Neckar-Bote(2. Blatt) Freitag, 14. Mai 1954 s Mietwohnungen Neuregelung fü rung Der Gesetz Bonn(E. Bu 5 Vieldis Der rungsentwurf für das neue W. Familiengesetz ist nach der einstim ligung durch das Bundeskabinett d at zugegangen. Die Ländervertr die Wohnungsbaunovelle am 21. deln. 5 Die Bundesregierung betont in der Begrün- dung ihrer Vorlage, daß sie nicht nur zahl- reiche Vorschläge des von der CDU einge- brachten besonderen Familienheimgesetzes berücksichtigt habe, sondern in einzelnen Fäl- len sogar noch weit darüber hinaus ngen sei. Die Bundesregierung müsse jedoch starre dirigistische Maßnahmen für den Bau von Eigenheimen und Kleinsiedlungen ablehnen. Am Anfang der Verwurzelung weiter Kreise der Bevölkerung mit dem heimatlichen Boden sollte nach Auffassung der Bundesregierung nicht staatlicher Zwang stehen, sondern der Wille des einzelnen zum eigenen Heim für seine Familie und seine darauf gerichtete Sparleistung. Die Frage starrer Mindestkontingente für den Bau von Familienheimen hatte zu Mei- nungsverschiedenheiten zwischen dem CDU- Bundestag meten Lücke und Bundes- wohnung ister Preusker geführt, der den Regier entwurf ausarbeiten lieg. Lücke hält hartnäckig an dem CDU-Entwurf fest, der unter anderem vorschreibt, daß 70 bis 80 Pro- zent der öffentlichen Mittel dem Eigenheim- bau zugute kommen sollen. Erst eine Aus- sprache zwischen Dehler und Adenauer brachte die Bestätigung, daß auch der Kanzler zu dem vom Kabinett einstimmig gebilligten Fntwurf Preuskers steht. Trotzdem ist damit zu rechnen, daß beide Vorlagen im Bundestag noch heftig umstritten werden. Die Novelle Preuskers enthält vor allem kolgende Neuerungen: 1. Vom Jahre 1955 an ist der Ubergang zu den an die effektiven Kosten gebundenen Mieten(Kostenmiete) an- stelle der bisher an starre Richtsätze gebun- denen Mieten vorgesehen. 2. Die Leistung ver- lorener Baukostenzuschüsse wird ausnahmslos umtersagt. 3. Eigenheime, Kleinsiedlumgen, Kaufeigenheime und Eigentumswohnungen sollen den Vorrang vor Mietwohnungen ba- ben. Eigenheime und Kleinsiedlungen werden wird Mai behan- stung eo nur gefördert, wenn sie als Familienheime er- richtet werden. Der Bund stellt für die Vorfinanzierung der Eigenleistung der Bauherrn von Familienhei- men Sonderkredite von 50 Millionen DM zur Verfügung. Bei Aufbringung von 30 Prozent der Gesamtkosten wird ein Rechtsanspruch auf Bewilligung eines öffentlichen Vorrang- darlehens gewährt. Ferner sind unter ande- rem Familienzusatzdarlehen vorgesehen. Im Zusammenhang mit dem geplanten Ubergang zur Kostenmiete weist die Bumdes- regierung darauf hin, daß es für die zwischen 1949 und 1953 errichteten Wohnungen des so- zialen Wohnungsbaues auch künftig bei den bisher festgesetzten Mieten bleiben werde. Auch die durchschnittliche Miete der bis Mitte 1948 bezugsfertig gewordenen Wohnungen Werde ungeachtet der noch geplanten Miet- anpassungsmaßnahmen unter den Richtsatz- mieten liegen oder höchstens an dieses Niveau heranreichen. Grundsätzlich sollen die von der öffent- lichen Hand geförderten Mietwohnungen in erster Linje für die Bevölkerungsschichten mit geringerem Einkommen gebaut werden und demzufolge eine verbilligte Miete auf- weisen, Das öffentliche Baudarlehen muß nach dem neuen Gesetz in diesen Fällen so ver- wendet werden, daß sich eine Kostenmiete ergibt, die auch für die geringer verdienenden Bevölkerungskreise tragbar ist. Aus diesen Erwägungen heraus sieht die Novelle vor, daß die Bereitstellung von min- destens je 500 Millionen DM. jährlich aus Bundeshaushaltsmitteln ür den sozialen Woh- auch noch im Haushaltsjahr 1957 Wird. Dieser Jahresbeitrag soll nden Jahren um je zehn kürzt werden. Vom Jahr 1958 an ddt e Rückflüsse aus den bis dahin aus- n Bundesdarlehen auf den sich all- vag von 500 Millio- chnet werden. Uberprüfung der Richtlinien für Staatskredlite haftsminister Dr. Veit zum Fali Staufer ndschutz- Kommission beabsichtigt t(ZS. Im Mittelpunkt der de. tembergischen sere batte über das 1 der Gew ährung von urch den Fall Staufer tung einer großen CDU-An- tschaftsminister Dr. Veit, nien und Arbeitsmethoden der jerbeförderung, von wenigen en abgesehen, zu guten Ergebnissen ad Die Verlustquote übersteige Bankinstitute. Sobald die Er- — gef ührt t kaum die der mittlungen im Kreditfall Staufer abgeschlos- werde sein Ministerium selbstver- h die Grundsätze und Methoden bei der Gewährung von Staatskrediten und not- falls auch die Richtlinien für die