ift 285 Erscheint: montags, mittwochs, freitags und samstags. Frei Haus 2.20, im Verlag abgeholt 1.80, durch die Post 1.80 zuzügl. Zustellgebühren.— Einzelnummer 15 Pfg. Süddeutsche Heimatzeitung für Mannheim-Seckenheim und Umgebung Telefon 87 12 16 Anzeigenpreise: die 6= gespaltene Milli- 18 Pfg.— Preisliste Nr. 2 Abbestellungen können nur bis 25. auf Monatsersten angenommen werden. Mmeterzeile den Nr. 184 Samstag, 23. November 1963 15./63. Jahrgang Präsident Kennedy fand durch Attentat den Tod Gouverneur Connally schwer verletzt Trauer und tiefe Bestürzung in aller Welt Dalla s/ Texas(dpa). Der amerikanische Präsident John F. Kennedy ist am Freitag bei einem Attentat in Dallas im US-Südstaat Texas ums Leben gekommen. Kennedy wurde von einem oder mehreren unbekannten Schützen durch einen Gewehrschuß niedergestreckt, als er im offenen Wagen mit dem texanischen Gouverneur Connally durch die Straßen von Dallas fuhr. Connally wurde lebensgefährlich verletzt. Kennedy brach nach dem Attentat, von einem Kopfschuß getroffen, in seinem Wagen zusammen. Obwohl das Fahrzeug sofort in rasender Geschwindigkeit zum nächstgelege- John F. Kennedy 7 nen Hospital fuhr, wo sofort eine Bluttrans- fusion vorgenommen Wurde, war das Leben des 46jährigen nicht mehr zu retten. Gouver- neur Connally kämpft im gleichen Kranken- haus um sein Leben. Er wurde sofort Ope- riert. 5 Der Präsident war nach Texas gekommen, um seine schwindende Popularität in diesem für die nächsten Präsidentschaftswahlen wich- tigen Staat aufzufrischen. Er war bereits am Donnerstag mit seiner Frau Jacqueline einge- troffen. Noch ist das Motiv der Attentäter nicht be- kannt. Erste Vermutungen sprechen jedoch da- von, daß die Rassenpolitik des Präsidenten, die ihm in den Südstaaten der USA viele er- bitterte Feinde brachte, das Leben kostete. Kennedy setzte sich nachdrücklich für die Volle Gleichberechtigung der amerikanischen Neger ein. Der Friedensmarsch von weit über hunderttausend weißen und farbigen Ameri- Kkanern nach Washington War eine eindrucks- volle Demonstration der Unterstützung der Rassenpolitik Kennedys. Die Gattin des Präsidenten, Jacqueline Kennedy, schien äußerlich beherrscht und ruhig zu sein, als sie mit ihrem sterbenden Mann das Krankenhaus betrat. Unmittelbar nach dem Attentat war sie mit dem Schrei „nein, nein“ zusammengebrochen. Ihre Kleider Waren mit dem Blut ihres Mannes völlig ver- schmiert. Inzwischen fahnden Polizei-, Kriminal- und Geheimdienstbeamte nach den Attentätern. FBI-Chef Edgar Hoover hat alle verfügbaren Beamten bereits auf ihre Spur gehetzt. Ein Gewehr, das als Mordwaffe angesehen wird, wurde sichergestellt. In der amerikanischen Bundeshauptstadt Washington ist, wie im ganzen Land, die Be- stürzung kaum zu beschreiben. Polizisten nahmen in Dallas den 24 Jahre alten Lee H. Oswald in einem Kino im Zu- sammenhang mit dem Attentat fest. Oswald, der laut schrie, hatte eine Pistole bei sich. Er Sagte zu den Polizisten:„Jetzt ist alles vor- bei.“ Die Menschenmenge, die die Festnahme Oswalds beobachtete, mußte von den Polizi- sten gewaltsam zurückgehalten werden. Flagge am Weißen Haus auf halbmast Am Weißen Haus in Washington wurde die Flagge in Anwesenheit von etwa 200 Men- schen auf halbmast gesetzt. Die Arzte im Ho- spits! ir Dallas erklärter, dei Präsident Sei 1 an Wunden im Kopf und im Hals gestorben. Die Wunden seien möglicherweise durch eine einzige Gewehrkugel verursacht worden. Ken nedy habe von dem Zeitpunkt des Attentats bis zu seinem Tode das Bewußtsein nicht Wieder erlangt. Etwa eine Stunde nach Kennedys Tod wurde seine Leiche in einem Ambulanzwagen aus dem Krankenhaus fortgeschafft. Seine Frau Jacqueline fuhr mit ihm. Sie machte einen be- nommenen und erschütterten Eindruck. Ken nedy wurde wenig später nach Washington übergeführt. Zwei Brüder des Präsidenten, Justizminister Robert sowie Senator Edward Kennedy, flo- Sen kurze Zeit nach der Todesnachricht vom Euftstützpunkt Andrews bei Washington nach Dallas. Edward Kennedy erreichte die Nach- richt, als er dem Senat präsidierte. Er sagte kein Wort und verließ den Sitzungsraum. Außenminister Rusk und Verteidigungs- minister