Nr. 184 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Dienstag, 9. Auguſt 1938 Der Staat hilſt dem Landmann Gerade in dieſen Wochen iſt es gut, noch einmal auf die Verordnung hinzuweiſen, die vor einem Monat von dem Beauftragten für den Vierjahresplan gemeinſam mit dem Reichsernährungsminiſter und dem Reichsfinanzminiſter 1 wurde und die— wie ſchon der Name ſagt— der Förderung der Landbevölkerung dient. Ueber die grundſätz⸗ liche Bedeutung dieſer Verordnung, deren Ziel es iſt, die amiliengründung auf dem Lande zu erleichtern und das Leben des verheirateten Landarbeiters und ländlichen Handwerkers etwas beſſer zu ſtellen, iſt ſchon verſchiedentlich berichtet worden. N 8 Die Verordnung zeigt deutlich, daß der nationalſoziali⸗ ſtiſche Staat keine Mittel ſcheut, um die Unterſchiede aus⸗ zugleichen, die ſich im Verlauf der kapitaliſtiſchen Wirt⸗ ſchaftsentwicklung, aber auch neuerdings im Zuſammen⸗ hang mit den gewaltigen Arbeitsvorhaben zwiſchen den ſtädtiſchen und ländlichen Lebensverhältniſſen ergeben ha⸗ ben. Die Verordnung zur Förderung der Landbevölkerung eht dabei den Weg der Gewährung beſonderer Beihilfen bei der Eheſchließung von auf dem Lande Tätigen ſowie der Gewährung von wiederkehrenden Einrichtungszuſchüſſen an verheiratete Landarbeiter und ländliche Handwerker. Die nachſtehenden Ausführungen ſollen zeigen, in welchem Ausmaße der Landbevölkerung durch die Verordnung vom 7. Juli geholfen wird und wer Anſpruch auf die in ihr gegebenen beſonderen Vergünſtigungen hat. g Bei der Gewährung von Eheſtandsdarlehen an die Landbevölkerung treten nach der Verordnung Sonderbe⸗ ſtimmungen in Wirkſamkeit, die aus dem Darlehen für die Landleute ein Geſchenk machen. Es mag gleich hier hervor⸗ gehoben werden, daß alle Beſtimmungen der Verordnung auch für ländliche Handwerker gelten, und das ſind ſolche Handwerker, die ihre Beruftätigkeit in einer ländlichen Ge⸗ meinde ausüben. Iſt einer der Ehegatten mindeſtens fünf Jahre in der Land⸗ oder Forſtwirtſchaft oder als ländlicher Handwerker tätig geweſen, und beabſichtigt er, ſeinen, Be⸗ ruf weiter auszuüben, ſo werden ihm die Tilgungsbeträge des Eheſtandsdarlehens ſolange zinslos geſtundet, als min⸗ deſtens einer der Ehegatten in der Land⸗ oder Forſtwirt⸗ ſchaft oder als ländlicher Handwerker tätig iſt. Weiſen die Ehegatten nach, daß einer von ihnen während der Stun⸗ dungsfriſt— d. h. nach Gewährung des Eheſtandsdar⸗ lehens— 10 Jahre ununterbrochen in einem ländlichen Beruf tätig geweſen iſt, ſo wird das Eheſtandsdarlehen ganz erlaſſen. 8 Praktiſch bedeutet das, daß für den berufstätigen Laad⸗ mann, der ſich verheiratet und ſeinem Beruf treu bleibt, etwa 700 Mark bei ſeiner Verheiratung zur Verfügung ſtehen, durch die er keinerlei Verpflichtungen hat. Sollten während der über 10 Jahre ſich erſtreckenden Stundungs⸗ friſt beide Ehegatten das Land verlaſſen, ſo treten für ſie die Beſtimmungen in Kraft, die allgemein für die Tilgung des Eheſtandsdarlehens gültig ſind. 5 5 Außer dem Eheſtandsdarlehen erhält die Landbevölke⸗ rung aber noch ein weiteres Darlehen, das den jungen Ehe⸗ leuten von großem Nutzen ſein kann und, ebenſo wie das Eheſtandsdarlehen, auf dem Lande eigentlich den Charak⸗ zer einer einmaligen Zuwendung hat, die nicht zurückgezahlt zu werden braucht. Angehörigen der Landbevölkerung, die nach dem 30. Juni 1938 geheiratet haben, kann auf Antrag ein ſogen. Einrichtungsdarlehen gewährt werden. Auch hierfür iſt wieder Bedingung, daß wenigſtens einer der bei⸗ den Ehegatten in den letzten fünf Jahren vor der Verhei⸗ ratung ununterbrochen in einem ländlichen Beruf tätig ge⸗ weſen iſt und dieſen Beruf weiter auszuüben gedenkt. Für die Höhe des Einrichtungsdarlehens iſt dabei von entſchei⸗ dendem Wert, ob vielleicht beide Ehegatten fünf Jahre einem ländlichen Beruf angehört haben. Iſt dies der