staatliche Gewerbeförderung überprüfen, Der Minister teilte mit, daß die Verhandlungen mit den Konkursverwaltern und den Gläubigern der Staufer-GmbfH. über die Verwertung der in Kehl errichteten Neuanlage im Gange seien. Es seien auch bereits Interessenten für diese Objekte vorhanden. Dr. Veit betonte, das ihm bisher bekannte Untersuchungsergebnis im Kreditfall Staufer enthalte nichts, was ihn dazu veranlassen könnte, gegen die am Be- Willigungsverfahren beteiligten Beamten und Angestellten seines Ministeriums disziplinare Maßnahmen einzuleiten. Auf Antrag des SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Alex Möller beschloß der Landtag schließ- lich mit Mehrheit, den Finanzausschuß mit einer Uberprüfung der Bewilligungsrichtlinien für Staatskredite zu beauftragen. In der De- batte vertraten die Sp der Fraktionen im allgemeinen die Ansicht, daß der Fall Staufer nicht dazu führen dürfe, die Gewäh- rung von Staatskrediten nun einzustellen, Da der Kapitalmarkt ausreichende Kredite noch nicht zur Verfügung stellen könne, müsse der Staat weiter! kür die Förderung der Wirtschaft bereitstellen. In Beantwortung einer Großen Anfrage der SPD gab Arbeitsminister Ermin Hohlwegler bekannt, daß lediglich das Staatsministerium, das Fimanz ministerium, Landwirtschaftsmini- sterium und das Arbeitsministerium der ge- setzlichen Verpflichtung zur Besetzung von mindestens 10 Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbeschädigten nachgekommen seien. Der Minister versicherte, daß sich die übrigen Mi- misterien bemühen würden, freie Stellen mit geeigneten Schwerbeschädigten zu besetzen. Arbeitsminister Hohlwegler teilte auf eine Kleine Anfrage eines SPD-Abgeordneten mit, daß gegenwärtig ernsthaft erwogen werde, ob nicht im ganzen Lande Baden- Württemberg sogenannte Jugendschutzkommissionen ins Leben gerufen werden sollen. Er wies darauf hin, daß die strafrechtliche Verfolgung von Verstößen gegen Bestimmungen des Jugend- Sen seien, ständli schutzgesetzes im allgemeinen sehr schwie- rig sei, weil die Jugendlichen bei wahrheits- getreuen Aussagen oft der Gefahr einer schlechten Behandlung durch den Arbeitgeber ausgesetzt seien. Hohlwegler vertrat die An- sicht, daß die Gerichte bei Verstößen gegen das qugendschutzgesetz schärfer vorgehen soll- ten. Das Plenum behandelte ferner eine Große Anfrage über Einzelhandelspreise für Früh- und Frischgemüse und stimmte mehreren Ausschußganträgen zu. In zweiter Lesung be- riet das Haus den Untwurf eines Gesetzes — über die Aufhebunę den Kleinhandel n maligen Landes Bae r Erlaubnispflicht für er im Bereich des ehe- den. Zu Beginn der Sitzung gedachte der Land- tag des kürzlich verstorbenen Freiburger Erz- bischofs Dr. Wendelin Rauch. In der nächsten Landtagssitzung, am 19. Mai, wird Finanz- minister Dr. Karl Frank seine Etatrede halten. Schwetzinger Festspiele eröffnet Mit der Aufführung von Benjamin Brittens Oper„Der Raub der Lukrezia“ durch die Eng- Iish Opera Group London“ sind die diesjähri- gen„Schwetzinger Festspiele“ im Schwetzin- Ser Schloß eröffnet worden. Die Festspiele, die am 6. Juni beendet werden, veranstaltet der Süddeutsche Rundfunk. Sie stehen unter der Gesamtleitung von zt Martin, dem Leiter der Sendestelle berg-Mannbeim des SDR. Durch die H 1 Ung englischer, fran- Zzösischer und Schweizer Künstler wird in die- sem Jahre zum Male versucht, den Schwetzinger Fests eine internationale Note zu geben. 5 ch 2U sagen, äglich einem allzu Iterher gedacht wird, Verwünschungen, N. Derjenige freilich, hört von all dem e Ul rer Hir ungezählt die die sich daran ans dem 1 nich braust Die Jagd hinter der Zeit gi“ ͤ a immerhin als gewinnbringend und sportlich zugleich. ISI sie es wirklich? Wie oft findet solche„sport- liche“ Eile ein jähes Ende, wenn etwa sich Motorrad oder Wagen mit geradezu verblüf- fender Geschicklichkeit um einen Chaussee- baum wickeln Das Sprichwort„Eile mit Weilel“, in einer völlig un motorisierten Zeit erfunden, hat im heutigen Straßenverkehr eine größere Bedeu- tung, als man annimmt. Lohnt es sich wirk- lich, wegen eines knappen Zeitgewinms, der kaum als solcher angesprochen zu werden verdient, das eigene Leben und das anderer rücksichtslos aufs Spiel zu setzen? Wohl jeder Vernunftsmensch wird zugeben müssen, daß unvernünftige Raserei im Straßenverkehr ab- solut keinen Gewinn bedeutet. Sich verant- Wortungsbewußt in den übrigen Verkehr ein- zufügen ist ein menschliches Problem. Die