2 Erscheint: montags, mittwochs, freitags und samstags. Frei Haus 2.20, im verlag abgeholt 1.80, durch die Post 1.80 zuzügl. 0 Pfg. Zustellgeld. Einzelnummer 15 Pfg. Süddeutsche Heimatzeitung für Mannheim-Seckenbheim und Umgebung Telefon 871216 Anzeigenpreise: meterzeile 18 Pfg.— Preisliste Nr. 2) Abbestellungen können nur bis 25. auf den Monatsersten angenommen werden. die 6- gespaltene Milli- Nr. 207 Montag, 31. Dezember 1962 14./62. Jahrgang ausgelassene Die werden einen mahnenden, ernsten Ton in die Glocken, die das Jahr 1963 einläuten, Silvesterstimmung des Durch- Schnittsbundesbürgers hineinschwingen. Nur Für wenige pflegt die Neujahrsnacht eine be- Sinnliche Nacht zu sein; unter bunten Papier- Zirlanden, mit einem geräuschvollen Privat- jeuerwerk startet man feucht-fröhlich ins neue Jahr, die von der Getränkeindustrie für fest- nehe Stunden empfohlenen Flaschen leerend. Wir wollen hier keine Philippika gegen den heute üblichen Stil der Silvesterfeier halten — beileibe nicht. Wir wollen diesen Stil nur zum Anlaß nehmen, uns einmal die Frage vor- zulegen, warum dies so ist, warum der Mensch zum industriellen Zeitalter, im Zeitalter der Masse— um nur zwei der gängigen Schlag- Worte zu gebrauchen— im lauten Festes- und Sinnestaumel sich zu vergessen sucht. Ist es micht wie eine Flucht vor den Realitäten, ein WVergessenwollen? Steht dahinter nicht jenes Aunkle Wort Verzweiflung? Das Hoffen steht der menschlichen Natur näher als die Verzweiflung. Wenn wir in höch- Sten Nöten sind, so hoffen wir doch immer, daß sich irgendwo eine kleine Tür auftut, die uns einen Ausweg zeigt, eine kleine Tür, durch die ein tröstlicher milder Schein bricht. Die Wirkliche Verzweiflung packt den Menschen mur in ganz ausweglosen Situationen. Und die persönliche Situation des e Typ 1962 18. 1 Is nicht ausweglos. Sie ist sogar voll ins. Die N Möglichkeiten velchem auch immer noch nie so günstig wie in der heutigen Zeit. Viele können am Ende dieses Jahres auf eine Reihe von Erfolgen zurückblicken— auf Lohn- oder Gehaltserhöhungen, auf große Neuan- Schaffungen, auf berufliche Aufstiege. Und dennoch wollen sie vergessen? Im tiefsten Grunde der Seelen liegt es wohl Offenbar: das Ausgeliefertsein an die irdischen Mächte unserer Zeit hat eine Art Fatalismus Zur Folge. der sich in Resignation verwandelt. Das For zum neuen Jahr steht weit offen, da- Hinter liegt dunkel und unbestimmbar die Zu- kunft, aber jede persönliche Zukunft, mag sie auch noch so viel Möglichkeiten haben, hängt in weit größerem Maße als früher von den Großen ab, die das Schicksal dieser Welt in ren Händen haben. Merkwürdig: das Ausgeliefertsein an die Herrscher der Welt ist heute größer als zu den Zeiten der Leibeigenschaft. Die Völker sind Miündig geworden, kaum eine Verfassung der bedeutenden Staaten dieser Erde geht nicht von dem Grundsatz aus, daß das Volk der Souverän sei. Aber hinter diesen fiktiven Ver- TZassungsgrundsätzen steht die bittere Verfas- Sungs wirklichkeit: ein Regierungschef kann durch einen einfachen Befehl die halbe Welt zertrümmern, Was nützt es da noch, daß er Sich auf den Volkswillen beruft? Freilich, im jetzt zu Ende gegangenen Jahr Bat die Menschheit die Erfahrung gemacht, daß das furchtbare letzte Mittel der Ausein- andersetzungen zwischen den Großmächten, der Kernweffenkrieg, in erster Linie eine di- Plomatische Waffe ist. Fragen der Ausrüstung und Bestückung der Streitkräfte werden halb- öffentlich diskutiert, um dem Gegner Stärke zu demonstrieren, und ihn zu zwingen, Ab- wehrmittel zu erfinden; neue Waffen werden öffentlich bei Paraden gezeigt und dürfen so- Zar fotograflert werden. Als die Welt dann an den Rend des Atomkrieges kam— bei der Ruba-Krise— zeigte sich die große Scheu vor dem letzten