dp. ter der p⸗ Nr. 221 Neckar ⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 21. September 19388 Sudetendeutſche in einer politiſchen Kundgebung zu den Letzte Etappe des Kampfes Sudekendeutſche Kundgebung in Dresden. Dresden, 20. September. Bei der großen Kundgebung der Sudetendeutſchen im Dresdener Ausſtellungspalaſt führte der Preſſeleiter der Sudetendeutſchen Partei, Abg. Sebekovfky. folgendes aus: 8 „Deutſche Männer und Frauen! Meine Kameraden! Zum erſten Male ſprechen heute über alle deutſchen Sender Volksgenoſſen in Heimat und Reich und zur ganzen Welt. Unſer aller Gruß gilt zuerſt all jenen Männern und Frauen, die dieſe Kundgebung in unſerer ſudetendeutſchen Heimat miterleben. Ihnen ſoll dieſe Kundgebung vor allem die Ge⸗ wißheit geben, daß ſie nicht vergeſſen ſind. Ihnen wollen wir auch von dieſer Stelle aus ſagen: Wir haben deshalb die Heimat verlaſſen, um nicht untätig zu warten bis eine Aenderung eingetreten iſt— ihnen wollen wir zurufen: Wir kommen wieder, und zwar nicht wehrlos, wie wir bis⸗ her waren, ſondern mit den Waffen in unſere Heimat und wir werden ſiegen, weil Adolf Hitler ſiegen muß!“ „Immer wieder brauſten begeiſterte Heilrufe auf, Sprech⸗ chöre erſchollen:„Ein Reichl Ein Volk! Ein Führer!“ „Ihr aber, Kameraden in der Heimat: Haltet aus! Die Skunde der Befreiung naht! Die Knechtſchaft dauert nur noch kurze Zeit! Wir ſind in die letzte Etappe des ſudetendeutſchen Endkampfes einge⸗ treten. 20 Jahre der Pein und der Qual, die in dieſen Ta⸗ hab und Stunden einen erſchütternden Höhepunkt erreicht aben, gehen zu Ende. Vor uns leuchtet das Ziel der Frei⸗ heit. Es rechtfertigt die Opfer, die eder von uns bringen mußte. Uns führen die Toten und Blutzeugen unſerer Be⸗ wegung als ſicherſte Bürgen des Sieges. Wir waren einſt eine billig erworbene Beute für die Tschechen. Eine Beute, die ſie nicht mit ihren eigenen Blute, ſondern mit dem Blute von Millionen Franzoſen, Engländern und Amerikanern errungen hatten. Unſere Wehrloſigkeit reizte ihren Appetit ins Maßloſe und ihre Beutezüge auf unſer Hab und Gut wurden von Jahr zu Jahr frecher. Mit beiſpielloſer Geduld bemühten ſich die ſu⸗ detendeutſchen Vertreter auf ihre tſchechiſchen Unterdrücker einzuwirken, ſie zu einem vernünftigen Einlenken zu be⸗ wegen. Spott und Hohn war die Antwort von tſchechiſcher Seite.(Pfui⸗Rufe) ir können heute vor aller Welt erklären: Nichts wurde von deutſcher Seite unverſucht gelaſſen, um eine friedliche Beſeitigung des Unrechtes zu erzielen. Aber nichts wurde von tſchechiſcher Seite unverſucht gelaſſen, um den Zuſtand der Unterjochung unter fremde Gewalt zu verewigen und einen friedlichen Ausweg zu verſperren. Man log dem Sudetendeutſchtum und der Welt vor, daß die Tſchecho⸗Slowakei ein demokratiſcher Staat ſei, der kein Volk unterdrücken wolle. Unter dem Deckmantel humani⸗ tärer Phraſen peinigte und quälte man deutſche Menſchen, vertrieb ſie von ihren Arbeitsplätzen, warf ſie in die Ker⸗ ker und mißhandelte ſie dort zu Tode. Es paßte in dieſes Konzept, unter dem Vorwande reichsdeutſcher Angriffsab⸗ ſichten, am 21. Mai eine ganze Armee gegen die deutſche Bevölkerung des Staates aufzubieten, um ſie davon abzu⸗ halten, bei den Gemeindewahlen ihre Stimme für die Liſte Konrad Henleins abzugeben Das deutſche Gebiet wurde in ein Kriegslager verwandelt, Brücken, Straßen und Häuſer demoliert, Sprengkörper ge⸗ legt, Menſchen eingekerkert, mißhandelt und aus dem Hin⸗ terhalt ermordet.(Stürmiſche Pfui⸗Rufe.) Ich frage, wen in der ganzen Welt kann es Wunder nehmen, wenn dieſes yſtematiſch beraubte, betrogene und mißhandelte Volk in einer Verzweiflung in die Welt hinausſchrie:„Wir wollen Freiheit. wir wollen Selbſtbeſtimmung!