Verkehrssicherheitswochen, die die Arbeits- gemeinschaft für Verkehrssicherheit unter der Schirmherrschaft des Bundesministers für Verkehr in der Zeit vom 23. Mai bis 5. Juni 1954 durchführt, sollen mit dazu beitragen, in allen Verkehrsteilnehmern dieses Verant- Wortungsbewußtsein zu Wecken. Rennfahrer Hans Hermann verunglückt Olschlauch des Rennwagens platzte während einer Trainingsfahrt Hockenheim dsw). Der junge Stuttgar- ter Rennfahrer Hans Hermann, der erst vor wenigen Tagen einen überlegenen Klassen- sieg für Porsche bei der Mille Miglia heraus- fuhr, ist bei Frainingsfahrten der Mercedes- Benz-Werke auf dem Hockenheimring ver- unglückt. Der Formel-Renn- Wagen prallte an eine Hauswand und wurde schwer beschädigt. Hermann selbst erlitt starke Verbrennungen an den Beinen und Prellungen am Brustkorb. Er wurde sofort ins Krankenhaus nach Hockenheim eingeliefert. Nach Rücksprache von Rennleiter Alfred Neubauer mit einem Stuttgarter Arzt wurde dann der verunglückte Rennfahrer in ein Stuttgarter Krankenhaus übergeführt. Es besteht nach einer Infor- mation keine Lebensgefahr. Uber den Hergang des Unfalls wurden fol- gende Einzelheiten bekannt. Seit Dienstag trainierte Mercedes auf dem Hockenheimring mit dem neuen Formelrennwagen, der ab- Wechslungsweise von Kling und Hermann ge- steuert wurde. Die Fahrten verliefen bis zum Zeitpunkt des Unfalls zur vollen Zufrieden- heit. Am Mittwoch nachmittag, als Hermann sich 200 m vor der Stadtkurve befand, platzte Plötzlich der Olschlauch und die kochend heiße Flüssigkeit ergoß sich über die Beine Her- manns. Infolge der rasenden Schmerzen konnte er das Bremspedal nicht mehr betä- tigen. Um einen Unfall in der Stadtkurve zu vermeiden, steuerte Hermann den Formel- renmwagen noch geistesgegenwärtig in einen geradeaus führenden Weg aus der Renn- strecke heraus. Dieser Weg endete nach 150 Meter in einer Hauptverkehrsstraße, auf der Hermann dann seinen Wagen hätte zum Hal- ten bringen können. Mit großer Geschwindig- keit raste der Rennwagen, ehe er die Haupt- straße erreicht hatte, die ersten Häuserreihen von Hockenheim entlang. Beinahe hätte Her- mammn das rettende Ziel, die Hauptverkehrs- straße erreicht, als urplötzlich aus einer Sei- tenstraße zwei Radfahrerinnen herausfuh- ren. Um sie nicht zu überfahren, riß Hermanm seinen Rennwagen nach links herum. Der Wa- gen drehte sich mehrmals um die eigene Achse, prallte dann gegen eine Hauswand und blieb schwer beschädigt liegen. Kurz vor dem Anprall wurde Hermann herausge- schleudert, so daß er vor noch schwereren Verletzungen, vor allen Dingen durch das heraussprühende Ol, bewahrt blieb. Reiter-Wettbewerbe in Stockholm Die Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees GOc) hat in Athen mit Mehrheit beschlossen, die Reiter-Wettbewerbe der Olympischen Spiele 1956 in Stockholm ab- zuhalten. Neben Stockholm hatten sich noch Pa- ris, Rio de Janeiro, Berlin, Los Angeles, Buenos Aires und London darum beworben, die Reiter- Konkurrenzen zu veranstalten, nachdem zu Be- ginn der Woche beschlossen worden war, die Wettkämpfe wegen der australischen Quaran- täne- Gesetze außerhalb Australiens auszutragen. Von 47 anwesenden Delegierten stimmten 25 für Stockholm. Zehn waren für Paris, acht für Rio de Janeiro, je zwei für Berlin und Los Angeles. Die Wettkämpfe in Stockholm sollen Ende Juni/ Anfang Juli ausgetragen werden. BMW stellte Langstreckenrekorde auf Mit einer serienmäßigen Rennsportmaschine vom Typ„RS“ hat die aus den Fahrern Georg und Hans Meier sowie Walter Zeller bestehende BMW- Mannschaft auf der Rennbahn von Linas Monthlery bei Paris eine Anzahl von interna- tionalen Langstreckenrekorden aufgestellt. In- nerhalb von neun Stunden eine Durchschnittsge- wurde auf dem 2,6 km langen Rundkurs eine Durchschnitts geschwindigkeit von 166,64 und in- nerhalb von neun Studen eine Durchschnittsge- schwindigkeit von 165,40 km/ Std. eingehalten. Die neuen Bestleistungen gelten in den Klassen bis 500, bis 750 und bis 1000 cem. Für die Re- kordfahrt war die BMW„RS“ mit einer wind- schlüpfrigen Verschalung versehen worden. Der Wegz —.