D 2 4 el NWS Nr. 103 Neckar ⸗Bote(2. Blatt) 2——. 5——————— Mittwoch, 4. Mai 19383 Land wirtſchaftl. Genoſſeuſchaften Bedeutung der bäuerlichen Genoſſenſchaften in Baden Am 4. Mai findet in Freiburg i. B. die Jah⸗ restagung des Verbandes landspirtſchaftlicher Genoſ⸗ ſenſchaften in Baden e. V. ſtatt und im Anſchluß dar⸗ an die Tagungen der Badiſchen Landwirtſchaftsbank (Bauernbank) und der Badiſchen landwirtſchaftlichen Zentralgenoſſenſchaft. Der Gedanke des genoſſenſchaftlichen Zuſammenſchluſ⸗ ſes hat, wie in der ganzen Welt, beſonders in Deutſchland in den letzten Jahrzehnten einen gewaltigen Aufſchwung er⸗ lebt, Baden darf für ſich in Anſpruch nehmen, von allen deuſchen Gauen der genoſſenſchaftsfreudigſte zu ſein, hat doch im Reichsdurchſchnitt jedes dritte Dorf eine ländliche Genoſſenſchaft, während in Baden im Durchſchnitt nahezu zwei ländliche Genoſſenſchaften auf jedes Dorf kom⸗ men. Die Entwicklung des bäuerlichen Genoſſenſchaftswe⸗ ſens geht in Baden bis ins Jahr 1873 zurück; heute ſind dem Verband landwirtſchaftlicher Genoſſenſchaften in Ba⸗ den, dem alle in Baden beſtehenden ländlichen Genoſſen⸗ ſchaften angehören, insgeſamt 2453 Einzelgenoſſenſchaften mit 248 881 Mitgliedern angeſchloſſen. Schon aus dieſen Zahlen erhellt die Bedeutung, die die ländlichen Genoſſen⸗ ſchaften für die Entwicklung und das Gedeihen der badi⸗ ſchen Landwirtſchaft haben. Noch ſichtbarer wird dieſe Be⸗ deutung, wenn wir uns einige Umſatzziffern vor Augen führen. Die ländlichen Bezugs⸗ und Abſatzgenoſſen⸗ ſchaften, d. h. jene örtlichen Genoſſenſchaften, bei denen der badiſche Bauer ſeinen Bedarf an Futtermitteln, Düngemit⸗ teln, Saatgut, Kohlen, Maſchinen uſw. deckt, wieſen im Jahre 1936 einen Umſatz von über 28 Millionen Mark auf, gegenüber einem Umſatz von etwa 12,5 Millionen Mark im Jahre 1925. Die Umſatztätigkeit der ſog. Erfaſſungsgenoſ⸗ ſenſchaften, alſo der Milch⸗, Obſt⸗, Gemüſe⸗, Winzer⸗, Vieh⸗ oder Eiergenoſſenſchaften ſtieg von rund 21 Millionen Mark 1934 auf über 43 Millionen Mark im Jahre 1936. Die genoſſenſchaftliche Warenzentrale konnte ihre Umſatztätig⸗ keit von 22,5 Mill. Mark im Jahre 1933 auf 37.2 Mill. Mark im Jahre 1937 ſteigern. Dieſe zum Teil 100proz. Um⸗ ſatzſteigerung iſt in erſter Linie das Ergebnis erhöhter Lei⸗ ſtung. Den ländlichen Genoſſenſchaften, die vor der Machter⸗ greifung immer im Kampfe mit der herrſchenden Wirt⸗ ſchaftsordnung lagen, war es erſt nach der Durchführung der Marktordnung des Reichsnährſtandes möglich, ihre Kräfte für die wirkliche Genoſſenſchaftsarbeit einzu⸗ ſetzen; eine erhöhte genoſſenſchaftliche Aktivität durch den Nationalſozialismus iſt auf allen Gebieten des Genoſſen⸗ ſchaftsweſens feſtzuſtellen. Die erwähnte Umſatzerhöhung der Bezugs⸗ und Abſatzgenoſſenſchaften aber iſt vor allem mit ein Ergebnis der allgemeinen Wirtſchaftsbelebung und der Erfüllung der für die Erzeugungsſchlacht notwendigen Erforderniſſe. Eine wichtige Stellung nehmen auch die ländlichen Kre⸗ ditgenoſſenſchaften ein, die ſich mit ihren Spar⸗ und Dar⸗ lehenskaſſen als genoſſenſchaftliches Werkzeug für den Geldverkehr auf dem Lande vorzüglich bewährt haben. In Baden haben wir 650 ländliche Spar⸗ und Darlehns⸗ kaſſen mit etwa 92 000 Mitgliedern, die Geſamteinlagen bei den badiſchen ländlichen Kreditgenoſſenſchaften beliefen ſich im Jahre 1937 auf 81 425 000 Mark. Verglichen mit dem Stand von 1933 mit rund 53 Mill. Mark ergibt ſich eine Steigerung der Einlagen bei den ländlichen Kreditgenoſſen⸗ ſchaften Badens um rund 28,4 Mill. Mark oder 53,5 v. H. Die Geſamtausleihungen der ländlichen Kreditgenoſſenſchaf⸗ ten in Baden betrugen am 31. 12. 