“ Und gerade dieſer Verzweiflungsruf ſteigerte die Bru⸗ talität der Tſchechen zu einem Höhepunkt, wie ihn Mittel⸗ europa ſeit den Greueltaten der huſſitiſchen Horden im Mittelalter nicht erlebt hat. Das, was heute in unſerer Hei⸗ mat vor ſich geht, das Niederſchlagen, das Niedermetzeln, das Zubodenbrechen wehrloſer Frauen, das Niederſtechen unſchuldiger Kinder, das, was heute in unſerer Heimat vor ſich geht— in Eger, in Graslitz, in Habersbirk, in Fal⸗ kenau— das iſt nur zu vergleichen mit jener Deutſchen⸗ metzelei in Komotau, die ſeinerzeit im 15. Jahrhundert tſchechiſche huſſitiſche Horden angerichtet haben. Man hatte die Stirn, zu lügen, daß es 28 Tote auf tſchechiſcher als auf deutſcher Seite gebe. Mit dieſen Lügen will man eine Schuld des Sudetendeutſchtums dafür konſtruieren, daß die Auseinanderſetzung in unſerer Heimat blutige Formen an⸗ ner Nr fin ver Bodo T0585 „Ich weiß ſelber nicht, aber—— Ich habe ſchlimme Vorahnungen,“ erwiderte Frau Steinbach.„Ich habe im⸗ mer Schmerzen gehabt und nachts nicht ſchlafen können. Da kamen die Gedanken von ſelber. Ich habe verſucht, zu denken: das iſt alles Unſinn und Einbildung. Es iſt wirk⸗ lich nicht ſo gefährlich. Du wirſt wieder geſund. Aber— es war nicht überzeugend.. a Die Schmerzen wurden immer unerträglicher, mein Hausarzt tat ſein Beſtes, aber er riet mir ſchließlich doch, einen Spezialiſten aufzuſuchen. Da bin ich dann zu Ihnen gekommen, Herr Profeſſor. Und Sie können ſich gar nicht vorſtellen, was ich für 920 vor Ihnen gehabt habe.— Das klingt komiſch, nicht wahr, Herr Profeſſor, da wir uns doch kannten. Sie werden ſich gewiß auch an das Wohl⸗ tätigkeitsfeſt im letzten Winter bei Konſul Peterſens er⸗ inneee ns Kruſius nickte. 5 8 1 „Ich habe Sie gleich erkannt, Frau Steinbach,“ ſagte er.„Haben wir damals nicht getanzt? Wir tranken dann ein Glas Sekt zuſammen—— War es nicht ſo?“ Er ſah, wie die Farbe in ihre Wangen kam, und er fühlte, daß ſeine Worte ihr Freude machten. Er kannte ſie beſſer, als ſie annahm, und außerdem hatte er ſich aus ihren Worten ſchon längſt ein Bild über ihr Weſen gemacht. Das Geſchäft ihres Gatten ſtand nicht gut. Er hatte zu kämpfen. Trotzdem wollte ſie nichts ent⸗ behren und an allen geſellſchaftlichen Ereigniſſen teilneh⸗ men. Für ſie war es wichtig, einmal mit ihm getanzt und ein Glas Sekt getrunken zu haben. Vielleicht fühlte ſie ſich von anderen beneidet. Wahrſcheinlich hielt ſie ſich auch für unglücklich und unverſtanden, wie viele Patientinnen in genommen hat. Dieſer neueſten Kriegsſchuldlüge gegenüber iſt jedoch mit aller Eindeutigkeit und vor aller Welt feſtzu⸗ ſtellen: In nahezu 20 Jahren ſudetendeutſcher Unterdrük⸗ kung bis zu dem denkwürdigen 13. September konnte nicht einmal die tſchechiſche Agitation die Behauptung wagen, daß auch nur ein einziger Tſcheche das Todesopfer einer deutſchen Gewalttat geworden wäre. Das Sudetendeutſch⸗ tum jedoch kann den traurigen Nachweis führen, daß bis zu dem 13. September 1938 hunderte, ja tauſende Volks⸗ genoſſen Blutzeugen tſchechiſcher Gewalttaten geworden ſind(Erneut ſtürmiſche Pfui⸗Rufe.) Nicht genug von dem: Noch am 14. September 1938 erklärte ſich Konrad Henlein bereit, nach Wiederherſtellung normaler Zustände im ſude⸗ tendeutſchen Gebiet mit der tſchechiſchen Regierung in Ver⸗ handlungen einzutreten um auf der Grundlage des Selbſt⸗ beſtimmungsrechts eine friedliche Löſung herbeizuführen. Die iſchechiſche Antwort darauf war am Abend des 14. Sep⸗ tember die Beſchießung der Hauptſtelle der Sudetendeut⸗ ſchen Partei durch Tankkanonen und Maſchinengewehre. (Erneute Kundgebungen der Empörung.) Das Maß für die Tſchecho⸗Slowakei war voll. In einer feierlichen Proklamakion ſtellte Konrad Henlein als der Verantwortungsträger und Sprecher des geſamten Sudetendeutſchtums die Forderung: Wir wollen als freie deutſche Menſchen leben! Wir wollen Frieden und Arbeit in unſerer Heimat! Wir wollen heim ins Reich!