an- piele 1 4 236 n 2 A 3 samstags. Erscheint: montags, mittwochs und Frei Haus 1.65, im Verlag abgeholt 1.45, durch die Post 1.45 zuzgl. 36 Pfg. Zustellgeld. Einzelnummer 15 Pfg. Süddeutsche Heimatzeitung für Mannheim-Seckenheim und Umgebung Anzeigenpreise: die G-gespaltene Milli- meterzeile 15 Pfg. Abbestellungen können nur bis 25, auf den Monatsersten angenommen werden — Preisliste Nr. 1) Nr. 5 Samstag, den 10. September 1949 1./49. Jahrgang Bundestag von A bis Z Sonderbericht unseres Korrespondenten V. W. Bonn Das deutsche Bundesparlament ist er- öfknet, wie das Grund-, Gesetz es befahl“. In einem auf die Minute fertiggestellten Plenar- Saal, den die Reinmachefrauen mit dem Er- scheinen der ersten Abgeordneten verließen; bei strömendem Regen, der, die ernsthaftesten Volksvertreter in gänzlich unseriösen Riesen- schritten zum überdachten Eingang der ehe- maligen Bonner Pädagogischen Akademie eilen ließ, wo sie— mit 402 vollzählig zur Stelle— im Halbrund um den erhöhten Platz des Prä- sidenten ihre grünlederbezogenen Armsessel hinter Schreibpulten besetzten. Zwischen ih- nen und dem Präsidenten sitzt der einzige Stenograph, der nur die Zwischenrufe notiert. Was sonst gesprochen wird, nimmt das unbe- stechliche Stahlband des Magnetofons auf, das keine später konstruierten Irrtümer im Steno- gramm gelten läßt. Zur Linken des Präsidenten des Bundes- tags die Ministerpräsidenten der elf Länder Westdeutschlands und Professor Reuter, der Vertreter der Stadt Berlin, deren Wappen wie das aller Länder der neuen deutschen Bundesrepublik auf weißem Vorhang die Tri- Biüne im Rücken abschließt. Die Plätze der Minister sind noch unbesetzt; sie werden sich erst füllen, wenn Adenauers Liste Wirklich- keit geworden ist. Eine schwarz-rot- goldene Fahne mit vergoldeter Spitze unterbricht far- benfreudig die weiße Hintergrund- Seite. Paul Löbe, einstmals Reichstagspräsident, eröffnet die Sitzung, übrigens mit der An- Weisung, daß den Saal verlassen solle, wer nicht hineingehöre; und das waren immerhin einige, die trotz scharfer Absperrung durch- schlüpfen konnten. Mit der Feststellung, daß er am 14. Dezember 1875 geboren sei, war Löbe an Alter der Abgeordneten nicht zu übertreffen.(Adenauer ist an sich älter als Löbe, ist aber freiwillig zurückgetreten, um Löbe den Vortritt zu lassen.) Dann werden alle von A bis Z namentlich AuUfgerufen— eine Arbeit, der sich Minister A D. Dr. Sehlange- Schöningen unter- zieht, Als Erster— dem Alphabet entspre- chend— Conrad Adenauer; nach ihm die 401 anderen, darunter mit Luise Sehröder die Vertreter Berlins, die aber vorerst keine Stimme haben. Ein Abgeordneter war im Bergmannskleid erschienen. Zugleich mit dem Namensaufruf wurden die Stimmen für den Präsidenten des Bun- destag abgegeben. Sie flelen mit großer Mehrheit auf den ehemaligen Präsidenten des Frankfurter Wirtschaftsrates Dr. Erich K h- ler, der sodann die weitere Leitung der ersten Sitzung des Bundestags übernahm. Nach der Wahl der beiden Vizepräsidenten (Carlo Sehmid und Dr. Sehäfer) hörte das Haus noch einmal den Genius Bonns: Beethoven, dessen„Weihe des, Hauses“ den ersten deutschen Bundestag ei leitet hatte. Die drei künftigen Hohen Kommissare nah- men— wie schon am Vormittag bei der Er- öfknung des Bundesrates— an der Feier teil. Die grau-blaue Strickweste mit goldenen Fnöpfen von Robertson kontrastierte mit seinem eleganten Zylinder. Anglo-Amerika, letztères durch MecCloy vertreten, nahmen den französischen Kollegen Frangois- 1 Poncet in die Mitte, der— hochmusikalisch — das Festprogramm im Takt der Beethoven- Töne Randhapte Der Heilige Stuhl war durch den päpstlichen Hausprälaten Lenee ver- treten, dessen Lila von dem Schwarz dei Garderobe der Mehrzahl der Abgeordneten abstach. Von der Feier zurückgekehrt, fanden die in Bonn akkreditierten Journalisten in ihren Büros eine Vase voller Blumen mit den auf Bütten gedruckten besten Wünschen des Bü- ros Bundeshauptstadt für„eine erfolgreiche Arbeit in Bonn“ vor. 8 Jetzt: Deutsche Bundesbahn Die Post hat einen besonderen Briefmarken- satz zur Erinnerung an die Proklamierung Jes ersten Deutschen Bundestags herausge- zeben. Die Westdeutsche Eisenbahn heißt ab Maktwach„Deutsche Bundesbahn“ Die ersten Auslandsstimmen London(BBOC). Die Londoner„Times“ schreiben mit Bezug auf das historische Ereig- ais in Bonn:„Ein neuer europäischer Staat ritt heute ins Leben. Es ist ein großes Ex- deriment, dessen Erfolg von dem gesunden „Menschenverstand der frei gewählten deut- chen Parteiführer und der staatsmännischen Weisheit der Westmächte abhängt.