2. Blatt zu Wr. 167 Von Woche zu Woche Politiſche Betrachtungen zum Zeitgeſchehen. Es war ein glücklicher Gedanke des Führers, per⸗ ſönlich vor der deutſchen Volksvertretung und damit gewiſ⸗ ſermaßen im Angeſtcht der ganzen Welt, die letzten Schleier von der niedergeſchlagenen Röhm⸗ Revolte hinwegzu⸗ reißen. Die wirkungsvolle Einleitung dazu hatte ſchon die große Rede des Reichspropagandaminiſters Dr. Goebbels gegeben. Aber das Otterngezücht der Gerüchteträger und Greuelmärchen⸗Erzähler rankte ſich ſchon wieder an einer neuen Lüge empor. Der Führer ſollte einen Nervenzuſam⸗ menbruch erlitten haben, ſein Geſundheitszuſtand wurde als bedenklich geſchildert. Nun erſchien er in Perſon, die fremden diplomatiſchen Vertretungen, das Heer der Journaliſten aus aller Herren Länder konnten ihn perſönlich ſehen. Dieſer Mann von ſtählernen Nerven hat gewiß in den ſchweren Tagen der Entſcheidung unerhörtes durchgemacht, aber das große Verantwortungsbewußkſein und die Einſicht in ſeine eiſerne Pflicht haben ihn aufrechterhalten. Gewiß merkte man ihm die innere Erregung an, und wenn ſeine Stimme auch manchmal vor innerer Erregung bebte: der Führer Deutſchlands hat nie gezittert und gezaudert. Des deutſchen Volkes Wohl, das für ihn allein gültige Geſetz, ſchrieb ihm ſeinen Weg vor. In einem Auslandsblatt wird ſeine Rede als reinigendes Gewitter bezeichnet. Das war ſie für die Welt draußen. Für uns Deutſche war aber dieſe Rede mehr! Sie zeichnete den Führer dem Volke abermals in feſten Konturen. Vor uns ſteht der Mann, deſſen ſelbſtloſeſte Hin⸗ gabe nur ſeines Volkes Wohl erkennt. Er geht der Not nicht feige aus dem Wege, ſondern ringt in ſteter Arbeit mit den Problemen. Den Dank, den der Reichstagspräſident Hermann Göring ihm für ſein Handeln abſtattete, unter⸗ ſtreicht das ganze deutſche Volk. Es lebt in dem Bewußtſein, einen Führer zu haben, der in den höchſten Stunden der Verantwortung nicht nur den klaren Einblick in die Größe der Gefahr beſaß, ſondern auch ſich den härteſten Entſchluß abrang, durch blitzſchnelles Handeln dieſe Gefahr zu beſei⸗ tigen und dem deutſchen Volke damit unermeßliches Elend zu erſparen. Die drei Treuhänder der Dawes⸗ Anleihe haben verſucht, die deutſchen Staatseinkünfte aus den ſoge⸗ nannten verpfändeten Einnahmen zu ſperren. Die Reichs⸗ regierung hat darouf mit der Anweiſung geantwortet, daß dieſe Einkünfte nicht mehr auf das Konto der Treuhänder überwieſen werden. Die drei Treuhänder ſind Bankiers, die ſeinerzeit eingeſetzt wurden, als das Deutſche Reich die erſte Reparationsanleihe, die Anleihe von 1924, aufnahm. Es handelt ſich um einen Amerikaner, einen Engländer und einen Holländer. Sie haben die Aufgabe, die Rechte der Gläubiger wahrzunehmen und wurden damals mit ganz beſonderen Vollmachten ausgeſtattet. So wurde ihnen ein Zugriffsrecht auf die deutſchen Zölle und auf die Steuern, die aus Tabak, Bier und Zucker entſtehen ſowie auf das Branntweinmonopol zugebilligt. Wenn man aber hört, daß die Einnahmen aus dieſen Quellen monatlich etwa 4 Millio⸗ nen betragen und daß der Zinſenbetrag, der für die Dawes⸗ Anleihe fällig iſt, 4,22 Millionen beträgt, ſo wird der ſchi⸗ kanöſe Charakter der Maßnahme klar, die von den drei Treuhändern getroffen worden iſt. Die Treuhänder ſtützen ſich auf ein formales Recht, das ihnen im Jahre 1924 ge⸗ geben wurde. Hier aber handelt es ſich nicht um eine Wah⸗ rung von Gläubigerrechten, das ergeben ſchon die in keinem Verhältnis zueinander ſtehenden Ziffern und das ergibt ſich erſt recht aus der Ueberlegung, daß die Reichsregierung in Verhandlungen mit den beteiligten Regierungen ſteht, während von den Treuhändern eigenmächtig dieſer Schritt getan wurde. ** Obwohl Deutſchland rechtzeitig die Signatarmächte des Memelabkommens auf die völkerrechtswidrigen Gewaltein⸗ griffe gegen das Deutſchtum in Memel in einem Proteſt hingewieſen hat, hört und ſieht man nichts von einer Wirkung diefes Proteſtes. Inzwiſchen fährt Litauen fort, neue völkerrechtswidrige Entſcheidungen zu treffen. Das rein litauiſche Direktorium Reisgys hat nunmehr den Land⸗ tag zur Entgegennahme einer Erklärung zum 25. Juli ein⸗ berufen. Nach dem Memelſtatut muß das Direktorium zu⸗ rücktreten, wenn es vom Landtage kein Vertrauensvotum, erhält. Da im memelländiſchen Landtage die deutſchen Par⸗ teien eine erdrückende Mehrheit beſitzen, wäre bei einer ordnungsmäßigen Tagung der Ausgang nicht zweifelhaft. Jetzt kommt aber aus dem Memellande die Nachricht, daß der litguiſche Gouverneur den Abgeordneten, die den jetzt aufgeköſten deutſchen Parteien angehören, die Landtags⸗ mandate entziehen