—— ROMAN ile Elk Von ANNE 040 Copyright by Cosmopress, Genf, durch Verlag v. Graberg& Görg, Wiesbaden (14. Fortsetzung) Die Vorgänge auf der Leinwand ihn nicht interessiert, ganz überraschend, mußte er Abend mit Suzanne denken. an Damals, spannte Erwartung verflogen. Nein, Grunde interessierte er sich nicht fremde Frauen. Eigentlich war unruhigendes Zeichen,— vielleicht eine Alterserscheinung? Unsinn, ich bin eben nur in meine eigene Frau verliebt,— sogar rettungslos! Der Film war noch nicht 2u Ende, auf und drängte sich durch die Stuhlreihen hindurch. Nein, er empfangen, Nur Wollte er vorlesen. Aber sie sollte auch wissen, daß sich eine Andere für seine Was be- deutete sie ihm? Nichts als ein Flirt, eine an- aber Charles sprang nicht allein sein und für sie, Wollte seinen Gast Suzanne sollte dabei für sj e, Arbeit interessiert. Die andere, genehme Selbstbestätigung! Gut gelaunt war er hierher gefahren, um Suzanne zu bitten, mit ihm heimzukommen, und natürlich war sie fort! Wie immer hatte zu tun, wie immer wie — genau 50 sinnlos wWẽiäe damals, als sie ihm einfach von Nizza wegfuhr. Eine große Verbitterung stieg sie Unaufschiebbares waren ihr die Fremden wichtiger, immer ließ sie ihn allein! Sinnlos, in ihm auf. Rarenski war das Schweigen peinlich ge- „Darf ich die Herren miteinander Worden: bekanntmachen?“ Der blasse junge Mann hatte eine Ver- beugung gemacht. Er reichte Herrn de Beau- lieu die Hand, aber noch immer dachte er hatten aber auf einmal, einen da saßen sie Hand in Hand im Kino und, Herr- gott, Suzanne! Im Grunde ist sie ja doch mein Geschöpf! Was ging ihn eigentlich diese Ma- ring Revillac an? Plötzlich war die hochge- im mehr für das ein be- daran, daß Madame Pasquier gestorben war und daß deshalb die blauen Augen so trau- rig Waren. Karenski holte einen Stuhl. Er wußte nicht recht, was er mit Charles anfangen sollte: „Wollen Sie nicht Platz nehmen?“ Suzanne kommt ja doch nicht, auf was Warte ich eigentlich noch? fragte sich Beau- lieu und;„Ich habe heute Abend einen Gast“, sagte er ohne jeden Zusammenhang und Setzte sich doch. „Darf ich fragen, woran Sie augenblicklich arbeiten?“ Karenski bemühte sich, den an- deren in ein Gespräch zu ziehen. „Ich beabsichtige, ein Theaterstück zu schreiben.“ Wieder blickte Charles zur Tür: ob Suzanne vielleicht doch noch.. „Aba, ein Theaterstück“, nickte Karenski. „Du hast doch auch einmal an einem Thea- terstück gearbeitet“, sagte Ripert. Charles zuckte zusammen: hoppla, da war es Wieder, Karenski's Theaterstück! „Niemals hast du mir erlaubt, es zu lesen“, fuhr Ripert lebhaft fort.„Es sei nicht fertig, es sei schlecht, immer hattest du eine andere Ausrede.“ „Damals war es ja auch noch nicht fertig. Und überhaupt...“ Karenski's struppiger Schnauzbart machte einen recht beschämten Eindruck:„.. und überhaupt, es ist nichts geworden,— nichts als eine private Spielerei von mir. Aber. „Könnte ich Ihr Stück nicht lesen?“ Char- les War ihm plötzlich ins Wort gefallen:„Ich interessiere mich sehr dafür, würden Sie es mir nicht gestatten?“ Karenski wehrte sich: er sei nur ein Dilet- tant,— nein, mit so etwas wolle er nieman- den belästigen.. Er genierte sich, und doch freute er sich ein wenig über das Interesse, das man ihm zeigte. f Aber Charles lieg nicht locker: nun hatte er es sich in den Kopf gesetzt, dieses Stück, an das er schon die ganze Zeit über denken mußte, zu lesen. Ganz gegen seinen Willen faßten Karenski's vom vielen Waschen auf- Sesprungene Finger nach dem Heft. sagte er kurz: Und 1 ritt e 10h. 28 Ihnen bald wieder zurück“, sagte er und stand auf. An der Tür blieb er nochmals stehen: ob Suzanne vielleicht doch noch kommt... 2 Aber dann ging er,— es War ein etwas unvermittelter Aufbruch. *** Die Uhr auf dem Kamin schlug neun. Charles überhörte den hellen Klang; er las obne aufzublicken, so sehr stand er unter dem Eindruck von Karenski's Theaterstück, das ihn ganz gefangennahm. Und als es an der Tür klingelte, hätte er es fast überhört. Er öffnete, doch es kam ihm kaum zum Be- wußtsein, dag Marina nicht allein gekom- men war. Vor dem Spiegel strich sie ihr glattes, rotes Haar zurück; es fiel ihr sogleich auf, dag Charles verändert war. Komisch, er schien nicht einmal zu bemerken, daß sie den klei- nen Dicken mitgebracht hatte. Warum ärgert er sich nicht darüber? Marina klemmte die Handtasche unter den Arm und hinter ihr polterte der Regisseur ins Wohnzimmer. Charles drehte die Deckenbeleuchtung ab; nur seine Hände blieben von der Schreib- tischlampe hell beleuchtet:„Ich lese aus einem Roman von mir“, sagte er,— seine Stimme klang abwesend. Zögernd blätterte er in einem dicken Manuskript, doch er be- gann nicht. Was hat er nur? Marina sah ihn etwas verwundert an. Plötzlich, wie schlaf wandelnd, griff Charles nach einem unscheinbaren Heft. Tastend fuhren die Finger über den karierten Ein- band:„Oder soll ich vielleicht.?