Nr. 190 Neckar ⸗Bote(2. Blatt) Dienstag, 16. Auguſt 1938 Der Retter Angarns Zum Deutſchlandbeſuch des Admiral Horthy. Nsg Mit dem ungariſchen e e der in wenigen Tagen von dem ganzen deutſchen Volk als Reprä⸗ ſentant einer befreundeten Macht, die im großen Kriege in waffenbrüderlicher Gemeinſchaft mit uns verbunden war, begrüßt werden wird, ragt eine der großen Geſtalten einer großen geſchichtlichen Zeit Mitteleuropas in unſere Gegen⸗ wart hinein. Nikolaus Horthy von Nagybanya iſt einer der Männer des verſtümmelten und in Trianon vergewaltig⸗ ten Ungarns, die ihre gegenwärtige Führung aus den An⸗ ſprüchen herleiten können, die ihr Mut, ihre Tapferkeit und Kühnheit, ihr Heldentum und ihre Fähigkeit vor den gro⸗ ßen Aufgaben der Geſchichte ihnen gibt. Ueberſchaut man dieſe letzten zwanzig Jahre einer Neu⸗ ordnung der mitteleuropäiſchen Verhältniſſe, ſo wird man wenige Männer finden, die wie der ungariſche Reichsver⸗ weſer mit den ſteigenden Aufgaben eine ſteigende Achtung von allen Volksſchichten erfahren haben. Während anders— wo übelſte demokratiſche Demagogie angewandt werden mußte, um die perſönliche Exiſtenz von Miniſtern und Par⸗ teicliquen zu ſichern, ſtand Horthy jederzeit als der wirk⸗ lich durch ſeine geſchichtliche Leiſtung anerkannte Führer por ſeinem Volk, das dennoch nicht ſelten in unüberwind⸗ lich erſcheinende Parteiklüfte zerriſſen war. Wo ſelbſt fähige ungariſche Miniſterpräſidenten die Anwürfe einer nicht im⸗ mer ſehr gerechten Oppoſition erdulden mußten, dort war es zugleich ungeſchriebenes Geſetz, daß die Geſtalt Nikolaus Horthy von Nagybanya über den alltäglichen Erſcheinun⸗ gen des Zeitgeſchehens ſtehen mußte. Er gilt als der Kün⸗ der unwiderruflicher und aus der Geſchichte hergeleiteter Anſprüche des ungariſchen Volkes vor der Zukunft. Ein Mann, der eine ſolche Stellung in einem ſolchen Volde erringen konnte, hat ein Leben hinter ſich, das die kleinen Kritiker ſchweigen machen muß. Auch wenn der Leiter der ungariſchen Staatsgeſchicke nicht der Reichsver⸗ weſer dieſes Volkes geworden wäre, dann würde ſein Name aus der großen Geſchichte der vergangenen Jahrzehnte nicht wegzudenken ſein. 5 Horthy wurde am 18. Juni 1868 in Kenderes geboren. Er entſtammt altem proteſtantiſchem Adel und trat nach Abſolvierung des Gymnaſiums in Oedenburg in die Ma⸗ rine-Akademie in Fiume ein. Ganz außergewöhnliche Fä⸗ higkeiten ſicherten ſhm einen ſchnellen Aufſtieg in der ehe⸗ maligen k. u. k. Marine. Hohe Kommandos wurden ihm in ſchneller Folge anvertraut, und bereits in den Jahren von 1909 bis 1914 ſehen wir ihn als Flügeladjutanten Franz Joſephs J. wieder. Seine außergewöhnlichen Leiſtungen im Weltkriegs werden allen Völkern, die ehemals die Mittelmächte um⸗ ſchloſſen, immer unvergeßlich ſein. Die Großtaten, die Hor⸗ thy als Befehlshaber des Rapidkreuzers„Novara“ vom Dezember 1914 bis Ende Mai 1917 vollbrachte, haben jah⸗ relang die Spalten der e Preſſe gefüllt. Bei dem unvermeidlich ſchnellen Ausbruch der Feindſeligkeiten mit Italien erwarb ſich Horthy durch die Verſenkung einer feindlichen Transportflotte in S. Giovanni di Medua, wo⸗ durch die für Montenegro und die ſerbiſche Armee beſtimmte Ladung vernichtet wurde, die erſten Lorbeeren als ganz großer Stratege. Die Kapitulation von Montenegro und die Niederwerfung Serbiens war nicht zuletzt durch die Tat des Befehlshabers der„Novara“ herbeigeführt wor⸗ den. Der Maria⸗Thereſia⸗Orden war die 15 außen hin ſichtbare Auszeichnung. Die zweite Großtat gelang der „Novara“ am 10. Juli 1916, als ſie die Sperrlinie der alli⸗ ſerten Geſchwader in der Straße von Otranto durchbrach und dabei fünf engliſche Ueberwachungsdampfer vernich⸗ tete. Schon im Mai 1917 zeichnete ſich Horthy aufs neue wieder aus, als die„Novara“ als Führerſchiff einer kleinen Flottenabteilung einer gewaltigen feindlichen Uebermacht die erfolgreiche Schlacht von Okranto lieferte. Mit 50 Jah⸗ ren, alſo zu Beginn des Jahres 1918, übernahm der jetzige Reichsverweſer als Vizeadmiral das Kommando über die geſamte öſterreich⸗ungariſche Kriegsflotte. Mit dem Zuſam⸗ menbruch der Monarchie wurde 5 0 15 der bittere Auf⸗ trag erteilt, die k. u. k. Flotte auszuliefern. l e od cal. Neuntes Kapitel. „Ich verſtehe das nicht, Tante Agnes, wie du eine ſolche Schönheit ins Haus nehmen kannſt. Du mußt doch bedenken, daß meine Töchter darunter leiden.