anne ue Ufos in nch ͤ ubun Sunk ut isn ound buli 0 angle 4 nao don een Sun r e N e er Bezugspreis; Monatlich Mk. 1.40, durch die Poft Mk. 1.60, im der Geſchäftsſtelle am Schalter abgeholt monatl. Mk. 1.20 Anzeigenpreiſe: Die 22 mm breite Willimeterzeile 3 Pfg., um Textteil 90 mm breit 18 Pfg. Rachläſſe gemäß Preisliſte Kr. 3. Anzeig.⸗Preisliſte 3 z. Zt. gültig. Anzeigenſchluß 9 Uhr Fernſprecher Rr. 47216. Poſtſcheck⸗Konto: Karlsruhe 78439. Dages- und Anzeigenblatt für Mannheim⸗Seckenheim und Umgebung. Verkündblatt für den Stadtteil Mhm.⸗Seckenheim. 2 G Erſcheint täglich, mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. Betriebsſtörungen uſw. berechtigen zu beinen Erſatzanſprüchen Druck und Verlag: Georg Zimmermann(Inh. Georg Härdle) Mannheim⸗Seckenheim, Zähringerſtraße 68. Verantwortlich für die Schriftleitung, ebenſo für die Anzeigen Georg Härdle Mannheim⸗Seckenheim, Hauptſtr. 120.— D.⸗A. VIII. 38. 1140 Freitag, den 16. September 1988 Proklamation Konrad Henleins an das Sudetendeutſch⸗ tum und die ganze Welt.— Die deutſchen Volksgenof⸗ ſen in der Tſchechei ſagen ſich los von Prag. Eger, 15. September. Der Führer der Sudekendeutſchen Partei, Konrad Hen⸗ lein, erläßt an das Sudetendeutſchlum, an das deutſche Volk und die geſamte Welt folgende Proklamation: Meine Volksgenoſſen! Als Träger Eures Vertrauens und im Bewußt⸗ ſein meiner Verantwortung ſtelle ich vor der geſamten Weltöffentlichkeit feſt, daß mit dem Einſatz von Ma⸗ ſchinengewehren, Panzerwagen und Tanks gegen das wehrloſe Sudetendeutſchtum das Unterdrückungsſyſtem des tſchechiſchen Volkes ſeinen Höhepunkt erreicht. Da⸗ durch hat das tſchechiſche Volk aller Welt vor Augen ge⸗ führt, daß ein Zuſammenleben mit ihm in einem Staate endgültig unmöglich geworden iſt. Die Erfahrungen einer 20jährigen Gewaltherrſchaft und vor allem die ſchweren Blutopfer der letzten Tage verpflichten mich, zu erklären: 1. Im Jahre 1919 wurden wir bei Vorenthaltung des uns feierlichſt zugeſicherten Rechtes auf Selbſtbe⸗ ſtimmung gegen unſeren Willen in den tſchechiſchen Staat gezwungen. 2. Ohne jemals auf das Selbſtbeſtimmungsrecht verzichtet zu haben, haben wir unter ſchwerſten Opfern alles verſucht, im tſchechiſchen Staat unſer Daſein zu ſichern. Alle Bemühungen, das tſchechiſche Volk und ſeine Verantwortungsträger zu einem ehrlichen und gerech⸗ ten Ausgleich zu bewegen, ſind an ihrem unverſöhnli⸗ chen Vernichtungswillen geſcheitert. In dieſer Stunde ſudetendeutſcher Not trete ich vor Euch, das deutſche Volk und die geſamte ziviliſierte Welt und erkläre: Wir wollen als freie deutſche Menſchen leben! Wir wollen wieder Friede und Arbeit in unſerer Heimat! Wir wollen heim ins Reich! Gott ſegne uns und unſeren gerechten Kampf! Konrad Henlein Feierliche Feſtſtellung Die in Aſch verſammelten Hauptleute der SDP ſtellen in vollem Verantwortungsbewußtſein vor aller Welt feſt: Die iſchechiſche Demokrakie läßt nun ihre heuchleriſche Maske endgültig fallen. Wehrloſe Frauen und Kinder, Hunderte von Toten und Schwerverletzten klagen an. Anker dem Deckmantel humanitärer Phraſen wird gemordet und geplünderk. Was heute im herzland vorgeht, kann nur ver ⸗ glichen werden mit den bolſchewiſtiſchen Greueln in Spa⸗ nien. Das Sudekendeukſchtum ſtellt vor aller Welt durch ſeine Volksführer feſt, daß es bis zum letzten Augenblick um eine friedliche Löſung bemüht geweſen iſt. Die e Re⸗ gierung lehnte jedoch alle Forderungen Konrad Henleins ab. Bei dieſen Zuſtänden im ee Staatsgebiet iſt es ſelbſtverſtändlich, daß jeder Sudekendeutſche ſein Leben und das ſeiner Familie mit allen Mitteln vor den mordenden und plündernden Horden verteidigt. Generalſtreik im Gudetenland In den meiſten Orten des ſudetendeutſchen Gebiekes wurde als Proteſt gegen den unerhörken kſchechiſchen Ter⸗ ror und den Einſatz von Panzerwagen und Maſchinenge⸗ wehren gegen friedliche Bevölkerung der Generalſtreik pro⸗ klamiert. In Reichenberg und zahlreichen anderen Orten haben alle Betriebe die Pforten geſchloſſen und die Arbeiter die Fabriken verlaſſen Auch die Zeitungen erſcheinen nicht mehr Die Arbeiterſchaft wurde in vielen Orten auf dem Heimwege von Polizei und Gendarmerie mit Schußwaffen bedroht, angegriffen und geſchlagen. Abgeordnete vor dem Standͤgericht Nach Mitteilung von amtlicher kſchechiſcher Seite ſind eine Reihe von ſudetendeutſchen Abgeordneten und Amks⸗ waltern von der kſchechiſchen Skaakspolizei feſtgenommen und dem Standgericht überſtellt worden, das gegen ſie auf Grund der Ausnahmegeſetze vorgehen werde. Von ſudetendeutſcher Seite verlautet dazu, daß ſich un⸗ ter den Verhafteten auch der Abgeordnete Wüngel be inde, der verſucht habe, in Görkau im weſtböhmiſchen Braun⸗ kohlenrevier zu vermitteln und dabei von der Staatspoli⸗ zei, der an der Beruhigung der Bevölkerung nichts lag, rückſichtslos feſtgenommen wurde. Da die Standgerichtsbe⸗ ſadeten ſehr ſcharf ſind, beſtehen für das Schickſal der I ührer die ſchlimmſten Befürch⸗ GSudetendeutſche Amtswalter verſchleppt Im geſamten ſudetendeutſchen Gebiet hat eine Verhaf⸗ kungswelle von ſudetendeutſchen Amtswaltern begonnen. Zur Verhaftung wurde nicht nur Gendarmerie, ſondern duch bewaffnete Rote Wehr eingeſetzt, die von der Gendar⸗ merie als 1. 0 aufgeboklen wurde. Die Amkswalter wurden dabei in zahlreichen Fällen den beſtialiſchſten Miß handlungen ausgeſetzt. Ebenſo iſt eine große Anzahl von Sudetendeutſchen durch Anwendung von Polizeigewalt zwangsweiſe zum Militär eingezogen, ſofort eingekleidet und dann ins tſchechiſche Gebiet abtransportiert worden. Für den Fall von Fluchtverſuchen wurde ihnen mit ſofortigem Erſchießen gedroht. Gewaltſame Einziehungen Zum Schießen auf Volksgenoſſen gezwungen! Wie aus Eger gemeldet wird, ſetzt das tſchechiſche Mi⸗ litär mit voller Abſicht Sudetendeutſche ein, die gezwungen werden, auf ihre wehrloſen deutſchen Volksgenoſſen zu ſchießen. Aus allen ſudetendeutſchen Gebieten ſind Meldungen angelangt, daß Deutſche aus 7 Wohnungen und Werk⸗ ſtätten zum ſofortigen Militärdienſtantritt eingezogen wur⸗ den. Wo dieſe e nicht gewaltſam vorge⸗ nommen wurden, leiſteten die Sudetendeutſchen keine Folge und flüchteten vor den ſie verfolgenden Sol⸗ daten und Poliziſten in die Wälder. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß von keinem Sudekendeuk⸗ ſchen erwarket werden kann, daß er der Einberufung zum iſchechiſchen Militär Folge leiſtet. Was geht in Eger vor? Aller Verbindungen unkerbrochen.— Wieder Geſchützfeuer. Hof, 16. September. Die Telephonverbindungen mit Eger ſind vom reichs⸗ deutſchen Gebiet her ſchon ſeit Mittwoch völlig unterbro⸗ chen. Die Stadt iſt weiterhin ſtark militäriſch beſetzt. Auch das deutſche Konſulat iſt ſelbſt mit Blitzgeſprächen nicht zu erreichen. In der Stadt herrſcht allergrößte Erre⸗ gung über die blutigen Zwiſchenfälle, zumal nach wie vor Panzerwagen durch alle Straßen raſen und dauernd Ge⸗ ſchützfeuer zu hören iſt. Die Hotels Viktoria und Welzel, die Sitze der Hauptſtelle der Sudetendeutſchen Partei ſind unter Geſchützfeuer genommen worden und bieten einen troſtloſen Anblick. Die Fenſter ſind geſprungen, die Türen durch e aus dem Rahmen geriſſen. In den Zimmern ſieht es aus, als ob dort Räuberbanden gehauſt 955 0 Es iſt kein Behälter, der nicht ausgeplündert wurde. ie Möbel wurden ſinnlos zerſtört, Sofas und Seſſel zer⸗ ſchnitten. Einige Räume wurden widerlich verunreinigt. Auch am Donnerstag ſoll es bei den Schießereien wie⸗ derum eine Reihe von Opfern gegeben haben, doch iſt darüber Genaues nicht feſtſtellbar, weil ſede Nachrichten⸗ übermittlung aus Eger mit Lebensgefahr verbunden iſi und jeder Straßenpaſſant gewärtig ſein muß, plötzlich un⸗ vermutet beſchoſſen zu werden. Auf reichsdeutſchem Gebiet ſind zahlreiche Flücht⸗ linge aus Eger eingetroffen, die dramatiſche Schilderun⸗ gen der unglaublichen Vorgänge gaben. Angeblich ſoll auch das deutſche Konſulat beſchoſſen worden ſein. Das Zimmer, in dem noch am Dienstag Konrad Henlein mit den Mit⸗ arbeitern Lord Runcimans verhandelte, iſt durch Geſchütz⸗ feuer zerſtört. Kommuniſtiſche Parteigarde vereidigt Ueber die Bartholomäusnacht in Eger werden weitere erſchütternde Einzelheiten bekannt. Schon Dienstag wurden die Marxiſten aus der weiteren Umgebung rund um Eger in Eger zuſammengezogen nach Pilfen befördert und dort ausgerüstet. Mittwoch vormittag wurden ſie— wie Augen⸗ zeugen berichten— in der Militärkaſerne von Eger von Gendarmerie und Polizei vereidigt. n Gegen 6.30 Uhr abends ſammelte ſich dann eine große Horde bewaffneter und uniformierter Rote Wehrmänner der marxiſtiſchen Parteigarde in der Bahnhofsgegend. Plötzlich fielen in raſcher Aufeinanderfolge Gewehr ⸗ ſcchüſſſe. Zu gleicher Zeit rückten drei Tanks gegen die Hauptſtelle der SDP vor. Die Schießerei verſtärkte ſich, die Tore der Hauptſtelle wurden mit Handgranaten ge⸗ ſprengt, dann traten e e e und die Geſchütze der Tanks in Tätigkeit. Die Marxiſten und Tſchechen ſchoſſen wahllos auf jeden, der ſich zeigte, Flüch⸗ tende wurden ſchonungslos niedergemacht. Zu der gleichen Zeit machten ſchwerbewaffnete Banden einen Feuerüberfall auf die Bezirksſtelle der SDP, wobei der Bezirksleiter Hansmann niedergeſchoſſen und ſchwer verletzt wurde. Die Schießereien in Eger dau⸗ erten von 630 Uhr abends bis 11.30 Uhr nachts. Bewaff⸗ nete Banden drangen ſogar in die Häuſer ein um Verhaftungen vorzunehmen und ihre Opfer niederzuma⸗ chen. Aus mehreren Orten wird gemeldet. daß Panzerwa⸗ en vor den Häuſern der Amtswalter vorfahren und in Stellung gehen; Militär verhaftete die Amkswalter der Partei. In Franzensbad bei Eger wird ſyſtematiſch Jagd auf Amtswalter und Mitglieder der Bewegung gemacht Bisher über 30 Blutopfer Auch am Donnerstag haben ſich die ſchweren Anruhen, die im geſamken ſudekendeutſchen Gebiet durch die Ver⸗ hängung des Ausnahmezuſtandes und die ungeheuerlichen iſchechiſchen Terrormaßnahmen von Polizei und Militär hervorgerufen worden ſind, fortgeſetzt. Die Stimmung iſt bis zur Siedehitze geſtiegen. Die Bevölkerung greift in ihrer Verzweiflung zu den primitivſten Waffen, um ſich ge⸗ gen den Terror, die zahlreichen Berhaftungen und die ſinnloſen Schießereien. die nunmehr ſchon weit über 30 Blutopfer allein auf ſudetendeulſcher Seite gefordert ha⸗ ben, zur Wehr zu ſetzen. Von tſchechiſcher Seite wird weiter der plumpe Verſuch gemacht, alle Vorfälle zu bagatelliſieren und ſogar abzu⸗ ſtreiten in der Hoffnung, daß das Ausland darauf herein⸗ fallen werde, da es keine Kontrollmöglichkeit beſitzt. Von den Tſchechen wird nach wie vor verſucht, einen Teil von den ſudetendeutſchen Toten als Tſchechen zu reklamie⸗ ren, insbeſondere, wenn ſie Träger tſchechiſch klingender Namen ſind, obwohl es ſich um Mitglieder der Sudeten⸗ deutſchen Partei handeln. Aeber 3000 Flüchtlinge Wie Wehrpflichtige eingezogen wurden. Berlin, 16. September. Die Jahl der ſudetendeukſchen Flüchtlinge hat ſchon 5000 überſchrikten. Auch am Donnerskag wuchs die Jahl der ver⸗ zweifelten Flüchtlinge aus ſudetendeutſchen Gebieten rapide an. An zahlreichen Grenzorten kamen ganze Familien an, die zum Teil kagelang ohne Lebensmiktel in den Kellern ihrer Häuſer geſeſſen hatten, weil draußen Straßenkämpfe kobten. Sie find verhärmt und elend und haben ihr ganzes beſcheidenes hab und Gut im Stich laſſen müſſen, um we⸗ nigſtens ihr nacktes Leben vor den bolſchewiſtiſchen Terror⸗ horden der Tſchechen zu retten. Aus dem Flüchtlingslager in Zittau berichtet u. a. die „Zittauer Morgenzeitung“!: Von den mehreren hundert Flüchtlingen, die an der Grenze bei Zittau dem Terror der Tschechen entronnen, ſind viele junge Burſchen, die von den Tſchechen gegen ihre deutſchen Volksgenoſſen eingeſetzt wer⸗ den ſollten. Sie erhielten in den letzten zwei Tagen Geſtel⸗ lungsbefehle mit ganz kurz befriſteten Terminen. Bei einem großen Teil von ihnen reichte die Zeit offenbar nicht einmal zur ſchriftlichen Einberufung ſondern ſie wurden durch tſche⸗ chiſche Soldaten und Gendarmen an den Arbeits⸗ plätzen abgeholt und ſo, wie ſie waren, in der Le⸗ derſchürze, in der Schloſſerjacke, in Hoſe und Hemd, zu den ſchwer eskortierten Laſtwagen des tſchechiſchen Militärs ge⸗ führt und von dort aus in die Kaſernen gebracht. Dort wurden ſie ſofort eingekleidet. Wem es in dieſer Situation noch irgend möglich war. entzog ſich den tſchechiſchen Häſchern, oft von Kugeln ver⸗ folgt. Zahlreiche dieſer jungen Burſchen flüchteten in die Wälder und pürſchten ſich auf Schleichwegen über die Grenze. Unter den Militärflüchtlingen befinden ſich ſolche bis zu 40 Jahren. Zur zweiten Gruppe der Flüchtlinge gehören in erſter Linie die Amts walter der Sudetendeukſchen Partei, ge⸗ gen die ſämtlich bereits Haftbefehl ergangen war Sie haben zum größten Teil hre Frauen und Kinder nur mit Mühe und Not über die Grenze bekommen und ſind jetzt, ſoweit ihnen das nicht gelang in größter Sorge um ihre Familien. Die Deutſchen in Nordböhmen haben ſeit Jahren ſchon um ihre Exiſtenz ringen müſſen Wirtſchaftsnot, Arbeitslo⸗ ſigkeit unvorſtellbaren Ausmaßes haben ſie ihre Familien, ihren Hausſtand und ihren beſcheidenen Beſitz nur unter den größten Entbehrungen gründen und erhalten laſſen. In einer einzigen furchtbaren Nacht nun haben ſie ſich blutigen Herzens entſchließen müſſen, ihr Hab und Gut auf⸗ zugeben, um ihr Leben für Deutſchland zu retten. Nun a 1 15 ſie in den Flüchtlingslagern mit armſeligen Hab⸗ eligkeiten und dem, was ſie gerade auf dem Leibe hatten. und aus ihren Augen ſpricht das Leid über ihren einem ungewiſſen Schickſal ausgelieferten Beſitz und ch Heimat. Froh ſind ſie aber doch, jetzt im Schutz deutſcher Volks⸗ genoſſen zu ſein, die alles tun, um ihnen ihre Situation ſo viel wie möglich zu erleichtern und zu helfen. Die Flücht⸗ 112 werden von der NS⸗Volkswohlfahrt muſtergültig be⸗ reut. Ein in Ebersbach eingetroffener Soldat deulſcher Natio⸗ nalität berichtet, daß bei ſeiner Truppe alle Sudetendeuk⸗ ſchen entwaffnet und als Geiſeln in Baracken unkerge⸗ bracht worden ſeien. Sie würden mit Maſchinengewehren bewacht, und es ſei ihnen gedroht worden, daß man ſie bei jeder Unruhe im ſudekendeutſchen Gebiet erſchießen werde. Tſchechiſche Mobilmachung? Große Reſerviſteneinziehungen— Wiederholt Prag den 21. Mai? i Karlsbad, 16. September. Die Einziehung von Keſerviſten in der Tſchecho ⸗Slowa⸗ kei hal ſolche Formen angenommen daß in vielen Betrie⸗ ben ſchon mehr als die Hälfte des Perſonals zum Heeres⸗ dienſt eingezogen worden iſt. Die Einziehungen erſtrecken ſich auf das geſamte kſchecho-flowakiſche Skaatsgebiel und auf ſämkliche Jahrgänge von 1894 an. Die Kaſernen rei⸗ chen krotz engſter Belegung bei weitem nicht mehr aus, und 8 ſind für zahlreiche Truppenteile Turnhallen, Gaſthaus⸗ äle und Markthallen requfriert worden, ferner auch zum Teil die Schulen. Die Straßen im ganzen Gebiet ſind ver⸗ ſtopft 5 lange mokoriſierke Truppenkeile, unter denen man beſonders zahlreiche Panzerwagen bemerkt. Augenzeugenbericht Reuters „Wie eine Stadt in Kriegszeiten“ Ein Reuter⸗Sonderkorreſpondent gibt ſeinem Büro in London einen Augenzeugenbericht über die blutigen Zwi⸗ ſchenfälle in Eger und die Gewaltmaßnahmen tſchechiſcher Soldaten und Polizei am Mittwoch abend. In einer heftigen Schlacht, die über vier Stun⸗ den dauerte, ſeien tſchechiſche Truppen mit Panzerwagen und Maſchinengewehren gegen den Hauptſitz der Sudeten⸗ deutſchen Partei und ein Hotel, das der Sdß zu Büro⸗ zwecken dient, und ebenfalls von Sudetendeutſchen beſetzt war, vorgegangen. Sechs Perſonen ſeien getötet worden, eine Frau, ein Bruder eines Poliziſten und vier Ziviliſten, unter denen ſich zwei Journaliſten der lokalen ſudetendeutſchen Zeitung befunden hätten. Die bei⸗ den Journaliſten ſeien ahnungslos und ohne irgendwie be⸗ teiligt zu ſein, in das Feuergefecht hineingeraten. Eger ſelbſt habe in der Nacht das Bild einer Stadt in Kriegszeiten ge⸗ boten. „Wir ſind Deutſche!