Erscheint: montags, mittwochs und Frei Haus 1.65, im Verlag abgeholt 1.45, durch die Post 1.45 zuzgl. 36 Pfg. Zustellgeld. Einzelnummer 15 Pfg. samstags. Süddeutsche Heimatzeitung für Mannheim-Seckenheim und Umgebung Anzeigenpreise: die 6-gespaltene Milli- meterzeile 15 Pfg. Abbestellungen können nur bis 25. auf den Monatsersten angenommen werden Preisliste Nr. I) Samstag, den 3. September 1949 1.49. Jahrgang VON GESTERN AUF HEUTE Samstag, den 3. September Es wäre seltsam gewesen, hätte sich die to- tale Propaganda der weltanschaulichen Heer- haufen unserer Zeit nicht auch der großen französischen Waldbrände bemäch- tigt. Den Anfang machte General de Gaulle, der in seiner Presse nicht gerade sehr logisch und offenbar ohne Zuneigung zur Feuerwehr erklären lieg, der einzige Weg, die Feuer zu beenden, sei, ihm die Macht zu übertragen. Dies brachte die Moskauer„Iswestija“ auf den Plan, die nun wußte, wer die Feuer an- gesteckt hatte. Sie erklärte, es sei offensicht- lich, daß die Waldbrände eine gaullistische Provokation darstellten.„Die Feuer sollten“, so schrieb das Blatt, ‚nicht nur die Wäldei: vernichten, sondern auch den nächsten Grund! liefern zur Verfolgung der demokratischer Organisationen— in erster Linie der kom- munistischen Partei—, zur Rechtfer gung des verstärkten Polizeiterrors und zur Vorberei- tung des Bodens für die Errichtung einer mi- litärisch- faschistischen Diktatur“. a Inzwischen kam weder de Gaulle zu der von ihm so dringlich gewünschten Macht, moch wurden, soweit wir orientiert sind, die demokratischen Organisationen in Frankreich verfolgt. Dagegen hat offenbar die Feuerwehr das Feld behauptet. Höchste Zeit daher für die politischen Zündler, nach anderen Gele- genheiten zum Feuerlesmachen Ausschau zu Halten. Polen als„klassisches Beispiel“ Ers verdankt seine Existenz militärischen Erwägungen In einem Leitartikel über Polen nach 10 Jahren“ schreibt die„Times“ u. a.: „Noch fast bis zum Ende des Krieges waren viele bereit zu glauben, daß Rußlands Ver- Halten gegenüber Polen ausschließlich von der ſotwendigkeit der Selbstverteidigung diktiert Sswesen sei. Bei den Verhandlungen über Po- en traten jedoch die tiefgehenden und auch jeute noch nicht überbrückten Gegensätze wischen Moskau und dem Westen zum ersten Male in Erscheinung. Damals, als der Krieg ichon unmittelbar vor seinem Ende stand, zeigte sich zum ersten Male in voller Klar- deit, was der russischen Regierung vor- zeuvebte, Wenn sie freundlich gesinnte Regierungen in Osteuropa forderte. In vielen Punkten erst gelangte der Westen zur vollen Wahrheit dessen, was Moskau meinte, wenn es von Volksdemokratien sprach, Damals erst erkannte er auch die Entschlossenheit Stalins, die Grensen allein nach strategischen Gesichtspunkten zu ziehen.. In vieler Hinsicht bildet die polnische Re- gierung heute das klassische Beispiel des neuen Regimes in Osteuropa. Mit Hilfe der Roten Armee und der Sicherheitspolizei entstanden, hat sie ihre Stellung allmählich und auf dem üblichen Wege konsolidiert. Durch die fähige Organisierung und Neube- siedlung der ehemals deutschen Gebiete im Westen hat sie unmittelbar und nicht erfolg- jos an das polnische Nationalgefühl appelliert, und der land wirtschaftliche Reichtum Polens hat es der polnischen Regierung möglich ge- macht, weitgehend die wirtschaftlichen Krisen zu vermeiden, die gewöhnlich auf Revolutionen folgen.“ Die„Times“ schließt jedoch mit einem Vor- behalt:„Bis vor einiger Zeit hatte es den An- schein, als bewahre sich Polen eine freiheit- lichere Atmosphäre als die anderen Volksde- mokratien. Aber seit kurzem wird di e Dis- Ei PIin verschärft und die marxistische Orthodoxie energischer in den Vordergrund gerückt. Vieles deutet darauf hin, daß die kommunistischen Führer Polens ihre bisherige Zurückhaltung in der Frage der Landreform 11 Aufgeben und immer stärkeren Druck auf die Polnischen Klein- und Mittelbauern ausüben, in den staatlichen Kooperativen aufzugehen. Das Problem der Bauern enthält eine der 861 Spannungen innerhalb des heutigen Olen.“ Vorhaltungen der Hohen Kommissare v. W. Frankfurt a. M. Der britische und der amernkanische Hohe Kommissar machten auf einer Konferenz in Frankfurt die Mini- ster präsidenten der Länder der Bizone auf die Gefahren aufmerksam, die durch das Wie- dererscheinen nationalistisch faschistischer Zeitungen drohen. Vertreter der deutschen Zeitungsverlegerverbände der drei westlichen Zonen besprachen, wie man dieser Gefahr am Wirksamsten entgegentreten kann Ein Vertreter der britischen Militärregierung gab bekannt, daß die Zeitungen in der priti⸗ schen Zone jetzt täglich, anstatt wie bisher dreimal wöchentlich erscheinen werden. Abdullah auf der Reise zu Franco. König Abdullah von Transjordanien verließ London und ist mit dem Schiff nach Spanien gereist. Er wird das erste Staatsoberhaupt sein, das dem spanischen Regierungschef General Franco einen Besuch abstattet.