“ Frau Gräfin Uchterberg ſagte es außer ſich, und ſie blickte die alte, weißhaarige Dame beſchwörend an. Fürſtin Kleven lachte gemütlich. „Die Mädels ſind liebe, natürliche Dinger, die leiden nicht darunter. Nicht die Spur. Nur du ſelber bildeſt dir Gefahren ein, die gar nicht da ſind. Ich behalte meine junge Geſellſchafterin. Ich denke nicht daran, ſie zu ent⸗ laſſen.“ i Gräfin Melanie Uchterberg wußte, daß ſie nun nichts weiter ausrichten würde. So ſchwieg ſie, aber ihre Ge⸗ danken kreiſten unabläſſig um das ſchöne, feingliedrige Mädchen, das ſie hier im Hauſe der Tante ſo plötzlich vor⸗ gefunden, nachdem Tante Agnes' alte, gute Schlotter an einem jahrelangen Herzleiden verſtorben war. Daß Tante Agnes das hatte tun können! Es würden ſich noch mehr Menſchen daran ſtoßen. Beſtimmt würden ſie das. Kuſine Margret doch auch. Die wollte doch die Hilde⸗Marie gern unter die Haube bringen. Und die Ehen in der Familie, die wurden doch immer hier im Hauſe der Tante Agnes Kleven geſtiftet. Wenn aber Tante die ſchöne Geſellſchafterin danebenſtellte, da würden die Herren ſich doch zunächſt einmal nur nach dieſer die Köpfe verdrehen. Soviel ſtand feſt. Und es war jetzt beinah ein Glück, daß ihre, der Gräfin Uchterbergs, Töchter luſtige, braunhaarige Mädels waren, während das fade Blond don Kuſine Margrets Tochter Hilde⸗Marie doch recht un⸗ angenehm abſtechen würde. N Nun, man würde ſchon noch etwas erleben durch dieſe ſonderbare Ides von Tante Aanes. 28 Wie alle großen Männer des Völkerringens, ſo ſehen wir Horthy ſich nicht auf ſeinen militäriſchen Lorbeeren ausruhen. Während der Bolſchewismus die Blutgeſßel über Ungarn ſchwang, in der Hoffnung, von dieſem Teil des Donautals aus die Bolſchewiſierung in Europa durchzuſet⸗ zen, erweiſt der aus altem ungariſchem Adel ſtammende Admiral, wie ſehr er zur Führung des Volkes berufen iſt. Aus der großen Armee geht er den Weg zur Szegedinet Gegenregierung und ſtellt ſofort eine neue ungariſche Na⸗ tonalarmee auf die Beine, ſo das entrechtete und nieder⸗ eknechtete ungariſche Volk zu neuem und heldiſchem Wider⸗ tand gegen den internationalen Feind aufrufend. Es wird niemals nur eine Aufgabe der ungariſchen Geſchichtsſchrei⸗ bung ſein können, aufzuzeigen, daß die muſtergültige unga⸗ riſche Armee 1919 unter dem Oberbefehl Horthys eine Ent⸗ wicklung in Meitteleuropa verhinderte, die ſpäter mit ande⸗ ren Waffen in ebenſo diſziplinierter Form der Führer des nationalſozialiſtiſchen Deutſchlands gegenüber dem bolſche⸗ wiſtiſchen Brandſtifter bekämpft hat. Als Horthy am 1. März 1920 zum Reichsverweſer von Ungarn gewählt wurde, war dieſe Wahl wie ein einziger beglückender Aufſchrei eines befreiten Volkes, dem es gelungen war, die kommu⸗ niſtiſchen Knüppelherden aus dem Donautal zu vertreiben. Gewiſſe vorübergehende Schwierigkeiten im Zuſammen⸗ hang mit einer beabſichtigten Rückkehr Karls von Habsburg⸗ Lothringen in ſeiner Eigenſchaft als ungariſcher König wur⸗ den von dem ungariſchen Reichsverweſer in meiſterhafter Weiſe und und zur allgemeinen Junviedenheit aller Volks⸗ ſchichten beſeitigt. Die Königsfrage des Königreiches Un⸗ garn hat ſeitdem immer eine gewiſſe innenpolitiſche Rolle in dieſem Lande geſpielt. aber es iſt heute der Beweis da⸗ für vorhanden, daß dieſe Frage zu Lebzeiten Horthys nicht aktuell iſt. Wie ſehr dies zutrifft, haben die großen Ehrun⸗ gen des In⸗ und Auslandes anläßlich des zehnjährigen Ju⸗ biläums des Reichsverweſers bewieſen. Es ſei nur er⸗ wähnt, daß das ungariſche Abgeordnetenhaus ſeinerzeit ein Geſetz verabſchiedete, das den Namen Horthy mit einer Reihe von unvergänglichen Erſcheinungen des öffentlichen ungariſchen Lebens verband. Gemeſſen