“ Als Beiſpiel für den Mut der Sudetendeutſchen führt der Reuter⸗Korreſpondent folgende Begebenheit an: Als ſein Wagen, etwa 200 m von dem Kampfplatz ent⸗ fernt, durch eine Kugel einen Reifenſchaden erlitten habe, ſefen vier junge Sudetendeutſche herbeigeeilt und hätten den Wagen in einem regelrechten Kugelregen in Sicherheit gebracht und den Reifen ausgewechſelt. Als er, der Reu⸗ ker⸗Korreſpondent, ſich daraufhin ſehr bedankt habe, hätten die Sudetendeutſchen erwidert:„Das macht uns gar nichts aus, wir ſind Deutſche.“ Wie ein Heerlager Oberklingenthal, 15. Sepf. Die benachbarte Grenzſtadt Graslitz gleicht einem Heerlager. Gendarmerie und Milikär halten die Straßen beſetzt. In den frühen Morgenſtunden waren auch in Graslitz Panzerwagen ſchießend durch die Straßen geraſt. Auch hier kam es überall zu kſchechiſchen Gewalktäligkeiten. Den Sudetendeutſchen, die die Abzeichen der Sp krugen, wurden dieſe brutal heruntergeriſſen. Zn den Geſchäfksräumen der Bezirksſtelle der 855 hat⸗ ken die Tschechen bei der Durchſuchung wie Einbrecher ge⸗ hauſt. 5 35 der kleinen Stadt Graslitz befinden ſich nach einer Nachricht 400 Mann Militär, 300 Gendarmen und etwa 300 bewaffnete Bahn⸗ und Poſtbeamte! Am Marktplatz ſtanden zwei Tanks und 15 große Militärlaſtkraftwagen. In den Grenzorten Schwaderbach und Markhauſen, die man von reichsdeutſcher Seite einſehen kann, war es totenſtill. Nichts regte ſich dort; ſie gleichen ausgeſtor⸗ benen Orten. In Schwaderbach 1 85 ſich gegen 20 Uhr an⸗ eſichts der Ausſchreitungen der tſchechiſchen Soldateska die rdner der SDiß gezwungen, den Wachdienft einzuſtellen. Die meiſten folgten ihren geflüchteten Angehörigen und gin⸗ gen über die Grenze Schwaderbach war damit die ganze Nacht ohne Schutz. Da bewaffnete Kommuniſten ge⸗ meinſam mit den Tſchechen den Ort eingeſchloſſen hatten, ſchweben die geflüchteten Einwohner in furchtbarer Unge⸗ wißheit, welches Schickſal die zurückgebliebenen Kameraden erlitten haben und was aus ihrem hinterlaſſenem Eigen⸗ tum geworden iſt. Aus einer Reihe ſudetendeutſcher Städte wird gemeldet, daß ſyſtematiſch alle Amts walter der SDpPver⸗ haftet wurden, die ſich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten. 9 Panik in Prag Die Banken ſtellen die Zahlungen ein— Erfolgloſer Run auf die Kaſſen— Die Tſchechenkrone fällt Prag, 15. September. Das Vertrauen in den Beſtand der Tſchecho⸗ Slowakei und in die Sicherheit des Skaates iſt im Laufe der letzten 24 Stunden derart geſunken, daß die Abhebungen bei den Prager Großbanken und ihren Filialen im Lande unge⸗ ahnte Ausmäße angenommen haben. Sie erſtreckten ſich be⸗ reits auf einen weſentlichen Teil ſämklicher Arten von Ein⸗ lagen. In den Schalterräumen der Zenkralen und der Depo⸗ ſikenkaſſen ſpielten ſich am Donnerstag dramatiſche Szenen ab; zahlreiche Kontoinhaber forderken in größter Erregung ihr Geld zurück, wurden aber ubgewieſen. Die wenigen Bankfilialen, die Auszahlungen überhaupt noch vornehmen konnten, beſchränkten die Abhebung auf 2000 Tſchechenkronen je Konto. Deviſen ſind überhaupt nicht mehr zu bekommen. In der Nationalbank fand am Don⸗ nerstag eine Sitzung ſämtlicher Direktoren der Prager Großbanken ſtatt, die in Gefahr ſind, illiquide zu werden, weil zu allem Ueberfluß die Nationalbank ſich weigert, Rediskont auf Staatspapiere zu geben. Aus unterrichteten Kreiſen verlautet, daß die Banken beabſichtigen, ein all⸗ gemeines Moratorium zu erklären. Im Gegenſatz dazu ſind die ſudetendeutſchen Banken von dieſem Run auf die Kaſſen nicht be⸗ troffen worden; ſie gelten als abſolut ſicher und liquide. Der Wert der Tſchechenkrone iſt ſoweit geſunken, daß ſie inoffiziell nur noch mil ewa 4 Reichsmark für 100 Kro⸗ nen gehandelt wird, während der normale Kurswert auf 8,59 Mark für 100 Sronen fleht. Dämmerts dem Volke? Die Stimmung der tſchechiſchen Bevölkerung ſinkt all⸗ mählich auf den Nullpunkt, da ſich immer mehr die Er⸗ kenntnis durchſetzl. daß die Sache der Tſchecho⸗Slowakei von der Regierung Beneſch ſchlecht vertreten worden iſt und ſich dieſe Regierung durch ihre Terrormaßnahmen vor der ganzen Welt ins Unrecht geſetzt hat. Die tſchechiſchen Grenzler und Polizeibeamten verlaſſen in hellen Scharen das ſudetendeutſche Gebiet und fahren nach Prag. In den verſchiedenſten Orten der Tſchecho-Slowakeſ iſt es bereits 85 Unruhen, insbeſondere in der bäuerlichen ebölferung gekommen, die im Geaenſatz zum iſche⸗ chiſchen Großſtadtpöbel für das Verhalten der Regierung Beneſch kein Verſtändnis hat. Die Regierung verſucht mit allen Mitteln die Stimmung wieder emporzureißen und der Bevölkerung Mut zu neuen Terrormaßnahmen zu ge⸗ ben e ed dafür iſt eine Meldung des Prager Rundfunks am 1 in der es heißt:„Die englischen Krlegsſchiffe liegen in den Häfen zur Ausfahr: bereit. Tauſende von Franzoſen liegen in der Maginot⸗Linie. Dreſ Millionen Ratarmiſten ſtehen tatendurſtig an der Grenze der Sowſetunſon.“ Die iſchechiſche Bevölkerung hat keine Möglichkeit, die Richtigkeit dieſer Behauptung nachzuprüfen. Darauf ſpeku⸗ liert auch 515 1 che Rundfunk. in der Hoffnung, durch derartige plumpe Drohungen den tſchechlſchen Terkoriſten noch einmal den Rücken zu ſtärken und insbeſondere auch den tſchechiſchen Heeresformationen Mut zu machen, die in die ſudetendeutſchen Gebiete in Marſch geſetzt worden ſind und bei denen bereits Tauſende von Deſertionen zu verzeichnen ſind. Muſſolini an Nunciman „Schlagen Sie Beneſch die Volksabſtimmung vor.— Ein Herd der Anordnung und der Unruhe wäre beſeitigt.“ Mailand, 15. September. Muſſolini veröffentlicht im„Popolo d'Italia“ unter der Ueberſchrift„Brief an Runciman“ folgenden Artikel: „Als Sie vor einigen Wochen London verließen, um ſich nach Prag zu begeben, hatte die Welt beine klare Vor⸗ ſtellung davon, weshalb, in welcher Eigenſchaft und mit welchen Verantwortlichkeiten Sie dorthin gingen. War Ihre Miſſion offiziell? War ſie nicht offiziell? Alle mußten den Eifer bewundern, mit dem Sie ſich der beſchwerlichen Mühe unterzogen. Sie werden in dieſen Wochen Dutzende von Denkſchriften und Hunderte von Briefen geleſen, Dut⸗ zende von Personen empfangen und mit den Führern aller Nationalitäten verhandelt haben, denn es beſteht nicht nur ein Problem der Sudetendeutſchen, ſondern auch eines der Ungarn, eines der Polen, eines der Slowaken: ſo viele Probleme, als es Nationalitäten gibt, mit denen in Ver⸗ ſailles die Republik Beneſchs„inflationiert“ wurde. Ich glaube, daß Sie in Ihrem Innern bereits zu folgendem Entſchluß gekommen ſind: So wie es keine kſchecho-ſlowakiſche Nation gibt, ſo be⸗ ſteht auch kein kſchecho-ſlowakiſcher Staat. Sie, Herr Runciman, ſind nicht in eine Familie geraten, in der ein Mindeſtmaß von Herzlichkeit und Verſtändnis wie unter Individuen des gleichen Blutes herrſcht. Nein. Die„Kompetenten“ der tſchecho⸗ ſlowakiſchen Familie beſtehen aus verſchiedenen Raſſen ſtämmen, die ſich nicht ausſtehen können. Sie ſind nicht von einer zum Mittelpunkt hinſtrebenden, ſondern von ihm wegflie⸗ henden Kraft beſeelt. Nur der Zwan g hält ſie zuſam⸗ men. Wenn dieſer Zwang aufhören würde, wäre das Phä⸗ nomen des„Auseinanderfallens der Tſchecho⸗ Slowakei“ unvermeidlich und unaufhaltſam. In Verſailles hätte man ein Böhmen— hiſtoriſche Be⸗ zeichnung— mit einer einheitlichen tſchecho⸗ſlowakiſchen Bevölkerung ſchaffen ſollen. Man wollte indeſſen eine Tſchecho⸗Slowakei— eine Einheit, die niemals exiſtierte— aufblähen, und man ſchuf einen künſtlichen Staat, der ſeit der Entſtehung die Elemente ſeiner Schwäche und ſeiner Auflöſung in ſich trug. Ich glaube, Herr Runciman, daß Sie dieſe Lage in dem Zuſtand vorgefunden haben, den ich geſchildert habe. Und vielleicht haben Sie ſich gefragt, was da zu tun bleibe. (Man hat in der Tat davon geſprochen, daß Sie nach Lon⸗ don zurückkehren würden). Nein. Nach der Rede Hitlers kommt für Sie, Herr Runciman, das Schöne. Sie können etwas tun und etwas vollbringen, was in die Geſchichte eingehen wird. Die Zeit der Kompromiſſe iſt vorbei. Karlsbad iſt über⸗ lebt. Beneſch— als alter Parlamentarier— hat das Ren⸗ nen verloren. Sie, Herr Runciman, müſſen Herrn Beneſch einfach die Volksabſtimmung vorſchlagen, nicht nur für die Sudekendeutſchen, ſondern für alle Nationalitäten, die eine ſolche fordern werden. Wird Beneſch die Abſtimmung zurückweiſen? Dann könnten Sie ihm wiſſen laſſen, daß es ſich England ſie⸗ benmal ſiebenfach überlegen wird, ehe es ohne weiteres in einen Krieg hineingeht, um einen auch in ſeiner geographiſchen Form fiktiven und monſtröſen Staat auf⸗ rechtzuerhalten, der ſo oft als Krokodilſtaat oder als Staat in Form eines Darmes bezeichnet wurde. Wenn London ſagt, daß es feſt bleibe, dann wird ſich keiner rühren. Das Spiel iſt wirklich den Einſatz nicht wert Wenn Hit⸗ ler verlangen wür de, dreieinhalb Millio⸗ nen Tſchechen zu annektieren, dann hätte Europa recht; ſich zu erregen und ſich in Bewegung zu ſetzen. Aber Hitler denkt nicht daran. Der dieſen Brief ſchreibt, iſt in der Lage. Ihnen— vertraulich— zu ſagen, daß Hitler höflich, aber entſchieden ablehnen würde, wenn ihm dreieinhalb Millionen Tſchechen als Geſchenk an⸗ geboten würden. 5 Der Jührer beſchäftigt und bemüht ſich nur um dreiein⸗ halb Millionen Deutſche und nur um ſie. Niemand kann ihm ein ſolches Recht ſtreitig machen; niemand kann ſich der Erfüllung einer ſolchen Pflicht widerſetzen, am wenigſten ſige Italiener, die wir Präzedenzfälle in der Makerie be⸗ en.. Mut, Mr. Runciman, ſchlagen Sie die Volksabſtim⸗ mung, beſſer Volksabſtimmungen, vor. Es iſt eine präch⸗ tige und delikate Aufgabe. Es gibt kompakte Gebiete, wo die Abſtimmung die reine und einfache Angliederung an die Brüdervölker bedeuten wird. Es gibt dagegen Gebiete, wo die Stämme untereinander ſchrecklich vermiſcht ſind und wo eine ſcharfe Trennungslinie unmöglich iſt. Hier könnte ein Regime der ſogenannten paritätiſchen Kantoniſie⸗ rung oder etwas Aehnliches in Kraft treten, was u. a. der demokratiſchen Tradition entſprechen würde. Wie bei der Gaarabſtimmung Nachdem die Abſtimmungszonen feſtgelegt ſind, wür⸗ den nur noch der Zeitpunkt, die Modalitäten und die Kon⸗ krolle zu beſtimmen ſein, die einen inkernaljonalen Cha- rakter tragen könnte, wie es bereits mit zufriedenſtellenden Ergebniſſen bei der Saarabſtimmung der Fall war. Ich habe den Eindruck, Mr. Runciman, daß Sie dieſer Brief intereſſieren wird. Wenn die Angelegenheit erledigt iſt, 1557 es eine weitere vereinfachende Veränderung in der andkarte Europas und die Beſeitigung eines Herdes der Unordnung und der Unruhe. Ein auf friedliche Weiſe „deflationiertes“ Prag wäre ſtärker und ſicherer und könnte ungehinderter ſeinen Weg gehen, weil es nicht mehr mit dem Bleigewicht der feindlich geſinnten Nationa⸗ litäten belaſtet wäre. Während es für Italien praktiſch e iſt, heute eine Freundſchaftspolitik mit der gegenwärkigen Tſchecho⸗ Slowakei zu betreiben, wäre dies mit dem Böhmen von morgen der Fall. So würde die neue politiſch territoriale Lage einen neuen Ausgleich und neue Möglichkeiten ſchaf⸗ fen, und vor allem bliebe zuropa ein Krieg erſpart. Millionen von Menſchen ſind der Anſicht, daß dieſe Er⸗ ſparnis unumgänglich notwendig iſt. Mik Tinte gezogene Grenzen können mit anderer Tinke abgeändert werden. Etwas anderes iſt es, wenn die Grenzen von der Hand Gol. kes oder durch das Blut der Menſchen gezogen wurden.“ Chamberlain beim Führer Berchtesgaden, 16. September. Der britiſche Premierminiſter Neville Chamberlain traf Donnerstag nachmittag 16.55 Uhr im Kraftwagen des Führers, vom Grand⸗Hotel kommend, auf dem Berghof Oberſalzberg ein. Der Führer begrüßte ſeinen Gaſt, zu deſ⸗ ſen Ehren eine Ehrenkompanie der Leibſtandarte Adolf Hitler angetreten war, auf der Treppe ſeines Hauſes. Der britiſche Premierminiſter war begleitet vom briti⸗ ſchen Botſchafter in Berlin, Sir Neville Henderſon und dem Reichsminiſter des Auswärtigen, von Ribben⸗ trop, ferner von Sir Horace Wilſon und Mr. William Strang, ſowie von Staatsſekretär Freiherrn von Weizſäcker, dem Chef des Protokolls, Geſandten Freiherrn von Dörnberg. Staatsminiſter Dr. Meißner und Major Schmundt hatten den britiſchen Premierminiſter im Auftrag des Führers in Berchtesgaden erwartet und zum Berghof geleitet. Nach der Begrüßung folgte der britiſche Premiermini⸗ ſter einer Einladung des Führers zu einem Tee in der Halle des Berghofes, an dem mit dem britiſchen Premier⸗ miniſter und dem Führer die oben genannten Perſönlich⸗ beiten teilnahmen * Vor ſeinem A bflug aus London— Chamberlain hat z um erſtenmal ein Flugzeug beſtiegen— hatte er geſagt:„Ich befinde mich auf dem Wege zum deutſchen Reichskanzler, weil es mir ſcheint, daß die Lage ſo iſt, daß perſönliche Beſprechungen zwiſchen ihm und mir möglicher⸗ weiſe nützliche Folgen zeitigen könnten. Meine Politik iſt ſtets die geweſen, den Frieden zu ſichern, und die bereit⸗ willige Annahme meiner Anregung durch den Führer er⸗ mutigt mich in der Hoffnung daß mein Beſuch beim Füh⸗ rer nicht ohne Erfolg ſein wird.