Erscheint: montags, mittwochs, freitags und samstags. Frei Haus 1.90, im Verlag abgeholt 1.70, durch die Post 1.70 zuzügl. 36 Pfg. Zustellgeld. Einzelnummer 15 Pfg. Süddeutsche Heimatzeitung für Mannheim-Seckenheim und Umgebung Anzeigenpreise: die 6- gespaltene Milli- meterzeile 18 Pfg.— Preisliste Nr. 2) 25. auf den Monatsersten angenommen werden. Abbestellungen können nur bis Nr. 110 Mittwoch, den 13. Juli 1960 12.60. Jahrgang Tary (von nung Ver- osla- hung lurch lient. USA protestieren in Moskau gegen den Abschuß des Aufklärers Sowjetisches Gebiet nicht Washington(dpa). Die USA haben a m Dienstag die überflogen— London: Rechtswidriger Akt sowaetische Darstellung vom Abschuß des amerikanischen RB-47- 1 entschieden zurückgewiesen und erklärt, Maschine habe zu keinem Zeitpunkt sowzetisches Gebiet überflogen. In einer Note an die Sowjetunion haben die USA nachdrücklich gegen den„ungerechtfertigten Abschuß“ des Aufklärungsflugzeuges protestiert. In der Note heißt es, das Flugzeug habe sich sowzeti- schem Hoheitsgebiet niemals mehr als 50 Kilometer genähert. Die USA wählen in ihrer Protestnote gegen den„mu ligen Angriff“ über internationa- 1en Gewässern scharfe Formulierungen, die Schr den Drohungen 1 5 sowjetischen Noten ähneln. So heißt es: sollte der so- Wietischen Regierung klar sein, daß eine Wiederholung solcher Handlungen unver- meidlich die schwerstwiegenden Ronseqdu zen haben muß, für die die Verantwortung in bei der sowjetischen Regierung liegt.“ Jen Abschuß des amerikanischen Flugzeu- über der Barentssee bezeichnete der chef des Weißen Hauses, Hagerty, am nstag als einen„wohlüberlegten und rück sichtslosen Versuch“, einen internationalen Zwischenfall zu schaffen. Die Maschine sei über internationalen Gewässern gewesen. Sie nabe sich nie über sowjetischem Gebiet be- kunden. Auch der britische Premierminister Macmil- lan bezeichnete im Unterhaus das sowjetische Vorgehen als einen„rechtswidrigen Akt“. Gleichzeitig kündigte er jedoch an, daß er mit Präsident Eisenhower eine Uberprüfung der bisherigen Vereinbarung über die Benutzung Ppritischer Stützpunkte durch Us-Flugzeuge erörtern werde. Sieben britische Abgeordnete hatten sich en- D Unabhängigkeit für Zentralafrik Paris(dpa). Frankreich hat am 1 mit den drei autonomen Republiken Ko Tschad und„Zentralafrikanische Republik“ Abkommen über die Gewährung der Unab- hängigkeit für diese früher zu Französisch- Aduatorialafrika gehrenden Gebiete abge- schlossen. Die drei Staaten wollen sich zu ei- nem föderalistischen Staat unter der Bezeich- nung„Union zentralafrikanischer Republiken“ zusammenschliegen. Das vierte Gebiet des ehemaligen Französisch-Aquatorialafrikas, die Republik Gabun, hat einen Anschluß an diese Union abgelehnt und will allein die Selb- ständigkeit erwerben. inzwischen erkundigt, wie weit die britische Regierung über derartige amerikanische Flüg Unterrichtet wird. Macmillan sagte dazu im Unterhaus, die bisherigen britisch-amerika- nischen Vereinbarungen hätten im allgemei- nen zufriedenstellend funktioniert. Dennoch Werde zur Zeit die Frage einer Revision ge- Prüft. Großbritannien wolle jedoch auf die- sem Gebiet weiterhin mit den USA und den anderen Verbündeten eng zusammenarbeiten. Die bisherigen britisch- amerikanischen Ver- einbarungen sehen vor, daß britische Stütz- punkte in Krisenfällen von den Amerikanern benutzt werden dürfen, Derartige Einsätze seien jedoch einer gemeinsamen britisch-ame- — rikanischen Entscheidung unterworfen. Auch Frankreich hat am Dienstag das so- Wjetische Vorgehen verurteilt. Ein Regie- als keines über sowjeti- 1 Worden sei. nig mit frem- hinzu. rungssprecher bezeichnete es sicher, daß die UsS-Maschine chem Hoheitsgebiet abgeschos Die Sowjets gingen sehr leichtsi den Menschenleben um, fügte er Chruschtschow Neue Erkundung Einen neuen Hagel von Vorwürfen ließ Chruschtscho seiner Erklarung in Moskau vor der internationalen Pre des ame- schen Flugzeuges am I. Juli. Während der Presseko die USA, Großbritannien und Norwegen für eine erneute Verletzun aumes verantwortlich. Unser UPIL- Bild zeigt Chruschtschow Unles unter einer droht erneut mit Gegen sflüge„können Krieg auslösen“ Moskau(dpa). Der sowzetische Minister präsident Chruschtschow drohte am