Nr. 191 Neckar ⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 17. Auguſt 1938 Was das Ernaͤhrungshilfswerk leiſtet Zu den vielſeitigen wichtigen Aufgaben, die der NS⸗ Volkswohlfahrt übertragen ſind, gehört auch das Ernäh⸗ rungshilfswerk, das im Rahmen des Vierjahresplanes zu⸗ gleich der Sicherung unſerer Volksernährung dient. Neben dieſem wirtſchaftlichen Ziel ſteht der erzieheriſche und hel⸗ fende Zweck. Die Aufgabe unſerer Hausfrauen. Das Ernährungshilfswerk wendet ſich zunächſt an unſere Hausfrauen. Sie ſind ein bedeutender Faktor im Wirt⸗ ſchaftsleben der Nation indem die Sorge, den Tiſch der Fa⸗ milie zu decken, tagtäglich Millionen⸗ und Abermillionen⸗ werte an Nahrungsmiteln durch ihre Hände gehen läßt. Was kann da alles verloren gehen! Die Hausfrauen haben darum als treue Sachverwalterinnen unſeres Volksvermö⸗ gens die unabweisbare Pflicht, im Kampf gegen den Verderb mit an vorderſter Front zu ſtehen. Das heißt, ſie müſſen die Küchenabfälle, die man früher achtlos in den Mülleimer warf, ſorgfältig ſammeln und nutzbringender Verwertung zuführen. Dazu wird das Ernährungshilfswerk geschaffen. das ſich in der kurzen Zeit ſeines zweijährigen Beſtehens bereits glänzend bewährt hat, was die erzielten anſehnlichen Erfolge beweiſen. Die Küchenabfälle bieten nämlich bei ſachgemäßer Behandlung ein ausgezeichnetes und dabei billiges Mittel zur Schweine maſt. Die erfor⸗ derlichen Einrichtungen und Stallungen werden von den Städten zur Verfügung geſtellt, der Mäſtereibetrieb ſelbſt von der NS⸗Volkswohlfahrt übernommen. An dieſer Stelle ſei dankbar anerkannt, was von den großen Gemeinweſen des Gaues Baden, insbeſondere von den Städten Freiburg, Heidelberg und Mannheim, Vorbildliches geleiſtet wird. Wir wollen heute einen Ausſchnitt aus dieſer für unſer Volk ſo wertvollen Arbeit geben und einmal fehen, was in der großen Induſtrie- und Hafenſtadt am Rhein und Neckar geſchaffen wurde. Auf der Frieſenheimer Inſel vor dem Weichbild der Stadt erhebt ſich heute, harmoniſch in die Landſchaft eingefügt, eine Flucht von freundlichen, gelb abgetönten Baulichkeiten— es iſt die Schweinemäſterei des F in Mann⸗ eim. 1 Ganz in der Nähe hat man im Sinne der Maisaktion auf früher brachgelegenem Gelände Mais angebaut, der zuſätz⸗ lich zur Schweinefütterung verwendet werden ſoll. Wir be⸗ treten zuerſt die hallenartige Futterküche. Soeben rückt die Sammelkolonne an, die aus dem Stadtinnern Tag um Tag in regelmäßigen Zeitabſtänden die Küchenabfälle holt. Nor⸗ malerweiſe werden täglich 150 Zentner von 11 Ortsgruppen erfaßt. Das iſt etwa die Hälfte, ſo daß alſo nach Fertig⸗ ſtellung weiterer Stallbauten und Einſatz eines weiteren Spezialſammelwagens noch ſehr viel mehr an Küchenabfäl⸗ len nutzbar gemacht werden kann. Die von den Hausbeſitzern auf eigene Koſten beſchafften Sammeleimer ſtehen zur be⸗ ſtimmten Stunde vor den Häuſern, ihr Inhalt verſchwindet in dem großen Sammelwagen. Iſt dieſer in der Futterküche entleert, dann wird ausgeſiebt, d. h. die Abfälle werden von unbrauchbarem Beiwerk wie Papierfetzen und anderen Din⸗ gen, die verſehentlich in den Eimer kommen, befreit. Im großen und ganzen kann zur Ehre unſerer Hausfrauen ge⸗ ſagt werden, daß ſie ihren Sammeleifer mit der nötigen Sorgfalt verbinden. Die Küchenabfälle wandern dann in die bis zu 90 Grad erhitzten Dämpfer(vier an der Zahl, deren jeder 10 Zentner faßt), um ſchließlich als breiige Maſſe auf dem Boden ausgebreitet zu werden. Nach einem geringen Zuſatz von Fiſchmehl und Zuckerſchnitzel iſt das vorzügliche Schweinefutter fix und fertig, es kann mit den kleinen a in die Stallungen gebracht und in die Tröge eſchüttet werden. Zur Aufbewahrung des Futterüberſchuſſes ſind Silos vorhanden und man greift gern darauf zurück, wenn die Küchenabfälle etwa zur Winterszeit knapper wer⸗ der Nun zu den weiträumigen Stallungen! Was wir hier ſehen, verſetzt uns in nicht geringes Erſtaunen. In behag⸗ licher Ruhe— Gelegenheit zum Wühlen im Erdreich aibt r E Vom GEH OTHER. 29 5 Jetzt konnte man dieſen nicht geahnten Fall nicht weiter beſprechen, denn Tante Agnes kam wieder herein. Die jungen Mädchen hingen ſehr an der alten Dame. Sie liefen ihr entgegen und küßten ſie ab. e Sie wehrte lachend ab. 5 „Na, na! Laßt mich nur am Leben! Nun, was habt ihr inzwiſchen angeſtellt?