will. Der Gouverneur zielt offenbar dar⸗ auf hin, durch eine ſolche Maßnahme den Landtag be⸗ ſchlußunfähig zu machen. Eine Beſchlußunfähigkeit, die von den litauiſchen Gewalthabern auf ſolche Weiſe künſtlich her⸗ beigeführt würde, könnte dem neuen großlitauiſchen Direk⸗ torium Reisgys ſomit eine Möglichkeit ſchaffen, weiter zu amtieren. Offenbar will man dann den Landtag des Me⸗ mellandtages auflöſen. Für eine Neuwahl des Landtages hat man bereits eine Aenderung des Wahlrechtes durch Ge⸗ ſetz verordnet, das den führenden deutſchen Abgeordneten eine Wiederwahl unmöglich machen ſoll. Damit kündigt ſich eine Vergewaltigung ganz großen Stiles an. Es hat keinen Sinn, über eine Befriedung des Oſtens zu reden, wenn das kleine Litauen nun zu einer reſtloſen Vergewaltigung des Memellandes greift. Die Signatarmächte haben die Pllicht, ſofort in Litauen einzugreifen und dem verletzten Recht Achtung zu verſchaffen. Sie müſſen ſich ſelbſt darüber klar ſein, daß jede Verzögerung oder Paſſivität die litauiſchen Gewalthaber zu neuen Rechtsbrüchen ermuntert. Allmählich rundet ſich das Bild über die Ergebniſſe der Ausſprache zwiſchen dem franzöſiſchen Außenminiſter Bar⸗ thou und den Leitern der engliſchen Außenpolitik in London. Der engliſche Außenminiſter Sir John Simon hat über den Beſuch des Herrn Barthou im Unterhauſe ausführlich Rede und Antwort geſtanden, und am gleichen Tage, an dem der deutſche Reichskanzler Adolf Hitler zur Welt ſprach, kam der engliſche Botſchafter Sir Erie Phipps eiligſt ins Auswärtige Amt, um den deutſchen Außenmini⸗ ſter, Herrn von Neurath, über die Paktentwürfe zu unter⸗ richten. Offenbar war England beſorgt, ein deutſches Nein könne der ganzen Plänepolitik ein raſches Ende ſetzen. Daran hat natürlich bei uns niemand gedacht. Im Gegen⸗ teil: bei der Gründlichkeit der Deutſchen iſt eine eingehende Prüfung des ganzen Fragenkomplexes eine Selbſtverſtänd⸗ lichkeit. Wenn man den Preſſemeldungen glauben kann, ſo ſind es drei Paktentwürfe. Da iſt zunächſt der Oſtpakt, der unter der völlig neuen Firma„Hilfeleiſtung“ läuft. Es wird hier ein Vertrag mit ausgeſprochen militäriſchem Cbarak⸗ ter offeriert. Schließlich ſollen wir einen ruſſiſch⸗franzöſiſchen Bündnisvertrag zur Kenntnis nehmen, und ein allgemeiner Pakt will den beſtehenden Locarnovertrag mit dem abzu⸗ ſchließenden Oſtpakt in Einklang mit der Völkerbundsſatzung bringen. Es iſt klar, daß hier eine Neuregelung von unge⸗ heuerſter Tragweite vorgeſchlagen wird, und Deutſchland, das Herzland Europas, das durch dieſe Neuregelung am allerſtärkſten betroffen werden würde, hat die Pflicht, dop⸗ pelt und dreifach zu prüfen, ob es ſich hier wirklich um In⸗ ſtrumente des Friedens handelt. Handel und Wirtſchafl (Ohne Gewähr.) Mannheimer Getreidegroßmarkt vom 19. Juli: Amtlich notierten: Weizen 21.20, Feſtpreis Preisgebiet W 15 19.90, W'ſ 16 20.10, W 17 20.40 Mark plus 0.40 Mark Ausgleich; Roggen, Feſtpreis, Preisgebiet R 15 16.10, R 16 16.40, R 13 15.70 Mark plus 0.40 Mark Ausgleich; neue Winter⸗ gerſte, zweizeilige 18 bis 22; Raps, inl. ab Station 31; Futtergerſte, Feſtpreis Preisgebiet G 7 15.10, G 8 15.40, G 9 15.60, G 11 15.90 Mark plus 0.30 Mark Ausgleich; Hafer, Feſtpreis, Preisgebiet H 11 15.10,§ 14 15.60, H 17 15.90 Mark plus 0.30 Mark Ausgleich; Majs mit Sack 19.75; Weizeykleie mit Sack, feine e 11.25, grobe 11.75; Roggenkleie 12; Weizenfuttermehl 12.25; Roggenfutter⸗ mehl 12.75; Weizennachmehl 16; Weizennachmehl 4b 16.75; Erdnußkuchen 17.20; Sojaſchrot 16; Rapskuchen 14.50; Palm⸗ kuchen 15.70; Kokoskuchen 17.70; Leinkuchen 17.60; Roh⸗ melaſſe 9; Wieſenheu, loſes, neues 10 bis 11; Luzerneklee⸗ heu 11 bis 11.60; Stroh, drahtgepreßt(Roggen und Weizen) 2.60 bis 3, dto.(Hafer und Gerſte) 2.60 bis 2.80, Stroh⸗ gebündelt(Roggen und Weizen) 2.20 bis 2.60, dto.(Hafer und Gerſte) 2.20 bis 2.40 Mark. Mehle: Preiſe unverändert. Mannheimer Kleinviehmarkt vom 19. Juli. Auftrieb: 23 Kälber, 140 Ferkel, 326 Läufer. Preiſe pro Stück Ferkel bis 6 Wochen 6—9, über 6 Wochen 14—18, Läufer 18 bis 21 RM.— Marktverlauf: Milchſchweine ſchleppend, Ferkel, und Läufer ruhig. Mannheimer Wochenmarktpreiſe vom 19. Juli: Vom Städtiſchen Büro für Preisſtatiſtik wurden folgende Ver⸗ braucherpreiſe für ein Pfund in Pfennig ermittelt: Kartoffeln, neue 7 bis 10; Wirſing 15 bis 18; Weißkraut 12 bis 15; Rotkraut 16 bis 20; Blumenkohl, Stück 20 bis 65; Karotten, Büſchel 5 bis 7; Gelbe Rüben 10 bis 12; Rote Rüben 8 bis 12; Spinat 20 bis 25; Mangold 8 bis 10 Zwiebeln 9 dis 12; Grüne Bohnen 20 bis 28; Grüne Erbſen 30 bis 35; Spargeln 25; Kopfſalat, Stück 7 bis 15; Endivienſalat, Stück 10 bis 15; Oberkohlraben, Stück 4 bis 7; Rhabarber 6 bis 7; Tomaten 13 bis 20; Radieschen, Büſchel 5 bis 7; Rettich, Stück 3 bis 8; Meerrettich, Stück 10 bis 30; Schlangen⸗ gurken, große, Stück 5 bis 30; Einmachgurken, Stück 1.2 Freitag, 20. Juli 1932 Der Wille zur Arbeit lebt außerordentlich ſtark im deutſchen Volke. Wir haben mit Hilfe unſeres Führers ſchon mancher⸗ lei Wege zu neuer Lebensgeſtaltung gefunden. Als vor⸗ dringlichſte Aufgabe aber erkannten wir die Löſung des ſchwierigen Problems der Arbeitsloſigkeit. Die„NS D A P.