Bi ienstag, tuelle neue ein amerikanische U-2-Erkundungsflüge über der Sowzetunion würden zu er noch größeren Verschärfung der inter nationalen Spannung, einschließlich der Ge- fahr eines Kriegsausbruches führen. Die Sowzetunjon werde jedoch nichts unternehmen, um das herauszufordern, sagte er abschwächend. Vorher hatte er den USA im Zusam- menhang mit dem Flug des am 1. Juli abgeschossenen provozierten mit Duldung ihrer Alliierten einen, Warnend fügte er hinzu:„Wer beschlossen hat, unsere Geduld Auf „RB-47“ vorgeworfen, sie tärischen Konflikt“. Probe zu stellen, begeht einen grogen Fehler“. vom Typ ernsten mi Aufklärungflugzeuges 1 S 8 ne Die Sowjetunion und ihre Verbündeten wären in der Lage, jeden Aggressor zurückzuschlagen. Der sowjetische Düsenjäger-Pilot, der die RB-47 abgeschossen hat, ist mit dem„Orden der roten Fahne“ ausgezeichnet worden. Der Pilot, der 28jährige Hauptmann Wassilij Polja- kow, habe bei dem Einsatz große Kampf- Kongo-Regierung fordert US-Truppen an Washington lehnt ab- Unabhängigkeit Katangas proklamiert Leopoldville(dpa). Die Regierung der Republik Kongo, unfähig, aus eigener Kraft die Ordnung im Lande wieder herzustellen, hat am Dienstag um die Entsendung von amerikanischen Truppen und von UN-Streit- Kräften gebeten. Es soll dabei um den Einsatz Von zweitausend bis dreitausend US-Soldaten gehen. Präsident Eisenhower hat sich jedoch noch am Dienstagabend gegen die Entsendung amerikanischer Truppen in den Kongo aus- Zesprochen. Er ließ durch seinen Pressesekre- tär Hagerty mitteilen, daß nach seiner Ansicht Truppen anderer Länder zur Wiederherstel- lung der Ordnung im Kongo eingesetzt wer- den sollten. Sowohl er als auch Außenminister Herter glaubten,„daß es für den Kongo bes- ser sei“, wenn dle angeforderten Truppen „nicht von einer der großen Westmächte“ ge- ste lit würden. Lumumba selbst war am Dienstag an den Hilfsersuchen nicht beteiligt. Er befindet sich noch gemeinsam mit Staatspräsident Kasa- wubu unterwegs, um an Unruheherden auf die meuternden schwarzen Soldaten einzu- Wirken. Sein letztes bekanntes Reiseziel war Elisabethville, die Hauptstadt der am Mon- tagabend zum unabhängigen Staat prokla- mierten Katamga- Provinz. Uber den Verbleib Lumumbas und Kasawubus war jedoch am Dienstagabend nichts bekannt. Unabhängig von der Bitte an die amerika- nische Regierung wurden auch die Vereinten Nationen vom Kongo um die Entsendung von Streitkräften gebeten. Ein„dringendes Er- suchen“ wurde an UN- Generalsekretär Ham- marskjöld gerichtet. Die Meldungen aus dem Kongo sind nach Wie vor unklar. Deutlich wird aus ihnen nur, daß noch immer anarchische Zustäade herr- schen. Leopoldville und Elisabethville waren am Dienstag ruhig, doch machte sich in Leo- poldville zunehmende Spannung bemerkbar. Die Hauptgefahr bilden hier nicht mehr meu- ternde Soldaten, sondern die sozialen Forde- rungen der schwarzen Arbeiter. Niemand wWeilgz. wie die am Montag von der Regierung versprochene 30prozentige Lohnerhöhung se- zablf werden soll. Geld ist nicht vorhanden. Der belgische Oberst Weber ist von dem Mi- nister präsidenten der Katanga- Regierung, Tschombe, zum Befehlshaber aller bewaff⸗ neten Streitkräfte in Katanga ernannt wor- den. Er teilte mit, daß weitere belgische 8 pen erwartet würden. Die noch vorhandene Einheiten der afrikanischen„Force Publique“ ständen nun unter seinem Befehl und würden gegenwärtig„gesäubert“. Belgische Fallschirmjäger sind am Dienstag nach dem Industriezentrum Jadotville, 130 Kilometer von Elisabethville, entsandt wor- den, um Plünderungen zu entbinden. In Aketi, nördlich von Stanleyville(Ostprovinz) wird, AUfgefangenen Funksprüchen zufolge, eine Gruppe von Europäern von kongolesischen S Idaten belagert. Die Europäer forderten durch Funk Hilfe an. Die Hafenstadt Matadi Wurde angesichts einer überlegenen Zahl schwarzer Meuterer am Dienstag von belgi- schen Truppen verlassen 55 Weiße in Luluabourg getötet In Euluabourg Provinz Kasai) halten 300 belgische Fallschirmjäger den Flughafen be- Setzt und sichern den Abtransport der 2000 weißen Einwohner nach Leopoldville. Die Europäer hatten sich zum Teil bis zu ihrer Befreiung in einem Hotel verschanzt gehabt und verteidigt. Ein Pilot der belgischen Luft- fahrtgesellschaft Sabena teilte nach seinem Eintreffen aus Luluabourg in Nordrhodesien mit, 55 Europäer in dieser Stadt seien getötet Worden. 