Risiko, dessen Ausgang von nie- mandem vorauszusagen ist. Die Menschheit jernt allmählich begreifen, was es im positi- ven Sinne bedeutet, mit der Bombe zu leben. Der Alpdruck lastet indessen noch immer Auf ihr und wird als Fluch der Technik wei⸗ terhin auf ihr lasten: Niemand weiß. ob diese Schrecklichen Waffen eines Tages nicht in we⸗ niger verantwortungsbewußte Hände kom- men, und ob aus dem taktischen Planspiel mit ger Möglichkeit nicht ein blutiges Kriegsspiel der Vernichtung wird. Es ist eine Art Schizo- Stand Phrenie, daß die Großmächte auf der einen Seite iar Vernichtungs w, törmen und auf der ane eren Seite, bei den Genfer Verhandlungen, vorgeben, sie wonten fenarsenal zuhauf möglichst umfassend abrüsten, js sogar die Streitkräfte dis z einer* Mindestre- as Jor steht offen Das Spiel mit gezinkten Karten ist ein Zei- chen unserer Zeit; auch die kleineren Politiker beherrschen es. Man sagt Frieden und meint Prestige, man sagt Wohl des Volkes und meint sein Mandat, man sagt Gerechtigkeit und meint seinen Vorteil, man sagt Ehrlichkeit und meint Finassieren. Wen wundert es da noch, daß das Gefühl des Ausgeliefertseins überhandnimmt, daß der eigene Vorteil auch dort höher eingeschätzt wird, wo es um das Wohl des Ganzen geht? Die Begriffe, die seit Jahrhunderten große Bedeutung hatten, sind abgenutzt, wenngleich ihre Inhalte geblieben sind; die großen Ideale sind nicht viel mehr als Worte. Das Positive fehlt. Das vergangene Jahr war an positiven Ereignissen recht arm. Wann hatten die Chro- nisten wirklich erfreuliche Meldungen zu verbreiten? Mit Ausnahme des Waffenstill- standes in Algerien gab es kaum eine gute Nachricht von wirklicher Bedeutung. Und auch hier sind Einschränkungen zu machen: dieser Waffenstil id war nur der Schlußpunkt einer Entwieklung, die kommen mußte, er war die möglichst elegante Beendigung einer un- haltbar gewordenen Situation. Man könnte zu den guten Nachrichten des Jahres auch das Ende der Kuba- Krise rech- nen, aber der Beginn dieser Krise ist ja eben- falls ins Jahr 1962 zu datieren, so daß sich hier Plus und Minus die Waage halten. Kuba War der große. dieses Jahres, und heide Großmächte die USA wie Sowietrußg- land— haben 9 0 ihre Bewährungsproben bestanden, die Amerikaner in puncto Ent- schlossenheit, die Russen in puncto Maßhalten und Besonnenheit. Freilich wäre, wie gesagt, diese ganze Krise nicht notwendig gewesen, und es ist sehr die Frage., ob die ganze Aus- einandersetzung nicht einen ganz anderen Ver- lauf genommen hätte, wäre auf der Zucker- insel nicht ein so sprunghafter und unbere- chenbarer blindwütender Fanatiker wie Fidel Castro, von dem selbst die Russen behaupten, man könne nicht mit ihm verhandeln, gewe- Sen. Castro wird auch in dem vor uns stehen- den Jahr den Amerikanern manche harte Nuß zu knacken geben. Die große Umwälzung des Jahrzehnts voll- zieht sich in Afrika, und man vermag heute auch mit dem besten Willen nicht zu beurtei- len, wie spätere Generationen das Mündig- werden Afrikas beurteilen werden. Im ver- gangenen Jahr sind mehr als ein Dutzend afri- kanische Staaten unabhängig geworden, und die bange Frage ist: Werden sie die neu ge- wonnene Freiheit auch richtig zu gebrauchen wissen? Werden sie die Hilfen, die sie als„un- terentwickelte“ Länder von den europäischen und amerikanischen Staaten erhalten., gut an- legen? Bis jetzt besteht nicht allzu viel Hoff- nung. Wir haben das Beispiel des Dr. Nkru- mah vor uns, der Ghena wie ein absoluter Fürst regiert, und wir haben die Misere im Kongo, wo sich die Fronten innerhalb eines Jahres verdreht haben: Lumumba-Feind Tschombéè ist aus einem„kapitalistischen Pro- Westler“ zu einem Favoriten Moskaus gewor- den, und die Regierung in Leopoldville ge- nießt den besonderen