genauen Dialekt dieſer Reſervation zu ken⸗ nen, da ſein Stamm eigentlich etwas weiter weſtlich in Norddakota anſäſſig geweſen ſei.„Iſt alles aber eins“, ſagte er indeſſen,„nur breiter ausſprechen mit weitem Mund.“ Das erweis ſich leider als irrig, denn wenn man eſſen will, was in der Sprache meines Lehrmeiſters„an⸗ gane“ heißt, ſo wird da immer noch nicht das Wort für „eſſen“ des Reſervationsſtammes, welches„unego“ lautet, daraus, und wenn man auch den Mund ſo weit ausein⸗ anderreißt, daß einem die Ohren kitzeln. Doch Schwamm darüber! Auch in der verbreitetſten Sprache der Welt kann man ſich nicht ohne weiteres aus⸗ kennen. Das erfuhr ich, als ich am 19. Oktober an die Bahn ging, um meine Auftraggeberin mit ihrer Freun⸗ din abzuholen. Die„Freundin“ entpuppte ſich nämlich als junger Herr mit kleiner Zahnbürſte auf der Ober⸗ lippe, mit einer Jagdflinte über der Schulter und halb⸗ langen Schnürſchuhen über den Füßen. Mein Irrtum war dadurch entſtanden, daß im Engliſchen„friend“ ſo⸗ wohl Freund als auch Freundin heißen kann und ich opti⸗ e und verſonnen auf zwei junge Damen getippt hatte Wie man ſich zläuſchen kann! Der Mann hieß Clark Spencer, war Ingenieur und weil Miß Mary Leingießer ſehr hübſch und freundlich ausſah, und zweitens, weil ich mich extra in Erwartung zweier junger Damen im Bar⸗ bierſalon hatte herrichten laſſen, was ich für ein wild⸗ 1 vermutliches Brautpaar beſtimmt nicht getan Alte. Immerhin ſöhnte mich manches mit der Gegenwart des jungen Mannes wieder aus, denn als wir abends vor dem flammenden Kamin in der kleinen Halle des Stag⸗Hotels ſaßen, ein ſchönes Stück Hirſchbraten ver⸗ dauten und über unſer bevorſtehendes Abenteuer ſprachen, verriet mir Miß Leingießer, daß Mr. Spencer meine Be⸗ gleitung vorgeſchlagen habe, weil ihm„Rauhbein“ Wil⸗ ſons Abenteuer ſo gefielen und er eben eine poetiſche Ader hätte. 5 5 Wie man ſich doch in einem Menſchen täuſchen kann! Man ſollte nie nach dem erſten Eindruck urteilen.(Uebri⸗ gens konnte ich auch das Geldliche der Angelegenheit weit ungenierter und vorteilhafter mit Clark Spencer regeln In einer Indianerreſervation Kanadas. Abbeisgus e f ge,. —2. Sc .—— Suu E Sem re zr, Aufnahmen: Mauritius— M. Indianerin aus USA., deren Vorfahren Freunde von Buffalo Bill waren. Spencer erledigte auch die Formalitäten mit dem Indianeragenten. Als er wiederkam, roch er ſogar ein wenig nach gutem Schnaps und ſprach laut und lebhaft von dem Entgegenkommen des Beamten, der als Geſetz⸗ geber, Richter und Herr der 80 Bundesſoldaten die Re⸗ ſervation beherrſchte, ſelbſt aber noch keinen Schritt hin⸗ ein getan hatte. Spencer mußte alſo doch allerhand Einfluß haben, denn guter Whisky war damals rar. Am nächſten Tage beſorgte ich unſere Ausrüſtung: Speck und Tee, Kaffee und Doſenmilch, Mehl und Salz und Oelſardinen und hundert andere Lebensmittel, denen ſich Tabak, Zigaretten, Whisky, Schlafſäcke, Schuhe, Klei⸗ dung und ein Zelt anſchloſſen, welches uns mein' roter Freund und Sprachlehrer ſo verſtändig verpackte, daß unſer Pony ſogar noch munter unter der Laſt die Vor⸗ dertolle ſchüttelte. Als