MeNamara., die sich auf einen Flug nach Japan befanden, ließen bei der Nach- richt vom Attentat ihre Maschine sofort wen- den. Rusk und MeNamara hatten auf Hawaii an einer Konferenz über die Politik in Süd- Liebe und Dank weit Die Bestürzung und Verzweiflung in den UN und unter den Diplomaten war ebenso groß wie unter den Bewohnern New Vorks. Vor den Sitzen der USA-Delegation bildete sich in der Vollversammlung eine lange Reihe kondolierender Diplomaten. Der venezolani- sche Präsident der UN- Vollversammlung for- derte die Mitglieder und die Zuhörer auf den Tribünen auf, in einem stillen Gedenken an den Toten sich von den Sitzen zu erheben. Die amerikanische Botschaft in London Wurde in den Abendstunden pausenlos von Engländern angerufen, die ihren Schock und ihr Mitgefühl für das amerikanische Volk zum Ausdruck bringen wollten. Premiermini- ster Douglas-Home brach sofort seinen Wo- chenendurlaub ab und kehrte in seinen Amts- Sitz zurück. Der französische Premierminister Pompidou brach bei der Todesnachricht in die Worte aus:„Schrecklich, das ist fürchterlich.“ Der niederländische Ministerpräsident Ma- riqnen fürchtet, dag das niederträchtige Atten- tat ernste Konsequenzen in der internationa- len Politik nach sich ziehen wird. In einer Ansprache über die Fernsehsender der Bundesrepublik würdigte Bundestagsprà- sident Dr. Gerstenmaier Präsident Kennedy Als den großen Hüter amerikanischer freiheit licher Tradition im Geiste Lincolns. Es sei keine Sulbe zu viel gesagt, wenn man be- haupte, das deutsche Volk stehe mit Erschüt- terung vor dem Tod Kennedys, der als strah- lender junger Mann der Hoffnung erst vor Wenigen Monaten unter uns gewesen sei. Nie- Vietnam und die Sicherheit im südost-asiati- schen Raum teilgenommen. Bereits eine halbe Stunde nach dem Tod des Präsidenten wurde der bisherige Vize- Präsident Lyndon Johnson als Nachfolger Kennedys vereidigt. Innenminister Höcherl ordnet Trauerbeflaggung an Bonn(dpa). Unmittelbar nach Bekannt- werden der Todesnachricht hat Bundesinnen- minister Hermann Höcherl am Freitagabend angeordnet, daß sämtliche Bundesbehörden von sofort an halbmast flaggen. Auch die Gebäude der Bundeswehr werden die Flaggen am Samstag auf halbmast setzen. Diese An- ordnung traf der Staatssekretär im Bundes- verteidigungsministerium, Volkmar Hopf, an Stelle des abwesenden Verteidigungsministers von Hassel. Das Attentat hat in der ganzen Welt Ent⸗ setzen und Bestürzung ausgelöst. Aus allen Erdteilen treffen in Washington Beileidstele- Sramme ein. Aus den ersten Kommentaren der Staatsmänner und Politiker Spricht tiefe Betroffenheit und Sorge um die Zukunft. Mit Bestürzung nahm Papst Paul VI. die Nachricht auf. Er brachte seinen Schmerz in einem Beileidstelegramm nach Washington zum Ausdruck. über das Grab hinaus mals zuvor, sagte Gerstenmaier, sei einem Sohn Amerikas in Deutschland ein solcher Empfang zuteil geworden wie John F. Ken- nedy bei seinem Besuch. Der amerikanische Präsident sei ein Mann gewesen mit Kühnheit und Besonnenheit, der Alle deutschen Herzen entflammt habe. Die Liebe und der Dank und das Gefühl der gro- Ben und aufrichtigen Trauer des deutschen Volkes über das Grab hinaus gelte jetzt sei- ner tapferen jungen Frau, seinen Kindern, allen, die ihm lieb gewesen seien und seinem Sanzen Volke. Mit dem Wunsch, daß Gott den neuen amerikanischen Präsidenten Johnson und sein Volk beschützen möge, beschloß der Bundestagspräsident seine kurze Gedenk- ansprache. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt gab zu dem Tod des Präsidenten der DSA, John FE. Kennedy, folgende Stellungnahme ab: „Eine Flamme ist erloschen für alle Menschen, die auf einen gerechten Frieden und ein bes- sSeres Leben hofften. Die Welt ist an diesem Abend sehr viel ärmer geworden. Die Mel- dung über den Tod Präsident Kennedys er- füllt meine Mitbürger und alle rechtschaffe- nen Deutschen in beiden Teilen dieses Lan- des mit tiefer Trauer. Ich bin selbst tief be- troffen durch das Hinscheiden dieses Mannes, mit dem ich mich vertrauensvoll und freund- schaftlich verbunden wußte. Wir trauern mit seiner Familie und mit dem Volk der Ver- einigten Staaten. Präsident