(BBO) Ordnung in Bolivien wiederhergestellt. In Bolivien haben die regierungstreuen Truppen im Laufe des Freitag Taruja besetzt. Die Ord- nung ist wiederhergestellt. A 3 Sclilecuter Stact pic den Sliduc ototaat Das Thema„südweststaat“ ist durch die hartnäckige Kontroverse zwischen den württembergischen und badischen Staatsmän- nern und die Kommentare der Presse so über- mäßig strapaziert worden, daß die mit den kürzlichen Vorschlägen der Freiburger Regie- rung einsetzende neue Diskussion kaum noch Aussicht auf ein Echo in der Bevölkerung hat. Die Möglichkeit eines schnellen Zusammen- schlusses, die im letzten Jahr vor allem auf Grund der stimmungsmäßigen Bereitschaft in weiten Schichten der drei südwestdeutschen Länder vorhanden waren, wurde von dem südbadischen Staatspräsidenten Wohle b er- folgreich torpediert. Im Vordergrund der ba- dischen Vorbehalte gegen den Zusammen- schluß stand damals die Befürchtung einer Benachteiligung des kleineren Baden. Die Freiburger Regierung erhob die Forderung, daß eine staatsrechtliche Vereinbarung über die Bildung des gemeinsamen Staates zahl- reiche Klauseln über verwaltungstechnische Aufteilung, die Beziehungen von Kirche, Schule und Staat und die parlamentarische Vertretung enthalten müsse. Stuttgart lehnte eine derartige Bevormundung der zukünfti- gen Landesversammlung ab; das Gespräch äber den Südweststaat versickerte in gegen- zeitigen Vorwürfen und Verdächtigungen. In den letzten Tagen hat die Freiburger Regierung die Offensive gegen den Süd- Weststaat wieder aufgenommen und dabei den Anschein zu erwecken versucht, als handle es sich um eine Initiative für den Südweststaat. Gleichzeitig agitierte aber Staatspräsident Wohleb sehr deutlich im nordbadischen Karls- ruhe für die Wiederherstellung des alten Ba- den und sicherte damit seinen offiziellen Vor- Schlägen in Stuttgart und Tüpingen von vorn- herein eine schlechté Aufnahme Einigkeit Besteht lediglich darüber, daß die kommenden Verhandlungen unmittelbar zwi- schen den beteiligten Regierungen ohne Mit- Wirkung der Bundesregierung geführt wer- den. Die Freiburger Botschaft betont weiter, daß die südbadische Staatsregierung durch „Stuttgarter Zugeständnisse“ in der Frage des Abstimmungsmodus zu ihrem Entgegen- kommen ermutigt worden sei. Wie der würt- temberg- badische Ministerpräsident hierzu er- Kklärte, wurde schon auf der Bühler Konferenz im September vergangenen Jahres Einigkeit darüber erzielt, daß die zur Zeit bestehenden drei Länder für die Volksabstimmung in einen badischen und württembergischen Wahlbezirk aufgeteilt werden sollten. Ergibt sich in einem dieser Bezirke eine Mehrheit gegen den Süd- Weststaat, so ist die Volksabstimmung als ge- scheitert anzusehen. Der prinzipielle Un- terschied in den Auffasungen ergibt sich im Hinblick auf die Folgen eines negativen Aus- ganges der Volksabstimmung. Nach der von Tübingen und Stuttgart vertretenen Auffas- sung bedeutet die Ablehnung des Zusammen- schlusses die Beibehaltung des status quo, Staatspräsident Wohleb dagegen fordert eine Abstimmung über die Frage„Südweststaat oder Wiederherstellung der Länder Baden und Württemberg“. In den politischen Kreisen Südwestdeutsch- lands ist man sich darüber klar, daß die Wün- sche der Freiburger Regierung nach einer Rückgliederung des durch die Zonengrenzen getrennten Nordbaden nichts an den politi- schen Realitäten des Jahres 1949 ändern kön- nen. Tatsache ist, daß der württemberg-badi- sche Staat vorhanden ist und seine Existenz auf den strategischen Erfordernissen der ame- rikanischen Besatzungsmacht beruht, die im Heidelberger Gebiet ihr Hauptquartier besitzt und die wichtigen Verkehrslinien nach Mün- chen auf eigenem Besatzungsgebiet haben Will. Die Trennung des badischen Landesteils vom württemnbergischen Nachbarn hat neben der amerikanischen Einwilligung die Bereit- schaft des württemberg- badischen Landtages zu einer Zweidrittelmehrheit für eine Selbst- auflösung seines Staatsgebietes zur Voraus- setzung. In dieser Hinsicht bewegt sich der Wunsch Südbadens in luftleerem Raum. Im Gegensatz zu den wortreichen Verteidi- gungsreden Wohlebs für die Erhaltung des alten Badens, befleißigt sich Stuttgart nicht ohne Absicht einer großen Zurückhaltung. In Württemberg vertritt man nicht mit Unrecht die Auffassung, daß die Tatsachen auch in Süd- Baden stärker sind als die rethorischen Kräfte seines Staatspräsidenten. Zu diesen Tatsachen gehört nicht zuletzt die wirtschaft- liche Lebensunfähigkeit Südbadens, das allein unter der Last der Besatzungskosten zusam- menzubrechen droht. Ein gemeinsames Be- kenntnis der südbadischen und südwürttem- bergischen CDU deutete schon vor längerer Zeit an, wie weit es mit der Ubereinstimmung zwischen Staatspräsident Wohleb und seinen Landsleuten steht. Alfred Reinelt Die Rolle Albaniens Neue Truppenbewegungen auf dem Balkan Von unserem Korrespondenten Arn Triest. Nachdem Jugoslawien eine Anzahl militärischer Sicherheitsmaßnah- men ergriffen hat, um einem allfälligen Anschlag zuvorzukommen, meldet nun der über die Vorgänge in Südosteuropa gewöhn- Iich gutinformierte Mailänder Corriere della Sera“, das Vorhandensein beträchtlicher mili- tärischer Kräfte, die für einen eventuellen. Einfall in Jugoslawien bereitgehalten werden. Nach den Angaben dieses