Erscheint: montags, mittwochs, freitags und samstags. Frei Haus 1.90, im Verlag abgeholt 1.70, durch die Post 1.70 zuzgl. „Zustellgeld. Einzelnummer 15 Pfg. Sũddeutsche Heimatzeitung für Mannheim-Seckenheim und Umgebung Anzeigenpreise: die 6 gespaltene Milli- meterzeile 15 Pfg.— Preisliste Nr. 1) Abbestellungen können nur bis 25. auf den Monatsersten angenommen werden Nr. 150 Mittwoch, den 19. September 1951 3.%51. Jahrgang 22 Dritte Kraft wird wirksam Die Bildung eines Mittelstandsblocks Der vorläufige Charakter des Grundgeset- zes unserer Bundesrepublik ist im Verlaufe der letzten 12 Monate mehrfach deutlich ge- worden. Es hat sich gezeigt, dag manche im Volk wirkenden Kräfte andere Bahnen zu suchen beginnen, als man ursprünglich er- Wartet hatte. Während die politischen Par- teien über die mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit, insbesondere der Jugend, bewegte Klage führen, sind neuerdings eine Reihe von Gemeinschaftsbildungen und Zusammen- schlüsse in Erscheinung getreten, die ein neues, dynamisches Element in Politik, Ge- sellschaft, Wirtschaft und Kultur hineinzu- tragen beginnen. Da entstand zunächst einmal der Block der Heimatvertriebenen, der sich als verlänger- en Arm im politischen Bereich eine eigene partei schuf, die bei geschickter Führung im rünftigen Bundestag unter Umständen eine entscheidende Rolle zu spielen vermag. Wei- erhin manifestierte die Evangelische Kirche Deutschlands auf ihrem diesjährigen Berliner Kirchentag das Erwachen einer Kraft, die ihr Wohl nur wenige zugetraut hätten. Da for- miert sich weiter in diesen Tagen mit der Gewalt eines künstlich überstauten Stromes der Block der Soldatenbünde, der vielleicht in der Lage sein wird, die bisher beiseite stehende Generation der Kriegsteilnehmer für das politische Leben zu aktivieren. Und schließlich erstand jetzt auf dem Deutschen Bauerntag in Rendsburg— nach nur kurzer publizistischer Vorbereitung, aber eben dar- um seine innere Notwendigkeit erweisend der Mittelständische Block von Bauerntum, Handwerk, Haus- und Grundbesitz als Kri- stallisationskern einer Dritten Kraft zwi- schen Großkapital und Gewerkschaften. Es ist damit zu rechnen, daß dieser Block An- ziehungskraft genug entwickeln wird, um noch andere Verbände der kleinen und mittleren selbständigen Existenzen an sich heranzu- ziehen und damit an Durchschlags- Wie Aus- gleichskraft zu gewinnen. Der Mittelständische Block wird gut dar- an tun, sich nicht monatelang mit theoreti- scher Programmatik abzugeben, sondern sich unbekümmert mitten in das Praktische Kampfgetümmel zu begeben. Da wartet als Pigett erste Bewährungsaufgabe für ihn gleich die Frage der Organisation, Aufgabe, Besetzung und verfassungsrechtlichen Stellung des vom Bundeskanzler dem DGB in Aussicht gestell- ten Bundeswirtschaftsrats. Er verdiente schon Allein diesen Namen nicht, wenn er etwa nur ein von den beiden„Sozialpartnern“ zu be- nennendes Beratungsgremium für den Bun- deskanzler werden sollte. Wo bliebe da die übrige Wirtschaft? Was wir brauchen, ist nicht ein beratendes Gremium mehr, sondern ein Bundeswirtschaftsrat als die verfassungsrecht- nech verankerte Spitze einer umfassenden Selbstverwaltung der gesamten Volkswirt- Schaft. Ihr hätte der Staat nur noch die Rechtsordnung zu setzen, während ihr die ERekutive im übrigen aber in eigener Verant- Wortung überlassen bleibt. Die Ernährungs wirtschaft für ihren Teil brauchte nach einem Vorbild solcher Selbst- verwaltung nicht lange zu suchen, wenn man das Gesetz vom 13. September 1933 seines autoritären Beiwerks entkleidete. Ahnliche Selbstverwaltungskörperschaften für die üb- rige Wirtschaft zu schaffen, denen auch die Aufgaben der Marktordnung zu übertragen Wären, wird nicht schwierig sein, abgesehen davon, daß das Handwerk z. B. sie jahrhun- dertelang in sich wandelnden Formen beses- sen hat. Diesen Aufbau einer wirtschaftlichen Selbstverwaltung voranzutreiben, wird eine der drängendsten Aufgaben für den Mittel- Standsblock sein müssen. Agrarpolitisch ge- schen wird damit gleichzeitig übrigens die beste Vorarbeit für das organische Zusam- menwachsen einer europäischen Agrar-Union Von unten her geleistet. Die zweite, auf nahe Sicht gestellte Aufgabe kür den Mittelstandsblock wird es sein, im Rahmen der parlamentarischen Demokratiei ie Lebensintexessen des Mittelstands durch Einflußnahme auf alle politischen Parteien energisch Wahrzunehmen. Die hierbei anzu- wendenden Methoden werden sich dabei de- nen anpassen müssen, welche von den beiden Alideren großen Gruppen, Kapital und Ar- beit— vorgespurt werden. Der Mittelstands- block wird hier in der glücklichen Lage sein, Zwar in seinen finanziellen Mitteln mit den beiden anderen Gruppen kaum konkuriern, dagegen aber beträchtliche Millienen von Wahlstimmen in die Waagschale werfen zu können. Da die Bundestagswahl ihre Schat⸗ tem bereits vorauswirft, ist es an der Zeit, ch auf diesem Gebiet unverzüglich ans Werk 7 Deblschlaud wir gselenberochligter pariner Eingliederung in den Westen lebensnotwendig — Verhandlungsbeginn am 24. September Rundfunkrede Dr. Adenauers