“ Vier Stunden nach ſeinem Start in London war Cham⸗ berlaſn um 12.30 Uhr auf dem Münchener Flugplatz ein⸗ getroffen. Freundlich lächelnd und in angeregter Unter- haltung verließ Miniſterpräſident Chamberlain in Beglei⸗ tung des Reichsaußenminiſters und des britiſchen Botſchaf⸗ ters in Berlin das Rollfeld, um ſich zu ſeinem Kraftwagen zu begeben, mit dem die Fahrt zum Bahnhof angetreten wurde. Unterwegs wurde Chamberlain von der Bevölke⸗ rung freundlich gegrüßt Nach ſeinem Eintreffen im Mün⸗ chener Hauptbahnhof der Lorbeer⸗ und Fahnenſchmuck trug, wurde der britiſche Premier im Fürſtenſalon, der mit der Hakenkreuzflagage und dem Union Jack geſchmückt war, von Staatsminiſter Gauleiter Adolf Wagner begrüßt, der den Gaſt ſodann zuſammen mit Reichsaußenminiſter von Rib⸗ bentrop auf den Bahnſteig zum Sonderzug geleitete Um 13.16 ſetzte ſich ſodann der Zug in Richtung Berchtesgaden in Bewegung. Als der Zug die Halle verließ, riefen ihm die auf dem Bahnſteig Zurüuͤckgebliebenen noch einmal herz⸗ liche Heilrufe nach. Kurz nach 16 Uhr traf Chamberlain in Berchtesgaden ein. Kundgebungen in London für Chamberlain Bet Entſchluß Premierminiſter Chamberlains, mit dem Führer i die durch die tſchechiſchen Greueltaten im ludetendeutſchen Gebiet ſchwierig gewordene Lage zu be⸗ e den hat in London größtes Auffehen hervorgerufen. Wie ein Lauffeuer durcheilte die Nachricht die große Men⸗ ſchenmenge, die ſich im Laufe des Abends im Regierungs⸗ viertel und vor der Wohnung des Miniſterpräſidenten an⸗ gefammelt hatte. Man verlangte Chamberlain zu ſehen und gab ihm durch lebhafte Kundgebungen Wünſche mit auf den Weg. „Offener Meinungsaustauſch“ Die Unterredung Chamberlains mit dem Führer— Die Besprechungen werden forigeſetzt Das Deutſche Nachrichtenbüro verbreitet folgende Ver⸗ lautbarung, die in den ſpäten Abendſtunden des Donners⸗ tag herausgegeben wurde: Der Führer und Reichskanzler hakte heuke auf dem Oberſalzberg mit dem brikiſchen Premierminiſter eine Be⸗ ſprechung, in deren Berlauf ein umfaſſender und offener Meinungsaustauſch über die gegenwärtige Lage ſtaktfand Der britiſche Premierminiſter fährt morgen nach Eng⸗ land zurück, um ſich mit dem britiſchen Kabinett zu bera⸗ ten. In einigen Tagen findet eine neue Beſprechung ſtatt Britiſch⸗franzöſiſches Einverſtändnis Daladier hat die Inikiative ergriffen Von der Agentur Havas über die Abreiſe Chamber⸗ lains nach Deutſchland befragt, erklärte Miniſterpräſident Daladier wörtlich: »In Anbetracht der ſchnellen Abwicklung der Ereigniſſe in der Tſchecho⸗ Slowakei, durch die lokale Verhandlungen 11 ſchwierig 1 wurden, habe ich gegen Ende des geſtrigen Nachmittags(Diensta 0 die Initiakive ergriffen, eine persönliche und direkte Fü ungnahme mit dem briki⸗ ſchen Miniſterpräſidenken aufzunehmen, um mit ihm zu. ſammen die Möglichkeit eines außerordenklichen Vorgehens ins Auge zu faſſen, das gemeinſam mit Deutſchland die Aeberpr 55 der wirkſamſten Mittel für die Sicherung einer freundſchaftlichen Löſung des Streitfalles zwiſchen den Sudekendeutſchen und der Prager Regierung und damik die Erhaltung des Friedens in Europa erlaubk. Ich bin beſonders glücklich über das Ueberein timmen der Anſichten der beiden befreundeten Regierungen.“ Der Gedanke der Volks abſtimmung krikt immer ſtärker in den Vordergrund Neben der Reiſe Chamberlains erörtern die Londoner Blätter weiterhin die tſchecho⸗ſlowakiſche Frage ausführlich. Dabei tritt immer mehr der Gedanke einer Volksabſtim⸗ mung der Sudetendeutſchen auf. Sehr hervorgehoben wer⸗ den von vielen Blättern Pariſer Meldungen, in denen an Hand franzöſiſcher Preſſekommentare die Anſicht vertreten wird, daß man ſich in Frankreich ſehr für einen Volksent⸗ ſcheid im Sudetenlande erklärt habe. In der Pariſer Mel⸗ dung des„Daily Expreß“ heißt es, Frankreich würde ſogar eine Vereinigung der ſudetendeutſchen Gebiete mit Deutſch⸗ land„geſtatten“ Auch der e Korreſpondent des„Daily Herald“ ſchreibt u. a. in Paris erörtere man jetzt ernſt⸗ lich die Frage eines Volksenkſcheides. In vielen Kreiſen habe man den Eindruck, daß es„zunächſt“ 0 e ſein 5 grundſätzlich den Gedanken eines Volksent cheids abzulehnen. g mam eren . Das Luftſperrgebiet im Weſten Einſatz von Polizeiflugzeugen.— Schutz des deutſchen Luftraumes auch im Frieden. Berlin, 16. September. Zum Schutze der auf Befehl des Keichsminiſters dei Luftfahrt, Generalfeldmarſchall Göring, an der Weſtigrenze eingerichleten e Jene Aachen, Trier, Pfalz und Ba⸗ den werden vom 20. September an Polizeiflugzeuge de⸗ Keichsluftaufſichtsdienſtes eingeſetzt. Durch Pakrouillenflüge ſichern die ſchnellen und beſonders bewaffneten in den Sperrgebieten ſtationierten Spezialflugzeuge den Luftraum. Hellgrüner Anſtrich von Rumpf und Tragflächen kennzeichnen die Polizeiflugzeuge die an beiden Seiten des Seitenſteuers die Reichsdienſtflagge tragen und außerdem am Rumpfe in weißer Farbe hinter dem Hoheitszeichen D die Buchſtaben„PO“ mit anſchlie⸗ Fender Nummer führen. Wird der Aufforderung zur Landung keine Folge geleiſtet, wird das Flugzeug unter Feuer ge⸗ nommen und nötigenfalls zum Abſturz gebracht. Die Warnund des Flugzeuges erfolat durch Leuchtſpurmunition. Die Flugzeuge müſſen auf dem kürzeſten Wege landen, nach Möglichkeit auf dem nächſtgelegenen Flugplatz außerhalb des Sperrgebietes. Wie ſeit Jahren andere inner⸗ und außereuropäiſche Staaten ihre Grenzen, vor allem ihre Luftſperrgebiete durch Polizeiflugzeuge ſchützen, ſo ermöglicht es das Befreiungs⸗ werk des Führers heute, den deutſchen Luftraum auch im Frieden mit dem notwendigen Nachdruck zu ſchützen. Kurzmeldungen Beſſerung im Befinden Görings Berlin, 15 Sept. Ueber das Befinden des eneral⸗ feldmarſchalls Göring wird durch den behandelnden Arzt folgendes bekanntgegeben:„Die Entzündung des Unter⸗ ſchenkels iſt weiteſtgehend im Rückgang begriffen und die zu Beginn der Blutvergiftung ſtark erhöhte Temperatur nähert ſich wieder dem Normalen. Dr. Morell.“ Berlin. Der Chef der Ordnungspolizei, V Obergruppen⸗ führer General der Polizei Daluege, vollendete ſein 41. Le⸗ bensjahr. 8 Hildesheim. Der italieniſche Staatsminiſter Jarinacci verließ mit der italieniſchen Delegation im Kraftwagen Hannover, um ſeine Landsleute, die nun ſchon ſeit vielen Monaten als Landarbeiter in Niederſach⸗ ſen weilen, an ihren Arbeitsſtätten zu beſuchen. Mähriſch-Oſtrau. Die tſchechiſche Zenſur beſchlagnahmte den polniſch⸗völkiſchen„Dziennik Polſki“ wegen eines Ar⸗ tikels, in dem gegen die chauviniſtiſche Tätigkeit tſchechiſcher Organiſationen in Bezirken mit polniſcher Bevölkerung Proteſtiert wurde. London. Außenminiſter Lord Halifax wurde am Don⸗ nerstag vom König im Buckingham⸗Palaft in Audienz emp⸗ fangen Salamanca. Wie der nationale Heeresbericht meldet, herrſcht an allen Fronten Ruhe. Die Luftwaffe bombar⸗ dierte in der Nacht erfolgreich militäri 1015 fla. 3 cht erfolgreich militäriſche Ziele in Villa Abſoluter Geſchwindigkeitsrekord Cobb erreichte 563,592 Stundenkilometer Bonneville, 16. Sept. Der Automobilgeſchwindigkeits⸗ weltrekord des Engländers Capt. C. E. T. Eyſton mit 556,010 Stundenkilometer hat 1 05 lange Beſtand gehabt. Es iſt jetzt dem engliſchen Fahrer John Cobb gelungen, den abſoluten Geſchwindigkeitsrekord auf 563,592 Stundenkilo⸗ meter zu treiben, die in Hin⸗ und Rückfahrt als Durchſchnitt auf dem Salzſee(Utah) gemeſſen wurden. Dieſe Leiſtung wurde in einem e e aufgeſtellt, der mit 2500 PS ausgeſtattet iſt, während Eyſtons„Blitz⸗ strahl“ nicht weniger als 6000 PS beſitzt. Auf ſeiner Fahrt über die abgeſteckte Meile wußte na⸗ türlich auch der Rekord über einen Kilometer daran glau⸗ ben. Mit 563.282 Stundenkilometer war hier faſt die abſo⸗ lute Geschwindigkeit erreicht. Roberto 1 8 einen te fin cen Bebo Lage 8 1. Kapitel. Thea Hanſen, Fräulein Doktor Thea Hanſen, Aſſiſtenz⸗ ärztin in der Frauenklinik, ſah nach der Armbanduhr; es war zehn Minuten vor ſieben Uhr abends und damit Höchſte Zeit, in die Klinik zu gehen und den Nachtdienſt zu übernehmen. Sie warf einen raſchen Blick durch die kleine Wohnung, ob alles in Ordnung war. Theas Wohnkame⸗ radin und Kollegin, Dr. Ilſe Runge, würde in den nächſten Minuten kommen und hatte es heute eilig. Fräulein Dr. Ilſe Runge hatte ſich kürzlich verlobt; und da Ilſe ſtets ein praktiſches Mädchen geweſen war, nannte der Erkorene ein großes kaufmänniſches Unterneh⸗ men ſein eigen und war ein ſehr vermögender Mann. Er würde Ilſe nachher im ier abholen, und ſie wollten ins Theater gehen. Das Abendkleid lag ſchon auf dem Bett, daneben war die Wäſche ausgebreitet. Thea hatte an alles gedacht. Sie und Ilſe waren Studienkameradinnen. Sie hatten a ihre Examina abgelegt, und nun hatte der Zu⸗ all es auch gewollt, daß ſie beide in der gleichen Klinik und in derſelben Abteilung arbeiteten. Sie löſten ſich häu⸗ fig ab. Eine war oft bei Tage tätig, die andere des Nachts. Die Folge war, daß ſie ſich eigentlich wenig ſahen. Aber das tat der Freundſchaft keinen Abbruch. Thea ſtand am Spiegel und ſchob eine rebellierende Locke ihres vollen dunklen Haares unter die Kappe. Dann, nach einem neuerlichen Blick auf die Uhr, ſtürzte Thea fort, und wenige Minuten ſpäter betrat ſie die Halle des gro⸗ ßen Sonderbaues im Klinikenviertel. Der junge Mann am Fahrſtuhl, ein friſcher, junger Burſche, riß ſich zuſam⸗ men und ſeine hellen Augen ſtrahlten. „Habe ſchon gewartet, Fräulein Doktor! Sie kommen zwei Minuten ſpäter als ſonſt.“ N 5 Ich habe mich ein wenig verſpätet.“ 5 ſſch lächelte ihm zu, während er die Fahrſtuhltür hin⸗ ter ſchloß. Gregs 1 beſſer, Karl?“ fragte ſie.„Keine Zahn⸗ ſchmerzen mehr?“ 3 Er ſchüttelte erfreut den Kopf. „Schwarz auf Weiß“ Eröffnung der Grenzlandpreſſeſchau Saarpfalz in Ludwigs⸗ hafen— Ein Kundgang r größte Ausſtellung dieſer 1 Die große Grenzland⸗Preſſeſchau„Schwarz auf Weiß“ im Hindenburgpark zu Ludwigshafen wird Freitag in der Feſthalle feierlich eröffnet. Die Preſſevertreter des Gaues Saarpfalz und Nord⸗ badens hatten geſtern nachmittag bereits auf einem Rund⸗ gang einen Einblick in die ungeheure Vielſeitigkeit und Ge⸗ ſchloſſenheit dieſer einzigartigen Ausſtellung bekommen. Die Ausſtellung gliedert ſich in drei Teile: 1. eine politiſche Schau, 2. eine Techniſche Lehrſchau und 3. eine Schau der zugehörigen Wirtſchaft. Im Mittelpunkt der politiſchen Schau, an deren Zuſtandekommen in dieſer Vielſeitigkeit ſich Hel⸗ mut Gauweiler ein Verdienſt erworben hat, ſteht die Ehrenhalle, wo wir einen Blick auf die Geſchichte der Pfalz, die in Zeitdokumenten wieder auflebt, werfen kön⸗ nen. Wir erleben nochmals die Zeiten, da ein Franz v. Sickingen, ein Ulrich v. Hutten und andere als Rufer zum großen Reich aufſtanden, wir ſehen ein Spiegelbild deſſen, was wir als Auswirkungen der franzöſiſchen Rheinpolitik in der Weſtmark kennen, aber auch die frühen ſpontanen Willensäußerungen unſerer Heimat zum großen Reich wie ſie beim Hambacher Feſt in den Revo⸗ lutionswochen des Jahres 1848 zum Ausdruck kamen. Der kulturelle Teil gibt uns einen Ueberblick über die ſaarpfälziſchen Zeitungen, wie ſie im vorigen Jahrhundert erſchienen und zeigt uns Originalſtücke von intereſſanten Zeitungen aus aller Welt, die zu einem Teil heute nur noch in einem Exemplar vorhanden ſind. Eine Zuſammenſtellung von Soldatenzeitungen aus dem Weltkrieg vermittelt uns bei aller Einfachheit einen Begriff von dem ſtolzen Geiſt deutſchen Frontſoldatentums, während auf der Gegenſeite in Wort und Bild auch die Zeiten des Verrats und der deutſchen Erniedrigung feſt⸗ gehalten werden, zur Ermahnung unſerer Jugend. Preſſefreiheit, wie ſie ſein ſoll und wie ſie einſt falſch verſtanden wurde, iſt der Leitgedanke einer weiteren Abteilung der Politiſchen Schau, die nachweiſt, daß Preſſe⸗ freiheit im liberaliſtiſchen Sinne zur Knechtſchaft der Preſſe unter dunkle weltanſchauliche und kapitaliſtiſche Kräfte führen muß. Man betrachte die Rieſenfotos der einſtigen „Macher“ der deutſchen Preſſe und ihre Naſen, und man verſteht, daß die Entwicklung im deutſchen Preſſeweſen vor dem Umbruch vom Volk und ſeinem natürlichen Inſtinkt wegführen mußte. a Nach der Abteilung„Judentum und Preſſe“ fin⸗ den wir im nächſten Raum den Gedanken„Ein Reich zerfällt“ an zahlreichen Beiſpielen dargelegt. Beſonders die Darſtellung der zerſetzenden jüdiſchen Zeitſchriften er⸗ läutert, wie tief die Verſuche zur Entſittlichung des deut⸗ ſchen Volkes bereits Wurzel geſchlagen hatten. Der nächſte Raum erinnert uns an den Kampf der deutſchen Parteien 5 der Nachkriegszeit und ihre oft ſkrupelloſen Preſſemetho⸗ en. Großfotos laſſen die Separatiſtenzeit wieder vor unſerem geiſtigen Auge erſtehen, und wir empfinden mit Stolz, daß unſere ſaarpfälziſche Bevölkerung allen frem⸗ den Verlockungen und Drohungen widerſtand. Selbſtverſtändlich ſind auch dem ſieghaften Kampf u m ie Saar und der deutſchen Oſtmark eigene Räume ge⸗ widmet, wo uns packende Bildmontagen an die ſtolzeſten Triumphe nationalſozialiſtiſcher Außenpolitik erinnern. „Weltpreſſe ohne Maske“ heißt die nächſte Abteilung, wo all die Lügen und Hetzmeldungen, die im Laufe der Zeit über das nationalſozialiſtiſche Deutſchland verbreitet wur⸗ den, wiedergegeben werden und daneben der wahre Sach⸗ verhalt. Man hält es geradezu für unglaublich, was alles Mengc wurde und muß ſich wundern, daß es Menſchen im Ausland gibt, die dieſe Märchen alle glau⸗ ben. Es ſind immer wieder die gleichen Methoden, hinter denen immer die gleichen Drahtzieher ſtehen. Wer irgend⸗ wie noch Zweifel hat, der ſchaue ſich den politiſchen Teil der Ausſtellung an, und er wird, wenn ihm überhaupt noch zu helfen iſt, ſie geheilt verlaſſen. In der Techniſchen Schau ſehen wir erſtmals in Deutſchland im Original, wie eine Zeitung entſteht, von der Uebermittlung der Nachricht an „Nein,“ erwiderte er.„Ich habe Ihren Rat befolgt. Ich habe ihn ausziehen laſſen.“ „Das war recht,“ ſagte ſie.„Guten Abend, Karl.“ Karl hatte eine neunmonatliche Erfahrung als Fahr⸗ ſtuhlführer hinter ſich, und er kannte jeden in der Klinik. Er kannte die Schweſtern, die Aerzte. Es gab Aerzte und Aerzte. Die vier Aerztinnen kannte er auch. Es gab Aerz⸗ tinnen und Aerztinnen. Keiner oder keine war ſo wie Fräulein Doktor Hanſen. Immer freundlich und immer hilfsbereit. Für die anderen war er, der Fahrſtuhlführer Karl, oft nur Luft; 1 Hanſen nicht. Und hurbacg. ſehr hübſch war ſie auch. Viel hübſcher als alle anderen. Karl war noch jung, erſt ſiebzehn Jahre alt, und am lieb⸗ ſten hätte er ſein ganzes Leben lang immer nur Fräulein Doktor Hanſen im Fahrſtuhl befördert. 