“ Die Westmächte müssen“, s0 fahren die „Times“ fort, Pr. Adenauer, der wahr- köln Ile aburtsslunde Dungesrepubk Festlicher Auftakt in Bonn— Die ersten Sitzungen des Bundesrats und des Bundestags Karl Arnold Präsident des Bundesrats— Dr. Erich Köhler Bundestags-Präsident Von unserem nach Bonn entsandten Sonderberichterstatter von Wechmar V. W. Bonn. Seit Mittwochmorgen weht über der Stadt Bonn die schwarz-rot- goldene Fahne der Bundesrepublik Deutschland. Der Bundesrat, das Organ der Länder, eröffnete um 11 Uhr seine erste Sitzung in Gegenwart der drei künftigen Hohen Kommissare der Westmächte. Als erste Amtshandlung wurde die Wahl des Bundesrats-Präsidenten vollzogen, die auf den Ministerpräsidenten von Nordrhein- Westfalen, Karl Arnold fiel. Um 16 Uhr begann dann die Eröffnungssitzung des vom Volk gewählten Bundes tags unter dem Vorsitz des früheren Reichstagspräsidenten Paul Löbe. Bei der Wahl des Bundestagspräsidenten stimmten die vollzählig versammelten 402 Bundes- tagsmitglieder mit 346 Stimmen für den bisherigen Präsidenten des Frankfurter Wirtschaftsrates Dr. Erich K6hIer. Fünfzehn Stimmen wurden abgegeben für den Abgeordneten Böhm(SPD), der von Max Reimann Ke) vorgeschlagen worden War. 41 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. 5 Die Feierlichkeiten des Tages wurden eingeleitet durch einen Gottesdienst für die Abgeordneten beider Konfessionen. Für die Protestanten predigte in der Luther- Kirche der Berliner Landesbischof Dr. Dibelius, Kardinal Frings zelebrierte für die Katholiken im Münster eine Messe. Der Bischof von Münster, Dr. Keller, forderte die Abgeordneten auf, mit Mut, Beharrlichkeit und Klugheit ans Werk Zu gehen. In den festlich geschmückten Straßen Bonns herrscht seit den frühen Morgenstunden reges Leben und Treiben; der überaus starke Ver- kehr unterstreicht auf seine Weise die Bedeu- tung dieses historischen Tages. An der Vor- derfront des Bundeshauses flattern die Fahnen der elf westdeutschen Länder und das Wahr- zeichen der Stadt Berlin. Zahlreiche Politiker, Journalisten und Berichterstatter von Film und Funk sind nach der vorläufigen Bundes- Hauptstadt geeilt, um an den Feierlichkeiten, an der Geburtsstunde der westdeutschen Bundesrepublik teilzunehmen. Die Jugend hat schulfrei. Unzählige Jungens und Mädchen ziehen mit schwarz-rot-goldenen Fähnchen durch die Straßen. Vom Rathaus weht neben der Bundesfahne die rot-blaue Flagge der Stadt Bonn. Ein großer Tag hat begonnen. Die Sitzung des Bundesrates Die erste Sitzung des Bundesrates, deren Verlauf von den westdeutschen Rund- funkstationen und verschiedenen ausländi- schen Radiogesellschaften übertragen wurde, begann um 11 Uhr im Bonner Bundeshaus. In seiner Eröffnungsansprache sagte der Al- terspräsident, der Bremer Senator Bü ll, das vollkommenste Kunstwerk sei der Bau der politischen Freiheit. Anschliegend wählte der Bundesrat seine Präsidenten. Der Minister- präsident von Nordrhein- Westfalen, Karl Arnold, der als einziger Kanditdat vorge- schlagen war, wurde durch Zuruf mit den Stimmen von zehn westdeutschen Ländern gewählt. Die bayrischen Vertreter enthielten sich der Stimme. Zu stellvertretenden Bun- desratspräsidenten wurden der niedersächsi- sche Ministerpräsident Hinrich Kopf und Staatspräsident Dr. Müller von Südwürt- kemberg- Hohenzollern gewählt. Schriftführer wurde Staatsminister Albert von Stein. An der konstituierenden Sitzung nahmen 42 Vertreter der 11 westdeutschen Länder, darunter die Ministerpräsidenten sowie vier Vertreter der Westsektoren Berlins, mit dem Ober bürgermeister, Prof. Reuter, teil. Un- ter den Gästen befanden sich neben Vertre- tern der Geistlichkeit die Hohen Kommissare John Melo y, General Robertson und Fran gois-Poncet. Karl Arnold erklärte nach seiner Wahl: „Ich betrachte die Wahl nicht als eine Ehrung meiner Person, sondern als eine Ehrung des scheinlich Kanzler sein wird, helfen, sich vom ztremen Nationalismus des rechten Flügels kreizuhalten. Adenauers eigene Politik ist klar. Da die CDU aber nicht über eine eindeutige Mehrheit verfügt, ist sie auf kleine Gruppen angewiesen, auf die FDP mit ihrem ausge- sprochen konservativen Rechtsflügel und auf die scharf nationalistische Deutsche Partei. Adenauers Machtstellung ermöglicht es ihm, sich dieser Gruppen zu bedienen, ohne durch sie in seinem Kurs abgelenkt zu werden. Er selbst dürfte die Führungsqualitäten haben, die eine solche Position fordert. Aber viel Zängt von der politischen Haltung der ande- een Parteiführer ab, der man viel weniger sicher sein kann.“. 5 General Robertson erklärte, die Voll- machten der westdeutschen Bundesregierung Würden bedeutend größer sein als die der bis- derigen Zweizonen- Verwaltung in Fran Die Hohen Kommissare würden nicht stän n deutsche Angelegenheiten eingreifen. jeutschen Politiker hätten nun Gelegenheit, nie Aufrichtigkeit ihrer demokratischen Uber- zeugung zu beweisen. Landes Nordrhein- Westfalen, dessen Minister- präsident ich bin. Dieses Land wurde vom Kriege am stärksten betroffen.