“ Dieſen Worten folgten minutenlange Sieg⸗Heil⸗Rufe und Sprechchöre. Zuſtimmungsrufe ertönten:„Wir wollen heim ins Reich!“ „Meine Kameraden und Kameradinnen! In dieſer Stunde habe ich aber auch die ehrenvolle Aufgabe und das Glück, im Namen aller Sudetendeutſchen, im Namen der notdurchfurchten und jetzt kämpfenden Heimat ein Wort 21 erſten Male öffentlich ausrufen zu können, was uns eit Jahren auf dem Herzen brennt: Wir danken unſerem Führer! Man hat uns unterdrückt und geſchunden, man hat uns eingekerkert und gemartert. Man hat uns hungern laſſen. Man hat uns wie Freiwild gejagt Niemand aber ſoll uns mehr bemitleiden, denn, gibt es ein größeres Glück als das unſere: Wir kehren heim ins Reich!“ Anſchließend führte der ſudetendeutſche Abgeordnete Sandner. Leiter des Hauptamtes für Propaganda der Sdp., u. a. aus: Der wahnwitzige Herrſchaftsanſpruch des tſchechiſchen Volkes und die nicht minder wahnwitzige Zielſetzung ſeiner Politik, aus dem Vielvölkerſtaat Tſchecho⸗Slowakei mit Ge⸗ walt einen tſchechiſchen Nationalſtaat zu machen, hat jeden ehrlichen Verſtändigungsverſuch zerſchlagen. Selbſt in jener geſchichtlichen Stunde da die politiſche Führung des Sude⸗ tendeutſchtums am 14 September mit der Ueberreichung ihrer Forderung eine letzte große Möglichkeit zu einem friedlichen Ausgleich ſchuf, trotzdem in Eger die Schußgar⸗ ben der tſchechiſchen Maſchinengewehre bereits die erſten Opfer forderten, hielt die tſchechiſche Staatsführung ihren Standpunkt des Haſſes und der Unduldſamkeit aufrecht. Sie antwortete auf die von höchſtem Verantwortungsgefühl getragenen Forderungen der Sudetendeutſchen Partei mit der Entwicklung eines beſtialiſchen und unmenſchlichen Ter⸗ rors, wie er in der gleichen Art unter ziviliſierken Völkern bisher weder gebräuchlich noch vorſtellbar war. Wir kennen die tſchechiſche Politik und ihre Methoden. Wenn irgend je auf dieſer Welt, dann haben wir ein Recht, Europa davor zu warnen, noch einmal den Worten aus Prag zu glauben. Was aus Prag kommt, aus dem Munde eines Hodza oder Beneſch iſt Lüge und Betru g. Heute, nach den Ergebniſſen der letzten Jahre müſſen wir unſere Stimme warnend und beſchwörend erheben vor ganz Europa und vor aller Welt: Glaubt dieſem Volke nicht mehr! Sie haben nur ein politiſches Ziel, die Vernich⸗ tung des Deutſchtums, nur ein politiſches Glaubensbekennt⸗ nis, den Haß gegen uns, und nur eine ſittliche Ueberzeu⸗ bang daß es menſchlich ſei. 3.5 Millionen Deuͤtſche auszu⸗ rotten . Man hat uns gegen Geſetz und Verfaſſung unſere poli⸗ tiſche Organiſation zerſchlagen, eine Organiſation, die uns das Inſtrument unſeres Handelns in ſener Zeit war, da wir auf friedlichem Wege, auf dem Wege von Verhandlun⸗ gen zu einem Ergebnis kommen wollten. Ich erkläre Ihnen heute: Wir brauchen dieſe Organifation nicht mehr. Wir 5 eine neue Organiſation gebaut, eine Organifa⸗ ton, die nicht verhandeln und diskukieren wird. Eine Organiſation, die nicht mehr ein Inſtrument für die Herbeiſchaffung friedlicher Löſungsmöglichkeiten ſein wird. nein, eine Organiſation, deren Aufgabe es ſein wird, jeden Tropfen ſudetendeutſchen Blutes, das in dieſen Tagen vergoſſen wurde, hundertfach bezahlt zu machen.