Kennedy hat uns vor wenigen Monaten durch des schlichte Wort geehrt, er sei ein Berliner. Mit dem ersten Bürger der freien Welt hat Berlin seinen besten Freund verloren, Ich bitte alle Berliner, am Samstag zwischen 19.00 und 20.00 Uhr Kerzen des Gedenkens und der Dank barkeit in die Fenster zu stellen. „Die Nachricht vom Tode Kennedys trifft das deutsche Volk in tiefer Erschütterung“, Sagte der FDP- Vorsitzende, Vizekanzler Dr. Erich Mende, unmittelbar nach Bekanntwer- den der Todesnachricht. Mende erklärte: „Alle diejenigen, die das Glück hatten, Prä- sident Kennedy bei seinem Deutschland-Be- such in Berlin und in anderen Städten per- sönlich kennenzulernen, hat tiefe Trauer er- fagt. Der Vorsitzende der CDU/ CSU-Bundestags- fraktion, Dr. Heinrich von Brentano, erklärte, der Tod des amerikanischen Präsidenten Ken- nedy bedeute für die ganze freie Welt einen unersetzlichen Verlust, den die Menschen Wahrscheinlich erst in Jahren ermessen wür den. Der Tod Kennedys stelle eine ungeheure Tragödie, eine menschliche Tragödie und dar- über hinaus eine politische Tragödie dar. Das deutsche Volk habe allen Grund, mit tiefer Dankbarkeit dieses Mannes zu gedenken, der sich unermüdlich für die Erhaltung des Frie- dens eingesetzt habe. Nach dem Tode Ken- nedys, so sagte Brentano, könne man nur mit großer Sorge der Zukunft entgegensehen. Als eine der erschütterndsten und entsetz- lichsten Nachrichten der letzten Jahrzehnte bezeichnete der stellvertretende Spp- Vorsit- zende Herbert Wehner die Meldung vom Tod Kennedys. Die Welt habe einen Mann ver- loren, dem sie Frieden, Freiheit und Sicher- Beit verdanke. Alle Menschen hätten Veran- lassung, sich an der Bahre des toten Präsi- denten mit besonderer Ehrfurcht zu verneigen. Erhard tief erschüttert Mit tiefster Erschütterung nahm Bundes- Kanzler Ludwig Erhard in seinem Sonderzug von Paris nach Bonn die Nachricht vom Tode Kennedys auf. Noch während der Fahrt hatte Erhard der Gattin des amerikanischen Präsi- denten und Präsident Johnson Beileidstele- gramme gesandt. Im Namen von Bundespräsident Dr. Hein- rich Lübke, der am Sonntag von seiner Asien- reise zurückkehrt, richtete Bundesratspräsi- dent Dr. Georg Diederichs Beileidstelegramme an den neuen US-Präsidenten Johnson und die Frau des verstorbenen Präsidenten. Der französische Staatspräsident de Gaulle erklärte am Freitagabend:„Präsident Ken- nedy starb wie ein Soldat im Feuer für seine Pflicht und im Dienste seines Landes. Im Na- men des französischen Volkes, das immer der Freund des amerikanischen Volkes War, er- Weise ich seinem großen Beispiel und seinem Gedächtnis den letzten Gruß.“ Kanzlerbesuch abgesagt Washington(dpa). Der seit langem vorbereitete Besuch Bundeskanzler Erhards in Washington vom 24. bis 27. November wird nicht stattfinden. Das amerikanische Außenministerium bestätigte am Freitag, daß der amerikanische Botschafter in Bonn, MeGhee, dem Auswärtigen Amt mitteilen mußte, die Einladung sei durch die tragischen Umstände nicht länger in Kraft. Stufenplan für Kriegsopfer versorgung veröffentlicht Weitere Grundrentenerhöhungen sollen zurückgestellt werden Verbesserungen von 1,25 Milliarden Bonn(dpa). Der Stufenplan für die Reform der Kriegsopferversorgung, den das Bundes- arbeitsministerium im Auftrag des Bundeskanzlers gemäß einer Vereinbarung der Haushalts- und Sozialexperten der Koalitionsfraktionen ausarbeitete, Wurde am Freitag veröffentlicht. Er sieht Verbesserungen von insgesamt 1,2432 Milliarden DM in zwei Raten Vor. Nach dem Plan, dem die Koalitionskommis- sion mit Ausnahme der CSU-Abgeordneten Dr. Maria Probst und das Kabinett zuge- stimmt haben, sind für die am 1. Januar 1964 in Kraft tretende erste Stufe 648,4 Millionen DM vorgesehen. Die Grundrenten sollen wie folgt erhöht werden: Minderung d. Erwerbsfähigkeit um* 40 DM 30 Prozent 50 DM 40 Prozent 70 DM 50 Prozent 90 DM 60 Prozent 120 DM 70 Prozent 160 DM 80 Prozent 200 DM 90 Prozent 230 DM bei Erwerbsunfähigkeit Darüber hinaus sollen am 1. Januar die Ausgleichs- und Elternrenten erhöht und der Berufsschadensausgleich für Witwen und Be- schädigte mit einer Erwerbsminderung von 50 Prozent und mehr eingeführt