“ ⸗Lotterie erwies ſich ſchon im vorigen Jahre zweimal als ein anerkennenswerter großer Unterſtützungsſaktor im Kampfe gegen die deutſche Arbeits⸗ not, indem ſie reichlich Geldmittel zur Arbeitsbeſchaffung beiſteuerte. Da jetzt der Ziehungstag der diesjährigen Ar⸗ beitsbeſchaffungslotterie immer näher rückt und die Friſt, braune Loſe kaufen zu können, bald abgelaufen iſt, ſeien diejenigen, die ſich über die tatſſichlichen Aufgaben dieſer ge⸗ meinnützigen Geldlotterie noch immer nicht im klaren ſind, 5 1 nochmals auf die hohen Ziele der Lotterie hinge⸗ wieſen. Wie die vorjährigen beiden„NSDAP.“⸗Lotterien dient auch dieſe dritte ur Gewinnung von Mitteln für die deutſche Arbeitsbeſchaffung. Aber zum er⸗ ſten Mal hat dieſe Arbeitsbeſchaffungs-Lotterie ihren Ge⸗ winnplan dem nationalſozialiſtiſchen Empfinden gemäß um ein Beträchtliches erweitert. Zu Gunſten vieler mittlerer Gewinne wurde von dem früheren, engherzig gedachten einzelnen Hauptgewinn abgeſehen. Vielen Deutſchen ſteht ſomit eine Gewinnfreude bevor. Die Loſe ſind in zwei Abteilungen: A und Beim Um⸗ lauf. Ein Doppellos beſitzt derjenige, der zwei Loſe mit der gleichen Nummer aus der Abteilung A und B gezogen hat. Entfällt auf ſeine Nummer ein Gewinn, ſo erhält er dieſen doppelt ausbezahlt. 15500 600 Mark werden ausgeloſt und warten auf ihre Gewinner. Da wird wohl keiner mehr zögern, braune Loſe zu erſtehen, zumal dieſe großerlige Gewinnausſicht nur noch kurze Zeit, nämlich bis zum 21. Juli, offen bleibt. Am 21. und 22. Juli iſt ſchon Ziehung! 2 ed, 2000 Kilometer⸗Fahrt durch Oeutſchland. Eine der gigantiſchſten und größten Veranſtaltungen des deutſchen Motorſportes iſt die 2000⸗Kilometer⸗Fahrt durch Deutſchland, die am Samstag und Sonntag mit Start und Ziel in Baden⸗Baden durchgeführt wird. Mehr als 2575 Fahrer haben in den einzelnen Klaſſen ge⸗ meldet, und ſelbſt bei Abſtänden von einer Minute nimmt ſchon der Start allein 11 Stunden in Anſpruch. Deutſche und ausländiſche Firmen haben ſowohl die Motorrad⸗ als auch Autoklaſſen beſchickt. Rund 150 000 Mann Motor⸗SA. und vom NSKK. ſind zur Sicherung der Strecken aufge⸗ boten worden. In ganz Deutſchland werden für die Zeit der Durchfahrt der Teilnehmer die Straßen hermetiſch ab⸗ geſperrt. Die Strecke führt von Baden⸗Baden durch den Schwarzwald nach Ulm, dann durch Süd⸗ und Nordbayern, Thüringen, Sachſen nach Berlin, von hier durch den Harz nach Kaſſel und Weſtdeutſchland über Weſterwald und Taunus nach Frankfurt und von hier über Heidelberg nach Baden-Baden. 8 e 2 5 Obergruppenführer Hühnlein, der Organiſator der 2000 Kilometer-Fahrt. „Guten Morgen, Sieglinde!“ Probezeit in Bayreuth.— Prominente auf dem Feſtſpiel⸗ hügel. Vom 22. Juli bis 23. Auguſt finden in Bayreuth wieder die Bühnenfeſtſpiele ſtatt, bei denen der „Ring“, die„Meiſterſinger“ und— in völlig neuer Inſzenierung— der„Parſifal“ aufgeführt werden. Seit Wochen ſchon ſteht Bayreuth, die ſonſt ſo ver⸗ träumte Stadt, im Zeichen der Proben für die diesjähri⸗ gen Bühnenfeſtſpiele. Eines Tages begann es im Städt⸗ chen lebendig zu werden. Es liefen die Züge mit den er⸗ ſten Künſtlern und Muſikern ein. Manche unter ihnen kommen bereits dreißig Jahre nach Bayreuth und feiern bei jeder neuen Ankunft ein rührendes Wiederſehen, fallen einander in die Arme und freuen ſich, endlich wieder ein⸗ mal ihren Idealen leben zu dürfen.„Denn in Bayreuth“ — ſo ſagen ſie—„ſpielt und ſingt man nicht des Geldes wegen, ier gilt's allein der Kunſt..“ 5 Auf dem Feſtſpielhügel herrſcht Hochbetrieb. Schon kommen die großen Schauspieler zu den Proben. Sie nen⸗ nen einander beim Rollennamen.„Guten morgen, Sieg⸗ linde!“—„Grüß Gott, Hans Sachs!