(Stürmi⸗ ſcher Beifall.) Ich ſcheue mich, angeſichts der unendlichen Treue unſe⸗ rer daheimgebliebenen Volksgenoſſen, von denen keiner zum Verräter wird, nicht hier feſtzuſtellen, daß die Führung der Partei bereits wieder abwechſelnd auf heimatlichem Boden und reichsdeutſchem Gebiet ihre Arbeit kut. Der Kampf geht weiter. Ihr Kameraden aber in der Heimat: Stellt Euch nicht ſinnlos dem bewaffneten roten und tſchechiſchen Mob Aendert daheim Eure Taktik, ſo wie es das Gebot der Stunde fordert, und leiſtet Widerſtand. wo Ihr Widerſtand leiſten könnt. Ihr aber, ihr Tſchechen, die Ihr heute vielleicht zu Taufenden angſtzitternd an Euren Apparaten ſitzt und dieſe Rede mit anhört; für jede Schandtat an unſeren Volksgenoſſen in der Heimat werden die Tschechen hundertfach bezahlen. „Ihr aber hier in dieſem Saal aus den Flüchtlings⸗ und Hilfslagern des Reiches, ſteigert Eure Entſchloſſenheit und Euren Glauben; denn reicher und ſchöner als Ihr ſie ver⸗ laſſen mußtet, werdet Ihr Eure Heimat einſt wiederhaben. Denn keine Schuld, die an Euch oder Eurem Beſitz began⸗ gen wird, wird für uns abgetilgt ſein, ehe ſie nicht zehn⸗ mal bezahlt iſt.“ mittleren Jahren. Dazu kam ihre Krankheit. Sie mußte wahrſcheinlich operiert werden. Der Fall lag nicht ſchwe⸗ rer als ſonſt, und ſie war ja geſund. Bezeichnend für ſte werden. Ihm tat ihr armer Mann leid, der das bezahlen mußte. Kruſius hatte ihr das Privatſanatorium ſchonend ausgeredet und ihr die Klinik vorgeſchlagen. Sie würde es dort aut haben. 5. »Das Feſt damals war ein großer Erfolg,“ fuhr ſie⸗ fort. „Es ſtand ein langer Bericht in der Zeitung und auch mein Name wurde—“ Kruſtus ſtand auf, ſie ſchwieg auch gleich, er drückte die Hand, die ſie ihm entgegenſtreckte. „Und nun hören Sie auf meinen Rat, gnädige Frau, nicht wahr,“ regte er an.„Ich kann auf das Beſtimmteſte verſichern, daß Ihre Operation— falls ſie überhaupt nötig iſt— harmloſer Art iſt, und Sie in der Klinik beſtens auf⸗ gehoben ſind. Wenn Sie nicht wieder geſund würden, möchte ich wiſſen, bei wem das dann der Fall ſein ſollte. Genaueres kann ich allerdings erſt ſagen, wenn ich die Röntgenaufnahme geſehen habe. Was Sie brauchen, iſt Ruhe und beſondere Behandlung. Das haben Sie, wie ge⸗ ſagt, in der Klinik. And—— und es wird wirklich nicht teuer ſein. Verlaſſen Sie ſich ganz auf mich Sie erhalten noch Nachricht, wann ich mit Ihrem Eintritt in die Klinik rechne.“ 25 „Es muß alſo ſein?“ 5 „Es muß ſein, gnädige Frau. In einem Vierteljahr ſind wir wieder Hemd und ich freue mich ſchon auf das nächſte Feſt, auf dem ich beſtimmt wieder mit Ihnen tan⸗ zen werde.“ Sie neſtelte an ihrer Handtaſche herum und verſpürte die zwei Zehnmarkſcheine, die ſie mitgebracht hatte. Kru⸗ ſius ſchrieb aber nur eine Liquidation über fünf Mark aus. Die Sekretärin, die die Kaſſe führte, wunderte ſich nachher, denn ſonſt begannen die Buchungen erſt mit zwanzig Mark. Kruſius beantwortete den fragenden Blick nur mit einem Lächeln. Die Nächſte, die es verſchmerzen kann, würde den Fehlbetrag ſchon wieder hereinbringen.. Da die Beſuchszeit vorüber war, begleitete er Frau Steinbach hinaus. Sie ſtieg in ihren Wagen und er ſchloß galant die Tür. war der Wunſch, in einem Privatſanatorium behandelt zu. Neue Sehenswürdigleit auf der Bau⸗ und Siedlungs⸗Aus⸗ teilung in Frankfurt a. M. Ein Kö. ⸗Wagen iſt in Frank⸗ ſurt a. M. eingetroffen und auf dem Marktplatz in der Muſterſiedlung auf der Deut⸗ ſchen Bau⸗ und Siedlungs⸗ Ausſtellung aufgeſtellt worden. Es iſt eine blaue Limouſine. Da der Wagen auf einem kleinen Podium ſteht, kann er von allen Seiten gut beſich⸗ tigt werden. Gerade fuhr der Wagen an, als ein hellblauer Sport⸗ zweiſitzer um die Straßenecke herumkam. Die Inſaſfin, eine junge Dame, winkte Kruſius lebhaft zu. Es war Charlotte Berkenfeld.„Hallo, Bernhard,“ rief ſie,„da komme ich ja gerade recht, wie ich ſehe.“ Er ging ihr erfreut entgegen und war ihr beim Aus⸗ ſteigen behilflich Charlotte war anfangs der zwanziger Jahre, ſah aber in Wirklichkeit viel jünger aus. Sie war ſchlank und ſport⸗ lich, hatte hellblondes Haar und blaue Augen. Sie legte Haus Arm in den des Verlobten und ging mit ihm ins Haus. „Ich habe Tennis geſpielt nach dem Eſſen,“ erzählte ſte. Und was meinſt du, ich habe immer gewonnen. Du kannſt ſtolz ſein auf dein kleines Mädel.