1937 beinahe 79 Millio⸗ nen Mark. Nachdem die Geſamteinlagen zu dieſem Zeit⸗ punkt etwa 81 Mill. Mark betrugen, ſind die ländlichen Kre⸗ ditgenoſſenſchaften heute in der Lage, das Kreditbedürfnis der ländlichen Bevölkerung in Baden reſtlos aus eige⸗ nen Mitteln zu befriedigen. Dieſer Tatſache kommt vor allem im Hinblick auf die Durchführung der Erzeugungs⸗ ſchlacht erhöhte Bedeutung zu. Zudem werden die durch die erhöhte Umſatztätigkeit der letzten Jahre gemachten Ueber⸗ ſchüſſe entſprechend dem Weſen und den Aufgaben der länd⸗ lichen Genoſſenſchaften reſtlos für den Bauern wieder nutz⸗ bar gemacht. Ueberſchüſſe werden entweder zur Ver⸗ beſſerung der Einrichtungen der Genoſſenſchaften ſelbſt oder aber zur Anſchaffung von erzeugungsfördernden An⸗ lagen benützt, wie Saatreinigungsanlagen, Beizanlagen, Kartoffeldämpfkolonnen und anderen landwirtſchaftlichen Einrichtungen und Maſchinen Die Genoſſenſchaften ſind heute die Wirtſchaftsunternehmungen für Bauern und Landwirte, ſie ſind zu unentbehrlichen Helfern für die Er⸗ ledigung der Aufgaben geworden, die dem Bauer und Land⸗ wirt heute in der Erzeugungsſchlacht für die Ernährungs⸗ ſicherung des ganzen deutſchen Volkes geſtellt ſind. Die Mitgliederzahlen der badiſchen ländlichen Genoſſenſchaften aber beweiſen, daß das badiſche Landvolk zu ſeinen Genoſ⸗ 1 das nötige Zutrauen hat, die es in ſie ſetzen kf. Die Verbandstagung in Freiburg ſteht im Zeichen des 50. Todestages Friedrich Wilhelm Raiffeiſens, des Vaters der deutſchen landwirtſchaftlichen Genoſſenſchaften. Er hat in den Notjahren 1846 und 1847 als Dorfbürgermei⸗ ſter die Notwendigkeit des genoſſenſchaftlichen Zuſammen⸗ ſchluſſes, der genoſſenſchaftlichen Selbſthilfe als erſter er⸗ kannt und die erſten ländlichen Konſumvereine und Darle⸗ henskaſſen ins Leben gerufen. Heute ſſud ſeine Gedanken ſo lebendig wie noch nie, die ſittliche Verpflichtung des Ein⸗ zelnen gegenüber der Gemeinſchaft findet in der ländlichen Genoſſenſchaft ihren lebendigen und wirtſchaftlich praktiſch angewandten Ausdruck. Dadurch, daß die ländlichen Ge⸗ noſſenſchaften heute verantwortlich in die Organiſation des Reichsnährſtandes eingebaut ſind, iſt ihre Tätigkeit orga⸗ niſch hineingewachſen in die große Aufgabe, dem geſamken deutſchen Volke ſeine Ernährung und damit ſeine volkspoli⸗ tiſche Schlagkraft ſichern zu helfen. Wem wird Straffreiheit gewährt? Erläuterungen zum Skraffreiheitsgeſetz. N! 17.Ä— 2 N„ 18 855 Wiederde run dal zwe bereits gemeldet, aus An⸗ 0 a Jeſtorreichs mit dem Reiche am Sire ee 1 St af eitsgeſetz erlaſſen. Das neue wird 5 e eine Gnadenvergünſtigung gewährt 1. In Großdeutſchland wird Straffreiheit gewährt für Straftaten, die aus politiſchen Beweggründen begangen worden ſind. Und zwar werden die leichteren Fälle, d. h. diejenigen, bei denen lediglich Geldſtrafe oder eine Freiheitsſtrafe von nicht mehr als ſechs Monaten er⸗ kannt oder zu erwarten iſt, unbedingt amneſtiert. Außer⸗ dem wird eine Gnadenvergünſtigung für ſolche Fälle ge⸗ währt, bei denen eine Freiheitsſtrafe von mehr als ſechs Monaten, aber nicht mehr als einem Jahr erkannt oder zu erwarten iſt. Dieſe letzteren Fälle werden aber nicht ohne weiteres amneſtiert, vielmehr werden rechtskräftig erkannte Strafen nur unter der Bedingung erlaſſen, daß der Täter nicht binnen eines Zeitraumes von drei Jahren ein Ver⸗ brechen oder ein vorſätzliches Vergehen verübt. Iſt das Verfahren noch anhängig oder noch gar nicht eingeleitet, ſo wird es bis zum Urteil durchgeführt und die Vollſtreckung der Strafe in gleicher Weiſe auf Wohlverhalten ausgeſetzt. Straffreiheit tritt auch für Straftaten gegen Paragraph 330 AS TGB und die entſprechenden Vorſchriften des öſter⸗ reichiſchen Rechts(Begehung ſtrafbarer Handlungen im Vollrauſch) ein, wenn dieſe Verübung einer Tat aus poli⸗ tiſchen Beweggründen zum Gegenſtand haben. Ausgenommen von der Straffreiheit ſind Hoch⸗ und Landesverrat und Handlungen, bei denen die Art der Aus⸗ führung oder die Beweggründe eine gemeine Geſinnung des Täters erkennen laſſen. 