2 Blatt zu Mr. 277 77 ² Güdflawiens ſcharfe Sprache Die ſüdſlawiſche Note an den Völkerbund in der An⸗ gelegenheit des Königsmordes von Marſeille, die nichts als eine Anklageſchrift gegen Ungarn darſtellt, hat durch ihren ſcharfen Ton und ihre ungeheuerlichen Behauptungen allgemein überraſch t. Man muß ſchon ſagen, daß ſie dem europäiſchen Frieden keinen guten Dienſt erwieſen hat. Sie hat denn auch in Genf ſelbſt einen ſtarken Ein⸗ druck hervorgerufen. In franzöſiſchen Kreiſen und in Krei⸗ ſen der Kleinen Entente ſcheint man zu fühlen, daß man zu weit gegangen iſt, und eine ſtarke Verlegenheit iſt unverkennbar. Eine Note mit ſolchen ſchweren, gegen Ungarn direkt gerichteten Anſchuldigungen hatte man nach den in den letzten Tagen geführten Verhandlungen zwiſchen dem franzöſiſchen Außenminiſter und den Vertretern der Kleinen Entente nicht erwartet. Man weiſt darauf hin, daß nun Südſlawien ſehr ſchlüſſige Beweiſe für ſeine Anklage zu erbringen habe. Von ſüdflawiſcher Seite erklärt man, daß die angekündigte Sammlung von Dokumenten die durch die Note hervorgerufene Senſation durchaus rechtfertigen werde. Obwohl in der Note nur Ungarn ge⸗ nannt worden iſt, empfindet man hier ferner allgemein, daß ſie zu einer neuen erheblichen Span⸗ nung auch zwiſchen Südſlawien und Italien beitragen werde. Jedenfalls wird ſie nicht ohne Rückwirkung bleiben auf die in der letzten Zeit verſuchten Annäherungs⸗ beſtrebungen zwiſchen Italien auf der einen und der Klei⸗ nen Entente und Frankreich auf der anderen Seite. Dieſe politiſche Wirkung der ſüdſlawiſchen Note iſt vielleicht wichtiger als die Frage der Behandlung des ſüdflawi⸗ ſchen Schriftſtückes in Genf ſelbſt. n Das erkennt man auch in Frankreich, wo„Echo de Paris“ in richtiger Erkenntnis der durch die Note ge⸗ ſchaffenen Lage ſchreibt, auf alle Fälle müſſe man damit rechnen, daß Ungarn und die Kleine Entente ſich in den nächſten Monaten ſchärfer denn je gegenüberſtehen würden. Im übrigen ſtimmt man in Paris natürlich dem ſüdſlawi⸗ ſchen Schritt zu, wenn man ſich auch nicht verhelt, daß er im Januar zu ernſten Schwierigkeiten Anlaß geben könnte. Ein Blatt gibt der Auffaſſung Ausdruck, Un⸗ garn fordere abſichtlich die ſofortige Beratung der Sache, da es wiſſe, daß es, geſtützt auf Italien, nichts zu befürchten habe. Der„Petit Pariſien“ iſt der Anſicht, daß das Generalſekretariat des Völkerbundes ſelten in den Beſitz eines ſo klaren, in der Form edlen und im Ton gerechten Schriftſtückes gelangt ſei. Die ſüdſlawiſche Klage ſei zwar für Ungarn erdrückend, aber nicht angriffsluſtig. Bei der öffentlichen Beratung des Falles, die wahrſcheinlich am 10. Januar ſtattfinden werde, würden die Miniſter der Tſchechoſlowakei, Rumäniens, Sowjetrußlands, der Türkei und Frankreis den ſüdſlawiſchen Schritt unterſtützen. In London, wo man kühler zu denken gewohnt iſt, iſt die Ueberraſchung über die Schärfe des Tones und die Anſchuldigungen gegen Ungarn allgemein.„News Chro⸗ niele“ will wiſſen, daß ein Satz, in dem Ungarn der Krieg angedroht worden ſei, im letzten Augenblick aus der Note weggelaſſen worden ſei.„Daily Herald“ da⸗ gegen berichtet, daß die Note trotz Lavals Bemühungen nicht geändert worden ſei.„Daily Telegraph“ ſagt, das Schriftſtück habe in Genf das größte Aufſehen erregt. Der Genfer Vertreter der„Times“ iſt der einzige, der ſich aus⸗ führlicher äußert. Das Blatt ſchreibt: Der Ton der Note wird hier als viel ſchärfer angeſehen, als erwartet worden war. Dies wird auf die aufgeregte Stimmung der ſüdſla⸗ piſchen Oeffentlichkeit zurückgeführt. In ungariſchen Krei⸗ ſen hat das Vorgehen Südflawiens, der Tſchechoſlowakei und Rumäniens große Empörung verurſacht. Bei den ver⸗ ſchiedenen Abordnungen ſcheint der erſte Eindruck der zu ſein, daß die Note beträchtlich weiter gehe, als für politiſch klug gehalten werde, und daß ihr Ton und Wortlaut der Würde etwas Abbruch tue, die Südflawien bisher unter ſehr ſchwierigen Umſtänden gezeigt habe. Die Anſchuldigun⸗ gen und der Ton der Note ſind derartig, daß es für ſehr wenig wünſchenswert gehalten wird, ſie bis zum Januar unbeantwortet zu laſſen und dadurch die politiſche Umwelt zu vergiften. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß Ungarn die ſchweren Anſchuldigungen Südflawiens nicht auf ſich ſitzen laſſen will. Miniſterpräſident Gömbös hat einem Mitarbeiter des Ungariſchen Telegraphen⸗Korreſpondenzbüros auf die Anfrage hin den Standpunkt der ungariſchen Regierung zu der füdſlawiſchen Note an den Völkerbund folgendermaßen dargelegt:„Die ungariſche Regierung wurde durch die in Zuſammenhang mit der Marſeiller Angelegenheit in Genf unterbreitete ſüdſlawiſche Note nicht überraſcht. Sie ſieht in dieſer Note nichts anderes als die Forkſetzung des ſeit einem Monat im Gange befindlichen und auf die Unter⸗ grabung der Stellung Ungarns gerichteten Preſſefeld⸗ zuges. Sie ſieht mit Befremden, daß der Ton der Note der gleiche iſt wie der der gegen Ungarn hetzenden Preſſe. Dieſe Preſſe hat nämlich ſofort nach der Verübung des Mordes, ſomit zu einer Zeit, als noch keinerlei Anhalts⸗ punkte dafür vorhanden ſein konnten, wer die Organiſa⸗ toren und die Ausführenden des Anſchlages waren, zur Bloßſtellung Ungarns eine politiſche Hetze eingeleitet, die von vornherein geeignet war, den europäiſchen Frieden zu gefährden. Die ungariſche Regierung hat vom erſten Augenblick des Einſetzens des Verleumdungsfeldzuges an die Tendenz klar erkannt. Es ſteht nämlich außer Zweifel, daß das Ziel der Leiter des Feldzuges neben der Diskredi⸗ tierung der ungariſchen Sache auch die Einſchüchte⸗ rung Ungarns war um unſere friedliche Arbeit für unſere nationale Exiſtenz zu lähmen. Die ungariſche Regie⸗ rung lenkt die Aufmerkſamkeit der öffentlichen Meinung der Welt auf die politiſche Tendenz der ſüdſlawiſchen Note, beſonders unter Hinweis darauf, daß ſie ihre Beſchuldi⸗ gungen gegen Ungarn ohne ins einzelne gehende Kenntnis der Sache und unter Berufung auf die angeblich zur Ver⸗ fügung ſtehenden, bisher nicht nachprüfbaren Beweiſe ſtützen will.“ i e Radfahrer! Halte die Bremſe Deines Fahrzeugs gut im Stand! Laſſe ſie rechtzeitig nachſtellen over friſch belegen. Achte auch beſonders darauf, daß die Bremſen gleichmäßig beiten. Ungenügende oder gleichmäßige Bremſen führen nes Tages unweigerlich zum Uufall und ins Gefängnis! Badiſcher Arbeitsopfer⸗Ehrentag Rede des Keichsſtakthalters. Karlsruhe. Die Landeshauptſtadt ſtand im Zeichen des Erſten Badiſchen Arbeitsopfer⸗Ehrentages. Am Vormittag trafen ſich die Kreiswalter zu einer Beſprechung. Dann erfolgte eine Ehrenrundfahrt der Gäſte durch die Stadt. Eine große Kundgebung im Großen Feſthalleſaal bildete den Höhepunkt der Veranſtaltung. Aus dem ganzen Lande hatten ſich etwa 400 Arbeitsopfer und 100 Amtswalter ein⸗ gefunden. Nach dem Fahneneinmarſch hielt der Referent des So⸗ zialamtes der DA, Pg. Werner Roth⸗Berlin, eine Feſt⸗ anſprache. Die Arbeitsopfer ſeien die Arbeiter, die an der Arbeitsſtätte das Schickſal packte. Auch die deutſche Mutter, der der Ernährer der Kinder im Arbeitskampf genommen worden ſei, ſei nicht zu vergeſſen. Die Bewe⸗ gung habe das Schickſal der alten deutſchen Arbeitsopfer in die Hand genommen. Reichsſtatthalkter und Gauleiter Wagner führte u. a. aus: Dadurch, daß wir insbeſondere gelernt haben, unſere perſönlichen Intereſſen zurückzuſtellen, uns ein⸗ und unterzuordnen, dadurch haben wir auch dem Ein⸗ zelnen ein beſſeres Daſein geſichert und haben geſorgt, daß auch die Kriegs- und Arbeitsopfer, die Rentner und Ar⸗ beitsinvaliden in ihrer Geſamtheit wieder zu ihrem Rechte kommen. Neben den Opfern des Krieges wird für alle Zeiten in Deutſchland das Arbeitsopfer ſtehen. Gerade wir in Baden haben in dieſem Jahr ernſtlich erfahren dürfen, welche Opfer die Arbeit dem ſchaffenden Menſchen aufer⸗ legt: Buggingen. Buggingen iſt der Maßſtab für die innere Einſtellung des Staates zu den Opfern der Arbeit. Hier hat das neue Deutſchland eine Probe auf ſeine Ge⸗ ſinnung beſtanden, dadurch, daß den geſamten Hinterblie⸗ benen das Leben ſichergeſtellt worden iſt. Dieſer Maßſtab ſoll ein für allemal der Maßſtab der Wertung der Arbeit, der Leiſtung des