Fall, dann er⸗ halten ſie 800 Mark. Wenn nur einer der beiden Ehegat⸗ ten in den letzten fünf Jahren ununterbrochen in der Land⸗ oder Forſtwirtſchaft oder als ländlicher Handwerker tätig geweſen iſt, ſo beträgt das Darlehen 400 Mark. Im Gegenſatz zum Eheſtandsdarlehen, das in Bezugs⸗ einen ausgegeben wird, wird das Einrichtungsdarlehen in barem Geld ausgezahlt. Die Tilgung der Einrichtungs⸗ Darlehensſchuld, die unverzinslich iſt, erfolgt nur, wenn beide Ehegatten ihre Tätigkeit auf dem Lande aufgeben, und zwar mit drei v. H. monatlich. Wer aber ſeinem länd⸗ lichen Beruf treu bleibt, wird auch das Einrichtungsdar⸗ lehen nicht zurückzuzahlen brauchen. Wenn beide Ehegatten nach der Eheſchließung auf dem Lande tätig bleiben, ver⸗ mindert ſich die Schuld nach Ablauf von 10 Jahren um 500 Mark und dann nach Ablauf eines jeden weiteren Jahres um je 100 Mark, ſo daß die Geſamtſchuld von 800 Mark in 13 Jahren getilgt ſein würde. Wenn nur einer der Ehe⸗ 95 85 auf dem Lande berufstätig iſt, ſo vermindert ſich ie Schuld nach 10 Jahren nur um 250 Mark und nach Ab⸗ lauf eines jeden weiteren Jahres um je 50 Mark. Es iſt müßig, ſich auszurechnen, wann hiernach die Schuld getilgt ſein würde, denn das Einrichtungdarlehen iſt eben für An⸗ gehörige der Landbevölkerung beſtimmt, die auf dem Lande ihren Lebensberuf geſucht und gefunden haben. 85 Eine weitere weſentliche Förderung der Landbevölke⸗ rung ſtellen die Einrichtungszuſchüſſe dar, die in Höhe von 400 bezw. 200 Mark gezahlt werden. Sie ſind deswegen von anz beſonderer Bedeutung, weil ſie an Angehörige der Landbevölkerung, die nach dem 31. Dezember 1933 geheira⸗ tet haben, nicht nur einmal gezahlt werden, wenn einer der beiden Ehegatten in den letzten fünf Jahren ununterbrochen als Landarbeiter oder als ländlicher Handwerker tätig ge⸗ weſen iſt, ſondern für jede weiteren fünf Jahre ununter⸗ brochener Tätigkeit gewährt werden. Wer alſo nach dem 31. Dezember 1933 geheiratet hat und fünf Jahre als Land⸗ arbeiter oder ländlicher Handwerker tätig geweſen iſt, kann beim Finanzamt einen Antrag auf Gewährung eines Ein⸗ richtungszuſchuſſes ſtellen. Er erhält dieſen Einrichtungs⸗ zuſchuß, wenn er erklärt, auch weiterhin in ſeinem Beruf tätig ſein zu wollen. Wenn nur einer der Ehegatten in den vergangenen Jahren als Landarbeiter oder Handwerker ge⸗ arbeitet hat, erhält er 200 Mark, wenn beide dieſen Beruf ausgeübt haben, 400 Mark. Als Landarbeiter oder als länd⸗ liche Handwerker gelten auch Perſonen, die im Betrieb von Verwandten aufſteigender Linke, d. h. Eltern oder Groß⸗ eltern überwiegend beſchäftigt ſind. Der Einrichtungszuſchuß braucht nicht zurückgezahlt zu werden. Er iſt auch nicht pfändbar. In die Verordnung zur Förderung der Landbevölkerung vom 7. Juli 1938 hat als Abſchnitt V noch die Abſchrei⸗ bungsfreiheit für Landarbeiterwohnungen Aufnahme gefun⸗ den. Dieſe Beſtimmungen ſtehen mit dem Zweck des Haupt⸗ teiles der Verordnung inſofern in Zuſammenhang, als ſie den Betriebsinhabern auf dem Lande eine weitere Erleich⸗ terung bringen ſollen für den Bau neuer Landarbeiterwoh⸗ nungen. Wer ſich die Beſtimmungen dieſer Verordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan näher anſieht, wird in ihnen ein ſprechendes Beiſpiel für das Beſtreben der na⸗ tionalſozialiſtiſchen Staatsführung erkennen, der Bevölke⸗ rung auf dem Lande nicht nur bei ihrer Arbeit ſoweit wie irgend möglich behilflich zu ſein, ſondern ihre Lebensmög⸗ lichkeiten tatkräftig zu fördern. Wie komme ich zu einem Kdß⸗Wagen? Einzelheiten über das Sparſyſtem In dieſen Tagen hat die Deutſche Arbeitsfront begon⸗ nen, Aufträge für die Lieferung des Kd ⸗Wagens entge⸗ genzunehmen. Die Dienſtſtellen im ganzen Reich werden mit Fragen von Interest aus allen Schichten der Be⸗ völkerung beſtürmt. Ununterbrochen gehen die Fernſpre⸗ cher. Allein der Gau Berlin hat