“ Er räusperte sich:„.. oder soll ich vielleicht doch lieber ein Theaterstück lesen?“ Und wie unter einem Zwang schlug er den graukarier- ten Deckel auf. Marina hatte das Gefühl, als wollten sich die Hände auf dem Schreibtisch gegen etwas wehren und daß der Mann, der dort vorge- neigt saß, noch immer zögerte. Aber schon richtete sich Charles auf:„Ich beginne, „ich kange an mit einem —r.— Drama unserer Zeit in drei Akten, Namen.“ 5 „Da bin ich aber sehr gespannt“, warf der Regisseur ein und schlug die kurzen dicken Beinchen übereinander. „Das Vorspiel“, sagte Charles fast feier- lich und blätterte die erste Seite um:„Bevor der Vorhang hochgeht, hört man das Pausen- zeichen des englischen Senders.“ begann er zu lesen und seine Finger klopften Tam, tam, tam— tam, den Takt dazu. Die kleine Standuhr auf dem Kamin schlug elf,— es waren elf zarte, schwingende Töne als Charles de Beaulieu zur letzten Seite um- blätterte. Seine Stimme war leise und e füllte sie den Raum. Er wußte nicht, was um ihn herum Vor- ging, auch nicht, daß ihm seine beiden Zu- hörer wie unter einem Bann folgten. Marina Revillac sah sein Gesicht nur un- deutlich: es schwamm unklar hinter Tränen, die ihr immer wieder in die Augen stiegen. Charles las einfach und ohne Pathos. Noch- mals hob sich seine Stimme ein wenig:„Es bleibt uns sonst nichts,— nur eines: trotz allem was geschehen ist, trotz allem nicht den Glauben an die Menschheit zu verlieren. Vielleicht werden sie in einer fernen Zeit be- greifen, daß leben— lieben ist!“, 5 Langsam schloß er den grauen Deckel, und es War Marina, als flele mit diesem unschein- 8 baren Einband der Vorhang. Zusammenge- kauert saß sie da und hatte das Empfinden, daß sie selbst oben auf der Bühne stehe, daß sie diese Sylvia nicht nur soeben gespielt, sondern ihr Schicksal erlebt und erlitten habe. Erst als Charles den Stuhl wegschodd und aufstand, kam sie wieder hier in das Zimmer zurück. Nun polterte der kleine Regisseur 2 überschüttete Charles mit Superlativen: ist das Stück, das wir suchen, 0 phänomenal! Diese Spannung, diser 5 bau, die Schönheit der Sprache— und nicht — Ohne zu vergessen die Regiemöglichkeiten! Das ist der große Erfolg!“ rief er enthusiastisch:„Sie sind ein dramatisches Genie, ulfeul“ Gerte 0 6 5 5 1 4 Friedrich von Keller(1840—1914): Der Steinbrucharbeiter „den das flu- Leben in einer Ur. 45 m Ja mem Bild LZwerks nem Scl Wirken fand Adolf Menzel im deutschen Süden einen Wegg Ex Problem rischer Gestal der Technik rollte un sche Wei- Se 2zu lösen suchte, es War der Schwabe Der, der 191 unentwirrbaren Fül- 1e von Erscheinun- Nicht nur die Liebe vom Zigeuner stammet Eine asiatische Rasse im europäischen Raum— Sitte und Tradition eines Wandervolkes Braunhäutig, mit schwarzen Haaren und in buntgeflickte, lumpige Kleider gehüllt, ziehen die Zigeuner von Dorf zu Dorf. Vor ihren Wohnwagen, in dem sich der gesamte Haus- rat befindet, ist ein magerer Klepper gespannt und ein zotteliger Hund, meist unbekannter Rasse, läuft mit lautem Gebell voraus. Dieses oder ein ähnliches Bild hat jeder vor Augen, der einmal einem solchen Zug wan- dernder Zigeuner begegnet ist. Damit verbin- fen sich die Vorstellungen von Wahrsagerei, Diebstahl, Schmutz, Ungeziefer, Bettelei, aber auch von wilder, leidenschaftlicher Zigeuner- musik, von Romantik und Freiheit. Woher kommen die Zigeuner eigentlich? Lange Zeit konnte niemand etwas Bestimmtes darüber sagen, da die Zigeuner es entweder selbst nicht wissen oder nicht darüber reden. So ist auch die im 18. Jahrhundert von einem ungarischen Studenten nach eingehenden For- schungen aufgestellte Vermutung, die Zigeu- ner kämen aus Indien, nicht ganz sicher. Fest steht jedenfalls, daß sie arischer Rasse sind. Nach dieser These zogen etwa 10 000 Luren, wie sie dort genannt wurden, von Indien ins Dersische Land, wo sie sich vorübergehend nie- derliegen. Noch heute erinnert dort eine Pro- vinz mit Namen Luristan an ihren Aufenthalt. Der Schah von Persien wies die Luren wieder Aus, da sie seine Geschenke— Zucht- und Ar- deitstiere, Samen zur Feldbestellung— ver- zehrten und die Felder brachliegen ließen. Von da an ist eine Trennung in Zwei Grup- den festzustellen, die eine zog über Agypten, Nordafrika nach Marokko, von wo sie nach Spanien übersetzte und zum erstenmal euro- päischen Boden betrat. Die andere Gruppe nahm ihren Weg über die Türkei, Griechenland