“ Westdeutsch- land, so führte der neue Bundesratspräsident weiter aus, befinde sich gegenwärtig in einer wirtschaftlichen Krise. Das Flüchtlingspro- plem sei die schwierigste, aber auch vor- nehmste Aufgabe des Bundesrates. Dieser Rat solle ein unentbehrlicher Mittler zwischen dem Bund und den Ländern sein, Auf die auswär⸗ tigen Beziehungen der Bundesrepublik ein- gehend betonte Arnold, daß dieses Problem vertrauensvoll zwischen Regierung und Oppo- sition besprochen werden müßte. Es dürfe niemals zu parteipolitischen Zwecken ausge- nutzt werden. Man werde in naher Zukunft vor Aufgaben gestellt werden, die eine solche Politik nicht zulassen; dazu gehörten vor al- lem die Fragen des Ruhrgebiets und der Hei- mat vertriebenen. Um diese Aufgaben zu ver- Wirklichen, sei es notwendig, Selbstbeherr- schung zu üben. Der Bundesrat sei das Mitt- le nergan zwischen dem Bund und den En- dern. Arnold sene seine Rede mit den Wör⸗ ten:„An diesen großen Aufgaben vin zer Bundesrat mit allen Kräften wirken. Möge diese Arbeit gesegnet werden und sich zum Wohle Deutschlands und zum Frieden der Welt auswirken.“ Die Sitzung des Bundestags Im großen Plenarsaal in Bonn traten um 16 Uhr die vom Volk gewählten 402 Abgeordneten des Bundestages der neuen Budesrepu- blik Deutschland zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Die alliierten hoben Kom- missare, die 11 Länderchefs und der Ober- bürgermeister von Berlin, die Mitglieder des Frankfurter Verwaltungsrates, hohe kirchli- che Würdenträger aller Konfessionen und zahlreiche Ehrengäste waren anwesend. Als Alterspräsident des Hauses eröffnete der sozialdemokratische Vertreter Paul Loebe die Sitzung. Er gedachte zunächst der deut- schen Landsleute, denen es eine fremde Ver- waltung verwehrte, in Born mitzuarbeiten und stellte die Wiederhers! Ulung der deut- schen Einheit als erste Aufgabe des Bundes- tages heraus. Er fügte hinzu, Deutschland wolle keine Vorherrschaft, es wolle aber gleichberechtigt im Kreise der europäischen Nationen arbeiten. Als die wichtigste Aufgabe des Bundestages bezeichnete Loebe die Bil- dung einer stabilen Regierung, die Schaffung einer gesunden Wirtschaft und einer neuen Sozialen Ordnung. Dazu sei die Hilfe des Aus- landes erforderlich, aber nicht in Form von Almosen, sondern durch Utnerstützung der im Aufbau befindlichen deutschen Wirtschaft. Loebe widmete dann den Opfern des Natio- nalsozialismus ein würdiges Gedenken und forderte das Haus auf, der Opfer des letzten Krieges zu gedenken, die von allen Völkern gebracht worden seien. Er schloß mit einem Appell an die Abgeordneten, sich soweit zu- sammenzuschliesen, daß Ersprießliches für das Volk erwachse und Deutschland die Ach- tung des Auslandes erringe. Nach seiner Ansprache schlug Loebe vor, den Namensaufruf der Abgeordneten mit der Wahl des Präsidenten des Bundestages zu verbinden. Das Haus erklärte sich damit ein- verstanden. Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU Dr. Adenauer schlug den CDU- Abgeordneten Dr. Köhler, den bisherigen Präsidenten des Wirtschaftsrates als Kandi- für den Posten des Bundestagspräsi⸗- ö E A 18 58 landliedes singen wollten. Dr. Adenauer hat denten vor. Als weitere Kandidaten nomi- nierten der kommunistische Fraktionsführer Max Rei mann und der sozialdemokratische Abgeordnete Rans Böhm, der den Vopschlag jedoch ablehnte. Gewählt wurde mit 346 Stimmen der CDU-Abgeordnete Dr. Erich Köhler. 15 Stimmen wurden für Böhm abge- geben, 41 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Zum 1. Vizepräsidenten wurde der Sozialdemokratische Abgeordnete Prof. Carlo Sehmid und zum 2. Vorsitzenden der FDP- Abgeordnete Dr. Schäfer gewählt. Auf Grund der Geschäftsordnung soll später end- gültig festgestellt werden, wieviele Vizepräsi- denten ernannt werden sollen. Im Anschluß an die Wahl hielt der neu gewählte Präsident des Bundestages eine Be- grügungsrede, die in dem Gelöbnis ausklang, dem Frieden Europas und der Welt zu dienen. Dr. Köhler sprach einleitend von dem langen Weg, der seit 1945 bis zur Konstituierung des Bundestages zurückgelegt wurde. Er dankte den Händlern für alle vopbersitendsn ben. Sein besonderer Dari galt, e 8 Beifall des Hauses, dem Alterspräsidenten Loebe. Dr. Köhler ersuchte dann das Gre- mium des Hauses zu bedenken, daß die ge- samte Weltöffentlichkeit den künftigen Ver- handlungen des Bundestages mit größter Auf- merksamkeit folgen werde. Daraus entstehe die Verpflichtung, als erstes deutsches Par- lament nach dem Zusammenbruch bei den Verhandlungen die Würde des Hauses zu wahren. Der Präsident des Bundestages be- tonte weiter die Verbundenheit mit den 20 Millionen Deutschen, denen der Zutritt zu der Vertretung Deutschlands noch verwehrt Sei. Er sagte, es sei das Ziel des Bundestages, früher oder später zu einem gesamtdeutschen Parlament zu werden. Stehend hörten alle Abgeordneten des Bundestages die Schluß worte des Präsidenten:„Wir grüßen unser deutsches Volk und Vaterland.