binnen drei Tagen faſt 3000 feſte Beſtellungen erhalten. Es ſind in der Hauptſache immer die leichen Fragen, die geſtellt werden. Das Preſſeamt der D teilt nunmehr die nachfolgenden Einzelheiten über den Erwerb Kdßß⸗Wagens mit. Wer kann einen Ad-Wagen erwerben? Jeder deutſche Volksgenoſſe. Was koſtet der Ad- Wagen? Es ſind zu unterſcheiden Innenlenker(Limouſine), In⸗ nenlenker mit Faltdach(Cabriolimouſine) und offener Wa⸗ gen. Der Preis für den Innenlenker beträgt 990 Mark, für den Innenlenker mit 18 kommt wegen der höheren . e e ein Aufſchlag in der Höhe von 60 Mark hinzu. Der offene Wagen wird in den erſten Produk⸗ tionsjahren noch nicht gebaut, Beſtellungen können daher bis auf weiteres nicht abgegeben werden. Der erſte Schritt zum Erwerb Die Intereſſenten müſſen ſich ein Antragsformu⸗ lar, das bei jeder DA ⸗ und Kdß⸗Dienſtſtelle ausliegt, be⸗ ſchaffen, es ausfüllen und perſönlich unterſchreiben. Bei Ehefrauen bzw. Minderjährigen iſt außerdem die Unter⸗ fordie des Eheranne bzw. des geſetzlichen Vertreters er⸗ orderlich. Das ausgefüllte Antragsformular wird bei dem zuſtändigen Kdỹ⸗Wart des Betriebs bzw. der Kdßß⸗Orts⸗ dienſtſtelle abgegeben. Nach Prüfung der Angaben des An⸗ tragſtellers erhält dieſer gegen eine Gebühr von einer Mark die erſte Kdß⸗Wagen⸗Sparkarte. In welchen Raten kann geſpart werden? eines Mit der Entgegennahme der Sparkarte und der Be⸗ zahlung der 95 verpflichtet ſich der Sparer, für den Erwerb des Kdß⸗Wagens wöchentlich mindeſtens 5 Mark in Sparmarken zu entrichten. Die Sparmarken ſind in allen DAß⸗ und Kö ⸗Dienſtſtellen zu haben. Kann auch in höheren Raten geſpart werden? Das iſt mög und zwar in Beträgen, die durch fünf teilbar ſind, ſodaß entſprechende Mengen von Sparmarken gekauft werden können. Notwendig iſt es jedoch, daß wö⸗ chentlich geſpart wird, und zwar mindeſtens fünf Mark. Die Sparbeträge ſind nach oben begrenzt, auch eine größere Anzahlung kann geleiſtet werden. Die Erlangung des Geſamtpreiſes durch den Erwerb einer ent⸗ ſprechenden Anzahl von Sparmarken iſt geſtattet. Ein Kauf des Wagens gegen Bezahlung, d. h. ohne Eintritt in das Sparſyſtem, iſt jedoch aus geſchloſſen. Bekriff Sonderausführungen Wählt ein Sparer eine Sonderausführung, z. B. die Cabriolimouſine, ſo kann er den Mehrbetrag von 60 Mark durch Erwerb von beſonderen Sparmarken im Wert von je 4 Mark entrichten. Hierfür ſind auf der 2. bis 4. Karte eigene Felder vorgeſehen. Das gleiche gilt für die Trans⸗ portkoſten, ſofern der Wagen nicht vom Werk ſelbſt abge⸗ holt, ſondern in der zuſtändigen Gauſtadt in Empfang ge⸗ nommen wird. Die Weltumfliegung Hans Bertrams mit planmäßigen Maſchinen beendet. Der bekannte Auſtralien⸗ flieger Hans Bertram, der am 15. Juli in Ber⸗ lin zu einem Rund⸗um⸗ die⸗Welt⸗Flug als Paſ⸗ ſagier auf den beſtehen⸗ den Verkehrsfluglinien geſtartet war, traf Frei⸗ tag nacht 22.95 Uhr wie⸗ der in der Reichshaupt⸗ ſtadt ein. Er 5 1 350 Kilometer in agen 21 Stunden und 35 Mi⸗ nuten zurückgelegt. Weltbild(M). And die Verſicherung? Mit dem Erwerb jeder Sparkarte in Höhe von 5 Mark iſt die eigentliche Kaufpreisrate ſowie auch ein entſprechen⸗ der Anteil der Verſicherungsprämie gedeckt. Der Kd⸗Wa⸗ gen iſt für die Dauer von zwei Jahren ab Verlaſſen des Werkes gegen Haftpflicht und beſchränkt gegen Kasko ver⸗ ſichert, um dadurch den Sparer bei eventuellen Unfällen uſw. zu ſchibeg und um den geſetzlichen Anforderungen zu genügen. Die Zweijahresprämie konnte auf den Geſämtbs! trag von 200 Mark beſchränkt werden. Der Umkauſch der Sparkarken Sobald die 50 vorgeſehenen Felder der erſten Spar⸗ karte mit Wertmarken gefüllt ſind, iſt die Karte der zuſtän⸗ digen Kdߧ⸗Kreisdienſtſtelle zu übergeben oder durch ein⸗ gebenen Brief einzuſenden. Die Ausgabe der An⸗ ſchlußtarten erfolgt dann gebührenfrei. Wann erhält der Sparer den ädg⸗ Wagen? Den einzelnen