werden. Die über den Regierungsentwurf hinaus- gehenden Grundrentenerhöhungen sollen bis zum 1. Januar 1965 zurückgestellt werden. Von diesem Zeitpunkt an sollen sich die Grundrenten je nach Minderung der Erwerbs- fähigkeit wie folgt erhöhen: Minderung d. Erwerbsfähigkeit um 45 DM 30 Prozent 60 DM 40 Prozent 80 DM 50 Prozent 105 DM 60 Prozent 140 DM 70 Prozent 170 DM 80 Prozent 210 DM 90 Prozent 240 DM bei Erwerbsunfähigkeit. Gleichzeitig sollen auch die zusätzlichen Verbesserungen, wie die Erhöhung der Zu- schläge in der Elternversorgung, die Aufstok- Kung der Pflegezulage, des Pauschbetrages für Kleider- und Wäscheverschleig und des Be- stattungsgeldes wirksam werden. Die Leistungsverbesserungen vom 1. Januar bezifferte das Ministerium mit nominell 64,5 Millionen DM. Effektiv müßten 1964 aber nur 664,8 Millionen DM àusgegeben werden, weil die Feststellung einer Reihe neuer Leistungen einige Verwaltungsarbeit erfordert und nicht Sofort ganz erledigt werden kann. Das Minfsterium errechnete unter der Vor- aussetzung, daß alle Leistungsverbesserungen voll und nach den Vorstellungen des Kriegs- opferausschusses bereits am F. Oktober 1963 in Kraft treten sollten, von diesem Datum bis Ende 1964 einen Fehlbedarf von 643,6 Mil- onen DM. Der Bundeskanzler habe sich we- gen dieses erheblichen Fehlbedarfs, der nach Meinung der Regierung nur unter Gefährdung der Stabilitätspolitik gedeckt werden könnte, mit Zustimmung des Kabinetts und der Ex Hertenkommission der Koalition zu der stu- kenweisen Verbesserung entschlossen. Ollenhauer, der seit einigen Wochen krank in der Universitätsklinik in Bonn liegt, Befin- det sich auf dem Wege der Besserung. Der Abrüstungsausschuß der Vereinten Na- tionen hat beschlossen, die im August unter- prochenen Abrüstungsverhandlungen in Genf am 21. Januar 1964 wieder aufzunehmen. Adenauer hat Staatspräsident de Gaulle ein in herzlichen Worten gehaltenes Glückwunsch- telegramm zu seinem 73. Geburtstag übermit- telt. Moskau hat die Protestnote der USA zu- rückgewiesen, die wegen des Zwischenfalles auf der Inter zonen-Autobahn an die So Wie- tische Regierung gesandt worden War. London und Paris erhielten Abschriften der sowWjeti- schen Antwort. Aus den japanischen Parlamentswahlen ist die liberal- demokratische Regierungspartei als Sieger hervorgegangen. In Brüssel fanden erste Sondierungsge- Sräche über die zukünftigen Beziehungen Nigerias zur EWG statt. Bundeskanzler Erhards Paris-Besuch war ein voller Erfolg Gespräche in„herzlicher, freundschaftlicher und vertrauensvoller Atmosphäre“ paris(dpa). Die erste offizielle Fühlungnahme zwischen Bundeskanzler Erhard und dem französischen Staa tspräsidenten de Gaulle seit dem Amtsantritt des Kanzlers wird von deutscher und französischer Seite als voller Erfolg gewertet, obwohl in sachlichen Einzel- fragen nicht in allen Punkten volle Ubereinstimmung erzielt wurde. Der Bundeskanzler reiste am Freitag nachmittag nach Bonn zurück. In einem Abschlußkommuniquè wurde unter- strichen, daß die Pariser Gespräche in einer „herzlichen, freundschaftlichen und ver- trauensvollen Atmosphäre“ stattfanden. Er- neut wurde betont, daß die deutsch- französi- sche Zusammenarbeit keinen exklusiven Cha- rakter hat, sondern den übrigen Partnern der europäischen Gemeinschaften offensteht. De Gaulle und Erhard stellten Ubereinstimmung in der Deutschland- und Berlin-Frage fest, und unterstrichen das Recht der Selbstbestim- mung für das deutsche Volk. Bundeskanzler Erhard, der seine volle Zu- friedenheit über die Besprechungen äußerte, teilte mit, daß beide Seiten einen neuen Im- puls in der Frage der europäischen und poli- tischen Union für wünschenswert halten, ohne Lübke beendete Philippinen-Besuch Mit erzieltem Ergebnis durch deut Manila(dpa). Bundespräsident Lübke hat am Freitag mit einem Bankett in Manila den offiziellen Teil seines fünftägigen Staatsbe- suches auf den Philippinen beendet. Heute fliegt er über Bombay nach Beirut und von dort nach Bonn, wo er am Sonntag erwartet wird. Lübke kommt etwas früher als vorgesehen in Bonn an, um vor dem Abflug von Bundes- Kanzler Erhard nach Washington dort zu sein. Die fast vierwöchige