Arbeitsopfers der Nation gegenüber ſein. Abſchließend gab der Bezirksleiter der DA Südweſt, Plattner, ein Bild der verheerenden Mißwirtſchaft in den ſozialen Kaſſen des Parteienſtaates. Der Bezirksleiter ſchloß mit der Verſicherung an die Arbeitsopfer, daß ihre Rechte nach wie vor gewahrt würden und legte dem Reichs⸗ ſtatthalter das Gelöbnis weiterer treuer Gefolgſchaft ab. „Beirat des Finanzamts“ Anſtelle der früheren Skeuerausſchüſſe. In einem Runderlaß verfügt der Reichsfinanzminiſter, daß der„Beirat des Finanzamts“, der vom 1. Januar 1935 ab nach Maßgabe der Beſtimmungen der Para⸗ graphen 31 bis 33 und 36 der Abgabenordnung zu hören iſt, alsbald gebildet werden muß, damit die Mitglieder des Beirats vom 1. Januar ab zu Tagungen einberufen wer⸗ den können. Der Veirat tritt anſtelle der alten nach dem liberaliſtiſchen Syſtem gewählten Steuerausſchüſſe. Er iſt gewiſſermaßen das Laienelement bei den Finanzämtern und wird bei Steuerfeſtſetzungen bzw. Einſprüchen uſw. gehört. Der Reichsfinanzminiſter weiſt darauf hin, daß die dem Beirat kraft ihres Amtes angehörenden Leiter der Gemeinden und Vorſteher der Behörde, denen die Vorbe⸗ reitung der Einzelbewertung übertragen iſt, mit dem Hin⸗ weis zu benachrichtigen ſind, daß ihre Einberufung zu Ta⸗ gungen des Beirats nach Bedarf erfolgen wird. Der Prä⸗ ſident des Landesfinanzamtes hat die Organe der Wirt⸗ ſchaft zu erſuchen, Vorſchläge für die Einberufung der Mitglieder des Beirates den Finanzämtern ſpäteſtens bis zum 15. Dezember 1934 zu machen. Zum Mitglied des Beirates ſoll u. a. nicht berufen werden, wer ſich in der Zeit nach dem 30. Januar 1933 als unpünktlicher Steuerzahler erwieſen hat. Der Miniſter bezeichnet es als ſelbſtverſtändlich, daß in jedem Falle nur ſolche Volksgenoſſen berufen werden dür⸗ fen, von denen zweifelsfrei bekannt iſt, daß ſie uneinge⸗ ſchränkt auf dem Boden des nationalſozialiſtiſchen Staates und zum Führer und Reichskanzler Adolf Hitler ſtehen. Das Eiſenbahnerehrenmal in Halle. Für die 1200 gefallenen Eiſenbahner aus dem Reichsbahn⸗ direktionsbezirk Halle wurde ein Ehrenmal errichtet und „„ feierlich eingeweiht. Dienstag, 27. Nov. 1934 Sporinachleſe vom Sonntag. Am Sonntag nahm der Punkteſpielbetrieb— wenn auch in etwas eingeſchränktem Rahmen— in den ſüd⸗ und ſüd⸗ weſtdeutſchen Fußballgauen ungehindert ſeinen Fortgang, Die Ergebniſſe fielen— wie könnte das auch anders ſein— in verſchiedenen Fällen natürlich wieder gerade entgegengeſetzt den Vorausſagen aus. Der Gau Südweſt, der ſonſt mit Ueberraſchungen nicht ſpart, konnte diesmal in dieſer Beziehung allerdings nicht recht mittun, da er nur zwei Spiele durchführte. Die Frank⸗ furter Eintracht ließ bei Saar 05 Saarbrücken mit 2:2 einen weiteren Punkt und die Offenbacher Kickers verloren bei Wormatia Worms unverdient mit 1:2. Im Gau Baden erlitt der Tabellenführer SV. Wald⸗ hof auf eigenem Platz durch Phönix Karlsruhe ſeine erſte Niederlage. Die Karlsruher gewannen knapp mit 2:1. Der Freiburger FC. mußte ſich zuhauſe gegen den VfL. Neckarau mit einem 1:1 Unentſchieden begnügen und konnte daher die Chance, mit Waldhof punktgleich zu werden, nicht ausnützen. Zwei Mannſchaften feierten ihre erſten Siege: der Karls⸗ ruher FV. ſchlug den VfR. Mannheim 2:0 und 08 Mann⸗ heim beſiegte ſeinen Aufſtiegskollegen Germania Karlsdorf mit dem gleichen Reſultat. Der VfB. Mühlburg rang dem 1. FC. Pforzheim in Pforzheim ein verdientes 1:1 ab. Im Gau Württemberg wurde nur ein Spiel aus⸗ getragen und zwar ſpielte der SSV. Ulm beim Stuttgarter SC. und errang einen etwas überraſchenden 3:2⸗Sieg. Die Almer haben ſich durch dieſen Sieg auf die dritte Tabellen⸗ ſtelle vorgeſchoben. Im Gau Bayern ging es wieder einmal drunter und drüber, allerdings mit dem poſitiven Ergebnis, daß vorerſt die Vormachtſtellung der Sp.⸗Vgg. Fürth nicht zu brechen iſt. Da 1860 München gegen den ASV. Nürnberg mit 0:2 verlor und der 1. FC. Nürnberg bei der Sp.