Bonn(UP). Ohne die Integration Euro- Das und ohne die Eingliederung der Bundes- republik in die Gemeinschaft der westlichen Welt wären die Deutschen verloren, erklärte Bundeskanzler Dr. Adenauer in einer Rund- funkansprache an das deutsche Volk, in der er die Beschlüsse der Konferenz von Washing ton erläuterte. Der Kanzler würdigte die große Bedeutung der Washingtoner Erklärungen für Deutsch- land und die Welt. Ein Wehrbeitrag Deutsch- lands— so führte er u. a. aus— sei auch nach Ansicht der Westmächte unmöglich, wenn nicht eine völlige Anderung des deutsch- Alliierten Verhältnisses Platz greife. Er werde daher in Kürze mit den Hochkommissaren über diesen ganzen Fragenkomplex Verhand- jungen aufnehmen, die voraussichtlich schon am 24. September beginnen. Obwohl die An- Weisungen der Außenminister an die Hoch- kommissare im einzelnen noch nicht be- kannt seien, spreche doch aus dem Kommuni- que der Außenminister der Wille der West- mächte,„uns eine volle Partnerschaft als Sleichberechtigt anzubieten.“ Noch einmal schilderte der Kanzler die Wachsende Bedrohung Deutschlands und Eu- ropas aus dem Osten und unterstrich den starken sowjetischen Druck, dem die Bundes- republik ausgesetzt sei. Die östliche Hälfte Deutschlands sei schon ein Opfer der sowiet- russischen Politik, nämlich ein Satellitenstaat Rußlands geworden.„Die Bundesrepublik ist zur Zeit politisch und militärisch ein Nie- mandsland. Sie ist völlig entwaffnet, sie ist nicht souverän, sie schwebt zwischen dem Ost- block und den Westalliierten, ohne jede Mög- lichkeit, sich zu schützen und sich zu vertei- digen.“ Die angekündigten Verträge mit den Westmächten würden diesem Schwebezustand ein Ende machen. Die Bundesrepublik werde Vertragspartner der westlichen Alliierten zur gegenseitigen Verteidigung gegen jeden An- griff in Deutschland oder Europa. Sie werde gleichzeitig ihre volle Souveränität wieder erhalten. Wenn Europa— einschließlich Deutschlands — sich aber nicht gegen den Osten zusammen- schließe, würden sich die USA bald aus Fu- ropa zurückziehen und die Sowjets schließlich Herr auf dem Kontinent werden.„Was dann Unser Los sein würde, wissen wir.“ Für nie- manden gäbe es Freiheit, die abendländisch- christliche Kultur, das Christentum selbst, würden ausgerottet werden. Die Frage, ob nicht die Politik der europäischen Integration und die Einbeziehung der Bundesrepublik in die westliche Verteidigungsgemeinschaft zu neuen Kriegen mit Sowjetrußland führen müßte, beantwortete der Kanzler mit einem entscheidenden Nein. Die europäische Ver- teidigungsgemeinschaft sei ihrer ganzen Struktur nach defensiven Charakters. Das gleiche gelte auch von der nordatlantischen Organisation. Wenn sich Europa und die USA zusammenschliegen, werde Rußland viel cher zu Verhandlungen bereit sein. Der Bundeskanzler ging in seiner Rund- funkrede ferner auf die neuen Vorschläge Grotewohls ein, die nach seiner Ansicht einen Versuch im Auktrage SowWjetrußlands darstel- len, die Integration Europas zu verhindern Dieser Versuch werde erfolglos bleiben. Die ganze Sachlage sei zu klar, als daß irgend je. mand auf diese Note hereinfallen könnte. In übrigen möge man erst einmal in der Ost- zone Freiheit schaffen, ehe man von freier Wahlen rede. Dr. Adenauer schloß mit den Worten:„Nach. dem nun der Friedensvertrag mit schlossen worden ist, muß auch die Konsoli. dierung der Welt im Westen fortschreiten Auch der Kalte Krieg muß aufhören; die Wel muß wieder zur Ruhe kommen. Der Frieder Japan ge- kann gerettet und gesichert werden. Wede der Plan einer europäischen Verteidigungs. Semeinschaft noch die Atlantikpakt-Gemein schaft bezwecken eine Aggression auf irgend eine Macht. Sie wollen den Frieden sichern und das wollen wir auch. Das ist unser Ziel.“ Der britische Hochkommissar Kirkpatrick ist von London nach Deutschland zurück geflogen und wird in den nächsten Tagen 1215 Bundeskanzler Adenauer zusammentref- en. Reuter schlägt Wahlen für Berlin vor Hoffnung auf positive Verhandlungen— Kritik an der Haltung Bonns Berlin(UP). Der regierende Bürgermei- ster von Berlin, Ernst Reuter, nahm offiziell zu dem Grotewohl- Vorschlag vom Samstag Stellung und schlug als Prüfstein für die Auf- richtigkeit dieses Angebotes freie Wahlen in ganz Berlin vor. Voraussetzung für gesemtdeutsche Wahlen Wäre nach Reuters Ansicht eine Erklärung „beider Regierungen in Berlin“, daß sie ihre Mandate einer neu zu bildenden einheitlichen Regierung zur Verfügung stellten. Wenn der Grotewohl-Vorschlag für gesamtdeutsche freie Wahlen ehrlich gemeint sei, könnte das in Berlin„unter ungewöhnlich günstigen Vor- aussetzungen durchexerziert werden“. In Ber- lin seien jederzeit freie Wahlen für alle Sek- toren möglich, deren Ziel die Einheit der Stadt in echter Freiheit sein soll. In einem künftigen einheitlichen Berlin könne das Veto einer einzelnen Besatzungs- macht, durch das jede Arbeit der gewählten Verwaltung und Vertretung gestört oder gar aufgehalten würde, nicht mehr anerkannt Als dritte, wesentliche Aufgabe, die durch Zusammenarbeit von Bundestag und Bundes- Wirtschaftsrat gelöst werden muß, steht