“ Altestenrat einberufen Anschließend gab Präsident Dr. Köhler be- kannt, es sei interfraktionell vereinbart wor- den, einen vorläufigen Geschäftsausschuß zu Pilden, in dem die CDU/CSU und die SPD mit je drei Abgeordneten, die FDP mit zwei und alle übrigen Parteien mit je einem Ab- geordneten vertreten sein sollen. Außerdem Wurde ein vorläufiger Altestenrat ge- bildet, in dem die Fraktionen in gleicher Weise vertreten sein sollen. Ohne Debatte stimmte das Haus diesen Vereinbarungen Zzu. Der Altestenrat wurde zu seiner ersten Sitzung für Donnerstagnachmittag einberu- ken. Er soll über die nächste Vollversamm- lung beschließen und die Tagesordnung hier- für festsetzen. Zum Schluß der Sitzung brachte der zweite Vorsitzende der SPD Erich Ollenhauer drei Anträge seiner Partei ein, die sich auf die Demontagen, ein Gelöbnis für Berlin und die Verlegung der Bundesorgani- sationen von Bonn nach Frankfurt beziehen. Die Anträge wurden zur Kenntnis genommen dem Altestenausschuß überwiesen. Eine Erklärung Dr. Ehards 1 Zu der Stimmenhaltung der bayris Vertretung bei der Wahl des Bundesrats-Pre sidenten, Karl Arnold, gab der bayris Ministerpräsident Dr. Ehard dem Korx spondenten des Bayrischen Rundfunks fo gende Erklärung ab: „Die Wahl des Ministerprästdenten von Nordrhein- Westfalen, Dr. Arnold, zum Prä⸗ sidenten des Bundesrates bedeutet eine wei⸗ tere Häufung von wichtigen politischen Posi- tionen zugunsten des wirtschaftlich stärksten Landes. Diese Konzentration von Einfluß und Macht bedroht von vornherein einen gesun- den föderalistischen Ausgleich. In Südwest- deutschland wird dieser Vorgang mit Rech das Gefühl verstärken, daß die vom neuen Machtzentrum mehr abseits liegenden Gebiete rücksichtslos beiseite geschoben werden. Be- Fremdlich ist es, daß diese bedauerliche Situa- tion durch das Verhalten und durch einen geradezu diktatorisch erhobenen Anspruch des Ministerpräsidenten des größten Landes her- beigeführt wurde, der sich hierbei auf den Wunsch eines Eoalitionskabinetts beruft. Die bayrischen Bundesratsmitglieder sahen sich unter diesen Umständen nicht in der Lage dieses Spiel mitzumachen, dessen politische Hintergründe offenkundig sind und das die anderen süddeutschen Bundesratsmitglieder der christlich-demokratischen Union, wenn alich nur notgedrungen, mitmachen. „Noch nicht abgeschlossen“ Die Bundestagsfraktion der Freien De- mok raten veröffentlichte am Mittwoch eine Erklärung, wonach entgegen allen anders lautenden Meldungen, die Verhandlungen über eine Regierungsbildung noch nich! abgeschlossen seien. Die FDP werde verlan- gen, daß ihr ein maßgebendes Ministerium für die Künftige Wirtschafts- und Finanz- politik überlassen werde. Bei einer interfraktionellen Sitzung über Verfahrensfragen hatten die Sozialdemokraten und die kommunistischen Abgeordneten ge- droht, sie würden die Eröffnungssitzung ver lassen, wenn sie, wie Dr. Adenauer Vorge- Schlagen habe, den dritten Vers des Deutsch- Aaraufhin seinen Vorschlag zurückgezogen. * 2 8 Die letzten Koalitionsbesprechungen Am Sonntag Abschluß der Beratungen v. W. Bon n. Die Fraktionsführer der CDU/ CSU, der Freien Demokraten und der Deut- schen Partei haben am Freitag ihre Bes pre- chungen über die Regierungs bil- dung fortgesetzt. Die Beratungen sollen am Sonntag abgeschlossen werden. Wie weiter verlautet soll der bayrische Staatsminister Dr. Pfeifer zum Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten berufen werden. Die CDU/CSU-Fraktion erörterte am Frei- tagnachmittag unter Vorsitz von Dr. Aden auer erneut die Lage, die durch die über- Taschende Wahl Carl Arnolds zum Bundes- rats präsidenten entstanden ist. Dr. Pfeif- fer, der Leiter der bayrischen Staatskanzlei, erklärte einem UP-RKorrespondenten, es sei bedauerlich, daß man nicht eine Persönlich- keit zum Bundesratspräsidenten gewählt habe, die die Gewähr biete, daß der föderative Staatsgedanke wirksam vertreten werde. Dr Adenauer traf außerdem mit dem Präsi- denten des Bundesrats, Karl Ar nol d, zu- sammen. Im Bundeshaus konferierte der SpD-Vor- sitzende Dr. Sehumacher mit dem Vor- sitzenden der bayerischen FDP Dr. Dehler. In der fast einstündigen Unterredung wur- den— wie Dr Schumacher anschließend er- klärte— lediglich allgemeine politische Fragen erörtert. UP will jedoch erfahren haben, daß Dr. Dehler einen letzten Versuch unternom- men haben soll, die Unterstützung der Sozial- demokraten für die Wahl von Prof. Heuß zum Bundespräsidenten zu sichern. Der Präsident des Bundesrates Karl Ar- nold hat den Bundesrat für Montag zu sei- ner zweiten Sitzung einberufen. Am Nach- mittag wird durch die Bundes versammlung der Bundespräsident gewählt werden. Am Dienstag soll eine gemeinsame Sitzung von Bundesrat und Bundestag stattfinden. In die- Ser Sitzung soll der am Tag vorher gewählte Bundespräsident vereidigt werden. Der Geschäftsausschuß des Bundesta- ges ist mit seiner Arbeit so weit fortgeschrit- ten, daß er deni Bundestag in der nächsten Plenarsitzung den Entwurf einer Geschäfts- ordnung vorlegen kann, die sich im wesentli- chen an die des früheren deutschen Reichs- tages anschließt. Die parlamentarische Kom- mission des Bundestags arbeitet zur Zeit ei- nen Antrag zur Frage des Ruhrstatuts aus. Darin soll dem Bundestag vorgeschlagen wer- den, das