“ Ein warnender Blick der Mutter traf die beiden jungen Damen; ſo ſagten ſie nur: „Im Park waren wir, Tante Agnes! Dein Park iſt eben doch der allerſchönſte.“ Die alte Dame lachte befriedigt, dann ſagte ſie: „Ja, ja! Man braucht nicht immer zu reiſen, wenn man ſich auf der eigenen Scholle ein Paradies ſchafft!“ Gräfin Uchterberg fragte: i „Tante Agnes! Kommt., hat Graf Hartlingen eigentlich ſein Kommen feſt zugeſagt?“ Ein ſcharfer Blick aus den klugen, graublauen Augen der alten Fürſtin zuckte über die Nichte hin, dann ſagte ſie:; „Ja! Er wird kommen.“ Die beiden jungen Damen ſpitzten die Ohren. Sie ſuhen ſich begeiſtert an, und Edelgarde fragte mit blitzen⸗ den Augen: „Der intereſſante Graf Hartlingen? Oh, wie lieb von dir, Tante Agnes!“ „Hm! Und der Gräbner⸗Eſchenburg kommt auch. Dann der Baron Sievers,.'ne ganze Menge nette Leute hab ich berzitiert. Es ſoll doch luſtia beraeben. Jaad tut auch not. Früher habe ich ganz gut geſchoſſen. Jetzt treffe ich längſt nichts mehr und ſchieße nur Löcher in die Luft. Weshalb ſoll denn mein Förſter immer nur allein das Vergnügen haben? Ich werde mich alſo freuen, wenn die Herren einige Wochen bleiben.“ Edelgarde und Giſela zwickten einander begeiſtert, was g die alte Fürſtin ſah und ſtillſchweigend mit einem gütigen Lächeln quittierte. Dann kam die Baronin Helbig mit ihrer Tochter Hilde⸗ Marie. Die Verwandten begrüßten ſich ſehr herzlich, denn itgendwelche Feindſeligteiten in der Familie duldete die — Furſtin Kleven nicht. es nicht— liegen in den lichten, sauberen, hygieniſch ein⸗ wandfreien Stallgebäuden auf einem guten Strohbett ſe 250 Borſtentiere, deren freudiges Grunzen darauf ſchließen läßt, daß ſie ſich in ihrer Behauſung recht wohl fühlen und dieſe nach ſechs Monaten— ſolange dauert die Maſtkur— nur ungern verlaſſen Recht lebhaft geht es im dritten und letzten Stall zu. Hier tummeln ſich die Jungtiere, die noch nicht das Schwergewicht ihrer älteren Artgenoſſen zu tra⸗ 950 haben. Wie ſchon angedeutet, iſt für den gegenwärtig 50köpfigen Schweinebeſtand aufs beſte geſorgt. Durch die Ställe zieht ein großer kalkweißer Gang, zu beiden Seiten befinden ſich die ſogen. Buchten für jeweils 12 Tiere. Dar⸗ über ſehen wir auf großen Schiefertafeln jedes einzelne nach Nummer regiſtriert und genau auf die Gewichtszunahme kontrolliert. In dem halben Jahr wird in der Regel ein Höchſtgewicht von 150 Kilogramm erreicht gegen 30 bis 50 Kilogramm bei der Ankunft im Stall. Daß die Tiere gemäß den beſtehenden Vorſchriften geimpft und monatlich einmal tierärztlich unterſucht werden iſt ſelbſtperſtändlich Je zwei Mann haben eine Stallung zu warten. Der Ankauf und Ab⸗ ſatz der Maſtſchweine erfolgt allerorts über den Viehwirt⸗ ſchaftsverband. Der Umfang des Ernährungshilfswerkes Baden. Neubauten für Eigenmaſtbetriebe ſind heute in folgen⸗ den Städten vorhanden: Emmendingen, Freiburg, Kehl, Lahr, Mannheim, Müllheim⸗Badenweiler, Offenburg, Pforz⸗ heim, Villingen und Waldkirch; Umbauten haben vorge⸗ nommen: Heidelberg, Konſtanz, Raſtatt und Tiengen, einen gemiſchtwirtſchaftlichen Betrieb unterhält Waldshut. Die Auswirkung des Ernährungshilfswerkes ergibt für Baden heute einen jährlichen Mehrbeſtand an Schweinen von 8000 Stück. Die Zahl wird ſich im Laufe der nächſten Jahre auf 12 000 ſteigern, wenn die im Bau befindlichen, geplanten und vorbereiteten Mäſtereibetriebe durchgeführt ſind. Ge⸗ baut wird in Baden⸗Baden, Vad Krozingen, Ettlingen, Rheinfelden, Säckingen, Stockach, Wehr, Weinheim und Wertheim. Geplant und vorbereitet ſind Mäſtereibetriebe in Achern, Bretten, Bruchſal, Herbolzheim, Kenzingen, Lör⸗ rach, Mosbach, Neckargemünd, Radolfzell, Schwetzingen, Singen a. H., Waldshut und Weil a. Rh. Wir haben an anderer Stelle bereits darauf hingewie⸗ ſen, daß die Hausbeſitzer verpflichtet ſind, für alle Mieter ihres Hauſes einen gemeinſamen Sammeleimer zu beſchaf⸗ fen. Die Herſtellung dieſer Kübel bildet für das Holzgewerbe des Hochſchwarzwaldes(Bernau) und des Renchtales eine willkommene Verdienſtmöglichkeit. Nun die Frage: Was macht die NS-⸗Volkswohlfahrt mit dem Reinerlös aus dem Schweinemaſtbetrieb? Wir alle kennen das Hilfswerk„Mutter und Kind“ und wiſſen, welch ungeheurer Segensſtrom davon ausgeht. Dorthin fließen die Mittel aus dem Ernährungshilfswerk. Ueber dieſen hel⸗ fenden