“ Ipar Andreſen, der Gurnemanz und Pogner der Feſtſpiele 1934, zeigt ſtolz, wie braun ihn Oberbayerns Ferienſonne brannte. Max Lorenz, der Siegfried und Walter Stolzing, trinkt noch ſchnell ſeinen Kaffee, dann eilt auch er zur Probe. Frau Winifred Wagner ſelbſt iſt unermüdlich in dieſen letzten Wochen. Sie wohnt den Bühnenproben bei, beſpricht ſich mit dem Beleuchtungsmeiſter und hält Kon⸗ ferenzen mit ihren Mitarbeitern ab. Im Theater geht es nicht minder lebhaft zu. Der Aus⸗ gang der Hinterbühne iſt weit geöffnet. Die großen Dekorationen ſind ins Freie geſchoben, und die Walküren⸗ elſen und Rheinriffe erhalten die letzten Farbenſtriche. uch der Lindwurm muß heran: Sein Rieſenleib mit den grünen Schuppen iſt geöffnet, und während der wohl⸗ durchdachte Mechanismus gründlich geölt wird, ſtarrt das große Drachenhaupt mit böſen Augen in den hellen Som⸗ mermorgen. Oben in den Requiſitenkammern ſind viele fleißige Hände am Werk. Schon hängen die Meiſterſingerkoſtüme, nach Zünften geordnet, in den Garderoben, ſchon warten die Gewänder in herrlichem Blau und Gelb auf Brünhild und Kriemhild. Rund ein Dutzend Frauen iſt dabei, die Blumenmädchen aus dem„Parſifal“ neu einzukleiden. Duf⸗ tigſte Farben und Stoffe bauſchen ſich um ſie her, und roße Blüten erzählen von der Pracht, die in Klingſors Zaubergarten herrſchen wird. In der Rüſtkammer wird gehämmert und geklopft. Wotan erhält eine neue Helm⸗ zier; ſein Speer mit den Zauberrunen lehnt in der Ecke, und ſoeben wird das Netzwerk der Tarnkappe unterſucht. An einem beſonderen Geſtell hängen ſchon Hirſch und Eber, die Jagdbeute aus der„Götterdämmerung“, und der ge⸗ tötete Schwan aus dem„Parſifal“ läßt ſeinen weißen Fe⸗ derhals auf den Boden ſinken. Der Nibelungen⸗Ring mit: ſeiner breiten Goldzier liegt auch bereit. Der wunder⸗ volle Grals⸗Kelch aus rotem Rubinglas dagegen, der von innen heraus erglüht, iſt noch unten bei den Beleuchtern — zur Beleuchtungsprobe. Ueberall auf dem Feſtſpielhügel hört man ſingen und muſizieren. Alle Garderobenräume des Feſtſpielhauſes ind belegt. Hier ſingen die Blumenmädchen, dort die beintöchter, rechts probt Brünhild, links der Parſifal. Von Zeit zu Zeit ſchlüpft auch der Theaterfriſeur aus ſei⸗ ner Tür, Evchens blonde Zöpfe oder Mimes wirres Zwer⸗ genhaar in der Hand. Unten in der Vorhalle des 125 kers ſtehen die alten Gralsglocken— ſeltſame Gebilde für⸗ wahr! Große hölzerne Tonnen, die auf Handkarren liegen. Sie ſind vorn offen, und an Stelle der Rückwand age ſie eine Metallſcheibe— die Glocke. Wird ſie angeſchlagen, dann ſchwingt ihr hehrer Klang durch das ganze Theater. Im Halbdunkel der Vorhalle daneben ſitzen gern die Har⸗ fenkünſtler und üben auf ihren großen, goldenen Inſtru⸗ menten. ö Im Theaterreſtaurant, das zu den Feſtſpielen wieder eröffnet wird, probt das Orcheſter. Niemand hat Zutritt. Aber die Muſik aus den„Meiſterſingern“, aus dem „Ring“ zieht erhaben über den Hügel. Das wiſſen die Bayreuther und die Fremden, die als„Feſtſpielbummler ſchon jetzt erſchienen ſind. Andächtig lauſchend ſtehen ſie an die Bäume gelehnt, und junge Menſchen, angehende Muſiker, ſitzen mit ihrem Klavierauszug auf der Erde und leſen mit. Durch die großen Glasſcheiben ſieht man das Orcheſter ſpielen, Stunde um Stunde, von früh bis ſpät mit nur einer kurzen Mittagspauſe. Von der anderen Seite dringt Geſang herüber, ein Chor aus den„Meiſterſingern“. Der kommt aus„Rüdel⸗ heim“, wo Profeſſor Rüdel, der ſeit 1901 die Feſtſpielchöre leitet, mit ſeinen Sängern und Sängerinnen probt. Au hier gibt's keinerlei Ermüdung.„Hallo, ballo, hier Feſt⸗ ſpielhügel“ tönt ſeine mahnende Stimme, ſobald„ ermatten will, und dann reißt er die Stimmung mit fri⸗ ſchem Humor wieder hoch. Willig und freudig folgen die mehr als 350 Menſchen: gelten Hehrer, und wuch⸗ tig vnd kraftvoll klingt es empor:„Wacht auf! Es nahet len den Tag F717 und ihre Belt Haus wirtſchaftliches Jahr für Mädchen Die NS.⸗Frauenſchaft und das Deutſche Frauenwerk, die Reichsjugendführung und die Reichsanſtalt für Arbeits⸗ vermittlung und Arbeitsloſenverſicherung haben unlängſt zu dem„Hauswirtſchaftlichen Jahr für Mädchen“ aufgeru⸗ fen. Dieſe Einrichtung hat in erſter Linie die Aufgabe, die ſchulentlaſſenen jungen Mädchen davor zu bewahren, daß ihr Eintritt in das Erwerbsleben mit Arbeitsloſigkeit be⸗ ginnt. Sie verdient daher jede Förderung durch die Behör⸗ den. Neben den Schulbehörden haben auch die Wohlfahrts⸗ ämter die Möglichkeit, auf junge Mädchen und deren Eltern in geeigneter Weiſe einzuwirken, daß ſie von dem hauswirt⸗ ſchaftlichen Jahr Gebrauch machen. Gerade die rechtzeitige Bindung an geregelte Arbeit iſt geeignet, junge Mädchen von einer Gefährdung fernzuhalten, die in ſpäteren Jahren zu einer Belaſtung der öffentlichen Mittel führen könnte. Jerien. Der Herr Lehrer hat geſagt:„Schreibt einen Aufſatz über die Ferien!“ Als ob die Ferien dadurch ſchöner würden, wenn wir zwei Seiten darüber ſchreiben müſſen!