⸗Vgg. Weiden einen weiteren Punkt einbüßte, beträgt der Vorſprung der „Kleeblättler“ nunmehr vier ſchwer einzuholende Punkte. Der BC. Augsburg leiſtete ſich den netten Schwabenſtreich, dem favoriſierten Fc. Wacker München gleich mit 5:1 beide Punkte abzunehmen und auch die„Schwaben“ warteten mit einem ſolchen„Streich“ auf allerdings nach der ver⸗ kehrten Seite. Bayern München konnte Jahn Regensburg auch diesmal nicht ſchlagen, denn die Mannen um Jakob zeigten in München ein überraſchend gutes Spiel, das ihnen ein verdientes 2:2 eintrug. In Nordheſſen verlor der VfB. Friedberg gegen den Neuling Germania Fulda mit 0:2 und am Mittel⸗ rhein beſiegte Eintracht Trier den Kölner SC. 99 mit 3:1. Weſtmark dagegen unterlag beim VfR. Köln mit 124. Stand der Gauliga Gau Baden: SV Waldhof 8 17.7 1313 Freiburger FC 8 1316 12˙4 VfL Neckarau 8 19:10 11·5 Phönix Karlsruhe 8 16·9 11˙5 1. FC Pforzheim 8 17:9 9¹7 VfR Mannheim 7 17:15 727 VfB Mühlburg 8 12·16 7:9 Karlsruher JV 8 7:9 5211 Mannheim 08 9 10732 3.15 Germania Karlsdorf 8 418 2114. Gau Südweſt: 57 Phönix Ludwigshafen 10 21:12 16˙4 FK Pirmaſens 10 3115 1327 Wormatia Worms 9 25:15 12:6 Union Niederrad 9 16:18 117 Kickers Offenbach 10 18:21 10:10 Eintracht Frankfurt 8 10·11 8:8 FSW Frankfurt 10 21:28 8:12 Boruſſia Neunkirchen 10 14:20 81712 Saar Saarbrücken 10 15222 8.12 Sportfreunde Saarbrück. 9 18:22 5213 FC Kaiſerslautern 9 14:19 513 Gau Mürktemberg: Stuttgarter Kickers 9 21:17 13:5 SW Feuerbach 9 19.11 12:6 SSV Ulm 10 29723 11:9 VfB Stuttgart 9 22:16 10:8 Union Böckingen 9 27:26 10˙8 Stuttgarter SG 9 21:21 8.10 Sportfreunde Eßlingen 9 15:18 8.10 Ulmer JV 94 8 14.13 7·9 SV Göppingen 9 10:22 612 Sportfreunde Stuttgart 9 14.25 5.13 Gau Bayern: Spogg. Fürth 10 20.7 17:3 1860 München 10 24:14 1327 1. FC Nürnberg 11 20:14 139 Schweinfurt 05 11 19714 12:10 ASV Nürnberg 11 21:18 12:10 Wacker München 11 16:18 12:10 Bayern München 11 23:22 9:13 Spogg. Weiden 11 23:38 9:13 Jahn Regensburg 11 22:21 8.14 Schwaben Augsburg 11 19:26 8.14 Brandenburg verteidigte am Sonntag in Berlin den Hockey⸗Silberſchild gegen die Gaugruppen Baden⸗Württem⸗ berg vor 3000 Zuſchauern durch einen erwartet hohen Sieg von 7:2(4:1) erfolgreich. Beim Zucgſpitzplatt⸗Skiſpringen am Sonntag gewann der für den SC. Partenkirchen geſtartete Norweger Birger Ruud mit Note 337.8(31.5, 34, 35 Meter) den Zugſpitz⸗ pokal. Der Hallentenniskampf Baden— Berlin in Mannheim endete mit dem erwarteten Berliner Sieg. Am letzten Tag holten ſich von Cramm und Henkel beide Einzel⸗ und das Doppelſpiel. Der SC. Rieſſerſee wurde im Europa⸗Pokalſpiel den Gruppe A in Paris von der Mannſchaft von Stade Francais Paris hoch mit 7:1(0:0, 2:0, 5:1) Toren geſchlagen. Deutſchland ſchlug am Samstag abend im Amateurbor⸗ länderkampf die polniſche Staffel in Eſſen vor 8000 Zu⸗ ſchauern im Geſamtergebnis mit 1125 Punkten ſicher. Zwei Gewichtheberrekorde wurden in Augsburg auf ſtellt: Halbſchwergewicht(beidarmiges Prlakeche euch len Sch 305 Pfund, Bantamgewicht(beidarmiges Drüß⸗ en): Schuster(München) 172 Pfund. 5 5 ö „ Jupiter gewinnt den Mondrekord Am Abendhimmel des nun vergangenen Sommers leuchtete uns der Jupiter mit ruhigem weißen Licht als einer der hellſten Sterne. Richten wir, wie es der berühmte Ga⸗ lilei im Jahre 1610 tat, ein einfaches Fernrohr auf den 0 trahlenden grof 1 Als Lichtpünktchen ent⸗ decken. Menſchen mit ausnahmsweiſe guten Augen können den einen oder den anderen von ihnen ſogar mit bloßem Auge erkennen. Mit der Entdeckung der erſten vier Jupitermonde be⸗ gann unter Verwendung des von Galilei erfundenen Fern⸗ rohres ein ungeahnter Aufſchwung der Sternkunde. Die Nachricht von d deckung Galileis erſchien den ſtern⸗ forſchenden Zeitgenoſſen ſo unglaublich, daß einer es ſogar ablehnte, ſich durch Augenſchein davon zu überzeugen. Man erzählt von Galilei, daß er beim Tode des ungläubigen Tho⸗ mas ſpöttiſch geäußert haben ſoll:„Ich hoffe, daß er ſie auf ſeinem Wege zum Himmel geſehen hat.