Zweck brauchen wir kein Wort mehr zu verlieren. Nur eines ſei auch an dieſer Stelle geſagt: Volksgenoſſe, er⸗ kennen es als Deine Ehrenpflicht, Mitglied der NS⸗Volks⸗ wohlfahrt zu ſein! Weiterer Rückgang der Arbeitsloſigkeit U Stärkerer Einſatz der Frauen. — Stuttgart. Der Arbeitseinſatz in Südweſtdeutſchland iſt, nach dem Bericht über die Arbeitslage und Arbeitslo⸗ ſigkeit im Landesarbeitsamtsbezirk Südweſtdeutſchland, im Monat Juli in eine ganz neue Phaſe der Entwicklung ein⸗ getreten. Der empfindliche Mangel an Arbeitskräften hat es notwendig gemacht, Fach⸗ und Aufgaben be die in großer Zahl für beſonders bedeutſame Aufgaben benötigt wurden, aus Arbeitsſtellen, die ſie bei Unternehmungen weniger wichtiger Art inne hatten, herauszuziehen, weil ſie in aus⸗ reichender Zahl nicht aus dem Reſtbeſtand an einſatzfähigen Arbeitsloſen oder aus den Reihen der fluktuierenden Ar⸗ beitskräfte in Südweſtdeutſchland oder in anderen Reichs⸗ gebieten genommen werden konnten. Im Zuſammenhang mit dieſen einſchneidenden Maßnahmen ergab ſich in Süd⸗ weſtdeutſchland einerſeits eine nochmalige Senkung der Ar⸗ Und man reſpektierte ihre dies⸗ bezüglichen Wünſche und paßte ſich einander an, ſo gut es ging. Etwaige kleine Gehäſſigkeiten verſteckte man eben meiſterhaft. So kam es, daß die drei Damen beiſammenſaßen und gemütlich plauderten, und in einer anderen Ecke kicherten und tuſchelten die jungen Mädchen. Graf Uchterberg war vor drei Jahren an einem heim⸗ tückiſchen Krebsleiden geſtorben. Nun beſprach man eben die Möglichkeit einer Verheiratung der Töchter, damit einer der Schwiegerſöhne in Uchterberg mit nach dem Rechten ſehen konnte. „An allen Ecken und Kanten wird man betrogen!“ klagte die Gräfin. Tante Agnes machte erſtaunte Augen, dann meinte ſie ſehr energiſch: „Mein guter Adolf iſt doch nun ſchon über vierzig Jahre tot. Mich betrügt aber trotzdem keiner meiner Be⸗ amben. Ich bin eben immer ſehr dahinter her geweſen. Das merken ſich die Leute ſchon. Nun, du warſt nie eine Gutsfrau, hätteſt viel eher in ein elegantes Stadthaus gepaßt, meine liebe Melanie. Das ſoll auch kein Vorwurf ſein— durchaus nicht! Ich war immer ſtolz auf deine wundervolle Figur; habe dich vor einigen Jahren direkt noch um dieſe Figur beneidet. Es kann eben keiner aus ſeiner Haut heraus. Und er ſoll es ja auch nicht. Es muß eben jede Neigung angeboren ſein, ſonſt bleibt's mmer nur Unnatur oder Stückarbeit.“ 5 i Baronin Margret klagte auch, wie ſchwer es ihr Mann hätte. Gräfin Uchterberg fing noch einmal von der An⸗ gelegenheit an, die ihr am meiſten am Herzen lag. f Von Graf Hartlingen! „Baronin Melanie ſagte haſtig: „Graf Hartlingen? Er— kommt hierher?“ „Ja!— Tut aber doch nun gefälligſt nicht, als ſei das ein Weltwunder. Ich habe mehrere Herren eingeladen. Ich will ſie auf mein Wild loslaſſen.“ Letzteres klang zweideutig. Die Damen ſahen ſich an. „Hartlingen! Mein Gott, wenn er!“ Gräfin Uchterberg ſpann den Gedanken weiter. „Ich habe auch noch die Bredoſos gebeten. Sie kommen mit Sohn und Tochter. Die Hülſen⸗Berlachs auch. Die haben auch drei nette Mädels und zwei flotte Söhne. Sie haben alle zugeſagt. Recht viel Trubel und frohes Lachen will ich noch einmal um mich haben, ehe ich ſterbe.“ Die beiden Nichten ſahen die Tante erſchrocken an. Es war das erſte Mal, daß die alte Dame auf ihr Ende an⸗ ſpielte. Sie batte das bisher immer nermieden und küßte ſie. beitsloſenzahl um 3918 Perſonen, wovon 3671 allein auf die badiſchen Arbeitsamtsbezirke entfielen. Andererſeits mußten aufſchiebbare Unternehmungen zum mindeſten 5 gedroſſelt, wenn nicht ganz ſtillgelegt werden. Zu erwähnen iſt noch, daß der Arbeitseinſatz der Frauen infolge des Mangels an männlichen Kräften einen ſtarken Aufſchwung genommen hat. Die Geſamtzahl der Arbeitsloſen, die bei den Arbeits⸗ ämtern in Württemberg und Baden vorgemerkt waren, be⸗ lief ſich Ende Juli auf 10 860 Perſonen(7644 Männer und 3216 Frauen). Auf Württemberg und Hohenzollern kamen 1145 Arbeitsloſe(851 Männer und 294 Frauen) und auf Baden 9715 Arbeitsloſe(6793 Männer und 2922 Frauen). Voll einſatzfähige männliche Arbeitsloſe, die am Zähltag gerade gemeldet waren, warenses in Württemberg nurmehr 375 und in Baden 2770. Die Zahl der unterſtütz⸗ ten Arbeitsloſen iſt im Juli um 1899 Hauptunterſtützungs⸗ empfänger der