2. Weiterhin wird in Großdeutſchland Straffreiheit für die ſogenannten Bagatelldelikte gewährt, d. h. für alle ſonſtigen Straftaten, für die eine höhere Strafe als Freiheitsſtrafe bis zu einem Monat oder Geldſtrafe, bei der die Erſatzfreiheitsſtrafe nicht mehr als einen Monat be⸗ trägt, rechtskräftig erkannt oder zu erwarten iſt. Bei dieſen kleinen Strafen kommt es auf die Art der Straftat, die Be⸗ weggründe uſw. nicht an. 3. Für das Land Oeſterreich iſt darüber hinaus die nach dem früher dort geltenden Recht ſtrafbare Teilnahme an der NSDAP, ihren Gliederungen und angeſchloſſenen Verbänden ſowie ihre Förderung und Unterſtützung mit rückwirkender Kraft für rechtmäßig erklärt worden. Verur⸗ teilungen, die deswegen erfolgt ſind, gelten als nicht erfolgt. Außerdem iſt für alle Straftaten ohne Rückſicht auf die Höhe der erkannten oder verwirkten Straffreiheit gewährt worden, zu denen ſich der Täter durch Uebereifer im Kampf für den nationalſozialiſtiſchen Gedanken im Lande Oeſter⸗ reich hat hinreißen laſſen. Noch nicht vollſtreckte rechtskräf⸗ tige Strafen werden erlaſſen. Anhängige Verfahren werden eingeſtellt, wenn die Tat vor dem 1. Mai 1938 begangen iſt; neue Verfahren werden nicht eingeleitet. Eine Zweite Durchführungsverordnung des Reichsjuſtiz⸗ miniſters vom 1. Mai 1938 beſtimmt, daß in gerichtlich an⸗ hängigen Verfahren wegen Vergehens oder Verbrechen ein Beſchuldigter, der unter das Straffreiheitsgeſetz fällt, die Durchführung des Verfahrens beantragen kann, wenn er behauptet, unſchuldig zu ſein und ein freiſprechendes Urteil erwartet. Stellt ſich dann in der Hauptverhandlung her⸗ aus, daß er ſchuldig iſt, ſo wird das Verfahren eingeſtellt, wenn die erwirkte Strafe nach ihrer Höhe und nach der Art der Tat unter das Straffreiheitsgeſetz fällt. ir — Verleihung der öſterreichiſchen Kriegserinnerungs⸗ medaille zunächſt abgeſchloſſen. Der Reichsminiſter des In⸗ nern weiſt darauf hin, daß nach der Wiedervereinigung Oeſter⸗ reichs mit dem Reich die Verleihung der öſterreichiſchen Kriegs⸗ erinnerungsmedaille zunächſt als abgeſchloſſen gilt. Anträge, die vor dem 13. März 1938 geſtellt worden ſind, werden abgewickelt. ö Tondichter kommen und gehen über den Hochrhein Muſikaliſche Wechſelwirkungen Deutſchland— Schweiz. Unzählig ſind die Verbindungsfäden, die ſeit dem Auf⸗ kommen deutſcher Muſikpflege alle alemanniſchen Stam⸗ mesglieder über Bodenſee und Hochrhein hinweg verban⸗ den. Als köſtlichſtes Zeugnis hierfür bewahrt die Heidel⸗ berger Univerſitätsbibliothek die Maneſſiſche Liederhand⸗ ſchrift auf, die ſüdlich des Bodenſees von fleißigen Samm⸗ lern angelegt wurde(in Zürich oder auch Konſtanz) Haupt⸗ ächlich haben wir dies eigenartige Buch dem edlen Ge⸗ ſchlecht der Maneſſe in Zürich zu danken. War von den inneſängern Konrad von Würzburg nach Baſel ge⸗ kommen zu dauerhaftem Wirken, ſo gab Baſel ſpäter ein Gegengeſchenk: den hier, nach anderen in Zürich geborenen Liederkönig Ludwig Senfl, gewiß einen der vielſeitigſten Komponiſten ſeiner Zeit. Er wirkte in Wien, dann in Mün⸗ chen. Aus dem Konkon Glarus ſtammte einer der hervor⸗ ragendſten Muſiktheoretiker jener Zeit, Glareanus, deſſen irken in Freiburg im Breisgau auf fruchtbaren Bo⸗ den fiel. Hatte ſchon der Minneſang rings um den ſchönen Bodenſee und weit hinab den ganzen Oberrhein entlang geblüht, ſo wirkte er hier welter im unvergänglichen Volkslied, das bei den ſangesfrohen Schweizern wider⸗ hallte. Sie fügten ihm als ihr Eigenſtes den Jodler bei, ein durchaus bodenſtändiges Gewächs, was man von ſeiner virtuoſen Abart, der Koloratur, gewiß nicht ſagen könnte. Den Schweizer Liedern Eingang auch in die Konzertſäle Frankreichs, Deutſchlands und Englands verſchafft zu