“ Die Verfinſterung der großen Monde beim Eintritt in den Schatten in Erdnähe und Erdferne wieſen Zeitunter⸗ ihrhundert ſpäter(1672) ſchiede auf und führten ein halbes 7 den Dänen Olaf Römer auf den ungeheuren Gedanken, daß das Licht eine endliche und meßbare Geſchwindigkeit beſitzt; im Mittelalter galt ſie durchweg für unendlich und unfeſt⸗ ſtellbar. Spätere Meſſungen beſtätigten ſeine weltumſtü zende Entdeckung und verbeſſerten die Unterſuchungsergeb⸗ niſſe. Heute wiſſen wir, daß der Sonnengott ſeine Licht⸗ pfeile mit einer Sekundengeſchwindigkeit von 299 860 Kilo⸗ metern abſchließt. Jahrhundertelang galten die vier großen Monde als die einzigen Trabanten des Jupiter. Erſt um die Jahrhundert⸗ wende gelang es z. T. mit Hilfe der Kamera, den 5. bis 9. in Form winziger Sternchen zu entdecken. So wollte der Amerikaner Nicholſon eine Aufnahme des achten Mondes machen. Da dieſer ſelbſt mit den beſten Fernrohren nicht zu ſehen iſt, berechnete er ſeine Bewegung und führte die photographiſche Platte ſamt Fernrohr dieſer vorausbeſtimm⸗ ten Bahn über zwei Stunden nach. Die Entwicklung der Platte zeigte zu ſeinem Erſtaunen außer dem geſuchten Ju⸗ pitermond einen weiteren, der zufällig in der Nähe des achten ſtand und dieſelbe Bewegung vollführte. In der amerikaniſchen Lick⸗Sternwarte, wo Nicholſon vor 20 Jahren den neunten Jupitermond entdeckte, konnte der Sternforſcher Dr. Jeffers vor kurzem den zehnten Mond photographiſch auffinden. Er iſt bei einem vermuteten Durchmeſſer von nur 50 Kilometern mit keinem noch ſo mächtigen Fernrohr zu finden. Da Saturn mit neun Mon⸗ den bisher der„meiſtbemondete“ Planet war, ſo hat Jupiter ihm jetzt den Rang abgelaufen und den„Mond⸗Rekord“ ge⸗ ſchlagen. N 8 ing 5 6 5——— Liebe geht durch die Konſervenbüchſe Das Schickſal beſtimmte die Rolle Sam Hammingtons im Weltgeſchehen nicht gerade aufregend und abwechſlungs⸗ reich. Er hatte in einer Pittsburger Konſervenfabrik jeden Wochentag acht Stunden hindurch ſechs Konſervenbüchſen in der Minute zu verdichten. Trotz dieſer eintönigen Beſchäfti⸗ gung am laufenden Bande blieb der brave Sam ein Roman⸗ tiker. Und als ſolcher kam er eines Tages auf eine origi⸗ nelle Idee. Er ſchrieb einen Liebesbrief gewiſſermaßen„an alle“ mit folgendem Text: „Meine Damen! Ich heiße Hammington, bin jung, le⸗ bensfreudig, fleißig und ſparſam. Leider aber alleinſtehend! Wie wäre es mit einer Bekanntſchaft? Sie ſollen es nicht bereuen!“ Dieſes Briefchen und ein kleines Paßbild ſchmug⸗ gelte Sam nun in einem vom Aufſeher unbewachten Augen⸗ blick in eine Konſervenbüchſe. Verdichtete dann dieſe und arbeitete weiter mit Feuereifer, um die vertrödelte Zeit wie⸗ der einzubringen. Jahre kamen und gingen. Aus dem Büchſenverdichter wurde im Laufe der Zeit ein gutbezahlter gelernter Vor⸗ arbeiter. Trotz alledem blieb er auch weiterhin alleinſtehend. Denn die Richtige kam nicht und wollte offenbar nicht kom⸗ men Bis die Poſt einen Brief aus England brachte, aus Haunslow bei London. Dank der liebevollen Fürſorge der Poſtdirektion wanderte der nach Pittsburg adreſſierte Brief über drei Wochen von Stadt zu Stadt, bis er Sam fand. Nun aber war es ſo weit, und der müde Alleingänger las entzückt:„Ich habe Ihren Konſervengruß erhalten. Ich wäre bereit, Ihre Frau zu werden. Die Art gefällt mir, das Bild noch mehr. Etwas Vermögen iſt auch vorhanden. Soll ich kommen?“ Auch dieſem Schreiben lag ein Photo bei. Bei deſſen Anblick wurde Sam noch verzückter. Und hald wurde Hochzeit gefeiert. Woraus wieder ein⸗ mal hervorgeht, daß die Liebe nur durch den Magen geht. Auch wenn ſie den Umweg über eine Konſervenbüchſe men muß. Werden Flundern ſellen? Die Nordſee iſt überfiſcht. Die Schollen, die in den nahe dem Meere liegenden Gebieten ſehr beliebt ſind und im Binnenlande zumindeſt als Flundern geſchätzt werden, haben in der letzten Zeit in der Nordſee eine ungünſtige Entwicklung genommen. Wenn es ſo weitergeht, werden die großen, fetten Flundern bald elten werden, und nur noch kleine, kümmerliche Exemplare werden zum Kauf angeboten werden können. Wo ſind die herrlichen Schollen geblieben, die man vor zehn, zwölf Jah⸗ ben zu eſſen bekam? Offenſichtlich hängen Größe und Dicke der Schollen mit der Behandlung zuſammen, die ihnen ſeitens der Fi⸗ ſcher zuteil wird. Als der Weltkrieg die Nordſeefiſcher zum großen