Ruhrstatut abzulehnen. In einem zweiten Antrag wird der Regierung vorge- schlagen, die sofortige Einstellung der Be- montagen zu beantragen. Die Deutsche Partei Prachte einen Antrag auf Beendigung der Entnazifizierung ein. Auch die KPD dürfte Anträge stellen. Die erste Arbeitssitzung des Bundestages wird auf Beschluß des Altestenrates in der zweiten Hälfte der nächsten Woche statt- finden. Adenauer für einen vorläufigen Friedensvertrag mit den West-Alliierten V. W. Bonn. Der Vorsitzende der CDU in der britischen Zone, Dr. Adenauer, hat sich in einem Interview mit einem Vertreter der englischen Zeitung„Manchester Guar- dian“ für einen vorläufigen Friedens ver- trag mit den westlichen Alliier- ten eingesetzt. Der Neuaufbau Europas könne mur dann durch eine geeinte westeuropäische Front erfolgen. Wenn Deutschland auf einen Friedensvertrag mit der Sowietunion warten müsse, könne noch viel Zeit vergehen. Die Oder-Neiße-Linie sei unan nehm Pa x. Zu den Demontagen sagte Dr. Adenauer, er halte eine Revision der Demontagepolitik ür äußerst wichtig. Er bedaure jedoch, dag diese Frage bei der feierlichen Eröffnung des Bundesrates erwähnt wurde. USA lassen keine Benachteiligung ihrer Ausfuhr zu Erste Schwierigkeiten bei den Washingtoner Besprechungen Washington(NBC). Großbritannien sei entschlossen, sich aus seinen Einnahmen zu erhalten, hatte Sir Stafford Cripps bei der Eröffnung der Washingtoner Finanzverhand- lungen erklärt. Die Brücke über den Ab- grund der Dollar schwierigkeiten, so sagte der Minister weiter, müsse jedoch von beiden Seiten des Ozeans aus gebaut wer- den. Großbritannien sei bereit, die Produk- tionskosten so weit wie möglich zu kürzen und nehme auch einschneidende Einfuhrherab- setzungen vor. Bereits in der zweiten Sitzung zeigten sich sodann die ersten wesentlichen Gegensätze in den Auffassungen der britischen und amerikanischen Vertreter. Die USA lehn- ten nämlich einen britischen Vorschlag ab, das vertraglich festgesetzte Verbot der Be- nachteiligung amerikanischer Exporte zugun- sten von Exporten aus dem Commonwealth oder Westeuropas aufzugeben. Die Vereinig- ten Staaten ließen jedoch die Möglichkeit offen, gegebenenfalls Ausnahmen anzuer- kennen. 5 Präsident Truman hatte im Weißen Haus eine längere Unterredung mit den britischen Ministern. an den Beratungen nahmen auf amerikanischer Seite Außenminister Acheson und Finanzminister Snyder teil. Ein Sprecher des britischen Außenministe- riums dementierte Pressemeldungen, daß Au- Benminister Bevin in Washington die Uber- nahme der britischen Besatzungskosten durch die Us vorschlagen wolle. Großbritannien werde seinen Anteil an den Besatzungskosten für Westdeutschland schon deshalb nicht wei- ter reduzieren, weil damit automatisch sein Finfluß auf die alliierte Besatzungspolitik vermindert würde. 5 Besprechungen der vier Außenminister? Washington(NBC). Hohe amerikanische Beamte rechnen mit der Möglichkeit mofflziel- ler Besprechungen der vier Außenminister Wahrend der nächsten UN- Vollversammlung. In Washington ist man der Ansicht, daß ein solches Treffen der Außenminister von der Entscheidung des sowjetischen Außenministers Wyschinsky abhängt. 7 Abbruch diplomatischer Beziehungen zwischen Prag und Vatikan GFA. Rom. Wie im Vatikansender erklärt wird, habe die Tschechoslowakei durch die Verweigerung des Einreisevisums für den neuen Geschäftsträger der päpstlichen Nuntiatur in Prag praktisch ihre diplomati- schen Beziehungen zum Vatikan abgebrochen. Die Tschechoslowakei war bisher das einzige osteuropaische Land, das noch in vollem Um- fange gegenseitige Beziehungen mit dem Va- tikan unterhielt. Prag(R). Der Vatikan hat den römisch- katholischen Klerus in der Tschechoslowakei angewiesen, Lovyalitätserklärungen für den tschechoslowakischen Staat nur dann zu unter- schreiben, wenn diese von der Kirche aus- Segeben werden. Der Text für eine Loyalitäts- erklärung, die von den Geistlichen, falls ge- fordert, abgegeben werden kann, wurde von 6 einem Sprecher der katholischen Kirche in Prag bekannt gegeben. Neue Erklärungen Robertsons zur Demontage H. J. Hannover. Der britische Hohe Kom- missar für Deutschland, General Robert- S On, sprach in Hannover auf der Konferenz der Gewerkschaften der britischen Zone. General Robertson wies mit aller Entschie- denheit die von deutscher Seite erhobene Be- schuldigung zurück, die Alliierten, vor allem Großbritannien, handelten in der Pemontage- frage nicht in„gutem Glauben“ und ließen sich von Intéeressen des wirtschaft- Iljehen Wettbewerbs leiten. Anschul- digungen dieser Art hätten in Grogbritan- nien und anderen Ländern große Entrüstung hervorgerufen und den Argwohn erweckt, daß eine Wiederbelebung des deutschen Nationa- lismus im Gange sei. General Robertson erklärte weiter, die Ge- fahr, daß die Arbeitslosenziffer in Deutsch- and erheblich Ansteige, bestehe, aber die Entwicklung hinge hier in erster Linie von dem allgemeinen Stand der Finanzen und