Schutz der Amerikaner. Hier bahnt sich so etwas wie eine Fortsetzung der Kuba-Krise auf einem anderen Territo- rium an, und Afrika droht zum kommenden Krisenherd zu werden. Nicht nur in Afrika, auch an vielen anderen politischen„Fronten“ haben sich die Situa- tionen und Ausgangsstellungen ganz entschei- dend gewandelt. Man braucht nur daran zu denken, daß allen Ernstes von der Möglich- keit gesprochen wird, die USA und die So- Wietunjon könnten sich gegen China verbün- den, daß die atomaren Streitkräfte der NATO vom Schwert zum Schild und die konven- tionellen NATO- Streitkräfte vom Schild zum Schwert werden sollen, daß die Sozialdemo- Kraten in Bonn nicht nur hoffähig geworden, sondern sogar von den Christlich-Sozieſen umworben sind, daß ein so starker Mann wie Franz Josef Strauß über seine eigene Macht und sein eigenes Naturell gestolpert ist, und daß ein aufsässiges Presseorgan den Anstoß zu einer Krise gegeben hat, von der die scheinbar so festgefügte Bundesrepublik sich so schnell nicht wieder erholen wird. Uperraschungen wird es auch im Neujahrs- Gottesdienst im Ulmer Münster den Jahr geben: niemand vermag sie zu ver- hindern, die Großen nicht und erst recht nicht der Souverän, das Volk, das sich den Großen, deren Wahl es ermöglicht hat, ziemlich hilf- los gegenübersleht. Wir wissen nur so viel mit Sicherheit: das neue Jahr wird hart Wer⸗ den, mindestens in finanzieller Hinsicht. Die Zeit der gefüllten Bundeskasse ist vorbei, der Staat kann nicht mehr aus dem Vollen schöp- ken und seine Ausgaben von Jahr zu Jahr steigern. Der Wohlfahrts- und Gefälligkeits- staat, der um des eigenen Vorteils willen in Zwölfjähriger Arbeit aufgebaut worden ist, ist an der Grenze des Möglichen angelangt. Wir stehen vor der Frage, ob wir diese Gren- zen ohne Bedenken überschreiten wollen und dem Staat mehr geben, damit der Staat noch besser versorgen kann, oder ob wir auf ein gesundes Maß zurückfinden. Diese Frage ist nicht nur der Regierung, sondern jedem einzelnen von uns gestellt. Das deutsche Volk ist nach der Meinung von Experten schon wieder bei einer neuen Welle angelangt: nach der Freß-, Kleider- und der Reisewelle schwimmt es nun auf einer Gold- welle. Wir tanzen ums Goldene Kalb, das Volk hat sich— wohl weil es des Glaubens ist, gegen„die da oben“ sei es ohnehin macht- los— sich selbst zugewandt. Und die da oben“ haben ihm noch dabei geholfen, Jetzt kann man es übersehen: lange kann dies nicht mehr gut gehen, der Zeitpunkt ist nicht mehr fern, an dem wir, um den Staat zu er- halten, noch mehr aus eigener Tasche bei- steuern müssen, es sei denn, der Staat 26ge es vor, die Maßhaltepredigten der Staatsfüh- rung selbst zu befolgen, anstatt die Steuern zu erhöhen. Aber wir müssen immer wieder mit. zen keststellen; das Ideal eines Zusammen- der konzipierten, die Enifrem- mer größer, und selbst die Ab- geordneten, die in der politischen Verantwor- tung stehen, empfinden mitunter ihre Ohn⸗ macht. Die Folge ist die eingangs erwähnte Abkapselung, das Sich-Abfinden mit dem politischen Geschehen in seinen vier Wänden, der Rückzug in sich selbst. Nur ganz plötzliche, mit elementarer Wucht über uns hereinbrechende Hreignisse vermö- gen diese Kluft zu überbrücken. Bei der Ham- burger Flutkatastrophe, die wie ein drehen- des Memento den Beginn des vergangenen Jahres überschattete, fühlten wir alle, die Verantwortlichen und ihre Wähler, daß wir den Schicksalsmächten ausgeliefert sind. Selbst mit zentralen Warnanlagen und mit den fein- sten Meßgeräten ließ sich eine solche Kata- strophe nicht vorhersagen— das heißt, nach den Erfahrungen vom Februar 1962 wird sie sich wohl künktig voraussagen lassen, Ein sol- ches Unglück pflegt jedoch nicht allzu häufig zu kommen, und wer weiß, ob man in