Blattes, stehen im rumänischen Banat unter dem Befehl von Marschall Bulganin insgesamt 260 000 Mann. In Bulgarien verfüge Koniew über 150 000 Mann, die größtenteils in der Sowjet- union ausgebildet worden seien. Ist Tito seiner Armee sicher? Der„Corriere della Sera“ meldet hierzu, daß dieser Truppenaufmarsch seitens der Ko- minform ebenfalls als Sicherheitsmaßnahme bezeichnet werde, da in Ungarn, Rumänien und Bulgarien die Kominformpropaganda das Gerücht verbreite, Marschall Tit o beabsich- tige mit seinen in Mazedonien konzentrierten Divisionen einen bewaffneten Uberfall auf diese Länder. In Wirklichkeit handele es sich aber darum, daß keine der streitenden Par- teien, d. h. weder Moskau noch Belgrad, die mMmitiative zu ergreifen gedenke, obschon vom Kreml ein wohlvorbereiteter Plan bestehe, der jederzeit gegen Jugoslawien in Aktion ge- setzt werden könne. Sehr bezeichnend in die- sem Zusammenhang sei ein in der Moskauer * „Prawda“ erschienener Artikel des sowjeti- schen Balkansachverständigen Cetits ch, der sich mit der Moral des jugoslawischen Hee- res befasse.. 5 Darin wird u. a. ausgeführt, daß die Offi- ziere und Soldaten des jugoslawischen Heeres lediglich auf das Signal warten, um sich ge- gen das Tito- Regime zu erheben. Es Sei undenkbar, daß das jugoslawische Heer gegen die bewaffneten Kräfte des Kommu- nismus kämpfen werde. Der Artikel schließt mit den Worten:„Sobald die Stunde des Auf- standes schlägt, werden die jugoslawischen Truppen mit den Befreiern gemeinsame Sache machen“. 8 Der„Corriere“ verweist alsdann auf die Lage in Albanien, die zufolge des umsich- greifenden Titbismus, von Moskau aus, als zußerst gefährdet angesehen werde, Albanien befinde sich in einer hoffnungslosen IS Olie- run g. Als sich kürzlich eine albanesische De- legation zu einem roten Jugendtreffen nach adapest begeben wollte, sei ihr von Belgrad die Reise durch Jugoslawien untersagt wor- den. Die Delegation habe nur auf dem See- weg über Rumänien in mehrtägiger Fahrt nach Budapest gelangen können, während der direkte Reiseweg bloß einen Tag gedauert hätte. Daraus erkenne man die derzeitige Ab- geschnittenheit dieser wichtigen sowietischen Adriaposition, die Moskau unter allen Um- ständen zu halten und aus ihrer derzeitigen Isolierung herauszureißen gedenke. Eine Provokation könnte genügen Die Lage in Albanien werde noch durch eine eifrige Infiltration der jugoslawischen Antikominformpropaganda kompliziert, die dort einen fruchtbaren Nährboden vorfinde. Die Regierung Enver Hodschas habe gegen eine starke Ausbreitung der antieussischen Stimmung anzukämpfen, die bei einer länge- ren Fortdauer der Isolierung Albaniens, leicht Oberwasser gewinnen könnte. 8 Das Mailänder Blatt gelangt zum Schluß, daß eine Provokation Belgrads genügen Könnte, um den sowjetischen Aktionsplan ge- gen Jugoslawien ins Rollen zu bringen, da die Lage als ernst und außerordentlich ge- bannt angesehen werden müsse. Internationale Unterstützung des flunischen . Streiks Helsinki G). Die internationalen Ge- Werkschaften der Seeleute und der Hafen- arbeiter haben der finnischen Transportarbei- ter gewerkschaft mitgeteilt, in allen Häfen der Welt würde die Entladung von Schiffen ver- boten werden, die während des Streiks in Finnland Fracht aufgenommen haben. Rund 33 000 finnische Arbeiter und Angestellte be- finden sida gegenwärtig im Ausstand. Die In- dustrię hat durch die verlorenen Arbeitsstun- den emen Produktionsausfall von etwa 2 Mil- liarden Finnmark erlitten. Der Betrieb in den Häfen wird durch freiwillige Arbeitskräfte aufrecht erhalten.„„ Wohin ſteuert Deutſchland? England und der deutsche Nationalismus Mit der Frage des deutschen Nationalismus beschäftigt sich die ausländische Presse nach Wie vor sehr stark. Insbesondere in England ist man besorgt über die zukünftige Entwicklung in Deutschland. Die britische Presse geht in ihren zahlreichen Betrachtungen dabei nicht von dem Ergebnis der Bundestagswahlen, der hohen Wahlbeteiligung und der dabei zum Ausdruck gekommenen demokratischen Gesinnung des deutschen Volkes aus, sondern von den Themen und dem Ton der Wahlreden. Bezeichnend für diese Kampagne, von der wir unseren Lesern Wieder ein Beispiel geben wollen, ist ein Leit- artikel der englischen konservativen Zeitung „Daily Telegraph“. Wir veröffentlichen in die- sem Zusammenhang ferner die Antwort Ober- direktor Dr. Pünders auf einen englischen Brief, der sich ebenfalls mit diesem Thema befaßt hatte. Die Redaktion. „ Dr. Adenauer“, so schreibt„Daily Tele- graph“ u. a.,„hat versucht, die Angriffe auf die Alliierten, durch die sich so viele Wahl- reden, darunter auch seine eigene, ausgezeich- net hatten, als unbedeutend hinzustellen, Aber es scheint unvermeidlich, daß sich die nationalistische Stimmung, die während des Wahlkampfes zum Ausdruck kam, auf die Künftige Tätigkeit des Bundestages auswir- ken wird. Denn es ist damit zu rechnen, daß der Bundestag, jedenfalls zu Anfang, einen guten Teil seiner Zeit mit der Demontage frage verschwenden wird. Es ist leicht ge- sagt, wie es hie und da geschehen ist, daß die Alliierten schwerlich so etwas wie Dank barkeit erwarten konnten. Aber auf jeden Fall sollten die Alliierten eines von den ver- antwortlichen deutschen Politikern erwarten können, nämlich einen Sinn für Tatsachen Die gleichen Politiker jedoch haben sowo den Umfang, wie die Motive der Demonta n geradezu skandalöser Weise völlig fal Nargestellt und zwar ganz bewußt.