30 Fallschirmjäger seien bei der Lan- dung durch Granatwerferfeuer der Meuterer verletzt worden. Noch keine Anerkennung Katangas Der belgische Ministerpräsident Gaston Eys- kens bestritt am Dienstagabend vor dem bel- gischen Senat, daß die Gesamtregierung des Kongo um amerikanischen Militärbeistand er- sucht habe. Nur einzelne Regierungsmitglieder hätte eine Intervention der USA verlangt. Eyskens lehnte auch vor dem Senat eine n- erkennung Katangas als souveränen Staat zu dieser Zeit ab. Im Laufe des Dienstag sind etwa 1500 bel gische Kongoflüchtlinge in Brüssel eingetrof- fen. Die Gesamtzahl der Heimbeförderten stieg damit auf über 3000. gewandtheit bewiesen, heißt es in einem Kom- mentar der Nachrichtenagentur TASS. Chruschtschow sprach auf einer Pressekon- ferenz im Kreml, die er mit einer Erklärung zu dem am Vortag von Moskau bekanntgege- benen Abschuß eines amerikanischen Auf Tungsflugzeugs durch sowjetische Jäger nörd- lich der Kola-Halbinsel eröffnet hatte. Da in diesem Fall ein Eindringen des amerikani- schen Flugzeugs in das sowjetische Hoheits- gebiet gleich zu Beginn habe verhindert wer- gen können, habe man sich damit begnügt, die Maschine abzuschiegen und die überlebenden Besatzungsmitglieder vor Gericht zu stellen. Der britischen Regierung warf Nikita Chru- schtschow vor, sie habe sich als direkter Kom- plice der USA bei Aktionen gegen die Sowjet- union beteiligt, was völlig unvereinbar sei mit den bisherigen offiziellen Londoner Erklärun- gen, die von einer notwendigen Verbesserung der Beziehungen zur Sowjetunion sprachen. Ahnliche Anschuldigungen richtete der sowie- tische Ministerpräsident auch gegen Norwegen. Moskau wollte Verwirrung stiften Auf die Frage, warum die Sowjetregierung zehn Tage mit der Bekanntgabe des Abschus- der amerikanischen Maschine gewartet habe, antwortete Chruschtschow, man habe sehen wollen, wie die USA deren Verschwin- den erklären werde. Als sich die Amerikaner SES Leninbũuste der sowjetische A niste London als i Komplie nNma AA. 1 Se beschuldlgt in dem Gle Sei ins W der gün die 80 7 e N E 88010 8 den Abschn. 18 III Zzuteilen. Das Verhalten Moskaus habe be- Zweckt, die Amerikaner in„Verwirrung 2u bringen, und das ist bis zu einem Grade gelungen.“ 821 Der Frage, ob es möglich „daß das Erscheinen des US- Flugzeugs vor der sowjetischen Küste ein Versehen war, wich Chruschtschow eaus. Gegen Atomraketen für Bundeswehr Die amerikanischen Pläne für eine Aus- 71 rüstung der europäischen NATO- Streitkräfte mit Polaris-Raketem benutzte Chruschtschow, um gegen„die von den USA beabsichtigte Bewaffnung der Bonner Militaristen mit Atom-Raketen Stellung zu nehmens. Das Wäre ein„verbrecherischer Akt“, weil damit Waffen in die Hände der,„Revanchisten“ ge- geben würden. Die USA würfen der Sowjet- union vor, sie verletze die Abmachung über Deutschland, wenn sie mit der„DDR“ einen Friedensvertrag schließen wollte, weil die Westmächte einen Friedensvertrag mit„bei- den deutschen Staaten“ ablehnten. Mit der Bewaffnung der Bundesrepublik jedoch ver- letzten die USA die Abkommen über Deutsch- land selbst weitgehend. „Monroe-Doktrin überlebt“ Zur Lage in Kuba meinte Chruschtschow, es sei Zeit, die amerikanische Monroe-Dok- trin(Amerika den Amerikanern) zu begra- ben. Die Sowjetunion sei bereit, Kuba im Falle eines amerikanischen Angriffs beizu- stehen. Moskau könne auch größere Mengen kubanischen Zuckers aufkaufen, Behauptun- gen, wonach die Sowjets auf Kuba Mi Stützpunkte einrichten wollten, wies Chru- schtschow als„dumme Erfindung“ zurück. 