Gauen werden im voraus beſtimmte Mengen von Kdß⸗Wagen, ſogenannte Kontingente, zuge⸗ wieſen. Nach Ablieferung der dritten vollgeklebten Karte erhält der Sparer eine Beſtellnummer, die die Reihenfolge der Auslieferung innerhalb der Gaukontingente regelt. Keine Benachteiligung der regelmäßigen Mindeſtſparer Aus der Sparkarte iſt das vorausſichtliche Lieferſahr für den Kd⸗Wagen erſichtlich. Durch eine ſinnreiche Kombi⸗ nation zwiſchen der Kontingentierung und der Erteilung der Beſtellnummer wird eine Benachteiligung der regelmäßi⸗ en Mindeſtſparer gegenüber den ſchnelleren Sparern in⸗ ſpfern vermieden, als die Lieferung des Kdßß⸗Wagens in dem eingetragenen Jahr geſichert iſt. Iſt ein Rücktritt möglich? Ein Rücktritt iſtgrundſätzlich ausgeſchloſſen. Nur in beſonders gelagerten Ausnahmefällen, die gewiſſen⸗ haft geprüft werden, kann die Genehmigung zur Rück⸗ erſtattung der eingezahlten Beträge unter Abzug eines Be⸗ trages für Verwaltungskoſten uſw. erteilt werden. Die ſozia⸗ len Verhältniſſe der betreffenden Volksgenoſſen ſpielen bei der Beurteilung eine ausſchlaggebende Rolle. Ort der Auslieferung Als Lieferungsort iſt einmal das Werk ſelbſt und zwel⸗ tens die Gauſtadt des Sparers vorgeſehen. Wählt der Sparer die Gauſtadt, ſo geht der Transport vom Werk dort⸗ hin zu ſeinen Laſten. Wie ſieht der ad- Wagen aus und was leiſtet er? Eine Schrift mit farbigen Abbildungen und techniſchen Angaben, die in den Kdßß⸗Dienſtſtellen zu haben iſt, gibt hierüber Auskunft. Für die erſten Produktionsjahre kommt eine Lackierung in dunklem Blaugrau zur Anwendung, die egen Witterungseinflüſſe und Roſtſchäden äußerſt unemp⸗ findlich iſt. Erſt ſpäter iſt es möglich, auch andere Farben zu berückſichtigen. Jahrtunterrichk, Garagen uſw. Die Deutſche Arbeitsrfont iſt damit e Bat dieſe wich⸗ tigen Fragen zu klären und dabei eine Baſis zu erreichen, die für alle Volksgenoſſen tragbar 5 Die bisherigen Lei⸗ ſtungen der NS⸗Gemeinſchaft„Kraft durch Freude“ bür⸗ en dafür, daß auch auf dieſen 1 Gebieten zufrie⸗ enſtellende Löſungen erzielt werden. Spor in Kürze Vier Vereine der Oſtmark nehmen an den Endkämpfen um den Tſchammer⸗Fußballpokal teil, und zwar die Sieger aus den Begegnungen: Rapid— Auſtro/ Fiat, Grazer SK gegen Auſtria, Admira— Vienna und Wacker— Wiener Sportklub. Ein Fußballturnier mit erſtklaſſiger Beſetzung wird am 20/21. Auguſt in Nürnberg/ Fürth veranſtaltet. Wiener Sportklub, Rapid Wien, 1. FC Nürnberg und SpVgg Fürth ſind die Teilnehmer.— SpVgg Sandhofen trägt am kommenden Sonntag, 14. Auguſt, ein Fußball⸗Freund⸗ . gegen Tura Ludwigshafen aus. ei den anu-Weltmeiſterſchaften in Vaxholm wurde noch einem Proteſt ſtattgegeben, wodurch Kalka(Finnland) Weltmeiſterin im Einer⸗Kajak vor Bergqviſt(Schweden) und Lehmenkühler(Deutſchland) wurde. In der Geſamt⸗ wertung belegte Schweden mit 61 Punkten den erſten Platz vor Deutſchland mit 36 Punkten. Arthur Heing(Gladbeck) legte bei der Hallenbad⸗Ein⸗ weihung in Stargard die 200 m Bruſt auf der 25⸗m⸗Bahn in der guten Zeit von 2:42,7 Minuten zurück. Einen neuen Weltrekord licherte Tonny Peterſen den däniſchen Schwimmerinnen. Sie verbeſſerte den 7 Jahre alten Rekord der Amerikanerin Helen Madiſon über 1000 Hards von 13:23,6 auf 13:15,9 Minuten. Schweizer Schwimmer weilten am Wochenende in Fried⸗ richshafen. Zwei e ee vom SV Ro⸗ manshorn traten gegen Friedrichshafen an, die eine ver⸗ lor 2:3, die andere gewann 210. Den Klubkampf gegen den Se Frauenfeld gewann SW Friedrichshafen überlegen. As Sturmvogel Berlin, der deutſche Meiſter im Ver⸗ eins⸗Mannſchaftsfahren, belegte in Zürich in einem 100⸗km⸗ Rennen hinter VC Induſtrie⸗Quarkier Zürich den zweiten Platz. CS Como(Italien) wurde Dritter. 