„Was ſind eigent⸗ lich Ferien“, hat der Herr Lehrer gefragt. Ferien ſind, wo man ſich ſchon zwei Monate vorher darauf freut. Dann regnet es fünf Wochen, und dann ſind ſie vorbei! Wenn wir Ferien kriegen, ſpringen Willi und ich immer ſo hoch, aber die Mama ſeufzt und ſagt zum Papa:„Gott, nun haben die Kinder ſchon wieder Ferien!“ Als ob man jemals Ferien zuviel haben könnte! Aber ſowas verſtehen Mamas natürlich nicht, die ſind ja niemals kleine Jungs geweſen! Die letzten Ferien hatten uns Onkel und Tante aufs Land eingeladen. Wir ſollten vier Wochen bleiben. Am Bahnhof ſagte die Mutter ſtatt„Adjö!“ nur„Gott ſei Dank!“ Nach acht Tagen ſchickten uns Onkel und Tante aber wieder nach Hauſe. Wir wären zu„angreifend“— ich weiß aber wirklich nicht, wen wir„angegriffen“ haben! Die Leute auf dem Lande ſind eben dumm! Nichts können ſie vertragen, alles nehmen ſie übel. Wenn man nur eben mal der Trina den Melkſchemel darunter wegzog, wo ſie mit ſitzt, gleich fängt ſie furchtbar an zu ſchreien! Auch die Kühe darf man nicht am Schwanz ziehen. Wozu ſind Schwänze denn ſonſt überhaupt da? Das hab ich ſchon gemerkt: die Ferien ſind nie ſo ſchön, als man ſie ſich in der Schulzeit vorſtellt. Das kommt daher, daß es in den Ferien auch große Leute gibt, die immerzu agen:„Fritzchen, das darfſt du nicht!“ Ich wünſchte, in den Ferien gäbe es nur Kinder und Tiere auf der Welt, das wäre fein! Lieber Gott, mache doch alle großen Leute vor den Ferien kaputt—— damit wir einmal ungeſtörte Ferien haben! Smada. Lare 1 Kleine Aufmerksamkeiten. Kraft durch Freude— auch daheim! Von Gertrud Reinſch. Die Schwere einer jeden Notzeit hat zur Folge, daß im Herzen des Menſchen gewiſſe kleine Sehnſüchte erwachen, und zwar nach Dingen und Ereigniſſen, die gerade unmöglich zu haben ſind. Um ſo ſchwerer laſten die Sorgen und um ſo mehr wird das Fehlende vermißt. Jeder hat unter ſolchen An⸗ wandlungen zu leiden, jeder kennt ſie, jeder ſehnt irgend etwas Schönes herbei und empfindet in der Nichterfüllung dieſer Sehnſüchte die Stöße und Püffe des Lebens um ſo ſchmerz⸗ licher. Jeder ſollte ſich aber auch dieſes Zuſtandes bei ſeinem Mitmenſchen bewußt ſein und ihm das Leben nicht noch ſchwerer machen. Innerhalb des Familienkreiſes wird der Grundſtein für die Aufmerkſamkeit dem Nächſten gegenüber gelegt. Oft iſt es mit einer kleinen Zuvorkommenheit ſchon getan. Das verſtehen am beſten die Frauen, am ſchwerſten der Mann. Wenn er müde heimkommt, zerſtoßen, getreten vom Alltags⸗ kampf, erwartet ihn die heimiſche Gemütlichkeit. Die Haus⸗ ſchuhe ſtehen bereit, die Zeitung liegt auf dem Schreibtiſch, die Zigarren ſtehen daneben, zum Mittageſſen gibt es ein ieblingsgericht und„ſeine“ Speiſe, kurzum: eine Frau kann es faſt mühelos bewerkſtelligen, daß die gute Laune wieder vorhanden iſt und die ſchlechte mitſamt allen Sorgen ſchwindet. Es iſt aber auch gut, mit ſolchen kleinen Aufmerkſamkeiten nicht um ſich zu werfen, ſondern immer eine in Reſerve zu behalten, um im rechten Augenblick nach ihr zu greifen und ſie auszuſpielen. Dazu gehört ſeitens einer Frau keine Kunſt, kein Erlernen, ſondern ſie bereitet derartige Aufmerkſamkeiten inſtinktmäßig, ohne Dank zu fordern. Darin mag ein Fehler liegen, der nicht zuletzt dazu führen kann, daß kleine Aufmerk⸗ ſamkeiten überſehen oder bald als Selbſtverſtändlichkeit hin⸗ genommen werden. Es kann ſogar ſoweit kommen, daß der Mangel einer ſolchen beſonderen Vergünſtigung eines Tages empfunden wird und nun die Forderung nach ihr er⸗ hoben wird. Es gibt aber auch Frauen, die gegen Aufmerkſamkeiten un⸗ empfindlich ſind und trotzdem mit derartigen Vergünſtigungen förmlich überſchwemmt werden. Andere wiederum warten ein ganzes Leben lang darauf, daß man ihnen nur einmal wenig⸗ ſtens den Kaffee ans Bett bringt, eine Beſorgung abnimmt oder nur ein Veilchenſträußchen mitbringt. Oftmals müſſen ſie erſt ernſtlich erkranken, ehe ihnen eine kleine Aufmerkſamkeit über den Weg läuft und ein kleiner Teil von dem entgolten wird, den ſie an Freude durch kleine Aufmerkſamkeiten ſpendeten. Eine Aufforderung in dieſer Richtung auszusprechen iſt jedoch gleichbedeutend mit der Vernichtung der Wirkung. Die daraufhin mitgebrachten Blumen erfreuen nicht, weil ſie beſtellt ſind. In einer Zeit, wie es die unſrige iſt, kann nicht dringend genug empfohlen werden, auf kleinere Freuden mehr zu achten. Dazu gehören in erſter Linie kleine Aufmerkſamkeiten, die durchaus nicht immer in Form von Geſchenken gezollt werden müſſen, ſondern völlig koſtenlos„zu haben“ ſind. Nicht nur die Frau und nicht nur der Mann ſollten ſich ihrer be⸗ fleißigen, ſondern beide und die Kinder ebenfalls. Wer die aus