“ „Bin ich,“ lächelte Kruſius.„Auch ſonſt.“ Sie gingen in ſein Sprechzimmer und, nachdem er die Tür geſchloſſen hatte, nahm er ſte in ſeine Arme und küßte ſie. „Ich habe dich lieb, ſehr lieb,“ ſagte er leiſe.„Du biſt der Sonnenſchein in meinem Leben.“ Sie ſetzte ſſeb auf die Ecke ſeines Schreibtiſches, und er nahm im Seſſel Platz, um raſch noch einige wichtige Ein⸗ tragungen in ſein Patientenbuch zu machen. „Irene von Zachwitz fährt nach Italien,“ plauderte ſie. „Ihr Vater hat einen diplomatiſchen Poſten bekommen. Sie ibt heute Abend einen Abſchiedsabend. Sie kommt natür⸗ ich zu unſerer Hochzeit zurück. Sie hat es mir feſt a chen. Ich habe ihr zugeſagt, im nächſten Mai——— Habe ich recht getan?“ Er ſah zu ihr auf und die grenzenloſe Bewunderung und die Liebe, die in ſeinen Augen waren, ſagten ihr, daß ſie ſeine ganze Zuſtimmung hatte. Es erſchien ihr als ihre größte Eroberung, die Liebe dieſes ernſten, berühmten Mannes errungen zu haben. a 5 „Läßt du Tee bringen?“ fragte ſie dann. Er klingelte und gab ſeinem Diener den Auftrag. Wäh⸗ rend ſie beim Tee ſaßen, kam die Sekretärin herein. 2 1 0 4 Bewahrer deutſchen Volksgutes Zum 75. Todestag von Jacob Grimm. NStt. In dem alten deutſchen Sagen⸗ und Märchen⸗ ſchatz ruht eine Tiefe und 1 die mit Worten nur ſchwer wiederzugeben iſt. Vor Jahrhunderten ſchon ſind Genera⸗ tionen um Generationen mit dieſem Volksweistum erzo⸗ gen worden und haben immer wieder neue Kraft und Stärke aus ihm gewonnen. Die urſprünglichſten Eigenſchaf⸗ ten des deutſchen Volkes ſind in all ihrer Vielfalt in dieſen Märchen enthalten. Auch in mit großen Gegenwartsaufga⸗ ben ſo ausgefüllten Wochen, wie wir ſie jetzt erleben, iſt darum eine kurze Beſinnung zum 75. Todestag des Mannes geboten, dem wir Heutigen die Erhaltung dieſes Sagen⸗ und Mär ichaßes im weſentlichen verdanken. Jakob Grimm hat ein 78jähriges Leben voll un⸗ ezmüdlicher Arbeit und unermüdlichem Schaffen durch⸗ kämpft. Er, den. von Anfang ſeiner wiſſenſchaftlichen und publiziſtiſchen Tätigkeit an eine leidenſchaftliche Hingabe und Liebe zu den Gütern der deutſchen Vergangenheit kenn⸗ zeichnet, findet im Kreis der Romantiker die rechten Kame⸗ raden. Von ihnen, nicht zuletzt wohl auch von Achim von Arnim, erhält er vielfältige Anregungen, die weſentlich für ſein Werk wurden. Die Möglichkeit aber, ſeine Ziele und Wünſche ſo zu verfolgen und ſeine Arbeiten ſo klar zu glie⸗ dern und aufzubauen, gab ihm ein bewundernswerter Blick für das Ganze und für alle, auch für kleinſte Zuſammen⸗ hänge. Er und ſein Bruder Wilhelm, mit dem er in treuer Gemeinſchaft wirkte, waren zwei Gelehrte, in denen ſich Gefühl und Verſtand ſchöpferiſch vereinten in einer Weiſe, 5 wir ſie im neunzehnten Jahrhundert nur ſchwer wieder⸗ finden. Man erzählt ſich von den Brüdeen Grimm, daß ſie zu⸗ ſammen durch das deutſche Land gezogen ſeien und ſich in jedem Dorf, durch das ſie kamen, die alten Erinnerungen und Sagen hätten erzählen luſſen Mit einem unermüdlichen Fleiß haben ſie und in erſter Linie Jakob Grimm Stück für Stück zu dem großen Werk zuſammengetragen. 