1 Echte Regierungskunst statt Effekthascherei Demokratischer Konvent mit Angriffen gegen Eisenhower eröffnet Los Angeles(dpa). Mit einem scharfen Angriff auf Präsident Eisenhowers Außen- und Verteidigungspolitik wurde der Partei- kongreß der Demokraten am Montagabend in Los Angeles eröffnet. In seinem Grundsatz- referat forderte Senator Frenk Church von Idaho den amerikanischen Präsidenten auf, sich mehr einer echten Regierungskunst zu widmen, statt seine Politik durch Effekt- hascherei anzureichern. Vor Tausenden von Delegierten, die den Präsidentschaftskandidaten der Demokrati- schen Partei wählen werden, behauptete Frank Church, das Prestige der USA habe gelitten, seit Eisenhower im Jahre 1953 die Präsidentschaft übernommen habe. Church warf Eisenhower vor, während sei- ner Präsidentschaft habe er die Militärhilfe für die Alliierten in Ubersee dermaßen über- betont, daß die zur Hilfe ausgestreckte Hand oft als ausgestreckte Faust gesehen worden Sei. Er wandte sich dann gegen„feierliche Gipfelkonferenzen“ und trat für gründliche ud mühevolle Verhandlungen ein. Am Ron- ferenztisch hänge der Erfolg der Verhandlun- gen nicht von der Schwäche, sondern der Stärke Amerikas ab. In diesem Zusammen- hange stellte Senator Church fest, die USA hätten während der Herrschaft der Republi- kaner die Initiative im Weltraumprogramm Verloren. Nach Ansicht von politischen Beobachtern kann nur ein politisches Wunder einen Wahl- sieg des Senator John Kennedy von Massa chusetts verhindern. Die Fernsehgesellschaft CBS glaubt, daß Kennedy 801 Stimmen auf sich vereinigen kann. Das sind 40 mehr als die notwendige Mehrheit von 761 Stimmen. Aber auch unabhängig von derartigen Pro- Sbosen erscheint der Sieg Kennedys in jedem Fall gesichert, nachdem sich Gouverneur Lawrence(Pennsylvanien) für Kennedy aus- gesprochen hat. Lawrence, der in der Partei großen Einfluß hat, hatte bisher zu den weni- gen gehört, die einem Sieg Kennedys im Wege zu stehen schienen. litärmission in *„„ ö neues in Kürze Bundestagspräsident Gerstenmaier und der Schleswig- holsteinische Ministerpräsident von Hassel sind zu einem Privaten Besuch in Nairobi(Kenia) eingetroffen; sie wollen auch Mozambique, Angola, Kamerun und Togo be- suchen. Eine Abgeordnetenpension wird jetzt von der CDU/ CSU- Bundestàgsfraktion eindeutig abgelehnt, wie Fraktionsvorsitzender Krone erklärte. Das Fischsterben in der Mosel werde unter- sucht, erklärte die französische Regierung gegenüber Vertretern des Bonner Auswärti- gen Amtes. Ein Segelflugzeug, das bei Windsheim(Mit- telfranken) zu einem Zielflug nach Linz ge- startet war, wird seit Sonntag vermißt; Wahrscheinlich ist es in das Gebiet der CSR abgetrieben worden. Der polnische Sicherheitschef, General Ko- mar, soll nach einem Bericht der Pariser Zei- tung„Le Monde“ abgelöst worden sein. Kardinal Fumasoni- Biondi, Präfekt der Propagande fide- Kongregation, ist im Alter von 87 Jahren in Rom gestorben. Die Sicherheitsratssitzung über Kuba soll am kommenden Montag stattfinden; nach den USA und Großbritannien hat jetzt auch Hol- land gegen die Beschlagnahme ausländischer Erdölraffinerien auf Kuba protestiert. Die Streikparole in Indien wurde nur teil- weise befolgt; bei einem Zwischenfall gab es einen Joten und sechs Verletzte. Argentiniens Staatspräsident Frondizi ist von seiner vierwöchigen Europa-Reise nach Buenos Aires zurückgekehrt. verfahrenen 1960 aus der SPD sucht weiter gemeinsame Linie Haltung der Bundestagsfraktion gebilligt-„Verantwortung bei CDU“ Bonn(dpa). Die SPD werde den aktiv-demokratischen Kräften in der CDU keine Ruhe geben, bis sie der von der SPD angesprochenen gemeinsamen Verantwortung der demokratischen Parteien im gespaltenen Deutschland gerecht geworden seien. Das erklärte am Dienstag der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wehner auf einer Tagung der SPD- Bezirkssekretäre. Es werde das beherrschende innenpolitische Thema der nächsten Wochen und Monate bleiben, sagte er, ob die beiden großen Parteien CDU und SpD ungeachtet ihrer sachlichen Gegnerschaft in vielen Fragen doch ein gegenseitiges Verhältnis finden kön- nen, das von ihrer beiderseitigen Verantwortung getragen werde. In einer offiziellen Pressemitteilung des Parteivorstandes heißt es außerdem, aus den Berichten der Bezirkssekretäre sei hervorge- gangen, daß die Partei die Haltung der SPD- Bundestagsfraktion in der Debatte am 30. Juni versteht und billigt. auhßenpolitischen Wie Wehner auf der Tagung erklärte, die unter Leitung des SPD-Vorsitzenden Ollen- nauer stattfand, wolle sich die Partei in ih- rem Bemühen durch kein Störfeuer aus der Adenauer-Gruppe der CDU aufhalten lassen; die Verantwortung für die nächsten Schritte liege jedoch allein bei der CDU/CSU und der Bundesregierung. In der augenblicklichen Situation könne nur