Nr. 220 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Dienstag, 20. September 19388 Repräsentanten der Vernichtung NS. Nach zwanzig Jahren ſelbſtändiger tſchechiſcher Herrſchaftsführung verſinkt die Tſchecho⸗Slowakei in bluti⸗ ges Chaos. Wieder erfüllt ſich das Geſetz der Geſchichte des tſchechiſchen Volkes. Ueberblickt man die hiſtoriſchen Ereig⸗ niſſe der Sudetenländer von ihren erſten hiſtoriſchen An⸗ fängen bis zu den heutigen blutigen Tagen, ſo fert in folgende intereſſante und aufſchlußreiche Tatſachen ſofort in die Augen: Noch niemals in der Geſchichte der Sudeten⸗ länder haben ſich die Tſchechen als ſtaatsaufbauendes und ſtaatserhaltendes Element erwieſen. Als Unterjochte der Awaren kamen ſie in den Sudetenraum. Ein fränkiſcher Kaufmann namens Samo, der auf einer Durchreife zu ihnen gekommen war, fand ſie in Kämpfen mit den Awa⸗ ren vor, unterſtützte ſie mit ſeinem Rat und wurde bald ihr Führer. Unter ſeiner Leitung glückte der Abfall von den Awaren. Samo gründete ein großes flawiſches Reich, das ſofort nach ſeinem Tode wieder zerfiel. Die Tſchechen kamen erneut unter die Herrſchaft der Awaren. Und wieder war es ein Franke, der ſie von der Awarenherrſchaft befreite: Karl der Große. Er glie⸗ derte den Sudetenraum in ſein großes Reich ein und er⸗ richtete die deutſche Lehensherrſchaft über ihn. Im Schutz der deutſchen Kaiſermacht 1 89 ſich die Volkwerdung der Tſchechen, und es brühte ein Staatsweſen auf, in dem un⸗ ter deutſchem Einfluß Land und Volk der Tſchechen einen ungeahnten Aufſchwung erlebte. Es waren die Zeiten des przemyfldiſchen Herzogtums. An ſeinem Ende ſteht der tſchechiſche Aufruhr gegen die 1 deutſche Kulturlei⸗ ſtung im Sudetenraum, die gegen Ende des 13. Jahrhun⸗ derts vor aller Welt ſichtbar geworden war. Die wenigen Jahre ſelbſtändiger tſchechiſcher Herrſchaftsführung hatten genügt, die Aufbauarbeit mehrerer Jahrhunderte zu vernich⸗ ten. Ein allgemeiner Verfall ſetzte im Lande ein, der 15 wieder durch die geniale Herrſchaftsführung Karl IV. auf⸗ gehalten wurde. Unter ihm erlebten Böhmen und ſeine Ne⸗ benländer ihr„goldenes Zeitalter“. Prag war nicht nur zum geiſtigen Mittelpunkt Südoſteuropas geworden, ſondern ein wirtſchaftlicher Brennpunkt des ganzen Kontinents. Künſte und Wiſſenſchaften blühten. Noch heute zeugen die ſteinernen Denkmäler von dem wirtſchaftlichen Wohlſtand und dem großen Kunſtverſtändnis der damaligen Zeit. Nach Karls Tode gewannen die Kräfte der Zerſtörung, die er zu ſeinen Lebzelten zu zügeln und zu bändigen ver⸗ ſtand, die Oberhand. Vald ſetzte jenes grauenvolle Chaos ein, das die ſogenannte Huſſitenzeit charakteriſiert. Sinn⸗ loſe Zerſtörung aller geſchaffenen deutſchen Kulturwerte im Land iſt der Inhalt dieſer angeblichen Heldenzeit des tſche⸗ chiſchen Volkes. Blut und Verwüſtung zeichnen die Spuren der huſſitiſchen 1 durch die i eden Ge⸗ biete. Wenige Jahre haben auch in dieſer Zeit genügt, um das wieder aufgeblühte Böhmen in einen Schutt⸗ und Trümmerhaufen zu verwandeln. Das ſogenannte nationale Königtum, das aus ſlawiſchen Fürſten gebildet war, hatte nicht die Kraft und Fähigkeit bewieſen, Aufbauarbeit im Lande zu leiſten. i Ein tſchechiſcher Hiſtoriker hat einmal erklärt, daß die Tſchechen mit leeren Händen die Schwelle der europäiſchen Ziviliſation überſchritten haben. Er müßte ergänzend feſt⸗ ſtellen, wenn er objektiv die weitere Konſequenz aus ſeiner Erkenntnis zöge, daß ſie ihren geſamten wirtſchaftlichen und kulturellen Beſitzſtand ausſchließlich dem deutſchen Ein⸗ fluß und deutſchem Vorbild verdanken. Wenn es in dieſen Jahrzehnten da und dort zu Anſät⸗ zen eines neuen wirtſchaftlichen Lebens kam, dann waren es deutſche Kräfte, die es auslöſten. Erſt als unter der Herr⸗ ſchaft der Habsburger die deutſche Gleichberechtigung in den Sudetenländern wieder hergeſtellt war, vollzog ſich ein neuer kultureller und wirlſchaftlicher Aufſtieg, der nur durch die konfeſſionellen Kämpfe des 17. Jahrhunderts eine längere Unterbrechung erfahren hat. Die 20jährige ſelbſtändige Herrſchaftsführung der Tſche⸗ chen ſeit 1918 zeigt aber von neuem die Vernichtung der vom Deutſchtum geſchaffenen Werte. So läßt ſich feſtſtellen, daß alle Epochen des wirtſchaftlichen und kulturellen Auf⸗ ſtiegs der böhmiſchen Länder zuſammenfallen mit der un⸗ mittelbaren Einflußnahme im Sudetenraum und der eng⸗ ſten Anlehnung der tſchechiſchen Volksführung an das Deutſchtum. Dagegen ſind die Zeiten der tſchechiſchen Allein⸗ herrſchaft charakteriſiert durch einen grenzenloſen Verfall im Land und eine brutale Machtausübung der Tſchechen gegen⸗ über dem Deutſchtum. Niemals in der Geſchichte hat das Deutſchtum den tſchechiſchen Siedlungsraum vernichtet, wohl aber haben die Tſchechen wiederholt das ſudetendeutſche Gebiet in ein — 5 5 5 S 4 1 Mechaniſch machte ſie die üblichen Feſtſtellungen. Die Schweſter bewegte die Lampe und leuchtete. „Es geht Ihnen nahe?