Teil zwang, ihr Gewerbe einzuſtellen, hatten die Fiſche gute Zeiten. Die Fiſchkutter fürchteten die Minen, die Unterſeeboote und die feindlichen Kreuzer; die Schollen führten indeſſen ein herrliches Leben ohne Furcht vor Fi⸗ ſchernetzen und Kochtöpfen. Dann war der Krieg zu Ende, die Minen wurden weggeräumt, die Fiſchdampfer erſchie⸗ nen wieder und brachten größere, kräftigere Fiſche als je⸗ mals vor dem Kriege nach Hauſe. Bald waren die beſten Exemplare fortgefangen. Schon von 1921 bis 1923 beobach⸗ teten die Fiſcher, daß die Schollen wieder kleiner wurden, wenn ſie auch noch größer als durchſchnittlich vor dem Kriege waren. Bis 1925 ſpürte man die Folgen des Krieges Deine der wenigen günſtigen Folgen— an der guten Be⸗ ſchaffenheit der Nordſeefiſche. Von 1926 an wurde die Fiſcherei in der Nordſee ſorg⸗ * als früher beobachtet, weil man ſich über die all⸗ mähliche Verſchlechterung der gefangenen Schollen Gedan⸗ ken machte. In den letzten fünf Jahren holten die Fiſcher immer weniger Schollen aus den Gewäſſern der Nordſee; aber nicht nur die gefiſchte Menge nahm ab, auch jeder Fiſch war kleiner als in früheren Zeiten. Da die Fiſche im Kriege beſſer heranwuchſen als vor 1914 und da ſie bei dem geſteigerten Wettbewerb nach dem Kriege allmählich immer mehr verkümmerten, liegt der Schluß nahe, daß die N Nordſee„überfiſcht“ iſt. Mit anderen Worten: Man müßte tigen Meeres an dem F land und ausſce ſche Exemp sfrau zu befriedigen, müſſen die Fiſcher alſo ſtarke h Hauſe bringen, die den Transport lebend Die kleineren Schollen werden von den däni⸗ ſchen Fiſchern übergangen und für die Zukunft aufgeſpart Das hängt von der Fangmethode ab. Früher ollen ganz überwiegend mit dem Dampf⸗ ler gefangen, d. h. mit einem Dampfſchiff, das ein leppnetz zog. Was in dieſes Netz geriet, war die Beute, und da konnte man nicht vorher feſtſetzen: wir wollen große Fiſche haben! Jetzt iſt der Trawler nicht mehr ſo häufig. statt deſſen fahren däniſche Motorſchiffe mit Schlagnetzen über die Nordſee, und dazu kommen deutſche und hollän⸗ diſche Küſtendampfer. Die neue Fiſchmethode der Dänen iſt rationeller. Man neigt zur Anſicht, daß dadurch die Fiſch⸗ beſtände in ihrem Nachwuchs geſchont werden. Allmählich muß ſich auch in der Fiſcherei eine ähnliche Moral wie beim Jäger einbürgern, der darauf achtet, daß er den Nach⸗ wuchs des Wildes vor der Vernichtung bewahrt. Die eng⸗ ſchen und die holländiſchen Trawler dagegen, die auch jetzt noch unterwegs ſind, zerſtören alle kleinen Fiſche, die ſie fangen. In England und in den Niederlanden gibt es Fabriken, die aus den kleinen Exemplaren Fiſchmehl her⸗ ſtellen. Das iſt eine Verſchwendung des Naturgeſchenks. Die Opferung der kleinen Fiſche rächt ſich am Menſchen, dem die Nahrung knapper wird Es muß übrigens hinzugefügt werden, daß die Anſicht der britiſchen Behörden über den Raubbau der Nordſee⸗ Schollenfiſcher— für den die Engländer zuerſt verantwort⸗ lich wären— nicht unwiderſprochen geblieben iſt. Dr. Buck⸗ man vom Staatlichen Biologiſchen Inſtitut von Helgoland glaubt zum Beiſpiel, daß die Nordſeefiſcherei heute ratio⸗ neller betrieben werde als je. Nach ſeiner Meinung ſind die Schollenbeſtände dieſes Meeres ni cht gefährdet. Den⸗ noch wird man im allgemeinen Intereſſe darauf achten müſ⸗ ſen, daß auch in Zukunft die deutſche Hausfrau ſo ſchöne Schollen wie in früheren Jahren in die Küche geliefert be⸗ kommt. 9* 5 Nuſſiſche Horzellanſchätze In dem vor den Toren Moskaus gelegenen Herren⸗ hauſe des Gutes Kuſkowo, das einſt im Beſitz des Grafen Scheremetjew war, wurde ein Porzellanmuſeum gegründet und der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht. Dieſes Muſeum enthält Porzellanſchätze, für die ſeinerzeit geradezu märchen⸗ hafte Preiſe bezahlt wurden. Hier befindet ſich u. a. ein Kameenſervice, das anläß⸗ lich der Thronbeſteigung Katharinas der Großen bei der Porzellanmanufaktur Ssvres in Frankreich beſtellt worden war und den phantaſtiſchen Preis von 328 118 Goldfranken gekoſtet hat. Ein weiteres Prachtſtück des Muſeums iſt ein ägyptiſches Service, das