dieſer Freude, aus einem winzigen Anlaß ge⸗ borene Kraft einmal kennengelernt hat, wer nur einmal dieſe Freude an ſeinem Nächſten bemerkte, wird nicht mehr ablaſſen, Aufmerkſam mit kleinen Dingen zu ſein und ſich mit dieſem Nächſten mit freuen. So iſt es ein Glück, Aufmerkſamkeiten zu erweiſen und ſolche erwieſen zu bekommen. Darin liegt der tiefere Sinn der kleinen Aufmerkſamkeit. Sie iſt Familien⸗ band, knüpft weiter über die Familie hinaus Bande zum Nachbar, zur Volksgemeinſchaft und ſchafft neue kulturelle Grundlagen Nicht nur Arme beſchenken, nicht nur die Not lindern, ſondern auch Freude ſtiften und ſich über kleine An⸗ läſſe freuen lernen, iſt Zeitmedizin. Nicht viel über Abſichten, die Freude ſtiften ſollen, reden, nicht viel und lange über⸗ legen, was man tun könnte, ſondern handeln und Ge⸗ legenheiten inſtinktiv erfaſſen. Nicht geben und Freude ſtiften, um Dank zu ernten, ſondern fühlen, was das Richtigſte iſt in dieſer oder jener Situgtion und ganz ſelbſtverſtändlich handeln, denn das ſind alles Selbſtverſtändlichkeiten. Die Freude über eine kleine Aufmerkſamkeit zur rechten Zeit und in der rechten Art flammt von ſelbſt auf und zeugt wiederum Freude und Kraft im Spender.— Vom Nachkarten. Man braucht kein Kartenſpieler zu ſein, um nachzukarten. Meiſt ſind es ſogar die Frauen, die dies vortrefflich verſtehen. Meine Großmutter, übrigens eine kluge Frau, da ſie ihr Leben bewußt gelebt, pflegte in ſolchen Fällen lächelnd zu ſagen: „Was hilft das Schimpfen, was hilft groß Geſchrei— Was einmal vorbei iſt, das iſt vorbei!“ Denn gerade das Nachkarten war ihr verhaßt.„Ihr braucht cure Kräfte notwendig für die Gegenwart, verſchwendet ſie nicht unnütz in müßigem Nachkarten!“ So ermahnte ſie uns oft, wenn ſie uns bei dieſer ebenſo überflüſſigen, wie weib⸗ lichen Beſchäftigung wieder einmal überraſchte. Um was handelt es ſich denn eigentlich beim Nachkarten? Um die leidige Angewohnheit, Geſchehenes und dadurch Un⸗ abänderliches immer aufs neue aus der Vergeſſenheit zu reißen und zu beſprechen. Vielleicht wird dies am beſten durch ein paar Beiſpiele erläutert.. In einer Ehe(und das ſoll ſogar in den beſten vorkommen) hat es einen Streit zwiſchen Mann und Frau gegeben. Die Urſache iſt, wie meiſt dergleichen Urſachen, an ſich völlig be⸗ langlos. Dennoch hat es Meinungsverſchiedenheiten gegeben, unfreundliche Worte ſind gefallen, vielleicht iſt man einander auch für eine Weile aus dem Wege gegangen. Dann aber hat man ſich, entweder mit Worten oder oft auch ſtillſchweigend, wieder verſöhnt. Nun ſcheint die Sonne des häuslichen Friedens Auf einmal— und leider iſt hier die Frau meiſt der ſchuldige Teil— fängt die Gattin an, das Halbvergeſſene nochmals aufzurühren. Mit vielen„Ja, hätteſt du damals nicht“ oder„Ja, wärſt du nicht“ ſucht ſie dem Mann zu beweiſen, daß er im Grunde genommen die Schuld an dem ganzen Streite trägt. 5 85 In ſolchen Fällen hat das Nachkarten oft genug zur Folge, daß ein eben glücklich beigelegter Zwiſt aufs neue, und zwar durch Unvorſichtigkeit der Frau, doppelt heftig wieder aus⸗ bricht! * Da iſt irgend etwas zwiſchen gute Freunde getreten, ſie entzweiend, wie das oft genug im Leben geſchieht. Doch die alte Freundſchaft hat ſich ſtärker erwieſen als der Streit: ver⸗ ſöhnt hat man ſich wieder die Hand gereicht.. Da fällt ein unvorſichtiges Wort, das gerade dieſen früheren Streit betrifft. Statt nun von beiden Seiten ſtillſchweigend darüber hinwegzugehen, wird dies Unglückswort aufgegriffen, ind bald ergeht man ſich in höchſt unerquicklichen Erinnerungen. Ein Wort gibt das andere, und ehe man es ſich verſieht, iſt nan mitten drin— im Nachkarten! Wie leicht erhält die eben ieder angeknüpfte Freundſchaft einen Riß, wenn ſie nicht nz und gar in die Brüche geht! Uebrigens iſt dies Nachkarten auch ſehr oft ein Fehler, in den Eltern, und vor allem Mütter verfallen. Eines der Kinder iſt unartig geweſen, doch es hat ſeine verdiente Strafe erhalten. Damit ſollte nun auch die Sache abgetan und vergeſſen ſein. Doch bei der erſten ſich darbietenden Gelegenheit kann es ſich die Mutter nicht verſagen, an das Vorgefallene zu er⸗ innern. Weitſchweifig beredet ſie es, und dies meiſt in Gegen⸗ wart des Kindes ſelbſt. Das Kind aber, häufig genug fein⸗ fühliger als der Erwachſene, ſchämt ſich und ein häßlicher kindiſcher Trotz iſt die Folge dieſes überflüſſigen Nachkartens von ſeiten der Mutter. So ließen ſich noch viele Vorfälle aus dem Alltagsleben heranziehen, wo das überflüſſige und ſchädliche Nachkarten eine wichtige und unheilvolle Rolle ſpielt. Der Lateiner hatte für dies alles ein äußerſt beherzigenswertes Wort, das gerade auf das Nachkarten ausgezeichnet paßt:„Quieta non movere!