“ ſagte die Schweſter.„Kannten Sie ſie?“ „Nein. Das heißt ein wenig.“ Und nach einer Weile fuhr ſie fort:„Ich habe es nun ſchon ſo oft miterlebt, aber es greift mir jedesmal ans Herz.“ „Man muß ſtark ſein.“ 5 8 „Gewiß, Schweſter.“ 90 Auf dem Tiſch lag das kleine verſchnürte Päckchen. Die Schweſter nahm es auf und bemerkte: 3 „Für Sie, Fräulein Doktor. Es ſteht darauf.“ „Ja, ich weiß ſchon— einige Papiere———“ Sie nahm das Päckchen an ſich. Dann gingen 5 hinaus. g 9 Die Kranken ſchliefen noch alle. a „Soll ich Kaffee holen?“ fragte die Schweſter,„viel⸗ leicht wollen Sie etwas Heißes trinken“ 4 f „Ja, holen Sie ihn. Es iſt recht.“. 5 r Thea ſetzte ſich an den Aufſichtstiſch und nahm das Krankenjournal. Am Ende der Spalte, die mit„Medow, Anna, Witwe, 63 Jahre“ begann, ſchrieb ſie neben dem Datum den Vermerk nieder:„Geſtorben fünf Uhr ſieben Minuten. Anweſend: dienſttuende Schweſter und Dr. Han⸗ ſen.“— Darauf öffnete ſie das Paket. Es enthielt einen dicken, verſchloſſenen Briefumſchlag mit der Aufſchrift:„An Herbert“ und ein Bild. Thea betrachtete es aufmerkſam. Das alſo war der Sohn, der ſeiner Mutter ſo viel Kummer gemacht hatte, und den ſie doch für gut hielt und abgöttiſch liebte. In der Tat, ein hübſcher Menſch, und— ſonderbar, er kam Thea irgendwie bekannt vor. Hatte ſie ihn ſchon ge⸗ ſehen? Oder— ſah er einem Bekannten ähnlich? 5 Auf einmal fiel es ihr ein und ſie ſchüttelte, verwun⸗ dert den Kopf. Konnte das möglich ſein?. Trümmerfeld verwandelt. Wenn man ſich vor Augen hält, daß die Huſſitenkriege auch das tſchechiſche Volksleben völ⸗ lig zerrüttet hatten, das nationale Königtum der Tſchechen einen unerhörten wirtſchaftlichen Verfall gebracht und heute die ſchechiſche ſelbſtändige Politik das tſchechiſche Volk in die Arme des Bolſchewismus geführt hat, dann iſt wohl die Feſtſtellung berechtigt, daß die Tſchechen die Perioden der ſtaatlichen Selbſtändigkeit zu den glücklichſten zählen dürften. Ole renzlandhroſeschau Sthworz Auf weiß Ein Geleitwort des Gaupreſſeamtsleiters Heinrich Foerſter. Der um Idee und Aufbau der Ludwigshafener Grenz⸗ land⸗Preſſeſchal„Schwarz auf Weiß“ beſonders verdiente Gaupreſſeamtsleiter der Saarpfalz Heinrich Foerſter gibt der in vielfacher Hinſicht weit über den Saarpfalzgau be⸗ deutungsvollen Ausſtellung ein Geleitwort mit, das un⸗ ſerer deutſchen und dem gleich dieſer um die Erhaltung des Friedens bemühten Teil der Auslandspreſſe die in jüdiſchem Solde ſtehende verleumderiſche und kriegshetzeriſche Journaille gegenüberſtellt. In ſolcher Zeit laſſe nun der Gau Saarpfalz in dieſer Schau ein Spiegelbild jener dunklen Regiſſeure vor den Augen der Oeffentlichkeit abrollen, jener Leute, die bis zur nationalſozialiſtiſchen Revolution 1933 auch in Deutſchland in Politik und Wirtſchaft ton⸗ angebend, wenn nicht gar ausſchlaggebend waren. Gerade in dieſer Stunde iſt es zwingendes Gebot, aus der un⸗ erſchöpflichen Quelle politiſcher Hochſtapeleien ſogenannter internationaler Weltpolitik einen Bruchteil jenes Materials herauszuholen, das ganz beſonders geeignet iſt, die Gegen⸗ wart rings um uns erkennen und verſtehen zu lernen. Viele Objekte dieſer Ausſtellung zeigten den Abgrund tieſſter menſchlicher Verirrungen, zum Ueberfluß diplomatiſch be⸗ mäntelt, und illuſtrierten in Verlehrung eines bekannten Wortes, daß verbrecheriſche Charakteure die Politik ver⸗ dorben haben.