Napoleon dem ruſſiſchen Kaiſer Alexander J. geſchenkt hat. Dieſes Service„fiel in Ungnade“, als ſich die beiden Herrſcher verfeindeten und es zum Kriege im Jahre 1812 kam. Das Muſeum weiſt übrigens auch Er⸗ zeugniſſe der ruſſiſchen Porzellankunſt auf, die ſich viel ſpä⸗ ter entwickelt hat als zum Beiſpiel die Meißener. Mehr als 40 Jahre, nachdem es Böttger gelungen war, im Jahre 1704 Porzellan herzustellen, wirkte der„Vater des ruſſiſchen Por⸗ zellans“, D. Winogradow. Das erſte gezeichnete und da⸗ tierte Stück, das von Winogradow angefertigt wurde, be⸗ findet ſich im Muſeum. Es iſt eine kleine Vaſe, die den Ein⸗ druck erweckt, als ob ſie von Kinderhänden angefertigt wor⸗ den wäre. Meine Schwiegermutter Von E. Jepſen-Föge. „Ja, du haſt es gut, mit dieſer Schwiegermutter...“ Das bekomme ich überall zu hören, hundertmal, tauſendmal; es iſt an ſich ſchon berechtigt, denn meines Mannes Mutter iſt wirklich ein taktvoller, verſtändnisvoller Menſch, und ich ſchätze das auch. Trotzdem glaube ich, nicht unbeſcheiden zu ſein, wenn ich auch für mich ein Teilchen von der Ehre beanſpruche, denn gerade, weil ſie ſo gut und klug iſt, hätte mein Mann Anlaß genug, immer zu glauben, daß ſie im Recht iſt mir gegenüber; es gehört ein ganzes Teilchen Diplomatie dazu, ihn daran zu verhindern, immer die Mutter als Muſter aufzuſtellen und ihren Rat dem meinen vorzuziehen, wozu er im Anfang auch große Nei⸗ gung zeigte. Den größten Fehler, den junge Frauen ihrer Schwieger⸗ mutter gegenüber begehen, iſt der, mit ihrer Macht über den Mann zu prahlen, denn das iſt etwas, das ihn in ein lächerliches Licht ſtellt und in ihren Augen herabſetzt. Viel⸗ leicht ſagt ſie nichts darüber, oder im Anfan nicht, daß aber dieſes ganze Getue, das darauf hinausläuft die junge Frau nicht in ein anſprechendes Licht rückt, iſt klar. Denk daran, daß er gerade dich auserwählte unter vielen an⸗ deren, daß er von Herzen gern ſtolz auf ſeine Frau ſein möchte und darauf hofft, daß auch ſeine Familie von dir begeiſtert wird. Denk vor allem daran, daß er zwanzig Jahre lang und mehr„Mutters Junge“ geweſen iſt, und daß du eine Fremde biſt, die deshalb der Kritik ausgeſetzt iſt. Er iſt jetzt dein, das iſt wahr, aber das Band des Blu⸗ tes iſt ſtark und zäh! Denk auch daran, daß zwanzig Jahre eine lange Zeit ſind, in der die Menſchen miteinander ver⸗ wachſen! Die Macht des Beiſpiels iſt eine gute Hilfe; man darf nicht um jeder Kleinigkeit willen zu ſeiner eigenen Mutter laufen, ſondern tut gut daran, dem Mann zu zeigen, wie leicht ein Kuß oder ein gutes Wort einen kleinen Riß heilen kann, der erſt dann, wenn er dritten anvertraut wird— und iſt es die eigene Mutter— zu einer tiefen Wunde wird. Von beſonderem Intereſſe iſt es, daß die Sowjetzei gen gleichzeitig mit der Eröffnung dieſes Muſeums Angaben über den gegenwärtigen Stand der Porzellanherſtellun 5 der Sowjetunion machen. Es gibt 28 Porzellanfabrike von denen 13 Haushaltungsgegenſtände herſtellen War dieſe Fabriken auf den Markt bringen, ſpottet jeder Be chrei bung. Die Moskauer? eitung„Wetſchernjaja Moskwa“ 97 weiſt darauf, daß es ſich beinahe durchweg um Ausf 155 ware ſchlimmſter Art handele. In allen einſchlägigen 5 ſieht man die elenden Erzeugniſſe dieſer Fabriken— ſcheſe Teller und Untertaſſen, grobe, plumpe, ungleichmäßi 8 arbeitete Taſſen, die geradezu grotesk wirken, alles Schund⸗ ware im wahrſten Sinne dieſes Wortes! a Gowjeirußland ohne Maske Ein Schweizer im Sowjekparadies.— GPU. funktionierende Organiſation. . Das Paradies Rußland iſt in zahlreichen Berichten aus⸗ führlich geſchildert worden, allein ſtets verſteht es die Sowjet⸗ Propaganda, den fremden Beſuchern Rußlands Sand in die Augen zu ſtreuen. Beachtenswert ſind daher die Er⸗ zählungen eines Schweizer Ingenieurs über ſeinen mehr⸗ monatigen Aufenthalt in Rußland. Er unternahm zahlreiche Reiſen, hat ſich in mehreren Städten von Nord-, Mittel⸗ und Südrußland aufgehalten und war in einer Reihe ruſſi⸗ ſcher Betriebe tätig. Außerdem kam er mit vielen aus⸗ ländiſchen Ingenieuren in Berührung, ſo daß er ſich da⸗ durch ein