“ („Was ruht, ſollt ihr nicht anrühren!“ Das ſei auch unſer Wahlſpruch, wenn uns einmal die Verſuchung anwandeln ſollte, über Vergangenes und Un⸗ abänderliches in jener Weiſe zu ſprechen, die wir bezeichnender⸗ weiſe„Nachkarten“ nennen. 5 J. Adams. Frau und Spiegel. Von Erika Thomy. Die Wahrheitsliebe des Spiegels wird einer ſchönen Frau zur Luſt, einer häßlichen zur Qual. Manche Frauen ſehen ſich ſo im Spiegel, wie ſie ſich zu ſehen wünſchen, nicht ſo, wie ſie zu ſehen ſind. Wenn jede Frau den Spiegel ihren Erzieher ſein ließe, gäbe es nur noch beherrſchte Frauen. Nicht nur äußerliche Frauenſchönheit ſtrahlt der Spiegel zurück, ſondern auch innere. Wenn alle Frauen ſo unbeſtechlich wären wie der Spiegel, wäre viel Leid weniger auf der Welt. Was mancher Frau den Spiegel ſo angenehm macht, iſt das, daß er nur ſpricht, wenn er gefragt wird. Der Sptegel iſt der ehrlichſte Freund der Frau, doch wird ſein Wert von ihr ſehr oft verkannt. Selten iſt eine Frau ſachlich genug bei der Betrachtung ihres Spiegelbildes. Der Spiegel iſt der ewige Mahner im Leben einer Frau, was Wunder, daß ſie ihn manchmal auch als Feind empfindet. Und ſo ſeltſam es auch klingen mag: Der Spiegel hat den größten Einfluß auf die Gemütsſtimmung einer Frau. Poſtkartengrüße aus der Sommerfriſche. „Selbſtverſtändlich“ haben ſämtliche Poſtkarten aus der Sommerfriſche den Daheimgebliebenen berichtet, es ſei„mär⸗ chenhaft ſchönes Wetter“, die Gegend ſei prachtvoll, die Quar⸗ tiere himmliſch, die Ruhe ſelten groß und die Mittagporttonen noch größer. Ja, und dann ſind ſchon 15 Pfund Zunahme im Gewicht zu verzeichnen, man ſei. e oder„ſchwarz wie ein Neger“, habe nur„nette, liebe Menſchen“ getroffen oder gehe— eine Nachricht alleinreiſender Ehefrauen an den Strohwitwer— zu keinem Vergnügen, ſondern nur in die Kirche und höchſtens„mal“ zum Kurkonzert. Andere wiederum haben eines Tages im Walde geſchlafen, und als ſie aufwachten, auf der Bruſt oder dem Bauche eine zuſammengerollt da⸗ liegende Schlange gefunden, jedoch dank ihrer bekannten Geiſtesgegenwart... Wer an der See weilte, iſt mit einem Fiſcher hinausgefahren, das Boot kenterte und man hat den Fiſcher gerettet, oder jener fing vielleicht einen Rollmops von N Gewicht. Die berühmte Seeſchlange wurde auch ge⸗ ſehen. Es gibt einen Schlager, der beginnt mit den Worten: Naber das nur nicht ſchief geht mit der verdammten Schwin⸗ elek. So iſt es auch mit den Reiſemärchen. Man lacht darüber, macht vielleicht aus Pietät oder um Streit zu vermeiden ein ernſtes Geſicht, aber der Erzähler ſolcher Ammenmärchen wird künftig beſtimmt weniger ernſt genommen. Die urſprüngliche Abſicht iſt immer die, den Daheimgebliebenen ban ben zu machen. Das iſt ein häßlicher Zug, denn jener kann beſtimmt nichts dafür, daß es ihm nicht ſo gut geht, um eine Urlaubs⸗ reiſe ermöglichen zu können. Warum ihn alſo deshalb noch verhöhnen oder, wie der Volksmund ſagt:„Auf den Arm nehmen“?! Der„Mut“ der Reiſenden iſt jedoch noch um ein Vielfaches größer, wenn ſie gar eine Auslandsreiſe unter⸗ nommen haben, denn in ſolchen Fällen können die Daheim⸗ gebliebenen meiſtenteils das Berichtete nicht nachprüfen. Bleiben wir lieber ſchön bei der Wahrheit. Der Rundfunk hat außerdem an jedem Tage gemeldet, wie das Wetter in dieſem oder jenem Reiſegebiet war, ſo daß der Poſtkarten⸗ ſchwindel„ins Blaue“ verpufft, das nur auf dem geduldigen Papier ſtand. Lügenmärchen haben gewöhnlich kurze Beine — auch wenn ſie aus der Sommerfriſche kommen! k. Ein billiges Erfriſchungsgetränk Kwaß, ein ausgezeichnetes, billiges Erfriſchungsge⸗ tränk, bereitet man auf folgende Weiſe: Morgens: 5 Zitronen, in Scheiben geſchnitten und ent⸗ kernt, und 4 Pfund Zucker(in Würfeln oder geſtoßen) wer⸗ den in einem hölzernen Kübel mit 25 Liter kochendem Waſ⸗ ſer angebrüht. Abends: 30 Gramm hefe werden mit 3 Eßlöffeln Wei⸗ zenmehl vermengt und mit der Flüſſigkeit vermiſcht. Ueber Nacht wird der Kübel mit einem Tuche bedeckt. Am anderen Morgen: 5 Liter kaltes, ungekochtes Waſ⸗ ſer werden hinzugefügt, die Zitronen abgeſchöpft, die Flüſ⸗ ſigkeit gut umgerührt, in etwa 36 Champagnerflaſchen ge⸗ füllt, mit der Korkmaſchine zugepfropft und die Flaſchen mit Schnur oder Draht über Kreuz feſt zugebunden. Man kann zur größeren Bequemlichkeit auch ſtarke Mineral⸗ waſſerflaſchen mit dem bekannten mechaniſchen Gummiver⸗ ſchluß verwenden. Die Flaſchen werden ſtehend im Keller aufbewahrt. Der Kwaß iſt vom vierten oder fünften Tage an trinkbar und wird bei Gebrauch, weil er beim Oeffnen der