18 Mannſchaften waren am Start. Hans Maier(Innsbruck) gewann auf einer 34 km lan⸗ en Strecke von Landeck nach St. Chriſtoph auf der Paß⸗ höhe des 1 die erſte Bergmeiſterſchaft der Radfah⸗ rer des Gaues Oſtmark. Zweiter wurde 5(Wien) vor Palmerayer(Innsbruck) und Schmaderer(Wien). Erſte„Waſſerballſchlacht“ Deukſchland— Belgien 511. Gab es am erſten Tage der Waſſerballſpiele in London noch klare Favoritenſiege und verhältnismäßig ruhige Spiele, ſo war aber am Montag mit dem Zuſammentreffen der Nationalmannſchaften von Deutſchland und Belgien die erſte„Schlacht“ fällig. Leiter des Spieles war der Ungar Simko, der viel zu nachſichtig war. Die Belgier hatten einige ihrer„alten Füchſe“ wieder herangezogen, von denen ſich beſonders de Combe ſehr viel herausnahm. Das Ergeb⸗ nis ſtellte ſich auf 5:1(2:0) für Deutſchland. Internationales Fliegertreffen in Budapeſt. Budapeſt, 8. Aug. 89 Sportflugzeuge von zehn Nationen ſind aus Anlaß des internationalen St. Stephan ⸗Flieger⸗ treffens in Budapeſt eingetroffen. Deutſchland ſtellt die oe Mannſchaft mit 31 Maſchinen. Italien iſt mit 22 pparaten vertreten. Zur Begrüßung der ausländischen Flieger hatten ſich u. a. eingefunden Juſtizminiſter Mikecz, der älteſte Sohn des Reichsverweſers, Stephan von Horthy, und der Präſident des Ungariſchen Aero⸗Klubs, von Tornay. Der bekannte Schriftſteller A. R. Lindt, der ſchon mehrere erfolgreiche Reiſebücher ſchrieb, hat eine Expe⸗ dition nach Liberia unternommen. Er hatte es ſich zur Aufgabe geſtellt, der Frage der Sklaverei nachzufor⸗ ſchen. Gibt es noch Sklaven in Afrika? Wie ſteht es mit den geheimnisvollen, blutdürſtigen„Leoparden⸗ Dunkle Arwaldtrommeln dröhnen fern Hinter mir ſchwinden die Lichter des Woermann⸗ Dampfer, der weiter ſüdwärts fährt. Vor mir ſchwarze Nacht. Kaum ſind die ſehnigen Arme der Kru⸗Bohs ſicht⸗ bar, die das Brandungsboot ans Ufer rudern. Dort, auf dem Cap Meſurado, das ſich auf der flachen Küſtenlinie aufbauſcht, muß Monrovia liegen. Aber niegends leuchtet eine Straßenlampe. Die liberianiſche Hauptſtadt liegt in völliger Dunkelheit wie bei Fliegeralarm. Ich begebe mich auf die Suche nach der Stadt. Aber ſo lange ich auch wandere, immer ſpüre ich unter meinen Sohlen weiches Gras. Von Zeit zu Zeit ſtolpere ich über mächtige Felsblöcke. Als endlich rot und ungeheuerlich der Mond aufſteigt, treten links und rechts Häuſer aus der Dunkelheit. An einer Wand leuchtet eine Inſchrift auf: „Front Street.“ Was ich für eine ſteinige Wieſe gehalten habe, muß eine liberianiſche Straße ſein. Broad Steeet und Aſhmun Street, die beiden Hauptſtraßen der Stadt, ſind nicht ganz ſo grün. Am Ende der Broad Street ſteht ſogar ein Podium für einen Verkehrspoliziſten. Er hat ſich nicht mit Pferdewagen, auch nicht mit Ochſenkarren zu befaſſen. In dem ungeſunden Klima Monrovias gedeihen weder Roſſe noch Rinder. Nur Automobile können die Hitze ertragen, und ſie ſind es, die in den Raſen einen Fahrweg gegraben haben, den die üppigſte tropiſche Vegetation ſtändig zu überwuchern droht. Europäiſche Stadtväter müſſen ſich dauernd die Köpfe zerbrechen, wie ſie ihren Bürgern eine winzige Grünfläche ſichern können. Der Bürgermeiſter Monrovias hat Sorgen, wie er die Straßen von den Wieſen unterſcheiden ſoll. Es iſt wirklich nicht einfach, gegen die tropiſche Natur ankämpfen zu müſſen. Ruinen, die keine ſind Zwiſchen großen, neueren Wellblechhäuſern, die hoch⸗ beinig auf Backſteinpfeilern ſtehen, liegt zerfallenes Mauer⸗ werk, vom Gebüſch umwuchert. Mittelalterliche Ruinen in einer Stadt, die nicht viel mehr als hundert Jahre alt iſt?„Guten Abend“, ſagt plötzlich eine Stimme auf Eng⸗ liſch neben mir. Ich deute auf die morſchen Mauern. „Ruinen?“ frage ich. Das Negergeſicht, deſſen Schwärze der Mond vergeb⸗ lich zu erhellen ſucht, blickt mich verſtändnislos an. „Ich engliſch ſpreche klein, klein“, ſagt er ſehüchtern. „Nun“, ſetze ich wieder an,„ich meine, ob dies ein ſehr altes Haus iſt.“: „Das nicht ein altes Haus“, ſagt der Neger,„das junges Haus, zu junges Haus.