„Anhand unumſtößlicher Beweiſe wird hier jeder einen kleinen aber umſo traurigeren Einblick gewinnen in das, was gewiſſe internationale Cliquen unter inter⸗ nationaler Diplomatie und Höflichleit verſtanden, wenn ſie von Juden maßgeblich beeinflußt oder geführt wurden. Unter die inner⸗ und außenpolitiſche Begebenheit den be⸗ kannten dicken Strich zu ziehen, hieße von dem einmal früher als richtig erkannten und ſpäter auch bewährten Wege der nationalſozialiſtiſchen Politik abgehen zum Schaden derer, die einmal an unſere Stelle treten werden und von dem perſönlichen Erleben des nationalſozialiſtiſchen Kampfes nicht mehr geformt werden konnten: unſerer Jugend. So aber iſt dieſe Ausſtellung geradezu eine Verpflichtung ge egüber der Jugend unſeres Volkes, die erkennen kann, in welch er⸗ bittertem Kampfe die Erneuerung Deulſchlands errungen werden mußte. Aber auch die, die früher in anſtändiger Haltung und Geſinnung den vermeintlichen Bannerträgern eines falſchen Ideals nachjagten, ſollen, aus dieſer Schau die Erkenntnis gewinnen, wie ſehr ihre alten Führer ſie und damit das ganze deutſche Volk in den Abgrund zu führen bereit waren, jene Burſchen, die heute noch— geduldet von ausländiſchen Regierungen— nicht etwa, wie einſt den An⸗ hängern geſchworen, der deutſchen Republik ihren letzten Blutskropfen geschworen zu opfern, ſondern nach ſeiger Flucht aus ſicherem Hinterhalt ihre letzte Tinte gegen Deutſchland, ſeinen Führer und das geſamte deutſche Volk zu verſpritzen den traurigen Mut aufbringen. So ſollte denn der politiſche Teil der Schau einmal der jungen Mannſchaft unſeres Volles den Weg zeigen, den die Bewegung in ſchwerem Kampfe nehmen mußte, und hier auch alle die Elemente und Kräfte darſtellen, die damals ihr Spiel gegen Deutſchlands Erneuerung trie⸗ ben, zum andern aber ſolle ſie der geſamten Oeffſenklichkeit unſeres Volles noch einmal einen Abriß von dem gewaltigen politiſchen Geſchehen und ſeinem Rückſpiel in den vergangeſlen Jahren geben. Wenn dabei der Kampf unſeres Gaues in beſonders ſtarkem Maß berückſichtigt wurde, dann iſt dies für alle Volksgenoſſen im Grenzgau Saarpfalz eine erhöhte Verpflichtung, hier an des Reiches Grenze beſonders treue Wacht zu halten über deutſchem Weſen und deutſchem Lande... Wir wollen eine Preſſe, deren höchſtes Ziel iſt, Spiegelbild einer großen Kulturnation zu ſein und dazu beizutragen, den Frieden unter den anſtändigen Völlern zu feſtigen zum Segen der ſchafſenden Menſchheit. Eine Abteilung der Ausſtellung„Schwarz auf Weiß“ zeigt den Kampf der Pfalz gegen die Separatiſtenherrſchaft. Geſpenſtig flackern die Flammen aus dem Pirmaſenſer Be⸗ zirksamtsgebäude, deſſen weithin leuchtendes Fanal aller Profeſſor Kruſtus, der berühmte Chirurg, war der Be⸗ kannte, den Sie im Sinn hatte. Er und dieſer Herbert Medow hatten die gleichen Augenpartien, denſelben Blick, doch das war auch ihre einzige Aehnlichkeit. Konnten Be⸗ ziehungen zwiſchen dem ausgezeichneten Arzt und dem jun⸗ gen Menſchen, der im Gefängnis ſaß, beſtehen? Nein, der bloße Gedanke war lächerlich. Ihre überreizten Nerven ſpielten ihr ſicher einen Streich, und ſie täuſchte ſich. Sie ſchaltete die Lampe mit dem grünen Schirm aus, ging an das Feuſter und ſah hinaus. Draußen erwachte der Tag, das Leben begann. Hier drinnen war eine alte Frau geſtorben, und wer wußte etwas davon? Doch— ihr Wille und ihr Denken waren nicht tot. Thea hatte ver⸗ ſprochen, über das Grab hinaus ihren Willen zu voll⸗ In genau drei Wochen ſtand ſie vor der Aufgabe, einen unbekannten Menſchen von dem Gefängnis abzuholen. Ob er bis dahin ſchon ſeitens der Krankenhausverwaltung über den Tod ſeiner Mutter informiert worden war, wußte Thea nicht zu ſagen. Wahrſcheinlich war das der Fall. Wie würde die Nachricht auf ihn wirken? Wie würde er ſich gegenüber Thea einſtellen? ü Sie ſeufzte und ſah ſich um... Die Schweſter hatte den dampfenden Kaffee für ſie her⸗ eingebracht. — 2 Kae Profeſſor Dr. Bernhard Kruſius war noch ziemlich jung, auf jeden Fall ſehr jung für das Anſehen, das er als Gelehrter, Arzt und Chirurg genoß. Abgeſehen davon ſpielte er eine bedeutende Rolle in der Geſellſchaft und er beſaß eine beneidenswerte Privatpraxis, die Ja e von den Familien der oberen Zehntauſend beſucht wurde. Draußen, in einem der ſchönſten Villenvororte, hatte er ein großes Haus, und die Beſucher, die ſich hier einſtellten, wurden von einem Diener empfangen. Während der Sprech⸗ ſtunden, an beſtimmten Nachmittagen von drei bis vier Uhr, ſtanden faſt immer mehrere Privatwagen vor der Tür. Man erzählte, daß Kruſius ein beträchtliches Vermö⸗ gen beſitze, und man flüſterte ſich im