Flaſchen ſtark ſchäumt, am beſten ſchon im Keller in den Krug gefüllt. Da ſich ziemlich viel Hefe abſetzt, dürfen die Flaſchen während des Umfüllens nicht geſchüttelt wer⸗ den. Das Eingießen in den Krug muß vorſichtig geſchehen. Das Getränk hat viel Kohlenſäure, aber faſt keinen Alkohol und iſt ſehr bekömmlich. g 5 5 N Waſcht das Obſt! . Eigentlich ſollte ſich dieſe Mahnung erübrigen; denn für viele wird es eine Selbſtverſtändlichkeit bedeuten, Obſt, beſonders das, was man nicht ſelbſt ernten kann ſondern erſt kaufen muß, vor dem Genuß zu ſäubern. Dennoch kann man es jetzt in der Hochſaiſon des Obſtes oft genug ſehen. daß Leute mit einer friſch gekauften Tüte Obſt durch die Straßen ſchlendern und das Obſt daraus verzehren, es alſo nicht abwarten können, bis ſie die Möglichkeit haben, die Früchte zu waſchen. Ganz abgeſehen davon iſt auch mit dem ſofortigen Verzehren des Obſtes auf der Straße die Unmanier verbunden, glitſchige Steine auf die Straße zu werfen, ſo daß das eilige Verzehren nicht nur für den Ge⸗ nießenden, ſondern auch für die Mitmenſchen eine Gefahr in ſich birgt. Bakteriologiſche Unterſuchungen an verſchiedenen Obſt⸗ orten, wie dieſe an den Verkaufsſtänden und an der Straße tehenden Körben feilgehalten werden, haben ergeben, daß das ſteriliſierte Waſſer, mit dem die Früchte abgewaſchen wurden, eine wahre Blütenleſe von Bakterien enthielt, unter denen ſich einige recht gefährliche befanden. Die Zahl ſchwankte nach dem Reinlichkeitsgrad der Früchte zwiſchen 68 000 und 3 200 000 Keimen im Kubikzentimeter. Beim zweiten Waſchen ergaben ſich noch 7000 bis 120 000 und nach dem drikten Waſchen immer noch zwiſchen 3000 bis 7000 Keime. Dieſe Zahlen dürften deutlich genug zeigen, wie notwendig es iſt, das Obſt vor dem Genuß gründlich mit Waſſer zu behandeln. 3 Koch⸗Nezepte Schotenpüree. Wenn man die Schoten oder grünen Erb⸗ ſen ſchon dick, vielleicht gar härtlich bekommt, empfiehlt es ſich, ſie als Püree oder Brei zu bereiten. Die ausgehülſten Schotenkerne werden ſauber gewaſchen und mit weichem Waſſer kalt angeſetzt, ohne ſie zu ſalzen. Wenn ſie eben weich ſind, doch ehe ſie zerkochen, gießt man das Waſſer ab, ſtreicht die Schoten durch ein feines Sieb und läßt das Püree mit Salz, Butter und ganz fein gewiegter Peterſilie aufkochen. Arme Ritter. 16 Stück Zwiebäcke oder einen Tag altes Weißbrot, in etwa fingerdicke Scheiben geſchnitten, werden mit Liter Milch begoſſen und ſo etwa 10 Minuten ſtehen gelaſſen. Dann werden die einzelnen Scheiben in Ei— drei ganze Eier zuſammen mit„ Teelöffel Salz tüchtig ge⸗ ſchlagen— gewälzt und mit 4 Pfund Butter dunkelgelb ge⸗ dacken. Nach Herausnahme aus der Pfanne werden die fer⸗ tigen„Armen Ritter“ von beiden Seiten mit Zucker beſtreut. Man gibt ſie mit Obſtſoße. Gebackener Grieß⸗ Strudel iſt eine fand und dabei ſehr ausgiebige Mehlſpeiſe. Auf zwei Pfund gut durch⸗ wärmtes Mehl nimmt man ein Pfund in der Schale ge⸗ kochte Kartoffeln, die fein zerdrückt, ſo daß keine Stückchen bleiben, zu dem Mehl gemiſcht werden. Inzwiſchen hat man einen Achtelliter lauwarme Milch mit ein wenig Hefe ſowie einem geſtrichenen Löffel Staubzucker angerichtet. Zwei Dot⸗ ter werden mit einem Viertelliter handwarmer Milch gut, verſprudelt und zu dem Mehl und den Kartoffeln mit etwas Salz gut verrührt. Iſt die Hefe aufgegangen, miſcht man ſie langſam in die angegebenen Beſtandkeile und ſchiöe den Teig gut ab Sollte er zu feſt ſein kann man noch etwas laue Milch nachſchütten. Der Teig muß mittelfeſt ſein. Dann läßt man ihn an einem warmen Ort aufgehen Hierauf nimmt man die Hälfte des Teiges Kuf das Brett, wellt ihn meſſerrückendick aus und beſtreicht ihn mit folgender Fülle: Ein eigroßes Stück Schweineſchmalz wird u dem Feuer zerlaſſen, dann mit einem Pfund grobem Grieß vermiſcht und langſom goldbraun geröſtet, wobei man ſehr darauf achten muß daß er ſich nicht anlegt Dann wird er mik einem Schöpflöffel heißen Waſſers überbrüht und ſchnell ver- rührt, damit keine Klumpen bleiben Man rührt ſo lange, bis er ganz krümelig und flockig iſt Nun ſtellt man ihn an den Herdrand, miſcht ganz wenig Salz und Zucker, 100 Gramm Sultaninen hinein und läßt ihn etwos auskühlen. Der ausgewellte Teig wird mit etwas zerlaſſener Butter und dann mit der Grießfülle beſtrichen und das Ganze ſauber zu⸗ ſammengerollt Nun werden etwa 10 1 lange Stücke 81 und auf das gut beſchmierte Backblech nicht zu dicht e Jedes einzelne Stü wird mit zerlaſſener Butter beſtrichen und im Rohr ſchö 925 1(aber nicht zu lange) gebacken. Ehe man ſie auf den Tiſch bringt, beſtreut man ſie mit Zucker. Man Kompott dazu. N—— 0