“ Das Blatt fährt fort:„Dieselben, die 2 0 klärten, dag die Alliierten keine Dankbarke erwarten könnten, sagen auch, daß das Wie- dererwachen des deutschen Nationalismus eine Selbstverständlichkeit sei. Aber wenn wir von den Plänen einer Wiederbelebung der nationalsozialistischen Presse hören, wenn Wir wieder einmal beobachten körnen, wie man in Deutschland gerade Großbritannien Als Zielscheibe der ärgsten Angriffe benutzt, dann können wir nicht umhin zu fragen, welche Form von Nationalismus eigentlich zu erwarten war. Dann müssen wir uns wei⸗ terhin fragen, ob die neue westdeutsche De- mokratie denselben Weg gehen wird, wie die von Weimar und ob sich nicht zu guter Letzt so etwas wie eine Demokratie ohne Demo- kraten herausbilden wird“. Antwort auf einen englischen Brief Manchen Außerungen im Wahlkampf sei in England eine Bedeutung beigemessen wor- den, die ihnen nicht zukomme. Dies erklärt der Vorsitzer des bizonalen Verwaltungsrates, Oberdirektor Dr. Pünder in einem Antwort schreiben an Mr. C. M. Lawson, Manchester, den ehemaligen stellv. Kommandanten von Köln, der in einem Brief auf das lebhafte Interesse hingewiesen hatte, mit dem die deutsche Regierungsbildung in England ver- folgt wird. Der englische Offizier hatte Wei- ter die Hoffnung ausgesprochen, dag Deutsch- land nicht die Atmosphäre des guten Willens stören möge, die in den vergangenen drei Jahren zwischen England und Deutschland gewachsen sei. a Pünder entgegnete seinerseits, er zweifle nicht daran, daß nicht nur die maßgeblichen Politiker beider Völker, sondern auch diese selbst„geradezu eine Sehnsucht nach einer dauerhaften friedlichen und freundschaftlichen Verbindung“ hätten. Doch— so fährt Pünder fort— gehöre es nun einmal zur Demokratie, daß das gesamte öffentliche Leben der öffent- lichen Kritik unterliege. Auch die Maßnah- men der Besatzungsmächte könnten davon nicht ausgenommen werden. Allein schon aus dem Wiederhall, den manche dieser Maßnah- men in den Heimatländern selbst gefunden hätten, dürfte zur Genüge hervorgehen, daß die Meinungen über die Richtigkeit mancher Geschehnisse und Absichten sehr geteilt seien. Es wäre verhängnisvoll, erklärt Dr. Pünder weiter, wenn die demokratischen Politiker es extremen Elementen überlassen würden, die deutsche Meinung dazu zu sagen. Auf ei- nige Entgleisungen deutscher Politiker wäh- rend des Wahlkampfes eingehend, die zu be- dauern, aber nicht allzu tragisch zu nehmen seien, stellt Dr. Pünder schließlich fest:„Wer das deutsche Wahlergebnis sorgfältig abwägt, kann nur zu der Uberzeugung kommen, daß dieses Ergebnis eine hocherfreuliche und an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig las- sende Absage an alle Extremisten ist““ v. W. Löbe eröffnet den Bundestag A. C. Bonn. Der ehemalige Reichstags Präsident Paul Löbe wird am 7. September um 16 Uhr als Alterspräsident die 1. Sitzun des Bundestages in Bonn eröffnen. Löbe ge- hört der SPD an. Der Bundestag wird in sei- ner 1. Sitzung den ständigen Präsidenten in geheimer Wahl bestimmen. Bonner politische Kreise rechnen fest damit, daß der bisherige Präsident des Wirtschaftsrates Dr. Erich Köh- ler Bundestagspräsident Wird. 8 * 7 Bidault:„Aufnahme Deutſchlands entschieden“ G. L. Paris. Der ehemalige französische Außenminister Bidault erklärte, die Au f- nahme Deutschlands in den Europa- rat sei praktisch bereits entschie- de n. In der Beratenden Versammlung bestehe keine nennenswerte Opposition gegen diese Absicht.— Der ehemalige französische Finanz- und Wirtschaftsminister, André PhII i P p e, sagte in Baden-Baden, Deutschland werde ohne Vorbehalte in den Europa-Rat aufge- nommen, sobald eine deutsche Regierung ge- bildet sei. Der Politische Ausschuß der Beratender Versammlung des Europäischen Rates wWiIII dem Ministerausschuß empfehlen, bereits vor der nächsten Sitzung der Beratenden Ver- sammlung über die Zulassung neuer Mitglie- der und Beigeordneter Mitglieder Beschlüsse zu fassen. Bekanntlich hatte Churchill angeregt, im Januar nächsten Jahres eine Sondersitzung der Versammlung unter Beteili gung deutscher Delegierter abzuhalten. Die Bezeichnung„Beigeordnete Mitglieder“ wird von politischen Beobachtern in Straß burg als Hinweis auf die mögliche Beteili- gung westdeutscher Delegierter bei der nächs- sten Sitzung des Europa-Rates betrachtet. In der Straßburger Beratenden Versamm- lung begann am Freitag die Debatte über den Bericht des Wirtschaftsausschusses. Der Aus- schuß fordert ein schnelles Handeln zur Un- terstützung des wirtschaftlichen Wiederauf- baus in Europa. 