an den blindwütigen Angriffen eines feind⸗ lichen Auslandes, das immer und jederzeit vor den reviſio⸗ niſtiſchen Anſprüchen des ungariſchen Volkes Anoſt haben wird, hat der Reichsverweſer Horthy ſeinem Lande eine folgerichtige und zielklare Politik geſchenkt, die ſich mehr und mehr als richtig und einzig möglich erweiſt. Als Miniſterpräſident Gömbös dieſer Politik mutig auch nach außen hin das Wort gab, war es klar, daß ſich Volk und Parlament erneut zu einer Führung bekannten, die ſich als die richtige und konſequent ungariſche bewieſen hatte. Parlament und Regierung erweiterten die Befug⸗ niſſe des Reichsverweſers und gaben ihm damit eine Stel⸗ lung, die weit über diejenige des Staatspräſidenten in an⸗ deren Ländern hinausgeht. Eine gewiſſe internationale Preſſe hat es dem ſelbſt⸗ loſen und idealiſtiſchen Reichsverweſer Ungarns und den Männern ſeiner Regierung nicht verzeihen können, daß er und dieſe Männer ſich jederzeit als die Waffenbrüder des deutſchen Volkes gefühlt haben. Dieſe Preſſe und die Kräfte, die hinter ihr ſtehen, haben es bis heute noch nicht verſte⸗ hen können, welche tiefe Zuſtimmung die Achſe Berlin— Rom als ein Prinzip mitteleuropäiſcher Erneuerung in Un⸗ garn e hat. Sie haben wohl mit der Käuflichkeit von parlamenkariſchen Staatsführern, nicht aber mit einer Hal⸗ kung gerechnet, die durch das Blut, das die Madjaren für die Deutſchen und die Deutſchen für die Madjaren vergoſ⸗ 0 haben, beſtimmt iſt. Gewiſſe Mächte und Kräfte hätten ich viel Mühe und Aufſehen, viel Geld und viel Agitation erſvaren können, wenn ſie mit dieſer Wirklichkeit gerechner hätten, der Nikolaus Horthy von Nagybanya nun zwanzig Jahre lang mit Hoffnung und Erfolg gefolat iſt. Das chaotiſche Syſtem willkürlicher Bündnisherrſchaft iſt jederzeit an dem Schilde abgeprallt, das der ungariſche Reichsverweſer als der e einer großen Nation und eines großen Bewußtſeins dagegen aufgerichtet hat. Und in der Geſtalt Horthys iſt wieder einmal klar gewor⸗ den, daß der Volksführer den richtigen Weg geht, der die ordnenden Kräfte der Geſchichte in jeder Gegenwart nie⸗ mals vergißt. Dr. Herbert Curtius. zu betrachten. Unglaublich war das geradezu. Sie, die Gräfin Uchterberg, war jetzt nur neugierig, wie Kuſine Magret dieſe ganze Geſchichte aufnehmen würde. Gräfin Uchterberg wurde das Magendrücken nicht los, das ſie bei dem Gedanken befiel, Tante Agnes könne mit dieſem ſchönen Mädchen noch etwas anderes beabſichtigen. So etwas wie eine Adoption! Das wäre ja geradezu fürchterlich. Wo man mit Tante Agnes' vielem Geld doch ſchon immer ein bißchen gerechnet hatte, wenn man ſelbſt⸗ verſtändlich der lieben, alten Dame durchaus nicht den Tod wünſchte. Aber Tante hatte wirklich manchmal An⸗ ſichten, die man unmöglich dann noch gutheißen konnte. Innerlich! Aeußerlich mußte man es ja tun— leider. Gräfin Uchterberg wußte, daß die Tante die ganze Ver⸗ wandtſchaft nach Schloß Kleven gebeten hatte, weil ſie wieder einmal Ehen ſtiften wollte. Nun, das war ſehr gütig von ihr, nachdem man die Mädels auf ſoundſo viele Bälle und zu Konzerten und ſonſtigen Geſellſchaften ge⸗ führt hatte, ohne etwas zu erreichen. Nicht, daß man die Töchter um jeden Preis los ſein wollte, aber es war doch nun einmal eine gewiſſe Ehre, wenn man die Töchter an den Mann gebracht hatte. Nun denn, man mußte eben abwarten. Tante Kleven hatte eigentlich ſtets erreicht, was ſie ſich ausgedacht, und es würde wohl auch diesmal ſo ſein. Auf der Bildfläche hier würden ganz genau zur feſtgeſetzten Stunde die⸗ jenigen Herren erſcheinen, die Tante für die Töchter ihrer Nichten beſtimmt hatte. Alſo konnten die dazugehörigen Mütter in Ruhe abwarten. Fürſtin Kleven muſterte mit liebevollem Blick ihre Handarbeit, ein rieſiges, weißes Umſchlagtuch, dem ſie eben noch ein paar ſehr korrekt gehäkelte Roſetten auf⸗ ſetzte. Es klopfte. Jean erſchien und meldete, daß ſoeben die Frau Baronin Helbing mit der Baroneſſe Tochter vor⸗ gefahren ſei. Befriedigt legte die Fürſtin ihre Handarbeit beiſeite. Sie erhob ſich, Jean war ſofort neben ihr, reichte ihr den mit dicker ſilberner Kugel verſehenen Stock, und auf dieſen Dabei dieſes Mädchen ſo als zur Familie zugehörig ** Humor im niederdeutſchen Volksleben Wat is de lüttſte Fiſch... 