Reichsanſtalt zurückgegangen. Der Reſtbe⸗ ſtand an Unterſtützten der Reichsanſtalt beſtand zum größ⸗ ten Teil aus nicht voll einſatzfähigen Perſonen; er betrug Ende Juli: in Württemberg und Hohenzollern 382, in Ba⸗ den 5777, in Südweſtdeutſchland alſo 6159. Gelbſucht vor lauter Kummer Die Leber iſt ſchuld an der Melancholie. Daß jemand vor Kummer Gelbſucht bekommen kann, iſt ſchon ſeit alters her bekannt. Die Leber produziert an einem Tage nahezu einen Liter Gallenflüſſigkeit. Melan⸗ cholie aber bedeutet„ſchwarze Galle“. Dieſer Begriff der krankhaften Depreſſion iſt uralt und ſtammt aus den Zeiten eines der Väter der Heilkunde, des alten Galen, der um 150 nach Chr. lebte. Seiner Meinung nach leiden die ſchwermütigen oder tiefſinnigen Menſchen an Melancholie, d. h. am Fluß der ſchwarzen Galle. Jetzt ſcheint dieſe Behauptung wiſſenſchaftlich er⸗ wieſen zu ſein. Dr. Schimmelpfeng⸗Köln iſt es auf Grund zahlreicher, ſehr einleuchtender Unterſuchungen gelungen, bei Melancholie mangelnde Lebertätigkeit nachzuweiſen, „Hiſtidin“ heißt ein für den inneren Stoffwechſelabbau wichtiger Beſtandteil des Blutes. Bei guter Funktion des Organismus muß das Hiſtidin von der Leber abgebaut werden und ſo dem Körper erhalten bleiben. Bei Störungen des Körperhaushaltes, wie ſie z. B. zu Beginn jeder normalen Schwangerſchaft einzutreten pflegen, bis der Körper der Frau ſich an die veränderte Lage und die neuen Aufgaben gewöhnt hat, baut die Leber jedoch das Hiſtidin nicht vollſtändig ab. Vielmehr wird es wie die anderen Körperſchlacken auf dem üblichen Wege ausgeſchieden, nämlich durch den Harn. Bei Harnunter⸗ ſuchung kann der Chemiker dann das Hiſtidin durch Aus⸗ fällen mit beſtimmten chemiſchen Löſungen nachweiſen. Da⸗ mit iſt zugleich auch ein Erkennungszeichen für das Be⸗ ſtehen einer Schwangerſchaft gegeben. Dr. Schimmelpfeng hat auf Grund dieſer Erkennt⸗ niſſe nunmehr in jahrelangen Verſuchen ſyſtematiſch den Harn von Melancholikern in 83 Fällen unterſucht und die gleiche Hiſtidinvermehrung nachweiſen können. Außerdem konnte er feſtſtellen, daß auch gelegentlich andere organiſche Störungen die gleiche Reaktion zur Folge haben können. Aber auch in dieſen Fällen konnte das frühere Vorhanden⸗ ſein von Schwermut häufig nachgewieſen werden. Wichtig ſind dieſe Forſchungen und ihre Ergebniſſe aber auch deshalb, weil hiermit ein Weg eingeſchlagen wird, um für die Geiſtesſtörungen, zu denen die Melan⸗ cholie auch gehört, eine an körperliche Vorgänge gebundene organiſche Urſache zu finden. Bisher war ein derartiger ſicherer einwandfreier Nachweis dafür nicht möglich. Vielleicht wird auf dieſe Weiſe auch allmählich dem Arzt die Möglichkeit gegeben werden, über die Leberbehandlung und Stärkung ihrer Funktionen dem Tiefſinn bei Melan⸗ cholikern zu ſteuern. 55 Fürſtin Kleven ſah den Blick, und da lächelte ſie ver⸗ ſonnen.„ Nach einem Weilchen ſagte ſie: „Man muß auch mal an das Ende denken. Zuvor möchte ich aber noch das Glück der Mädels ſehen, wie ich ſeinerzeit das eure geſehen habe. Sie haben alſo jetzt genügend Gelegenheit, ſich in einen Mann zu verlieben.“ Jede der Damen ergriff eine Hand der alten Dame „Du mußt noch lange leben, Tante Agnes!“ ſagte Gräfin Uchterberg, und es kam ihr wirklich vom Herzen, denn ſie erkannte in dieſem Augenblick doch ſo recht, welch einen Zuſammenhalt dieſe alte gütige Tante ſtets in der Familie durchgeſetzt hatte, und wie ſie der Mittelpunkt bei allem geweſen war, was in den letzten Jahrzehnten in den einzelnen Familien geſchah. Und wie ſie es immer teilnahmsvoll mit getragen hatte, das Gute und das Böſe, das Leid und die Freude, i Plötzlich lachte die alte Fürſtin. „Na, nun tut man nicht gleich, als ſei ich ſchon ge⸗ ſtorben. Ich denke vorläufig noch gar nicht daran.“ Dieſe Worte gaben die Gemütlichkeit zurück. Nach einiger Zeit klingelte die Fürſtin. Sie wollte den Kaffee bringen laſſen. Es gäbe friſchen Pflaumenkuchen mit Schlagſahne. f Die jungen Damen riefen begeiſtert: „Oh! Herrlich, Tante Agnes!“ „Tante Agnes! Ich bekomme den Kuchen daheim immer zugeteilt! Heute darf ich doch genügend eſſen?“ „Tante Agnes! Trinken wir im Park Kaffee? Bitte, 9 855 Es iſt ganz wundervoll unter dem rotgoldenen aub!