Reise durch Asien hatte Lübke nach Persien, Indonesien, Hongkong, Japan und den Philippinen geführt. Mit dem Philippmen-Besuch sind Bundes- präsident Lübke und Staatspräsident Maca- pagal zufrieden. Dies geht aus dem am Freitag veröffentlichten gemeinsamen Kommuniqué hervor. Darin wird bekräftigt, daß die Ge- spaltenheit des deutschen Volkes abnormal sei und im Interesse des Weltfriedens beseitigt werden müsse. Lübke sprach den Dank des deutschen Volkes für die philippinische Unter- stützung in der Deutschland- und Berlin- Frage aus und die Philippinen versicherten, daß sie sich auch in Zukunft für das Selbst- bestimmungsrecht des deutschen Volkes und die Wiedervereinigung einsetzen werden. Der Philippinische Staatspräsident zeigte sich be- kriedigt über die bisher durch die deutsche Entwicklungsbilfe erzielten Ergebnisse. Bun- despräsident Lübke hat den philippinischen Staatspräsidenten am Freitag zu einem Ge- genbesuch in der Bundesrepublik eingeladen. Der Staatsbesuch des deutschen Bundesprä- sidenten brachte für viele Kadetten einer Militärakademie bei Baguio das Ende ihrer Disziplimarstrafen mit sich. Lübke unterzeich- nete einen Straferlaß, der vom Kommandeur der Militärschule den vor dem Bundespräsi- denten angetretenen vier Kompanien vorge- lesen wurde. Dieses Recht zur Amnestie 180 ein Uraltes Privileg, das Staatsoberhäuptern Vorbehalte ist, die einen offiziellen Besuch auf den Philippinen machen. Zur Erinnerung erhielt Lübke eine glatt- polierte Kartusche, die als erste zum Salut für den hohen Besucher abgeschossen Worden War. In einer kurzen Ansprache erinnerte Tawke daran, daß eine Militärakademie, die Oiflziers zusbilde, eine harte Schule sein Milsge. Nur wer gelernt hat zu gehorchen, komme spear auch befehlen. Die Betzssrepublik hat nach den Worten von Bubdespräsident Lübke nicht die Absicht, Gen Landern Südostasiens Militärhilfe zu Lei- 1 — 2 ROM ANW VON HANS ER Copyright by Bechthold, Faßberg, durch Verlag v. Graberg& Görg, Wiesbaden (40. Fortsetzung) „Such dir nur ein bißl! Ablenkung, Burschi. Immer kannst du ja doch nicht malen. Aber nicht, daß du mir eine andere anschaust! Ich tät es gleich merken.“ Sie sagt es lachend, und doch fühlt er ein unangenehmes Gefühl im Hals, gerade als ob ihm jemand die Luft ab- schneide.. Noch auf der Straße verhält er den Schritt und schaut zurück zu den erleuchteten Fen- stern, hinter denen er den Schatten Helenes gewahrt, Aber dann ist das andere doch stär- Ker, und er geht, das treueste Herz zu ver- ash * Und es kommt dann, wie es kommen muß. Fichtenthaler verbringt den Abend nach dem Theater mit Lydia Hussen. Er hat ihr einen prächtigen Strauß Rosen in die Garderobe geschickt, und nun, da sie ganz allein sind, s0ll er sich als Belohnung für die Rosen ein Geschenk erbitten. Er weiß nichts zu sagen darauf. Sein Wunsch leuchtet in seinen Augen, und da küßt sie ihn selber. 5 Aber es ist eigentümlich. Er ist nicht mehr so nervös und erregt wie das erstemal, als Lydia Hussen ihn betört hatte. Ganz ruhig und Klar ist es ihm, und Helene merkt nicht das Leiseste, wie mit ihrem Herzen Verrat ge- trieben wird. Der Name der Schauspielerin fällt überhaupt niemals zwischen ihnen, Und 80 ist es auch auf der anderen Seite. Als Lydia einmal die Sprache auf Helene bringen Will, Wehrt er sofort energisch a. „itte, wir wollen von Helene niernals chen Versprich mir das. Ich weiß nicht, ob ch des dulden könnte, denn ich kann n me s d essen, daß sie aus einem sichere 5 As mir folgte und Mansarde, Hun- Laune mit mir teilte.“— 1 75 1 Dolch uon bun sche Entwicklungshilfe zufrieden sten. Dies erklärte Lübke am Freitag nach seiner Rückkehr von Baguio vor philippini- schen Journalisten. In keinem der von ihm besuchten Länder sei der Wunsch nach Mili- tärhilfe geäußert worden. Der Bundespräsi- dent warnte vor der Gefahr des Kommunis- mus, die auch in Südostasien groß sei. Autobahn- Reparaturen In diesem Jahr 400 km erneuert Bonn(dpa). Bundesverkehrsminister See- bohm will die Reparaturarbeiten an den Bun- desautobahnen beschleunigen, um Verkehrs- stauungen an Baustellen zu verhindern. Wie Seebohm vor der Presse in Bonn mit- teilte, haben sein Ministerium und die Behör- den der Länder sich auf folgende Maßnahmen geeinigt: 1. Auf vielen schadhaften Strecken der Autobahn sollen zunächst provisorische Asphaltdecken auf die Fahrbahn aufgetragen Werden. Sie werden nur so dick bemessen, daß sie einige Jahre bis zur endgültigen Erneue- rung halten. 