schließlich die Planung einer Agrar-, Wirt- schafts- und Sozialpolitik zur Debatte, die unter Berücksichtigung der Staatsausgaben den von der Volkswirtschaft insgesamt er- Arbeiteten„Sozialkuchen“ gerecht so verteilt, daß auch der Mittelstand nicht nur vegetieren, sondern wachsen kann., In den zurückliegen- den Jahren haben es sich Kapital und Ge- Werkschaften zu bequem gemacht, indem sie Sich unter demonstrativem Kampflärm nach außen hin— intern gegenseitig die Ha- sen in die Küche gejagt haben. Się beide sind bisher in erster Linie Nutznießer des west- deutschen Wirischaftswiederaufbaus gewesen. Dafür zeugen sowohl die Lohntarife der mei- sten Industriegruppen wie die DM-Umstel- lungen der Betriebe. Auf der Strecke blieben dabei wertvolle Volksschichten wie Rentner, Vertriebene, eine Reihe freier Berufe usw. Der Mittelstand hat nicht Lust, das nächste Opfer zu sein. Der von ihm nunmehr gegrün- dete Block der Abwehr wird gleichzeitig konstruktive Vorschläge dafür zu machen haben, wie das Einkommensgefüge in der deutschen Volkswirtschaft in Zukunft gerech- ter gestaltet werden kann. n werden,„Wir sind nicht bereit, uns dem ein- seitigen Veto der sowjetischen Besatzungs- macht zu beugen“, stellte Reuter fest. Ein Einspruch der Alliierten gegen Beschlüsse einer künftigen einheitlichen Verwaltung Berlins könnten nur Gesetzeskraft haben, wenn er von der Kommandantur einstimmig gefaßt worden sei. Das Berliner Abgeordnetenhaus ist für Samstag zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen worden. Auf der Tagesordnung steht eine Regierungserklaärung Reuters zur Frage Gesamtberliner Wahlen. Für den Fall einer„brüsken Zurückwei⸗ sung“ der ostzonalen Vorschläge durch den Bund befürchten Westberliner Politiker vor allem einen starken Stimmungswandel unter der Bevölkerung der Sowjetzone zuungun- sten der Bundesrepublik. Als besonders„un- klug“ wird die Bonner Argumentation emp- funden, daß die Frage gesamtdeutscher Wah- len nicht von deutschen Instanzen, sondern von einer Einigung der vier Großmächte ab- hänge. Kenner der Verhältnisse in der So- Wietzone beanstanden nachdrücklich die „Phantasielosigkeit und das mangelnde Fin- gerspitzengefühl“ pei der Behandlung von „gesamtdeutschen Angelegenheiten“ durch die Bundesregierung, was in den letzten zwei Tagen„besonders kraß“ zum Ausdruck ge- kommen sei. Ist Moskau zu weiteren Konzessionen bereit? Wie man aus Pankow erfährt, liegen Regie- rungsfunktionäre und Mitglieder des SED- Zentralsekretariates durchblicken, daß nach den Direktiven, die der Sowietbevollmäch- tigte, Botschafter Semjonow, vom Kreml er- hielt, dieser bereit sei, jeden„nur denkbaren Preis zu zahlen“, um die Verwirklichung der Washingtoner Beschlüsse und besonders lie Remilitarisierung Westdeutschlands verhin- dern zu können. Dazu gehöre auch, daß not- Falls eine entscheidende Wahlniederlage der SED und die Reduzierung der Volkspolizei „auf ein Minimum“ in Kauf genommen werde. Wenn der Westen darauf bestehe, würde auch der„Staatssicherheitsdienst“ ab- gebaut und die Masse der politischen Häft- linge aus den Haftanstalten der Sowietzone entlassen, Schließlich, so soll Semjonow Gro- tewohl mitgeteilt haben, wären im Zusam- menhang mit gesamtdeutschen Gesprächen auch Verhandlungen mit der sowjetischen EKontrollkommission über die Rückführung der deutschen Kriegsgefangenen aus der So- Wjetunjon„denkbar“, die offiziell unter der Bezeichnung„freiwillige Arbeiter“ laufen. Die politisch unterrichteten Regierungskreise in Pankow wollen ferner wissen, daß bei Zu- Wc een des. See Wort und Dan 5 5. 5 die Bundesorgane die Sowjietregierung„fünf Minuten vor zwölf“ die Westmächte erneut zu einer Konferenz der Staatschefs über Deutsch- land einladen wolle. Semjonow habe zu ver- stehen gegeben, diese Zusammenkunft könnte durchaus in Berlin stattfinden. Erst wenn alle diese diplomatischen Aktionen erfolglos blie- ben, kündigte der Botschafter angeblich an, Würde der projektierte Friedensvertrag für Sanz Deutschland noch im Jahre 1951 ver- Wirklicht. 5 Diese angebliche Bereitschaft Moskaus zu Konzessionen an den Westen hat die Regie- rungs- und Parteimachthaber der Sowietzone kopfscheu gemacht. hre Empfindungen wer- den aus der Reaktion des Ministers für Staatssicherheit, Zaisser, deutlich, der auf die Frage eines westlichen Journalisten, wie er sich jetzt die Zukunft seines Ministeriums denke, entgegnete:„Ich denke überhaupt nicht mehr. Das überlasse ich Grotewohl, der sollte das besser können.