Vertrauen die Summe zu, die er jährlich nur für ſeine Angeſtellten, ſeine Autos und für ſonſtige Repräſentationen ausgab. Vielleicht ent⸗ tation für heute beendet. Die Patientin war eine Dam Welt zeigte, wie unmöglich und wie unhaltbar die Zuſtände in der Pfalz geworden waren. So wie heute drüben in der Tſchecho⸗Slowakei unſere Brüder im Kampf ſtehen um die Befreiung von der Fremdherrſchaft, ſo war damals die Spannung in der Pfalz aufs höchſte geſtiegen. Man ſtand gleichſam auf einem Pulverfaß. And es bedurfte nur eines Funken, um dieſes Faß zur Exploſion zu bringen. Dieſe einmalige, ſehenswerte und ungemein lehrreiche Schau iſt bis 3. Oktober täglich von 9—20 Uhr geöffnet. In der KdF.⸗Feſthalle iſt von 20 Uhr ab ein„Variete der Spitzenleiſtungen“ im Betrieb. Eintrittskarten zur Aus⸗ ſtellung und zur Kdߧ⸗Feſthalle ſind in allen Vorverkaufs⸗ ſtellen, ſowie an den Tages⸗ und Abendkaſſen zu haben. Eine verbundene Karte zum Beſuch der Ausſtellung ein⸗ ſchließlich Hinfahrt mit der Straßenbahn iſt auch bei allen Straßenbahnſchaffnern zum Preiſe von 50 Pfg. zu bekommen. Sie gilt alſo für freie Hinfahrt zur Ausſtellung und für den Ausſtellungsbeſuch. Es eit natürlich ſelbſtverſtändlich, daß die Karte nur bei dem Schaffner auf dem Wege zur Aus⸗ ſtellung gilt für das geſamte Straßenbahnnetz von Mann⸗ heim—Ludwigshaſen, ganz gleich, wo der Ausſtetlungsbeſucher einſteigt und ſich die Karte löſt. Von den badiſchen Segelfliegern Uebergabe der Segelflughalle auf der Hornisgeinde Die Einweihung der Segelflughalle der Gruppe 16(Süd⸗ weſt) des NS vollzog ſich auf der Hornisgrinde am Sonntag nachmittag in einem ſtimmungsvollen Rahmen. Tauſende von Zuſchauern aus ganz Baden und beſonders aus den naheliegenden Talortſchaften hatten ſich bei ſchön⸗ ſtem Wetter auf der höchſten Erhebung des Nordſchwarz⸗ waldes eingefunden, um der Hebes age ee und dem Flug⸗ kag auf dem moraſtiſchen Grunde des Hochmoores der Hor⸗ nisgrinde beizuwohnen. Neben Reichsſtatthalter und Gau⸗ leiter Robert Wagner waren Obergebietsführer Fried⸗ helm Kemper, der Pionier der Segelflieger, Oskar Or⸗ ſinius, Gauſportführer Miniſterialrat Kraft, die Par⸗ teivertreter der nahen Kreiſe und Ortſchaften, ſowie die Vertreter der Gliederungen der Bewegung und der Wehr⸗ macht erſchienen. Zur Flaggenhiſſung hatte eine Abteilung des NSF, der HJ und des RSͤKK vor der fahnenge⸗ ſchmückten neuen Halle Aufſtellung genommen. Gruppen⸗ führer Zahn ſprach zunächſt Be 0 fh an die Gäſte. Mit der Erſtellung der 905 e, ſo führte er aus, ſei ein alter Traum der badiſchen Segelfliegerei auf der Hor⸗ nisgrinde, die im Jahre 1933 mit einem gelungenen Flug von Segelflughauptlehrer Anton Frey ihren Anfang nahm und ihre Krönung in den Leſſtungsſtügen des Stuürmfüh⸗ rers Ludwig Hofmann im Jahre 1934 nach Nürnberg und Montbeliard fand. Nach einem Dankeswort an alle beteiligten Stellen er⸗ griff Reichsſtatthalter und Gauleiter Robert Wagner das Wort zu einer Anſprache. Deutſchland iſt heute, ſo führte der Reichsſtatthalter aus, nicht mehr wehrlos; Deutſchland iſt allen 1 f n gewachſen, die an es herantreten kön⸗ nen. Es iſt für uns ein beglückendes Gefühl, daß auch un⸗ ſer Nationalſozialiſtiſches Fliegerkorps ſeinen großen Bei⸗ trag geleiſtet hat. Darüber gibt der Bericht des Gruppen⸗ führers Zahn Rechenſchaft. Der Reichsſtatthalter beglück⸗ wünſchte den Gruppenführer und ſeine Mitarbeiter zu dem erzielten Erfolg und betonte, daß der Gedanke, hier auf der Hornisgrinde ein Segelfluglager zu errichten, auch ein Ge⸗ danke der NSDAP und der oberſten Stellen des Landes Baden geweſen iſt. Beſondere Anerkennung verdiene Grup⸗ penführer Zahn, der ſich für dieſen kühnen Plan eingeſetzt und ihn mit voller 1 verwirklicht habe. Die Juͤgend der Südweſtmark möge den fliegeriſchen Geiſt und das Können hier in ſich ſtiſhen N. um auf dieſe Weiſe dem großen nationalſozialiſtiſchen Reiche zu dienen. Zum Schluß ſprach der Reichsſtatthalter zum Unternehmen die Glück⸗ wünſche der Partei und der höchſten Stellen aus. Obergebietsfügrer Kemper unterſtrich die enge Ver⸗ bundenheit der HJ mit dem NSF und ſprach im Namen der HJ für das Gelingen des Fliegerunternehmens auf der Hornisgrinde die herzlichſten Glückwünſche aus. 6 Oskar Orſinius gab bekannt, daß die Halle den Na⸗ men eines der tüchtigſten gefallenen