dn 7 9. Nr. 167 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 20. Juli 1938 Durchfloßener Lügennebel Es war dem Kundigen von Anfang an klar, daß die ſyſtematiſche Lügenhetze der letzten Wochen irgendeinen Angriffszweck und gewiſſe politiſche Vorgänge verſchleiern ſollte Die Einnebelung war ſo umfaſſend und raffiniert, daß es immerhin einige Zeit dauerte, ehe man die wahren Gründe für die ganze Lügenaktion erkennen konnte. Jetzt haben ſich freilich die Herrſchaften ſelber etwas demaskiert, und man kann nun einigermaßen ſehen, was der ganze Zweck der Uebung war. Im Grunde waren es allerdinas mehrere Zwecke, die verfolgt wurden. Der feindliche Lügen⸗ angriff ließ an Methodik und Großzügigkeit wirklich nichts zu wünſchen übrig. Zuerſt kam die Lüge von dem Vortrag „eines hohen deutſchen Offiziers“ über die deutſchen Kriegs⸗ ziele in Spanien Die Bloßlegung der Herkunft dieſer jour⸗ naliſtiſchen Stinkbombe, nämlich der aktenkundige Nachweis ihres Ausganges vom Moskauer Sender, ließ ſchnell er⸗ kennen, daß hier ein ſpezielles bolſchewiſtiſches Ziel verfolgt werden ſollte: Die Entzweiung der Mächte, Herbeiführung eines Weltbrandes nur um die in Not geratenen rotſpani⸗ ſchen Bolſchewiſten zu ſtützen. In dem gleichen engliſchen Volksfrontblatt, dem„News Chronicle“, das man ſich jetzt offenbar als Generalanzeiger für europäiſche Unruheſtiftung auserſehen hat, erſchien dann jener anrüchige Artikel des früheren franzöſiſchen Luftfahrtminiſters Pierre Cot, der in ſeiner letzten Tendenz auf die Propagierung eines„Vorbeugungskrieges“ gegen die autoritären Staaten hinauslief. Herr Pierre Cot war jener franzöſiſche Luftfahrtminiſter, der während der amt⸗ lichen Nichteinmiſchungspolitik Frankreichs die Einmiſchung zugunſten Rotſpaniens bis ins Groteske ſteigerte. Wurde ihm doch von ſeinen eigenen Landsleuten vorgeworfen, daß er Flugzeugtypen mit Spezialeinrichtungen an die ſpani⸗ ſchen und ruſſiſchen Volſchewiſten lieferte, deren Geheim⸗ haltung ſelbſt in der franzöſiſchen Armee ängſtlich geübt wurde. Dieſem Artikel folgten in dem engliſchen Blatte „genaue Zahlenangaben“ über deutſche Flugzeuglieferungen und Geſchütztransporte ſowie die Aufwärmung der alten abgeſtandenen Lügen über die deutſche Hand in Marokko. Die beiden Veröffentlichungen verfolgten offenſichtlich den Zweck, von den eigenen Materiallieferungen an Rotſpanien abzulenken. Ihr wichtigſter Be⸗ weggrund aber wurde durch die letzte Hetzlüge über deutſche Angriffsvorbereitungen gegen die Tſchecho⸗Slowakei ent⸗ hüllt. Sie fiel nämlich zeitlich zuſammen mit höchſt ſeltſamen Militärbewegungen in den tſchechiſchen Grenz⸗ und Fe⸗ ſtungsgebieten, deren Charakter man erſt dann richtig er⸗ kennen würde, wenn die Tſchecho-Slowakei endlich den Mut zu einer wahrheitsgemäßen Berichterſtattung fände. Es iſt doch nicht Zufall, daß man gleichzeitig mit dieſen Militär⸗ bewegungen in der tſchechiſchen Preſſe erneut das Thema der dreijährigen Dienſtzeit berührt. Der Lügenalarm ſollte klar das Vorhaben und die neuen Maßnahmen der Tſchecho⸗ Slowakei auf militäriſchem Gebiet einnebeln. Noch klarer zutage aber liegen die politiſchen Beweggründe. Während die Prager Regierung ſyſtematiſch ihre mili⸗ täriſchen Vorbereitungen trifft— ob es ſich dabei nun um Mobilmachungsmaßnahmen oder andere dem gleichen Zweck dienende Vorgänge handelt, iſt gleichgültig— zeigt ſich deutlich, daß die Männer des Hradſchin entſchloſſen ſind, in der Frage der Befriedung der Volksgruppen in der Tſchecho⸗ Slowakei nichts wirklich Entſcheidendes zu leiſten Man hofft offenbar daß die ganze ſyſtematiſche Kriegshetze die Weltmeinung gegen Deutſchland ſo raffiniert aufgebracht hat. daß man jetzt die Sudetendeutſchen abermals um ihre Rechte dreiſt betrügen kann. Wir wiſſen nicht, ob die Weſtmächte und ihre Re⸗ gierungen ſich ſo ſehr als Objekte einer Lügenhetze fühlen. daß ſie ſich in Stimmungen hineinjagen laſſen, die ihre bis⸗ herige Politik beeinflußt. Bis jetzt haben England und Frankreich in Prag auf weiteſtgehendes Entgegenkom⸗ men an die Forderungen der Volksgruppen gedrängt. Wenn aber jetzt die„Times“ in der Rolle einer europäiſchen Gouvernante Deutſchland zu belehren verſucht, daß die Ver⸗ zögerungen der letzten Monate auf den langſameren Lauf der Demokratie und der demokratiſchen Methode der Verhandlungen zurückzuführen ſeien, ſo iſt das doch nicht nur ein bedenkliches Armutszeugnis für die Demokratie— 1914 konnte die britiſche Demokratie ſehr raſch handeln!