haben. iſt das Verdienſt der Mutter Julius Stockhauſens, die ſie zur Bealeituna ihres Gatten anmutia ſang. Aber auch das deutſche Kunſtlied erhielt Bereiche⸗ rung aus Schweizer Blut, z. B. durch den Schöpfer der Ballade, die mächtig auf Franz Schubert weiterwirkte, durch Zumſteeg, den Jugendfreund Friedrich Schillers von der Karlsſchule. Iſt er auch im Odenwald geboren, ſo kam ſein Vater doch erſt aus ſeiner Heimat am Hochrhein dorthin. Ebenſo verdankt unſer Lied⸗ und Chorgeſang auch von Nä⸗ del ſtarke Anregungen, dem in geſegneter Stunde die alt⸗ ekannte Weiſe zu„Freut euch des Lebens“ einfiel. Sein Schüler Schyder von Wartenſee kam über den Hochrhein, um in Frankfurt a. M. lange und ſegensreich 15 wirken. Noch durchgreifender war der Einfluß ſeines Landsman⸗ nes Friedrich Hegar auf die Chorballade. Als Krönung dieſer ſtolzen Reihe wirkt in lebendigſter Gegenwart Oth⸗ mar Scheeck als Lyriker wie als Dramatiker. Doch auch Deutſchland war nicht karg an Gegengaben: Richard Wagner befruchtete in der 1850er Jahren das Muſikleben Zürichs ungemein. Ignaz Heim, der aus Frei⸗ burg i. Br. herüberkam, Hermann Götz und Theodor Kirchner, die im muſikaliſch ſo regen Winterthur wirkten. Baſels ſämtliche bedeutenden Kapellmeiſter kamen bis auf Hermann Suter aus dem Reich: Johannes Tollmann aus Mannheim, Waſſermann und Laur, Ernſt Reiter(aus Wertheim) Auguſt Walther, Alfred Volkland. Hans Hubers ediegene Sinfonie fand wiederum bei Wolfrum in Heidel⸗ 15 freundliche Aufnahme. In der Gegenwart ſind Conrad Beck, Arthur Honegger, Othmar Schoeck, der durch den Er⸗ win⸗von⸗Steinbach⸗Preis ausgezeichnet wurde, und weitere junge und jüngſte Schweizer Tordichter bei uns herzlicher Aufnahme und freundnachbarlicher Beachtung gewiß. Marmelade aus köſtlicher deutſcher Frucht Das letzte Jahr war für den deutſchen Obſtbau ein glück⸗ liches. Unſere Obſtbäume brachten einen guten Ertrag. Da das Obſt ſich aber nicht lange aufbewahren läßt und die ganze Erzeugung alſo ſchnell dem Verbrauch zugeführt wer⸗ den muß, hat die Herſtellung guter Obſtmarmelade in allen günſtigen Obſtjahren eine große Bedeutung. Jetzt ſtehen faſt 1,6 Millionen Doppelzentner deutſcher Marmelade zur Verfügung. Die deutſche Hausfrau ſollte daher nicht ver⸗ ſäumen, dieſen vorzüglichen Brotaufſtrich aus reinem deut⸗ ſchem Obſt mehr als bisher in ihrem Haushalt zu ver⸗ wenden. Der Vatrmmappgrat in der Marmeladeſabrik Manche Leute haben eine gewiſſe Scheu vor der in den Fabriken hergeſtellten Marmelade. Sie blicken geheimnis⸗ voll um ſich und orakeln über den merkwürdigen Inhalt der Marmeladekübel, die ja vom Kriege her noch ſo gut be⸗ kannt ſeien. Nun, wir haben uns einmal in Karlsruhe eine ſolche Fabrik für Marmelade angeſchaut, um uns ein Bild von den Herſtellungsmethoden beſonders der nunmehr verbilligt abzugebenden Marmelade, zu machen. Beim Be⸗ treten der hellen großen Fabrikräume, die früher einmal einer Brauerei gedient haben, fiel unſer Blick zunächſt auf einen rieſigen, peinlich ſauberen, blanken Kupferballon. Un⸗ ſer Führer belehrte uns, daß dies ein„Vakuumapparat“ ſei, der ein Faſſungsvermögen von über 1000 Kilogramm des zu verarbeitenden Obſtes beſitze. Neben dieſem Gerät ſahen wir in dem peinlich ſauberen Raum rieſige Bottiche ſtehen, gefüllt mit vier badiſchen Eoͤelfruchtſorten, mit Aepfeln, Zwetſchgen, Eroͤbeeren und Trauben. Die ſo bereitgeſtellten köſtlichen Früchte werden von dem Vakuumapparat ange⸗ ſaugt. Dann nimmt der Ballon eine gleiche Menge Kriſtall⸗ zucker. Nun ſchleudert ein eingeſchaltetes Rührwerk die Pro⸗ dukte durcheinander und mengt ſie, bis unter Luftabſchluß bei verhältnismäßig niederen Temperaturen das Kochen vor ſich geht. Die niedrige Wärme und die kurze Kochzeit ver⸗ urſachen, daß das herrliche Aroma der Früchte erhalten bleibt und