einigen Jahrzehnten nicht wieder so sorglos gewor- den ist, daß es wieder eine Katastrophe gehen kann, Wie denn überhaupt die Frage ist, ob die Verantwortlichen und die Völker, wenn Wieder einmal alles gut gegangen ist, niche wieder ihrer Verantwortung so müde werden,. daß ein neues Unglück über uns liereinprechen 8 kann. 9 Das Tor zum neuen Jahr steht weit offen. Wir wissen, daß es kein leichtes Jahr werden Wird. Aber wann gab es schon auf der Welt leichte Jahre? Einer, der das deutsche Volm herrlichen Zeiten entgegenführen wollte, das Gegenteil erreicht. Wir haben im abge- laufenen Jahr ein. Silberstreifen n poli- 0 ir auch an der G Lanner nde noch eini- Err ee, Adee ee Eine Signaleinheit von 150 Gurkha-Soldaten Soll Mitte Februar 1963 als Teil der britischen Rheinarmee in der Bundesrepublik stationiert Werden Die Gurkhas stammen aus dem Hi- malaja- Königreich Nepal. Das Schulgeschwader der Bundesmarine wird zum ersten Male eine marokkanische Hafenstadt. Casablanca, besuchen. Drei einzelne Schüsse gaben Ostberliner Grenzpolizisten an der Sektorengrenze im Be- Zirk Kreuzberg ab. Die Ursache konnte nicht erkannt werden. Das Kroatische Nationalkomitee bedauerte, daß die kroatischen Attentäter bei ihrem An- Schlag auf die jugoslawische Handelsmission in Mehlem am 29. November das ihnen in Deutschland gewährte Gastrecht verletzt ha- en. Papst Johannes XXIII. wurde von dem amerikanischen Nachrichtenmagazin„Time“ zum„Mann des Jahres“ ernannt. 1953 war Adenauer, 1857 Chruschtschow„Mann des Jahres“. Ihr erstes bemanntes Mondschiff werde die Sowjetunion möglicherweise schon 1964 oder 1965 auf die Reise schicken, deutete der pro- minente sowjetische Wissenschaftler Blagon- rawWowꝛ an. Fast 900 Kommunisten seien Mitte Dezem- ber in Indien verhaftet worden, berichtet die sowjetische Parteizeitung„Prawoda Unter der Uberschrift„Gefährlicher Weg“. Exkkönig Leopold von Belgien hat alle Mel- dungen energisch zurückgewiesen, nach denen er die Absicht hat, sich von seiner Frau schei- den zu lassen. Lebenslänglich Zuchthaus für Fluchthelfer Seidel Empörung im Westen über das„Terrorurteil einer unmenschlichen Gewaltherrschaft“ 0 Berlin(dpa). Als verbrecherische Verletzung der Menschenrechte haben Politiker der Bundesrepublik und Westberlins das Urteil gebrandmarkt, mit dem der Erste Strafsenat des„Obersten Gerichts der DDR“ den Westberliner Fluchthelfer Harry Seidel am Sams- tag lebenslänglich ins Zuchthaus geschickt hat. Das Urteil, das dem Antrag des Zonen-Gene- ralstaatsanwalts Josef Streit entspricht, erging auf Grund des Zonengesetzes zum Schutze des Friedens“. Der 24 jährige Harry Seidel, der zur Spit- zenklasse der Radsportler in der Sowjetzone gehörte, hatte sich am 13. August 1961 in Westberlin aufgehalten, Er entschloß sich, dort zu bleiben, da das Zonenregime an diesem Tag mit der Errichtung der Sperrmauer be- gann. In der Nacht zum 15. November 1962 War er auf der östlichen Seite eines unter der Zonengrenze bei Düppel(amerikanischer Sek- tor) gegrabenen Tunnels von Zonenpolizisten überwältigt und festgenommen worden. Der Bau des Tunnels, an dem eine Gruppe von Westberlinern vier Wochen lang gearbeitet hatte, ist nach den Vermutungen der Westber- liner Polizei den östlichen Grenzposten ver- raten worden. Seidel wollte den Tunnel allein dazu benutzen, seine noch in der Zone lebende Mutter in die Freiheit zu holen. In der Urteilsbegründung betonte der Prä- sident des Obersten Zonengerichts, Dr. Hein- rich Töplitz, daß„die Verbrechen des Seidel eine unmittelbare Verwirklichung der Ge- Waltpolitik der Bonner Ultras darstellen“. Der „republikflüchtige Gewaltverbrecher Seidel“ habe sich„in den Dienst solcher Diversions- Agenturen Wie des Bundesamtes für Verfas- sungsschutz gestellt“. Er