“ Bonnist interessiert Im Bundeskanzleramt haben die Berichte aus Berlin besondere Aufmerksamkeit er- fahren, die von einer weiteren Konzessions- bereitschaft der Russen wissen wollten und andeuteten, die SowWäets wären unter Um- ständen sogar zu einer Vierer-RKonferenz über Deutschland bereit. Einige politische Beob- achter glauben sogar, daß der Osten diesmal Wirklich ernst machen will und zu Opfern be- reit ist. Dem Bundestag wurde am Dienstag der Appell der Ostzonen-Volkskammer schriftlich zugeleitet. Er wird wahrscheinlich schon in Kürze dazu Stellung nehmen. Der Kanzler unterrichtete die Fraktionen der Regierungs- Parteien über die Haltung der Bundesregie- rung zu dem Grotewohl-Vorschlag. Die Freilassung der politischen Gefangenen und die Auflösung des Staatssicherheitsdien- stes in der Sowjetzone wurde von einem Sprecher der„Kampfgruppe gegen Unmensch- lichkeit“ in Bonn als Mindestforderung be- zeichnet, ehe Verhandlungen mit der Ostzone über gesamtdeutsche Wahlen aufgenommen werden könnten. Man könne dem Vorschlag Grotewohls nicht einfach ausweichen, sagte der Sprecher. Der Westen müsse daher„un- nachgiebig seine Front festigen“ und an den einmal genannten Forderungen festhalten. . Schumacher verlangt Sowjetgarantien Die Taktik des Grotewohl- Vorschlags— Der SFPD-Führer zu Washington Bonn(UP). Der sozialdemokratische Oppo- Sitionsführer Dr. Schumacher nannte den neuen Vorschlag des Ostzonenministerpräsi- denten Grotewohl zur Abhaltung gesamtdeut- scher Wahlen„die neueste Variante“ in der kommunistischen Taktik, die nun plötzlich alles das anbete, was man bisher verdammte und verbannte. In einer Rundfunkansprache, die der Rede des Bundeskanzlers folgte, betonte der SPD- Vorsitzende, eine deutsche Einheit könne es nur auf der Grundlage der persönlichen, staats bürgerlichen und nationalen Freiheit und der sozialen Gerechtigkeit geben. Seit Beginn des Jahres sei bereits eine Anderung der kom- munistischen Taktik und Strategie zu erken- nen gewesen, wenn jetzt in dem neuen Volks- kammerappell von einem Friedensvertrag die Rede sei, es soll dieser den Sowjets eine do- minierende Rolle bei der Kontrolle der Ruhr und die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie zuschanzen.„Mit diesen neuen Angeboten schafft nun die sowWzetische Taktik eine neue Situation, die neue Antwort verlangt. Wir sa- gen Klar, was Freiheit für Deutschland ist, und die anderen mögen Klar sagen, was sie davon denken.“ Das Angebot der Männer von Pankow sei Praktisch so lange ohne jede Bedeutung, als sich Sowzetrußland nicht selbst bereit erklärt Habe, die Freiheit der Wahl, die Unverletzlich- keit der Person und die Gleichheit vor dem Gesetz anzuerkennen. Die Sowjets müßten da- Her gegenüber den Deutschen und den Alli- ierten die geforderten Bindungen eingehen. „General Tschuikow schweigt und der Stand- Punkt der Sowjets bleibt im Dunkeln“, be- tonte Schumacher. Freie Wahlen seien bei der Willkür des kommunistischen Staatsapparats und der Ungehemmtheit der diktatorischen Besatzungsmacht in der Sowietzone nicht ga- rantiert. Schumacher regte in diesem Zusam- menhang erneut eine Kontrolle durch eine internationale Organisation— am besten die IN— al. Die Nationalversammlung dürfe nicht nur eine Verfassung schaffen, sondern müsse auch Legislative sein und eine starke Regierung mit machtvoller Exekutive bilden.„Wir haben eine große Probe auf das Exempel anzubieten: es heißt Berlin“. Die SED könne am Beispiel Berlins beweisen, Was sie eigentlich für ganz Deutschland wolle. In Berlin sei die Schaffung einer neuen Mternationalen Kontrollorgani- sation garnicht einmal nötig. Das Abkommen von Washington bezeichnete Dr. Schurnacher als eine Einigung der Alliier- ten unter sich über eine Deutschland-Politik auf französischer Linie, Es handele sich darum noch nicht um eine Einigung zwischen den Außenministern der Westmächte und dem deutschen Volk. Die Entscheidung sel nicht gefallen. Das deutsche Volk habe jetzt das Schumacher? Bonn diskutiert die Washingtoner Beschlüsse — Die Opposition soll mitarbeiten BOn n(UP). Das Ergebnis von Washington und die damit fällige Entscheidung des Bun- destages über einen deutschen Wehrbeitrag macht einen Kompromiß zwischen dem Bun- deskanzler und dem Oppositionsführer Dr. Schumacher zu einer dringenden Notwendig keit, wenn es nicht zu einer gefährlichen Spal- tung innerhalb des deutschen Volkes kommen Soll. Mit diesen Worten läßt sich die Ansicht zahlreicher Bonner Politiker zusammen- fassen. Die Zustimmung der Koalitionsparteien zur Politik des Bundeskanzlers dürfte als nahe- zu sicher anzusehen sein, obwohl vor allem die Freien Demokraten und die Deutsche Par- tei in Einzelfragen noch Wünsche und For- derungen vorbringen werden. Mit dem Ja der Abgeordneten der Bayernpartei und einem„Stillhalten“ Zentrums— das sich des möglicherweise in einer Stimmenthaltung Aubert— wird gerechnet. Die Kommunisten — und vielleicht die Rechtsgruppen im Par- Iament— werder sichere Nein-Sager ge- Zählt. Die Bunde erung wäre also prak- tisch in der L. auch ohne die SPD die Ratifizierung eines deutsch- alliierten Vertra- ges über eine Wiederbewaffnung der Bundes- republik im Rahmen einer Europa-Armee herbeizuführen. In der Sache scheint ein Kompromiß zwi- schen Regierung und Opposition nicht aus- geschlossen. Sowohl die Gewerkschaften als auch die SpD haben zu einem Verteidigungs- beitrag grundsätzlich Ja gesagt. Auch gegen den Gedanken einer Europa-Armee sind keine Prinzipiellen Bedenken vorgetragen worden. Die Kritik der Opposition richtet sich vor Allem gegen die Konzeption des Plevenplans, der nach dem Wortlaut der Washingtoner Be- schlüsse offenbar die Grundlage dieser euro- päischen Armee bilden soll. In