— ſondern auch ein Maß von Wohlwollen für die Verſchlep⸗ ungsverſuche der Prager Regierung, das von uns als ſelt⸗ am empfunden werden muß. Wir möchten nicht anneh⸗ men, daß Herr Chamberlain ſolche Entſchuldigungsgründe und ihre Wirkung gelten läßt. Denn als er am 21. Mat falſch unterrichtet war konnte er ſehr raſch erklären laſſen, daß England in einem Konfliktsfalle zu ſeinem franzöſiſchen Freunde ſtehen würde der ſeine Hand über die Tſchecho⸗ Slowakei hält Die engliſche Regierung muß ſich darüber klar ein, daß die Wirkung jener„demokratiſchen Plötzlich⸗ keit“ ſich heute noch in Prag politiſch dahin auswirkt. daß die kſchecho⸗ſlowakiſche Regierung es gegenüber dem euro⸗ päiſchen Frieden glaubt verantworten zu können, die Frage der Befriedung auf die lange Bank ſchieben zu kön⸗ nen, während man mit vorbedachter Eile die letzten Rü⸗ ſtungsvervollſtändigungen trifft. 8 f Endſpiel um die Deutſche Handballmeiſterſchaft. Mittelſtürmer Reinhardt⸗Leipzig wirft ein Tor im Endſpiel um die Deutſche Handball⸗ meiſterſchaft zwiſchen MSV. Weißenfels und MTS A. Leipzig, das 6:85 für Leipzig endete. Es muß auch ſeltſam anmuten, daß die„Times“ plötzlich der Anſicht iſt, die Sudetendeutſchen ſollten zufrieden ſein, wenn ſie zunächſt vielleicht 75 vH ihrer Forderungen er⸗ füllt bekämen. Ja, kennt denn das engliſche Blatt das Na⸗ kionalitätenſtatut überhaupt? Wir möchten es ſehr bezwei⸗ feln, ſondern bei der Prozentrechnung ſtützt ſich die „Times“ wahrſcheinlich nur auf die üblichen Verſicherungen des Herrn Hodſcha, ohne zu bedenken, daß die Wirklichkeit bei den tſchechiſchen Politikern immer etwas anders aus⸗ ieht. Man braucht in London doch nur die tſchechiſche Preſſe der jüngſten Zeit zu leſen, um klar zu erkennen, daß man in Prag, geſtützt auf die Sympathieerklärungen der Weſt⸗ mächte, darauf pfeifen will, den Sudetendeutſchen ein ernſt⸗ gaftes Entgegenkommen zu zeigen. die Sudetendeutſche Partei hat gerade jetzt wieder durch den Mund ihres Ab⸗ geordneten Sebekowſky vor allen Halbheiten und Schein⸗ öſungen warnen laſſen. Er hat klar und ſcharf darauf ver⸗ wieſen, daß unzulängliche Teillöſungen weder im Intereſſe des Staates noch ailer ſeiner Völker noch der Friedens⸗ freunde in der Welt liegen. Dabei hat er auch den bündigen Beweis erbracht, daß der Vorſchlag der völkiſchen Selbſt⸗ verwaltung die Einheit des Staates nicht antaſtet. Was will man mehr? Kultur und Wirtſchaft am Bodenſee Miniſterpräfident Köhler eröffnete die Austellung. (—) Konſtanz. Mit einer ſchlichten Feier wurde die große Ausſtellung„Kultur und Wirtſchaft am Bodenſee eröffnet. Die Eröffnung fand vor einem großen Kreis ge⸗ ladener Gäſte aus Partei, Staat, Wehrmacht, Stadt, Han⸗ del und Induſtrie im Ehrenhof der Ausſtellung ſtatt. Auch die Vertreter aus der benachbarten Schweiz und aus Vor⸗ arlberg hatten ſich zahlreich eingefunden. Der Reichsredner der MRSA. und das Verwaltungsratsmitglied des In⸗ ſiluts für Deutſche Kultur und Wirtſchaftspropaganda, Elsner v. Gronow“⸗Berlin überbrachte die Grüße des Inſtituts und verband damit ſogleich ein Dankeswort an alle Ausſteller. Das Inſtitut führe ſolche Ausſtellungen durch, um alle Kreiſe über die Verhältniſſe in unſerem Staate zu unterrichten. Solche Ausſtellungen ſeien auch in hohem Maße geeignet, die Zuſammenarbeit mit anderen Völkern zu för⸗ dern. Die Ausſtellung in Konſtanz verfolge den Zweck, die gegenſeitigen Verbindungen zwiſchen den Ländern um den Bodenſee zu feſtigen und ſolche Verbindungen neu anzuknüp⸗ fen, wo ſie noch nicht vorhanden ſeien. a Beſonderes Intexeſſe wurde den Ausführungen des badi⸗ ſchen Miniſterpräſidenten Walter Köhler entgegengebracht. Er bezeichnete eine enge Zuſammenarbeit zwiſchen den beiden Ländern gerade im Bodenſeegebiet als eine dringende Not⸗ wendigkeit. Dieſe Zuſammenarbeit könne ſich u. a. auch am beſten in der Mitarbeit der Schweiz bei der Schiffbarmachung des Oberrheins zeigen. Nach dem Anſchluß von Oeſterreich an das Reich habe dieſes Projekt eine erhöhte Bedeutung er⸗ langt Der Redner