1812 er⸗ ſchienen die Kinder ⸗ und Hausmärchen, 1816 folgten die deutſchen Sagen. Doch blieb darauf die Arbeit nicht beſchränkt. Aus der Fülle des gielfältigen Wir⸗ kens, auf grund deſſen man die Gebrüder Grimm mit Recht guch die Begründer der philologiſchen deutſchen Altertums⸗ kunde rechnen kann, ſeien hier von dem Werk Jakob Grimms nur noch erwähnt die deutſche Aebee; ie, die deutſchen Rechtsaltertümer ſowie die geſammelten kleineren Schriften. Dabei darf nicht vergeſſen werden, daß Jakob Grimm guch nicht gerade mit den Gütern dieſes Lebens geſegnet, ſondern ſogar dringend auf 29 05 Verdienſt angewieſen war. Nach ſeinem rechtswiſſen chaftlichen Studium hat er im Jahre 1808 in Kaſſel eine Stelle als Pripatbibliothekar Jeromes, des„König Luſtik“ angenommen, die ihm ſicher auch nicht immer ein leichtes Brot gab. Sein e liches Schaffen konnte er aber toohl nur auf dieſe Weiſe 2 8 8 und erfolgreich aufbauen. Es 0 5 charak⸗ teriſtiſch für ſeine Lage, daß wir aus dieſer Zeit Briefe an Verlage finden, in denen er Arbeiten von ſich koſtenlos an⸗ bietet, nur unter der Bedingung, daß ſie„ſauber und korrekt edruckt“ werden und daß er die einzelnen Bogen„ſelbſt orrigieren darf“. Auch einige Fretexemplare möchte er ha⸗ ben und von der Auflage, die über 500 Stück hinausgeht, dann ein„kleines Honorar“. 1816 iſt Grimm dann 85 8 kurfürſtlicher Bibliothekar ebenfalls in Kaſſel, um 1830 einem Ruf als Profeſſor an die Univerſität Göttingen zu folgen, wohin ihn ſein Bruder Wilhelm begleitete, der dort 1881 ebenfalls Profeſor wird. Mit dieſer eee Profeſſur beginnt das politiſche Wirken Jakob Grimms. dieſes Mannes, der im Grunde gar kein Politiker im Sinne der damaligen Zeit war. Als einer der„Göttinger Sieben“ proteſtierte er 1837 gegen die Willkürakte ſeines Königs, der geglaubt hatte, nach eigenem Gutdünken die Staatsbeamten ihres Eides entbinden und umverpflichten zu können Die ſieben Profeſ⸗ ſoren, und als einer ihrer erſten Jakob Grimm, erklärten, daß kein Machtſpruch ſie zwingen könne, ihr heiliges Wort zu brechen. Doch die Macht ſtand damals über dem Recht. Ernſt Auguſt von Hannover ſetzte bekanntlich alle ſieben ab und Jakob Grimm wurde mit zwei anderen binnen drei Tagen über die„Grenze“ gebracht. Grimms Klageſchrift gegen dieſe Gewalttat fand damals im geſamten deutſchen Volk nationalen Widerhall in ſolchem Maße, daß man wohl davon 11 kann, er ſei in jener Zeit mit ein Er wecker des eutſchen Reichs ⸗ und Rechtgedankens geweſen. Jedenfalls kam Jakob Grimm durch 18 Dienſtenthebung auch wirtſchaftlich zu⸗ nächſt wieder in Bedrängnis Er hat ſpäter erklärt, daß er in der erſten Zeit nach ſeiner en jede und ſelbſt eine geringe Stelle angenommen hälte. Doch neben die ma ⸗ terielle Bedrängnis trat eine andere, ble viel ſchwerer wog. Das Vertrauen auf die Hatice Entwicklung in Deutſch⸗ land war geſunken Er beklagt ſich über die ratloſe und enge Politik Preußens, auf das ihm auch, als er 1848 in die Frankfurter Nationalperſammluna einzog, trotz feines ent⸗ ſchiedenen Auftretens die innere Zuverſicht gefehlt hat. Viel⸗ leicht war ihm bewußt, daß er das von ihm erſehnte einige Deutſche Reich nicht mehr erleben werde. Er 1 ſich dann ſpäter wieder ganz ſeiner wiſſenſchaft⸗ lichen Arbeit gewidmet, in der er ſeinem Volk ein ſo wert⸗ volles Vermüchtnis hinterlaſſen konnte. Eine deutſche Gram⸗ matik und Wortlehre— das„Deutſche Wörterbuch“— iſt der Abſchluß ſeines Lebenswerkes. Es 9 ein gewaltiges, vorher nie verſuchtes Unternehmen, das die Kraft und die Energie, die ſich a der e Mann trotz vieler Ent⸗ täuſchungen bewahrt unter Beweis ſtellt. Kurt Fervers. Bei Muttern lernte er lochen In Amerika erwartet man mit Intereſſe die Ankunft eines großen Meiſters der Kochkunſt, des Küchenchefs eines führenden Londoner Hotels, Hane Latry. Es iſt dies einer der beſten Köche der Welt. Er will nun elnmal ſei⸗ nen von den ſchweren Dünſten der Dienſträume über⸗ auſtrengten Lungen eine kräftige Briſe Meeresluft zu⸗ führen und zu dieſem Zweck zum erſten Male den Atlan⸗ til kreuzen. Latty iſt eine Art knoffizieller engliſcher Staatskoch. Er hat bereits für Kalſer und Könige 5 2 Die Liſte bet hohen Pexſönlichkeiten, die ſich ſeinem S