2 Humor iſt etwas ganz anderes als Witz, Ulk und Satire. Humor will nie verhöhnen, nie verletzen. Dazu iſt er viel zu menſchenfreundlich und gutmütig. Im Kreiſe Fallingboſtel liegt der Hof Charlottental. Früher hieß er Dodenhof nach einem Beſitzer mit Namen Dodt. Als der eines Morgens in ſeinen Garten kam, ſah er im Kohlfeld einen Stock, an dem ein weißer Zettel befeſtigt war. Darauf ſtanden die Worte:„Für den Dodt kein Kohl gewachſen iſt.“ Tatſächlich war der ſchöne Kohl zum größten Teil in dieſer Nacht verſchwunden. Der Beſitzer hatte Humor genug, ſich über den Verluſt zu tröſten und ſogar keine Nachforſchungen anzuſtellen. Der Handelsmann S. war ein ganz geriebener Geſelle, faßte aber ſeine Betrügereien ſtets humorvoll auf, ſo daß öfters ſogar die Betrogenen darüber lachen mußten. Der Gaſtwirt N. in R. rühmte ſich einmal, noch nie von S. betrogen zu ſein. Aber er ſollte eines Beſſeren belehrt werden. Eines Tages kam der Handelsmann zu N. und handelte ihm eine alte Halbchaiſe ab. Etwa ſechs Wochen ſpäter kam er mit einem neuen hübſchen Wagen und ſpannte bei dem Gaſtwirt aus. Der Wagen wurde von berſchiedenen Leuten bewundert. Auch der Gaſtwirt fand Gefallen daran und wollte gern ebenſolchen haben. „Ja“, ſagte S.,„eigentlich wollte ich ihn nicht ver⸗ kaufen, aber weil du es biſt, ſollſt du ihn haben.“ Sie wurden handelseinig. Nach einiger Zeit kommt der Bruder des Gaſtwirts und beſieht den Wagen. Nach⸗ denklich geht er herum und ſchüttelt den Kopf. „Weißt du was?“ ſagte er ſchließlich zu ſeinem Bru⸗ der,„du haſt ja deinen alten Wagen wiedergekauft.“ Und ſo war es auch. S. hatte den alten klapperigen Wagen neu aufreparieren und anſtreichen laſſen. Die früher in Blüte ſtehenden Spinnſtuben waren in ihren beſten Zeiten eine Stätte harmloſen Humors. Das um den Flachs gewickelte bunte Papier war zuweilen mit einem Sprüchlein geziert, wie z. B. mit dieſem: Mein Spinnrad hat drei Beine, mein Schatz liebt mich alleine. Hier ſitzt ein holdes Mädchen mit ſeinem Spinnerrädchen, dreht Fäden zart und fein, ſoll für den Brautſtaat ſein.“ In den Spinnſtuben wurden auch allerlei Rätſel aufgegeben: Wat is de lüttſte Fiſch in't Water?— Autwort: De den Swanz an dichtſten bien Kopp hett. Welches Licht brennt länger, ein Wachslicht oder ein Talglicht?— Antwort: Sie brennen beide nicht länger, ſondern kürzer. Warum läuft der Haſe über den Berg?— Antwort: Weil er unten nicht durchkommen kann. Wat krüpt dörch den Tuun un makt doch alle Löcher to? — Antwort: Die Stopfnadel. Auch in den Familiennamen drückt ſich zuweilen ein ſchalkhafter Humor aus; man ſchlage nur die Adreßbücher niederdeutſcher Städte auf! Ich führe nur ein paar an: Roggenſack, Piepgras, Käſebier, Moderſohn, Grotkopp, Witthohn, Holtfoot, Ketelböter, Müffelmann, Dickhut. Ebenſo iſt es bei Ortsnamen: Dreckhörne, Wüſtenei, Hundeſteert, Hölſchenbühl, Rahmputt, Mudderputt. Und wie ungemein anſchaulich verſteht der Niederdeutſche manche Tiere zu bezeichnen, wenn er z. B. die Bachſtelze Wippſteert nennt, oder den Regenpfeifer Tütn, die Gold⸗ meiſe Gelartſche, den Pirol Wigelwaagel, das Eichhörn⸗ chen Katteker, den Igel Swinegel, die Fröſche Puggen oder Uetſchen, die Heuſchrecke Grashüpper, den Schmetter⸗ ling Boddervagel. Der niederdeutſche Menſch iſt in keiner Lebenslage ohne Humor zu denken. So ſchweigſam und zurückhaltend er nach außen hin im allgemeinen iſt, ſo produktiv iſt er unter ſeinesgleichen auf dem Gebiete des geſunden und echten Humors. Brüggemann drollige 8 2 rr D Wer andere rücksichtslos in Gefahr bringt, um ein paar Minuten zu gewinnen, hat den Sinn der Volksgemein⸗ ſchaft noch nicht begriffen. geſtützt, ging die alte Dame dann ziemlich ſchnell und noch ſehr aufgerichtet hinaus. Unten in der Halle begrüßte ſie ihre Nichte Margret und deren Tochter Hilde⸗Marie. „Da ſeid ihr ja. Wann kommt Ludwig?