die Maſſe keinen Kochgeſchmack annehmen kann! Während dieſes Vorgangs, der äußerſt appetitlich abläuft, prüfen erfahrene Fachleute den Fortſchritt dieſer Marme⸗ ladezubereitung. Aufnahmen: Landesba 60 Ju blitblanken Eimern wird die Marmelade abgefüllt und zum Verkauf bereitgeſtellt Nach Fertigſtellung gelangen die zubereiteten Stoffe in ſauberen Aufzügen in die Küchen, wo ſie in blitzblanke, aus unſchädlichen Werkſtoffen hergeſtellte Eimer oder in ſaubere Fäſſer verpackt werden. Alsdann geht es mit ihnen auf das Lager. In gewaltigen, luftigen und trockenen Kellergewöl⸗ ben, in denen gleichbleibende Temperaturen herrſchen, kön⸗ nen die großen Mengen von Früchten gut eingelagert wer⸗ den. In ihnen befinden ſich ſowohl die Vorräte des Fabrik⸗ unternehmens als auch diejenigen Mengen, die im Intereſſe der nationolſozialiſtiſchen Marktordnung zur ſiegreichen Durchführung des Kampfes gegen den Verderb hier aufbe⸗ wahrt werden. Eine Küferei und ein ausgedehntes Lager von Reſervefäſſern vervollſtändigten den ſehr befriedigenden Eindruck dieſes Unternehmens. Heute hat die Hausfrau es nicht mehr notwendig, Mar⸗ melade ſelbſt einzukochen. Die Edelerzeugniſſe dieſer Unter⸗ nehmungen, die ihre Waren in ſauberen Viextelzentner⸗ eimern anbieten, können durch ihre Großorganiſation beim Einkauf und bei der Verarbeitung zu einem ſolch niederen Preis liefern, daß die vielgeplagle Hausfrau ihren Brotauf⸗ ſtrich alſo beſſer und billiger bei ihrem Kaufmann holt. Da⸗ bei ſei noch erwähnt, daß der Reichsnährſtand durch ſeine Hauptvereinigung der deutſchen Gartenbauwirtſchaft infolge der Ueberwachung des Zuckergehaltes und der Zuſammen⸗ ſetzung der Ware eine Garantie für die Güte des Produktes übernimmt. Jede Kochung in der Fabrik muß genau regi⸗ ſtriert werden und beeidigte Prüfer üben eine laufende Kontrolle aus. Wenn nun in dieſen Tagen die köſtlichen Marmeladen in unſeren Kaufgeſchäften der Bevölkerung angeboten wer⸗ den, ſo kann jeder mit gutem Gewiſſen und ohne Voreinge⸗ nommenheit ſich dazu entſchließen, aus der reichen Auswahl das herauszuwählen, was ſeinem Gaumen entſpricht. Englands Herrſchaft in Indien wurde vor etwa 170 Jahren mit der Belehnung Lord Clives mit den Provinzen Bengalen, Eihar und Oriſſa begründet. Die engliſche Kolonifation Indiens iſt jedoch älteren Datums. Sie begann mit der Gründung der engliſchen Oſtindi⸗ ſchen Compagnie Ende des 16. Jahrhunderts. Die Lon⸗ doner Oſtindiſche Compagnie erhielt von der Königin Eliſabeth einen Freibrief für Handelsgeſchäfte in In⸗ dien. Die Agenten der Compagnie beſchränkten ſich jedoch nicht auf Handelsgeſchäfte, ſondern betätigten ſich auch politiſch und militäriſch. Ihr Ziel war es, Einfluß (3. Fortſetzung.) Die Schmach — von Madras machte die Engländer mobil. Sie ſchickten eine große Flotte nach Indien, die mit dreifacher Uebermacht die Belagerung von Pondi⸗ cherry begann. Dupleix zeigte ſich in dieſer faſt verzweifelten Situa⸗ tion von ſeiner glänzendſten Seite. Er war alles zu gleicher Zeit: Miniſter und Kapitän, Ingenieur und Artil⸗ leriſt. Er begeiſterte die franzöſiſche Verteidigung und nutzte jeden der zahlreichen Fehler, die die Engländer begingen, geſchickt aus. Als die Regenzeit begann, muß⸗ ten die Engländer die Belagerung aufgeben. Der Name Dupleix' erſcholl durch ganz Aſien. Frankreich ernannte ihn zum Marquis. Zu gleicher Zeit erhielt auch La Bourdonnais, der Sieger von Madras, deſſen Schiffe und Soldaten noch bei der Behauptung von Pondicherry mitgewirkt hatten, ſei⸗ nen Lohn. Aber er war von anderer Art als der Triumph Dupleix'. Bourdonnais wurde nach Frankreich zurückberufen und dort auf Grund der Denunziationen von Dupleix in Lord Clive, der als„verlorener Sohn“ nach Indien als Kaufmann geſchickt wurde und den Grundſtein legte für das britiſche