machte dabei die Mitteilung, daß die zuſtändigen deutſchen Stellen ſich angehend mit dieſer Frage beſchäftigt und ihre Unterſtützung zugeſagt hätten. Aus den Preſſeſtimmen der Schweiz in den letzten Monaten ſei er⸗ ß man auch jenſeits der Grenze dem Projekt kenntlich, daß jetzt größtes Intereſſe entgegenbringt. Der Miniſterpräſident gab dem Wunſche Ausdruck, daß es der gemeinſamen Ar⸗ beit gelingen möchte, dieſes Projekt, das für beide Länder von entſcheidender Bedeutung ſei, intenſiv zu fördern und durchzuführen. Der Redner kam auch noch auf das politiſche Verhältnis zwiſchen Deutſchland und der Schweiz zu ſpre⸗ chen und trat mit aller Entſchiedenheit der Auffaſſung ent⸗ gegen, als wolte ſich Deutſchland in die inneren Verhältniſſe der Schweiz einmiſchen. Niemand könne daraus, weil in Oeſterreich Deutſche zu Deutſchen wollten, den Schluß ziehen, daß wir Imperialiſten ſeien. Er gab zum Schluß dem Wunſche Ausdruck, daß gerade dieſe Ausſtellung in der un⸗ mittelbaren Nähe der Grenze dazu beitragen möchte, die Beziehungen zwiſchen den beiden Ländern noch mehr zu för⸗ dern und zu feſtigen. Darauf erklärte der Miniſterpräſident die Ausſtellung für eröffnet. n Vaterſchafſt und Muttertum Die Bedeutung des Vaters in den alten Sagas.— Der Beſchützer von Heim und Herd. NSK. Bei der heute noch vielfach üblichen Betrachtung von Form und Geſetz der Ehe wird ein allzu genaues Augenmerk auf die Dinge des Geſchlechtes gerichtet. Man vergißt, daß Ehe über alle Fragen, Spannungen und Löſun⸗ gen zwiſchen Mann und Weib hinaus eine Lebensge⸗ meinſchaft zwiſchen Menſchen iſt. Das letzte Ziel dieſer Gemeinſchaft iſt die Zukunft von Menſchen ſchlechthin. Die Spannungen zwiſchen den Geſchlechtern ſind Auftakt zur Bereitung dieſer Zukunft, nicht mehr. Entſcheidender aber und beſtimmender iſt der Raum, der ſich hinter jener Schwelle auf⸗ tut, ein Raum, in dem im germaniſch bedingten Leben Mann und Frau von jeher Schulter an Schulter geſtanden haben. Dieſer Raum iſt das Elternhaus, die Geborgenheit des Nachwuchſes in Hut und Verantwortung von Vater und . 8. Neueſte Aufnahme von den Kämpfen in Ching. Hinter der zerſchoſſenen Mauer eines Hauſes verſchanzt, verteidigt ſich eine fapaniſche Abteilung in Menafhion an Mutter. Die Islandſagas, jene ſchönſten Zeugniſſe für den germaniſchen Alltag der Frühzeit, kennen dieſen Raum und preiſen ihn. Zwar ſprechen ſie nicht viel von Mutterliebe und Mütterlichkeit. Sie wiſſen auch nicht viele rührende Beiſpiele von Zärtlichkeiten des mütterlichen Herzens. Aber ſie kennen die großen Taten mütterlicher Liebe. Die Saga berichtet von Helga der Jarlstochter, die ihre jungen Söhne ſchwimmend über den Sund rettet. Und ſie nennt den Meeresarm, den die Kühne durchquerte, nach ihr den Helgaſund. Sie erzählt von Grettirs tapferer Mutter Asgerd, die dem Geächteten ihren jüngſten und letzten Sohn zum Opfer bringt, nur um ſeine Pein zu mildern. Sie weiß von Bergthoras verhal⸗ tener Güte, die ſich bei der Wortkargen und Verſchloſſenen erſt offenbart, als ſie den Ihren die letzte Abendmahlzeit richtet Die Saga ſpricht auch vom Vater nicht mehr als von der Mutter, dabei betont ſie des Mannes Vaterſchaft wie das Muttertum des Weibes. Mann und Frau tra⸗ gen die Aufgabe der Elternſchaft auf gleichen Schultern und mit gleicher Verantwortung. Der Höskuld der Lachswaſſer⸗ talſaga, der dem Sohne Olaf Pfau den Segen zu ſeinem Einzug in ſeinen neuerbauten Hof gibt, iſt ein ſchönes Bild des väterlich ſorgenden Mannes. Njals Vaterſorgen wer⸗ den an jedem Tage ſeines Lebens deutlich. Das Verhältnis zwiſchen Egil und ſeiner Tochter Thorgerd iſt eines der her⸗ vorragendſten Beiſpiele für die engen Beziehungen, die zwi⸗ ſchen Vater und Kind beſtehen. Ins Mythiſche ſteigert ſich das Verantwortungsgefühl des Vaters für das Kind und ſein Leben in der Schilderung, die die Grönländergeſchichten von Thorgils und ſeinem Sohne Thorfinn geben. Thor⸗ finns Mutter wird von Räubern ermordet. Das Kind iſt noch nicht imſtande, feſte Nahrung zu ſich zu nehmen. Andere Milch ſteht nicht zur Verfügung. Da öffnet ſich der verzwei⸗ felte Vater die Bruſtwarzen und zwingt die Natur zu einem Wunder. Seine Bruſt gibt dem Knaben Milch, die ihn er⸗ nährt. Dieſe Legende wird nicht zu einem