habe„unter dem Dehler attackiert die Politik der Bundesregierung Integration an den Westen vertieft Spaltung Majonica anderer Meinung Frankfurt(dpa). Die gesamtdeutsche Verpflichtung der Bundesrepublik haben die Bundestagsabgeordneten Dehler FDP), Weh- ner(SPD) und Majoniea(CDU) im Hessischen Rundfunk unterstrichen. In der besonders für Mitteldeutsche Hörer bestimmten Sendung „Brücke über Werra und Fulda“, forderte Dehler mit leidenschaftlichen Worten erneut eine eigene deutsche Initiative für die Wie- dervereinigung. Dehler bestritt entschieden, daß der Status quo einer Bundesrepublik, die Politisch wie wirtschaftlich in das kleine west- liche Europa und militärisch in die NATO integriert sei, den Westmächten und dem Frieden der Welt dienlich sei. Der letzte Deutsche zumindest sollte erkannt haben, daß diese Integration zwangsläufig die deutsche Spaltung vertiefe.„Wer diesen Weg fort- Setzen will, soll sich künftighin scheuen, noch- Mals von Deutschland und seiner Einheit zu Sprechen.“ In Gegensatz zu Dehler vertrat der CDU- Bundestagsab geordnete Majonica die Auffas- SUng, daß die Einheit Europas mit ihrer Dyna- mik die Wiedervereinigung begünstige. Er Sagte, die weltpolitische Gesamtentwicklung Werde für den Westen in der Zukunft größere Politische Chancen bringen. Wenn die aggres- sive Politik der Sowjetunion scheitere, werde Sich auch eine Möglichkeit für die Wiederver- einigung ergeben. Jeder verspürte starkes Unbehagen Bensheim(dpa)., 1962 habe es erstmalig seit der Gründung der Bundesrepublik eine Ernste innenpolitische Krise gegeben, stellte der Vorsitzende der CDU/ CSU- Bundestags- Traktion, von Brentano, in einem Grußwort ZU Jahreswechsel an die Bewohner seines Wahlkreises Bergstraße fest. Es habe keinen Zweck, darum herumreden zu wollen. Jeder Deutsche habe in den letzten Wochen ein starkes Unbehagen verspürt, auch die Politi- ker in Bonn. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Her- bert Wehner hob die Ubereinstimmung zwi- schen Bundesregierung und Opposition in den nationalen Fragen hervor. Wichtigstes Erfor- dernis der Außenpolitik ist es nach den Wor- ten Wehners im nächsten Jahr, den Zusam- menhalt des deutschen Volkes nicht durch Enttäuschungen und Propagandathesen zer- Stören zu lassen. ‚„‚Wenn wir das Ziel nicht aus dem Auge verlieren, führen auch Umwege Weiter.“ Feuerschutz Westberliner Bereitschaftspolizei mit Waffengewalt heimtückisch die DDR- Staatsgrenze unterminiert, Terrorakte insze- niert und Menschenschmuggel organisiert“. Das Zonengesetz zum Schutze des Friedens vom 15. Dezember 1950 ist, wie Westberliner Beobachter erklärten. im Falle Seidel zum erstenmal auf einen Fluchthelfer angewandt worden. In Westberlin schließt man daraus, daß die in dem Gesetz vorgesehenen harten Strafen, zu denen auch die Todesstrafe zählt, nunmehr auch zur Abschreckung von Flucht- helfern angewendet werden sollen. Der Bundesminister für Gesamtdeutsche Fragen, Barzel, erklärte, das Urteil gegen Harry Seidel gehe nicht nur alle Deutschen, sondern auch die vier Mächte an. Durch die- Ses neue Terrorurteil habe sich das kommu- nistische Regime wieder einmal demaskiert U und sich als das gezeigt, was es in Wirklich- keit sei:„Eine zutiefst unmenschliche fremde Gewaltherrschaft“ Der Berliner Regierende Bürgermeister Willß Brandt nannte den Spruch der Ostberliner Richter ein„Schand- urteil der modernen Inquisition eines Un- rechitsstaates“. Brandt äußerte die Hoffnung. „daß die Welt gegen diesen Racheakt der kommunistischen Machthaber Sturm laufen Wird“. Uber 300 politische Urteile Berlin(dpa). 339 politische Urteile sind nach einer Zählung des Untersuchungsaus- schusses freiheitlicher Juristen in diesem Jahr bis zum 15. Dezember in der Sowjetzone ver- hängt worden. Dreimal hätten die sowjetzo- nalen Richter dabei die Todesstrafe ausge- sprochen und in neun Fällen auf lebensläng- lich Zuchthaus erkannt. 