“ Die Baronin, eine üppige, noch ſehr hübſche Frau zuckte mit den Schultern. 2 „Ja, die ewigen Rechnereien. Koppke kam noch im letzten Augenblick vom Vorwerk herüber; Ludwig war ſehr ärgerlich. Er wäre ſo gern mit uns gefahren. Ex hofft aber, in drei Stunden da zu ſein.“ „Soſo?! Nun, da ſind wir beim Abendbrot ja alle bei⸗ ſammen. Die Melanie iſt mit ihren Töchtern auch ſchon da. Jean, führe die Damen zu ihren Zimmern.— Liebe Margret! Komme dann, wenn ihr euch ein bißchen friſch gemacht habt, in den kleinen Salon. Wir erwarten euch dort. Hilde⸗Marie, du haſt ja rote Backen! Das bin ich nie gewöhnt an dir. Befolgſt du endlich meinen Rat und gehſt täglich an die friſche Luft? Recht ſo, mein Kind! Nur nicht immer im Zimmer hocken!“ Freundlich nickte ſie noch ihren Gäſten zu, dann ging ſie wieder die Treppe links hinauf, während Jean die Damen rechts hinauf führte. Im kleinen Salon hatten ſich inzwiſchen auch Giſela und Edelgarde, die Töchter der Gräfin Uchterberg, ein⸗ gefunden. Sie kamen mit glühenden Geſichtern und glän⸗ zenden Augen auf ihre Mutter zu. Edelgarde, die Jüngſte, ſagte: „Mama, jetzt haben wir aber etwas Wunderſchönes gehört. Denke dir, die ſchöne Geſellſchafterin ſingt beſſer als die Bruns.“ 8 „Beſſer als Lotte Bruns? Seid ihr denn ganz und gar beſeſſen? Wie kann dieſes Mädchen beſſer ſingen al Lotte Bruns?“. „Liebe Mama! Es iſt aber wirklich der Fall!“ ſagte Giſela ruhig. 5 3535 Gräfin Melanie biß die Zähne zuſammen, daß man ein ganz leiſes Knirſchen hörte und die Töchter die Mama verwundert anſahen. i Auch das noch!, dachte die Mutter. Vielleicht wird dieſe Geſellſchafterin ſich ſogar produzieren müſſen. Nun, dieſe Schauſtellung hätte dann gerade noch gefehlt.“ S 9 8 Der bekannte Schriftſteller A. R. Lindt, der ſchon mehrere erfolgreiche Reiſebücher ſchrieb, hat eine Ex⸗ pedition nach Liberia unternommen. Er hatte es ſich zur Aufgabe geſtellt, der Frage der Sklaverei nachzu⸗ forſchen. Gibt es noch Sklaven in Afrika? Wie ſteht es mit den geheimnisvollen, blutdürſtigen Leoparden⸗ menſchen? Was hat es mit dem berüchtigten Teufels⸗ kult auf ſich? Zuerſt ſchilderte Lindt ſeine Landung (1. Fortſetzung.) Es fehlen Techniker Wäre Monrovia eine reiche Stadt, die vierzig Anwälte wären ſamt und ſonders voll beſchäftigt. Aber die Bürger der liberianiſchen Hauptſtadt leiden an beſtändigem Geld⸗ mangel, und die meiſten Anwälte müſſen daher das kärg⸗ liche Leben unbeſchäftigter Winkeladvokaten führen. Die Liberianer haben bis heute keine tüchtigen Aerzte, keine gut ausgebildeten Architekten, keine brauchbaren In⸗ genieure hervorgebracht. Aber Anwälte haben ſie, die ihre Sache verſtehen. Die Liberianer ſind nicht in der Lage, eine Zuckerraffinerie zu bauen, obwohl Liberia überreich an Zuckerrohr iſt. Das Land muß Zucker importieren. Im Norden wächſt ein guter Tabak. Da ſich aber niemand auf die Behandlung des Tabaks verſteht, muß teurer ame⸗ rikaniſcher Tabak eingeführt werden. Die Liberianer waren nicht in der Lage, eine Eiſenbahn zu bauen. Sie beginnen erſt heute, durch ein Straßennetz das reiche Hinterland zu erſchließen. Geldmangel iſt der Grund aller dieſer Uebel⸗ ſtände, ſagen die Liberianer. Aber Liberia konnte zu verſchiedenen Malen, wenn auch zu ungünſtigen Bedingungen, Anleihen aufnehmen. Dieſes Geld zerrann ſpurlos. Ein Staat, der zum größten Teil aus afrikaniſchem Urwald beſteht, braucht zu ſeinem Aufbau Pflanzer, Techniker, Ingenieure, Kaufleute. Ohne Anwälte könnte er auskommen. Ohne die anderen Berufs⸗ arten nicht. Die erſten Liberianer lebten noch von ihren Plan⸗ tagen und ihren Kaufhäuſern. Ihre Nachkommen aber leben großenteils von Prozeſſen und von dem, was ſie „Politik“ nennen. Schuld daran iſt vielleicht der Sturz der Kaffeepreiſe. Die liberianiſchen Plantagenbeſitzer hat⸗ ten alles auf eine Karte geſetzt und faſt ausſchließlich Kaffee gepflanzt. Aber nicht nur Entmutigung trieb die jungen Liberianer von ihren Farmen