Zweck erzählt. Es kommt nicht darauf an, daß das Kind für den ſpäteren Gang der Handlung am Leben bleibt. Der junge Thorgils ſtirbt früh und ſpielt in der ferneren Geſchichte keine weſent⸗ liche Rolle. Einzig der Beweis des väterlichen Ein⸗ ſatzes erſchien dem Erzähler ſagawürdig. Germanien hat dieſe Haltung ſeiner Männer, die an Haus und Hof und Heimat in einem ſchönen Sinne gebunden waren, nicht immer und allerorts bewahren können. Als der nordiſche Wiking Haus und Herdfeuer als Sinn ſeiner Taten verlor, als ihm Fahrt und Abenteuer Selbſtzweck wurden und nicht mehr Steuer war, die an der Wiege ne Blutes niedergelegt werden mußte, wurde er aus einem ſoefahrenden Bauern zum heimatloſen Seeräuber. Der landfremde Söldner der Kriege des ausgehenden Mittelalters hatte eine höchſt zweideutige und wandelbare Ehre, weil er nicht mehr für Haus und Hof und Kinder kämpfte, denen er Vater zu ſein vermochte. An⸗ dererſeits müſſen wir die Erklärung für das Wunder der deutſchen Tapferkeit und Ausdauer an den Fronten von 1914—1918 wohl ſuchen in den Gedanken, die deutſche Männer in dieſen vier Jahren heimſenden durften zu den Quellen ihrer Kraft. Die Landwehrdiviſionen, die ſich vor⸗ wiegend aus Vätern zuſammenſetzten, waren nicht die ſchlech⸗ teſten in dieſem Ringen. Die keuſche Zurückhaltung, mit der die nordiſchen Quel⸗ len die Beziehungen zwiſchen den Geſchlechtern behandeln, zeugt von dem Wiſſen um das endliche Gewicht, das dieſe Beziehungen im menſchlichen Leben haben. Sie weiſen der geſchlechtlichen Frage eine Stellung zu, die dem Germanen als einem Herrenmenſchen im vornehmſten Sinne entſpricht, eine Stellung, in der ſie wohl zu beſchwingen, jedoch nicht zu beherrſchen vermag. Männer und Frauen erfahren die Krönung ihres Lebens in ihrem Vatertum und ihrer Mut⸗ terſchaft. Ihnen dienen Soldatentum, Berufsaufgaben und politiſche Sorgen des Mannes. Ihnen dient der ſorgliche Tag der Mutter wie der Berufstag jeder mütterlichen Frau- Ihnen dienen ihrer beider politiſche Einſichten und Erkennt⸗ giſſe. Männer und Frauen als Väter und Mütter ſind die ſtarken Pfeiler, die den Beſtand ihres Volkes verbürgen. Ruth Köhler⸗Irraang. Marktberich. Mannheimer Großviehmarkt v. 19. Jull. Am Mann⸗ heimer Großviehmarkt waren folgende Tiere zum Verkauf aufgetrieben: 70 Ochſen, 120 Bullen, 229 Kühe, 140 Rin⸗ der, zuſammen 559 Stück Großvieh; gegenüber der Vor⸗ woche mit 617 Tieren ein Weniger von 58 Stück Bei einer unveränderten Höchſtnotiz erfolgte die Zuteilung kontingenk⸗ gemäß für Ochſen 42 bis 45, Bullen 40 bis 43, Kühe 40 bis 43, Rinder 41 bis 44 Rpfg. Der Kälbermarkt war mit 886(Vorwoche 1053) Tieren beſchickt. Der Markt nahm einen flotten Verlauf. Auch hier erfolgte die Zuteilung kon⸗ tingentgemäß bei einer unveränderten Höchſtnotiz don 60 bis 65 Rpfg. Am Schweinen waren 2237(Vorwoche 681) Tiere aufgetrieben. Die Zuteilung erfolgte kontingentgemäß bei einer veränderten Höchſtnotiz von 60 Rpfg⸗ Weltbild(M). der Lunabai⸗Front gegen angreifende chineſiſche Anfante nis 9 1 1 1 3 5 1 1 Ausfahrt der Klemziger Bauern Ein deutſches Dorf wandert nach Auſtralien. Vor 100 Jahren, Anfang Juni 1838, fuhren die Bauern von Klemzig in der öſtlichen Mark Branden⸗ burg unter Führung ihres Pfarrers in zwei Oder⸗ kähnen nach Hamburg, um von dort nach Auſtralien auszuwandern. Deutſche Seeleute und deutſche Forſcher hatten ſchon bei der Entdeckung des„Fünften Weltteils“ eine nicht unbedeutende Rolle geſpielt. Der erſte Feldmeſſer von Neuſüdwales, Auguſtus Theodor Alt, 1787, war ein Deutſcher; einer der vier erſten freien Koloniſten in Parramatta, Philipp Schäffer, zur gleichen Zeit, war ein heſſiſcher Offizier; Johann Papſt aus Leipzig war in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts Poſtillon zwiſchen Tarcotta Creek und Billibung; Goßnerſche Miſſionare ließen ſich im März 1838 bei Moreton Bay nieder, im gleichen Jahre einige deutſche Winzerfamilien aus Naſſau in Südwales, und auf Grund der Werbung der Südauſtraliſchen Kompanie waren mehrere Einzelperſonen und kleinere und größere Gruppen von Deutſchen, denen die Heimat zu eng ge⸗ worden war, nach Auſtralien gegangen, um dort auf dem jungfräulichen Boden des noch ganz unerſchloſſenen Erd⸗ teils ihr Glück zu verſuchen. Aber