Regierungskreisen glaubt man sich dar- über hinaus zu der Annahme berechtigt, daß die Gewerkschaften— vor allem Fette eher geneigt seien, der Auffassung Dr. Aden- Auers zuzustimmen als die sozialdemokrati- sche Parteileitung. Man macht in diesen Krei- sen der Bundesregierung auch auf die unter- schiedliche Beurteilung des ganzen Problems innerhalb der SPD aufmerksam und meint, daß hin und wieder der Eindruck entstehe, Als ob Schumacher mit seinen Argumenten nicht die Billigung aller Sozialdemokraten finde. Es liege nun am Bundeskanzler, den ersten Schritt zu tun und in seinen bevorstehenden Verhandlungen mit den Hochkommissaren eine Basis zu schaffen, die auch der SPD eine Billigung der deutschen Wiederbewaffnung im derzeitigen Augenblick ermöglicht. Die Einschaltung des Bundestags in diese Ver- Handlungen läßt jedoch darauf schließen, daß der Kanzler auch die Mitarbeit der Opposition zu gewinnen hofft. Der Kreml will sich einschalten Moskau(UP). Die Moskauer„Prawda“ schaltet sich nun ebenfalls in die Diskussion Unn das Deutschlandproblem ein. Das 80 jetis— 80 sek bt das amtliche reml— verlange eine fried K den Abschluß eines Friedensvertrages und daran erhers der deutschen Einheit, anschliegend den Abzug aller Besatzungs- truppen. Das Manifest der ostdeutschen Volkskammer sei die Antwort des deutschen Volkes auf die Washingtoner Beschlüsse. Die Washingtoner Entscheidungen seien der Be- ginn eines neuen Stadiums der amerikani- schen Pläne für einen dritten Weltkrieg. Sie Setzten sich über die Potsdamer Beschlüsse hinweg und hätten die Zerstückelung Deutschlands, die Neugründung der Ruhr- Kartelle und die Wiederaufrüstung West- deutschlands zur Folge. Das deutsche Volk werde es aber nicht zulassen, dag Deutsch- land als Hauptstützpunkt der amerikanischen Aggression in Europa benutzt werde. Ausländische Beobachter in Moskau rech- nen mit einer wichtigen diplomatischen Ak- tion des Kreml, die etwa die folgenden Vor- schläge enthalten soll: 1. Abhaltung allge- meiner und freier Wahlen mit dem Ziel der Schaffung eines geeinten Deutschland. 2. Ein- berufung einer Konferenz zur Ausarbeitung eines Friedensvertrages mit Deutschland. Nach Ansicht der ausländischen Diplomaten herrscht kein Zweifel darüber, daß dem Kreml viel daran läge, ein„deutsches San Francisco“ zu verhindern, das wie die sowWzetischen Politiker anscheinend glauben vom UsS- Außenminister Acheson ange- strebt wird. Entspannung an der Zonengrenze Fortschritte in den Handelsbesprechungen Berlin(UP). Die Ostzonenregierung soll sich, wie aus Berlin verlautet, bereit erklärt haben, mit der Unterzeichnung des Abkom- mens über den Interzonenbhandel die Behin- derungen im Straßenverkehr zwischen Berlin und dem Bundesgebiet aufzuheben, Bundes- Wirtschaftsminister Erhard äußerte sich in Bonn zuversichtlich über den Fortgang der Verhandlungen seines Ministeriums mit der Hochkommission über die Wiederaufnahme des Interzonenbhandels. Er sei der festen Uber- zeugung, daß in den nächsten Besprechungen eine restlose Klärung der ganzen Fragen möglich sein werde, erklärte Frhard. Der„Paketstau“, der seit Wochen durch die Drosselung des Interzonenpaketverkehrs in Westberlin herrschte und zeitweilig fast 100 000 Pakete umfaßte, konnte jetzt restlos beseitigt werden. Sämtliche zehn Wagen des Postzuges Berlin Hannover konnten unge- Bindert die Zonengrenze passieren; von den 24 Wagen des Gegenzuges wurden nur zwei FZurückgeschicket. Unbekannte Berliner rissen nachts an der Grenze zwischen sowjetischem und französi- schem Sektor zwei Straßensperren ein. In der Sleichen Nacht errichtete die Volkspolizei an der Grenze des US-Sektors eine neue Sperre. Aus dem Landsberger Gefängnis wurde der wegen in Malmedy begangener Kriegs- De N zu zehn Jahren Haft verurteilte USA-Hilfe in Aussicht gestellt— Aber trotz- dem eine ungeheure Belastung Washington(UP). Die Aufstellung von zehn deutschen Divisionen— die bei der Au- genministerkonferenz in Washington ins Auge gefaßt wurde, wird nach amerikanischer Schätzung etwa 20 Milliarden DM kosten. Diese Aufwendungen sollen sich über einen Zeitraum von zwei Jahren verteilen. Amerikanische Finanz- und Wirtschaftssach- verständige prüfen bereits, ob Westdeutsch- land die Kosten für die Aufstellung seines Truppenbeitrages zur Europa-Armee tragen kann, wenn es von den USA eine gewisse militärische und wirtschaftliche Hilfe erhält. Wie man aus Regierungskreisen erfährt, Wird diese Frage durchaus bejaht und der von deutscher Seite erhobene Einwand, die Bun- desrepublik könne die Zahlung von Besat- zungskosten nicht länger tragen, wenn Sie eigene Truppenkontingente aufstellen solle, als„nicht völlig stichhaltig“ angesehen. Neben dem Aufbau von deutschen Streit- kräften werde die Bundesrepublik in jedem Fall auch noch einen Teil der Ausgaben zu tragen haben, die durch die Stationierung alliierter Truppen in Westdeutschland entste- hen. Diese Besatzungskosten belaufen sich in dem am 31. März zu Ende gehenden Finanz- jahr auf 6,6 Milliarden DM. Wie verlautet, ist der amerikanische Stand- punkt zu dem deutschen Ersuchen, diese Be- lastung