3 „Na, wird's bald, junger Mann,“ hörte er plötzlich eine Stimme neben ſich.„Sie träumen wohl.“. Karl ſah Fräulein Doktor Ahrens vor ſich, auch eine von den Aerztinnen der Klinik, und auf ſeine Stirn trat eine Falte. Er ſagte zwar nichts, denn was hätte ein Fahr⸗ ſtuhlführer auch zu ſagen gehabt, aber er wußte, ſo hart und unhöflich wäre Fräulein Doktor Hanſen nie zu ihm geweſen. Es gab eben Aerztinnen und Aerztinnen. Thea war unterdeſſen in ihrer Abteilung angekommen und ſtand in dem Aerztezimmer bei ihrer Kollegin Ilſe Runge, deren Dienſt ſie übernehmen mußte. 5 „Alles ruhig, Hanſen,« ſagte Ilſe, ihren weißen Kittel ablegend.„Nichts Beſonderes— nur hat eine nach dir ge⸗ fragt— die alte Frau Medow. Sie iſt übrigens jetzt im Einzelzimmer untergebracht...“ 5 hea fuhr zuſammen. „Dann iſt alſo——— „Keine Hoffnung mehr, Hanſen. Ein Wunder, daß ſie überhaupt noch den Abend erlebt hat. Wie geſagt, ſie hat nach dir verlangt. Sie hat mir ſogar zugemutet, dich tele⸗ phoniſch rufen zu laſſen.“ 5 5 „Warum haſt du es nicht getan?“ fragte Thea ruhig. „Kind, warum dich in der Freizeit ſtören? Das würde zu weit führen, wenn das Mode würde. Wartet der Wa⸗ gen ſchon?“ 5 Die letzte Frage klang e Thea erklärte, daß ſie nicht darauf geachtet hätte, ob der Wagen mit Ilſes Verlobten ſchon da war oder nicht. 5 „Ich muß mich eilen,“ fuhr Ilſe lebhaft fort. Wir gehen in die Oper; und ich freue mich ſehr. Ich bin ja ſo 61 glücklich, Hanſen.“ 5 bis zur fertigen Zeitung. Das Deutſche Nachrichtenbüro har die modernſten Nachrichtenapparate aufge⸗ ſtellt, Preſſefunk, Fernſchreiber und Hellſchreiber. Hier laufen fortwährend die neueſten Meldungen ein und wer⸗ den von der Schriftleitung der Ausſtellungsleitung an Ort und Stelle verarbeitet. Selbſtverſtändlich hat der Ausſtel⸗ lungsbeſucher ſelbſt Gelegenheit, von dem Eintreffen der Nachrichten ſofort Kenntnis zu nehmen, indem er ſie am Fernſchreiber oder am Hellſchreiber ablieſt. Von der Schriftleitung, wo die Nachrichten redigiert, das heißt fer⸗ tig zum Druck gemacht werden, gehen dieſe an den tech⸗ niſchen Betrieb(zwei moderne Setzmaſchinen, Setzkäſten, Kliſcheeanſtalt für die Herſtellung bon Kliſchees zum Bil⸗ derdruck üſw.). Die fertig umbrochene Zeitungsſeite kommt dann in die Prägepreſſe, wo eine Mater, das iſt ein Ab⸗ druck der Seite, hergeſtellt wird. Die Mater wird im Gieß⸗ werk in halbzylindriſcher Form ausgegoſſen und die ſo her⸗ geſtellte Bleiplatte kommt auf die Walzen der Rotations⸗ maſchine. Die über 400 Zentner ſchwere Zeitungsrotations⸗ maſchine iſt ein wahres Wunderwerk der Technik, die den Fachmann mit heller Freude erfüllt und den Laien ſtau⸗ nen läßt. Die dritte ebenfalls recht umfangreiche Abteilung gibt einen Einblick in die Preſſearbeit der Partei und ihrer Gliederungen, ſie enthält Stände der verſchiede⸗ nen ſaarpfälziſchen und nordbadiſchen Tageszeitungen und 1 ſchließlich eine Schau der dazu gehörigen Wirt⸗ ſchaft. Noch niemals in Deutſchland— auch nicht in Berlin— wurde eine Preſſeſchau gezeigt, die ſo in ſich ge⸗ ſchloſſen und ſo frei von dem bei Ausſtellungen oft anzu⸗ treffenden unorganiſchen Zubehör iſt, wie hier in Lud⸗ wigshafen. Dabei läßt die Schau an Vielfältigkeit nichts zu wünſchen übrig. Das gilt beſonders auch inſofern, als die Ausſtellung eine Unmenge Material enthält, das unſer Gau Saarpfalz ſelbſt geſtellt hat. Das liegt nicht nur an dem außerordentlichen Fleiß der Männer, die an der Materialbeſchaffung beteiligt waren, ſondern auch an dem bewegten Geſchick unſeres Grenzlandes, das der politi⸗ ſchen Betrachtung in dee Preſſe und der Entwicklung des Preſſeweſens ſeinen Stempel aufdrückte. Zu erwähnen bleiben noch der eigene Leſeſaal auf der Ausſtellung, die Bildtelegraphſtelle der Reichspoſt, ein eige⸗ nes Kino und ſchließlich die Kd F⸗Halle, die jeden Abend ein hervorragendes Programm bietet. Auch ein äd Wagen g iſt auf der Ausſtellung zu ſehen. Was hat nun der Kdỹ⸗ Wagen auf der Preſſeſchau zu tun? So wird ſich mancher fragen. Gewiß, ſehr viel, denn lügneriſche Preſſemeldungen im Ausland waren es, die den Kd F⸗Wagen als ein Teil⸗ ſtück der deutſchen Aufrüſtung bezeichneten. Ausgerechnet die ſowjetruſſiſche Zeitung mit dem ſchönen Namen„Wahr⸗ heit“(„Prawda“) log, daß der Kd7⸗Wagen ein getarnter Tank ſei. Kann dieſe dreiſte Lüge nicht beſſer entkräftigt werden als dadurch, daß der in einer großen Darſtellung gloſſierten Preſſenotiz ein Original⸗Volkswagen gegenüber⸗ geſtellt wird? Den kann jeder ſehen und kann die geheim⸗ nisvollen Hebel ſuchen, mit denen man auf einen Schlag aus dem Auto des deutſchen Volkes einen ſchwerbeſtückten Tank machen kann. a 5 1000 qm umfaßt die Preſſeſchau, die in den kommen⸗ den Tagen, vom 16. September bis 3. Oktober, einen großen Zuſtrom der Volksgenoſſen aus dem Gau Saarpfalz und aus den benachbarten Gauen erwarten wird. Jeder politiſch inte reſſierte Menſch, und das iſt heut⸗ zutage jeder Deutſche, wird von dieſer Schau etwas mit nach Hauſe nehmen, und er wird falls er es bis heute noch nicht getan hat, der vielſeitigen Arbeit der Menſchen, die im Dienſt der Preſſe ſtehen, vom Schriftleiter bis zum Zei⸗ tungsträger, die ihnen zuſtehende Achtung entgegenbrin⸗ gen, denn es iſt Pflichterfüllung an Deutſch⸗ land. J. G. Ludwigshafen.(LVerkehrsopfer) In leichtfertiger Weiſe ſetzen immer wieder Leute ihr Leben durch unſinni⸗ ges Raſen aufs Spiel. In der Nähe der Landwirtſchaft⸗ lichen Verſuchsſtation der IG. Farbeninduſtrie ſtieß ein Motorradler beim Ueberholen eines Kraftwagens mit einem Laſtauto zuſammen und fand ſeinen Tod. Der Soziusfahrer wurde mit einem Oberſchenkelbruch ins Marienkrankenhaus eingeliefert. — Thea nickte zerſtreut, doch, als ihre Kollegin gehen wollte, rief ſie an der Tür noch einmal zurück. „Ein Wort noch, Runge,“ ſagte ſie,„hat Profeſſor Kru⸗ ſius Frau Medow noch geſehen? Profeſſor Kruſius war der Chirurg, der Frau Medow kürzlich operiert hatte. Der Eingriff war günſtig verlau⸗ fen—— Thea hatte das mit erfahrenem Blick gleich ge⸗ ſehen, denn ſie war während der Operation anweſend ge⸗ weſen. Alles, was Profeſſor Kruſius unternahm, war aus⸗ gezeichnet. Er war einer der beſten Chirurgen, die es gab, und doch ſtand er erſt in den dreißiger Jahren. Thea ſchwebte immer noch das freundliche, faſt kamerad⸗ ſchaftliche Lächeln vor Augen, mit dem er ſie bei ihrem erſten Zuſammentreffen begrüßt hatte. Sie hatte ihn, den berühmten Mann, ſeitdem oft bei der Tätigkeit geſehen und beobachtet. Nie, niemals war ihm ein Mißgriff un⸗ terlaufen oder eine Unſicherheit. Er war ein geborener Arzt und Chirurg. 5 Die Tatſache, daß es mit Frau Medow jetzt ſchlimm ſtand, war alſo nicht Kruſius“ Schuld— das wußte Thea genau. Er hatte alles getan, was in ſeinen Kräften ſtand, doch den Tod und die erſchlaffende„„ konnte auch er nicht beſtegen, Frau Medow war eine alte Frau und beſaß eine ſchwächliche Natur. Auch hatte ſie immer einen niedergeſchlagenen Eindruck gemacht, und man braucht nicht Arzt zu ſein, um nicht zu wiſſen, wie ſehr irgendein gehei⸗ mer Kummer den ſecliſchen Widerſtand einer älteren Pa⸗ tientin beeinfluſſen mußte. 5 „Nein, Kruſtus iſt nicht dageweſen,“ erwiderte Ilſe auf Theas Frage. „Ja, aber VV „Ich weiß,“ meinte Ilſe,„er ſollte ſofort angerufen wer⸗ den, wenn ſich das Befinden verſchlimmerte. Das iſt aus ben, ich habe ſelbſt angerufen. Aber er war nicht einer Wohnung, und die Dame am Telephon konnte nicht ſagen, wann er zurückkäme.“ g n haſt du ihm doch wenigſtens Nachricht a en? 4 5 5 5 „Selbſtverſtändlich. Mehr konnte. nicht Ich habe gemacht, was möglich war. Nun muß ich wirklich gehen. Erich wird warten und das Theater an. Wiederſehen—— And langweile dich nicht zu „Dein Abendkleid liegt bereit, rief Thea ihr nach Ilſe war ſchon fort. Thea zuckte die Achſeln un wandt um, um in den großen e e ae, 3 a i„ ortſetzung fo — Lalcale Nuudochiau Eine Woche der Volksgasmaske! Mit Genehmigung des Neichsluftfahrtsminiſteriums und in engſter Zuſammenarbeit mit der NSV. führt der Reichs⸗ luftſchutzbund in allen Gauen des Reiches in der Zeit vom 18. bis 25. September 1938 eine Woche der Volksgasmaske durch. Zweck dieſer Werbewoche iſt, mit einer gewaltigen Aufklärungswelle, die von den Amtswaltern der NS. und den Amtsträgern des RLB. in jedes Haus getragen wird, auch den letzten Volksgenoſſen zu bewegen, die Volksgasmaske zu erwerben, damit er im Falle eines Krieges gegen die chemiſchen Kampfſtoffe geſchützt iſt. Nach der Woche der Volksgasmaske darf es keinen Volksgenoſſen mehr ohne Volksgasmaske geben. Um dieſes große, für die Landes verteidigung ungeheuer bedeutungsvolle Ziel zu erreichen, werden Hunderttaufende von ROB.⸗Amtsträgern und NSV.⸗Amtswaltern in der Woche der Volksgasmaslke eingeſetzt, um die geſamte Be⸗ völkerung, Mann, Frau und Kind, mit der VM. auszurüſten. Volksgenoſſen! Lohnt die große Mühe, die Tauſende von Männern und Frauen ſich geben, daß ihr, wenn es noch nicht geſchehen, für euch und eure Kinder die Volksgas⸗ maske erwerbt. Auch bei uns muß es heißen: Nach der Woche der VM. keiner mehr ohne Volksgasmaske! Drei Verkehrsunfälle. In Mannheim ereigneten ſich drei Verkehrsunfälle, bei denen es vier Verletzte und man⸗ cherlei Bruch gab. In allen Fällen waren die Verkehrsvor⸗ ſchriften außer acht gelaſſen. a Im Dienſt verunglückt. Infolge eines Unfalles mit ſeinem Motorrad mußte ein Dienſt tuender Gendarmerie⸗ wachtmeiſter mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Kranken⸗ haus eingeliefert werden. Der Unfall geſchah in Ludwigs⸗ hafen. 5 I Ein Bühnenjubiläum. Am Samstag, 17. Septem⸗ ber, wird Sardous„Madame ſans gene“ in der Neuinſzenie⸗ rung von Hans Becker zum erſtenmal geſpielt.— Am glei⸗ chen Tage begeht Ernſt Langheinz die Feier der 25jährigen Zugehörigkeit zum Theater. Von den 25 Jahren hat er die letzten 14 am Mannheimer Nationaltheater gewirkt. * 0 8 5 Heiratsſchwindler zu Zuchthaus verurteilt. II Mannheim. Die Große Strafkammer verurteilte den 52jährigen Konrad Satter aus Oberhochſtadt(Pfalz) zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus, fünf Jahren Ehrverluſt und 600 Mark Geldbuße, die als durch die erlittene Unter⸗ ſuchungshaft verbüßt gilt. Außerdem wurde für ihn Siche⸗ rungsverwahrung angeordnet. Zum dreißigſten Mal in ſei⸗ nem Leben vor Gericht, hatte der Gauner ſich diesmal we⸗ gen Heiratsſchwindels und Anterſchlagung zu verantworten. Bereits zweimal verheiratet und wieder geſchieden, glaubte er das Frauenherz genügend zu kennen, um darauf ſeinen Schwindel aufzubauen. Natürlich fand er auch gläubige Her⸗ zen, zunächſt eines, mit deſſen 35 jähriger Inhaberin er die Ringe und einiges andere tauſchte, worauf er ihr die ſauer verdienten Erſparniſſe abknöpfte. Danach erkaltete ſeine hoch⸗ zeitsbereite Liebe, weil er bei ihr flüſſiges Kapital nicht wei⸗ ter feſtſtellen konnte. Die nächſte war eine Witwe, die es offenbar einmal ſchlechter haben wollte als in der erſten Ehe, denn ſie ſegelte mit vollen Segeln in ihr Verhängnis hinein, überließ dem Gauner die Wohnungsſchlüſſel, gab ihm Hunderte für die Beſchaffung von Heiratspapieren uſw. und fütterte ihn heraus. Mit dem Tauſch der Ringe war das Verlöbnis ſchnell beſiegelt und der Burſche wieder im Fett. Eines Tages fand die Heimkehrende leere Wäſche⸗ ſchränke, den Inhalt hatte er beim Pfandleiher verſilbert. 10 Gebote für Verdunkelungsübungen J. Verdunkelungsübungen dienen der Landes ver⸗ teidigung. Sie können nur Erfolg haben, wenn alle Hausbewohner gern und gewiſſenhaft arbeiten. 2. Jeder Volksgenoſſe muß ſich darüber im Klaren ſein, daß die Verdunkelung im Ernſtfall ein Dauerzu⸗ ſt and ſein wird. Alle Vorbereitungen müſſen daher allein unter dieſem Geſichtspunkt betrachtet werden. 3. Insbeſondere muß für Abblendun g der Fen⸗ ſterr in jedem Raum(lauch an der Rückfront und in den Nebenräumen) geſorgt werden, damit das Leben in der Wohnung in gewohnter Weiſe weitergehen kann. 4. Es iſt fa! ſcch einen Teil der Zimmer während der Uebung abzuſchließen oder die Birnen herauszuſchrauben. 5. Es widerſpricht dem Zweck der Uebung, in einem Zimmer enggedrängt an einem Tiſch zu ſitzen. Die Abendſtunden der Familie am Uebungstag ſollen nicht an⸗ ders wie ſonſt auch verlaufen. 6. Alle Volksgenoſſen müſſen ſich— ſoweit ihr Beruf ſie nicht hindert— am Uebungsabend in der Woh⸗ nung aufhalten. Die kleinen Unannehmlichkeiten kann und muß jeder im Intereſſe aller Hausbewohner auf ſich nehmen. 7. Jeder muß ſich für die Verdunkelung intereſſieren. Es iſt verwerflich, ihr dadurch auszuweichen, daß man ſich ins Bett legt. N 5 8. Es iſt auch falſch. mit der ganzen Familie ens Wirtshaus zu gehen und erſt nach Uebungsſchluß zu⸗ rückzukehren. 9. Wer ſich der Uebung entzieht, betrügt ſich ſelbſt und ſeine Angehörigen. Im Ernſtfall würde, weil er ſich nicht richtig vorbereitet hat, er ſelbſt und die Allgemeinheit den Schaden haben. 10. Es wird bei den Verdunkelungsübungen an die Einſicht und Tatbereitſchaft alter Männer vnd Frauen appelliert. 8 Badiſche Chronik (Aus dem Zug geſtürzt.) Ins Heidelberg. Akademiſche Krankenhaus wurde ein ſchwerverletzter junger Mann eingeliefert, der auf der Fahrt zwiſchen Weinheim und Heidelberg aus dem Zug gefallen war. Doſſenheim b. Heidelberg.(Adlerwirtin 90 Jahre alt.) Frau Käthe Schröder, die Wirtin vom „Schwarzen Adler“, feierte ihren 90. Geburtstag. J Wiesloch.(Auf die Schranke gefahren.) Nahe dem Bahnübergang am Ortsausgang fuhr der 20⸗ jährige Sohn des Einwohners Knopf auf die zu ſpät be⸗ merkte geſchloſſene Bahnſchranke auf und mußte mit Kopf⸗ verletzungen und einem Naſenbeinbruch die Heidelberger Kli⸗ nik aufſuchen. i Weinheim.(Vom Scheinwerfer geblendet) In der Nähe des Schlachthofes wurde der Lenker eines Per⸗ onenautos aus Laudenbach durch ein entgegenkommendes Scheinwerferlicht ſo ſtark geblendet, daß ſein Wagen in den Straßengraben fuhr und die Frau des Wagenlenkers ſchwere Kopfverletzungen davontrug. Eberbach.