alle dieſe deutſchen Auſtralienfahrer hatten ſich mehr oder weniger dem Zufall anvertraut, und ihre Erfolge waren keine beſonders gün⸗ ſtigen, wahrſcheinlich nicht zuletzt infolge der Abneigung gewiſſer engliſcher Beamter gegen die unbekannten Frem⸗ den. Von wirklichen Erfolgen begleitet waren aber erft die organiſierten Auswanderungen größerer geſchloſſener Gruppen aus Deutſchland nach Auſtralien, die im Juni 1838, genau ein halbes Jahrhundert nach der Landung des erſten britiſchen Gouverneurs Artur Phillips und der Gründung Sydneys ihren Anfang nahmen, die erſte mit der Abreiſe von rund 200 Altlutheranern des Dorfes Klemzig bei Züllichau in der ſüdöſtlichen Ecke der Provinz Brandenburg unter ihrem Pfarrer Auguſt Ludwig Chriſtian Kavel. Den Anlaß dieſes Entſchluſſes einer ganzen Dorf— gemeinde, das Vaterland zu verlaſſen und ſich im ent fernteſten Erdteil eine neue Heimat zu aründen bildet, der im Schoße der preußiſchen Landeskirche infolge der neuen Gottesdienſtordnung ſeit 1817 ausgebrochene Kirchenſtreit. Heinrich von Treitſchke hat darüber im 3. und 4. Band ſeiner„Deutſchen Geſchichte im 19. Jahr⸗ hundert“ berichtet. Unter den Geiſtlichen, die in der reli⸗ giöſen Sonderbewegung der Altlutheraner eine Rolle ſpielten, trat beſonders der Pfarrer Kavel hervor, der, als der Streit immer heftigere Formen annahm, mit der Südauſtraliſchen Kompanie in London in Verhandlungen trat, um die Auswanderung ſeiner Gemeinde nach Süd⸗ auſtralien zu bewirken. Nach zweieinhalbjährigen Be⸗ mühungen gelang es endlich, das Segelſchiff„Prinz Ge⸗ org“ von Hamburg aus zu chartern, und im Juni 1838. traten die 200 Klemziger Kleinbauern, die meiſt in ſehr beſchränkten Verhältniſſen gelebt hatten, bei Tſchicherzig auf zwei Oderkähnen die Reiſe an. Tauſende von Zuſchauern hatten ſich an den Ufern der Oder verſammelt. Viele ſchüttelten den Kopf über das tollkühne Unternehmen, andere bedauerten die armen Leute, wieder andere verſpotteten ſie, aber die Klemziger verfolgten unbeirrt ihren Plan. Am nächſten Tage fuhren ſie durch Kroſſen, nach acht Tagen erreichten ſie an einem Sonntag Berlin, wo ſie bis zum Montag früh blieben, dann durchquerten ſie auf der Spree die Hauptſtadt, ge⸗ langten nach Potsdam, am nächſten Tage nach Branden⸗ burg und fuhren über Rathenow und Havelberg, wo ſie die Elbe erreichten, nach Wittenberge, der letzten preußi⸗ ſchen Stadt. Jetzt waren ſie außerhalb ihres Heimat⸗ landes, durchreiſten auf der Elbe einen Teil Hannovers, ſahen rechts die Herzogtümer Mecklenburg⸗Schwerin und Lauenburg und trafen dann in Hamburg ein, wo ſie einige Tage auf ihren Oderkähnen im Hafen liegen blie⸗ ben. Am 6. Juli, etwa vier Wochen nach der Abreiſe, konnten ſie ſich endlich mit ihren Habſeligkeiten an Bord des„Prinz Georg“ begeben, der am 8. Juli die Elbe hinabfuhr und in 12 Tagen den engliſchen Hafen Ply⸗ mouth erreichte. Dort hatten ſie die Freude, ihren Seelen⸗ hirten, Paſtor Kavel, der ihnen vorausgereiſt war, wieder begrüßen zu können. Die Reiſe von England nach Auſtralien führte um das Kap der Guten Hoffnung und dauerte faſt 5 Monate. 9 OMAN eee„ VON GEN ROrAgE RG. Der Geheimrat hob die Schultern hoch, und da ſah er wie eine vertrocknete Mumie aus der dicken Decke hervor. Er ſchüttelte den Kopf. „Weshalb ſoll er ſich das Schloß voll Leute nehmen, wenn ſie ihm nun mal alle zuſammen zuwider ſind?“ Der Graf ſchwieg. Aber der Blick ſeiner Augen war mit zornigem Schmerz auf die verſchneiten Wälder ge⸗ richtet. Plötzlich vergaß er allen Groll gegen den alten Arzt. Er beugte ſich zu ihm: „Lieber Doktor, ein Vermögen liegt allein an den Wäldern brach! Er läßt nichts ſchießen hier, und gerade hier gibt es prachtvolles Wild.“ „Ich denke, er hat alles verpachtet?“ „Dieſe Wälder hier nicht. Die drüben links liegen, die hat der Gutspächter von Hartlingen mit.“ „Schade iſt's natürlich“, lenkte auch der Geheimrat ein. „Sehen Sie das wenigſtens ein? Das freut mich. Wenn er einmal wie ein Einſiedler lebt, dann iſt es doch für ihn ganz gleich, wo er dieſes weltabgewandte Daſein führt?“ Der alte Arzt dachte ein Weilchen nach. Dann fragte er: „Hat Graf Rudolf die Frau eigentlich geliebt?“ „Rein toll! Darum eben bleibt es ein ewiges Rätſel, warum er es getan hat.