8 Der Hechtausschuß der Beratenden ver- sammlung schlug am Freitag vor, es solle die Schaffung eines gesamteulopäischen Reise- Passes erörtert werden. a * „Nur wenn G. Paris. Frankreich werde seine bis- berige Politik in der Saarfrage unverändert fortsetzen und das Saarstatut verteidigen, er- Klärte heute der französische Außenminister Schuman vor Pressevertretern. Westdeutsch- land würde nur dann in den Europa-Ras aufgenommen werden, wenn auch das Saargebiet zugelassen werde. Die Saar sei zwar kein souveräner Staat, sie habe Aber eine eigene Regierung und ein eigenes Parla- ment. Großbritannien und die USA hätten Frankreich freie Hand für eine solche Res gelung gelassen. Diese Lösung sei aber Atif jeden Fall provisorisch. Alle im Wester biss her durchgeführten Grenzver änderungen—— his zur Unterzeichnung des deutschen 0 dens vertrages nur vorläuflg. a Hoffman kündigt weitere Kürzungem der Marshall-Hilfe an Washinton(SBS). Der Leiter des Zwe- rikanischen Amtes für Auslandshilfe, HS man, wies die Empfängerländer der Mar- Sball-Hllfe warnend darauf hin, daß die be- Teits gekürzten Dollarzuteilungen für das Hüächste Jahr noch weiter g S Kür ZZ f Werden müßten. Hoffman veröffentlichte in Paris eine Erklärung, in der er betonte, daß die Organisation für wirtschaftliche Zu- ammenarbeit Europas ihrem Voranschlag für die Verteilung der Marshall-Hilfe den vom amerikanischen Senat bewilligten Ge- samtbetrag zugrunde gelegt habe. Selbst Fenn der amerikanische Kongreß in seiner Gesamtheit diesem Betrag zustimmen sollte, 80 habe er doch bereits die Abzweigung von 150 Millionen Dollar für einen Sonder fonds beschlossen. Diese 150 Millionen Dollar könn- ten nicht den einzelnen Empfangsländern zu- Zeteilt werden. Die bekanntgegebenen Zutei- jungen, so erklärte Hoffman, müßten daher um diesen Betrag gekürzt werden. Weiter wird gemeldet: Die Verwaltung für Wirtschaftliche Zusammenarbeit Wurde er- mächtigt, ihre Zuweisungen an die ERP- Staa- ten in Höhe von 315 Millionen Dollar monat- lich bis zum 1. Oktober fortzusetzen. Kominformzeitung weiß von Unruhen in Jugoslawien A.- n. Malland. Das Organ der Komin- form behauptet in seiner letzten Ausgabe, in allen Teilen Jugoslawiens sei eine Tito-feind- liche kommunistische Partei aufgestellt wor- den. Diese Partei genieße das Vertrauen des internationalen Proletariats. Die Kominform- Zeitung will von großen Unruhen in Jugo- slawien erfahren haben. Das Blatt schreibt weiter, ein starker Ko- minformsender sei für die Anti-Tito-Propanda aufgestellt worden und im Ausland würden 4 anti- jugoslawische Zeitungen gedruckt. Tito unterhalte gegenwärtig Truppen und Polizei- streitkräfte in Stärke von 800 000 Mann, wäh- rend er vor der Auseinandersetzung mit dem Kominform nur über 300 000 Soldaten ver- fügt habe. Wie UP aus unterrichteten Londoner Krei- sen erfährt, sind Geheimverhandlungen zwi- schen Großbritannien und Jugoslawien im Gange, die sich bisher günstig entwickelt haben. Tito bricht Urlaub ab Belgrad(G). Marschall Tito hat seinen Erholungsaufenthalt an der Adria abgebro- chen und ist nach Belgrad zurückgekehrt. Er will mit dem jugoslawischen Kabinett dies Schritte erörtern, die gegen den sSowzetischen Nervenkrieg eingeleitet werden sollen. ö Wie aus gut unterrichteter Quelle verlau- tet, hat Jugoslawien zur Zeit nicht die Ab- sicht, Rußland vor den Vereinten Nationen Wegen„Bedrohung des Friedens“ amuklagen. Jugoslawien möchte vermeiden, in diesem Fall von den Westmächten unterstützt zu wer- den. Es wird daher versuchen, so lang wrie möglich allein mit seinen Schwierigkeiten fertig zu werden. Der ständige Vertreter Jugoslawiens bei den Vereinten Nationen, der Wieder in New Vork eintraf, weigerte sich, irgend welche Erklärungen über den Streit zwischen Tito und dem Freml abzugeben. 20 Millionen Dollar für Tito Washington(CBS). Die amerikanische Export-Import-Bank ist bereit, unter Um- ständen Jugoslawien eine 20-Millionen- Dollar- Sofortanleihe zur Verfügung zu stellen. Die Amleihe soll zum Ankauf von Grubenmasclii- nen verwendet werden. Der süße Mutterlaut des Kreml 0 Moskau(Radio Moskau). Iu der Presse der Sowjetunion wird die kommunistische Reaktion zur Kontroverse zwischen Moskau und Belgrad eingehend erörtert, wobei die Mitglieder der jugoslawischen Regierung„als kollwütig kläftende Hunde des amerikanfschen Imperialismus“ bezeichnet werden. Die offlzi- elle sowietrussische Nachrichtenagentur TASS Zitlert einen Artikel des Budapester Gewerk- schaftsorgans, in welchem es u. à. heißt, der Tag nähere sich, da jugoslawische Patrioten den„tollen Hund“ in Belgrad unschädlich machen würden. Verteidigungskonferenz am 17. Sept. Washington(NBO). Die Außenminister der Signatarmächte des Atlantik- vertrages halten am 17. September in Washington eine Konferenz über die Bildung eines gemein- samen Verteidigungsrates ab. In Vorbereitung der Konferenz finden 2. Zt. Besprechungen von Vertretern der zw6ll Signatarstaaten statt. Ein Vertreter des US- Auhßenministeriums erklärte dazu: Die Außen- minister müssen sich über die Zusammenset- zung des gemeinsamen Verteidigungsausschus- ses und über die Zahl der militärischen Ver- treter der einzelnen Signatarstaaten einigen. Einem Bericht zufolge dürften die Außenmi- nister die Errichtung folgender vier Ver- teidigungszonen gutheißen: Nordatlan- tischer Raum, Nord- Europa, Westeurope so- wie Mittelmeerraum. Hausschlachtungen werden erleichtert. Neue Bestimmungen über Hausschlachtungen wer- den in Kürze erscheinen. Wie das Zwei- Mächte-Kontrollamt mitteilt sollen bedeu- tende Erleichterungen für den Selbstversor- Ser vorgesehen sein. Abt) Deufſche Politik Wichtige Besprechungen Adenauers mit der FDP und der Deutschen Partei . C. Bonn. Der Fraktionsvorsitzende der D/ s, Dr. Adenauer, hatte am Freitag in seiner Privatwohnung eine Unterredung mit dem Vorsitzenden der Deutschen Partei, Fritz Hellweg e. Einige Stunden später be- Saben sich die beiden Politiker nach Köln, Wo sie mit dem zweiten FDP.