Segelflieger trage, des Karlsruher Sportsmannes und Fliegers Max Albert. Nachdem die Nationallieder ce waren, entwik⸗ kelte ſich auf dem e Hochplateau der Hornis⸗ grinde ein einzigartiges fliegeriſches wende das durch die landſchaftlichen Reize des Schwarzwaldes und die nieder über die Bergkette hinziehenden weißen Wolken noch eine beſondere Untermalung fand.. ſprach das alles auch ſo ziemlich der Wahrheit, was aller⸗ dings nur wenigen bekannt war, das war die Tatſache, daß Kruſius ſehr häufig bedürftigen Kranken ſeine Dienſte ganz umſonſt zukommen ließ. i Er ſaß jetzt in ſeinem Privat⸗Sprechzimmer. Der Raum war gediegen und elegant eingerichtet. Ein Blumenſtrauß ſtand auf einem kleinen Tiſch am Fenſter, ein anderer Strauß auf dem Schreibtiſch. Daneben ſtand in einem n Rahmen das Bild einer ungewöhnlich hüb⸗ en jungen Dame, das die eigenhändige Widmung auf⸗ wies:„Bernhard in ewiger Liebe von Charlotte.“ 8 Charlotte Berkenfeld war die junge Dame, mit der Kruſius verlobt war, und die er im kommenden Frühjahr zu heiraten gedachte. Sie war die einzige Tochter eines der reichſten Männer der Stadt, von Chriſtian Berkenfeld, der zahlreiche Unduſtrieunternehmen kontrollierte. Für Char⸗ lotte hatte es bisher wohl keinen Wunſch gegeben, den ihr Vater ihr nicht zu erfüllen vermochte.. Die Meinungen über dieſe bevorſtehende Ehe gingen auseinander. Die einen fanden das alles ganz in Ord⸗ nung. Andere dagegen, die Kruſius und Charlotte genau kannten, zweifelten daran, daß ihre Verbindung eine glück⸗ liche werden konnte. Beide waren ſehr verſchiedene Cha⸗ raktere. Kruſius war zwölf Jahre älter als Charlotte, und dieſe fühlte ſich wohl in eleganten ahr e und auf Rennplätzen zu Hauſe, doch war es ſehr fraglich, ob ſie einem Arzt, einem geiſtigen Arbeiter und nach innen Er, 1 1 Menſchen, wie Kruſius es war, ein Heim bereiten onnte. Die beiden ſelbſt machten ſich darüber keine Gedanken. Charlotte verachtete alle Kritiker als neidiſche Menſchen und Kruſius— er liebte Charlotte, und er war viel zu b ſchäftigt, um ſich Sorgen zu machen.. Die Uhr ſchlug vier. Kruſius hatte die letzte Konft in mittleren Jahren, die ihn ängſtlich anſah.. „Sie—— Sie meinen, Herr 1 daß die Ope⸗ ration gün 519 verlaufen wird?“ ſagte ſie.„Sie ſprechen alſo mein Todesurteil nicht au??? Ihre Stimme bebte, und ſie hatte Tränen in den 15 f Kruſius lächelte. Ein ſonniges Lächeln verwandelte ſein ſonſt ſo ernſtes Geſicht und ließ ihn jünger erſcheinen. „Wie kommen Sie darauf, anädige Frau?“ fragte er. J 5. 1. 8 5 5 2* 222 5 8 8 N 1 2— 2. ͤ—— ͤ K—— ——:!᷑:ööc————.——̃ 0—p 8——̃— 5 Der bekannte Schriftſteller A. R. Lindt, der ſchon mehrere erfolgreiche Reiſebücher ſchrieb, hat eine Expe⸗ dition nach Liberia unternommen. Er hatte es ſich zur Aufgabe geſtellt, der Frage der Sklaverei nachzufor⸗ ſchen. Gibt es noch Sklaven in Afrika? Wie ſteht es mit den geheimnisvollen, blutdürſtigen„Leoparden⸗ (4. Fortſetzung.) Die Kruneger führen die Ruder. Das Schiff nähert ſich der Brandung, die, wenn der Sturm weht, ſchon manches Boot umgeßporfen hat. Heute iſt das Meer ölig und ſtill, kaum daß einige Wellenkämme die Brandungs⸗ linie kennzeichnen. Jetzt, mit einem leiſen Zuruf feuert der Steuermann ſeine Boys an. Die ziſchende Woge hebt das Boot empor. Noch zwei Ruderſchläge, und das ruhige Waſſer der Bucht iſt erreicht. Am Ufer erwarten ſämtliche Bürger Sinoes die Heimkehr des Toten. Sie ſtoßen plötz⸗ lich einen Schrei des Entſetzens aus. Das Brandungsboot iſt umgekippt, Ruder und ſchwarze Köpfe treiben im Meer. e Die Kruneger fühlen ſich im Waſſer ſo wohl wie die Fiſche. Sie haben in der ruhigen Bucht keine Mühe, ſich ſelbſt und die Liberianer zu retten, die Nichtſchwimmer ſind. Sie tauchen auch nach dem Sarge. Ohne Erfolg. Aber die Brandung wird ihn bald an die ſandige Küſte ſpülen, tröſten ſich die Bürger von Sinoe und verſchieben die Begräbnisfeierlichkeiten auf den nächſten Tag. Aber die Flut treibt den Sarg nicht an den Strand, auch keine Holzſplitter, nicht an dieſem Tage und nicht an den fol⸗ genden Tagen. Da meldet ein Fiſcher, auf einem kleinen Inſelriff einen nackten Leichnam erblickt zu haben. Als er mit einem Poliziſten zurückkehrt, iſt der Körper verſchwunden. Die Beſchreibung, die der Fiſcher von den Geſichtszügen gibt, läßt als ſicher erſcheinen, daß