“ „Er hat es nicht getan, und es iſt ſehr traurig, daß ſeine Familie es nicht bei dem damaligen Unrecht, ihn für einen Mörder zu halten, bewenden läßt.“ Graf Eno Hartlingen war ſtarr. Sle verlief im ganzen glücklich, obwohl 14 Perſonen auf der Ueberfahrt ſtarben. Am 30. Oktober erblickten die Paſſagiere die erſte Spitze Auſtraliens, das Kap Leeuwin, das ſich als ein ungeheurer dunkelgrauer nackter Felſen aus dem Meere hob und den armen Klemzigern, die ein Paradies ſuchten, eine ihre Herzen bedrückende Enttäu⸗ ſchung bereitete. Am 20. November kamen ſie endlich vor dem Eingang des Hafens von Adelaide an. Paſtor Kavel, ſein Bruder, der Kapitän und zwei andere Mitglieder der Auswanderergemeinde gingen an Land und wanderten nach der etwa 15 Kilometer entfernten Stadt. Als ſie zurückkamen, verließen die Auswanderer das Schiff, und da ſie zuſammenhalten und eine eigene deutſche Gemeinde errichten wollten, ſo erwarben ſie 6 Kilometer von Ade⸗ laide entfernt ein Stück Land, und ſchon zu Weihnachten, und in der Woche danach, bezogen ſie ihr neues Dorf. Die kleinen Wohnhäuſer, Scheunen und Stallungen waren genau den heimatlichen nachgebildet und mit dem Schilf der Flußufer gedeckt, und eine Kirche mit einem kleinen Glockenturm ſtand in der Mitte, gegenüber ein geräumi⸗ ges Pfarrhaus, daneben das Schullehrerhaus. Das Ganze bot einen maleriſchen, echt deutſchen Dorfanblick. Zur Erinnerung an die verlaſſene Heimat wurde die neue Niederlaſſung Klemzig genannt. Anfänglich von den anſäſſigen Engländern mit Mißtrauen betrachtet, ver⸗ ſtanden es die Deutſchen, ſchon in wenigen Monaten die ſrühere Abneigung in aufrichtige Bewunderung zu ver⸗ wandeln. Ein Artikel im„Southern Auſtralian“ vom 1. Mai 1839 iſt ein einziger Lobſpruch auf die Tüchtigkeit der Deutſchen. Wenige Wochen nach der Landung der Klemziger traf in Südauſtralien das zweite Schiff mit deutſchen Luthe⸗ rauern, die„Zebra“, ein. Auch ſie errichteten eine neue Ortſchaft, der ſie in Erinnerung an den tüchtigen Kapitän ihres Schiffes, Hahn, den Namen Hahndorf gaben. Am 22. Januar 1839 kam ein drittes Lutheranerſchiff, die „Catharina“, mit 130 Auswanderern an. Sie trafen es nicht ſo günſtig wie die Klemziger und Hahndorfer. Sie litten unter Krankheiten und verſtreuten ſich bald in die andern Niederlaſſungen. Aber leicht hatten ſie es alle nicht. Das Leben der Pioniere in einem Lande wie Auſtralien war hart, und die Koloniſten mußten die erſten paar Jahre hindurch ſchwer und angeſtrengt arbeiten. Durch Zuzug neuer Einwanderer aus Deutſchland und durch Umſiedlung der früheren Ankömmlinge ent⸗ ſtanden allmählich weitere Niederlaſſungen. 1842 Betha⸗ nien, im gleichen Jahre Lobethal, 1843 Langmeil, 1844 Schöntal, und ſo ging es weiter. Bald war ein kleines Deutſchland entſtanden, eine echte deutſche Heimat auf dem gaſtlichem Boden des fünften Erdteils. 25 Jahre ſpäter gab e es mehr als 50 deutſche Ortſchaften in Südauſtralien. 1860 zählte man ſchon 7871 in Deutſchland Geborene, die Geſamtzahl der Deutſchen in Südauſtralien betrug zwi⸗ ſchen 12 000 und 13 000. Heimliches Leben im See Von Dr. Eliſabeth Skwarra. Welch köſtliches Gefühl, frei zu ſein und Tage, ja Wochen ſich ſeiner Ungebundenheit zu freuen! Die einen locken die Wellen des Meeres, die geſchwungene Linie der Küſte, die anderen die Binnenlandſchaften. Hier äſteht der ſchattige Dom eines Waldes, dort„lächelt der See, er ladet zum Bade“. Leiſe gluckſend ruft er den Wanderer und ſpricht mit tauſendfachen Stimmen zu ihm. Einſam⸗ keit rührt den Städter an, und dabei ſteht er mitten in der Ueberfülle des Lebens. Köcherfliegen ſchwärmen über dem Schilf, das wie eine ſpaniſche Wand den Rand des Sees umſchließt, der bewegliche Rahmen für das lebendige Stilleben. Wo dichte Rohrwälder im Verein mit biegſamen Binſen den See umſäumen, da iſt das Waſſer ſtill, ſtagnierend, dazu nährſtoffarm; Algen, faulige Anſchwemmungen häufen ſich zwiſchen den oft zehn Meter langen Ausläufern des Schilfs. Der See, ſo ſagt man, iſt im Verlanden. Reges Tierleben kann in dieſer ſauerſtoffarmen Zone ſich kaum halten. Fiſchbrut tummelt ſich nur zwiſchen locker ſtehen⸗ den Halmen, wo etwas Licht einfällt.