- Vorsitzenden Franz Blücher zusammentrafen. Die Aus- sprache dauerte so lange, daß Dr. Adenauer Weitere Besprechungen, die für Freitag Nach- mittag vorgesehen waren, absagen mußte. Es wird erklärt, der Gegenstand der Verhand- Jungen sei offenbar so wichtig, dag der Vor- sitzende der Deutschen Partei, Hellwege, am Samstag nach Hamburg reise, um mit dem Abgeordneten der Deutschen Partei Dr. v. Meerkata, Rücksprache zu nehmen. Wie die„Neue Zeitung“ meldet, beabsich- tigen die Freien Demokraten als erste Bedingung für eine Beteiligung an der Bun- desregierung die Neuregelung der Länder- grenzen zu fordern. Sie befürworten den Zu- sammenschluß der Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen, die Vereinigung des Lan- des Hessen mit Rheinland-Pfalz und die Schaffung des Südweststaates. Für ein Ostzonen- Ministerium Nach der ersten Fraktionssitzung der CDU und der CSU erklärte Dr. Ade nauer auf einer Pressekonferenz nachdrück- ö daß es dringend nötig sei, ein besonderes Ostzonen- Ministerium zu schaffen. Er deutete an, daß der geeignetste Kandidat für diesen Posten der ehemalige Vorsitzende der ODU der Ostzone, Jacob Kais er, sein Würde. Als andere wichtige Aufgaben der neuen westdeutschen Bundesregierung er- Wähnte Dr. Adenauer das Problem, die Ber- Iiner Industrie durch Lieferung von Rohstof- ken und Halbfabrikaten wieder arbeitsfähig zu machen, sowie ein groß angelegtes Wohnbau- Programm. Dr. Adenauer teilte ferner mit, daß die CDU/CSU als stärkste Fraktion den Bundespräsidenten stellen werde. Zum Vize- präsidenten werde wahrscheinlich der SPD- Abgeordnete Professor Carlo Sehmid ge- Wählt werden. Adenauer gab schließlich der Hoffnung Ausdruck, die SPD werde die Rolle einer konstruktiven Opposition übernehmen, so daß Gesetzesvorlagen auch von dieser Par- tei unterstützt würden. ö Gross zum Südweststaat Militärregierung nur Beobachter Stuttgart. Der Direktor der Militärre- gierung für Württemberg-Baden Charles Gross Auherte sich am Freitag auf einer Presse- Konferenz in Stuttgart zur Frage des Süd- wWeststaates. Er betonte, daß die Militärregie- rung an diesem Problem nur als Beobachter teilnehme. Sie werde sich auch dann nicht einmischen, wenn verfassungsrechtliche Strei- tigkeiten eintreten. Zur Lizenzierung politi- scher Gruppen sagte er, dies sei Angelegen- heit der Bundesorgane. er Kommissare beraten über Patentamt v. W. Frankfurt. Die drei Hohen Kom- 0 missare, John Mecloy, General Robertson und Franęois-Poncet traten am Freitag in Frank- furt zusammen, um über die Bildung eines Westdeutschen Patentamtes zu beraten. Haupt- sächlich soll geprüft werden, ob Westber Iin als Sitz des Patentamtes in Betracht kommen könnte. Ferner werden die Hohen Kommissare einen französischen Plan erör- tern, der die Aufnahme der Rohstahlproduk- tion in Westberlin vorsieht. N. B. St. Berlin. General Taylor, der neue US-Stadtkommandant von Berlin, erklärte in seiner ersten Pressekonferenz nach seiner Amtsübernahme, er habe angeordnet, die An- strengungen zu verdoppeln, damit Westberlin Wirtschaftlich wieder in die Höhe komme. Er betonte weiter, daß die von seinem Vorgän- ger, General Howley, verfolgte Politik gegenüber den Russen keine Ande- rung erfahren werde. 2 3 5 5 Wahl zur Bundes versammlung 5 Landtagssitzung am 30. August H. Stuttgart. Die Wahl der Abgeord- SDeten zur Bundes versammlung steht als ein- ziger Punkt auf der Tagesordnung der Landtagssitzung, die am 30. August in Stuttgart stattfindet. Nach Artikel 54 des Grundgesetzes haben die Landtage ebensoviel Abgeordnete zur Bundes versammlung zu wäh- len, als am 14. August in den betreffenden Ländern Bundestagsabgeordnete gewählt wor- den sind. Demnach muß der württembergische Landtag am kommenden Dienstag 33 Abge. ordnete für die Bundes versammlung nament- lich bestimmen. Das Grundgesetz schreibt den Landtagen vor, daß die Wahl zur Bundes versammlung der wiederum— und zwar als einzige Aus- gabe— die Wahl des Bundespräsidenten cb. liegt, nach den Grundsätzen der Verhältnis- Wahl zu erfolgen habe. Weil damit aber nich! gesagt ist, ob dieser Verhältniswahl die Fralz- tionsstärke der einzelnen Parteien oder die io der Wahlsitzung abgegebenen Stimmen oder Aber die Ergebnisse der Wahl zum Bundes- tag am 14. August zugrunde liegen sollen, haben die Ministerpräsidenten den Landtagen empfohlen, als Grundlage die Zusammenset- zung der Dänderparlamente zu berücksich- tigen. Nach dieser