2. Das Verfahren der Fertig- betonplatten soll weiter entwickelt werden. Es wird vor allem dann angewendet, wenn nur Instandsetzungen an der rechten Fahr- spur notwendig sind. Die Uberholspur kann dann mit Geschwindigkeitsbegrenzungen wei- ter befahren werden. 3. Die Betonrandstreifen (Teitstreifen) sollen nicht mehr an Ort und Stelle betoniert, sondern durch schmälere Be- tonfertigteile ersetzt werden, die schneller einzubauen sind. 4. Die Baufirmen sollen noch mehr als bisher dazu angehalten werden, die Bauarbeiten vor Wochenenden und Feiertagen 80 abzuschließen, daß die Baustellen behelfs- mäßig befahrbar sind. 5. Die Bauunternehmen sollen ferner prüfen, ob durch Mehrschicht- betrieb die Bauzeit verkürzt werden kann. Der Bundesverkehrsminister hat gegen Nacht- arbeit keine grundsätzlichen Einwendungen. Zur Verhinderung von Verkehrsstauungen an Reparaturstellen soll in Kürze ein Fahr- pahnrost aus Stahlhohlplatten erprobt wer- den, mit dem die Baustellen überquert Wer- den. Wie Zeebohm mitteilte, ist jedoch für die geplanten Stahlhochbrücken noch keine be- friedigende Lösung gefunden worden. Sollte auf den Brücken ein Unfall passieren, S0 Würde das zu zusätzlichen Stauungen führen, sagte Seebohm. jedoch über Formen oder Institutionen gespro- chen zu haben. In der Frage der europäischen Agrarprobleme fiel keine Entscheidung, man will jedoch im Hinblick auf die Kennedy- Runde die Arbeiten in Brüssel zu einem bal- digen Erfolg führen. Den Mansholt-EWG-Vor- schlag werde man sorgfältig prüfen, sagte Er- Hard. In der Frage der Verteidigung, die im Ab- schlugkommuniquéè nicht ausdrücklich er- wähnt wurde, respektiert Paris nach Mittei- lung Erhards die deutsche Haltung, während gleichzeitig die Bundesregierung den franzö- sischen Standpunkt anerkenne. Eine Span- nung zwischen Bonn und Paris bedeute das nicht. De Gaulle versicherte Erhard, daß Frankreich nach wie vor zum atlantischen Bündnis stehe. Bundeskanzler Erhard teilte mit, daß auch in der Frage des Ost- West-Handels Uberein- stimmung mit de Gaulle bestehe. Dies liege auch auf der Linie der mit den Amerikanern besprochenen Politik. Am zweiten Tag der deutsch- französischen Besprechungen war im Pariser Elysée-Palast eine über zweistündige Arbeitssitzung, an der außer de Gaulle und Erhard auch Premier- Minister Pompidou, die Außenminister beider Länder und ein größerer Beraterstab teilnah- men. De Gaulle verabschiedete sich von sei- nem deutschen Gast mit betonter Herzlichkeit. sollen forciert werden Weitere 750 km reparaturbedürftig Nach den Angaben des Ministers sind von dem alten Autobahnnetz mit einer Länge von rund 2100 Kilometern im Laufe dieses Jahres 400 Kilometer erneuert worden. Weitere 750 Kilometer Strecke sind so dringend reparatur- bedürftig, daß sie in den nächsten sieben bis zehn Jahren ausgebessert werden müssen. Anschließend legte der Bundeskanzler vor der diplomatischen Presse ein nachdrückliches Bekenntnis zur atlantischen Gemeinschaft ab. Es müsse eine Brücke vom ganzen freien Europa über den Atlantik geschlagen werden. Eine Erweiterung des gemeinsamen Markts um Großbritannien, sagte Erhard, werde erst wieder aktuell, wenn die politische Willens- bildung in Großbritannien nach den Wahlen im kommenden Jahr Klarheit gebracht hat. Inzwischen müsse zwischen EWG und EFTA alles vermieden werden, was künftige Eini- gungen erschweren könnte. Erhard sprach sich ferner für eine Fortsetzung des Meinungsaus- tauschs über die politische Einigung Europas aus. Bundeskanzler Erhard deutete am Freitag in Paris die Bereitschaft der Bundesrepublik am, ebenso wie bereits in Polen, Rumänien und Ungarn auch in den Hauptstädten der Tschechoslowakei und Bulgariens deutsche Haändelsmissionen zu errichten, falls diese Länder es wünschen. Erhard antwortete damit als Gast der diplomatischen Presse auf Fragen tschechoslowakischer und