“ Dieſe„zu jungen Häuſer“ ſind in Monrovia häufig; ſie bilden die Eigenheit der Stadt, ihre Spezialität. Sie beſtehen meiſt aus einigen Pfeilern, hier und da aus einer monumentalen Steintreppe, die ſtatt in einen Palaſt ins Leere führt. Sie ſind Bauten, deren Dauerzuſtand die Unfertigkeit iſt. Die Liberianer wiſſen kaum etwas von Kapitalanlagen. Haben ſie erſpartes Geld, tragen ſie es nicht auf die Bank, ſie kaufen ſich nicht Aktien oder Obli⸗ gationen. Sie bauen ſich ein Haus. Aber zu einem großen Haus langt es nicht gleich. So bauen ſie erſt einmal das Fundament und einige Streben. Paläſte auf Raten Da ſie optimiſtiſch von Natur aus find, bauen ſie dieſe in gewaltigen Ausmaßen. Dann iſt das kleine Kapital aufgebraucht. Der Bauherr wartet. Da die Liberianer wenig Begabung zum Sparen beſitzen, vergehen einige Jahre, bis wieder ein bißchen Geld vorhanden iſt. Auch dieſes wird verbaut. Das Haus beſteht nun ſogar aus einem Stockwerk, zu dem nach weiteren Jahren ein zwei⸗ tes und, wenn der Bauherr ein Glückspilz iſt, auch ein Dach dazukommt. Ein Haus in Monrovia wird gebaut wie eine gotiſche Kirche: Jahrzehnte vergehen, bis es voll⸗ endet iſt. Aber nicht alle Häuſer bringen es zur Voll⸗ endung. Es fehlt den Bürgern Liberigs nicht an Unter⸗ nehmungsluſt, ſondern an der Zähigkeit, einen gefaßten Plan durchzuführen. Viele Bauherren bleiben bei der erſten Rate— den Backſteinpfeilern— ſtecken. Das Haus bleibt unfertig, eine Ruine ohne Vergangenheit. Statt des herrſchaftlichen Baues, den der Eigentümer plant, er⸗ richtet er ſich ſchließlich hinter den mächtigen Pfeilern, hinter der monumentalen Treppe einen armſeligen Well⸗ blechverſchlag. Die verfallenen Fundamente, welche die Termiten längſt unterhöhlt haben, ſind der Traum. Der Wellblechverſchlag iſt die bittere Wirklichkeit. Ein Saxophon quäkt Dieſe Enttäuſchung drückt den Liberianer nicht nieder. Er käme jedoch auch nicht auf den Gedanken, zur Ver⸗ wirklichung ſeines Ehrgeizes mehr zu arbeiten. Verträumt ſitzt er auf ſeiner einſamen Steintreppe und lauſcht den mächtigen Geräuſchen Monrovias. Dieſe ſind nicht Auto⸗ ges Wagengeraſſel. Sie ſind Grillengezirp und melo⸗ iſches Quaken der Baumfröſche, Laute, die einer fried⸗ lichen Gartenſtadt wohl anſtehen. Plötzlich, wie auf eine gemeinſame Verabredung hin, verſtummen die Fröſche. Ueber die Straßenwieſen ſchwingen die Klänge eines Saxophons. Die Liberianer tanzen. Ich erwarte ein wüſtes Treiben, Branntweingeruch. ausgelaſſene Tänze, wie ſie in Haarlem, dem Negerviertel Rew Morks, üblich ſind. Ich trete in einen großen Saat, von Lampen ſchwach erleuchtet. Die Neger ſind zum größ⸗ ten Teil im Smoking, tadellos und korrekt. Die Frauen, etwas 1 gekleidet, haben ſich den ſchwarzen Nacken gepudert und die dunklen Wangen leicht mit Rot gefärbt. eber. 9058 2 Sfgſlenſſehen MyEirepubli, LiEHE. non ur menſchen“? Was hat es mit dem berüchtigten„Teufels⸗ kult“ auf ſich? Das waren die Fragen, die zu klären ſich A. R. Lindt vornahm. Er ſtieß ins Innere des Landes vor. Hier ſchildert er den Beginn der Expe⸗ dition, die Ankunft in Monrovia, der Hauptſtadt der Negerrepublik Liberia. Nur die Europäer haben Whisky beſtellt. Die Liberianer ſitzen vor leeren Tiſchen, vielleicht weniger aus Tugend, als um ihren Geldbeutel zu ſchonen. Ihr einziges Ver⸗ gnügen iſt der Tanz. Sie tanzen ſo, wie ſie gekleidet ſind, etwas würdevoll und ſteif. Der beliebteſte Tanz in Mon⸗ rovia iſt nicht der Charleſton. Auch nicht eine der amerika⸗ niſchen Erfindungen, die wir Negertänze nennen. Neger im Frack tanzen Quadrille Liberianiſcher Nationaltanz iſt die Quadrille. An ihr nimmt auf den Feſten, die es hier gibt, alles teil: Mini⸗ ſter, Richter, Anwälte, kleine Sekretäre, die noch als wackere Jungen im Eingeborenendorf aufgewachſen und erſt ſeit kurzem zu den