17 Angeklagte seien zu Zuchthausstrafen zwischen zehn und 15 Jahren verurteilt worden. Außerdem hat der Untersuchungsausschuß in diesem Jahr meh- rere Hundert Verhaftungen aus politisches Gründen registriert. Um bessere Beziehungen zu Moskau bemüht Adenauer sendet Neujahrsgrüße an Kennedy und Chruschtschow Bonn(dpa). Bundeskanzler Adenauer hat Zum Jahreswechsel zahlreichen ausländischen Staatsmännern und Politikern telegrafisch Neujahrsgrüße übermittelt. Einen Neujahrs- gruß erhielten unter anderen Kennedy, de Gaulle, Macmillan, Chruschtschow, Nehru und Papst Johannes XXIII. Auch an den früheren amerikanischen Präsidenten Eisenhower und Sir Winston Churchill sandte der Kanzler Telegramme. In dem Telegramm an Chruschtschow spricht der Bundeskanzler die Hoffnung aus, daß die Bemühungen der verantwortlichen Staats- männer darauf gerichtet sein werden, auch im kommenden Jahr den Frieden zu erhalten. Die Bundesregierung werde ihre ganze Kraft für die Prinzipien der Gerechtigkeit und des Friedens einsetzen. Unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des deutschen Im Januar fallen wichtige Entscheidungen Schröder zur außenpolitischen Lage- Bonn(dpa Wichtige Entscheidungen hat Bundesaußenminister Schröder bereits für den Monat Januar des kommenden Jahres vorausgesagt. In einem Interview für die „Welt am Sonntag“ erklärte Schröder, vom Besuch des Bundeskanzlers in Paris erwarte er konkrete Beschlüsse über eine engere Zu- sammenarbeit zwischen der Bundesrepublik und Frankreich. Dies betreffe sowohl die Außen- und Verteidigungspolitik als auch Zahlreiche kulturelle Fragen. Die zweite weitreichende Entscheidung fällt nach den Worten Schröders in London. Hier hofft der Außenminister mit führenden Mit- gliedern der britischen Regierung die noch offenen Fragen des britischen EWG- Beitritts Klären zu können. Eines der wichtigsten Themen, das in Lon- don und Paris erörtert wird, ist nach Schrö- ders Darstellung die NATO- Strategie. Schrö- der, der dazu erstmals nach den Besprechun- gen zwischen Kennedy und Macmillan auf den Bahamas Stellung nahm, teilte mit, daß er fest mit einer weiteren Verstärkung der konventionellen Streitkräfte rechne. Gleich- NATO- Strategie wichtigstes Thema zeitig begrüßte er eine von allen NATO- Mächten gemeinsam aufzustellende euro- päische Atomstreitmacht. Den jüngsten Brief des sowjetischen Mini- sterpräsidenten Chruschtschow an den Bun- deskanzler nannte der Außenminister ein Propaganda- Manöver. Die Forderung der So- Wijets, die westalliierten Streitkräfte in West- berlin durch UN-TPruppen zu ersetzen, lehnte er entschieden ab. Oberst Martin wieder frei Karlsruhe(dpa). Der Bundesgerichtshof hat am Samstag den Haftbefehl gegen Bun- deswehroberst Alfred Martin aufgehoben. Oberst Martin, der dem Verteidigungsministe- rium angehörte, war am 28. November 1962 im Zusammenhang mit der„Spiegel“ Affäre verhaftet worden. Von der Bundesanwalt- schaft wurde erklärt, der Senat halte dringen den Verdacht des Landesverrats nach wie vor für gegeben, verneine jedoch Flucht- und Verdunkelungsgefahr. In Haft sind jetzt nur noch„Spiegel“- Herausgeber Augstein und „Spiegel“-Redakteur Schmelz. Volkes und der Völker der Sowjetunion werde sie weiterhin eine Verbesserung der Bezie- hungen zwischen den beiden Ländern an- Streben. Präsident Kennedy dankt der Bundeskanz- ler dafür, daß die freie Welt am Ende dieses Jahres stärker dastehe als zu Beginn 1962. Mit Hoffnungen ins neue ahr Allensbach(dpa). Hoffnungsvoll wie Selten seit Ende der vierziger Jahre siekt die Bevölłerung der Bundesrepublik an der Jahreswende in die Zukunft. Nach einer Repräüsentativ- Befragung des Insti- tuts für Demoskopie Allensbach dußerten gut drei Fünftel(61 Prozent) der 2000 Be- fragten, se gingen„mit Hoffnungen“ in das Jahr 1963.