erſtändnis für kulinar 175 Genüſſe anvertrauten, iſt lang und 1 ſant. Der Kalſer von Japan ſteht ebenſo darauf, wie der etzog von Windſor ober die Könige und Königlunen von torwegen, Dänemark, Griechenland, Belgien und welt⸗ berlihmte Männer und Frauen aus allen Ländern der Erde, Auch bel engliſchen Slaatsbanketten zeigt er ſeine Meiſterſchaft. Das tat er z. B. bel der füngſten Könlgs⸗ krönung in London, Mlt elnem durchſchulttlichen Wirt⸗ ſchaftsgeld würde allerdings Herr Latry nicht viel anfan⸗ gen können. Er eignet 45 mehr zur Anrichtung von Mahl- delten, bel denen, wie bel ſeinem berühmten„Norbpol⸗ Diner“, das Gedeck 2000 RM. koſtet. Und doch hat auch Latry einmal ſeine erſte Kochweisheit an der Geburtsſtätte aller alten Kochkunſt, in der mütterlichen Küche, bezogen. Damals war er 10. Jahre alt. Nach der Schulzeit hal er dann ein zehnjähriges Kochſtudium abſolviert, Die Bienenmädchen von Alm Bienengift gegen Rheumatismus und Neuralgie— Die einzige Bienenfarm der Welt Ass Ein gut Teil unſerer pharmazeutiſchen Heilmittel iſt auf Gifte aufgebaut. Es iſt ja eine wirklich uralte Wahr⸗ heit, daß Stoffe, die in größeren Mengen ſchädigend und oft ſogar tödlich wirken, in kleinen und kleinſten Doſen eine wohltätige, eine heilende, ja mitunter eine lebensrettende Wirkung haben. Immer mehr dieſer ſonſt vom Menſchen gefürchteten Giftſtoffe, die die Natur in unerſchöpflicher Vielfältigkeit hervorbringt, werden von unſeren Forſchern unterſucht. Und immer wieder werden auf dieſe Weiſe neue Stoffe dem Menſchen dienſtbar gemacht. Wer möchte ſich von einer Biene ſtechen laſſen? Und doch hat in früheren Zeiten mancher von Rheumatismus oder von Neuralgien Geplagte dieſes grauſam anmutende Mit⸗ tel angewandt. Denn es iſt ſchon ſeit langem bekannt, daß das Gift. das die Bienen beim Stechen von ſich geben, ein hervorragendes Mittel gegen die genannten Erkrankungen iſt. Allerdings war eine„Bienenſtichbehandlung“ eine um⸗ ſtändlich, und außerdem eine recht ſchmerzhafte Kur! Und da ja auf allen Gebieten immer neue Wege ausgedacht wer⸗ den, wie man es den Menſchen leichter und beguemer ma⸗ chen könnte, iſt nun auch ſeit einigen Jahren eine Methode ausgearbeitet worden, mit deren Hilfe den erkrankten Men⸗ ſchen die heilende Wirkung des Bienengiftes ohne die Pein des Stiches und in einer kontrollierbaren Doſierung zugute kommen kann. In Illertiſſen bei Ulm gibt es eine große Bie⸗ nenfarm mit rund 1000 Bienenſtammvölkern, von denen jedes aus 40 000 bis 70 000 Bienen beſteht. Das ſind zu⸗ ſammen rund 50 Millionen Bienen! Alle dieſe Bienen werden künſtlich ernährt, nur darum ſind die einzelnen Völker ſo viel größer als die gewöhnlichen Bienenvölker Die 50 Millionen Bienen von Illertiſſen haben—, außer der wichtigen Sorge für genügenden Nachwuchs— nichts zu tun. als zu ſtechen! Hier geht es um das Bienenaift! Vor den endloſen Reihen der Bienenkörbe ſitzen, dick vermummt und verſchleiert, eine ganze Anzahl junger Mädchen. Vorſichtig und geſchickt holen ſie mit Hilfe von Pinzetten eine Biene nach der anderen aus den Körben und veranlaſſen die Tiere, in ein weiches, ſaugfähiges Na⸗ pier zuſtechen Nur eine Frau kann die unendliche Ge⸗ duld und die unerläßliche Sorgfalt aufbringen, die zu dieſer gewiß eigenartigen Beſchäftigung gehört! Kaum kann man es ſich vorſtellen, daß ein geſchicktes„Bienenmädchen“ am Tag mitunter 6000 Stiche erzielt Die Papiere werden dann in Laboratorien chemiſch behandelt, um das Gift daraus zu entnehmen, das dann, genau doſiert, den Aerzten zur Ver⸗ füſaung geſtellt werden kann. Ein Bienenſtich tut weh; ein Schlangenbiß tötet ſogar. Und doch haben Forſcher von Ruf die Heilwirkungen von Kobra⸗ und anderen Schlangengiften an Tieren und Men⸗ ſchen vielfach