ein Appell wie der der SPD an alle tragenden demokra- tischen Kräfte sinnvoll sein, um sie zunächst einmal zu einem gemeinsamen Uberlegen und Nach„Schulden-Bruno“ Ordonnanz- Offizier Kammhubers Berlin(dpa). Im Sowjetzonen-Fernsehen wurde am Dienstag der seit dem 16. Januar Bundesrepublik geflüchtete Westliche Offiziere von Vopos mißhandelt Britischer General durchsucht Bonn(dpa). Volkspolizisten der Sowjet- zone haben im Juni in mehreren organisier- ten Zwischenfällen Offiziere der drei west- lichen Militärmissionen in Potsdam, darunter einen britischen General, in Ostberlin vor- übergehend festgenommen und mißhandelt. Proteste der drei westlichen Militärbefehls- haber gegen diese Vorfälle wurden vom so- wietischen Oberbefehlshaber in Ostberlin bis- her entweder ignoriert oder einfach zurück- gewiesen. Dies teilten die drei westlichen Botschaften in Bonn am Dienstag mit. Zwischen den Regierungen der USA, Groß- pritannien und Frankreichs wurden sofort nach den Vorfällen Beratungen darüber ge- führt, welche Schritte unternommen werden können, um solche Zwischenfälle in Zukunft 2 unterbinden. Der schwerste Zwischenfall ereignete sich am 21. Juni, als der Chef der britischen Mi- Potsdam. Brigadegeneral Packard, in seinem Wagen von Volkspolizi sten künk Kilometer von Potsdam 5 1 Testgehalten und durchsucht wurde. Der Ge- neral wurde nach britischer Darstellung von den Volkspolizisten„hart angefaßt“. Die Polizisten schlugen die Scheiben des Wage S ein. Der Fahrer des Wagens wurde von den Splittern verletzt. Erst nach drei Stunden erschien ein sowjetischer Offizier, der die Freilassung des britischen Generals anord- nete. 8 Ein scharfer Protest des Befehlshabers der britischen Rheinarmee, General Cassels, an den Befehlshaber der sowjetischen Truppen in Deutschland Generaloberst Jakubowszki, wurde nach Darstellung der britischen Bot- Schaft in Bonn in„unbefriedigender Weise“ beantwortet, Der sowjetische General habe den Zwischenfall abgeleugnet und vor allem auch keine Zusicherung für die Zukunft ge- geben. Am 9. Juni Wurden in einem ähnlichen Proteste von Sowjets ignoriert Zwischenfall zwei Hauptleute und ein Feld- Webel der amerikanischen Militärmission in Potsdam, wie die US-Botschaft in Bonn mit- teilte, am Polizeikontrollpunkt östlich von Babelsberg„in Gefahr gebracht, beleidigt, mit Waffen bedroht, rauh angepackt und ohne irgendeinen Grund zurückgehalten“. Auf den Protest des amerikanischen Befehlsha- bers in Europa. General Eddleman, hat Jaku- bowski bis jetzt nicht geantwortet. Das gleiche gilt für den Protest des fran- zösischen Befehlshabers gegen die Belästi- gungen von zwei französischem Hauptleuten durch Volkspolizisten am 8. Juni. Auch hier gingen die Vopos ganz ähnlich vor, Trotz des Französischen Protestes wurden Angehörige der französischen Militärmission auch noch am 29. Juni und am 1. Juli von Volkspolizi- sten erneut belästigt. Neue französische Pro- teste dagegen haben die Sowjets bisher eben- falls ignoriert. zender Ollenhauer, Beraten der gegebenen Situation zu veran- lassen. In einem Schlußwort betonte SPD-Vorsit- die SPD werde ihren Bundestagswahlkampf 1961 mit dem Ziele führen, dem deutschen Volk eindringlich und offen darzulegen, daß die Sozialdemokratie Willens und fähig sei, die Regierungsverant- wortung in der Bundesrepublik zu überneh- men. Die Partei lasse sich nicht von dem in der Bundestagsdebatte am 30. Juni eingeschlage- nen Weg abbringen, nämlich in einer ge- meinsamen Bestandsaufnahme aller politi- schen Kräfte zu prüfen, wie den außenpoliti- schen Gefahren möglichst gemeinsam begeg- net werden könne, mitteilung. heißt es in der Presse- jetzt„Fälscher-Adam“ in der Sowjetzone aufgetaucht Hauptmann Adam„von“ Gliga, ehemaliger Ordonnanzoffizier des Inspekteurs der Luft- Waffe, Generalleutnant Kammhuber, vorge- Stellt. Hauptmann gedient und war im Februar 1959 „auf eigenen Wunsch“ entlassen worden, als es sich herausstellte, daß er falsche Angaben über seinen letzten Dienstgrad bei der Wehrmacht, über seine liga hatte in der Bundeswehr als aus der Bundeswehr Auszeichnungen und über sein Abitur ge- nacht hatte. Gliga war im Juni 1959 verhaftet worden, jedoch von der Bonner Strafkammer im Ok- tober gegen eine Kaution wieder entlassen worden, weil eine Fluchtgefahr verneint wurde. Seinerzeit war vermutet worden, daß Gliga in die Tschechoslowakei geflohen sei. Bei den Ermittlungen stellte es sich auch her- aus, daß Gliga zu Unrecht einen Adelstitel führte. Im Sowietzonenfernsehen sprach Gliga jetzt von Bonner„Agressionsplänen“. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsmini- steriums meinte nach Bekanntwerden der „Enthüllungen“ Gligas, es müsse schlecht um die sowietzonale Propaganda bestellt sein, wenn sie sich auf ein Gaunerpärchen wie „Fälscher-Adam“ und„Schulden-Bruno“ ver- lassen müsse. Die Angaben Gligas bezeich- nete der Sprecher als„Hirngespinste“. Agentenring der Sowjetzone aufgeflogen 14 Verhaftungen Bonn(dpa). Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder haben eine Gruppe von 14 Agenten unschädlich gemacht, die für das sowzjetzonale Ministerium für Staatssicherheit arbeiteten. Das Bundesinnen ministerium teilte am Dienstag mit, diese Agenten seien vor allem im Raum Frankfurt. Augsburg, Saarbrücken und Ludwigshafen tätig gewesen. Gegen alle Beschuldigten habe der Generalbundesanwa. bein Bundesgerichtshof Haftbefehl erlassen, Die Agenten seien schon seit längerer Zeit beobachtet worden, betont das Innenministe- rium, Die Hauptabteilung VII des sowiet- zonalen Ministeriums für Staatssicherheit habe sie mit„Personenklärungen“ beauf- Mit„Personenklärungen“ beauftragt tragt. Diese Abteilung beobachtete vor al- lem den Verbleib und die Lebensverhält- nisse von Zonenflüchtlingen. Dort würden auch Entführungen vorbereitet und nach- richtendienstlich interessante Personen in der Bundesrepublik ausfindig gemacht, die für eine Spionagetätigkeit angeworben werden könnten. Der Agentenring sei teilweise über Funk gesteuert und von Instrukteuren aus Ostberlin angeleitet worden. Ein Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, der bei seinen häufigen Rei- sen in die Bundesrepublik ebenfalls 6 At Worden sei, habe sich während der Abwehrmaßnahmen Sicherheitsorganen der Bundesrepublik sestellt.. AM RANDE BEMERRK T: Der Ball des Herrn Ball Herr Otto Ball, gewöhnlicher Staatsbürger mit ungewöhnlichem Staatsbewußtsein, fühlt sick in seinen Grundrechten beeinträchtigt. Er Wollte bei den baden- württembergiscken Landtagswahlen am 15. Mai der FDP seine Stimme geben. Aber das konnte er nicht. Denn just in seinem Wahlkreis— Waiblin- gen 1— hatte die FDP zugunsten der CDV duf einen Kandidaten verzichtet, damit die CDU im Wahlkreis Waiblingen II zugunsten des Altminister präsidenten Dr. Reinhold Mater verzichten konnte. Otto Ball war, wie viele Wähler, schockiert, und er verzichtete, Wie viele Wähler, auf sein Wahlrecht. Aber er lieg seinem Unmut nicht in Stammtisck- reden freien Lauf, sondern focht die Wahl an. Die gestrige öffentliche Verhandlung über diesen Fall zeigte, daß Otto Ball einen schwe- ren Stand hat. Er ist als einzelner gegen zwei mächtige Parteien angetreten und deshalb, obwohl er in Dr. Löffler einen guten Anwalt nat, schon von vornherein in der schwäche ren Position. Sein durchaus begreiflicher Ar- ger spielt in der juristischen Argumentation, die fur die Entscheidung des Wahlausschus- ses den Ausschlag gab, eine sehr sehr unter- geordnete, wenn micht überkaupt keine Rolle. Die dus politischen Gründen getroffene Wahl- vereinbarung wird nämlich nur auf juristi- scher Ebene verteidigt. Aber in der politi- schen Argumentation konnte Balls Anwalt einen gewichtigen Grund vorbringen, der ge- gen die Vereinbarung spricht: die Tatsache nämlich, daß Dr. Reinhold Maier in vielen seiner Reden ganz klare Trennungsstricke zwischen der liberalen FD und der konser- vativen(öfters sagte er auck„schwarzen“) CDU gezogen hat. Was ihn jedoch nicht daran gehindert hat, mit eben dieser CDV az pahetieren, aus tabetischen Gründen, ver- steht sick. Die Mehrheit der juristisch versierten Mit- glieder des Wahlprüfungsausschusses hat den Ball des Herrn Ball zurũchgeworfen und die Wahlanfechtung abgelehnt. Merkwürdig, daß diejenigen, die das Wahklabkommen für verfassungsrechtlich vertretbar halten, der CDV und der FD angehören, diejenigen, die es für verfassungswidrig kalten, aber der SPD. Sollten also nicht nur juristische Gründe eine Rolle bei der Entscheidung