weg. Sie folgten dem Zuge der Zeit, dem Zuge nach der Stadt. Wenn Monrovia auch nicht den Anreiz einer Großſtadt beſitzt, iſt es doch der Sitz der Regierung. Die Liberianer glauben ſich zu vor⸗ nehm, Pflanzer zu ſein. Verachtete Handarbeit Es iſt ein Kennzeichen des ziviliſierten Negers, daß er körperliche Arbeit verachtet. Nicht weil er faul iſt. Aber ſo wie ein Neureicher in beſtändiger Furcht lebt, für einen kleinen Mann ge⸗ halten zu werden, ſo zittert der ziviliſierte Neger, für einen Eingeborenen zu gelten. Der Eingeborene aber lebt von ſeiner Hände Arbeit. Wenn der Ziviliſierte dies ebenfalls tut, glaubt er, auf die Stufe des wilden Eingeborenen zurückzuſinken. Deshalb die Vorliebe für Gehirnarbeit, für intellektuelle Berufe, deren Ausübung ihm das Zeugnis ausſtellt, gebildet zu ſein. Von der Arbeit, die adelt, von der Ehre des Gewerbeſtandes und des Bauerntums weiß er nichts. Dazu kommt noch, daß die Pflanzerſöhne nach Wür⸗ den und Titeln ſtrebten, auf welche die junge liberianiſche Oberſchicht ſehr viel gibt. Ein jeder Liberianer wollte „honourable“— ehrenwert— ſein.„Ehrenwert“ iſt der Titel, der allen gegenwärtigen und ehemaligen Miniſtern, Senatoren, Parlamentsmitgliedern uſw. zuſteht. Da die Zahl der Regierungsſtellen im Verhältnis zur Zahl der regierungsfähigen Bürger überaus hoch iſt, ſind alle beſſe⸗ ren Liberianer„ehrenwert“, beſitzen ſie wenigſtens einen militäriſchen Rang: Herr Oberſt, Herr Major! Zudem ver⸗ leiht der Präſident der Republik liberianiſche Ritterorden. Sind die Regierungsſtellen mit hohen Würden, ſind ſie doch nicht mit hohen Gehältern verbunden. Liberia hat wahrſcheinlich die beſcheidenſten Miniſterbeſoldungen der Welt. Kabinettsmitglieder beziehen 25 engliſche Pfund im Monat, das ſind 300 RM. Damit können ſie, wenn auch nicht fürſtlich, auskommen. Aber auch dieſes beſchei⸗ dene Gehalt ſtand oft nur auf dem Papier. In der Negerrepublik war früher oft gang und gebe, die Beſoldungen der Beamten nicht auszuzahlen. In einem Jahr wurden damals manchmal nur zwei Monats⸗ gehälter gezahlt. Die Beamten hielten ſich in jener ver⸗ gangenen Zeit ſo gut es ging über Waſſer. Unter dieſen Umſtänden war es ihnen kaum zu verargen, daß ſie ge⸗ legentlich Beſtechungsgelder einſteckten. Unterſchlug der Staat ihre Gehälter, unterſchlugen ſie gelegentlich ihrer⸗ ſeits Staatsgelder. Heute hat ein neuer, fähiger Präſident, unterſtützt von amerikaniſchen Beratern, Ordnung in die Finanzen gebracht. Schwarzer Doktorhut In Monrovia wie in den kleinen Küſtenſtädten lebt die Mehrzahl der Liberianet kümmerlich von ſchlecht be⸗ zahlten Regierungspöſtchen. Dabei könnten ſie als Hand⸗ werker mehr verdienen, an denen in der Negerrepublik ein großer Mangel beſteht. Tüchtige Schreiner müſſen aus den engliſchen oder franzöſiſchen Kolonien herbeigeholt werden. Aber es gibt in Liberia kaum eine Möglichkeit, ein Gewerbe zu erlernen, ebenſowenig wie die Gelegen⸗ heit, ſich zum Techniker auszubilden. Monrovia beſitzt dafür aber eine Univerſität, das„Liberia College“. An dieſer kann der ehrgeizige Liberianer Geſchichte, Latein, ja ſogar Griechiſch ſtudieren. Er kann auch den Doktorhut erwerben. Da die ſchwarzen Profeſſoren ihr Lehrfach nur in beſchränktem Maße beherrſchen, können ſie nur eine höhere Bildung vermitteln, die ſehr oberflächlich und für Liberia größtenteils nutzlos iſt. Dieſe Bildung hilft aber N 1 in Monrovia, der Hauptſtadt in Liberia. Lindt gerät in einem primitiven Hotel in die Geſellſchaft ziviliſierter Neger, die im Frack Quadrille tanzen. Fern am Meer und im Urwald aber dröhnen die Urwaldtrommeln. Auf dieſer Seite erzählt Lindt von den Zuſtänden in Liberia und beginnt mit der Schilderung intereſſanter Einzelheiten aus der Ver⸗ gangenheit Liberias. den Senatoren und Anwälten, ihre häufigen Reden mit Zitaten zu ſchmücken. Die ſpärlichen Schulen lehren ihre Schüler leſen und ſchreiben und Engliſch. Aber die Schulen erzeugen in dem Schüler, der ſich von vielen Analphabeten umgeben weiß, eine Art Größenwahn. So