Kaiſerreich Indien. die Baſtille geworfen. Nach ſeiner Freifprechung bot der berühmte Admiral Friedrich dem Großen ſeine Dienſte an und entwarf den Plan zur Ausrüſtung einer preußiſchen Kriegsflotte zum Schutze des Handels der von Friedrich dem Großen im Jahre 1751 gegründeten Aſiatiſchen Ge⸗ ſellſchaft in Emden. Im Jahre 1748 ſchloſſen England und Frankreich den Frieden zu Aachen; er ſchuf keinen Abſchluß, ſondern nur eine Ruhepauſe. Auch über die indiſchen Kämpfe wurde hier entſchieden. Madras wurde den Engländern zurück⸗ gegeben. Kein Frieden in Indien Es ſchien nun, daß die beiden rivaliſierenden euro⸗ päiſchen Mächte in ihre alte, friedliche Stellung zurück⸗ treten würden. Dies ſchien aber nur ſo; in Wahrheit wurde kein Frieden auf der indiſchen Halbinſel. Die Franzoſen und Engländer ſuchten, ſich jetzt unter dem Namen indiſcher Fürſten zu bekämpfen, um ihre zahl⸗ reichen Truppen, von denen aus gegenſeitigem Mißtrauen kein Mann entlaſſen wurde, zum Nutzen und Vorteil des Mutterlandes zu beſchäftigen. Einer engliſchen Truppe unter dem jungen Hauptmann Clive, der die Feder mit dem Degen vertauſcht hatte, gelang es, den wichtigſten Thronprätendenten des Dupleix bei Arcot und Trituli⸗ nopoli zu ſchlagen. Clive marſchierte nach Dupleix' Fate⸗ abad und ließ es dem Erdboden gleichmachen. Dupleix' Lage war verzweifelt. Die Engländer er⸗ Dielten Verſtärkungen. Dupleix hatte ihnen nichts anderes entgegenzuſtellen als elende Rekruten, Verbrecher und Landſtreicher, in Europa zuſammengeleſen, den Auswurf der Galeeren, undiſzipliniert, immer bereit zu Deſertion und Verrat, und Inder, die ſofort die Flucht ergriffen, mie ſie auch nur eines Engländers anſichtig wurden. Anſtatt neuer Truppen ſchickten die Parifer Direktoren der Compagnie einen neuen Generalgonverneur nach Indien. Dupleix wurde ſeiner Aemiter enthoben. Er konnte dieſen Wandel ſeines Geſchickes erſt nicht faſſen „Wollen Sie dieſes Reich, das ich aufgebaut habe, Beute der Engländer werden laſſen?“ ſchrie Dupleix den neuen Gouverneur an. um jeden Preis zu gewinnen. Tatſächlich begann ſchon damals die Eroberung Indiens durch die Engländer. Sie ſah Gewalttaten jeder Art. Davon berichtet unſere Artikelreihe. Ehe Englands Macht befeſtigt werden konnte, mußte die Oſtindiſche Compagnie harte Kämpfe gegen die europäiſche Konkurrenz führen. Sie ſchaltete den Einfluß der Portugieſen aus, deren Kolonien an der korrupten Verwaltung zugrunde gingen, und ſie beſeitigte ſchließlich den Einfluß der Franzoſen. Im Kampfe gegen die Franzoſen beginnt der Aufſtieg Clives. „Ich werde mich nicht mit Politik befaſſen, ſondern Ihre Kaſſen prüfen, Marquis“, antwortete der neue Mann gelaſſen.„Sie wiſſen genau wie ich, daß dieſe Kaſſen leer ſind.“„In Ihren Berichten ſtand es anders.“ Dupleix war verzweifelt.„Sie kommen her und feil⸗ ſchen um ein paar Millionen. Hätten Sie tauſend Mann franzöſiſcher Truppen mitgebracht— ganz Indien mit all ſeinen Schätzen gehörte Frankreich.“ Alle Vorſtellungen Dupleix' nützten nicht. ſich dem Befehl aus Paris beugen. Der Tag des Abſchieds von Indien war für Dupleix gekommen. Von Bord des Schiffes richtete er den letzten Blick auf Pondicherry, Tränen der Rührung und des Stolzes in den Augen. Nach mehr als dreißig Jahren verließ er Indien, wo er den franzöſiſchen Namen ſo be⸗ rühmt gemacht, wo er ſelbſt die Rolle eines Souveräns geſpielt hatte. 