des Aus- schusses gespielt haben? ö 5 Landeswahlleiter Roßmann hat in der öf- fentlichen Verhandlung den Standpunkt ver- treten, eine Wahlvereinbarung wie die von Waiblingen sei nirgendwo verboten. Und er- laubt sei, was nicht verboten sei. Wir aber möchten den politischen Parteien das zwar völlig un juristische, aber trotadem und gerade deshalb beherzigenswerte Goethe- Wort ins Sbammbuch schreiben: Erlaubt ist, was ge- fällt. Und die Wahlabsprackhe von Waiblingen nat außer den beiden Kandidaten, die ihe ein Mandat verdanken, nur wenigen ge- fallen. Bu bas Bundesbahn will nicht allgemein erhöhen Fyankfurt(dpa). Der Präsident Ser Bundesbahn, Gftering, hat am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Frankfurt erklärt, daß die Bundesbahn entgegen dem Wunsgz der Bundesregierung nicht daran denke, di- Personentarife allgemein zu erhöhen. Gegen die Ablehnung der von ihr beantragten Er- Höhung der Sozialtarife durch das Bundes- Kabinett hat die Bundesbahn, wie Gftering sagte, Einspruch eingelegt. Das Defizit der Bahn, das 1957 noch 678 Millionen DM be- ragen habe, werde 1960 nur noch knapp über 200 Millionen DM liegen. Im Jahr 1961 hoffe man, auf Grund der Sofortmaßnahmen der Bundesregierung eine ausgeglichene Rech- nung aufstellen zu können. RO M AN 1 CHRIS STA D¹DTLAN DEA Copyright by Verlag Graberg& Görg, Wiesbaden (1. Fortsetzung) Der Bauer fuhr aus seinen Gedanken auf, Als der Knecht mit dem dampfenden Kessel daherkam. „IS' scho g'schehn“, rief er von weitem und bemühte sich nach Kräften, nicht allzu viel von dem kochend heißen Zeug auf die Füße zu bekommen. „Jetzt machst Umschläg', hörst, und immer wenn's Kalt werd', wieder wechseln. Nach einer Weil' schau ich wieder nach.“ Der Lech- ner blieb noch einen Augenblick stehen und sah zu, wie der Knecht mit einer Geschick- lichkeit, die man seinen groben Händen gar nicht zugetraut hätte, Tücher in den bsud tauchte und sie dann auf die wunde Stelle drückte. Die Kuh ließ einen tiefen, unruhigen Ton hören, Sie rührte sich, als sie die heiße Auflage spürte. Doch dann beruhigte sie sich rasch, und es schien fast, als bereite die Be- handlung ihr einige Erleichterung. * „Wach auf, Evi“ Die Rotwandhof- Bäuerin stand vor dem Bett ihrer Tochter und rüttelte sie sanft an der Schulter. Man sah nicht eben viel von dem Mädchen Nur blonde Flechten, die eine rosige Wange beschatteten und sich lang und schlangengleich auf der Bettdecke zusammenfanden.. Das Mädchen blinzelte mit den Augen, reckte sich ein wenig und setzte sich dann mit einem Ruck auf. Es war noch hübscher, als man im Schlaf ahnen konnte. Zu den blonden Haaren paßten die roten Wangen und die enzianblauen Augen, die voller Heiterkeit in die Welt sahen. Das Gesicht war zart und von aparter Eigenart. Das kam, weil es nach der Mutter artete. Vom Vater hatte E Lechner . 3 bis auf seinen ä 8 da man ihn äußerlich nicht sah, konnte er ihrer Schönheit keinen Abbruch tun. „Hab' ich mich wieder verschlafen, gelt Mutter?“ Das Mädchen sprang mit einem Satz aus dem Bett, stellte sich vor die Mutter und gab ihr einen schallenden Kuß auf die Wange. Sie blickte dabei voller Liebe auf die Mutter. die gerade einen Strauß Bergblumen in die Vase Stellte. „Schau den schönen Strauß“, die Bäuerin hob die Vase in die Höhe und sah dann lächelnd auf ihre Tochter,„in aller Herrgotts- frühe hat ihn schon der Toni bracht Sie machte eine bedeutsame Pause, blickte scharf in das lebensfrische Gesicht vor sich und setzte alsdann mit einem Seufzer die Blumen wie- der auf den Tisch. Die EV antwortete nichts. Sie machte sich an ihrem weißen Waschtisch zu schaffen, han- tierte mit Zahnbürste und Mundspülglas und ließ sich durch nichts in stören. Man konnte auf den ersten Augenblick fest- stellen, daß die Lechner-Tochter Wirklich das War, Was die Leute von ihr sagten:„Sie ist ein recht verwöhntes Ding!“ Daran batte sie nicht einmal selbst die Schuld, Der Vater hatte sie schon als Kind verwöhnt, und die Bäuerin stand ihm wenig nach. Die Ev hatte in klei- nen Dingen immer tun dürfen, was ihr pate. Die stolzen Eltern gaben ihr in allem nach. „Wann i dem Mädl jetzt alleweil jeden Wunsch erfüll', so wird's auch amal was für ihren alten Vater übrig hab'n“, pflegte der Lechner zu sagen. Und er meinte es wirklich SO. In kleinen Dingen ließ er manchem sei- nen Willen— wohl wissend, daß er im Letz- ten ja doch der Herr blieb, der zu bestimmen hatte. 