(Zu leicht genommen.) Wie ernſt man eine Halsentzündung nehmen ſoll, aus der oft die ſchwer⸗ ſten Krankheiten entſtehen, zeigt ein Fall in Eberbach. Die Ehefrau des Werkzeugfabrikanten Karl Backfiſch erkrankte an einer Halsentzündung, die offenbar verſchleppt worden iſt und nun mit dem Tode der Erkrankten endete. Vier Kinder trau⸗ ern an der Bahre ihrer Mutter. E Elſäffiſche Milchwirtſchaftler beſuchen Baden. (). Karlsruhe. In Erwiderung eines Beſuches badiſcher Milchwirtſchaftsſachverſtändiger im Elſaß wird am 23. und 24. September eine Gruppe elſäſſiſcher Milchwirtſchaftler eine Reiſe durch Baden unternehmen. Auf ihrer Studienfahrt werden die elſäſſiſchen Milchwirtſchaftler Freiburg und das Schwarzwaldgebiet, das Murgtal ſowie Mittelbaden und die Milchzentrale Karlsruhe und ſchließlich Heidelberg und das unterbodiſche Milchwirtſchaftsgebiet berühren. * Der Obſtausfal! in Baden und im Reich. () Kaclsruhe. Das Jahr 193g iſt bekanntlich, verur⸗ ſacht durch die Frühjahrsfröſte, für den deutſchen wie für den badiſchen Obſtbau ein Kataſtrophenjahr geworden, das uns einen fühlbaren Ausfall an dem für unſere Verſorgung jo wichtigen Obſt bringen wird. Von dem Umfang des Obſtausfalls können wir uns einen Begriff machen, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß in Deutſchland im Jahr 1937 18 Millionen dz aus eigener Ernte zur Verfügung ſtan⸗ den, während wir dieſes Jahr ſchätzungsweiſe nur 2,5 Mil⸗ llonen dz Aepfel bekommen werden. Der Ausfall allein an Aepfeln beträgt alſo für das ganze Reich ungefähr 12—13 Millionen dz. Im Vorfahr wurden zuſätzlich weitere 1,5 Mill, dz Aepfel aus dem Auslande eingeführt; in dieſem Jahr ſind jedoch die Einfuhrmöglichkeiten nicht größer ge⸗ worden. In Baden hatten wir im Jahre 1937 eine Apfel⸗ ernte von über 2 Millionen dz, während wir in dieſem Jahr aus unſeren badiſchen Obſtbaugebieten nach vorſichtiger Schätzung nur etwa 25 000 dz Aepfel ernten werden. () Sandmeier b. Ettlingen.(In ein Laſtauto hin⸗ eingefahren.) Der 6jährige Landwirt Mathias Mer⸗ kel von Sandweier iſt mit dem Fahrrad tödlich verunglückt. Er wollte, vom Felde kommend, noch vor einem auf der lin⸗ ken Fahrbahn in etwa 100 Meter Entfernung von Raſtatt kommenden Kraftwagen auf die rechte Straßenſeite hin⸗ überwechſeln und fuhr beim Ueberqueren der Straße direkt in einen aus der entgegengeſetzten Richtung fahrenden Laſt⸗ wagen hinein. Merkel wurde mitgeſchleift und ſo ſchwer ver⸗ letzt, daß der Tod ſofort eintrat. Der Getötete hätte am Mittwoch ſeinen 69. Geburtstag feiern können. J) Langenſteinbach b. Ettlingen.(Den Verletzun⸗ gen erlegen.) Der 57jährige Gärtner Simon Weißer vom Erholfungsßbeim Langenſteinbach, der bei einem Unfalk in Kan uhe als Beifahrer von einem Kraftrad geſchleu⸗ dert und ſchwer verletzt wurde, iſt geſtorben. Der Verunglückte hinterläßt Kinder. ) Pforzheim.(Zwei Selbſtmorde.) Im Kanz⸗ lerwald fand man an einem ſchluchtartigen Weg die Leiche eines 59jährigen Malermeiſters, der ſich kurz zuvor erſchoſ⸗ en hatte. Im Stadtteil Sedan erſchoß ſich am gleichen Tage ein 64jähriger Einwohner mit einer Kugelflinte. Stockung des Seuchenrückzuges () Kaelsruhe. Nachdem in den letzten Wochen die Maul⸗ und Klauenſeuche beſtändig einen ſtarken Rückgang in unſerem Gebiet durchgemacht hat, iſt in dieſer Woche eine leichte Umkehr der Entwicklung eingetreten. Sie gibt aber keinen Grund zu irgendeiner Beunruhigung, weil der Seu⸗ chenausbruch verhältnismäßig gering war. Denn in nur zweß Gemeinden iſt ſie neu und in drei wieder ausgebrochen. Es handelt ſich um folgende Ortſchaften: Amt Karlsruhe: Klein⸗ ſteinbach, Wöſchbach; Amt Kehl: Sand; Amt Mannheim: Ladenburg; Amt Müllheim: Hügelheim. Das Seuchengeſpenſt hat folgende vier Gemeinden ver⸗ laſſen: Amt Buchen: Hirſchlanden; Amt Raſtatt: Haueneber⸗ ſtein, Kuppenheim; Amt Ueberlingen: Kluftern. Somit waren am Abend des 13. September 1938 ins⸗ geſamt 57 Gemeinden und Vororte in Baden noch verſeucht. Am Ende der letzten Woche waren es bekanntlich 56 Ort⸗ ſchaften. ſechs Marktberichte Mannheimer Getreidegroßmarkt v. 15. Sept. Sämtliche Notierungen unverändert. Vom Tabakmarkt Die 1937er Tabake deutſcher Herkunft haben ihre Haupt⸗ erwärmung und nachfolgende Mai⸗Fermentation gut hin⸗ zer ſich gebracht. Die Sandblätter ſind in den Vergärer⸗ agern bereits verpackt und treten den Weg zum Verarbei⸗ er an. Es handelt ſich dabei nur um Zigarrenmaterial, denn das größtenteils maſchinenfermentierte Schneidegut⸗ ſtand 9 5 vor vier Monaten der Fabrikation zur Verfü⸗ gung. Die Zigarren⸗Sandblätter erbrachten, ſoweit die Blaktverhältniſſe ausreichten, ein gutes Umblatt bei ſchö⸗ nem Brand und vollbrauchbarer Qualität. Das Material iſt etwas kräftig und dadurch, daß das Blatt in ſeiner Kon⸗ ſiſtenz etwas feſter war, ergab es mehr Umblatt. Die Haupt⸗ gut⸗Tabake haben ſich in der Mai⸗Fermentation noch ein⸗ mal gut erwärmt, ſo daß ſich ihre Qualität verbeſſerte. Sie fate ſich ſchön geputzt und werden jetzt zum letzten Male ortiert und verleſen, um dann verpackt zu werden. Die Ta⸗ bake ſelbſt ſind nicht ſo leicht wie die der Ernte 1936; ſie liegen etwas ſchwer auf der Hand, ſind etwas voller, aber trozdem ſehr wohl brauchbar. Einzelne Sorten aus dem Bühlertal, Hanauerland und Ried lieferten einen beſonders großen Umblattanteil. Die 1937er Bruh⸗ rainer⸗ und Neckartabake werden jedoch mei⸗ 5 nur als Einlagen angeſprochen werden können. Die abake aus den Pfälzer Tabakbaugemeinden, die ſich⸗ vornehmlich um ein gutes Obergut bemühten, ſind beſon⸗ ders gut ausgefallen bei einer reſpektablen Ergiebigkeit im Umblatt. Die Nachtabake, in Farbe und Konſiſtenz gut, ſindd ebenfalls ſchwerer als die der 1936er Ernte, ergeben jedoch eine ſchöne und ſaubere Einlage.— Im Tabakhandel ſind zurzeit die Umſätze gering, da der größte Teil der 1937er Ernte bereits abgeſetzt iſt Die allgemeine Tendenz des Preiſes iſt als feſt zu bezeichnen. Die Preisſpannen für 1937er Erntegut bewegen ſich ſe Ernteanteil, Provenienz, Qualität und Verarbeitungszweck zwiſchen 75 und 175 Mark je 50 Kilogramm. Die erſten Grumpeneinſchreibungen der 1938er Ernte werden vorausſichtlich in der zweiten September⸗Hälfte ſtattfinden. Heute Freitag bis Montag Wirtschaft, Zum goldenen Hirsch“ Tanz-Musik. Es ladet freundlichst ein Behagl. möbl. Zimmer in gutem Hauſe zu vermieten. bengenbacherstr. 9 2. Stock). Am Sonntag Abend ab 8 Uhr Karl Zwingenberger. 8 Gebrauchter * Ainder⸗ aus wöchentlich mueben keen ue aten Kaſtenwagen friſcher Röftung. Sie enthalt. alle wirksamen(dunkelblau) Bestandteile des reinen un- verfälschten Knoblauchs in Jak. Würthwein zu verkaufen. leicht löslicher. gut ver- Freiburgerſtr. 45 Lebensmittel, F. 8 5 82 n 10K 5 e L:(2. Stock). Kaffeeröſterei. — 5 2 sowie gegen Würmer. Geschmack. U. 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Und wie hatte man die⸗ ſen Regen begrüßt als eine Erquickung nach hochſommer⸗ licher Hitze! Dann aber brach aus regengrauen Tagen wieder die Sonne hindurch und ſtrahlte vom blauen Him⸗ mel, als ob nichts geweſen wäre. Als aber die Menſchen vor die Tür traten, um dieſen Sonnenſchein zu genießen, da ſpürten ſie zum erſten Male die Friſche des Tages, ſpürten, daß der Sonne wärmende Kraft nicht durch den kühlen Morgen dringen wollte, obgleich der Himmel in wolkenloſer Bläue ſtrahlte. Es herbſtelt, ſo dachte ein jeder, die Tage des Sommers ſind vorüber. Irgend etwas von Bedauern und Traurigkeit liegt in dieſer Feſtſtellung. Man jauchzt dem Frühling ent⸗ gegen, man genießt die Freuden des Sommers, aber jedes⸗ mal, wenn ſich der Sommer ſeinem Ende zuneigt, iſt es wie ein leiſes Verzichten auf unwiederbringliche Dinge. Man kann daran nichts ändern, wenn uns auch die Ver⸗ nunft ſagt, daß der Herbſt auch ſchön iſt. Die wehmütige Stimmung dieſes Wendepunktes muß erſt überwunden werden. So iſt es mit dem Herbſt in der Natur ebenſo wie mit dem Herbſt im Leben. Einmal aber kommt der Tag, an dem man ſich den Segebenheiten nicht nur aus Vernunft beugt, ſondern mit jener verſtehenden und mitempfindenden Weisheit, die in dem Rhythmus der Jahreszeiten ein wunderbares ſchöpfe⸗ riſches Walten erkennt. Welches Daſein wäre vollendet, wenn es nur von den Blüten des Frühlings und den Freuden des Sommers zu berichten wüßte, dem jene wun⸗ derbare Erfüllung des Herbſtes mit ſeinen Früchten feh⸗ len würde? Nein, wir wollen nicht hadern. Jeder natur⸗ bedingte Zuſtand iſt ſchön, trägt in ſich eine eigene Har⸗ monie. Und auf einmal iſt der Herbſt ſo golden, ſo auf ſeine eigene Art beſchwingt. Hat er nicht die Trunkenheit der Jugend, gehört ihm der fröhliche Rauſch des Weines. Es herbſtelt. Nun klingt das Wort nicht mehr ver⸗ zichtend, ſondern wird zu einer wunderbaren Weiſe, die unſer Herz erfüllt, ein Adagio voller köſtlicher Melodien, in denen alle Erinnerungen an den Frühling und Som⸗ mer mitſchwingen. Und wenn im Herbſt alle Früchte ge⸗ borgen werden, ſo ſollen auch wir die Früchte unſeres Lebens einheimſen. Wer im Frühling ſeine jungen Kräfte regte und im Sommer männlich reifte, der braucht um den Herbſt nicht zu bangen, dem wird dieſes Einheimſen der Lebensfrüchte zum Genuß. Vermag man auch die Dinge nicht umzukehren, ſo kommt doch in unſeren Kindern der Frühling wieder zu uns und erhält das Herz jung. Wehe den Menſchen aber, die der Zeit entgegenleben, die im Frühling nicht jubeln können und von der Reife des Som⸗ mers nichts wiſſen! Der Herbſt iſt wunderbare Erfüllung, wenn er Früchte bringt. So herzlos iſt die Natur nicht, daß ſie uns alles raubt. Wo ſie etwas nimmt, beſchenkt ſie uns zugleich. So wollen wir den Herbſt grüßen, nicht als einen wehmütigen Geſellen, ſondern als Freund. Es mag frei⸗ lich leichter ſein, den Frühling zu beſingen; aber auch der Herbſt hat die Lieder, die ſeinem Preiſe gelten, wohl ver⸗ dient. Freilich, die herbſtliche Weiſe flötet nicht von der Liebe Luſt, da klingen die Hörner, das ernſthaft⸗frohe Halali der Jagd. Da mag es keine Zeit mehr ſein, um Blumen zu pflücken. Aber ſchön iſt es, im Herbſt durch die hehre Majeſtät unſerer Wälder zu ſchreiten, wenn das Laub unter unſeren Füßen raſchelt und irgendwo ein Eichelhäher krächzt, wenn die Krähen über die Stoppel⸗ felder fliegen und die Herbſtſtürme das Meer aufwühlen. Wer hätte nicht Freude an dieſer männlichen Weiſe? Wer möchte ſie überhaupt miſſen? Im Rhythmus des Lebens iſt der Herbſt ein wunderbarer, klingender Akkord voll eigener, ergreifender Schönheit! J. B. Wieder einmal gleitet mit morgendlichen Nebeln; kühler Sonne und immer mehr ſich verkürzenden Tagen das Jahr hinein in den ſtillen Herbſt, der mit dem letzten Gold, mit letztem Farbenprunk noch einmal die Welt aus ſchier unerſchöpflichem Füllhorn überſchüttet. In ſanftem Fall löſt ſich das Laub von den Bäumen und ſchwebt in beſinnlichen Spiralen zu Boden. Weshalb legt die Natur, wenn der Herbſt kommt, ihr farbenprächtiges Gewand an? Betrachten wir einmal das Blatt einer Pflanze genauer! Aus Tauſenden und aber Tauſenden von Zellen iſt es aufgebaut. Jede Zelle wird von einer durchſcheinenden Wand, der Zellwand, umgeben, die mit Protoplasma, dem Lebensträger der Pflanze, aus⸗ gefüllt iſt. In dem Protoplasma aber liegen der Zellkern und hierin gelagert die Blattgrünkörperchen und anderen pflanzlichen Farbſtoffe. Mit dem Zellſaft werden durch das weitverzweigte Netz der Adern die Nährſtoffe aus den Wurzeln zu jeder einzelnen Zelle geführt. Die Blattgrün⸗ körperchen ſind es, die dem Blatt die grüne Farbe geben. Entzieht man dem Blatt dieſe Körperchen, ſo gelingt es durch eine einfache chemiſche Trennungsmethode, den grünen Farbſtoff in zwei Farbſtoffe zu zerlegen, in einen gelben und einen blaugrünen. Der gelbe Farbſtoff läßt das Blatt im Herbſt gelb erſcheinen, nachdem der blaue Farbſtoff durch die Adern in die Zweige und den Stamm des Baumes zurückgewandert iſt. Dieſe Anſpeicherung des blauen Farbſtoffes nimmt die Pflanze vor, weil er den wertvollen Stickſtoff und das koſtbare Magneſium enthält; das ſind für die Pflanze ebenſo wichtige Stoffe wie für den Menſchen der Sauerſtoff und das Eiſen. Um dieſe mit den abſterbenden Blättern nicht preiszugeben, werden ſie im Innern zur weiteren Verarbeitung im nächſten Jahr angeſammelt! Die Laubfärbung iſt demnach kein Dahinwelken, ſondern ein Haushalten mit den zum Da⸗ ſein notwendigen Stoffen. a Erſcheint es aber nicht als Verſchwendung der Natur, das ganze Laubwerk abzuwerfen, zu deſſen Aufbau ſo viel Energie aufgewendet wurde? Es wurde ſchon betont, daß der Baum ſich ſeiner Blätter erſt dann entledigt, wenn er aus ihnen die noch brauchbaren Stoffe zurückgezogen hat. Dann muß er ſogar die Blätter abwerfen, wenn er nicht zugrunde gehen will. Nahrungsſorgen, beſonders der Mangel an Waſſer, quälen den Baum, wenn die kalte Jahreszeit näher kommt. Wochen⸗ und monatelang iſt das Waſſer gefroren, wenigſtens in den oberen Erdſchich⸗ ten; dann hat die Pflanze keine Möglichkeit mehr, mit ihren Wurzeln Waſſer und damit die nötigen Nährſtoffe aufzunehmen. Solange ſte in ihrem Blütenſchmuck prangt, kann ſie das überflüſſige Waſſer ausdunſten. Bei dem Waſſermangel aber iſt die Pflanze nicht imſtande, dieſen Verdunſtungsverluſt zu erſetzen. Deshalb muß ſie, um nicht ſchließlich zu vertrocknen, die übermäßige Waſſer⸗ abgabe verhindern. Das geſchieht durch Abwerfen der Blätter. Der herbſtliche Laubfall iſt alſo nichts anderes als Selbſterhaltungstrieb des Baumes. Auch der Lichtmangel ſpielt bei der Entlaubung eine gewiſſe Rolle. In ſüdlicheren Breiten ſind viele Pflanzen nur wenige Monate entlaubt, während ſie bei uns faſt ein halbes Jahr auf ihre Blätter verzichten müſſen. Weil ſich bei mangelndem Licht die Lebensvorgänge der Pflan⸗ zen verlangſamen, werden die lichtdurſtigen Organe ab⸗ geworfen. So entgeht die Pflanze dem Tode. Aber iſt die Tatſache, daß die Nadelbäume ihre Nadeln behalten, nicht ein Widerſpruch? Zunächſt brauchen die Nadel⸗ bäume eine weit geringere Waſſermenge als die gleich⸗ großen Laubbäume, ſo daß bei ihnen der Waſſermangel weniger ins Gewicht fällt. Dann zeichnen ſich die Nadeln durch einen verhältnismäßig hohen Gehalt an Harzen aus; infolgedeſſen iſt die Waſſerverdunſtung recht unbe⸗ deutend. Und endlich ſtrecken die Nadelbäume ihre Wur⸗ zeln ſo tief in den Boden hinein, daß der Froſt nur ſelten die Waſſerzufuhr zu verhindern vermag. Die günſtigere Waſſerverſorgung, der kleinere Waſſerbedarf und die ge⸗ ringe Waſſerverdunſtung der Nadelbäume geſtatten es ihnen, auch in der kalten Jahreszeit ihr grünes Kleid zu tragen. Weil aber die Pflanze unverwertbare Stoffe in den Blättern ablagert, ohne ſie auszuſcheiden, werden auch die Nadeln einmal unbrauchbar und müſſen in Ab⸗ ſtänden von etwa drei bis vier Jahren abgeworfen werden. Der Verluſt des Laubes bedeutet für die Pflanze zahl⸗ loſe Wunden, die nicht nur eine erhöhte Waſſerverdun: ſtung, ſondern auch das Eindringen ſchädigender Spalt⸗ pilze begünſtigen würden. Hier ſorgt die Natur dafür, daß die Wunde ſchon vernarbt, ehe ſie überhaupt entſteht. Zwiſchen Blattſtiel und Zweig nämlich wächſt zur Zeit des Laubfalles ein Korkgewebe von außen nach innen, und nach Ausbildung dieſer Trennungsſchicht genügen di eigene Schwere des Blattes oder der leiſeſte Windſtoß, da ſich das Blatt von dem Zweig loslöſt. e Für den Naturfreund ſind alſo ee un Laubfall nicht die Anzeichen des„großen Sterbens“ in der Natur, von dem die Dichter in ihren Liedern 1 ſon⸗ dern nichts anderes als Aeußerungen des Selbſterhal⸗ Paul Deparade. zungstriebes der Pflanzen Wölfe im Mücken Erzählung von Heinz Rudolf Schniemann. „Der Hohe Kommiſſar iſt bei mir eingekehrt“, ſagte Aljoſcha, nachdem er in Miſchas Hütte getreten war und ſich händereichend an das hellflammende Holzfeuer ge⸗ ſetzt hatte.