zum Balkan und von da aus weiter nach Nord- und Nordosteuropa. Unterwegs wurden einige 1 seßzhaft oder blieben wenigstens im Nirgendwo waren freilich die Zigeuner gern gesehene Gäste. Ihre von den Gastvölkern nicht geschätzten schlechten Eigenschaften Wa- ten immer wieder Anlaß zu Verfolgungen. Der Blick des Zigeuners, der unruhige, etwas ängst- che, mißgtrauische Blick des Gejagten, ist ein isches Merkmal seiner Rasse. Die Charaktereigenschaften und Gewohn- Beiten sind unbedingt mit anderen Maßstäben zu messen als mit den gewohnten europä- ischen. Stehlen für den Lebensunterhalt gilt nun Meereswasser aus der Retorte Weltunternehmen in einem Stuttgarter Keller Im Kellergeschoß eines Mietshauses in Stutt- Fart- Degerloch weist ein Türschild zum Chemisch- Aduarischen- Laboratorium“, Das ſet der Familienbetrieb des 80 jährigen Aqua- rienfreundes Heinrich Dobelmann— ein in der ganzen Welt einzigartiger Betrieb. In einem winzigen Laboratorium schauen die lee- ren Augenhöhlen eines Totenkopfes auf Regale mit Pülverchen, Reagenzien, Retorten, Bun- senbrenner und Glaskolben. Hier stellt Hein- rich Dobelmann Meerwasser her— genauer Zesagt, Meeressalz- Mischungen, die in ihren Zusammensetzungen dem natürlichen Meer- Wasser ähnlich sind. Das Salz wird in Quell- Wasser angesetzt und ermöglicht es jedem Aquariumbesitzer, auch wenn er noch so weit im Binnenlande wohnt, innerhalb von 24 Stun- den Nordsee- oder Mittelmeer wasser herzu- stellen. Und wenn ein Aquarienfreund in Israel Wohnt, oder in Argentinien, in Bolivien, in Schweden, Südafrika oder Australien— er wendet sich nach Stuttgart, wenn er Meerwas- ser braucht oder Sauerstoffkörper, Fischpara- sitenbekämpfungsmittel und Filter-Glaswatte. Unten im Keller werden Pakete gepackt und in alle Welt versandt, Am Fenster Heinrich Dobelmanns aber schwimmen seltene exo- tische Fische im Aquarium. Mit starren Augen glotzen sie auf Nährsalzpackungen und Sauer- Stoffkörper und wissen nicht, daß ihretwegen nuf der ganzen Welt von Liebhabern viel Geld esetzt wird, daß Heinrich Dobelmanns La- atorium mithilft, die bundesdeutsche Han- bilanz aktiv zu gestalten. nicht als Vergehen. Ein geschickter Dieb wird hochgeachtet. Die Vertreter der Behörden, vor Allem die Polizei, gelten als Sendboten der Ge- Walt und des Unreclits und sind deshalb von vornherein Feinde des Zigeuners. Andererseits Wird er immer bezahlen, wenn er einen Kauf Abgeschlossen hat. Es ist genau zu unterscheiden zwischen seg- ch halbseßhaften und den wandern- igeunern. Während die seghaften Zigeu- sehr zur Unmoral, Prostitution und Ver- en neigen, haben die Wanderzigeuner e(ungeschriebene) Gesetze und Bräuche: Ehebruch beispielsweise wird mit Ohrab- schneiden oder mit dem Tod bestraf nesfalls wird in dem Dorf, wo sich Zigeuner gerade niedergelassen haben, gestohlen, son- dern immer nur zwei oder drei Dörfer weiter. Im Wohnwagen darf kein Kind geboren wer- den, der Wagen gilt sonst als unrein. Bei Ver- fehlungen untereinander gilt immer noch das gnadenlose Gesetz der Blutrache. Ein Zigeuner wird aber nicht einmal seinen Todfeind der Polizei angeben., Verräter sind unweigerlich dem Tod verfallen. Es gibt keine Zigeunertracht. Sie tragen die abgelegten und zerrissenen Kleider des Gast- Volkes. Je bunter die Flicken sind, um so bes- ser. Eine eigene Religion konnte bis heute noch nicht bestimmt werden. Die Zigeuner passen sich zumeist der Religion des Wirtsvolkes an, haben aber noch Vorstellungen von Naturgei- stern und glauben teilweise an die Macht des Mondes. Die Zigeuner sprechen darüber aber nicht, wie sie sonst über intime Dinge ihrer Gebräuche strengstes Stillschweigen bewahren. Ein besonderes Merkmal für einen Zigeuner ist seine Sprache.„Zigeunerisch“ ist nahe ver- wandt mit Sanskrit und enthält Worte aus bei- nahe allen Ländern, durch welche die Zigeu- ner im Lauf ihrer jahrhundertelangen Wan- derschaft gezogen sind. Erziehungsversuche haben selten Erfolg. Die Zigeuner nehmen solche Dinge nicht ernst. Da sie meist sehr intelligent sind, stürzen sie sich zwar mit Begeisterung auf das Lernen; sie lassen aber auch ebenso schnell wieder davon ab. In Deutschland, wo es zur Zeit zwischen 2000 und 10 000 Zigeuner gibt, machte man eine Zeitlang den Fehler, die Zigeunerkinder von den Eltern wegzunehmen und in die Schule zu stecken. Die Verbitterung unter den Zigeunern War riesengroß. Kinder werden vergöttert und sind der Augenstern ihrer Eltern. Ursprünglich