es der Leichnam des ehemaligen Kabinettsmitgliedes war. Der Strand wird abgeſucht, allen Krunegern, die jeden Morgen mit ihren Einbäumen in See ſtechen, der Auftrag gegeben, nach dem Toten zu ſuchen. Sinoe ſträubt ſich immer noch, die Hoff⸗ nung auf prunkvolle Begräbnisfeierlichkeiten aufzugeben. Schließlich findet ein Eingeborener auf einem Felſen die weiße Halsbinde, Frack und Hoſe, ja, auch die Frei⸗ maurerſchürze des Toten. Die Kleidungsſtücke ſind nicht naß, nicht zerknittert. Sie ſind ordentlich aufgeſchichtet, wie es ein gewiſſenhafter Wäſcherboy tun würde. Hemd und Kragen geſtärkt, die Hoſenfalten ſorgfältig gebügelt. Als die Bürger von Sinode von dieſer Entdeckung hören, warten ſie nicht länger, ſondern verzehren die ver⸗ ſchiedenen Konſervenbüchſen, die für den Leichenſchmaus bereitgeſtellt wurden. Sie wiſſen, daß die Gerüchte wahr ſind, von denen ſchon lange gemunkelt worden war. Der Pfarrer, Freimaurer und Miniſter, der ehrenwerte Sa⸗ muel Roß, war Mitglied des Bundes der Krokodile oder, wie ſie auch genannt werden, der Waſſerleoparden. Der Krokodilbund iſt eine der mächtigſten Geheimgeſellſchaften der Küſtenſtämme. Stirbt ein Mitglied, weiß er ſich des Leichnams auf geheimnisvolle Weiſe zu bemächtigen, um ihn fern von allen Uneingeweihten im Buſch nach den Regeln des Bundes zu beſtatten. a Kennzeichen weſtafrikaniſcher Landſchaft iſt der Buſch, von Lianen durchwuchert, ſchwer betretbar, beſtändig vom Halbdunkel grüner Schatten umfangen. Im Buſch lebt das Geheimnisvolle, leben die reißenden Tiere, die dunk⸗ len Mächte, die das Leben der Eingeborenen auf wunder⸗ bare Weiſe beeinfluſſen. Die Neger der Weſtküſte, die nicht die weiten Horizonte der oſtafrikaniſchen Steppe kennen, ſind die Myſtiker Afrikas. Freimaurer im Buſch Auch die Liberianer, die Nachkommen freigelaſſener amerikaniſcher Negerſklaven, waren trotz amerikaniſcher Erziehung beherrſcht von dem Drange nach dem Geheim⸗ nisvollen. Sie konnten ihn nur unvollkommen befriedigen, indem ſie in die Freimaurerloge eintraten, die ſie nach europäiſchem Muſter gegründet hatten. Nicht nur in Mon⸗ rovig, in allen Küſtenſtädten, wo ſich Liberianer nieder⸗ gelaſſen hatten, faßte die Loge Fuß, die der Freimaurer⸗ ſchaft der Vereinigten Staaten angegliedert iſt. Sie wirkt mächtig und unterirdiſch. Die einflußreichſten Männer ge⸗ hören ihr an. Aber die ſchwarzen Logenbrüder mußten bald erken⸗ nen, daß ihre Macht im Buſch ein Ende nahm. Hier herrſchten, vollkommener als irgendeine Loge, die Geheim⸗ bünde der primitiven Eingeborenen. Das ganze ſoziale Leben der Eingeborenen wird von den Geheimbünden beſtimmt. Mit ihnen iſt die Häupt⸗ lingsherrſchaft verknüpft. Sie haben Einfluß auf Recht⸗ ſprechung und Geſetzgebung. Eine hervorragende Stel⸗ lung in den Bünden iſt Vorausſetzung für den Einfluß im Stamme. Die Geheimgeſellſchaften ſind das Bollwerk des afrikaniſchen Konſervatismus, da in ihnen nur der bejahrte Mann Geltung beſitzt und ihre Hauptforderung die bedingungsloſe Unterordnung des jungen Mannes unter den Greis iſt. Die Geheimgeſellſchaften bewahren angeblich gewal⸗ tige Geheimniſſe, ſie ſind die Träger aller ſchwarzen Magie, welche die Liberianer ehrfurchtsvoll„afrikaniſche Wiſſenſchaft“ nennen. Die höchſten Meiſter der Bünde ver⸗ mögen— ſo behaupten die Liberianer— künſtlich Blitze zu erzeugen, die die anderen wie ein folgſames Pferd lenken, um ſie ſchließlich tödlich auf das Haupt des Fein⸗ des niederziſchen zu laſſen. Sie ſollen um die Schnitzerei von Pfeilen wiſſen, die auf Meilen hin das Herz eines Gegners durchbohren und nach getaner Arbeit blutig zum Schützen zurückkehren. Die Liberianer mochten wohl Pfar⸗ rer und geriebene Anwälte ſein, in ihnen wurzelte noch feſt der Aberglaube ihrer weſtafrikaniſchen Vorfahren.„Es wäre klüger“, ſagte mir vertraulich ein hoher liberiani⸗ ſcher Verwaltungsbeamter,„wenn wir unſere für uns koſtſpielige Armee von achthundert Eingeborenen entlaſſen würden. Wir ſollten das Geld, das unſer Kriegsminiſter ausgibt, verwenden, um die Erzeuger von künſtlichen Blitzen in den Sold der Regierung zu nehmen. Mit ihrer Hilfe könnte Liberia ſpielend jeden Aufſtand niederringen. 