zu reduzieren, noch nicht endgültig festgelegt. Man vertrete jedoch die Ansicht, daß der Bundesrepublik aus dem Schutz ihrer Ostgrenze durch westliche Streitkräfte auch eine große finanzielle Verantwortlichkeit er- wachse. Um der Bonner Regierung diese schwere Belastung tragen zu helfen, werde sie unter Umständen auch durch die USA be- sonders unterstützt werden, Ohne sich auf den genauen, vom Kongreß bewilligten Betrag festzulegen, vertreten zuständige amerikani- sche Kreise die Ansicht, daß die amerikanische Hilfe bis zu 25 Prozent des Verteidigungs- budgets der Bundesrepublik ausmachen könne. In Kreisen der amerikanischen Regierung schätzt man, daß das Verteidigungsbudget der Bundesrepublik mit eirka 9 bis 10 Prozent des Brutto-Sozialproduktes angesetzt werden könne. In Frankreich und Großbritannien sei die Relation etwa dièe gleiche. Dies würde nach amerikanischen Ziffern einem finanziel- len Verteidigungsbeitrag von 12 bis 13 Mil- liarden DM entsprechen. Kompromig wuschen Adenauer und Deutscher Militärbeitrag kostet 30 Milliarden Amerikanische Wirtschaftssachverständige halten allerdings einen hohen finanziellen Verteidigungsbeitrag für nicht ganz vertret- bar. Dies würde ihrer Ansicht nach bedeuten, daß der Aufwand Westdeutschlands für die Verteidigung, gemessen am gegenwärtigen Stand, verdoppelt werden müßte. Wobei Aus- wirkungen auf den Lebensstandard nicht zu vermeiden seien. Westdeutschland habe je- doch die Wahl, entweder einer kommunisti- schen Aggression zum Opfer zu fallen oder aber unter Opfern seine Verteidigungskraft zu stärken. 5 Schon 32 Milliarden DM Besatzungskosten Tü bingen(UP). Annähernd 32 Milliar- den DM sind seit Beginn der Besetzung von Deutschland bis Ende März dieses Jahres aus dem Volkseinkommen des Bundesgebietes und Westberlins für Güter und Leistungen an die Besatzungsmächte abgezweigt worden. Dies geht aus einem Bericht des Institutes für Besatzungsfragen“ hervor, der demnächst in Buchform veröffentlicht wird. In diesem Betrag von beinahe 32 Milliarden DM sind die Demontagen, die beschlagnahmten Aus- landsguthaben, der Wert der beschlagnahm- ten Patente und Schiffe nicht enthalten. Eine Aufgliederung der Besatzungslasten ergibt, das 79 Prozent für eigentliche Besatzungs- kosten ODDienst-, Nutzungs-, Sach- und Werks- leistungen) und 21 Prozent für Besatzungs- kolgelasten(Aufwendungen für displaced per- sons, Kriegsgefangene und Zivilinternierte, Nebenkosten bei Reparationen, Abrüstungs- und Entmilitarisierungsmaßnahmen) aufge- wendet werden mußten. Die Aufteilung der Besatzungslasten auf die Bevölkerung der Bundesrepublik und Westberlins ergibt folgendes Bild: in DM pro Kopf pro Erwerbstät. 1946 115.00 284.00 1947 121.00 305.00 1948 98.00 239.00 1949 86.00 202.00 1950 96.00 210.00 1951(geschätzt) 156.00 340.00 Demgegenüber belief sich nach dem ersten Weltkrieg die Reparationsbelastung pro Ein- wohner des damaligen Deutschen Reiches nach dem Dawes-Plan auf 56 und nach dem Noung-Flan auf 51 Mark. Die deutschen Wehr-Ausgaben betrugen in der Zeit von 1927 bis 1932 jährlich 18 und 1936 rund 155 Mark pro Kopf der Bevölkerung. eee eee eee Iran paktiert nun mit dem Ostblock Ol-Abkommen mit der Sowzetunion in Vor- bereitung— Harriman übermittelt Ultimatum . ö nicht Teheran(UP). Die iranische Regierung gab offiziell bekannt, daß sie gegenwärtig die Unterzeichnung eines neuen Tauschabkom- mens mit der Sowjetunion vorbereitet, mit dessen Hilfe die Verluste ausgeglichen wer- den sollen, die Persien durch den Olverstaat- lichungsdisput mit Großbritannien erlitten hat. Zu diesem Zweck wurde bereits eine jra- nische Handelsdelegation ernannt, die mit der Sowjetunion entsprechende Verhandlungen aufnehmen soll. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, daß Polen und die Tschechoslowakei der ira- nischen Regierung versichert hätten, grohe Mengen persisches Rohél kaufen zu wollen. Diese Aktion sei— so verlautet in Teheran— „sowjetisch inspiriert“. Der amerikanische Sonderbotschafter Harri- man hat die Ubermittlung des iranischen Ulti- matums an die britische Regierung abgelehnt, wie das iranische Außenministerium bekannt- gab. Harriman erklärte in einem Schreiben an Minister präsident Mossadeg, das Ultima- tum bedeute einen Rückschritt in der Lösung des Olstreits. Es sei zwecklos, neue Verhand- lungen vorzuschlagen, solange Iran auf der Annahme seiner eigenen Vorschläge bestehe. Er, Harriman, habe selbst keine Vorschläge zu machen. Der stellvertretende iranische Premier Fa- temi erklärte hierzu, die iranische Regierung werde das Ultimatum nunmehr selbst nach London schicken. In dem Ultimatum werden die Briten aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen die Olverhandlungen auf der Grund- lage der persischen Vorschläge wieder auf- zunehmen oder aber das Land zu verlassen. Die Anglo- Iranische Glgesellschaft kün- digte 20 000 persischen Arbeitern zum Ende des Monats. Die Arbeiter waren schon seit einiger Zeit wegen der Stillegung der Raf- fmerie unbeschäftigt. Ein Sprecher der Olge- sellschaft teilte mit, die Anglo- Iranian werde vom 1. Oktober an keine untätigen Arbeiter mehr bezahlen. Die iranische Re- gierung sei von dieser Absicht in Kenntnis Sesetzt worden. Es würden nur noch die Ar- beiter in jenen Abteilungen entlohnt, die für die Instandhaltung der Raffinerie wichtig sind, sowie die in den Vorratslagern und im Arztlichen Hilfsdienst beschäftigten Perso- erl. Der italienische Ministerpräsident de Gas- peri wurde von der Universität mit der Ver- leihung des Titels eines Ehrendoktors der Rechte geehrt. Drei tschechoslowakische Staatsbürger wur- den wegen Fälschung von Lebensmittelkarten Hingerichtet. Die kanadische Regierung wird im Herbst dieses Jahres Truppen unter britischem Ober- kommando nach Nordwestdeutschland ent- senden. 