begabt ist der Zigeuner für die Musik. Der Zigeuner muß spielen, die Musik ist Selbstzweck für ihn. Sie ist die einzige Mög- lichkeit für ihn, seine Trauer, seine Sehnsucht, seine Wildheit und Raàstlosigkeit, seinen Stolz und seine Unnahbarkeit auszudrücken. legte larer ei So sc bund immer vom önt und als Impressionis ler durch Zusammenf n del n das Wesentliche Noch lan bevor Constantin Meunier, der belg Bildhauer, seine Bergarbeitergestal- ten geschaffen hatte, schilderte Ke nen Steinbruch- und Schmiedebilderr des Arbeiters. In Schöpfungen monumentalen Formats wie die„Schmiede am Feuer“ in der Staatsgalerie in Stuttgart wird Keller zum Verherrlicher der Arbeit; solch ein Bild vy auf den Beschauer wie ein Epos auf mensch- liche Kraft und Energie. Im sprühenden Lichte der Esse läßt er die gewaltig zu packenden Schmiede aufleuchten; er, malt den Wider- streit der rotstrahlenden Glut mit dem sSil- bergrau flimmernden Tageslicht, das durchs Fenster gedämpft von draußen hereindringt. Auch beim Hammerwerk weiß er den gTOB- artigen Vorgang mit Hilfe des Lichts zu ge- stalten. Bei den Schleifszenen— auch Menzel hatte einmal in Gastein 1881 ein ähnliches Motiv gemalt— interessiert den Künstler neben der Bewegung der Arbeiter wiederum das Lächt, das gedämpft und in mannigfacher bstufung den Innenraum erfüllt. Ein besonders bevorzugtes Gebiet war für Keller der Steinbruch geworden. Während seiner Münchener Akademiejahre, in denen er glücklich an der Klippe der Genre- und Geschichtsmalerei vorbeigekommen War, ging ihm bei Polling im Isartal 1872 zum erstenmal die versteckte Schönheit des Steinbruchs auf. Schrittweise, ganz allmählich, wuchs aus der Liebe zur Steinbruchlandschaft auch die An- teilnahme an den Steinbrechern heraus und nun entstehen neben zahlreichen Skizzen im Laufe der Jahre jene Bilder, in denen er das Körperliche Ringen der Arbeiter in großgar- tiger Bewegung festhält. Wir sehen die Leute schaufelnd, schippend und Karren schiebend Umgeben von sonnendurchglühtem Staub, der über dem Steinbruch liegt, die Formen unsi- cher macht und die Umrisse verschwimmen läßt. In äußerster Anspannung aller Kräfte Sind die Arbeiter beim gewaltsamen Heben und Stemmen mächtiger Steinblöcke, bei deren mühseliger Fortbewegung; das sind Szenen, die der Künstler zu Bildern voll wuchtiger Kraft gestaltet hat. Unmittelbar neben Friedrich Keller ist der Maler Hermarm Pleuer(18631911) und zwar in seiner besonderen Eigenschaft als Maler der Eisenbahn zu nennen. Auch über Pleuer hatte man einst die Köpfe geschüttelt, als er um die Jahrhundertwende seine ersten Bahnhofsbilder zeigte; noch fehlte das Ver- ständnis dafür, daß solch ein häßlicher von ztlerischer Beitrag zum 1. Mai WWärzter Bahnhof ein urf sein könnte. Es war etwas Unerhö daß dieser Pleuer Freude am kühnen Schwung eines Bahngeleises ha- ben konnte, daß mit wahrer Leidenschaft etwas S Poetisches in diesen techni chtigen Dampf- e empfand! In vielen Skizzen hatte er e Maschinen, die sich quälend und dröh- hienen fortbewegten und die Menschen, die sie bedienten, studiert und in Licht und Farben geschildert. Bald waren dem Künstler jene schnaubenden Lokomotiven, in denen er etwas Geheimnisvolles, Dämonisches ge zu lieben, vertrauten Bekannten ge- word dem 1902 entstandenen und im Kriege Zzerstörten Bilde der Reparaturwerkstätte im Stuttgarter Nordbahnhof erscheint eine Lo- komotive in Nahansicht. Indem nur ein Tei] von ihr tbar bleibt und die kleinen Leiber der Arb die an der Maschine herumhan- l ußt zu deren Größe in Gegensat⸗ tie„be 8 sind, werden Umfang und Höhe ins gesteigert. Strahlendes Licht strömt Von draußen in das Dämmer der Maschinen- halle herein, flutet hinweg über den Riesen- leib, dessen blauschwarz schimmernde Flan- ken in erstaunlich reicher Skala der Farben aufleuchten, dann aber spielt das Licht in höchster Kraft auf den Nacken des vorge- beugten und sich waschenden Arbeiters und Huscht über die schmutzigen Lachen am Bo- den. Die Sonne siegt über Staub und Ruß. Dr. Schefold Die Tulpen stehen in voller Blüte Ein feuchtfröhlicher Leichenschmaus Das Testament eines Tagediebs— Erzählung von Lothar K. Schneider Wie so die Geschichten in die Zeitung kom- men? Sie wissen es nicht? Der Urahn erzählt sie dem Hannes, der Hannes dem kleinen Schorch, der kleine Schorch dem Herrn Leh- rer, und der vereinnahmt sie in die Dorfchro- nik, die wiederum eines Tages dem Herrn Pfarrer in die Hände kommt, und