24 menſchen“? Lindt ſchilderte bisher ſeine Ankunft in Monrovia, der Hauptſtadt Liberias. Er ſah Neger, die im Frack Quadrille tanzten. Er erzählte von ſpannen⸗ den Leopardenjagden. Heute kommt Lindt auf die Um⸗ triebe der afrikaniſchen Geheimgeſellſchaften— der „Waſſerleoparden“ und des„Porro“— zu ſprechen. ja ſogar einen jeden Angriff einer weſtlichen Kolonial⸗ macht abwehren. Denn was vermögen Bombenflugzeuge gegen Blitze?“ So ſprach der gute Mann im guten Glau⸗ ben an die ſeltſame„ſchwarze Magie“. Der ſagenhafte Porro Weſtchafrika kennt eine ganze Hierarchie von Geheim⸗ bünden, an deren unterſter Stufe der Porro, der Männer⸗ bund, ſteht. Seine Mitgliedſchaft iſt Vorausſetzung zum Eintritt in die höheren Geheimgeſellſchaften. Er iſt in Weſtafrika, von wenigen Gebieten abgeſehen, ebenſo inter⸗ national wie die Freimaurerſchaft in Europa. Nur daß die Mitgliedſchaft für alle Männer zwingend iſt. Wer ihm nicht angehört, iſt ein Geächteter; er darf nicht den Be⸗ ratungen der Aelteſten lauſchen, Kinder verlachen ihn, keine Frau will ihn heiraten. Der Beitritt zum Porro macht den Schwarzen erſt zum Mann. Die Negerjungen leben als muntere, vergnügte Tauge⸗ nichtſe bis ungefähr zu ihrem zwölften Lebensjahr. Dann beginnen ſie, ſich etwas von der Frauengeſellſchaft zurück⸗ Sigeniſchen Vægpeëhrepuibkitt. ligtels Saaler —— ſchule, wird er verſchloſſen und abweiſend. Es iſt ſchwie⸗ rig für einen Weißen, Auskunft über den Porro zu er⸗ halten, wenigſtens wahre Auskunft. Denn wenn dem Porromann bei ſchwerer Strafe verboten iſt, die Geheim⸗ niſſe des Bundes zu enthüllen, ſteht ihm doch frei, dar⸗ über Lügen zu verbreiten. Es gibt nur ein Mittel, etwas zu erfahren: ſtunden⸗ lang mit den Häuptlingen nachts zuſammenzuſitzen und — was wichtig iſt— keine Fragen zu ſtellen und— ebenſo wichtig— ſtarken Palmwein zu trinken. Hier und da fal⸗ len dann im Geſpräch einige Ausſprüche, die die Vor⸗ gänge im Porro beleuchten. Der Porro beſitzt einen ſehr ehrgeizigen Lehrplan. Er unterrichtet ſeine Schüler in allen Lebensgebieten. Er iſt Volksſchule, Gewerbeſchule, Rekrutenſchule. Spartaner⸗ tum wird geübt. Die Knaben ſchlafen in offenen Hütten — in Nordliberig ſind die Nächte oft bitterkalt—, ſie wer⸗ den kärglich gefüttert, Uebertretungen werden hart be⸗ ſtraft. Hier im Buſch gewöhnen ſie ſich, zehn Stunden lang eine ſechzigpfündige Laſt auf dem Kopfe zu tragen, ohne zu raſten, ohne zu ſtöhnen. In dieſen vier Jahren werden die Knaben gelehrt, Matten zu flechten, Hütten zu bauen, den Buſch zu roden, Farmen anzulegen. Sie lernen die ſinnreichen Fallen für Affen und Leoparden ſtellen, mit Pfeil und Bogen umgehen, die beſte Art, die weinſpen— dende Palme zu erklettern und anzuſtechen. Die Aelteſten unterweiſen ſie in der Stammesüberlieferung, den Ge⸗ K———ů— Der Helfer des Teufels. Jeder Teufel hat ſeinen Be⸗ gleiter, der ihm als Dol⸗ metſch dient, denn der Teufel ſpricht eine Geheimſprache. Während hohe Teufel ſogar ihre eigene Muſikkapelle be⸗ ſitzen, muß ſich dieſer niedere Teufel damit beſcheiden, daß ſein Gehilfe ihm mit der Zither aufſpielt. Aufnahme: Lindt— M. ——— a zuziehen. Sie tuſcheln geheimnisvoll zuſammen, wenn ſie ſicher ſind, daß keine ihrer Schweſtern ſich in der Nähe aufhält. In ihren großen Augen liegen Furcht und Er⸗ wartung. Sie wiſſen, daß in wenigen Tagen der Porro zu tagen beginnt, in dem ſie während vier bis fünf Jahren zur Mitgliedſchaft des Bundes vorbereitet werden. Die Männer erzählen ihnen haarſträubende Geſchichten, wie der Teufel ſie verſchlingen wird. Sie fürchten ſich vor die⸗ ſer Erziehungsanſtalt ſehr. In der Nähe des Dorfes, am engen Flußpfad, iſt eine Wand aus dürren Palmblättern errichtet. Vor ihr ſtehen auf langen Stecken Beſen, die zu ſchauerlichen Fratzen zu⸗ geſchnitten ſind. Der Eingang zum Porro. Der Eingang zur Buſchſchule. Für die Dauer von drei bis fünf Jahren hat der Buſch die Knaben verſchlungen. Es gibt kein ſtren⸗ geres Internat als den Porro. Für die Frauen und alle Nichtmitglieder des Bundes ſind die Knaben verſchollen. Ein Knabe mag ſchwer krank ſein, er mag ſterben, die Mutter wird nicht benachrichtigt. Mutter oder Vater mö⸗ gen ſterben, der Sohn darf den Buſch nicht verlaſſen, er darf das Dorf nicht betreten. Er lebt im Buſch, ebenſo un⸗ ſichtbar wie das ſcheueſte Wild. Alle Vorſichtsmaßregeln ſind getroffen, daß die Frauen auf ihren Gängen durch den Buſch nicht zufällig auf den Porro ſtoßen. Als ich durch das Stammesgebiet der Gola wanderte, begegnete ich einer Schar Mädchen. Sie ſangen ein unendlich langes Lied. Ich begegnete einer alten Frau, ſchon von weitem hatte ich ſie mit rauher 0 ſingen gehört. Sie ſang, als ſie an uns vorüber⸗ hritt. „Die Golafrauen müſſen ſich ſehr glücklich fühlen, daß ſie beſtändig ſingen“, bemerkte ich zu meinem Dolmetſcher. „Sie müſſen ſingen“, erwiderte er,„damit ein Porroſchüler ihnen rechtzeitig aus dem Wege gehen kann.