bulgarischer Kor- respondenten. Den reinen Handelswert solcher Abmachungen schätzte der Bundeskanzler verhältnismäßig gering ein. Sie seien eher ein Ausdruck des Willens, den Dialog mit den osteb ropäischen Ländern aufrechtzuerhalten, wo Deutschland geschichtliche Bindungen der Kultur und des Geisteslebens habe. CDU/ esu und Freie Demokraten begrüßten am Freitag die vertrauensvolle Atmosphäre bei den Gesprächen zwischen Staatspräsident de Gaulle und Bundeskanzler Erhard. Nach Ansicht der CDU/ CSU ist es dem Bundeskanz- ler schon bei seiner ersten Begegnung mit dem französischen Staatspräsidenten gelun- gen, die deutsch- französische Freundschaft zu kestigen, weiter auszubauen und ein gutes per- sönliches Vertrauensverhältnis zu de Gaulle zu finden. der Begegnung der beiden Staatsmänner sei es nicht darum gegangen, schreibt die CDU/ CSU in ihrem Pressedienst vom Freitag, konkrete Ergebnisse zu errei- chen. Vielmehr hätten beide ihre Standpunkte auch dort darlegen und präzisieren wollen, wo keine volle Ubereinstimmung bestehe oder Wo man unterschiedlicher Meinung sei, wie zum Beispiel bei bestimmten militärischen Fragen. 21 1 Grundsatzprogramm des DGB verabschiedet Demonstration gegen hohe Preise und Sozialpaket Düsseldorf(dpa). Mit der Verabschie- dung des neuen Grundsatzprogramms hat der außerordentliche DGB-Bundeskongreß in Düs- seldorf am Freitag einen neuen Abschnitt in der 100 jährigen Geschichte der deutschen Ge- werkschaftsbewegung eingeleitet. Der DGB-Vorsitzende Ludwig Rosenberg betonte zum Abschluß des Kongresses die trotz harter Gegensätze erneut bestätigte Ge- schlossenheit des Gewerkschaftsbundes.„Was hier beschlossen wurde, ist saubere gemein- same Uberzeugung“, sagte Rosenberg. Das neue Programm solle allen, die sich für eine Wirkliche freiheitlich-demokratische Ordnung einsetzen, eine Quelle neuer Kraft, neuen Mutes und neuer Hoffnung sein. Der DGB- Vorsitzende mahnte die 425 Delegierten der 6,5 Millionen Gewerkschaftsmitglieder gleich- zeitig:„Es wurde uns bisher nichts geschenkt, Und es wird uns auch niemals etwas geschenkt werden.“ Das neue DGB-Programm enthält die ge- Werkschaftliche Kampfansage an alle Ver- suche, die im Grundgesetz: verankerten Grundrechte einzuschränken oder aufzuheben. Gegen die Preiserhöhungen der letzten Zeit und gegen Verschlechterungen durch das„So- zialpaket“ wollen die Gewerkschaften in der nächsten Zeit verstärkt demonstrieren, Der Kongreß beauftragte den DGB-Bundesvor- stand in einer Entschließung, unverzüglich zu Protestaktionen aufzurufen. Von der Bundes- regierung wurden Maßnahmen gegen die Preissteigerungen besonders bei Nahrungsmit- teln, öffentlichen Tarifen und Mieten gefor- dert. Der Bundestag soll bei der Beratung der neuen Sozialgesetze vor allem jede zusätzliche Beteiligung der Versicherten an den Krank- heitskosten ablehnen. MEISTERSTOILZE für den Herrn, die Dame, das Kind 65 5 7* SNastaonn SATA Das große Bekleidungshaus in Mannheim Mannheim 035 16 Weihnachten kommt. Fichtenthaler be- schenkt seine kleine Frau so reichlich, daß sie es kaum fassen kann. Sie nimmt es hin als Zeichen seiner Liebe. Er aber will damit nur sein Gewissen bereinigen, will gutmachen durch sein Schenken. Der Frühling kommt und der Sommer. Sie gehen diesmal nicht in die Berge, so sehr sich Helene darauf gefreut hatte. Er schützt dringende Arbeit vor und fährt mit seinem Malgerät vor die Stadt hinaus. Draußen an dem kleinen See malt er, und Lydia Hussen sitzt bei ihm. Er kann anders schon bald nicht mehr arbeiten, muß sie im- mer um sich haben, wenn seine Hand den Pinsel führt. Deswegen kann er mit Helene nicht ins Gebirge fahren, weil er sich von der anderen nicht trennen kann. Wenn er dann abends heimkommt und Wirklich einmal daheimbleibt, so ist er gütig und freundlich zu Helene. Und doch merkt Sle seine Wandlung eines Tages. Zuerst merkt sie, daß er des nachts oft lange schreibt. Und sie sieht dann einmal, Wie er erschrocken ein Buch vor ihr verbirgt. Sie sucht dann und sieht, daß es ein Tage- buch ist mit einem kleinen Schloß, zu dem er den Schlüssel bei sich trägt. aut kn Abends fragt sie ihn, nachdem sie Schatten unter seinen Augen und einen ge- qualten Zug in seinem Gesicht, 8 in Bangen kommt in ihre braunen Augen, und um ihren Mund zuckt es. 5 „Tut dir etwas Weh, Burschi?