“ Lächelnd blickte Fürſtin Kleven ſich um. So gefiel es ihr. Es ſollte ein jeder ſeine Wünſche äußern. So ent⸗ ſchied ſie dann: a „Alſo wir trinken den Kaffee unter den Buchen. Die Sonne ſcheint noch warm genug. Es iſt ja auch ganz wind⸗ ſtill. Es wird ſich ſehr angenehm dort ſitzen. Schlagſahne gibt es eine Rieſenſchüſſel voll. Die Mamſell weiß längſt Beſcheid! Sie kennt euch doch nun lange genug! Und der Kuchen— hm!— na, ich denke, daß ihr zufrieden ſein werdet!“ 55 Sie wurde umarmt, geküßt, geſtreichelt. „Ich möchte am liebſten immer hier bleiben!“ ſagte Edelgarde, und dehnte behaglich ihre kleine Geſtalt. 55 l 5 8 Fortsetzung folgt.. Am Nande der Wachau Enkdeckungsfahrtken im Donauland. DB. Der beſtechendſte Teil der Donauſtrecke, die Wa⸗ chau. iſt vielen Oſtmarkbeſuchern bekannt. Aber ſehr weni⸗ gen fällt es ein, auch einmal einen Abſtecher in das be⸗ waldete Hinterland zu machen. Und doch gibt es dort viel Lohnendes zu entdecken. Wandern wir alſo einmal nicht wie gewöhnlich am Strom entlang, ſondern in anderer Richtung, nach Norden und Süden! Unſere nördliche Reiſe mag in Pöchlarn beginnen, ſenem uralten Städtchen oberhalb von Melk, das ſchon im Nibelungenlied e wird. Eine breite Tal⸗ mulde führt uns zwiſchen den Üferbergen hindurch dem nächſten Ziel zu, dem Schloß Artſtetten. Schon von weitem grüßt es uns mit ſeiner ſchneeweißen Faſſade und den vier zierlichen Ecktürmen. Es liegt, ganz in Blumen und Wald gebettet, am Hang eies Hügels und wetteifert mit den heiteren Farben dieſer Landſchaft, in die es ſich harmoniſch einpaßt. Der Weg ſchlängelt ſich weiter, bald über offenes, wel⸗ liges Hochland mit ſchanlen Chauſſeen, blühenden Feldern und Buſchwerk, breite Ausblicke geſtattend, bald über ſchat⸗ tige Waldhügel, durch winzige Dörfer, die noch Dächer aus Stroh oder Holzſchindeln haben und ſelten einen Gaſt beher⸗ bergen. Und doch gibt es in vielen dieſer unbekannten Ne⸗ ſter überaus reizvolle Winbel, Trümmer hingeſunkener Burgen zwiſchen wucherndem Laub und mooſigem Ge⸗ ſtein.— Schwarzau! Wer im unfernen Wien hat je⸗ mals dieſen Namen gehört? Wer weiß dort, daß in dieſer A e Siedlung, die kaum ein 4 8 beſizt, anſehn⸗ liche Reſte einer Ritterſtedlung zu finden ſind? Da wir uns dem Waldviertel nähern, jener Landſchaft der zerklüfteten Berge, entlegenen Täler, gewundenen Flüßchen und 0 müſſen wir immer mehr bergauf und bergab wandern, bevor der Glanzpunkt unſerer Ent⸗ deckungsreiſe erreicht iſt. Aber die Mühe lohnt. Pögg⸗ ſtal!! Der Ort bietet wenig Intereſſantes, aber das Schloß iſt ein wahres Kleinod, beglückend durch die 1 loſe Geſtaltung einer Architektur, die mit Ueber⸗ ſchneidungen arbeitet und„anſtückelt“, wo es erforderlich iſt. Hier tut ſich der ganze Ganz verträumter deutſcher Romantik auf, die Welt Eichendorffs, Spitzwegs. Das Rondell des e durch Weinranken freundlich ausgeſchmückt, den ſchlichten Innenhof ſäumen verwitterte Arkaden. Die Farbe des Schloſſes iſt jenes gedämpfte Ocker⸗ gelb, das man in der Oſtmark ſo liebt, und das dem Auge wohltut. Auf dem Rückweg durchqueren wir das Weiten tal, eine langgeſtreckte, endlos gewundene Mulde, wie ſie dieſe Landſchaft in großer Zahl e Uns begleitet das ver⸗ gnügte Murmeln eines Baches, der alle Wegſchlängelungen unverdroſſen mitmacht. Auch hier wieder 1 9 5 uralter Vergangenheit. Ruinen rechts und links: Streitwieſe, die Mollenburg, Kuenringerfeſten mit gebor⸗ ſtenem n ee zerſtörten gotiſchen Kapellenerkern und klaffenden Brandmauern. Bei Weitenegg endet das Tal; wir haben die Donau wieder erreicht, und drüben am an⸗ deren 97 verglüht in der Abendſonne die barocke Faſſade des Stiftes Melk. Die zweite Entdeckungsreiſe, nach Süde n, beginnt in Aggsbach. Die wundervolle ſteilragende Ruine A g g⸗ tein und auch wohl die Ortſchaft fag ia dies⸗ und jen⸗ eits des Stromes kennen viele, aber die wenigſten wiſſen, aß eine Viertelſtunde von der Donau entfernt ein bauli⸗ ches Meiſterwerk liegt: die Kartauſe, ein ſäkulariſier⸗ tes Kloſter mit breiten Feſtungsmauern, eite lanken⸗ türmen und Schießſcharten, eines jener klerikalen Gebäude, das gleichzeitig auch als letzte Zuflucht der Bevölkerung in Kriegsnöten diente, ähnlich den unfernen Domen von Wei⸗ enkirchen, St. Michael und„ Kunſtvolle chmiedegitter zieren das Portal, und auch die Fenſter tragen gehe aus Kreuzſtäben. Der alte Kreuzgang blieb erhalten, und die Prälaturräume mit ihren barocken . werden den wenigen Fremden, die kommen, ge⸗ zeigt. Der Wolfſteingraben führt in den Dunkelſteiner Wald. Von der Ruine Wolfſtein ſtehen nur mehr ſpär⸗ liche Reſte. Der dicke, baufällige Wachtturm iſt durch und durch geborſten und gleicht einem alten Backenzahn. Ne⸗ benan in der kleinen Kapelle läutet der Dorfküſter unermüd⸗ lich ein winziges Glöckchen. Nach ein bis zwei Stunden Waldwanderung 72 man vor der Ruine Hohenegg, deren maſſige Faſſade, un⸗ geachtet ihres ſtarken Zerfalls, immer noch von bezwingen⸗ der Wirkung iſt. Eine ſagenhafte Wildnis wuchert zwiſchen dieſem klaffenden Gemäuer, ein undurchdringliches Gewirr von Akazien, Buchen, Birken und Holundergeſtrüpp. Zer⸗ ſplitterte Sparren, gotiſche Gewölbereſte greifen mit brök⸗ kelndem Strebwerk ins Geäſt der Büſche und Bäume, Treppenſtufen 1 ins Leere, Schutt rieſelt von den Wänden, winzige Bäumchen wurzeln in den Ritzen des 1 und ſprengen langſam ihr Gefüge, und feuranken ſuchen die Kahlheit der Faſſade zu umkleiden. Gleich hinter dieſer Burg ſenkt ſich das Gelände, und es iſt nicht mehr weit bis zu belebteren Gegenden und zur Eiſenbahn. Walter Schröder. 1 Hans Caroſſa In dieſem Jahre wird zum zwölften Male der Goethe⸗ Preis der Stadt Frankfurt verliehen. Der Verwaltungstat zur. des Goethepreiſes 825 wie ſchon gemeldet, ihn dem Dichter und Arzt Hans Caroſſa zuerkannt. Will man Caroſſa unter die zeitgenöſſigen Dichter einreihen, ſo 7 etwa Rainer Maria Rilke und Stephan George an einer Seite. 1927 war Stephan George der 8155 Goethe⸗ Preisträger und nun— ein Dutzend Jahre ſpäter— tritt Hans Caroſſa, der ſtets in Ehrfurcht vor George ſich neigte, ſelbſt in die Reihe der Goethepreisträger, der Dichter und 1 die, wie es in den Beſtimmungen des dethepreiſes heißt, ein im goetheſchen Sinne geſchloſſenes Lebenswerk aufzuweiſen haben. Caroſſas dichteriſcher Weg beginnt an der Kulturkriſe, die um die Jahrhundertwende offenkundig wurde. Mit dem ſanzen Gewicht einer überlegenen 2 0 lichkeit wandte er ich gegen Entartung und Verfall und bekannte ſich zu den n 5 5 Am 15. Dezember 1878 iſt der heute 1 Dichter in Königsdorf(Oberbayern) als Sohn eines Arztes gebo⸗ ren. Eine ungetrübte Kin 5 Winde er ſelbſt in ſeinem Buch„Eine Kindheit“. In Landshut beſuchte er das Gymnaſium und ſtudierte anſchließend Medizin und Natur⸗ wiſſenſchaften in München, Leipzig und Würzburg. 4 155 läßt er ſich als junger Arzt in Paſſau nieder mit der Ab⸗ ſicht. weniger Arzt zu ſein, als hauptſächlich die Aufgaben eines Dichters zu erfüllen. 1913 1175 das dichteriſche Selbſtbekenntnis Caroſſas„Die Schickſale des Dob⸗ ko s Bük.ger“. Bei Kriegsausbruch ſtedelt er nach Mün⸗ chen über und meldet ſich freiwillig an die Front. Als Stabsarzt machte er den Krieg zunächſt in Nordfrankreich, dann in Rumänien und ſchließlich wieder an der Weſtfront mit, bis er verwundet in die Heimat zurückgeſchickt wurde. Die Erlebniſſe des Krieges haben ihren Niederſchlag ge⸗ funden im„Kumäniſchen Tagebu ch“. Im Kriege und nach dem Kriege vollzog ſich wohl voll⸗ ends die Wandlung des Arztes zum Dichter. Nach dem „Rumäniſchen Tagebuch“ beendet er„Eine Kindheit“ und im Anſchluß daran die Fortſetzung ſeiner Lebensgeſchichte Verwandlungen einer Ju gend“. Die dichteri⸗ ſche Rückſchau der beiden Bände wird noch einmal vertieft in„Führung und Geleit“. 1931 erſcheint wiederum eine Dichtung aus dem eigenſten Lebenskreis„Der Arzt Gion“, wohl ſein ſchönſtes und reifſtes Werk, dem 1936 „Geheimniſſe des reifen Lebens— Aus den Aufzeichnun⸗ A folgte. Zahlreiche Gedichte und kleinere rzählungen vervollſtändigen das Bild dieſes Dichters. Der Goethepreis wird, wie üblich, am 28. Auguſt, dem Geburtstag Goethes verliehen und zwar in e 8a im Rahmen einer gemeinſamen Tagung der Goethegeſell⸗ ſchaft, der Deutſchen„Shakeſpeare⸗Geſellſchaft und des Freien Deutſchen Hochſtifts, zu der nahezu 600 Gelehrte und Forſcher aus der ganzen Welt nach Frankfurt a. M. kom⸗ men. Glanz und Elend Hollywoods Sorgen des amerikaniſchen Films Das deutſche Kinopublikum, zumeiſt in ſeinem weib⸗ lichen Teil, macht ſich unter dem Einfluß der amerikani⸗ ſchen Filmpropaganda und ihren Märchen von Hollywood ſeine eigenen Vorſtellungen: Hier ſcheinen ſich alle jugend⸗ lichen Hoffnungsträume zu verwirklichen; Hollywood iſt das Filmparadies der Welt; man wird ſchnell