glaubt der Schüler, daß er— wenn er mühſam ſchreiben kann— ein Ausnahmeweſen, bereits eine Art Genie, iſt. Ein Genie aber darf ſich— nach der Landesmeinung— nicht durch körperliche Arbeit entwürdigen. So wird die Verachtung von körperlicher Arbeit immer größer. Ich fragte einmal die Zöglinge einer Schule im Hin⸗ terland, welchen Beruf ſie erlernen wollten. Die Hälfte der kleinen, nackten Knirpſe antwortete wie aus einem Munde: Staatsmann. Die übrigen wollten Anwälte, Schulmeiſter oder Evangeliſten werden. Kein einziger dachte daran, in ſeinem Dorfe zu bleiben. Alle zog es ſie nach den Küſtenſtädten. Die amerikaniſchen Miſſionsſchulen, in denen mehr Schüler unterrichtet werden als in den wenigen Regie⸗ rungsſchulen, können an dieſem Zuſtand auch nichts ändern. Die prunkvollen Sklavenkönige Ich war zu Beſuch in einem der großen deutſchen Handelshäuſer Monrovias. Eine Liberianerin— eine ältere Fau— ſucht eine Preisermäßigung zu erzielen. Der Geſchäftsführer bleibt feſt.„Und dann“, ſagt ſie ſchließlich, ihren letzten Trumpf ausſpielend,„ſind Sie als Deutſcher verpflichtet, mir entgegenzukommen.“ „Als Deutſcher? Wieſo?“ fragt der Geſchäftsführer verblüfft. „Nun, im Weltkriege hat doch ein deutſches Unterſee⸗ boot unſer einziges liberianiſches Kriegsſchiff in den Grund gebohrt...“ Im Weltkriege befand ſich unter den gegen Deutſch⸗ land alliierten Mächten auch die Negerrepublik Liberia. Wie es ſich mit dem U-Boot verhielt, ſoll ſpäter erörtert werden. Die großen politiſchen Probleme ſpielen manch⸗ mal hier herüber. Natürlich ſteckt das Land erſt in ſeinem Anbeginn. Vor hundert Jahren war es nur bekannt als die„pepper cdaſt“, das Land, wo der Pfeffer wächſt. Aber nicht dieſes beißende Gewürz bildete ſeinen Reichtum. Immer noch ſtrömte das„ſchwarze Gold“ von der weſtafrikaniſchen Küſte über den Ozean nach Amerika. Das„ſchwarze Gold“ — die Negerſklaven, der einträglichſte Handelsartikel, wert⸗ voller als Elfenbein, koſtbarer als Mahagoni. Wenn wir heute Oel⸗ und Automobilkönige kennen, blickte die dama⸗ lige Zeit ehrfürchtig zu ihren Sklavenkönigen auf. Der größte unter ihnen war der Spanier Pedro Blanco, der, umgeben von bdrientaliſch barbariſchem Prunke, an einer der Flußmündungen des heutigen Li⸗ beria herrſchte. Er hielt ſich eine Armee von Spähern, Söldnern und— Weibern. Sein Harem übertraf an Reichhaltigkeit den aller afrikaniſchen Häuptlinge. Er war der Großexporteur der ganzen Küſte, die alljährlich zwölf⸗ tauſend Sklaven nach Weſten verfrachtete. Neger kommen nach Afrika Der Flotte der ſchwer beladenen Sklavenſchiffe, die der untergehenden Sonne entgegenſegelten, begegnete im Jahre 1820 ein kleiner Schoner. Auf ihm fuhren ſechs⸗ undachtzig Neger, von Amerika kommend, zurück nach Weſtafrika, der Heimat ihrer Vorfahren. In den Vereinigten Staaten begann die Negerfrage brennend zu werden. Die Sklavenhändler hatten allmäh⸗ lich an acht Millionen Schwarze an Land geſetzt. Solange dieſe Sklaven rechtlos waren, bedeuteten ſie kaum eine Gefahr. Als aber jetzt menſchenfreundliche Vereinigungen die Freilaſſung der Farbigen betrieben, und alltäglich aus den Pflanzungen des Südens Neger als freie amerika⸗ niſche Bürger in die nördlichen Großſtädte ſtrömten, er⸗ ſtand das Geſpenſt der ſchwarzen Ueberfremdung. Die Stadt Monrovia in Liberia. Die Anſicht zeigt, daß die Stadt Monrovia nur für afrikaniſche Verhältniſſe er⸗ wähnenswert iſt, was ihre Größe anbelangt. Als Haupt⸗ ſtadt der einzigen Neger⸗ republik darf ſie weiteres Intereſſe verlangen. In Monrovia vermengt ſich die europäiſch⸗amerikaniſche Zi⸗ viliſation mit der nach un⸗ ſeren Begriffen— Unkultur des Negers, und dieſe Mi⸗ ſchung ergibt für den Euro⸗ päer komiſche und peinliche Bilder. Aufnahme: Scherl⸗Bilder⸗ 2 dienſt— M. N 7 8 i 3 1* ſſschoubendt sus des eff Hgenfſchen Hue gs mepuib lit ClxSE E- bun GA, Was ſollte Amerika mit dieſem Bevölkerungsteil an fangen, der ſich mit echt afrilaniſcher Fruchtbarkeit zu⸗ ſehends vermehrte? Eine Anzahl Idealiſten, die ſich in einer Siedlungsgeſellſchaft zuſammengeſchloſſen, erblickte die einfachſte Löſung im Rücktransport der Neger nach Afrika. Das erſte Schiff der Geſellſchaft erreichte nach langen Irrfahrten die Mündung des St.