Regelung werden die einzelnen Fraktionen für den 30. August Listen aufstel- len, in die allerdings auch Kandidaten auf. genommen werden können, die weder dem Landtag noch irgend einer Partei angehören Nach dem- Verhältnis der abgegebenen Stim- men wird aus diesen Listen die Zahl der Ah geordneten bestimmt, die zusammen mit dem Bundestag die Bundes versammlung bilder Werden. Diese wird also ein anderes Stärke. verhältnis der Parteien aufweisen als der ar 14. August gewählte Bundestag, da die ven den Landtagen zu bestimmenden Kandidaten noch nach dem Stimmenverhältnis frühere Wahlen aufgestellt werden. Neben der Wahl zur Bundesversammlus wird am kommenden Dienstag vermute auch die Frage zur Debatte stehen, ob Las tagsabgeordnete gleichzeitig Bundestagsabse- ordnete sein können. Weil durch solche W., Ppelmandate zeitliche Uberschneidungen ig dor Abgeordnetentätigkeit nicht zu vermeiden werden und weil außerdem daraus den treffenden Abgeordneten eine zu starke. beitsbelastung entstehen könnte, haben std. die SPD und die FDP gegen Doppelm esa ausgesprochen. Kölner Herbstmesse hat befriedigt Köln(VWD). Der erste Teil der Kölner Herbstmesse ist am 30. August zu Ende ge- Zangen. Mit 20 000 Einkäufern war die Be- sucherzahl etwas kleiner ala im Frühjahr. Die rund 800 Ausstelles äußern sich im all- gemeinen über das geschäftliche Ergebnis be- friedigt, wenn auch die Bestellungen nicht Allzu groß ausgefallen sind. Man habe den Eindruck, daß die Stagnation dem Eude entgegen gehe und der Handel sich wieder zu regen beginne. Bei der Spiels Waren- und Christbaumschmuckindustrie, bei Porzellan, Steinzeug und Glaswaren, aber Zuch bei Holz- und Korbwaren war das In- resse rege.. Vorbehalte gegen Schlange- Schöningen v. W. Frankfurt. Der Rheinische Land- Wirtschaftsverband wandte sich gegen eine Ernennung Dr. Schlange-Schöningens zum Minister für Ernährung und Landwirtschaft. In der Erklärung heißt es, Dr. Schlange Schöningen genieße in der Landwirtschaft nur begrenztes Vertrauen. Das Sei auch der Grund dafür, warum der Direktor der Ernährungsverwaltung bei der direkten Wahl zum Bundestag in einem ausgesprochen ländlichen Bezirk durchgefallen sei. Die land wirtschaftliche Produktion könne nicht durch staatliche Regelung gesteigert Werden. Der Verband fordert von der künf- tigen Bundesregierung ein neues Preisgefüge Für di“ emd wirtschaftlichen Erzeugnisse. Emanueſ von Bodman zum Gedächtnis „Und immerfort atmet der große see“ In den Letten des alten„Simplizissimus“ Wilhelminischer Zeit im Langen-Verlag Mün- chen begegnete immer wieder die Lyrik des Dichters Emanuel von Bodman, deutlich sich abhebend von den grellbunten Akzenten der Zeitsatire als ein lautlos reiner Wert. Die Stimmen der Freunde, die zum Gedächt- nisbuch des 1946 in Gottlieben zweiundsieb- zigjährig dahingegangenen Meisters beitragen, sagen das gleiche aus, ob es sich nun um die Gedenkrede von Prof. Dr. Richard B. Matzig handelt, den Brief Hermann Hesses, die Wür⸗ digung des Dichters durch Prof. Dr Robert Faesi oder den Lyriker Bodmann von Fritz Mati, um den Besuch im Wohnort Gottlieben von Erica Schuler oder um Emanuel Bodman Als Erzähler von Dr. Eduard Korrodi. Die Malerprofessoren Ernst Würtemberger und der Uberlinger Walter Conz— er ist inzwi- schen auch dahin gegangen—, haben den Zyklus erlesener Gedichte mit Bildnissen des Autors charakterisiert, seine Handschrift fin- det sich darin ebenso wie die Noten des Lied- Komponisten Alfred Schlenker und Oskar Ul- mer. Hinter der ergreifenden Totenmaske aber von Alfons Magg birgt sich als Ver- mächtnis die Aufzählung seiner Werke, der Gesamtausgabe harrend, so daß das Büchlein gleichsam als ein Vorläufer einer größgeren Aufgabe der Editorin und ihres Helfers Hans Reinhart erscheint. Gemeint aber ist der rit- terliche Minnesänger aus alemannisch-schwei⸗ zerischem Geblüt Emanuel von BOd- man, aus der alten Bodenseeheimat, diesem Wahrhaft europäischem Kulturgestade. „Sturmhut und Jägerhorn, Rat von Ergrau- ten, Männer im Bruderzorn, Frauen wie Lauten,— beißt es in dem Rilkeschen Er- kenntnisgedicht über die Stufenfolge meta- Physischen Alters; den obersten dieser Schul- tertreppe der Generationen„biegt es zur Leyer!“ Und das ist es, was ich sagen will, das Teri um omosfrationis einer aus Gene rationen erwachsenen Dichterschaft, zum Se- hen geboren, zum Schauen bestellt. Milde scheint es uns entgegen aus der leisen und wissenden Aristokratesse des letzten Antlit- zes, das weiterzulauschen scheint. Mit dem Bilde von Stammburg und Kloster Frauenburg ob dem See-Ende beginnt dies noble Requiem für Meister Emanuel, der miitterlicherseits dem Basler und elsä bischen Batriziergeschlecht Witz und Thurneysen ent- stammt. Als Dramatiker mehrfach hervorge- treten, erhielt er 1940 mit seinem„Hans Waldmann“ den Ehrenpreis der Stadt Zürich; hinter dem reinen Lyriker aber vermutet niemand den heiteren Erzähler und gar den Schmetterlingssammler, o welch verfeinerte Form der Jagdtrophäel Er mußte aussagen, aus Blutwissen heraus hymnisch aussagen, weil dies seine vollkommenste Wissenschaft War. Schon am Melos spürt man