genaues Bild von dem Umfang der ruſſiſchen indu⸗ ſtriellen Unternehmungen zu machen vermochte. Die Mißernte 1933, ſo führt der Schweizer u.a. an habe die Bevölkerung ſchwer mitgenommen. In vielen Städten und namentlich in einer Stadt von 40 000 Einwoh⸗ nern, wo er 1934 tätig geweſen war, konnte man täglich ſieben bis acht vor Hunger ſterbende Perſonen in den Stra⸗ ßen liegen ſehen. Kein Menſch kümmerte ſich um ſie, bis ſie abends von einem Leichenwagen aufgeleſen und zum Friedhof gefahren wurden. Auf die Frage, ob die in Rußland lebenden ausländiſchen Ingenieure den Eindruck haben, daß die Wirtſchaftslage floriere und die Fabrikunternehmungen einen in duſtriellen Aufſchwung nähmen, konnte der Schweizer nur eine un⸗ günſtige Auskunft erteilen. Ein erheblicher Teil der gro⸗ ßen während des Fünfjahresplanes gegründeten Unterneh⸗ mungen ſei nicht lebensfähig. Mit großer Mühe ſetze man jetzt die Werke in Betrieb, deren tadelloſes Funktionieren man bereits vor zwei bis drei Jahren angekündigt hatte. In einer Reihe von Fabriken ſeien die Maſchinen ſchon ſehr heruntergearbeitet, und die Produktion verringere ſich in⸗ folge der ſchlechten Werksleitungen, während die Unfähigkeit des Perſonals dazu führe, die Anlagen immer ſtärker her⸗ unterzuwirtſchaften. Zwar befinde ſich die Petroleumaus⸗ beute ſeit einigen Jahren in einer gewiſſen Aufwärtsbewe⸗ gung; aber die Vernachläſſigung der Quellen ſowie die Inter⸗ eſſeloſigkeit an der Erbohrung dieſer Quellen führe jetzt im⸗ mer mehr zu einer Verringerung der Qualität und Quantität. Ueberhaupt verlege man ſich viel zu ſtark auf die Aus⸗ fuhr mancher Waren, ohne im Lande ſelbſt und in den Betrieben Ordnung zu ſchaffen und ohne auf die dringenden Notwendigkeiten der Bevölkerung Rückſicht zu nehmen. Die Holzausfuhr habe faſt ganz aufgehört, weil die der Abhol⸗ 1. dem Abtransport leicht zugänglichen Stellen er⸗ chöpft ſind und weitere Abholzungsmöglichkeiten zu er⸗ ſchließen eine Arbeit iſt, an die man ſich nicht heranwagt. Große Mißwirtſchaft herrſcht auch in der Handhabung der Lebensmittelkarten, wobei die Agenten der GPu. be⸗ günſtigt werden. Die einzige tätige Organiſation iſt die GPII., die mit unerbittlicher Schärfe und mit Waffengewalt gegen alle Nichtkommuniſten und jene Kreiſe vorgeht, die von der allgemeinen kommuniſtiſchen Linie abweichen. Maſ⸗ ſenverbannungen von Perſonen nach Sibirien ſind an der Tagesordnung, da die geringſten Vergehen mit Verban⸗ nung beſtraft werden. Der Erzähler berichtet, daß er per⸗ ſönlich Zeuge von ſolchen Transporten geweſen ſei. In plombierte Wagen eingepfercht, wurden die Menſchen da⸗ vongefahren, ohne daß ſie jemals wieder zurückkehren, wäh⸗ rend ihre ganzen Habſeligkeiten an Mobiliar Uſw. verſteigert wurden. Alles in allem, ſo ſchließt der Bericht des Schweizers, habe er aus dem Sowjetparadies das Bild troſtloſer Verkom⸗ die einzige Wenn meine Schwiegermutter bei uns iſt oder wir ſind menheit, ſehr großen Elends und einer Schreckensherrſchaft mitgenommen.. bei ihr, laſſe ich ſie immer unter irgendeinem Vorwand eine halbe Stunde mit meinem Mann allein, in der Hoff⸗ nung daß ſie dieſe Zeit niemals benützen wird, mir in ſei⸗ nen Augen zu ſchaden. Ich glaube, daß ſich das ſchon recht ut ausgewirkt hat, denn ertrauen verpflichtet be⸗ anntlich.. Ich ziehe ſie auch oft zu Rate in irgendeiner Angelegen⸗ heit, die die Kinder, das Heim, die Küche betrifft, und laſſe ſie verſtehen, daß ich, trotzdem ich mein eigenes liebes Müt⸗ terchen habe, das mir ſo gern mit Rat und Tat beiſteht. bisweilen doch ihren Rat vorziehe, weil meine eigene Mutter ſtets meine Art berückſichtigen und überhaupt meine Partei ergreifen würde, während ſie als meines Mannes Mutter auf der Gegenſeite ſtehe, ein Standpunkt, den ich zwar nicht immer teilen kann, aber auf den ich ſtets Rück ſicht zu nehmen gewillt bin. Sch halte dieſes Verhalten der Schwiegermutter gegen⸗ über für gut, denn ich habe bemerkt, daß ich ihr in den letzten Jahren immer näher gekommen bin, und nicht meht 4898 Fremde gelte ſondern innerlich mit ihr zuſammen⸗ gehöre,„