„Mit Befürchtungen“ wen- den sich 13 Prozent dem neuen Jahr zu, und etwa jeder Vierte(26 Prozent) äußert sich skeptisch oder unschlüssig. Ein Jahr zuvor hatten die Hoffnungsvollen nur 44 Prozent, die Furcktenden 25 Prozent und die Skeptischen und Unentschiedenen 31 Prozent erreicht. Das„optimistische“ Er- gebnis der Neujahrsumfrage des Instituts, chie in jedem Dezember seit lag angestellt Wird, wurde in den vergangenen 14 Jah- ren nur einmal— 1959— übertroffen, Die Hoffnungsvollen erreichten damals 65 Pro- Zent. Die Deutschen würden fest zum befreundeten Amerikanischen Volk stehen. In dem Tele- Sramm an de Gaulle stellt Adenauer fest, daß das Jahr 1962 die Besiegelung der deutsch- französischen Gemeinschaft gebracht habe. Für die SED ein Krisenjahr Berlin(dpa). Das Jahr 1962 war nach Ansicht des Staatssekretärs im Bundesmini- Sterium für Gesamtdeutsche Fragen, Thedieck, für die SED ein Krisenjahr. In seinem w chentlichen Rundfunkkommentar über den Sender Rias vertrat Thedieck die Auffassung, daß sich die Verhältnisse in der Sowjetzone in den letzten zwölf Monaten immer mehr zugespitzt haben. Olk geopgd er n ROMAN AUS UEN SEROEN TVo SLisaBETA Hie fHlLER Oopyright by„Litag“ Westendorf, durch Verlag v. Graberg&. Görg, Wiesbaden (25. Fortsetzung) „Ich geh' nach Moosboden und fahr' mit dem Sechs- Uhr-Bus zum Bahnhof“, erklärt er Loni.„Dann nehm' ich den Nachtzug. Ich Hoffe, daß ich morgen vormittags alles er- ledige. Dann kann ich am späten Abend wie- der da sein. Mit dem Lochbichler hab' ich schon alles abgemacht.“ „Wer ist der Lochbichler?“ fragt Loni. „Der Zimmermann. Zuerst kommt noch der Maurer mit seinen Gesellen herauf, der Tann heimer, Sie heben den Grund für den Unter- 8 bau aus und stellen die Mauern auf.“ Loni strahlt über das ganze Gesicht. Hast es der Mutter schon gesagt?“ „Nein, Ich will die Mutter überraschen. Wenn die Säge einmal blitzblank am Schluchtausgang steht, werd' ich die Mutter hinauftragen. Dann 8011 sie die bunten Schlei- ten auf dem Firstbaum knüpfen und den erleuten den Trunk reichen. ein Pauli zieht das Mädchen ani sich.„Jetzt darf hon von Liebe reden, geit Loni?“ lickte ihn 18 an.„Ja, Paul. Na- dem Zwiespalt, in dem ich war.“ Vielleicht ist es so“, sagt Loni. Aber ihre Miene drückt doch leisen Zweifel aus. „Hauptsache, daß du bei mir bleibst“, fährt Paul fort. „Jad, Paul! Ich bleib' bei dir!“ Loni hält seine Hand fest. Dann neigt sie sich ihm zu und küßt Paul auf den Mund. Ex schlingt seine Arme um ihren Hals. „Du weißt gar nicht, wie glücklich du mich gemacht hast, Mädel! Warum kannst du nicht mehr so heiter sein wie früher?“ „Ich kann an das Glück noch nicht glau- en, Paul! Irgend etwas hängt über uns, seit- dem du mit Ulrich aus der Stadt zurückge- kommen bist, ohne daß er dir den Hof über- schrieben hat.“ „Aber Loni!“ Ein Schatten zieht über Pauls Gesicht. Du bist doch sonst nicht so, 80 berechnend. Du hast mich einmal getadelt, weil ich dir überhaupt davon erzählt hab', von der beabsichtigten Umschreibung. Und nun bist du auf einmal so ängstlich.“ „Nicht für mich, Paul!“ Loni entwindet sich seinen festen Armen. „Wirklich nicht meinetwegen. Ich kann heute auf das Schiff zurückgehen oder in eine Klinik. Ich werd' immer und überall mein Brot finden, wenn es „Warum sprichst du nicht weiter?“ „Wenn es einmal anders kommen sollte!“ „Aliders?“ Paul schüttelt den Kopf. Ulrich wird sein Versprechen halten, das weiß ich. ES muß doch nicht gleich sein. Oder nimmst du mich nur, wenn ich der Bauer auf dem Rauthof bin?