“ Wenn ſie nachts ihre Hütte nur auf kurze Zeit ver⸗ laſſen, müſſen ſie bei jedem Schritt in die Hände klatſchen. So iſt es unmöglich, daß ſie heimlich die Männer belau⸗ ſchen können, wenn ſie ſich über den Porro unterhalten. Nach Beendigung der Schule kehren die Knaben ins Dorf zurück. Nicht alle. Der Buſch fordert immer ſeine Opfer. Vor der Hütte derjenigen, die geſtorben ſind, wird ein kleines Holzſtück niedergelegt. Nur auf dieſe Art er⸗ hält die Mutter Nachricht vom Tode ihres Sohnes. Die blaue Tätowierung Aus fetten Kindern ſind ſehnige, etwas magere Jüng⸗ linge geworden. Aus widerſpenſtigen, unfolgſamen Ben⸗ geln Männer, die ſich ohne Murren der Entſcheidung der Aelteſten fügen. Sie tragen auf Arm und Rücken blaue 35 das Erkennungszeichen der Porro⸗Mit⸗ glieder. Was geſchah in den vier Jahren? Mein Koch Kaikai iſt ein aufgeweckter Junge, wißbegierig und mitteilſam, mit dem ich mich über alles mögliche und unmögliche unterbalten kann. Berübre ich aber im Geſpräch die Buſch⸗ bräuchen des Landes, den Pflichten des Familienvaters. Ja, ein neuzeitlich geſinnter Fürſt Nordliberias führte ſogar den Unterricht der engliſchen Sprache ein. Aber all dies ſind nur Nebenfächer. Hauptfach des Porrobuſches iſt die ſchwarze Magie, die„afrikaniſche Wiſſenſchaft“, Lehrer der Buſchſchule ſind die Medizin⸗ männer, ihr Rektor iſt der„Teufel“. Sie weihen die Schü⸗ ler in das magiſche Stammesgut ein, in die Wirkung der verſchiedenen„Medizin“, die weniger häufig Heilmittel als verderbendes Gift iſt. Wichtigſte Zeremonie des Porro iſt das Verſchlingen ber Knaben durch den„Teufel“. Wie ſie vor ſich geht, konnte ich nie erfahren. Aber ein Knabe, den ich kurz nach ſeiner Entlaſſung aus dem Buſch ſprach, zitterte noch bei der bloßen Erinnerung. Er behauptete ſteif und feſt, daß er wirklich verſchlungen worden wäre. Sein ganzes Ge⸗ baren ließ darauf ſchließen, daß er in jenem Augenblick unter der Hypnoſe eines mächtigen Willens ſtand. Das Verſchlingen ſchließt in ſich den Gedanken des Todes und der Neugeburt. Das Kind, das ohne magi⸗ ſches Wiſſen iſt, ſtirbt, neugeboren wird der mannbare Jüngling, der in die Stammesgeheimniſſe eingeweiht wird. Verdeutlicht wird der Vorgang noch durch den Namenswechſel. Bis jetzt hat der Knabe den Säuglings⸗ namen getragen, nachher wird ihm der Männername ver⸗ liehen, unter dem er in die Dorfgemeinſchaft eintritt. Magiſche Gewalten Doch der gemeine Mann wird nur in die Grundlagen der Magie eingeweiht. Das Wiſſen um die höchſten Ge⸗ heimniſſe— wie zum Beiſpiel die Erzeugung von künſt⸗ lichen Blitzen— bleibt den Medizinmännern, den höheren Geheimgeſellſchaften, vor allem aber den„Teufeln“ vor⸗ behalten. Die erſten Europäer, die Weſtafrika bereiſten, nannten ſie in Ermangelung eines beſſeren Wortes„De⸗ vils“— Teufel—, dieſe geheimnisvollen, vielgeſtaltigen, ſeltſam aufgeputzten Weſen. Aber mit unſerem Teufel haben ſie wenig gemein, wohl daß einige mächtige Hörner Holle“ Aber ſie wiſſen nichts von Pferdefuß noch von ölle. Die Religion der heidniſchen Stämme Nordliberias iſt einfach, ſie beſchränkt ſich auf den Glauben an einen einzigen Gott, der die Welt erſchaffen hat, ſich aber nicht weiter um ſie kümmert. Dieſem Gott werden an beſtimm⸗ len Tagen Opfer dargebracht. Beherrſcht wird jedoch die Welt von magiſchen Gewalten, die beides, gut und böſe, ſein können. Das ganze geiſtige Leben des Eingeborenen iſt eine Auseinanderſetzung mit dieſen Mächten, in der die Teufel die Vorkämpfer ſind. Wie die Gewalten ſelbſt, ſind auch ſie weder ſchlecht noch gut. Durch ihre Vermun⸗ mung, die nirgends die menſchliche Haut durchblicken laſ⸗ ſen darf, durch ihre Maske werden ſie dem Menſchlichen entrückt und den überſinnlichen Gewalten genähert, deren Taner und Prieſtex ſie ünd. (Fortſetzung folgt.) An Benehmen in Skaßenwerlehretzenu nan den Menschen!