„Er will heute noch nach Wjatka.“ „Bei allen Heiligen!“ entſetzte ſich Miſcha, er hob die Hände wehrend. „Still!“ befahl Aljoſcha. Er blickte ſich erſchreckt in der Hütte um, als könne ein Unberufener den unbedachten Ausruf Miſchas gehört haben. In Moskau ſagten ſie doch, daß es keine Heiligen mehr gäbe. Ach, es hatte ſich mancherlei geändert, ſeitdem ſie Väterchen Zar getötet hatten. Aber die Züge blieben immer noch im Schnee ſtecken, und immer noch kehrten die Herren bei ihm, Aljo⸗ ſcha, ein, ließen ſich bewirten und vergaßen das Bezahlen. „Run ſucht der Hohe Kommiſſar ein Pferd, nicht wahr?“ ließ ſich Miſcha wieder hören, nachdem er ſeinem Gaſt einen Wodka eingeſchüttet hatte. „Ja, ein ſchnelles Pferd“, nickte Aljoſcha. ihm geſagt, du wirſt ihn fahren.“ „Es iſt ſchon Nachmittag“, gab Miſcha zu bedenken. „Und bis Wjatka ſind es 15 Werſt. Mit der Dunkelheit werden die Wölfe auftauchen. Es wird mein Unglück ſein, Aljoſcha...“ „Gewiß, die Wölfe werden euch verfolgen“, ſtimmte Aljoſcha bei.„Aber der Hohe Kommiſſar hat eine Waffe. Er wird ſchießen...“ „Wenn das ſein muß.“ „Iſt der Herr zufrieden?“ fragte Aljoſcha wenig ſpäter den Kommiſſar, der breit und herriſch vor dem Tiſch ſaß, ſchmatzend aß und mit verkniffenen Augen der jungen, kräftigen Geſtalt der Hausfrau nachblickte. Es war ein junger Menſch und hatte immer gut gegeſſen; man ſah es ſeinem Geſicht an. Aber Aljoſcha kam trotzdem damit heraus, daß noch etwas Käſe da ſei. Wenn dem Herrn danach gelüſte. „Ach, laß mich damit in Ruhe“, ſagte der Kommiſſar barſch und blickte Marfa wieder nachz ſie war in den anderen Raum gegangen.„Haſt du wenigſtens das Pferd? Wenn ich heute nicht mehr nach Wjatka komme, will ich nicht vergeſſen, daß ihr hier freßt und ſauft und eure Pflicht vernachläſſigt. Du weißt doch: wir haben ein wachſames Auge auf Saboteure.“ Aljoſcha knickte zuſammen, er ſtotterte Unverſtänd⸗ liches. Er hielt den Kopf ſchuldbewußt geſenkt. Erſt nach einer Weile wagte er zu ſagen:„Aber das Pferd iſt alt, Herr, und mager. Wir ſind hier ſehr arm, und es iſt das einzige im ganzen Dorf. Dazu ſind es bis Wjatka 15 Werſt. Der Herr ſollte zur Nacht bleiben.“ „Wie oft ſoll ich dir noch ſagen, daß ich heute noch nach Wjatka muß!“ fuhr der Kommiſſar Aljoſcha an.„Ich werde über die Zuſtände hier berichten, deſſen kannſt du gewiß ſein, wenn du noch ein Wort ſagſt.“ „Es iſt nicht unſere Schuld, Herr“, ſagte Aljoſcha noch einmal. Dann hörte er das klägliche Gebimmel der kleinen Glocke, die Miſcha ſeinem Pferde um den Hals gehängt hatte, damit er wenigſtens noch in etwa an die früheren Zeiten erinnert wurde. Aljoſcha ging hinter dem Kommiſſar zur Tür und hielt ſich geduckt beiſeite, da fing dieſer, als er Miſchas abgetriebene und halbverhungerte Mähre erblickte, in allen Tonarten zu fluchen an. „Drei Rubel..?“ lachte der Kommiſſar.„Du biſt von Sinnen, alter Narr!“ Miſcha hockte ergeben auf dem Schlitten, war in ſeinen ſchmutzigen, vielfach geflickten Schafpelz gehüllt und beteuerte demütig, daß er die Fahrt nicht um eine Kopeke billiger machen könne. „Herr“, warf Aljoſcha unterwürfig ein,„gib ihm drei Rubel. Er iſt ſehr eigenſinnig. Du wirſt ſonſt vor der Dunkelheit nicht nach Wjatka kommen. Du ſollteſt an die Wölfe denken.“ „Pah!“ machte der Kommiſſar verächtlich und warf ſich in den alten Schlitten, der in allen Fugen krachte. „Los, alter Narr!“ Miſcha zuckte an der Leine.„Lauf, mein Täubchen“, ſagte er zärtlich.„Gib dem Schinder lieber die Peitſche“, ſpottete der Kommiſſar. Miſcha tat, als käme er der Auf⸗ forderung nach, aber er ließ die Hand nahe dem Peitſchen⸗ ſtiel ſofort wieder ſinken. Der Kommiſſar zog den dicken, neuen Schafpelz, den Miſcha ſchon mit Neid betrachtet hatte, feſter um den Kör⸗ per. Miſcha getraute ſich nicht, mit dem Kommiſſar ein Geſpräch zu beginnen. Luſtig bimmelte das Glöckchen am Hals der Mähre in der Stille der tiefverſchneiten Steppe, und ſelten trieb Miſcha den Gaul mit einem Schnalzen oder einigen zärtlichen Worten zur Eile an. Später mußte er zu ſeinem Leidweſen aber doch zur Peitſche greifen, denn als die Dämmerung einſetzte, wurde der Kommiſſar unruhig. Plötzlich zuckte Miſcha zuſammen. Deutlich hatte er das heiſere Bellen eines Wolfes vernommen.„Wölfe, Herr“, ſagte er und wies mit der Hand nach rückwärts. Der Kommiſſar hatte den Laut ebenfalls gehört, er blickte ſich aufmerkſam um. Dann warf er ſich mit einem Fluch im Schlitten herum. Aus dem Hochwald, den ſie eben durchfahren hatten, trabten auf der weißen Fläche zwei ſchlanke, dunkle Schatten heran. Noch langſam und vorſichtig in der Verfolgung. Die beiden trauten ſich woh noch nicht heran. Miſcha hieb nun mit der Peitſche auf den Gaul ein. „Wenn es noch nicht ein ganzes Rudel iſt, Herr...“ uchte er ſich und den anderen Mut einzuſprechen. Der Kommiſſar gab ihm keine Antwort, er hatte ſeine Piſtole in der Hand und hielt ſie ſchußbereit nach hinten. „Laß deinen Schinder laufen, Kerl!“ ſchnob er Miſcha wütend an, denn das Pferdchen fiel trotz der Hiebe in ſeine gemächliche Laufart zurück. „Das Pferdchen iſt müde, Herr“, entſchuldigte Miſcha. „Und entkräftet iſt es auch. Du ſollteſt mir doch die drei Rubel geben. Nun ſiehſt du, wie notwendig ich ſie brauche.“ „Zum Teufel, du ſollſt deine Rubel haben“, ſagte der Kommiſſar nervös und ſchaute auf die beiden Wölfe, die ſtetig näherkamen. Miſcha gebrauchte die Peitſche.„Du ſollteſt mir auch vier Rubel geben, Herr“, drängte er zaghaft, als die bei⸗ „Ich habe den Verfolger faſt in Schußweite gekommen waren. Und dann bat er:„Schieße lieber noch nicht, Herr, das könnte die Wölfe noch raſender machen“, und hieb wieder auf den Gaul ein, dem die Flanken ſchon bebten. „Narr!“ ſagte der Kommiſſar verächtlich, und ein Schuß peitſchte durch die Stille, die bis jetzt nur vom Keu⸗ chen des Pferdes belebt war. Miſcha warf erſchreckt den Kopf herum. Immer noch hetzten die beiden Wölfe auf der weißen Decke heran; die Kugel hatte wohl nicht getroffen, die Tiere waren nicht nahe genug. „Herr, gib mir die vier Rubel“, ſagte er.„Hernach wirſt du es vergeſſen.“ Dann ſenkte er den Kopf, da er eine Flut von Verwünſchungen über ſich ergehen laſſen mußte, aber er bemerkte, daß der Kommiſſar an ſeinem Pelz herumtaſtete, was ihm ein verſchmitztes Lächeln ent⸗ lockte. Dann nahm er die vier Rubel mit vielen Dank⸗ ſagungen entgegen und kam dem Befehl, den Schinder zu hetzen, bis er umfalle, eifrig nach. Der Schlitten glitt plötzlich mit viel größerer Geſchwindigkeit über den Schnee. Und da ſchien es, als ſeien die Wölfe müde geworden. Noch einmal jagte der Kommiſſar ihnen eine Kugel ent⸗ gegen, dann blieben ſie tatſächlich zurück, obwohl die Dun⸗ kelheit jetzt erſt richtig einſetzte. Die Schatten auf der weißen Decke wurden undeutlicher. Einigemale noch hörte man das heiſere Bellen. Wieder nahm ein Hochwald den Schlitten auf, und als dieſer durchfahren war, ſahen weder Miſcha noch der Kommiſfar etwas von den verfolgenden Wölfen. Miſcha ließ den Gaul wieder in Trab fallen, er ent⸗ ſchuldigte ſich:„Es ſind jetzt nur noch ein paar Werſt bis Wjatka, Herr. Hier haben wir keine Wölfe mehr zu fürchten. 8 Grienend taſtete Miſcha die Taſche ſeines ſchmutzigen Pelzes ab, er fühlte die Rubel. Ein hübſcher Gewinn! dachte er. Die Hunde, die Aljoſcha hinter dem Schlitten hergehetzt hatte, waren auch nicht getroffen, brauchten alſo nicht erſetzt und der Erſatz neu abgerichtet werden. In einigen Tagen blieb ſicher wieder ein Zug im Schnee ſtecken. Wer würde drei oder vier Rubel für die paar Werſt bis Wjatka zahlen, wenn nicht die Angſt vor den Wölfen wäre. Und Wölfe...? Bei allen Heiligen— das war das einzige, was ihn ein bißchen mit der neuen Zeit verſchönte— Wölfe, die gab es in dieſer Gegend ſeit langem nicht mehr. Damit hatte man gründlich auf⸗ geräumt. Ein Mädchen und jwei Balgenvögel Skljje vou Chriſtian Munk Es gibt auf der ganzen Welt Menſchen, die auf andere aufpaſſen und ſolche, auf die aufgepaßt wird. Es gibt auf der ganzen Welt Menſchen, die es nicht lieben, daß auf ſie aufgepaßt wird. Hernandez liebte das nicht, gar nicht, daß er hier im ſonnendurchglühten Hof des Caalboſſo von San An⸗ tonio ſaß und bewacht wurde. Er äußerte dieſes Miß⸗ fallen auch Herrn Guiraldez gegenüber, der auf einer Treppenſtufe ſaß und mit einer Gabel ſeine Fingernägel reinigte. Sie waren beide nicht allein. Im Hof ſonnten ſich ungefähr achtzig Gefangene, die Karten ſpielten oder ſchnarchten oder auch ein kleines Feuer angezündet hatten und daran ein Hühnchen brieten. Sie hatten alle rieſige Strohhüte auf, und darunter trugen ſie echte Galgenvogel⸗ geſichter, dunkbraun, dürr und unraſiert. Hernandez liebte jene Geſichter nicht. Das einzige, welches er gelten ließ, gehörte Herrn Guiraldez. Aber Herr Guiraldez war eben ein Hochſtapler und kein herge⸗ laufener Pferdedieb oder Straßenräuber wie alle die ande⸗ ren Caballeros, die hier dumpf und träge in der Mittags⸗ glut hockten und nach Zwiebel rochen, eine dampfende, ungewaſchene Verſammlung mit roten Halstüchern und nackten Beinen. Hernandez hatte drei Tage lang aufgepaßt, wie die Wache organiſiert war, und nun faßte er einen Entſchluß. „Zeit, daß man mal ein Dorf weitergeht, he?“ knurrte er und lauerte mit ſchiefen Augen zu Guiraldez hinüber, Zeichnung: Grunwald— M. Sie ſahen zwei Schatten unbeweglich ſtehen, die mit⸗ einander flüſterten, und als es hell wurde, lief die kliene Anita davon. der jetzt mit der Gabel genußſüchtig in ſeinem blauſchwar⸗ zen Kraushaar herumkratzte, was Hernandez deutlich hören konnte. Guiraldez dachte lange über den Ausſpruch des älte⸗ ren Kollegen nach, dann öffnete er die Augen ein wenig und fragte:„Wann?“. Hernandez wußte, daß dieſe Nacht am Gittertor drau⸗ ßen ein junger Soldat mit weichem Geſicht die Wache hatte, ein richtiger Milchbart. Das war ein Mann, der beſchwatzt werden konnte, und der Gauner Hernandez be⸗ trachtete den Hochſtapler Guiraldez nachdenklich. Es muß geſagt werden, daß Guiraldez ausſah wie ein heruntergekommener Romeo, jung und ſchön und ſchlank wie ein Strahl Wein, der ins Glas ſchießt. Her⸗ nandez dachte an ſüßen Wein, den er ſo liebte und den er zuletzt in jener Mondnacht bei der Witwe Rioja ge⸗ trunken hatte, als ſie verreiſt war, bis er im Dunkeln die Treppe hinunterfiel und die Polizei ihn und das Brech⸗ eiſen aus dem Tomatenbeet auflas. Hernandez dachte aber auch an Anita, jenes Mäd⸗ chen, welches morgens und abends drei Kannen Milch an das Tor brachte. Hernandez hatte einige Minuten mit ihr allein ſprechen können, als ſich der Wachſoldat eine Zigarette anzündete; er hatte ihr Herz gerührt, und jetzt hatte Hernandez einen Plan, einen guten, prächtigen, klugen Plan, den er eifrig mit Herrn Guiraldez beſprach. Schließlich nickte Guiraldez verſonnen dreimal mit dem Kopf, und als das Mädchen Anita abends wieder die drei Kannen Milch raſſelnd an das Tor brachte, ſtellte Hernan⸗ dez ihr ſeinen Freund Guiraldez vor, er ſei ebenſo wie er unſchuldig verfolgt und märchenhaft reich drüben jen⸗ ſeits der Sierra. Das kleine Mädchen Anita riß ſeine ſchwarzen Glut⸗ augen auf, angeſichts ſoviel menſchlichen Jammers, und nachdem der unſchuldige, reiche Guiraldez ihr fünf Minu⸗ ten lang tief in die Augen geblickt hatte, bebte das Weib⸗ chen, und in der Nacht darauf träumte es von ihm. Am nächſten Abend bat Guiraldez ſie, indem er ihre Hand durch die Gitterſtäbe hindurch drückte, daß ſie mit dem jungen Soldaten ſprechen möchte. Der junge Sol⸗ dat ſolle nur gegen zwei Uhr nachts vergeſſen, den Schlüf⸗ ſel aus dem Schloß zu ziehen, ſo daß zwei ehrenwerte Caballeros ſich den Weg in die Freiheit öffnen könnten, Anita möge ihm Augen machen und alles tun, damit der Soldat ihren Wunſch erfülle. Anita ſchluckte zweimal aufgeregt, dann nickte ſie, wo⸗ bei ſie Guiraldez hingeriſſen in die Augen ſtarrte, der ihr etwas von Heiraten zuflüſterte. Ja, Anita wollte nachts um eins am Tor ſein. ‚ An jenem Abend beobachtete Guiraldez geſpannt die Ablöſung des Poſtens, und richtig, der Milchbart trat die Wache an. Zu dieſer Zeit lagen die Vagabunden und Abenteurer längſt ſchnarchend in allen Ecken, und nur vier Menſchen waren wach. Die beiden Galgenvögel, der Sol⸗ dat draußen vor dem Gittertor, und irgendwo lief mit Herzklopfen die kleine Anita herum, bis ſie ſich lautlos dem Soldaten näherte, der zuerſt einen Schreck bekam, renn jedoch vergnügt ſchmunzelte, als er das Milchmäd⸗ chen erkannte. ö ö„Kleine Anita, wo willſt du hin?