reich und berühmt, man bekommt hohe Gagen, man lebt großartig und glänzend; alles iſt eitel Glück und Freude. Die Film⸗ geſellſchaften, ſo denkt man weiter, die alljährlich ſo viele und große Filme herausbringen, ſtehen finanziell un⸗ erreicht da. Nichts wäre verkehrter, als aus den wenigen wirklich guten amerikaniſchen Spielfilmen, die bei uns zur Vor⸗ führung gelangen, einen Schluß auf die amerikaniſche Geſamtproduktion zu ziehen oder mit ihnen gar einen Maßſtab an unſere eigenen Filme zu legen. Denn was wir in unſeren Filmtheatern ſehen, ſind die amerikani⸗ ſchen Spitzenerzeugniſſe, und von den Vertretern der mitt⸗ leren oder gar der Maſſenproduktion, die vielfach für Zweiſchlagerprogramme hergeſtellt werden, findet(glück⸗ licherweiſe) kaum einmal einer ſeinen Weg zu uns. Man könnte an ihnen ſein Urteil über den amerikaniſchen Film⸗ ſtandard ſehr erheblich revidieren... Aber ſo ſicher es iſt, daß in der amerikaniſchen Filminduſtrie, der ja ein rieſiger heimiſcher Markt und die meiſten Auslandsmärkte unbehindert zur Verfügung ſtehen, die in dem ſonnenreichen Hollywood ein ideales Aufnahmegelände beſitzt, Milliarden⸗Kapitalien inveſtiert ſind, ſo ſicher iſt auch, daß die Lage der amerikaniſchen Filminduſtrie alles andere als roſig iſt. Ausnahmen be⸗ ſtätigen eigentlich nur die Regel. Davon zeugen ſchon die dauernden Klagen und in ihrem Gefolge die anhalten⸗ den Bemühungen, die Produktionskoſten von ihrer jetzigen Höhe auf ein normales Maß herunterzubringen. Die Rechnung bei der Produktion iſt echt amerikaniſch: Je mehr Geld in einem Film inveſtiert iſt, um ſo beſſer und zugkräftiger muß er ſein. Müßte er ſein! Deshalb erſcheint heute ein Koſtenſatz von einer Million Dollars für einen Film als durchaus normal, und Beträge bis zu zwei Millionen für einen„Superfilm“ ſind nicht mehr ſelten. Aber zwei Millionen Dollars müſſen auch in Amerika erſt einmal verdient werden. Die Zeiten des ſtummen und die Anfangsjahre des tönenden Films, in denen ein Film das Vielfache ſeiner Herſtellungskoſten wieder einbrachte, ſind längſt vorbei. Es gab ſeinerzeit verſchiedene Filme, die bei erheblich geringeren Produk⸗ tionskoſten als heute auf zehn Millionen Dollars Kaſſen⸗ einnahmen des Theaters blicken konnten! Iſt ſo auf der einen Seite ein ſtändiges Anwachſen der Produktionskoſten feſtzuſtellen, dem trotz aller Unter- ſuchungen und Sparmaßnahmen noch kein wirkſamer Einhalt geboten werden konnte, ſo muß auf der anderen Seite ein ſtändiger Rückgang der Einnahmen der amerika⸗ niſchen Filmgeſellſchaften verzeichnet werden. Dieſer Rück⸗ gang, der bereits vor einigen Jahren einſetzte, machte ſich beſonders ſtark bemerkbar im letzten Viertel von 1937 und hat ſich ſeitdem weiter fortgeſetzt. Gemeſſen an der gleichen Periode des Vorjahres dürfte dieſer Einnahme⸗ ſchwund ſich für das erſte Halbjahr 1938 auf 15 bis 20 Prozent belaufen, bei einzelnen Geſellſchaften ſogar darüber hinausgehen. Unter dieſen Umſtänden nützen auch die optimiſtiſchen Ankündigungen der einzelnen Geſellſchaften über den Theaterbeſuch nichts. Es iſt eine Tatſache, daß die Rieſen⸗ beſucherziffern in den Jahren der„Proſperity“ ſchon lange nicht mehr erreicht werden und daß die Beſucher⸗ zahl immer weiter abbröckelt. Der Gründe dafür gibt es viele: einmal die große Arbeitsloſigkeit in den Vereinig⸗ ten Staaten, die natürlich in erſter Linie ſich auf die Aus⸗ gaben für Vergnügungszwecke hemmend ausſorrken muß, zum anderen aber das geringe Niveau der meiſten ameri⸗ kaniſchen Filme— ſelbſt wenn ſie mit der größten Re⸗ klame als„noch nie dageweſen“ angekündigt werden. Von ſachverſtändigen Amerikanern wird ſogar dieſer Grund mehr als alle anderen für den Beſucherſchwund verant⸗ wortlich gemacht. Das amerikaniſche Publikum iſt der ſeichten Stofſe, der kliſchierten Handlung und des kliſchier⸗ ten Happyends müde. Und wenn die Theater verſuchen, über die heißen Monate mit beſonderen„Attraktionen“, mit längeren Programmen, mit erheblichen Eintritts⸗ preisſenkungen(bis zu zehn Cents), mit Zugaben in Ge⸗ ſtalt von kleinen und großen Geſchenken und Lotterien (wobei die großen Geſchenke bis zum Auto gehen) hin⸗ wegzukommen, ſo iſt es nach den Erfahrungen der frühe⸗ ren Jahre mehr als zweifelhaft, ob dadurch wirklich eine Beſuchsbeſſerung erzielt wird. Ein gewichtiges