— Doch ins Boot, hin zur freien Waſſerfläche! Wenn der Kahn ſich durch die grüne Mauer ſchiebt, rauſcht das Rohr, als wollte es den Eindringling fernhalten. Jenſeits des Ufergürtels iſt der Pflanzenbewuchs völlig anders. Die Waſſertiefe regelt den Zuſammenſchluß der Pflanzengeſellſchaften. Zahlloſe Seeroſen öffnen bei ſtrahlendem Sonnenſchein ihre ſchönen Kelche, oft begleitet von der kleinen Mummel. Auch Unterwaſſerpflanzen gibt Welſer! Sein Freund und Berater ſeit langen Jahren! Er hatte Rudolf jetzt das erſtemal geſehen, und nun ſtellte er ſich ohne weiteres auf ſeine Seite! „Er iſt ein tiefunglücklicher Menſch; aber niemals hat dieſer Mann ſich zu irgendeiner Tat hinreißen laſſen, für die ihn die Menſchen verurteilen dürften“, ſagte der alte Arzt noch. Es hätte dieſes Zuſatzes nicht bedurft, Graf Eno ſprach ſowieſo nichts mehr. Wenigſtens ſo lange nicht, wie ſie ſich im Schlitten befanden. Daheim in Hellmannshagen gab es allerdings noch eine lange Debatte, und eine kleine, alte Dame meinte: „Ich hab' es ja immer geſagt, daß ihr alle zuſammen verrückt ſeid, weil ihr ihn dieſer feigen Tat auch nur für fähig halten konntet.“ Es war Tante Malchen, die Schweſter des Hausherrn. Benno, der jüngſte Sohn Graf Enos, ſaß mit ſchlack⸗ ſigem, nichtsſagendem Geſicht daneben. Aber er ſagte: „Wenn man ihn entmündigt, wenn ein Familienrat über ihn beſchließt, daß er einzuſperren iſt, wird ihm keiner groß helfen können.“ Tante Malchen lächelte hierauf freundlich, meinte ſie: „Erſt tritt der Familienrat deinetwegen zuſammen. Du mußt auch irgendwohin, damit du arbeiten lernſt. Bis jetzt kannſt du nur Geld vertun!“ Der junge Graf richtete den Blick, hilfeſuchend, auf ſeine Mutter. Die winkte ihm zu. So erbittert ſie auch über dieſe Antwort ihrer Schwägerin war, zu ſagen wagte ſie ihr auch nichts, denn Tante Malchen lebte mit hier in Hellmannshagen, und ſie gab ihre hohe Rente faſt reſtlos her. Und das Geld konnte man ſo gut gebrauchen. Bodo, der älteſte Sohn, ſagte halblaut: „Verrückte Weiberwirtſchaft!“ Und wieder nickte Tante Malchen freundlich, denn ſie alsdann hörte ſehr gut. „Genier' dich nicht, mein Junge, und ſage es laut, was du zu ſagen haſt. Ihr ſeid alle beide viel zu grün, um ein tiefes Leid zu verſtehen. Euch iſt es immer gut ge⸗ es, die Laichkräuter bilden ausgebreitete Wieſen auf dem Grunde. Ein unerfreuliches Geſchenk Amerikas, die kana⸗ diſche Waſſerpeſt, ſtört beim Schwimmen nicht mehr. Sie, die einſt unſere Gewäſſer in dichtem Gewirr durchſetzte, geht jetzt erheblich zurück. Wie klar das Waſſer iſt! Doch nicht überall. In man⸗ chen Seen iſt es durch winzige Organismen, die den Sammelnamen Plankton führen, und durch Erdteilchen getrübt. Dann iſt die Sichttiefe des Waſſers gering. Sie beträgt für manche Becken ſechseinhalb Meter, oft aber weit weniger. In unklaren Seen reicht alſo auch das Licht nicht tief in das Waſſer hinein, und der Bewuchs des Bodens hört in manchem Gewäſſer ſchon in ſieben Meter Tiefe auf, während in den Klarſeen der Alpen der Grund von zwanzig bis dreißig Meter Tiefe noch matt herauf⸗ ſchimmert. Die Wieſen der Unterwaſſerpflanzen ſind ein Eldo⸗ rado kleiner Tiere. Hier tummeln ſich Krebslein, Schnecken, maſſenhaft die Larven von Köcherfliegen, die man auch in ihren hübſchen Gehäuſen in Gräben, auch an flachen Ufern beobachten kann. Rohrhalme, Steinchen, Erdbrecher, viel— fältig iſt ihr Gewand, vielfältig die Art des Baues. Auch am Ufer läßt ſich mancherlei beobachten. Man ſammle einmal verſchiedene Arten von Schneckengehäuſen: hier das flache ſpiralige Poſthörnchen, dort die dicke, mit dunklen Streifen gezierte Schlammſchnecke, die lebendige Junge zur Welt bringt, nicht weit ab die langausgezogene Spitzhornſchnecke. Dann die vielen, vielen Pflanzen der Uferzone: Der breitblättrige Waſſerampfer, der ſchirm⸗ doldige Waſſerſchierling, erkenntlich an den gefächerten Wurzeln(Längsſchnitt). Den See bevölkern Scharen von Enten, alte und unge. Es iſt eine Freude, die munteren Tiere durch das Glas zu beobachten. Dort ſtreichen Taucher entlang. Bläß⸗ hühner jagen einander. Tief drückt ſich der Hals, die Flü⸗ zel heben ſich wie Segel... und voran geht die Fahrt. Ab und an hebt ſich aus dem Röhricht die Rohrweihe, ein ſtolzer Raubvogel, der als arger Räuber auch viele Neſter olündert. Manch Entlein gerät in ſeine Fänge, wenn