“ J Fichtenthaler hebt den Kopf und schaut Sie An. 5 „Nein, wie kommst du darauf?“ „Oder hab' ich dir etwas getan?“ „Was sollst du mir denn getan haben? Bist doch die Güte Selbst.“ HFlelene beugt sich wieder über und sagt erst nach einiger Zeit:. „Hab' ja keine Freude als dich auf der Welt. Un rum muß ich halt gut sein. Und 1 es käm mich so bitter hart an, wenn du ein lange verstohlen betrachtet hat. Sie sieht ihre Arbeit Leid hättest und ich dir nicht helfen könnt. ert a. ar, Pät dir schon helfen, Burschi, mit all meinen Kräften. Gäb ja alles für dich bin. Ging betteln für dich. Nur weh soll dir nichts tun.“ 6 Der Maler wird weiß bis in die Lippen. Dann steht er auf und streicht über ihr Haar. „Es tut mir nichts weh, Helene.“ „Du siehst aber gar nicht gut Aus.“ „Vielleicht bin ich etwas überarbeitet.“ „Wollt dich schon einmal bitten, daß du nachts nicht so lange schreibst.“ 5 Dem Maler wird ganz traurig ums Herz. Er fühlt sich in diesem Augenblick todun- glücklich und in seinem Innern zersplittert. Ach, wenn er doch niemals der anderen be- gegnet wäre. Oder wenn sie plötzlich aus sei- nem Leben fortginge. Dann könnte er wieder gut sein, ganz gut und aufrichtig zu seiner kleinen Frau. Aber Lydia hängt ebenso an ihm wie er an ihr. 5 Der Winter vergeht, und als die ersten Märztage kommen, findet Helene, Als sie einen Anzug ihres Mannes ausbürstet, ein kleines Schlüsselchen im Westentäschchen, mit dem sie zuerst nichts anzufangen weiß. Und sie hätte auch später niemals sagen können, Wo- her ihr plötzlich der Gedanke kam, dab dieses Schlüsselchen zu dem Buch passen Könnte, in dem Franz Fichtenthaler in den Nächten schrieb. a f Sie öffnet das Buch mit einem großen Angst- gefühl, nicht deshalb, weil sie damit etwas Verbotenes zu tun glaubt, sondern aus Angst vor dem, was in dem Buch geschrieben stehen Könnte. 5 Es ist ein Vorfrühlingstag. Die Sonne scheint warm in das Zimmer und reflektiert im dunklen Haar der jungen Frau, die über dem Tagebuch sitzt und mit zitternden Hän- den die Blätter wendet. Noch ist nichts von den Worten, die steil und aufrecht niederge- schrieben sind, in ihr Inneres gedrungen. Sie üderfliegt die Seiten nur flüchtig, und jedes mal, wen sie den Namen Lydis liest, ist ihr 8 zumute, als stoße ihr jemand ein Messer ins Herz. Es dauert lange, bis sie den Mut findet, zu lesen, sehr langsam zu lesen, damit ihr nichts verlorengehe von der Beichte des von ihr so innig geliebten Mannes. 3 ö „Mein Tagebuch“ So steht auf der ersten Seite geschrieben. Nur diese zwei Worte, und dann ein paar jeere Seiten. Dann folgt ein Datum und die Jahreszahl. Helene denkt nach. Das sind ja nun schon anderthalb Jahre. Das Buch muß begonnen worden sein, bald nachdem sie da- mals aus dem Gebirge zurückkehrten. Sie liest nun Seite um Seite, läßt aber bald verschie- dene Abhandlungen über Kunst und Malerei ihren oder den Namen der anderen Frau ge- schrieben sieht. 5 Das Tagebuch des Malers Franz Fichten thaler: 5. 92 5 3. 11.19. Bin heute Lydia Hussen begegnet. Etwas Neues hat sich dadurch in meinem Leben aufgetan. Einmal bin ich ihr schon ent- ronnen. Jetzt geht es nicht mehr. Ich habe es heute empfunden bei ihrem Kuß. Die Welt klang auf dabei in einem Wirbel seligster Frelide. Mir ist, als wäre diese andere Frau gekommen, damit ich ein Großer werde in meiner Kunst. Ich werde es als mein Geheim- nis bewahren, solange es nur irgendwie geht. Ich will nicht, daß Helene traurig und un- glücklich ist. Und das wäre sie, wenn sie wüßte, das. ö 5 5 21.11. 19. Habe heute noch mal versucht, von Lydia loszukommen. Es geht nicht mehr. Mein Innerstes hat schon zu tief Wurzel ge- schlagen in ihrem Wesen. Sie fördert mich ungeheim. Es ist fast nicht zu begreifen, wie groß ihre Kenntnisse sind auf allen Gebieten der Kunst. 5 a. 18. 12. 19. Helene tut mir oft so furch leid. Sie ist so ahnungslos, was mich aufwüh und manchmal fast zer en will. Es hi aber nichts. Kunst ist soviel 1. 1 98 9 aus und liest nur jene Sätze, in denen sie 1 5 1 N 5 N 1 N J 4 2880