5 In Paris empfingen ihn Undank und Haß. Dupleix hatte im Kampf gegen die Engländer ſein ganzes eigenes Vermögen, etwa 15 Millionen Franken, der franzöſiſchen Geſellſchaft zur Verfügung geſtellt. Er führte Prozeſſe über Prozeſſe, um wenigſtens einen Teil dieſes Geldes wieder zurückzubekommen. Vergebens. Er ſtarb, verlaſſen und verfolgt, in völliger Armut zehn Jahre nach ſeiner Rückkehr nach Paris. Noch kämpfte Dupleix in Paris um die Wiederher⸗ ſtellung ſeiner Ehre, um die Anerkennung ſeiner Forde⸗ rungen, als ſich die franzöſiſche Regierung genötigt ſah, einen neuen Befehlshaber nach Indien zu ſchicken. Denn dort ging der engliſch⸗franzöſiſche Krieg weiter. Im März 1757 eroberte Clive Chandernagor. Verbotenes Land für die Engländer Frankreich ſchickte einen erfahrenen Feldherrn nach Indien, den Grafen Lally, der im Frühjahr 1758 in Pondicherry eintraf. Kaum zwei Monate ſpäter hatte Lally Fort David, eine Feſtung der Engländer in der Nähe von Madras, erobert und die Befeſtigungswerke dem Boden gleichgemacht. Durch dieſen verhältnismäßig leichten Sieg kühn gemacht, entdeckte Lally dem Rat zu Pondicherry ſeine hochfliegenden Pläne. „Indien muß verbotenes Land werden für die Eng⸗ länder!“ ſagte Lally. Die Ratsherren erſchraken über ſolche großen Worte. „Wir ſind Kaufleute und wollen in Indien gute Geſchäfte machen“, erwiderten ſie dem Grafen.„Wir wollen hier keinen Krieg führen, ſondern Handel treiben.“ Lally hatte für dieſen Krämergeiſt kein Verſtändnis. Er forderte Mittel, um die geplanten Feldzüge duürchfüh⸗ ren zu können. „Woher ſollen wir die Mittel nehmen“, fragte ihn der Gouverneur,„in dieſem Lande, das durch jahrelange Kriege bereits verwüſtet und geplündert iſt? Wir haben von Ihnen Hilfe erwartet, und jetzt ſollen wir ſtatt deſſen Ihnen noch Hilfe leiſten.“ Lally ließ ſich auf ſolche Klagen nicht ein. In ſeiner herriſchen und barſchen Weiſe, die ihm auf die Dauer nur Feinde ſchaffte, nahm er die ſchmalen Hilfsquellen der franzöſiſchen Beſitzungen in Anſpruch. Raubzüge gegen benachbarte indiſche Fürſten, um die Mittel zu einem Feldzug gegen Madras zu erlangen, führten nur zu ge⸗ ringen Erfolgen. Trotzdem wurde der Marſch nach Ma⸗ dras unternommen. Die Stadt wurde ergebnislos belagert. Die franzö⸗ ſiſchen Soldaten deſertierten oder meuterten. In der Nähe von Madras wurde die bereits auf dem Rückzug befind⸗ liche Armee Lallys geſchlagen und völlig aufgerieben. Die Engländer marſchierten vor Pondicherry, belagerten die Stadt und eroberten ſie. Lally wurde als Gefangener nach England transpor⸗ tiert und bei Beginn der Friedensverhandlungen an Frankreich ausgeliefert. Hier erwartete den unglücklichen Feldherrn ſein letztes Schickſal. Man machte ihm den Prozeß auf Grund einer Anklageſchrift, die ein jeſuitiſcher Prieſter, Lavaur, verfaßt hatte. In dem Nachlaß dieſes Miſſionars fand man die ungeheure Summe von ein⸗ einviertel Millionen Livres baren Geldes und dazu zwei Denkſchriften über die Verwaltung Lallys, deren man ſich je nach den Umſtänden bedienen ſollte. Die eine war zu Gunſten des Grafen, die andere beſchuldigte ihn einer Menge Verbrechen. Nur die zweite wurde von ſeinen Feinden den Gerichten übergeben. Sie bildete die Grund⸗ lage zu ſeiner Verurteilung und Hinrichtung. Kaufmann Clive erobert Indien Nach dem Zuſammenbruch der Unternehmungen des Grafen Lally hatten die Engländer in Indien keinen europäiſchen Nebenbuhler mehr zu fürchten. Der Wider⸗ ſtand der Einheimiſchen war kaum zu rechnen. Und ſo konnten die Briten ungehindert ihren Siegeszug fortſetzen. Die Befreiung von Tritſchinopoly, Clives ſtürmiſcher Siegeszug nach Arcot haben die neue Entwicklung ein⸗ geleitet. Der junge Clive, deer eine ſo ſprunghafte Laufbahn vom Handlungsgehilfen zum Soldaten, vom Fähnrich zum Er mußte Hauptmann, aus dem Schatten des Unbekanntſeins in das Licht des Ruhmes zurückgelegt hatte, befand ſich jetzt im neunten Jahre in Indien. Als Clive 18 Jahre alt war, hatte ihn ſein Vater, ein Hofbeſitzer zu Shropfhire in Mittelengland, mit Ver⸗ gnügen auf eine Schreiberſtelle in Indien gegeben. Denn Robert war das Sorgenkind der Familie. Widerſpenſtig, zügellos, ſtets voll verwegener und nichtsnutziger Streiche, nicht