“ fragte er. Anita war ein Weibchen, war liſtig und ſchlau. Und ſie trat dicht zu dem Soldaten, der im Mondſchatten des ſchnee⸗ weiſen Hauſes ſtand. Es war ein junger Soldat, dem das Mädchen wie ein Traum erſchien, jene ſchmalhüftige, zierliche Anita mit den großen, ſehnſüchtig aufgeriſſenen Augen. Er ſpürte den Duft ihres glatten, geſcheitelten Haares, und er lehnte ſein Gewehr in die Ecke. f Anita atmete ſchwer, und dicht hinter dem Gittertor in einer Mauerniſche des Gefängnishofes ſtanden zwei Männer und ſpähten durch die Gitterſtäbe hinaus in die Freiheit, die ſie in wenigen Minuten gewinnen würden. Anita würde das Tor öffnen, ſie beide würden den Sol⸗ daten überwältigen und fliehen, ſie ſtanden geſpannt wie zwei Raubtiere hinter einer Säule, und ihre Augen fun⸗ kelten unheimlich im Mordlicht, indes draußen das törichte Mädchen den törichten Soldaten überliſtete. Sie beide würden nicht töricht ſein, ſie würden die kleine Anita nicht mitnehmen und Guiraldez würde ſie nie heiraten, 0 8 Sie würden in der Mondnacht verſchwinden, aſta! Aber ſie mußten lange Zeit warten. Anita ſchien viel mit dem jungen Soldaten zu beſprechen zu haben. Wollte er etwa nicht das Tor öffnen? Er machte keine 8 dazu, und Anita tat es auch nicht. Was bedeutete as? Es bedeutete nicht viel. Es bedeutete nur, daß die kleine Anita hier einem jungen, prächtigen Soldaten gegenüberſtand, der ganz anders war als jener ſchöne, tückiſche Guiraldez. Nein, er war nichts als ein offener, blankäugiger Soldat, voller Frohſinn, und er war ſehr lieb zu Anita. Und Anita vergaß ganz jenen Guiraldez, für den ſie gekommen war, denn hier ſtand ein Menſch ihrer Art, jung und ſauber, und ſo kam es, daß hinter einer mond⸗ beſchienenen Säule zwei Männer vergeblich ſtanden und hinausſpähten. Sie ſahen zwei Schatten dort unbeweg⸗ lich ſtehen, die miteinander flüſterten, und als es hell . lief die kleine Anita davon, ſo wie ein glückliches Kind läuft. Die beiden Gauner hatten an jenem Morgen viel. nachzudenken. Aber ſie konnten nicht hinausfinden, war⸗ um ihr Plänchen geſcheitert war. Sie hätten ſowieſo nie: daran gedacht, daß man die Natur eines jungen Weibes nicht in klägliche Pläne einſpannen darf. Die Natur iſt. ſtärker, zeigt ſich, beſonders in jenen Nächten, in denen der Vollmond über den Dächern leuchtet. Es war übri⸗ gen derſelbe Vollmond, der einige Zeit ſpäter leuchtete, als eine Hochzeit gefeiert wurde, auf der die Braut Anta den beiden Galgenvögeln zwei Flaſchen Chilewein durch das Gittertor zuſteckte, die jene verdutzt und ſehr nach⸗ denklich austranken. Auf das Wohl Anitas übrigens. ee ee e 8 enen eee erer: f 5 mühſam aufgebaut habe. Verſteh m 44. Fortſetzung.) Im vorhergehenden Kapitel wurde erzählt: Jo Berke har den Beſuch ihres Jugendfreundes Peter Berghammer. Bisher galt es als ſicher, daß der Studienrat die junge Journaliſtin heiraten werde. Das Erlebnis mit Dorian hat dem Leben Jos jedoch eine andere Richtung ge⸗ geben, und ſie bemüht ſich, dem Freund ihren Entſchluß ver⸗ ſtändlich zu machen. Während einer gemütlichen Kaffeeſtunde verſucht ſie es erſt mit Spott, und als Peter nicht verſteht, hat ſie einen ſchweren inneren Kampf zu beſtehen, ehe ſie ihm mit Worten andeuten kann, daß ihr Herz einem anderen Manne gehört. Die Erlebniſſe der letzten Tage haben Jo Berke zermürbt. Sie ſucht Aufrichtung. Deshalb ſchreibt ſie an ihren Vater, den Amtsrichter a. D. Berke, daß ſie ihn beſuchen werde. Zwiſchen dem Vater und der Tochter hat ſeit Jahren ein inniges Verhältnis nicht beſtanden. Der Brief läßt ihn hoffen, daß die Entfremdung nun aufhören werde. Ihre Augen ruhen auf dem Bild der Mutter, einem duftigen Aquarell im Silberrahmen. Wie ähnlich ich der Mutter ſehe: wir haben dasſelbe ſchmale Geſicht, dieſelben dunklen Augen, ſogar der Mittelſcheitel iſt da, wenn auch auf dem Bild verändert und verwiſcht durch krausge⸗ brannte braune Stirnlöckchen. Du Liebe, Unvergeſſene, Ferne, an die ich mich nur dunkel erinnere: ſchlanke Frau in einem braunen Koſtüm mit Nerzpelzchen darüber, ein feſt unterm Kinn gebundener brauner Schleier. Zärtliches Geſicht, das ſich über einen neigt. Ein kleines Kinderlied: „Schlaf in guter Ruh, tu die Aeuglein zu.. Hündchen hat den Mann gebiſſen, hat des Bettlers Kleid zerriſſen..“ Und viel heißes Mitleid mit dem armen Bettler, dem das Kleid zerriſſen wurde. Ein lang herabfallender ſilber⸗ grauer Seidenrock, darum ein Gürtel mit grünfunkelnden Steinen, das muß Mutter um 1912 getragen haben. Und wieder das liebe Lächeln, immer wieder „Mittwoch kann ich natürlich nicht hier ſein“, ruft ſie ſich in die Gegenwart zurück,„deshalb wollte ich heute ein⸗ mal zum Friedhof gehen.“ „Ich komme mit.“ „O ja, ſchön, Vater. Ich habe Blumen für heute nach⸗ mittag beſtellt. Ihr habt da ein gutes neues Geſchäft an der Ecke.“ „Unſer Städtchen macht ſich anſcheinend nach deiner Meinung,“ ſagt der alte Herr mit leichter Herbe im Ton. „Nimmſt du noch Kaffee, Johanna?“ „Nein, danke, Vater.“ „Wie geht's in deinem“ „Beruf?“ „Danke Vater. Viel Arbeit, wie immer. Aber wir wollen nicht davon ſprechen. Was ſagſt du zum neuen Wehrgeſetz?“ Der alte Berke furcht die dichten grauen Augenbrauen: „Deine Mutter und ich haben nie über Politik geſprochen!“ Jo hält inne, ſie ſieht die Ablehnung auf dem Geſicht des Vaters und fühlt ſich plötzlich ausgeleert, müde, er⸗ michtert. Nur ein wenig Verſtändnis— iſt das denn zu⸗ viel verlangt? Das Leben zehrt heute ſo brennend an einem, ſtellt uns immer wieder plötzlich vor neue Begriffe, fremde Geſchehniſſe, andere Lebensformen, man muß ſich doch damit auseinanderſetzen! Auch der gemeinſame Gang zum Friedhof bringt ſie einander nicht näher. Müde und fröſtelnd kommt Jo zu⸗ rück. Tantes Geſicht, auf dem die betonte konventionelle Trauer liegt, fällt ihr auf die Nerven. Der Vater ſtapft ſchweigſam nebendrein. Er ſoll die Mutter ſehr geliebt haben... Ein wildes Mitleid, das ſich in heißen Tränen köſen möchte, überkommt ſie, als er ſo weißhaarig und ein wenig vornübergebeugt neben ihr geht. Tue ich nicht alles, was ich kann? Lieber Gott, wie iſt das denn mög⸗ lich, daß Menſchen, die ſich ſo naheſtehen, ſo weit vonein⸗ ander getrennt ſein können? Nun brennt ſchon der große Kriſtallüſter— früher hing er in einem kleinen hübſchen Empfangsſalon. Da⸗ mals, bei einer von den vielen Schuldengeſchichten Hugos, iſt der kleine wertvolle Salon verkauft worden, nur der Leuchter iſt geblieben. Er iſt jetzt alt, grau in ſich ver⸗ ſtaubt, das Licht dringt nur mühſam hindurch. Plötzlich kommt es Jo vor, als ſei das ganze Leben hier im Haufe wie der Leuchter, übriggeblieben, ſtaubig, nur mühſam dringt etwas Licht herein. Der Vater ſitzt ſchweigend da. Man braucht ja nun nicht mehr zu fragen, was Jos Beſuch bedeuten ſollte, man ſitzt und ſchweigt und blättert in einer alten Kunſt⸗ geſchichte. Tante Luiſe iſt ausgegangen. Jo ſitzt wieder auf dem alten Kanapee und ſucht in dem kleinen grünen Fahrplan nach der beſten Verbindung. Dann läßt ſie das Heftchen wieder ſinken und ſtarrt auf den Vater, der da, von mattem Licht zuckend beſchienen, lieſt. Er ſieht müde, alt und traurig aus. Was ſoll ich tun? Was ſoll ich nur tun? Zärtlichkeiten— er würde ſie gar nicht verſtehen, Und ich kam zu dir, Vater, heute— will ſie ſagen— in meiner tiefſten Not. Nicht nur, um ein paar Blumen aufs Grab zu legen. Zu dir kam ich, Vater. Du kennſt mein Leben: es war hart, ſicher ſo hart, ſo preußiſch, ſo arbeitserfüllt wie deines. Und es war ſauber, zuchtvoll und diszipliniert. Du meinſt vielleicht, das ſei ſelbſtver⸗ ſtändlich, und du weißt doch nicht, wie ſchwer es iſt, ſein Leben zu hüten. In dieſes Leben, Vater, kam ein Mann, ich kenne ihn kaum Und er forderte mein Leben ganz für ſich, ohne Vorbehalt, ohne Bedingung. Vorgeſtern, Vater, bin ich mit dem Flugzeug nach Hamburg geflogen, weil er da ſang. Wir waren zuſammen, geſtern bin ich mit dem Flugzeug wieder zurückgekommen, Vater. Ich weiß jetzt, daß ich zu dieſem Mann gehöre, immer, immer. Er iſt nur an meinem Leben vorbeigeſtreift und hat mit einer Bewegung alles umgeſtoßen, was ich 55 0 6 1 och, Vater einen Beruf ſoll ich aufgeben, en be ihm ſoll ich kommen, für immer! Vater, wenn du begreifen könnteſt, wie entſetzlich das iſt, daß man alles, was man hart er⸗ kämpft hat, was man ſtreng verteidigte und hütete, einfach hinwerfen ſoll! Und wenn du wiſſen könnteſt, wie ſelbſt⸗ kurzes Schweigen— verſtändlich es doch wieder iſt! Wie es einfach keinen an⸗ deren Weg mehr gibt! Vater, man ſagt, du habeſt die Mutter ſo ſehr geliebt und der ganzen Geſellſchaft zum Trotz geheiratet, obgleich ſie den alten Bürgerpatriziern, den Berkes mit den ſtren⸗ gen preußiſchen Geſichtern, nicht ſtandesgemäß genug war. Kannſt du mich nicht verſtehen, Vater? Ich habe nur eines gekannt, ſechs Jahre hindurch: Arbeit, Arbeit, Entbeh⸗ rung. Ich habe nichts mehr gewonnen als das dürftige Glück meiner kleinen Exiſtenz. Sagt man nicht, daß es zwiſchen Vätern und Töchtern ſo tiefe, beglückende Bin⸗ dungen gäbe, Vater? Warum läßt du mich allein? War⸗ um kann ich jetzt nicht mit dir ſprechen? Wenn du wüßteſt, wie ich randvoll gefüllt bin mit Glück und Not— und wie ich doch ſchon weiß, daß ich zu Dorian gehen werde, ob⸗ gleich ich ahne, wie ſchwer es mir wird, alles zu tragen, was jede Frau, die liebt, eben tragen muß. Obgleich ich nicht an Peter denken darf, dem ich ſo großes Leid antun werde. Nicht an den Frieden meiner kleinen Wohnung. Nicht an meine ſtrenge, ausfüllende Arbeit, die mich ſo lange aufrecht⸗ und geradegehalten hat. Nicht an Aurikel⸗ chens traurige Augen. Alles, was ich ihr vor ein paar Tagen geſagt habe und was ich ſo eiſern verteidigt habe, fällt nun zuſammen, von neuem ſtürzt ſie in Zweifel und Nöte, und ich kann ihr nicht helfen! Und ich kann doch nichts anderes denken, Vater, als daß ich glücklich bin. So glücklich, daß es ſchmerzt.— Der Amtsgerichtsrat Berke ſieht auf. In das auf⸗ gewühlte, blaſſe Geſicht ſeiner Tochter.„Johanna— Kind, iſt dir nicht gut?“ Und dann in ausbrechender Unruhe: „Iſt irgend etwas— mit deiner Stellung vielleicht?“ 8— Zeichnung: Drewitz— M. Dorian ergreift Jos Hände und ſieht ihr beſchwörend ins Geſicht.„Immer bleiben wir jetzt zuſammen, Jol Nicht nur hier im kleinen Paradies?“ Eine Kühle weht Jo an. Ferner fremder Schauer. Man möchte das Herz weit öffnen vor dem alten Herrn da drüben, und er denkt nur, ob es ja keine„Schwierig⸗ keiten“ gäbe. Sie hört ſich leiſe lachen, hört ſich ſagen: „Mit meiner Stellung? Nein, Vater, alles in Ordnung. Ein bißchen müde. Du, ich hab hier grad' einen günſtigen Zug gefunden. Ich will jetzt ſchon fahren, nicht erſt um acht.“ „Du bleibſt nicht zum Abendbrot, Johanna?“ ſah„Nein, Vater, es iſt ſchon beſſer ſo, wenn ich gleich ahre.“ Jo nimmt die Handſchuhe und reicht dem Vater die Hand. Und ſieht wieder das ſilbergraue Bürſtenhaar, die ſchmalen edlen Schläfen, ein wenig eingefallen ſchon. Und ſchaut den alten Herrn jetzt mit plötzlichem Entſchluß offen an. „Vater, es ſind ſo viel Gegenſätze zwiſchen uns. Und ich— ich möchte ſo gern, daß keine Schatten zwiſchen uns wären— lieber Vater! Laß es dir gut gehen!“ Sie reckt ſich ein wenig und küßt ihn ſchnell, ein wenig verlegen. Drückt feſt und herzlich die alte, faltige Hand und geht ſchnell hinaus. 5 Grellblau und wie zum Zerreißen geſpannt liegt der Himmel über der Inſel Mallorca, wie eine Flut fällt das helle Licht des Frühlingstages auf Meer und Erde. Der lang an der Bucht ſich hinztehende Badeort El Terreno iſt noch menſchenleer. Unter Platanen, von einer dichten Opuntienhecke gehütet, von dichtem glänzendgrünen Strauchwerk faſt verdeckt, leuchtet eine kleine weiße Villa mit dem niedrigen ſtumpfen Dach in den Morgen hinein. Aus dem Haus— einem der letzten des Badeortes tritt die ehrenwerte Senorita Fernandez mit dem Früh⸗ ſtück für ihre Gäſte. Nahe der Opuntienhecke, die das weiße Gaſthaus von Straße und Strand abſchließt, ſetzt ſie das Tablett vor⸗ ſichtig auf den Tiſch, nimmt eine Decke vom Tablett, deckt ſehr ſorgſam und klatſcht dann in die Hände. Sie ſieht nach oben zu den beiden Zimmern mit den offenen Fen⸗ ſtern und den kleinen Balkonen davor. Rechts regt ſich etwas, eine Tür knarrt, und etwas Weißes, Strahlendes, Braunverbranntes und Frohes be⸗ wegt ſich auf dem Balkon. Winkt herunter, lacht, ein paar ſpaniſche Worte fliegen herunter, ein froher Ruf in frem⸗ der Sprache, ein helles Lachen, dann eine ſtarke, kriſtallen einſetzende Männerſtimme, die ein kleines italieniſches Fiſcherlied ſingt. Jo ſummt das kleine Lied mit, Dorian ſcheint wieder einmal in ſtrahlendſter Laune aufgewacht zu ſein. Iſt das ein Wunder in dem Blumen⸗ und Gartenparadies hier? Die Luft von köſtlicher Weiche, das Meer und der Himmel geradezu unwahrſcheinlich blau, Zitronenhaine, üppige Täler mit fruchtbaren Weinreben, braungraue zerriſſene Felſen, Frieden, Stille.. Jo bindet den Gürtel um das ſchleierdünne weiße Sommerkleid ein wenig feſter. Dorian hat es ſo gern, wenn ſie Weiß trägt. Sie läßt ſich in dem tiefen Garten⸗ ſtuhl nieder und ſieht mit frohen, träumenden Augen in den paradieſiſchen Morgen. Briefe neben dem Brotkorb? Sogar viele. Sie greift danach und ſortiert. Aurikelchens große ſteile Schrift, des Vaters— der Herzſchlag ſtockt einen Augenblick— zier⸗ liche Beamtenhandſchrift. Dann Buchſtaben, aufrecht, ge⸗ rade wie marſchierende Soldaten, Schriftzüge, die ihrem Schreiber ähnlich ſind: Peter. Einen Augenblick blickt Jo ziellos ins Leere. Dann legt ſie die Briefe für Dorian getrennt und ruft:„Dorian! Komm! Viel Poſt!“ Der Sänger Dorian ſteht am Fenſter, das dichte Haar noch vom Waſchen feucht und geringelt.„Morgen, Jo⸗ mädchen!“ Ein ſchmetternder Schrei, dann eine weichgezo⸗ gene Kantilene von ſummenden Tönen. Und ein luſtig . Oratoriums⸗Rezitativ:„Komme ſofort, mein Herz!“ Jo ſchenkt Kaffee ein und beginnt, die weißen langen Brotſtangen auseinanderzubrechen. Starke Arme, die ihren Kopf nach hinten ziehen, ein warmer Mund, morgenfriſch und zärtlich.„Guten Mor⸗ gen, mein Mädchen! Gut geſchlafen?“ „Wunderbar, Dorian] Du auch?“ „Ja. Herrlich! Kaffee? Ja, gib her, oder erſt einen Schluck Wein. Ach, prachtvoll! Hab' ich recht gehabt mit meiner Behauptung, daß Mallorca ſo ein kleiner Vorſchuß auf die Seligkeit iſt? Du meinſt, das ſei ſo ein Operetten⸗ Kitſch⸗Ausdruck, nicht wahr, geſtrenges Mädchen? Aber mir fällt nichts anderes ein.“ „Haſt ja recht, Dorian.“ Wie weich die blauen Augen blicken, wie zärtlich. Wie mulattenbraun verbrannt das liebe Geſicht. Vier beglückende ſelige Wochen hindurch iſt es nun ſchon immer neben ihr „Hier die Poſt für dich, Dorian.“ Jo läßt ſich Gebäck und Marmelade ſchmecken, während Dorian die Briefe überfliegt. „Was Beſonderes?“ „Ach nein. Das Haus in der Caſpar⸗Theyß⸗Straße wechſelt den Inhaber, man fragt mich, ob ich die Woh⸗ nung behalten wolle. Werde zuſagen, ſie iſt hübſch: breite flache Fenſter, große Räume, eine gemütliche Etagen⸗ Heizung. Sie wird dir auch gefallen. Wir können ſpäter gut hineinziehen.“ „Sicher Dorian.“ „Der Berliner Sender fragt an, ob ich zeitgenöſſiſche Meiſter ſingen will. In einem Abendkonzert.“ „Oh, ſchade, Dorian!“ „Ja. Aber das macht nichts! Schließlich muß ich doch auch einmal Ferien machen.“ Er beugt ſich näher zu Jo. „Die ſchönſten Ferien meines Lebens, liebes Jomädchen, kleine Blume aus Haiti!“ „Wie kommſt du darauf?“ „Mit dem weißen Kleid und dem braunen Haar, außerdem biſt du ja hier ein Bronzemädchen geworden. Du könnteſt ganz gut auf Haiti tanzen, oder auf Hawai — weiße Blumen im Haar!“ „Bißchen verrückt, was?“ „Ganz verrückt und ganz glücklich!“ Küſſe. Weiche, zärtliche Küſſe. „Hör auf, bitte, Dorian! Die Senorita kann uns vom Haus aus ſehen.“ „Iſt mir gleichgültig. Sag mal: Du haſt ja deine Briefe noch nicht geleſen!