Veranſtaltungen der liberianiſchen Geſell⸗ ſchaft zugelaſſen ſind. Ohne ein Wort zu ſprechen, ohne ein Lächeln, mit todernſten Geſichtern beobachten ſie die Figuren, die ſie tanzen, ſchreiten die Kreiſe ab, verneigen ſich vor ihren Damen. Es iſt die Quadrille, welche die Plantagenbeſitzer der amerikaniſchen Südſtaaten tanzten vor mehr als hundert Jahren, als die Vorfahren der Liberianer noch Sklaven waren und ehrfurchtsvoll, in gebotenem Abſtand, den Ver⸗ gnügungen ihrer Herren zuſchauten. Als nun die Sklaven ſelbſt Oberſchicht eines Negerſtaates wurden, ahmten ſie getreulich das Leben und Gebaren der amerikaniſchen Pflanzer nach. 5 Wie unter dieſen bildete ſich auch unter den Liberia⸗ nern eine Art Ariſtokratie, die unter ſich vielfach verſchwä⸗ gert iſt. Die Liberianer ſind wenig geſprächig. Aber über ein Thema können ſie ſich ausgiebig unterhalten— ihre Herkunft von den freigelaſſenen Sklaven aus Amerika, e ten durch eine ſtockdunkle Stadt heimkehren, wenn nicht der Vollmond ſo klar ſcheinen würde. Angeſehene Bürger laſ— ſen ſich aus Preſtigegründen durch einen Boh eine Laterne vorantragen. Dann, um Mitternacht, tönt durch das Grillengezirp ein neuer Laut: der rhythmiſche, aufreizende Klang der afrikaniſchen Trommel. Unten am Meer, im Eingebore— nendorf, unter dem rieſigen Baumwollbaum wird auch getanzt. Es tanzen Frauen mit ſchlafenden Kindern auf dem Rücken, kleine, ſplitternackte Buben neben ſchwachen Greiſen, die tags kaum mehr gehen können vor Gebrechen und Alter, jetzt aber von der Taktgewalt der Trommel erfaßt ſind. Merkwürdig. Während in vielen Ländern Europas die Weißen dieſen Eingeborenentanz nachäffen, tanzen Einwohner dieſer Negerrepublik die Quadrille! Prozeßhanſel wie nirgends Mit einem liberianiſchen Bekannten wandere ich nun durch die Stadt. Ich erkundige mich nach dem Beruf der Leute, die überall müßig ſpazierengehen.„Was iſt der da, im Bratenrock?“ „Anwalt!“ „Und der mit dem Sonnenſchirm?“ „Anwalt!“ „Aber der andere da mit dem Regenſchirm?“ „Anwalt! Aber es iſt nicht nötig, daß Sie mich wei— ter über die Beſchäftigung meiner Mitbürger ausfragen Die meiſten beſſeren Leute ſind hier Anwälte.“ In Monrovia, einer Stadt von 4000 Einwohnern, leben vierzig Anwälte: Ein Anwalt auf hundert Menſchen, Unmündige und Säuglinge eingerechnet. An und für ſich iſt jede Negerbevölkerung ein vorzüg⸗ liches Arbeitsfeld für Advokaten. Schwarze lieben Unter haltung und Aufregung. Aber Monrovia beſitzt weder Kino noch Theater. Es gibt zwar eine Vereinigung mit dem anziehenden Namen„Monotony Breaker's Club“— Eine Abteilung liberia⸗ niſcher Soldaten. Die Gewehre, mit denen die Armee Liberias ausgerüſtet iſt, ſind lehrreich für das Studium der Entwicklung der Feuerwaffen. Neben dem langen Vorderlader iſt auch der Stutzen vertreten. In Liberia beſteht die Wehr⸗ pflicht, aber ſie erſtreckt ſich nur auf die ziviliſierten Neger. Ziviliſiert iſt, wer europäiſche Kleidung trägt und etwas Engliſch ſpricht. Auch der Dienſt läßt ſich er⸗ tragen. Die Soldaten Libe⸗ rias müſſen alle paar Mo⸗ nate einmal antreten und dann nur für die Dauer eines Tages. Aufnahme: A. R. Lindt— M. die vor achtzig Jahren Liberia gründeten. Wer die Her⸗ kunft lückenlos nachweiſen kann, gehört zu den einfluß⸗ reichſten Familien des Landes. Ein ſolcher Liberianer iſt ſehr ſtandesbewußt. Sie haben ihre Art von Stolz, den ihnen niemand ſtreitig machen darf. Auch in der Kleidung hielten ſie ſich an das Vorbild ihrer früheren Herren. Es wäre anzunehmen, daß Neger, die nach Afrika zurückkehren, in Verſuchung geraten, wie⸗ der die ſparſame, aber zweckmäßige Tacht der Eingebore⸗ nen anzunehmen. Die Liberianer aber erinnerten ſich der Fräcke, der Stehkragen, der Zylinder der amerikaniſchen Pflanzer. Sie belegten mit ſchwerer Strafe einen jeden Eingeborenen, der ſich wenig bekleidet in ihre