dieser hat Wiederum eine Köchin, die gerne Staub wischt und nichts eiligeres zu tun hat, als diese sünd- haft süffige Geschichte meiner Frau zu er- zählen, welche mich wiederum aus meinem verdienten Mittagsschlaf weckt, mir ihre leere Geldbörse zeigt und mich zum Schreiben drängt. Anschließend behauptet sie, sie müßte die Familie ernähren! Um das hiermit eindeutig Zu widerlegen, erzähle ich die Geschichte vom Alten Lorenz, der, nicht abzustreiten, ein Wun- der von Original war. Er War ein Tagedieb, der gewiß die Arbeit nicht erfunden hatte. Dafür verstand er sich umso besser aufs Schnurren. Wenn die Mit- tagsglocke läutete, schlurfte er durch das Dorf, die Nase im Wind, und lud sich totsicher in jenem Bauernhaus zu Tisch, aus dem es am verlockendsten roch. Mit Raffinesse verstand er es, mit einigen Komplimenten selbst den gefährlichsten Küchendragoner um den Fin- ger zu wickeln und die besten Happen imzwi- schen zu schnappen. Man muß dabei wissen, daß es der alte Lo- renz nie zu einem Weibe gebracht und sich zeitlebens mit Erfolg davor gehütet hatte, un- ter die Pantoffel zu kommen. Auch hatte er keine Verwandte mehr, sondern stand mutter- Seelenallein auf weiter Flur; und gerade das War es, was ihm gefiel. „Lorenz“, hatte der Herr Pfarrer des öfte- ren ihm ins Gewissen geredet, nimm dir Sottwohlgefällig ein Weib. Kein Mensch wird einmal um dich weinen, wenn du das Zeit- liche segnest!“ Doch Lorenz tötete solche Vorhaltungen ein- fach mit einem pfiffigen Grinsen und wollte jede Wette abschließen, daß er den größten Leichenzug und Dutzende von weinenden Frauen hinter seinem Sarge sehen würde, na- türlich nur, sofern man von„sehen“ sprechen könnte. Der Pfarrer schüttelte daraufhin nur den Srgrauten Kopf und murmelte etwas von„se- lig die Armen im Geiste“, was er nach Lorenz Meinung wiederum hätte auch nicht tun dür- fen. Doch verzieh er dem geistlichen Herrn, Weil er wußte, daß es sich bei ihm auch nur um einen Menschen, behaftet mit allen Schwächen, handelte. Wie es das Schicksal wollte, Lorenz sollte kein Jahrzehnt nach dieser Unterredung mehr am Leben sein. Eines Frühjahrs legte er sich Hin und starb. Der Bürgermeister iedoch geriet während das übrige Dorf diese Nachricht mit mehr oder minder großer Gelassenheit aufnahm, ziem- lich aus dem Häuschen. Er schickte den alten Hannes mit der Ortsschelle durch die einzige Straße und die zwei Feldwege, die die Ge- meinde ausmachten, und lud sämtliche Ein- Wohner ein, sofort auf dem Rathaus zu er- scheinen. Der alte Lorenz habe einen letzten Willen hinterlassen. Und siehe da: sie kamen alle. Teils aus Neugierde, die Burschen, weil es eine gute Gelegenheit war, mit den Mädchen zusam- menzutreffen, die Frauen, um einen kleinen Tratsch zu halten, und die Männer, weil sie hofften, anschließend einen außergewöhn- lichen Trunk zu tun. Der Bürgermeister öffnete feierlich das von Lorenz hinterlegte Kouvert, zog eine Ver- sicherungspolice und einen Brief hervor und begann, nach Unterschlagung des offiziellen Teiles des Testamentes zu lesen:„ und so- mit vermache ich die Versicherung in Höhe von 6000 Talern dem Kronenwirt, der mit diesem Geld alle trauernden Teilnehmer an Ein kleines Lied Ein zarter Ton im sanften Wind von weitker klingt es in den Tag: ein kleines Vogellied, Vielleicht auch singt ein Kind, ein Engel, der auf Strahlen reitet, Vielleicht ist's eines Herzens Schlag. Du weißt es nickt. Du stehst und staunst und denbest im Traume wohl an ein verlornes Paradies. In Wolken, feserleicht, entschwebt es, eig Sebet, und steigt auf Studess dor den Thron unc niet und fleht. Und eine Träne— Gottes Drane quillt Fred Andrede meiner Beerdigung solange mit Wein frei- halten muß, bis die 6000 Taler aufgebraucht Sind. Lorenz!“ Die Verblüffung war groß, die Freude noch größer. Und es wurde hinterher behauptet, noch nie hierzulande sei eine so große„Leich“ gewesen wie bei der Beerdigung des alten Lorenz. Die Trauerfeierlichkeiten seien aber auch entsprechend kurz gewesen. Der Lei- chenschmaus jedoch hätte acht Tage gedauert, und der Bürgermeister hätte am dritten Tag den Schwur getan, dem Lorenz ein Denkmal zu setzen, falls noch etwas von dem Gelde übrig sei. Ich glaube, der Chronist braucht nicht zu betonen, daß das Denkmal nie gebaut worden iSt. . bur trag gre rwe 1. die das „Sir die Iich sche ger! tion täts 1682 H Bue und al lern len aus bes dem stan sene gehé Fab Allde und Kein dies bun; Sein, züge den Mas. Kahr grüß