es fürwitzig aus dem Schatten des Schilfſes herausſchwimmt. Hin und her ſtreicht der Fiſchreiher, um ſich ſeinen lebendigen Anteil am Reichtum des Sees zu holen. In der Morgenfrühe erſcheint gelegentlich ein Fiſchadler, um einen Hecht zu fiſchen. Kühn taucht er mit der gepackten Beute ins Waſſer, um im nächſten Augenblick ſich über die Fläche zu erheben, daß die Tropfen glitzernd aus dem Gefieder herausſpringen. Mit rauhem Rah Rah blockt er auf einer hohen Kiefer auf. Der See aber— er lächelt, er ladet zum Bade! Der erſte Eintopf in Japan Ganz Japan beging am 7. Juli den erſten Jahrestag der chineſiſchen Kriegswirren mit würdigen Gedenkkund⸗ gebungen. Dieſer Tag bildete den Auftakt für eine Reihe von Entſchlüſſen des japaniſchen Volkes, die der nationa⸗ len Diſziplin und der Verbundenheit mit den Frontkämp⸗ fern in China entſpringen. So wurde am 7. Juli zum erſten Male in den japaniſchen Reſtaurants und bei den Fleiſchereien die Parole„Heute fleiſchloſer Tag“ verkün⸗ det. Es wird dann in jedem Monat ein ſolcher fleiſchloſer Tag durchgeführt, um mit dem ſo eingeſparten Fleiſch die Frontkämpfer in China noch beſſer als bisher verſorgen zu können. Die zuſtändigen Behörden wollten zunächſt ſogar für jede Woche einen fleiſchloſen Tag empfehlen, haben jedoch davon mit Rückſicht auf das Gewerbe Ab⸗ ſtand genommen. Da in Japan der Fiſch ſich wegen ſeines Wohlgeſchmacks und ſeiner Bekömmlichkeit größter Wert⸗ ſchätzung erfreut, bedeutet die nun erfolgende Einführung eines fleiſchloſen Tages in jedem Monat keinerlei Opfer für die Bevölkerung. Auf dieſe Mobiliſierung des nationalen Gemein⸗ ſchaftsgefühls legt die japaniſche Regierung überhaupt den größten Wert. Die hierfür geſchaffene beſondere zivile Organiſation kündigt als eine weitere Maßnahme in Zu⸗ ſammenarbeit mit der Regierung die ſyſtematiſche Samm⸗ lung von Metallabfällen an, die ebenfalls am 7. Juli be⸗ gann. Die Parole hierfür lautet:„Jeder ſchenkt dem Staat ein Stück Metall!“. Die großen Organiſationen der ehemaligen Soldaten, der Jugend, der Frauen und auch die Schulen haben ſich für die Sammelaktion zur Verfügung geſtellt. Metallabfälle aller Art, vom Eiſen über das Kupfer bis zum Staniol werden erfaßt, auf den Spielplätzen der Elementarſchulen zuſammengetragen und verkauft. Der Erlös fließt in die Staatskaſſe.— Schließlich hat das japaniſche Volk am 7. Juli ſich ſoli⸗ dariſch zum erſten„Eintopfeſſen“ zuſammengefunden. EN Warbe gangen, und nur eure Eltern haben ſich geplagt. Redet lieber nicht in die Verhältniſſe in Schloß Hartlingen hinein, es iſt beſſer für euch.“ Jetzt ſagte Graf Eno: „Malchen, aber Malchen, bedenke doch, daß wir nicht allein ſind!“ „Ach was, allein?! Du haſt den Geheimrat mitgeſchleppt zu deinem gründlich mißglückten Ausflug nach Hartlingen, nun kann er auch gleich das andere alles mit wiſſen. Es wird ihm kaum was Neues ſein.“ So! Tante Malchen wich und wankte nicht vom Kampf⸗ platz. Es war beſſer, ſie nicht zu reizen. Das Thema wurde ſchließlich geſchickt auf ein anderes Gebiet gelenkt. Zuletzt klam es ſo, daß man noch gemüt⸗ lich um den Tiſch ſaß und Kaffee trank. Dem Kuchen, der friſch und duftend hereinkam, wurde auch alle Ehre an⸗ getan. 5 Tante Malchen fütterte ihre fette Katze, und der junge Graf Benno ſagte leiſe zu ſeinem Bruder: „Weshalb brauchen wir die alte Jungfer ſo not⸗ wendig? Wie ſchön wäre es, wenn ſie nicht immer in alles hineinzureden hätte. Zudem, ſieh dir das bloß an, wie ſie den Kater füttert. Einfach ekelhaft!“ „Du haſt ganz recht, Bennochen, es iſt ekelhaft, auf die Leute ſchimpfen, denen man im Laufe der Jahre eine nette Summe abgepumpt hat!“ meinte Tante Malchen freund⸗ lich und gab der Katze ein großes Stück von dem duftenden Kuchen. „Unglaublich! Die Male ſieht durch zehn Wände und hört auch das Gras wachſen“, fagte Graf Eno zu ſeiner Frau. Tante Malchen ſtand auf. Der fette Kater klatſchte zu Boden und ließ ein empörtes Geheul hören. „Du irrſt dich, lieber Bruder, ich ſehe nicht durch zehn, ſondern durch zwölf Türen; denn wie wüßte ich denn ſonſt, daß du wieder ſo ein kleines Wechſelchen unter⸗ ſchrieben haſt. Das glaube ich, bei eurem ewigen Geld⸗ dilemma wäre euch der Fang von Schloß Hartlingen ſehr willkommen.“. Fortſetzung folgt.)