5 Bundeskanzler Adenauer empfing den spa- nischen Botschafter Gonzala und den chileni- schen Generalkonsul Riccio zu einer Aus- sprache. Generaloberst a. D. Frießner, der vorläufige Vorsitzende des Verbandes deutscher Soldaten, Wird am Mittwoch mit dem SpD- Vorsitzenden Dr. Schumacher zu einer Aussprache über die Soldatenbünde in Bonn zusammentreffen. Bischof Dibelius, der Ratsvorsitzende der EKD, hat die evangelische Kirchenkonferenz für den 26. Oktober nach Berlin-Spandau ein- geladen.. s Bei einer schweren Explosion in der Shell- Raffinerie in Woodriver(COSA) fanden zwölf Arbeiter den Tod. 8 8 Wieder Verhandlungen in Korea Kommunisten schlugen Zusammenkunft vor — Erbitterte Kämpfe ohne Geländegewinn Seoul(UP). Die Kommunisten haben Ge- neral Ridgway ein Treffen alliierter und kommunistischer Verbindungsoffiziere in Pan Mun Jon, südlich Kaesong, vorgeschlagen. Der General hat dem Vorschlag unmittelbar nach seinem Bekanntwerden zugestimmt. Es ist nicht bekannt, aus welchem Grunde die Kommunisten um diese Zusammenkunft gebeten haben, man vermutet jedoch, daß die- ses Treffen zu einem Wendepunkt in den Waffenstillstandsverhandlungen werden kann. Die Kommunisten schlugen diese Zusammen- kunft vor, nachdem sie die Alliierten angeb- lich der 12. Verletzung der neutralen Ver- Handlungszone von Kaesong beschuldigt hat- ten. Vier Soldaten der UN- Truppen sollen in das Gebiet der neutralen Zone eingedrungen sein. Das Hauptquartier der UN hatte zuvor er- klärt, die Alliierten seien bereit, die Verein- barungen über die Neutralität von Kaesong Schriftlich zu fixieren, wenn dadurch die Waf- kenstillstandsverhandlungen wieder in Gang gebracht werden könnten. Gleichzeitig wurde in dem alliierten Kommuniqué aber betont: „Eine Wiederaufnahme der Verhandlungen ist solange nicht möglich, als die Kommunisten nicht die von ihnen am 23. August angeord- nete Unterbrechung der Waffenstillstandspe- sprechungen beenden.“ Längs der gesamten, rund 130 Kilometer langen Ostfront, zwischen Chorwon und Kan- son, kam es zu heftigen Gefechten. Ein ein- geschlossener chinesischer Truppen verband Hat im Gebiet von Chorwon zwei UN-Angriffe abgeschlagen. Obwohl von alliierter Seite mit Flammenwerfern gegen die Kommunisten vorgegangen wurde, und es verschiedentlich zu erbitterten Nahkämpfen kam, gaben die Kommunisten nahezu an keinem Punkt der Kampffront Gelände auf. Kühle Aufnahme der UN-Vorschläge Flüchtlingsprogramm für Palästina Paris(UP). Die Vorschläge der Palä- stina-Versöhnungskommission der UN haben sowohl bei den arabischen als auch bei der israelischen Delegation eine recht kühle Auf- nahme gefunden. Im Mittelpunkt der Vor- schläge, die eine endgültige Friedensregelung zwischen den arabischen Staaten und Israel vorsehen, steht ein Plan für die Rückfüh- rung von ungefähr einer Million arabischer Flüchtlinge nach Israel. Nach diesem Plan soll Israel 200 000 arabische Flüchtlinge wieder aufnehmen, wäbrend 600 000 Flüchtlinge auf der Halbinsel Sinai, in der Cyrenaika, Syrien und im Irak neu angesiedelt werden sollen. Außerdem werden in den Vorschlägen die Zukunft Jerusalems, die endgültigen Grenzen Israels und die Wiederherstellung normaler Wirtschaftlicher Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten behandelt. Der Chef der syrischen Delegation und stell- vertretende Generalsekretär der Arabischen Liga, Achmed Schukrei, sagte einem U- Korrespondenten, das Programm der UN- Palästinakommission werde nicht zu einem Positiven Ergebnis führen. Im übrigen lehnen es die arabischen Staaten ab, die wirtschaft- liche Sicherheit Israels zu garantieren, da Is- rael behaupte, ein souveräner Staat zu sein, und sich daher selbst um diese kümmern müsse. Die israelische Delegation lehnte es ab, die Friedensvorschläge der Palästina- kommission entgegenzunehmen. Eine chinesische Kulturmission wird im Laufe des Oktobers in Indien erwartet, wie 55 Jawaharlal Nehru bekannt- 1 9 5 Vermittlungs-Ausschuß tritt zusammen Kommunistische Streikspende abgelehnt Frankfurt(UP). Der neugebildete Ver- mittlungsausschuß im hessischen Metallarbei- terstreik wird nach einer Verlautbarung aus Gewerkschaftskreisen am Dienstag in Schön- berg im Taunus zusammentreffen, um einen Vermittlungsvorschlag für den hessischen Me- tallarbeiterstreik auszuarbeiten. Der Aus- schuß, der aus je drei Beisitzern der Sozial- partner, zwei Unparteiischen und dem Hei- delberger