wir endlich, die Gewehre über der Schulter und Mary mit dem perlmutterbeſetzten kleinen Revolver im Gürtel ihrer Breecheshoſen, mit unſerem Pony auf⸗ brachen, um uns bei dem nahen Blockhauspoſten noch einmal flüchtig kontrollieren zu laſſen und dann in den Wäldern, die ſich 300 Kilometer weit bis zum Superior⸗ ſee errſteckten, zu verſchwinden, ſchien die milde Mittags⸗ ſonne des letzten Oktobertages und löſte zaghaft die glitzernde Reifſchicht von den kahlen Bäumen. Lange ſprach keiner ein Wort, drei Augenpaate waren auf die dunklen Wälder am Horizont gerichtet, die— vielleicht— noch ein urſprüngliches Naturleben bargen und nach Angabe des Agenten rund 700 Indi nern ein Jagdgebiet boten, das ſo groß war wie die ga zrovinz Pommern. Kurz vor dem Blockhauspoſten trat uns plötzlich in der halben Dämmerung„Weißer Bär“ entgegen. Er gab mir eine kleine, buntbekritzelte Rolle aus Baumbaſt, die in einer hölzernen Kapſel ſteckte „Wenn zeigen, jeder Indianer dir helfen“, ſagte er laut und würdig, erbat ſich dann flüſternd und unter⸗ würfig noch einen Dollar und verſchwand wieder im ſinkenden Abend. III Leninant Huggins und, Flirte Sess Bundesleutnant Huggins, der den neun Mann ſtar⸗ ken Militärpoſten im Grenzblockhaus befehligte, begrüßte uns mit jener kaum verſteckten Gier, die allen Leuten aus den Augen zu funleln pflegt, welche noch mit hundert Wünſchen und Feſſeln an dem geſelligen Leben der gro⸗ ßen Städte hängen, aber durch ihren Dienſt verurteilt ſind, ein eintöniges Leben unter Menſchen zu führen, mit denen ſie nur im Befehlston verkehren, die ſie aber nicht zu einem Spiel Poker oder zum Betrachten der vielen mit in die Einöde gebrachten Familienphotographien einladen dürfen. Leutnant Huggins war jung, rund 20 Jahre alt. Und als er entdeckte, daß in den hohen Schnürſtiefeln, den ledernen Breecheshoſen und dem dicken Mackinaw, der bunten Jacke aus derbem Wollſtoff, ein goldhaariges, weißhäutiges Mädchen ſteckte, verſchwand er beſtürzt und errötend in ſein Privatzimmer, um nach einer Viertel⸗ ſtunde(währenddeſſen ſein„orderly“, ſein Koch und Auf⸗ wärter, uns duftenden Kaffee in dicken Taſſen vorgeſetzt hatte) in ſeinem beſten Uniformrock und friſch raſiert wie⸗ der zu erſcheinen und die Begrüßung, die vorhin recht ſkizzenhaft ausgefallen war, nochmals zu wiederholen, Wir konnten leider dieſe Umſtände nicht machen. Mary war ſchon für die Wildnis gekleidet, und wenn ſie wirklich in ihrem 5 Kleider hatte, ſo machte ſie ſich doch nicht die Mühe, ſie anzulegen. Ich ſelbſt beſaß aber außer drei weiteren Wollhemden und der nötigen Erſatzwäſche, die gleichfalls dem breiten Rücken des Packpferdes anvertraut waren. nur den Lederanzug und die Wolljoppe, in der ich ging und ſtand. Nur Spencer dem Tore der Wildnis noch ein gepflegtes Aeußere zu Packen, das der Pony trug, andere hatte es verſtanden, auch vor als mit jungen Damen, wo beſtimmt mein Mund geſagt hätte:„Aber, Miß Leingießer, das hat doch Zeit!“) 11 obwohl er auch durchaus praktiſche Kleidung rug )J uuocl- in geschmackvoller Ausführung durch die Neckar-Bote- Druckerei