dumm, aber erſt recht nicht fleißig— erſchien er ſei⸗ nen Angehörigen als ein ziemlich hoffnungsloſer Jüng⸗ ling. Solche jungen Burſchen ſchickte man damals gern nach Indien. Mochten ſie dort ſehen, wie ſie mit ſich fertig wurden: zugrunde gehen oder ſich durchſetzen. Clive ſchien anfangs zu den erſteren zu gehören. Vor Sehnſucht nach England halb ſchwermütig, von ſeiner mechaniſchen Arbeit eines kleinen Buchhalters in der Falk⸗ torei in Madras völlig unbefriedigt, mit einem kärglichen Verdienſt, einer dürftigen Unterkunft und einzig der Aus⸗ ſicht, ſich langſam emporzudienen, ſchien ihm das Leben nicht lebenswert. Er machte zwei Selbſtmordverſuche: beide Male verſagte die Waffe. Dann aber kam der Krieg. Clive wurde Soldat und entdeckte bei ſich zu ſeinem Erſtaunen wie dem ſeiner Vor⸗ geſetzten beſondere ſoldatiſche und militäriſche Fähigkeiten. Sein Zug gegen Arcot, ſeine Siege über die indiſchen Verbündeten der Franzoſen hatten ihm einen Ruhm ver⸗ ſchafft, der ſeinem Namen nicht nur bei den Engländern in Indien, ſondern auch in der Heimat ſchon Klang gab. Aber ſeine Geſundheit, niemals ſehr kräftig, litt unter den Anſtrengungen des Krieges und des Klimas. Der junge Held heiratete in Madras eine vornehme, ſehr ſchöne Engländerin, die er ſehr liebte und mit der er eine ſehr glückliche Ehe führte. Unmittelbar nach der Hochzeit kehrte das junge Paar nach England zurück. Dort feierte man Clive mit Ehren und Banketts, und der 28 jährige Kapitän wurde von den Direktoren der Indiſchen Geſell⸗ ſchaft als ihr„junger General“ gerühmt. Zum Ruhm kam Vermögen. Seine Siege in Indien hatten ihm erhebliche Beutegelder eingebracht. Trotzdem ging der Haushalt, den er führte, über ſeine Verhältniſſe. Dazu kam ſein perſönlicher Ehrgeiz: Er ließ ſich zum Parlament wählen, aber ſein Mandat wurde nicht an⸗ erkannt. So trat Clive erneut in den Dienſt der Indiſchen Compagnie. 1735 ſegelte er wieder nach Aſien. Diesmal wurde Bengalen das Feld ſeiner Tätigkeit, dasſelbe Bengalen, in dem einſt Dupleix ſeinen Aufſtieg begonnen hatte. Die Situation, die Clive hier vorfand, war geſchaffen durch eins der furchtbarſten Ereigniſſe, die die Engländer in Indien je betroffen haben. So ſeid ihr Engländer! In dieſer vielleicht reichſten Provinz Indiens hatten die europäiſchen Staaten ſeit mehr als einem Jahrhundert Niederlaſſungen eingerichtet. Die Franzoſen hatten Chan⸗ dernagor gebaut, wo Dupleix' Stern aufgegangen war. Den Holländern gehörte das weiter nördlich gelegene Chinſurah, und die Engländer hatten Kalkutta errichtet. Kalkutta war im Laufe der Zeit von den Engländern zu einem befeſtigten Platz ausgebaut und zu einer verhält⸗ nismäßig großen Stadt entwickelt worden, in der ſich auch vielfach reiche und angeſehene Hindukaufleute niederließen, Engliſche Schiffe auf dem Wege nach Indien 1759. Aufnahmen(2): Scherl⸗Bilderdienſt— M. und die von einer Eingeborenenſtadt umgeben war. In den kriegeriſchen und unruhigen Zeiten des Zuſammen⸗ bruchs des Mogulreiches war Kalkutta häufig die Zu⸗ fluchtsſtätte verfolgter indiſcher Fürſten oder Adliger. Im Sommer 1756 ſuchte einer der Beamten des da⸗ mals gerade an die Macht gekommenen Fürſten der Län⸗ der Bengalen, Bahir und Oriſſa vor den Gewalttätig⸗ keiten ſeines Herrſchers bei den Engländern in Kalkutta Schutz. Seradſchah ed Daulah, kaum 20 Jahre alt, war das Beiſpiel jener zahlloſen verbrecheriſchen Deſpoten, die ſeit Jahrhunderten die verſchiedenſten Teile Indiens be⸗ drückten. Mit ſeiner keinen Widerſpruch vertragenden Herrſchſucht verband ſich eine Grauſamkeit, die ihm nicht. mehr Zweck, ſondern Vergnügen war. Gegen die Eng⸗ länder hegte er einen wilden Haß. (Fortſetzung folgt Druckarbeit en — für Handel, Gewerbe und industrie liefert schnellstens Neckar- Bote- Druckerei re. Der A——