von der Lage des Kreditwesens ab. Er sei überzeugt, daß die zur Bekämpfung der Ar- beitslosigkeit notwendigen Mittel in Deutsch- land vorhanden seien, daß sie jedoch ent- Weder überhaupt nicht dem Produktions- Prozeß dienstbar gemacht oder aber für Luxuszwecke verwendet würden, die mehr den Interessen einzelner als denen der Ge- samtheit dienen. Erklärung für Menschenrechte angenommen Erste Sitzungsperiode in Straßburg beendet G. L. Straßburg. In Straßburg wurde Freitag früh nach 30tägiger Dauer die erste Sitzungsperiode der Europaischen Beratenden Versammlung mit der Annahme einer e klärung der Menschenrechte ab- geschlossen. Ein aus 28 Mitgliedern bestehen- der Arbeitsausschuß begann mit der Aus- arbeitung der von der Versammlung ange- nommenen Resolution zur Vorlage an den Ministerausschuß. In der Erklärung ist die Ausarbeitung einer Konvention vorgesehen, in der die grund- legenden persönlichen und politischen Frei- heiten des Menschen festgesetzt werden. Es soll eine Schlichtungsstelle gebildet Werden, vor die jeder Staatsbürger die Regie- rung seines Landes wegen Verletzung dieser Rechte zitieren kann. Wenn Schlichtungsver- suche versagen, so wäre der Fall einem euro- päischen Gerichtshofe zur Wahrung der Men- schenrechte zuzuweisen. Die erste Tagung der Beratenden Versamm- lung wurde mit einer Schlußgansprache ihres Präsidenten Paul Henri Spa ak, abgeschlos- sen, der seiner Uberzeugung Ausdruck gab, daß sich ein politisch geeintes Europa ver- Wirklichen lasse. Die Beratende Versammlung hat während ihrer vierwöchigen Arbeit eine Reihe von Be- schlüssen gefaßt, die einen wesentlichen Schritt auf dem Wege zum europäischen Zu- sammenschluß darstellen. Voraussetzung ist jedoch, daß sie vom Ministerausschuß, dem sie als Empfehlungen zugehen, angenommen werden. Abgelehnt wurden voh der Versamm- lung die Anträge auf eine gemeinsame euro- päische Währung, auf eine europäische Zoll- union und auf Schaffung einer hohen politi- schen Behörde, welcher jeder Staat einen Teil seiner Hoheitsrechte abtreten soll. Der poli- tische und der wirtschaftliche Ausschuß der Beratenden Versammlung wurden jedoch er- sucht, diese Probleme erneut zu überprüfen und bis zum 30. April nächsten Jahres ent- sprechende Berichte vorzulegen. Anleihe für Tito perfekt New York(NBC). Amerika gewührz Jugoslawien eine Anleihe von 20 Millionen Dollar als erste Anleihe, die Marschall Tito seit seinem Bruch mit dem Kominform von einer der westlichen Mächte erhält. Die ame- rikanische Ein- und Ausfubrbank gab be- kannt, daß 12 Millionen Dollar sofort für Jugoslawien zum Ankauf von amerikanischer Srubenausrüstung bereitliegen. der Anleihe ist innerhalb von 10 Jahren rück- zahlbar und wird mit 3% Prozent verzinst. Die übrigen 8 Millionen Dollar werden bis spätestens Juni 1950 zum Ankauf amerikani- scher Waren und für amerikanische Dienst- leistungen bereitgestellt. Drohungen aus Sofa Sofia(R. In Sofia nahm Marschall Bul- Sanin an einer Sitzung teil, auf der Marschall Tito als der Wegbereiter für die britisch- amerikanischen An griffsabsichten auf dem Balkan bezeichnet wurde., Der stellver- tretende bulgarische Ministerpräsident Tscher- Wenkow sagte, es müßte ein unerbittlicher Rampf gegen nationalistische Tendenzen und gegen Tito mit seinem Anhang geführt Werden. Feuergefecht im Kongreß. Im Kongreß von Columbien kam es zu einem Feuergefscht zwischen liberalen und konservativen Abge- ordneten. bei wurden über 50 Schüsse ab- gegeben. Ein Abgeordneter wurde getötet und Vier verwundet. Der Streit entstand bei der Debatte über den Termin der nächsten Prä- sidentenwahl. 5( 8 Dieser Peil VON GESTERN AUF HEUN Samstag, den 10. September Es ist vielleicht wenig bekannt, dag heute in der„kleinen Weltpolitik“ ein Ultimatum abläuft: der sizilianische Räuberhauptmann Guiliano, in letzter Zeit von den gegen ihn auf- gebotenen Polizeitruppen hart bedrängt, hatte deren Obersten Luca mitgeteilt, er werde bis Samstag eine neue Gewaltaktion durchführen. Ind da Giuliano bisher stets Wert darauf legte, sein Wort zu halten, ist wan in Sizi lien davon überzeugt, daß auch diesmal ir- gend etwas geschehen wird.(Wir werden un- sere Leser pünktlich davon unterrichten!) Gegen Giuliano wurden bisher mehr als achtzig Haftbefehle erlassen. Da er aber offen- bar nicht mehr ganz so siegessicher ist wie früher, sollen, wie gemeldet wird seine An- Wälte jetzt Tag und Nacht damit beschäftigt sein, Alibis und Entlastungsmaterial für ihn zu sammeln. Daneben ist sein„Machtapparat“ Aber noch in vollem Betrieb. Giuliano verfügt neben seinen„Truppen“ über ein eigenes Presse- und Propaganda-Büro, das den Ver- kehr mit den Zeitungen durchzuführen hat, denen es je nach Bedarf Proklamationen, Drohungen oder Berichtigungen zugehen läßt. Daneben hat der edle Räuber auch eine Art von Finanz- Ministerium, das die Tribute der ie auch„Gönner“ genannt werden, Also ein wohldurchdachtes Gemeinwesen nach dem Vorbild einer Raubritterburg im Mittelalter. Und da sagt man noch, unser Kon- tingent sei alt und unromantisch geworden! Schoen ahnt man die Vorbereitungen Holly- woods, um einen Film aus dem„wilden Eu- ropa“ zu drehen. Das Aufnahme-Gelände ist allerdings vorerst noch etwas gefährlich! S. Diplomatische Vertretung Brasiliens in Spanien. Brasilien wird wieder eine diploma- tische Vertretung in Spanien einrichten. Der brasilianische Bundespräsident Dutra wird in den nächsten Tagen einen Botschafter er- dennen.