Städte wagte. Sie ſelbſt trugen trotz tropiſcher Hitze ſchwitzend, aber mit Anſtand, Frack, Stehkragen und Zylinder. Voller Verachtung blicken ſie auf die Europäer herab, die ohne Rock, nur in Hemd und Hoſe herumlaufen. Wäh⸗ rend in Europa und Amerika Bratenröcke, geſtreifte Hoſen und Seidenhüte nach und nach aus der Mode kamen, wuß⸗ ten ſich dieſe Ausſtattungsſtücke des neunzehnten Jahr⸗ hunderts am beharrlichſten in der Negerrepublik Liberia zu behaupten. Erſt heute wagen einige mutige Liberianer, einen weißen Tropenanzug zu tragen. Nach wie vor aber bleibt ein offener Kragen ſtreng verpönt. Kein Liberia⸗ ner getraut ſich, ohne Schlips auf die Straße zu gehen. Die Laternenträger Auch jetzt, an dieſem Tanzabend, den ich miterlebte, ſind die Liberianer die Märtyrer würdiger Kleidung. Die Stehkragen werden weich, die Smokingrücken, grünlich ſchimmernd vor Feuchtigkeit, dampfen. Als jedoch die Hitze im Saal unerträglich zu werden beginnt, bricht ein Ge⸗ witter los. Der Regen trommelt auf das Blechdach. Da dieſes nicht ganz waſſerdicht iſt, fallen einige Sturzbächlein auf den Fußboden und bilden für die Tänzer eine will⸗ kommene Erfriſchung. Dem Kalender nach ſollte eigent⸗ lich ſchon die Regenzeit begonnen haben. Aber nichts iſt in Liberia ſo richtig programmgemäß. Auch die Telephonleitung nicht. Von Haus zu Haus ſind Drähte geſpannt, aber das Telephon arbeitet ſelten. Da iſt ferner die Straßenbeleuchtung. Monrovia beſitzt Stra⸗ zenlampen und ein Elektrizitätswerk, das aber jetzt gerade vorübergehend außer Betrieb geſetzt iſt. Die Tänzer müß⸗ „Klub der Langeweile-Töter“. Doch zu meinem Bedauern fand ich den Klubraum immer geſchloſſen. Die eigentlichen Langeweile-Töter ſind in Monrovia die Anwälte, die be⸗ liebteſte und anerkannteſte Vergnügungsſtätte iſt der Ge⸗ richtsſaal. Sobald der Gerichtsdiener mit ſchallender Stimme den Beginn der Verhandlungen ankündigt, ſtrömen die Schauluſtigen in den Saal. Der Richter trägt dunkle Straßenkleidung, die Anwälte haben ſich den ſchwarzen Talar über die Schultern geworfen. Jede Verhandlung dauert ſtundenlang, da der Ge⸗ richtsſchreiber der Stenographie unkundig iſt und das Protokoll direkt in die Schreibmaſchine ſchreibt. Die Schreibmaſchine meiſtert er wie ein muſikunbegabtes Kind ein Klavier. Auf ſein Verlangen muß ziemlich jeder Satz ein⸗ bis zweimal wiederholt werden. Aber den Zuſchauern kann kein Prozeß zu lange dauern. Sie alle verzehrt nur ein Wunſch: ſelbſt Schau⸗ ſpieler in dieſem Stück, ſelbſt Prozeßpartei zu ſein! Hat ein Neger ſich in mehreren Monaten harter Ar⸗ beit einige Schillinge zuſammengeſpart, beginnt er ſicher einen Prozeß. Der nichtigſte Vorwand genügt ihm. Je⸗ mand ſtößt beiſpielsweiſe einen anderen auf der Straße an; dieſer fühlt ſich beſchimpft und läuft zum Anwalt. Um die Spannung noch zu ſteigern, ſchließt er mit der Gegenpartei eine Wette ab, wonach die unterliegende der ſiegreichen Partei den doppelten Streitbetrag bezahlen muß. Die Anwälte, die meiſt nur eine mehrjährige Lehr⸗ zeit hinter ſich haben, ſind findig, in ihrer Art große Künſtler des Prozeßrechts und fähig, auch die geringſte Streitſache monatelang zu vertagen und in eine höhere Inſtanz weiterzuziehen. Während der Dauer des Prozeſſes lebt der Kläger ſeltſamerweiſe in einem ſeligen Rauſchzuſtand. Dieſer endet ſelten mit der letzten Inſtanz. Er endet in den mei⸗ ſten Fällen vorzeitig. Weil nämlich den Parteien das Geld ausgegangen iſt, die Vorſchüſſe ihrer Anwälte zu bezahlen. Aber auch wenn der Kläger ſehen muß, daß er den Prozeß, Wette und Vorſchüſſe verloren hat, iſt er nicht niedergedrückt. Zeit ſeines Lebens kann er hier prahlen, vor Gericht aufgetreten zu ſein. Aus einem Niemand iſt er ein Jemand geworden, zu dem ſeine Freunde mit Achtung aufblicken. (Fortſetzung folgt.) Die VMz' beſtes Abwehrmittel für Jedermann! 2