“ „Etwas Angſt.“ Jo zeigt ihm einen Umſchlag. „Dein Vater? Ja, weiß er denn, daß du mit mir hierhergefahren biſt?“ ö Jo ſenkt den Kopf ſehr tief.„Wie ſtellſt du dir das denn vor, du unbürgerlicher Menſch? Ich habe ihm nur geſchrieben, daß ich Ferien machte und hierherführe. Weiter nichts. Auch nicht, daß ich meine Stellung auf⸗ gegeben habe.“ „Bin ich ſehr unbürgerlich, Jomädchen?“ „Ja, Dorian. Ich übrigens neuerdings auch! Bedenk doch: wir fahren einfach hier herunter; nicht verlobt, nicht verheiratet, du machſt deine Konzerte rückgängig— ich, noch leichtſinniger, gebe meine Stellung auf und begleite dich. Na, bürgerlich kann man das nun gerade nicht nennen, das gibſt du wohl zu?“ Ueber das frohe Geſicht des Sängers Dorian Leen legt ſich ein Schatten.„Es gibt da noch ſo allerkei zu regeln, Jo— aber das Wichtigſte iſt doch, daß wir zu⸗ ſammengehören und zuſammenbleiben wollen, für immer, nicht wahr?“ 2 Dorian ergreift Jos Hände und ſieht ihr ödrend ins Geſicht.„Immer bleiben wir jetzt 1 Jo! Nicht nur hier im kleinen Paradies?“ „Natürlich— immer“, ſagt Jo mit feſter Stimme. „Glaubſt du denn, ſonſt wärc ich mitgefahren? Dorian will etwas ſagen, aber Jo hat ſchon einen Umſchlag aufgeriſſen und lien. Sie reicht ihm den Brief: ein paar kurze Zeilen, daß de: Vater ihr gute Erholung wünſche. Auch er hoffe, daß ſich die Gegenſätze zwiſchen ihnen ausgleichen würden. 5 Dann lieſt ſie Aurikelchens Brief. 8 Fortſetzung folgt.) V —— W 15 ee E 8 N * N N N V D N 1 J . W 2 Weiß zieht und ſetzt mit dem zweiten Zuge matt. Kürzungsxrätſel. Adele Paſtete Porree Spahi Beſuch Sperber Bober Hauſſe Ernte Oboe Wiemen Gegner Gardine Senſe Tonſur Zither. In vorſtehenden Wörtern ſtreiche man je zwei neben⸗ einanderſtehende Buchſtaben, ſo daß neue Wörter, und zwar ebenfalls Hauptwörter, in Erſcheinung treten. Die erſten Buchſtaben dieſer Buchſtabenpaare ergeben dann einen Zeitpunkt im Jahreslauf. Rätſel⸗Sonett. 3 größten Schloß iſt's und im kleinſten Haus, Doch mangelt's oftmals in der größten Halle: Stumm iſt's und ſpricht doch oft mit lautem Schalle; Durchs Fenſter ſchau, du blickſt in es hinaus. Ein Zeichen löſch', ſo wird ein Trank daraus, Arznei und Gift zugleich für euch ung alle, Der viele heilt und viele bringt zu Falle, Er dient der Freude und er dient dem Graus. Gib ihm an andrer Stell' ein Zeichen wieder, So ſchwellt er hoch des Menſchen Herz und Bruſt, Wer ihn gewinnt, lebt in dem Reich der Lieder! Der eine ſchilt ihn leeren Rauſch verdroſſen, Dem andern gilt er höchſte Erdenluſt— Unendlich Blut ward ſchon um ihn vergoſſen. Such' deutſche Orte. Born— Segen, Schall— Tau, Gilde— Heber, Welt— Zar, Klee— Renz, Grube— Stirn, Becher— Ufa, Chan— Daus, Nut— Stearin, Beſen— Mure, Ahne Wort, Leben— Uli. 5 Aus den je zwei Wörtern ſind deutſche Orte zu bilden. Sofern man die Anfangsbuchſtaben dieſer dann richtig an⸗ einanderreiht, ergeben ſie einen Weltenbummler. 22222 mit keit benutzen. Das Hur wird ge- schmeidig und schön. Eine Minute Trilysin- Haarpflege täglich genügt. Flasche zu RNA l. 82 und BN 3.04 1 Tells nieeresschnck- Packungen Wer gu: Müekens ehütz das naturnahe Schönheitsmittel beraten ſein . Fl. dA. O60 gr. Fl. N. 1.— ff Klugen. geschmackvollen Fran will feng Srobadmirar Fr luz, lelnrlch- Stage 27 damm 14 10 Padleg. N. 2,50, Nachn. Anzeigen Fostscheckk. 1 Berlin 1904 38 NM. O. 40. Gesamtbest. ab M..— postft 92 Male cinen l ue. 5 a In der 180. 0 f db, lnger 88 2 Balsam-Acht finden ſich Ist es nicht widersinnig, Rheumaschmer- zen zu erleiden, wenn Sie sich mit„Bal- „ 8 ole Starnen Sofortiger g sam s“(Flasche nur RM 1. 12) so leicht eine 555 7 weitgehende Linderung verschaffen kön- ur ö Llelerung! ö 2 4 4 in guter Quoliist sehr g oreswert bes nen? Denn die schmerzlindernden Be- standteile von„Balsam 8“ dringen gleich Silbenrätſel. a ak an at au brauch breit bri bro den d di di do drei dres dſchun e eh er er fe fid ſu i il kas ke keit ker ki ko li lei mär mi mi mos nat ne ne ne nef nel nich nieß no o pei ra rad rak rams ren ri ſchi ſchrank ſe ſe ſen ſtei ſtein ta ta ter tig tiv topf tos tri trieb tſchau tun u un ur xus zil. Aus vorſtehenden Silben ſind 31 Wörter zu bilden, deren Anfangsbuchſtaben, von oben nach unten, und deren Endbuchſtaben, von unten nach oben geleſen, ein Geleit⸗ wort des Reichsminiſters Dr. Goebbels zum Hilfswerk „Mutter und Kind“ der NSW ergeben. Die Wörter be⸗ deuten: 1. Stechmücken, 2. Oper von Lortzing, 3. Einrich⸗ tung zur Aufbewahrung von Küchengeräten, 4. Bergdurch⸗ bruch, 5. Fluß in Spanien, 6. Strahlen ausſendend, 7. kai⸗ ſerlicher Befehl, 8. Verwandter, 9. Stadt in Sachſen, 10. ſüdländiſcher Vogel, 11. Mädchenname, 12. Unwirk⸗ ſamkeit, 13. ruſſiſcher Name, 14. Erntegerät, 15. kleinaſia⸗ tiſches Reich, 16. Nutznießung, 17. Zahlwort, 18. Wohn⸗ ſitz([at.) 19. techniſcher Begriff, 20. Bewohner der Oſtmark, 21. Aſchenkrug, 22. Rechtsaunwaltsbüro, 23. Eibenbaum, 24. Feſtung am Rhein, 25. Tal in Oberbayern, 26. Stadt in Norddeutſchland. 27. engliſche Kronkolonie, 28. Stadt in Rumänien, 29. Schlange, 30. chineſiſches Schiff, 21. Stadt in China. Labyrinth⸗Aufgabe. 7 8 70 8 Die 36 Buchſtaben a a a cceeeeeffghhii beit m ate rfittu uu z ſind in die vor⸗ ſtehende Figur derart einzuordnen, daß ſie Wörter mit folgender Bedeutung ergeben: 1—2 Gebirgsſchlucht, 2—3 Gebirge in Marokko, 3—4 Pelztier, 4—5 Schiffsteil, 5—6 Teil des Pferdegeſchirres, 6—7 Weidewieſe, 7—8 leichter Flaſchenzug, 8—9 feſtlicher Einmarſch, 9—10 Eingabe an Behörden, 10—11 Vermählungsfeſt. Auch am fage die Heut gut pflegen. Des Ge- sſcht mit Nivee- Creme ſeicht mæessjeren, das kröfiſgt die Heut, regt sie an undd erfrischt sie. Auflöſungen aus voriger Nummer: Kreuzworträtſel: Waagerecht: 1. Yak, 4. Me⸗ ran, 6. Ulan, 8. Paß, 11. Blei, 13. Baer, 15. Ems, 16. rot, 18. Reh, 19. Smaragd, 20. Ali, 22. Aal, 23 Inn, 25. Senf, 27. Knie, 28. Igel, 30. Tael, 31. Humor, 32. Ger; Senkrecht: 1. Pen, 2. Ar, 3. Kap, 4. Mai, 5. Nab, 6. Ulm, 7 Leſſing, 9. Sardine, 10. See, 11. Begas, 12. Koran, 14. Rhone, 16. Raa, 17. Tal, 21. Lei, 24. Nil, 26. Feh, 27. Kar 29. Lug, 30. Tor. Rätſel: Kuba— Baku(letzteres liefert das Naphthah. das Naphtha). 5 Kapſelrätſel: 1. Droſſel, 2. Sperber, 3. Habicht, 4. Meiſe, 5. Zeiſig, 6. Specht, 7. Fink, 8. Eule, 9. Amſel, 10. Star. Buchſtabenverſetzung: Roſtock, Eisleben, Breslau, Herisau, Uelzen, Herford, Neuwied, Juelich, Auſſee, Grimma, Dornbirn.— Rebhuhnjagd. Rätſel: Geh wieder— Gewitter. Silbenrätſel: 1. Wermut, 2. Epos, 3. Robe, 4. Kalif, 5. Lumme, 6. Augsburg, 7. Gera, 8. Emil, 9. New⸗ vork, 10. Wurzel, 11. Igel.—„Wer klagen will, klage feſt!“ Kopfwechſelrätſel: Hegel Kegel Legel Pegel Regel Segel Tegel. 8 Humor Eine neue Autoſtraße wird ausgemeſſen. Die Land⸗ meſſer kommen auch zu einem Bauernhauſe und holen den Beſitzer heraus.. a „Hören Sie einmal“, beginnt der Leiter,„die Auto⸗ ſtraße führt direkt durch Ihre Scheune. Merken Sie ſich das!“ Da meint der Bauer trocken:„Wegen meiner über wenn Ihr glaubt, ich mache jedesmal, wenn ein Auto kommt. die Türe auf, dann habt Ihr Euch geſchnitten.“ „Vater! Wat is'n een Wiedehopf?“ „Irgend ſo'n verrückter Fiſch, Junge.“ „Vater! Unſer Lehrer ſagt aber, die leben uff Bäume?“ „Na, da kannſt du eben mal ſehen, was das für ein verrückter Fiſch iſt!“ *. „Meine Bildung koſtet mich mindeſtens 3000 Markl“ „Wirklich? Ja, ſchade, daß man ſo wenig fürs Geld bekommt!“ * „Haben Sie den Hund gewaſchen?“ „Ihren dreckigen Köter waſche ich nicht!“ „Der Hund iſt ſauberer als Sie.“ „Dann braucht er auch nicht gewaſchen zu werden!“ „Kennen Sie den Witz von der Frau, die ruft:„Hilfe, Hilfe, ich habe eine Nadel verſchluckt! und ihr Mann dann ſagt: Beruhige dich nur, hier iſt eine andere Nadel?“ „Nein, den kenne ich nicht— erzählen Sie ihn doch mal!“ 15 Mieter:„Das Dach iſt ſo ſchlecht, daß es durchregnet. Wie lange ſoll das ſo weitergehen?“ Hauswirt:„Ich bin doch kein Wetterprophet!“ * Unglaublich aber wahr! Grabſtein tötet Witwe.— Beide Ohren mit dem ſteifen Hut abgeſchnitten. Es geſchehen tagtäglich merkwürdige Dinge. Würde man ſie in Luſtſpielen oder Romanen verwerten, ſo könnte der Autor ſicher ſein, daß kein Verleger ſich dazu herbei⸗ laſſen würde, ſeine Einfälle zu drucken. Aber die Verſiche⸗ rungsgeſellſchaften können ein Lied über Dinge ſingen, die zwar unglaubwürdig ſcheinen, aber erwieſenermaßen tagtäglich geſchehen. Daß einer Witwe, die das Grab ihres kürzlich ver⸗ ſtorbenen Mannes auf dem Friedhof in Hillock(Schott⸗ land) mit friſchen Blumen dekorierte, der Grabſtein auf den Kopf fiel und ſie ſchwer verletzte, kann man noch glaubhaft finden, obwohl man auch hier über die Höhe des Grabdenkmals oder des Standpunktes der Frau zur Zeit des Unfalles Bedenken hegen möchte. Aber daß ein ſteifer, ſchwarzer Hut in der Lage ſein ſollte, die beiden Ohren des Trägers glatt abzuſchneiden, das würde einem wie ein ſchlechter Witz vorkommen, wenn dieſer Unfall nicht tatſächlich geſchehen wäre und eine amerikaniſche Ver⸗ ſicherungsgeſellſchaft dafür eine beträchtliche Summe auf den Tiſch des Hauſes hätte legen müſſen. Die Sache paſ⸗ ſierte in Santa Clara auf Cuba, wo ein Eingeborener zum erſtenmal im Leben einen ſteifen Hut aufprobierte, der zu eng war, und den er ſich mit derartiger Wucht über den Kopf ſtieß, daß beide Ohren abgeriſſen wurden. Daß Autofahrer durch Hirſche und Rehe, die in den Wagen laufen, Unfälle erleiden, paſſiert auch bei uns nicht allzu ſelten. Auf einer Alpenſtraße flog einem Schweizer Wagen eine Taube gegen die Windſchutzſcheibe. Der Fah⸗ rer wurde zwar nur leicht verletzt, verlor aber die Herr⸗ ſchaft über den Wagen und ſtürzte in den Abgrund. Ge⸗ radezu phantaſtiſch mutet der Unfall eines Farmers aus Greenville(Texas) an, der mit ſeinem Milchauto zu einer Tankſtelle fuhr, um Benzin einzufüllen. Heiße Aſche von ſeiner Zigarette ſetzte ſeine weiße Schürze an einer Stelle in Brand, auf die Benzin getropft war. Der entſetzte Mann riß die Schürze vom Leibe und warf ſie von ſich. Sie lande auf dem Schwanz eines in der Nähe ſtehenden Pferdes. Das Pferd ſchlug ſie mit einer Schwanzbewegung in einen Heuballen. Eine Scheune, das Milchauto, vier andere Autos und zwei Wagen brannten als Folge diefer merkwürdigen Unfallkette ab. In Exeter(England) explodierten Huſtenbonbons in der Taſche eines Poliziſten. Dadurch wurde ſeine Kleidung in Brand geſetzt und die Feuerwehr mußte in Aktion treten. Dieſer ſo unglaubwürdig anmutende Unfall wurde von den Chemikern dahingehend erklärt, daß ſich in den Huſtenbonbons Kalciumchlorat befand, das ſich infolge der Reibung der Bonbons an dem harten Wollſtoff der Poliziſtenuniform entzündete. Ein gleichartiger Unfall paſſierte einem jungen Landwirt aus Montmorrillon, dem bei der Unkrautausrottung eine Löſung von Kaleium⸗ chlorat auf der Arbeitshoſe antrocknete. Auf dem Nach⸗ hauſewege wurde die Hoſe durch die Reibung der Bewe⸗ gung in Brand geſetzt und der junge Mann erlitt ſchwere Verletzungen. Die Liſte ſolcher ſeltſamer Unfälle reißt natürlich nicht ab. Die ſtatiſtiſchen Büros der Verſicherungsgeſellſchaften in der ganzen Welt ſammeln aber täglich neue Berichte über derartige kurioſe Unfälle, gegen die nur kluge Vor⸗ ausſicht hilft, wenn ſich Unfälle natürlich auch niemals ganz vermeiden laſſen. Schluß des redaktionellen Teils. nach der Einreibung durch die Poren in bemeinſchaft 8 1 15 R Man merkt 0. f sofort dle Wirkung; Ein warmer heilend.— Blutstrom fileht dureh die itende: juſammen. e de, wel; Gewebezellen und die feinen Y woslerboch kos lege e Lach ectzacließ ber. 10 um als 8 dend Uoverbindlich 5h. auch vorzüglic 1 Gicht. 4 4 Hexenschuß, Gliederreißen, Achiloͤträger versandhaus? . 3 1 l/ 9 Fritz Stöhr 8 Aber auf die abgebildete ER NN Originalflasche in Achtform. 70 5 Lor dem ebe r e Ria 1.12„Balsam 8“ mit 5 5 5 belebt lor chhefe 5 Iietenwirkung ist nur in 0 N cotenwetle Lieferung Apotmeken zu haben. r keben des s Volkes * nenden nmz 4 Zum Wochenende und Zum Zeitvertreib“ Nr. 38 erſcheinen als Beilage. DA 2. VI. 88: über 620 000. Pl.⸗Nr. 8.— Für die auf dieſer Seite erſcheinenden Anzeigen iſt der Verlag der vorl. Zeitung nicht zuſtändig. Verantwortlich für die Schriftleitung Kurt Winkler, für Anzeigentell Carl Görg. Verlag Sonntags⸗ blatt Deutſcher Provinz⸗Verleger, ſämtl. in Berlin SW 88, Lindenſtr. 101/102. Trinkt deutſchen Obſt⸗ und Veerenwein! Oft hört man, wenn von Obſt⸗ und Beerenweinen die Rede iſt, die Anſicht vertreten:„Um Gottes willen, nur keinen Obſt⸗ oder Beerenwein, da hat man nachher einen Kater, daß man nicht aus den Augen gucken kann“. Dieſer Einwand iſt heute keineswegs mehr gerechtfertigt, denn in den letzten Jah⸗ ren iſt ein grundlegender Wandel in der Obſt⸗ und Beeren⸗ weinerzeugung eingetreten, und ſtehen dieſe heute an Güte, Geſchmack und Be ömmlichteit den bekannten Südweinen faſt um nichts nach. Vor 3 als die Obſt⸗ und Beerenweine im weſent⸗ lichen von Privatleuten hergeſtellt wurden, blieb beim Gä⸗ rungsprozeß die Heſebildung ſich ſelbſt überlaſſen, ſo daß dieſe ich nicht immer in der gewünſchten Weiſe vollzog und häufig ie Entſtehung des gefürchteten Methylalkohols, der Urſache für Kopfſchmerzen und„Kater“, im Gefolge hatte. Inzwiſchen iſt es der Wiſſenſchaft gelungen, e zu züchten. Durch Beigeben von beſtimmten efearten aus dieſen Rein⸗ bildung nach der gewünſchten Richtung hin weiteſtgehend zu beeinfluſſen, wodurch Geſchmack, Güte und Bekömmlichkeit des deutſchen Obſt⸗ und Beerenweines mit Sicherheit gewährleiſtet werden können. Weiter ſpielt für die Qualität des deutſchen Obſt⸗ und Beerenweines die ſachgemäße Kellerbehandlung und Lagerung eine große Rolle, die ebenfalls nach neuen, auf wiſſenſchaft⸗ 5 Grundlage aufgebauten Erkenntmiſſen durchgeführt wer⸗ en, ſo daß der Verbraucher ſtets Weine von einwandfreier Be⸗ ſchaffenheit kaufen kann. Daß dieſe Vorausſetzungen ſtrikt er⸗ füllt werden, dafür ſorgen amtliche Kontrollen, die die Zu⸗ ſammenſetzung der Weine ſorgfältig überwachen, ſo daß jedem. der früher einmal nach dem Genuß von Obſt⸗ und Beerenwein einen Kater hatte, geſagt ſei: Unſer deutſcher Obſt⸗ und Beeren⸗ wein iſt es wirklich wert, in unſerem Volke weiteſte Verbrei⸗ tung zu finden und an die Stelle der ausländiſchen Sſiß⸗ und i zu treten, denn ex iſt wohlſchmeckend, bekömmlich kulturen iſt es nun möglich, beim Gärungsprozeß die Hefe⸗ D und vor allem, was zum 0 noch beſonders hervorgehoben zu werden verdient, preiswert Täglich 272 Minuten RRR VOI.