“ Loni atmet schwer auf., Sie gibt keine Ant- Wort, Paul blickt sie befremdet an. Er sucht die Gedanken hinter ihrer Stirn zu erraten. „Hast du Ulrich gestanden, dag du mich 13 lieb 5 kragt Loni plötzlich. heut' morgen, Ich hab' ihm gesagt, dag ich dich Heiraten will. Ich hab' mich end- Uich ihm gegenüber aussprechen müssen in „Und was hat was hat Ulrich gesagt?“ Ich weiß es nicht mehr genau. Etwa, daß ch ja schließlich das längst gedacht hätte, nach e was er ee Hat, und was ernst ist, hat er nicht geben daß ich an eine baldige Hochzeit denkx!. Loni lächelt glückselig. 5 85 hast du ja nicht einmal mir gesagt!“ „Muß man immer alles sagen?“ fragt er. Seine rechte Hand streicht ihr zärtlich über die Wange. Loni schüttelt verlegen den Kopf. „Nun ist aber alles klar zwischen uns, nicht Wahr?“ Loni senkt die Stirne.„Ja, Paul, aber du mußt jetzt deine Sache in Ordnung bringen!“ „Die ist doch in Ordnung, Loni. Jetzt hol' ich nur noch das Geld.“ „Die Sache mit Ulrich, mein' ich! Es muß sein, hörst du!“ Paul blickt das Mädchen befremdet an.„Du hast doch sonst nie darauf gedrungen. War- um tust du es beut? Willst du mich denn anders nicht nehmen?“ „Du migßverstehst mich“, flüsterte sie. „Dann ist's ja gut. Nun muß ich gehen.“ Paul wirft einen Blick auf seine Uhr. Dann küssen sie sich lange. „Das war der Brautkuß“, flüstert er ihr ins Hr. Das Mädchen fühlt einen kalten Schauer am Rücken. „Noch immer so angstvoll?“ fragt er la- chend.„Oder willst du zeitlebens Apollonia Armbruster heißen?“ Toni lehnt stumm ihre Wange an sein Ge- Sicht.„Ach was“, jauchzt er froh. Seine Muskeln straffen sich, er hebt Loni in die Höhe und wirbelt sie im Kreis herum. Dann Stellt er sie vorsichtig auf den Boden.„Jetzt muß ich aber springen, wie der Bock, wenn der Jäger knallt. Leb! wohl, Loni!“ „Bleib“ noch, Wart' noch“, bittet sie laut. »Ich weis nieht, Paul, ich hab solche Angst! Angst um dich, Angst um das Sägewerk. Nimm das Geld noch nicht, wach erst Alles andere sicher!“ „Aber Mädel! Sicher 181. nichts 215 der Welt, das Geid Schon Kar ment! Nur dag ich die Pf leb e das 5 ist sicher!“ ich ihm angedeutet hab'. Nur, daß es 80 Loni wirft noch ein letztes Mal ihre Arme um seinen Hals. „Ja, Paul. Ich hab' dich ja auch so liebt Das Leben ist doch schön!“ 5 „Und ob es schön ist, Loni! Du hast recht. Es kriegt ja auch nicht jeder Mann so ein liebes Mädel wie dich, das immer nur auf sicher geht, gelt!“ Loni lacht.„Jetzt willst mich ärgern! Leb wohl!“ Er sieht nicht, daß sie bereits ihr Gesicht abgewendet hat und die Hände an ihre Wangen preßt, die jetzt von Tränen naß sind. 85 Loni ist an diesem Abend früh in ihre Kammer gegangen. Auch die Mutter hat sich bald zur Ruhe begeben. Ulrich war spät mit Sabine vom Heuen gekommen. Er lebt jetzt fast wie ein Gesunder, nur daß er keine schwere Arbeit macht. Unten in der Küche hört Loni das Geschirr klappern, das Sabine trocknet. Nach einer Weile vernimmt sie ihre Schritte, die langsam durch den Gang tappen. Dann wird es still im Haus. Loni hört nur das Rauschen des nahen Wildbaches. Sie macht ihr Bett sorgsam zurecht, dann Kkämmmt sie ihr Haar vor dem Spiegel. Eine leichte Bewegung der Tür läßt Loni herumfahren. Jetzt öffnet sich diese ganz. Ulrich steht im Türrahmen. Dann macht er einen kleinen Schritt vor und schließt die Mir „Was gibt's?“ fragt Loni erschrocken.„Ist etwas mit der Mutter?“ Ulrich gibt keine Antwort. Das Kerzenlicht 5 beleuchtet den rotgeblümten VUeberzug des- Bettzeuges, dem ein starker Lavendelgeruch entströmt. Loni steht e 5 in den Gang offen Draußen am Waldrand ächzt ein Vogel. Was Willst du?“ fragt Loni nach einer Weile. 1 sagen, de 5 noch nicht reif für e 1 bine 5 Gorssekaung tele 1 an der Wand. Das Blut pocht in ihren Schläfen. Die Tür ist nicht Sanz geschlossen, sie 180 einen dunklen Spalt 5