() Für eine„Europäische Universität“ Die Beratungen in Straßburg G. L. Straßburg. Die Europäische Bera- ende Versammlung nahm am Mittwoch den antrag an, eine„Europäische Zentralstelle Ur kulturelle Fragen“ zu schaffen, die vor lem die Aufgabe haben soll, die Zusammen- irbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu för- dern. Ein Antrag, Paris zum Sitz der Zentral- telle zu machen, wurde abgelehnt und be- schlossen, die Debatte über diese Frage auf ine spätere Sitzung zu vertagen. Auch der Antrag, zu einem geeigneten Zeitpunkt eine Europaische Universität“ ins Leben zu rufen, Vurde grundsätzlich angenommen. Die Beratende Versammlung berät ferner iber den Antrag auf Schaffung eines„Euro- hälschen Gerichtshofes zum Schutze der Menschenrechte“, Der Debatte lag ein Ent- vurf vor, den der Rechtsausschuß der Ver- aumlung ausgearbeitet Hatte. 5 Das Treiben Hermann Essers Ehemaliger NS-Minister macht Geschäfte mit„Enthüllungen“ H. Sch. München. Der flüchtige ehemalige ztaatsminister Hermann Esser, der von der pruchkammer in die Gruppe der Haupt- huldigen eingereiht worden ist, und gegen len bisber vergeblich gefahndet wurde, hat ich, wie am Mittwoch vom Sonderministerium nitgeteilt wurde, mehrmals in der Privat- vobhnung von Oberlandesgerichtsrat Bartholo- näus Schröder aufgehalten. Oberlandesge- ichtsrat Schröder, dem Esser aus seiner rüheren dienstlichen Tätigkeit persönlich be- zanmt ist, sollte sich für die Einstellung des egen Hermann Esser laufenden Festnahme- efehls einsetzen. Oberlandesgerichtsrat Schrö- ler erklärt, daß er Esser mehrmals empfangen abe. Wie weiter mitgeteilt wird, soll gegen Jermann Esser sowie gegen den Verlag der Revue, den Mauritiusverlag und den Schrift- teller Bosel strafrechtlich vorgegangen wer- zen, weil die„Revue“ einen Tatsachenbericht Der große Liebhaber Adolf Hitler“ veröffent- chte der von Schriftsteller Bosel auf ferne n Mitte fangen Hermann ver- niht wyirtrde. pbrutalem Vorgehen VOM TAGE Kohlenbewirtschaftung voraussichtlich bis April. Die Bewirtschaftung von Kohle wird vorraussichtlich noch bis April nächsten Jahres bestehen bleiben. Die Bevölkerung ist aufge- fordert worden, die aufgerufenen Brennstoffe sofort abzuholen. Der Kohlenhandel habe aus technischen Gründen bereits Notverkäufe vor- nehmen müssen, weil die Zuteilungen in vielen Fällen nicht rechtzeitig abgeholt wurden. Umbennungen bei der Eisenbahn. Mit der deutschen Reichsbahn sind auch ihre Haupt- dienststellen umbenannt worden. Die bisherige Reichsbahndirektion heißt in Zukunft„Eisen- bahndirektion der Deutschen Bundesbahn“. Die Hauptverwaltung der deutschen Reichs- bahn führt jetzt die Bezeichnung„Hauptver- Waltung der Deutschen Bundesbahn“. Bei den Verkehrsämtern, Betriebsämtern, Ausbesse- rungswerken und dem Maschinenamt wurde der Ausdruck Reichsbahn durch die Bezeich- nung„Eisenbahn“ ersetzt.( Antrag auf Sozialisierung. Der deutsche Ge- Werkschaftsbund in der britischen Zone hat den Bundestag und den Bundesrat in einer Entschließung aufgefordert, alle Grundstoff- industrien in Gemeineigentum überzuführen. Ferner wurde beschlossen, den deutschen Ge- Werkschaftsbund für die britische Zone Ende dieses Jahres aufzulösen. Am 1. Januar soll dann ein einheitlicher Gewerkschaftsbund für die gesamte Bundesrepublik gegründet wer- den.(R Weiteres Belastungsmaterial gegen Manstein. Im Manstein-Prozeß in Hamburg legte der Anklagevertreter weiteres Belastungsmaterial Vor. Manstein wird darin vorgeworfen, als Befehlshaber der 5. Armee seine Truppe zu gegen russische Staats- bürger jüdischer Konfession angehalten zu haben. Dies habe zur Folge gehabt, daß viele Juden in dem Gebiet seines Befehlsbereichs mißgßhandelt und getötet worden seien.(R) Bremer Pressegesetz genehmigt. Das Bre- mer Pressegesetz ist von der amerikanischen Militärregierung genehmigt worden. Mit der Verkündung des Pressegesetzes werden auch für Bremen die bisherigen Lizenzbestimmun- gen für die Presse aufgehoben.( Stalinorgel für die Volkspolizei? Für die militärische Ausbildung der Volkspolizei in der Ostzone sollen neuerdings auch sogenannte „Stalinorgeln“ mit je 16 Rohren eingesetzt werden. Wie die„Neue Zeitung“ behauptet, wird die Volkspolizei zur Zeit an 7,5 und 10,5 em Flak und Pak ausgebildet.(H. Sch.) Münchener Kunstausstellung eröffnet. Die 1. große Münchner Kunstausstellung nach dem Kriege wurde im Ostflügel des„Hauses der Kunst“ in München eröffnet. Sie soll die Tra- dition der früheren Kunst ausstellungen im Glaspalast fortsetzen. Die Ausstellung bleibt bis Mitte November geöffnet.