⸗Pauls⸗Fluſſes, an dem heut die Hauptſtadt Monrovia liegt. Von den ſechsund⸗ achtzig Negern, die in Amerika das Schiff beſtiegen hatten, waren nur noch zwanzig am Leben. Die Geſellſchaft er⸗ warb von den Eingeborenen Grund und Boden auf da⸗ mals übliche Art— gegen Ueberlaſſung von 12 Meſſern, 4 Hüten, 3 Spiegeln und 4 Regenſchirmen uſw. Die umliegenden Stämme empfingen die Schwarzen nicht als ihre verſchollenen Söhne, ſie vergoſſen bei ihrer Ankunft keine Freudentränen. Denn dieſe Einwanderer waren keine Afrikaner mehr. In generationenlanger Ar— beit im neuen Erdteil hatten ſie jede Beziehung zu ihrer urſprünglichen Heimat verloren. Sie wußten nicht mehr, welchem Stamm, welcher Sippe ſie angehörten. Sie hatten die Negerdialekte vergeſſen und ſprachen Engliſch mit amerikaniſchem Tonfall. Sie waren Chriſten, denen die Gebräuche der Eingeborenen ein Greuel waren. Wie ir gendein Amerikaner hießen ſie Roberts, Johnſon, Cooper. Die Eingeborenen, die mehr auf das Gebaren als auf die Hautfarbe dieſer Neger achteten, nannten ſie Poro menn — Portugieſen— eine Bezeichnung, die ſie auf alle Weißen anwendeten. Kurz nach Abſchluß des Kaufvertrages nahmen die Eingeborenen eine feindſelige Haltung gegenüber den Siedlern an, ſo daß ſich dieſe auf ein winziges Eiland inmitten des Stromes zurückziehen mußten. Es war Re⸗ genzeit. Ununterbrochen trommelten wolkenbruchartige Gewitter auf die notdürftigen Hütten nieder, indes die reißenden, trüben Fluten die Inſel wegzuſpülen drohten. Die Einwanderer, nicht mehr an das Klima ihrer ur⸗ ſprünglichen Heimat gewöhnt, litten an Tropenkrank⸗ heiten. In dieſen Monaten des Siechtums und der Entbeh⸗ rungen haben ſie ſich wohl der Fleiſchtöpfe Amerikas er⸗ innert. Aber ſie hielten durch. Als ein amerikaniſches Schiff neue Siedler an Land ſetzte, wagten ſie ſich auf das Feſtland vor. Sie verſchanzten ſich auf dem Kap Meſu⸗ rado, das klippenartig ins Meer vorſpringend, eine vor⸗ zügliche Feſtung abgab. Hier ſpielte ſich das Hauptwagnis dieſer ſchwarzen Pioniere ab. Nachts, wenn das Brüllen der ungeſtümen weſtafrikaniſchen Brandung zu den Wächtern emporſchallte, ſchlichen ſich die Eingeborenen an die Paliſaden heran. Natürlich hatte die junge Kolonie auch ein ſehr verehrtes tapferes Heldenmädchen, Mathilde Newport, die mit eige⸗ ner Hand die Kanone abfeuerte, nachdem die Geſchütz⸗ bedienung gefallen war. Menſchenhandel verboten Die portugieſiſchen und ſpaniſchen Sklavenhändler empfanden die Freigelaſſenen, die auf ihrem Gebiet jeden Menſchenhandel verboten, als unliebſame Spielverderber. Immer wieder verſuchten ſie, die Stämme gegen die Sied⸗ ler aufzuhetzen. Aber immer gelang es dem Häuflein ame⸗ rikaniſcher Neger, die um ihre neue Freiheit kämpften, den Sieg zu erringen— dank ihrer amerikaniſchen Ge⸗ wehre, dank auch der gelegentlichen Unterſtützung durch ein amerikaniſches Kanonenboot. Sie fochten unter der Leitung der weißen Agenten der Siedlungsgeſellſchaft, die ſie auch in der Anlage von Pflanzungen unterrichteten. Im Anfang hatten die Agen⸗ ten ſchwere Mühe, ihre Schutzbefohlenen zur Arbeit anzu⸗ halten. Was hatte es für einen Zweck, ein Freigelaſſener zu ſein, wenn man wie ein Sklave arbeiten ſollte, Frei⸗ heit ſchien ihnen unvereinbar mit Anſtrengung und Schweiß. Aber ſie lernten ſchließlich, tags den Buſch zu 1 585 und nachts mit geſchultertem Gewehr Wache zu ehen. Die Siedlung dehnte ſich weit an der Küſte entlang. Am Ufer des St.⸗Pauls⸗Fluſſes entſtanden fruchtbare Pflanzungen. So gut bewährten ſich die Pioniere, daß die amerikaniſche Geſellſchaft ihnen je länger je mehr Selbſtverwaltung zugeſtehen konnte. Langſam wuchs die Siedlung zu einem ſtaatsähnlichen Gebilde heran, das ſich ſogar anmaßte, Einfuhrzölle zu erheben. (Fortſetzung folgt.) Die VMz' beſtes Abwehrmittel für Jedermann!