Arbeitsrechtler, Professor Sitzler als Vorsitzender, zusammengesetzt ist, wurde bekanntlich auf Initiative des hessischen Mi- nister präsidenten Zinn geschaffen. Die Industriegewerkschaft Metall hat beim hessischen Innenminister Zinnkann gegen den Masseneinsatz von Polizeikräften protestiert. Unmittelbaren Anlaß zu diesem Protest gab das Erscheinen von annähernd 300 Beamten der hessischen Landespolizei bei den Opel- werken in Rüsselsheim. Mit insgesamt zehn Mannschaftswagen seien diese Einheiten vor dem Werksgelände aufgefahren. Die Industriegewerkschaft Metall lehnte die 1000-Mark-Spende des KPD- Vorsitzen- den Mar Reimann zur Unterstützung der bessischen Metallarbeiter ab und bezeichnete diese hre Haltung als eine grundsätzliche Antwort auf die kommunistischen“ Bemü- hungen in diesem Streik. Schönberg/ Taunus(UP). Der hier tagende neunköpfige Vermittlungsausschuß im hessischen Metallarbeiterstreik ist nach zwölf- stündiger Verhandlung noch zu keinem posi- tiven Ergebnis gekommen. 8 150 000 Mann in der Lüneburger Heide Manöver der Atlantik- Streitkräfte Hannover(UP). Land- und Seestreit- Kräfte der Atlantikpakt-Staaten halten zur Zeit ihre großen Herbstmenöver ab. In der Lüneburger Heide stehen sich 150 000 bri- tische, französische, amerikanische, hollän- dische, belgische und dänische Soldaten ge- genüber. An den Ubungen nehmen auch 7500 Deutsche, die der„German service or- ganisation“ angehören, in neuen grünen Uni- formen als Arbeits- und Transporteinheiten sowie als Techniker teil. Der Oberbefehls- baber der Atlantik- Streitkräfte, General Eisenhower, ist zur Besichtigung der Man- Ver auf dem Militärflugplatz Wunstorf ein- getroffen, Wo er von hohen, britischen Offizie- ren begrüßt wurde. Der Ministerpräsident g von Niedersachsen und Bundesratspräsident, Kopf, wird mit mehreren Mitgliedern seines Kabinetts bei den Manövern zugegen sein. Im Kattegatt und Skagerrak begannen die größten Seemanöver, die jemals dort ver- anstaltet wurden. an den„Operationen“ nehmen Flotteneinheiten Großbritanniens, Norwegens und Dänemarks teil. Auf dem Us-Atomwaffen-Versuchsgelände in der Wüste von Nevada werden in Kürze ebenfalls Manöver stattfinden. Dabei Soll zum ersten Mal auch der taktische Einsatz von Atomwaffen geübt werden. Man nimmt an, daß bei den Manövern, an denen sich 12000 Mann beteiligen, Artillerie- Granaten und ferngelenkte Geschosse mit Atom- Sprengladungen ausprobiert werden. Flugverkehr Rom-Prag verboten ROm(UP). Wie in Rom bekanntgegeben wurde, hat die Tschechoslowakei den plan- mäßigen Anflug von Prag durch die italieni- sche uftverkehrsgesellschaft„Aviolinee riunite“ verboten. Der letzte planmäßige Flug von Triest über Wien nach Prag wurde auf dem Flughafen Linz unterbrochen; das Flug- zeug wurde zurückgerufen. Es wird angenom- men, daß die tschechische Anordnung nicht als Gegenmaßnahme auf die Schließung des tschechoslowakischen Konsulats in Mailand. sondern auf das von den Westalliierten er- gangene Verbot des Uberfliegens von west⸗ deutschem Gebiet durch tschechoslowakische lugzeuge zurückzuführen ist. Mordprozeß gegen SS-Offizier BO IO gn a(UP). Vor einem italienischen Mi- Utärgericht in Bologna begann der Prozeß ge- gen den ehemaligen SS-Standartenführer Walter Reder, der beschuldigt wird, für den Tod von 2750 italienischen Zivilpersonen ver- antwortlich zu sein. Der Angeklagte soll als Chef einer SsS-Panzergrenadierdivision im Sommer 1944 die vollständige Vernichtung des toskanischen Dorfes Marzabotto befohlen haben. Dabei sollen als Vergeltung für einen Partisanenangriff, bei dem 17 deutsche Sol- daten getötet und weitere zwei verwundet Wurden, 1830 Frauen und Kinder erschossen worden sein. Außerdem sollen auf dem Plat- vor der Kirche des Dorfes Santa Anna di Staz- zema 560 Einwohner mit Handgranaten um- gebracht worden sein. Der Angeklagte macht demgegenüber geltend, daß er nur Befehle höherer Stellen ausgeführt habe. Die Hinrichtung des portoricanischen Na- tionalisten Collazo, der bei dem Attentatsver- such auf Präsident Truman maßgebend betei- ligt war, ist auf den 1. Februar verschoben Worden, da der Fall vom US-Appellationsge- richt immer. noch nicht entschieden ist. In einer Olraffinerie bei Göteborg ereignete sich eine Explosion, bei der ein Arbeiter ge- tötet und fünf schwer verletzt wurden. Mrs. Melinda MacLean, die plötzlich ver schwunden war, ist nun wieder aufgetaucht und auf dem Luftwege in London eingetroffen. Robert Lovett wurde auf sein neues Amt als Verteidigungsminister der USA vereidigt. Ein französischer Truppentransporter mit vietnamesischen Soldaten an Bord lief etwa 35 Kilometer südwestlich von Saigon auf eine Mine und sank. Etwa 50 Soldaten kamen ums Leben; 60 wurden verletzt. 15 Leichen der Insassen des französischen Verkehrsflugzeugs vom Typ Dakota, das mit 39 Personen an Bord auf dem Flug von Frank- reich nach Afrika verschwand, sind im Mittel- meer gefunden worden. Generalissimus Franco soll, wie gerüch Weise aus Madrid verlautet, in den nächsten Tagen mit dem spanischen Thronanw Don Juan vermutlich auf hoher See eine 2 sammenkunft haben. 5 3 4 10 2²