(H. Sch.) Laufende Rückkehrertransporte. Ein weite- rer Transport mit 1764 Heimkehrern aus der Sowjet-Union traf in Frankfurt an der Oder ein. Die ehemaligen Kriegsgefangenen sollen am Samstag in ihre Heimatorte entlassen werden.(N Wieder ein Taxifahrer-Mord in Hamburg. In Hamburg wurde am Freitag morgen ein Taxi-Fahrer erwürgt in seinem Wagen auf- gefunden. Bereits Anfang dieser Woche wurde ein Hamburger Taxi-Fahrer auf die gleiche Weise ermordet. Von den Tätern fehlt jede Spur. Seit Mai dieses Jahres wurden bisher inn Hamburg 7 Taxi-Fahrer auf ähnliche Weise ums Leben gebracht.( Zwei amerikanische Soldaten getötet. Bei den amerikanischen Herbstmanésvern in Deutschland wurden zwei amerikanische Sol- daten getötet. Einer der Soldaten wurde von einem Lastwagen überfahren. Er war in einem Gebüsch in Deckung gegangen und eingeschlafen. Dabei ist er überfahren worden. Ein weiterer Angehöriger der amerikanischen Armee wurde getötet als ein Mannschafts- Wagen umstürzte.(R) Polen erklärt Beistandspakt mit Jugosla- Wien außer Kraft. Die polnische Regierung Hat Jugoslawien in einer Note vorgeworfen, in Gen polnischen Gebieten zu spionieren und dadurch den- im März 1946 unterzeichneten Freundschafts- und Beistandpakt außer Kraft gesetzt zu haben. 2 Richard Strauß gestorben H. Sch. München. Richard Strauß, dessen 85. Geburtstag vor wenigen Monaten von den Musikfreunden der ganzen Welt gefeiert wurde, ist am Dongerstagnachmittag in seinem Garmisch-Partenkirchener Heim nach länge- rer Krankheit verschieden. Die sterblichen Uberreste des großen Komponisten wurden am Freitag nachmittag nach München über ⸗ führt. Die Bestattung findet am kommenden Montagvormittag um 11 Uhr im Krematorium des Ostfriedhofes statt. An dieser Feierlichkeit, bei der auf Wunsch des Meisters das Terzett aus dem„Rosen- Kavalier“ erklingen wird, werden neben dem bayrischen Ministerpräsidenten zahlreiche Ver- treter des öffentlichen und kulturellen Leben: teilnehmen. An Stelle von Kränzen hat der Komponist zwei Tage vor seinem Tode Spen- den für alte und bedürftige Musiker erbeten Vor der Uberführung nach München fand in der Villa Strauß eine schlichte Toten- ehrung statt. Aus dem In- und Ausland sind zahlreiche Beileidstelegramme eingegangen. Die Urne mit der Asche des verstorbenen Komponisten soll nicht auf dem Münchner Ostfriedhof, sondern im Garten seiner Gar- mischer Villa beigesetzt werden. Die Fa- mille will diese Beisetzung nur im engsten Familien- und Freundeskreis vornehmen. * Nach dem Ableben Gerhard Hauptmanns und Hans Pfitzners verlieren wir mit Richard Strauß den letzten großen Repräsentanten deutscher Kultur— einer Kultur, die Welt- geltung besitzt. Ein glüclchaftes, begnadetes Leben ging zu Ende. 3 Als der 24jährige mit seiner sympho- schen Tondichtung„Don Juan“, dieser Apo- theose der Sinnenlust, 1889 die Münchner in einen Begeisterungstaumel versetzte, war die Epoche der Neu- Romantik überwunden und der Weg für die von Alexander Ritter inspi- rierte neuleutsclie Richtung frei. Richard Strauß, der sich Alexander Ritter besonders verpflichtet fühlte, schrieb innerhalb der näch- sten zehn Jahre die symphonischen Tondich- tungen„Macbeth“,„Tod und Verklärung“, „Till Eulenspiegels lustige Streiche“,„Also sprach Zarathustra“,„Don Quichote“ und „Ein Heldenleben“— Meisterwerke, die ihm Weltruhm einbrachten. Durch ungewöhnlich fein entwickelten Klangsinn, harmonische Kühnheit, meisterhafte Variationskunst und vollendet kentrapunktische Arbeit veredelt er die von Berlioz und Liszt übernommene b Programm- Musik. 5 Einen Mißerfolg, den einzigen in seinem Schaffen, erlebt Strauß 1894 mit seiner Erst- Iingsoper„Guntram“, in der er sich dem Hin- us des von ihm hochverehirten Richard Wag⸗ ner nicht entziehen konnte. Aber schon mit der Oper„Salome“ hat er den Einfluß Wag ners überwunden. Der Zusammenarbeit mit Hugo von Hofmannsthal verdanken wir in rascher Folge geschaffene Opern: die düster- grandiose„Elektra“, zu deren Aufführung ein 122 Mann starkes Riesenorchester benöti 25 Wird, den„Rosenkavalier“, sein bekanntes b Werk und die kammermusikalische Barock Oper„Ariadne auf Naxos“, die in ihrer ersten bassung mit Molieres„Bürger als Edelmann verbunden war. Seine üppigste Musik ver- wendete Strauß in den Jahren des Weltkriegs an die symbolistische Märchenoper„Frau ohne Schatten“, Es entstehen 1928„Die ägyptische Helena“ und 1933„Arabella“. Seine letzten Opern„Daphne“ und die erst 1940 vollendete „Liebe der Danae“, die bis heute auf ihre Ur- zufkührung Wartet, behandeln antike Fabeln. Als Herbert von Karajan auf den Salzbur- ger Festspielen 1946 nach der Uraufführung der„Metamorphosen“, einer Studie für 23 J Solostreicher, den Taktstock niederlegte, fühlte eder, dag sich der Ring um ein Leben in usik geschlossen hatte. Die„Metamorpho- ent sollten der Schwenengesang des greisen Meisters werden. e N