Wort für die finanzielle Lage der amerikaniſchen Filmgeſellſchaften ſprachen naturgemäß auch die Honorare, die an Spielleiter, Darſteller und lei⸗ tende Männer bezahlt werden. Für die Empfänger dieſer Bezüge ſtehen ſie zum Teil nur auf dem Papier; denn der Steuerfiskus faßt bei einer gewiſſen Höhe des Einkom⸗ mens ſehr ſcharf zu. So geht aus einer Zuſammen⸗ ſtellung über die Steuerbelaſtung der Hollywooder Künſt⸗ ler und Filminduſtriellen hervor, daß beiſpielsweiſe im Jahre 1937 neun Darſteller(unter ihnen Gary Cooper, Claudette Colbert und Marlene Dietrich) zwar ein Ein⸗ kommen von zuſammen über 2,7 Millionen Dollars hat— ten, daß ſie aber davon über 1,7 Millionen Dollars an den Steuerſäckel der Bundesländer und der amerikani⸗ ſchen Regierung ſelbſt abliefern mußten. Uebrig blieb für ſie alſo nur etwas mehr als eine Million Dollars, alſo noch nicht einmal 40 Prozent der geſamten Einnahmen. Trotzdem dürften ſich in viel ſchlechterer Lage die 20000 Extras befinden(wie die Komparſen in Holly⸗ wood genannt werden); ſie verdienten insgeſamt im Jahre 1937 nur 2986 372 Dollars, alſo um ein geringes mehr als die oben erwähnten neun Darſteller. Und wäh— rend bei einer Durchſchnittsbezahlung von zehn Dollars je„Job“(Tagesbeſchäftigung) gerade etwas mehr als lauſend Komparſen dauernde Beſchäftigung hätten finden können, muß man bedenken, daß ſich die Mehrzahl mit einer ein⸗ oder zweimaligen Tätigkeit im Monat— wenn überhaupt— zufrieden geben mußte. Der Prozentſatz an Statiſten, die wirklich nur von der Filmarbeit leben konnten, iſt unverhältnismäßig gering. RNundfunk⸗ Programme Reichsſender Stuttgart: Jeden Werktag wiederkehrende Programm⸗Nummern: 5.45 Morgenlied, Zeit, Wetter, landwirtſchaftliche Notierun⸗ gen, Gymnaſtit, 6.15 Wiederholung der 2. Abendnachrichten; 6.30 Frühkonzert;(7 bis 7.10 Nachrichten); 8 Waſſerſtands⸗ meldungen, Wetter, Marktberichte, Gymnaſtik; 8.30 Morgen⸗ muſit, 9.30 Sendepauſe; 11.30 Volksmuſik und Bauernkalen⸗ der, Wetter; 12 Mittagskonzert; 13 Zeit, Nachrichten, Wet⸗ ter; 13.15 Mittagskonzert; 14 Konzert bezw. Schallplat⸗ tenkonzert, 15 Sendepauſe; 16 Nachmittagskonzert; 18.30 Griff ins Heute; 20 Nachrichten; 22 Zeit, Nachrichten, Wet⸗ ter, Sport; 24 Nacht' nzert. Donnerstag, 18. Auguſt: 17 Zum Fünfuhrtee; 18 Eine Seefahrt, die iſt luſtig..; 19 Falſtaff, Oper von Verdi; 22.30 Volks⸗ und Unterhal⸗ tungsmuſik. Freitag, 19. Auguſt: 18 Muſikaliſches Brettl; 19 Zur Unterhaltung; 20.10 Das Weltbad Baden-Baden und ſeine Schwarzwaldſagen; 21.30 Anſchließend wird getanzt; 22.30 Tanz und Unterhal⸗ tung. Samstag, 20. Auguſt: 15 Arlaubsgrüße; 16 Muſik, die das Herz erfreut; 18 Man muß auch mal'nen Hupfer tun; 20.10 Es kommt halt das Glück auf einmal ganz dick, bunter Reigen; 22.30 Wir tanzen in den Sonntag. Reichsſender Frankfurt a. M.: Donnerstag, 18. Auguſt: 15 Für unſere Kinder; 15.30 Sendepauſe; 19 Allerlei vom Sport der Woche; 19.10 Seemannsgarn; 20.15 Unſer ſingendes, klingendes Frankfurt; 22.20 Unſere Kolonien; 22.30 Unterhaltung und Tanz. 5 Freitag, 19. Auguſt: 9.40 Mutter turnt und ſpielt mit dem Kind; 10.30 Im Aufwind, Bericht von der Reichsmodellbauſchule für Segel⸗ flugzeuge; 10.45 Sendepauſe; 15 Kleines Konzert; 15.30 Sendepauſe; 19 Schwarze Katze über'n Weg, Sendung vom Aberglauben; 20.15 Von der braven Infanterie laß ich all mein Lebtag nie; 21.15 Kammermuſik, 22.30 Unterhaltung und Tanz. 5 N Samstag, 20. Auguſt: 9.40 Deutſchland— Kinderland; 15 Bilderbuch der Woche; 15.15 Menſch, ärgere dich nicht; 15.30 Der Haſe tanzt, die Füchſin tanzt, es tanzen alle Tierlein; 18.30 Tra⸗ ditionsübergabe in der Stadthalle zu Koblenz; 19 Sportſchau des Tages und für den Sonntag; 19.10 Blasmuſik, 20.15 Uebernahme: 22.30 Wir tanzen in den Sonntag. Amerika gewinnt den Leichtathletikländerkampf Oben: Im 100⸗Meter⸗ Lauf ſiegt der Neger Johnſon in 10,5 Sekun⸗ den vor ſeinem Raſſe⸗ enoſſen Ellerbee und n Deutſchen Kerſch (rechts) und Hornberger. Unten: Der 110⸗Meter⸗ Hürdenlauf. Die beiden Amerikaner Wolcott führe links) und Tolmich ühren vor den Deutſchen Kumpmann und Wegner Kanz links). Rechts: Ein Ausſchnitt vom 1500⸗ Meter⸗Lauf. Noch führt der Amerikaner Rideout vor Körting⸗Deutſch⸗ land, dem ſpäteren Sie⸗ er Fenske⸗US A. und ehlhoſe, der den zwei⸗ ten Platz für Deutſchland belegte. Weltbild(M).