5 So besaß 8 die Ev in allem mehr, als jedem Mädel ringsum zugestanden wäre. Nicht nur, daß sie in zwei Dachkammern ihr eigenes, hübsches Reich für sich hatte, sie be- saß auch ein eigenes Reitpferd. und zu Weih- nachten hatten die Eltern sie mit einem Fahr- zeug überrascht, das der Ferdl. dieses Fakto- 8„ Teufelsg'spiel“ nannte. Es war ein ihrer Tätigkeit 8 Motorroller, der sie umhertrug. munter in der Gegend Jeder konnte also schon sehen, daß die Einzige vom Lechner-Bauern materiell ge- sehen alles besaß, was einem 24jährigen Mäd- chen Freude macht. Dennoch war immer schon ein Wunsch kür sie offengeblieben: Die Ev fühlte sich einsam— 50 ganz ohne Ge- schwister— nur mit den Eltern zusammen, die nichts anderes zu kennen schienen als ihre Arbeit und die Sucht, ihren Wohlstand zu mehren. Freundinnen hatte die Ev keine; einmal deshalb nicht, weil keines von den anderen Bauernmädchen so recht mit dem Putz und Staat der Lechner-Tochter mitkam und daraus immer wieder Neid entstand und zum anderen nicht. weil die Ev ihren Stolz darin sah, alle anderen auszustechen und überall die Schönste zu sein. „Könmt'st auch dem Toni ein gut's Wörtl gönnen“, fing die Lechnerin wieder bei ihrem Leib- und Magenthema an, Daß das Mädel den reichen Hallhuber-Toni einmal heiraten Würde, stand zwar fest. Aber daß die beiden sich inzwischen kein bißchen näherkamen, war nicht die Schuld des Toni. In dieser Hinsicht war mit der Ev kein Reden. Und die Bäuerin versucht immer wieder vergebens, diese Halsstarrigkeit zu ändern. 5 „Aber Mutter was red'st allweil vom Toni. Wann er a guts Wort braucht, werd' er schon jemand finden, der s ihm gibt. Bin doch eh' freundlich, wann er da ist, Genügt das net?“ Das Mädchen hatte sein reiches, blondes Haar gelöst und kämmte nun die schimmernde Flut. Dann flocht sie die Zöpfe und steckte sie gleich einer Krone über der Stirn zusammen. Nach einigem Uberlegen nahm sie ein Dirndl aus dem Schrank, das sie im letzten Winter in München gekauft hatte. Es War leicht und weich und hatte ein Muster aus zarten Rosen- ranken. Es stand gut zu dem blonden Haar „Geh zum Koffee in die Küch', daß dich der Vater net sieht— es tät net gut. Er is heut“ alleweil grantig Er meint, die bist längst zum Heuen auf der Wiese beim„ Hof. 0 „Der Vale! del waeln, laute die „Warum darf er net wissen, daß i an ges den Schlaf hab'. Und überhaupt: er kom ja vor lauter Arbeit gar nimmer zur Ruh. Ev, geh' hierhin, geh' dahin— den ganzen Tag geht das so. Und mit dir is's net anders, Mutter. Möcht! grad' wissen, z wegen was du dich so plagst!“ Ihren stolzen Kopf warf die Ev in den Nacken, dann folgte sie der Mutter die Stiege hinunter in die Küche „Aber Ev“, sagte Frau Lechner, während sie den Kaffee neu wärmte und Kräftige Schnitten Brot vom Laib herunterschnitt,„wie du daherred'st Das schickt sich einmal net. Und recht hat er doch— der Vater. A Bäue- rin muß d'Leut' anspornen, indem sie vor- ausgeht. Uberall muß sie sich sehen lassen, und Jede Arbeit muß ihr von der Hand geh'n. Das is' amal so, und s'wär dem Vater sein Tod, wenn du amal a schlechte Bäuerin ab- gebest. Und was den Ton betrifft. er hat schon g'sagt, daß er auf'd Nacht ein bisserl herkommt. Da sitz nicht allweil so herum, geh' aus dir heraus und red' auch ein Wörter. Und jetzt trink' deinen Kaffee Ey zog ein Gesicht, aber gleich darauf ließ sie wieder die weißen Zähne blitzen. „Bist halt doch die Beste“, schmeichelte sie und setzte die Tasse an den Mund.„Aber den — ex is' eh schon so eingebildet Gerade kam ein Mädchen In 5 Küche, um ter stumm den Kopf zu schütteln. Wenn nur die Ew nicht gar so ihre eigen- Wege gehen würde Wenn man dem Dorfausgang Zustrebt Sing rechts ein schmaler Fußweg ab, der zum Weitergeben einlud, lag d. wesen vom Xaver Sitterl— einem Mann, dem es un Leben mehr schlecht als» recht Toni— den laß' ich ruhig ein weng 5 i die Brotzeit aufs Feld zu bringen. Das 5 hob die Lechnerin einer Antwort. Sie ließ es dabei bewenden, über die eigenwillige Toch- den Wald hineinführte An diesem Pfa der holperig und steinig war und durchaus nicht