den Dichter von Geblüt, wenn man Verse liest wie diese unsäglichen„die Harfe“, diese Legitimation voll tiefster, ergreifendster Schönheit und in- nerster Berufung oder die im Niveau voll- kommen rilkesch souveräne„Musik des Springbrunnens“, Es ist der echtbürtige alte Troubadour vom See aus der Klasse der Wissenden, der maßhaltenden Meister. Es ist das Niveau, um das es sich handelt, nicht der Umkang, das Unbescholtene, Naiye, das unge- schminkt Einfache des echtbürtigen Ranges, was sein Lied zum kulturellen Zeugnisse macht, Zeugnis alles Frommen und Schönen inmitten einer gewittrigen und umdrohten Zeit. Er aber bleibt der Sänger und deshalb ist hier von ihm die Rede, deshalb gilt es, Frau Clara von Bodman, die tapfere Wegge- nossin zu ermutigen, auch weiterhin für ihn zu zeugen und die Herausgabe der gesammel- ten Werke zu fördern, darinnen aus der Hand dieses Genius der Zeit die Bodenseeheimat deutlich sich spiegelt, ihre Blumen und Lie- der, ihr Himmel und die Harfe ihrer Wellen. Es sind ihrer viele, von den Gestalten der marmesseschen Liederhandschrift an gerech- net, aber das innere, das gotische Lineament, es bleibt. Der Nachbar, Herr Burkart von Hhenfels, ist längst dahin wie Fortunata von Kargeck, ihre Burgen sind zerfallen wie die von Bodman; auch der Meister Emanuel ist nun nicht mehr; ihrer beider Lied aber grüßt über die Uferhänge von Goldbach zum stei- nernen Tisch, von der Marienschlucht zu den Welschen von Mindelsee, wie ein Lächeln, schmetterlingshaft, unbekümmert der Zeit. Ar aber war im Grunde bei aller selbst- Verständlichen Kultur seines Bluterbes ein deutscher Simplicius. Seit jenem Winter griffen meine Hände Oft aus der Wiege nach der Mutterhand Und griffen leere Luft und kalte Wände, Bis ich, noch Knabe, ihre Harfe fand!“ Philander Wein-Sage vom Bodensee Wie schon der volkstümliche alemannische Schriftsteller Dr. Heinrich Hansjakob von „Hasle“ in seinen weltberühmten Schriften berichtet, welcher auch als Seelsorger im berühmten Weinort Hagnau an den Gestaden des Schwäbischen Meeres wirkte und den Bodenseewein aus eigener Erfahrung kosten und schätzen lernte, ist der Bodenseewein mit wenigen Ausnahmen des Meersburgers durch seine Säure an den badischen Weinufern sprichwörtlich bekannt. Hansjakob gibt zu dieser Behauptung folgende Erklärung ab: In jener Zeit noch, als die eingewanderten Römer in ihrem Kastell„Marispurgum“, dem späteren Meersburg hausten, und die Kelten weit und breit ihre Untertanen waren, sei auch einstmals der Herrgott mit Sankt Peter auf einer Wanderung am Bodensee herunter- gekommen. In verschiedenen Fischerhüften und Pfahlbauten am Platze des heutigen See- dorfes Immenstaad und Hagnau habe er für sich und Petrus um ein Nachtquartier ange- halten. Die ihm mißtrauischen Keltenmänn- lein hätten ihn jedoch, da beide ihnen fremd Waren, derb und auch grob abgewiesen. Ganz anders sei es beiden dagegen im nahen Meers- burg, wo schon die römische Kultur festen Fuß gefaßt hatte, ergangen. Die viel gast- rreundlicheren und weit höflicheren Leute von Meersburg gaben beiden Fremden bereitwil- * ligst für eine Nacht Herberge ab. Als am an- dern Morgen nach vollbrachter Ruhe die Weiterreise kortgesetzt werden sollte, sprach der Herr:„Ich Will Euch, weil Ihr mich und meinen Freund so gastlich aufgenommen habt, eine bleibende Freude und immerwährendes Andenken bewahren. Weinstöcke sollen als bald Eure Hügel bedecken und Wein bringen zu Eures Herzen Fröhlichkeit!“ Diese Worte und Wünsche Singen alsbald in Erfüllung. Zu ihrem größten Erstaunen konnten die Meersburger schon am Abend desselben Tages köstlichen süßen Wein trin⸗ ken. Den groben Keltenweinbauern oberhalb Meersburgs kam die Sache über die wunder- bare Gabe zu Ohren, Sie versuchten den Fremdling, der mit seinem Gefährten am See Unterhalb des Römerkastells die gleiche grobe Behandlung erfahren mußte, und in keiner Hütte auch nur ein Bissen Brot zu essen be- kam, einzuholen. Der weinsüchtige Landsturm von oben verkündete den Seehasen unterhalb Meersburg den ganzen Vorfall und geschlossen eilten alle dem tätigen Wundermanne nach, den sie bei den Pfahlbauten von Serliatingen einholen konnten. Beim Verlassen des Schwä⸗ bischen Meeres fielen sie ihm zu Füßen und baten ihn um Verzeihung sowohl wegen der ihm zugefügten Grobheit als auch um Wein- berge. Ihnen wurde großmütig verziehen und die Erfüllung ihres Wunsches zuge agt. Mit Freudendank und Jubelwonne zogen die Kelten und Pfahlbautenmännſlein von dannen. Sankt Peter, der sich wegen der äußerst groben Behandlung seines Herrn durchaus nicht zufrieden geben konnte, sprach zu seinem Herrn:„Aber, Herr, wie konntest Du diesen Grobianen zur Verzeihung noch ein So schönes Geschenk machen? Sicher werden sie jetzt zu viel Wein trinken und Deiner erst recht vergessen!“ Der Herr aber entgegnete: „Petrus, beruhige Dich! Aber der Wein davon wird sauer sein, daß sie vom Trinken un- endlich genug gestraft sind.“ Seit dieser Zeit, berichtet die Legende, wächst der Seewein sauer und nur in ganz seltenen Jahrgängen hat der Himmel Erbarmen und schenkt einen guten Wein. S. H.