erprobt Wenn es auch bis heute noch nicht ge⸗ lungen iſt, Bienen⸗ oder Schlangenafft ſynthetiſch herzu⸗ ſtellen, ſo hat man doch ihre chemiſche Natur ſo weil er⸗ forſcht, um ſagen zu können, daß die Zuſammenfetzung der tieriſchen Gifte im allgemeinen eine recht ähnliche iſt Da gerade bei ſo ſchmerzhaften Erkrankungen, wie Rheumatismus, Ischias und Neuralgien. beſonders qute Heilerfolge mit den verſchiedenen tieriſchen Giften erzielt werden, iſt wohl zu erwarten daß die Wiſſenſchaftler ſich mehr und mehr mit den beſprochenen Giftſtoffen beſchäftigen und neue Wege finden werden, um dieſe naturgegebenen Stoffe dem Menſchen in ſinnvoller Weiſe nutzbar zu ma⸗ chen. Vorläufig werden ſie wohl noch einige Zeit in Schlan⸗ genfarmen gewonnen werden und in der Bienenfarm von Illertiſſen, der einzigen ihrer Ark Denn das von den flei⸗ ßigen Mädchen gewonnene heilende Bienengift iſt ein wich tiger Ausfuhrartikel Deutſchlands da ſich bis jetzt noch keine ande. Nation auf dieſem Gebiel nerſucht hat Dr. Edith v. Schilling Das Blockhaus im Buſch Der Anfang deutſcher Siedler in Kanada. NSK. Ein Blockhaus, 6 mal 4 Meter groß, mit un⸗ gehobeltem Bretterfußboden, einer Tür, zwei kleinen Fen⸗ ſtern. Rechts von der Tür ſteht der Herd, links am Fenſter ein Tiſch, aus rohen Brettern gezimmert, mit Beinen aus Tannenſtämmen von 20 Zentimeter Durchmeſſer. Zwei Bänke der gleichen Art ſtehen davor. In der gegenüberliegenden Ecke iſt das große weißlackierte Bell aufgeſtellt; es kam mit aus Deutſchland und nimmt ſich ſonderbar genug in der braunen Blockhütte aus! Einige dünne Pappelſtämme bilden das Ge⸗ rüſt des„Kleiderſchranks“. Der Rupfen, in den die Matratzen genäht waren, iſt darüber geſpannt. And das ſieht erſtaunlich gut aus! Nun noch zwe Bretter an die Wand neben dem Herd für Töpfe, Teller und Schüſſeln— fertig iſt die Küche! Eine Decke auf den Tiſch, ein paar Heimatbilder an die rauhen Wände, Vorhänge an die Fenſter— iſt das eine ge⸗ mütliche Stube geworden! Draußen ſchneit es— ſchneit es ununterbrochen. Ein Glück für die Si ler. Denn noch haben ſie keinen Brunnen graben können und leben von geſchmolzenem Schneewaſſer. Nur ſel⸗ ten gehen ſie zum Nachbarn, dreiviertel Stunde weit, und holen ſich bei ihm zwei Eimer Waſſer zum Trinken. Ueberglücklich iſt die Siedlersfrau über ihr Heim. Im Frühjahr 1929 hat ſie mit ihrem Mann, der ſchon lange ohne Arbeit war, die deutſche Heimat ſchweren Herzens der⸗ laſſen. Den Sommer über haben ſie auf Farmen gearbeitet, etwas Geld verdient, und dabei auch ein ganz klein wenig gelernt, wie man in dieſem fremden, weiten Lande lebt. Im Herbſt ſind ſie auf ihre Heimſtätte in den Buſch gezogen, 75 Kilometer von Bahn und Stadt. Mit der Hilfe anderer deutſcher Siedler ſtand das Blockhaus in wenigen Wochen. Das Glück und die Freude, im eigenen Haus ſchalten und walten zu können, trägt ſie über alle Schwierigkeiten hinweg. Schwierigkeiten! Das iſt ein beſcheidenes Wort! Denn jeden Tag ſteht die Frau vor neuen Rätſeln, vor neuen har⸗ ten, bitteren Tatſachen, die gelöſt und überwunden werden wollen. Mit dem„eigenen Herd“ fängt es bereits an. Er iſt alt, ſehr alt. Engliſche Siedler, denen es in Kanada nicht mehr 1 ließen ihn ſtehen, als ſie nach England zurück fuhren; ſelbſt für die Auktion war er zu ſchlecht. Da haben ihn die Deutſchen beim Landſuchen gefunden und mitgenom⸗ men. Wenn er auch überall Löcher hat, es iſt immerhin ein Herd. Der Backofen wird mit Hilfe eines Stücks Weißblech heil gemacht, die übrigen Löcher mit Nehm verſchmierk. Nu zleht er wirklich wieder einigermaßen. Nur wenn man ihn auf„Backen“ ſtellt, dann raucht er ſo, daß die Stube un⸗ durchſichtig wird und den Siedlern die Tränen über die Wan⸗ gen laufen. Was hilft's? Trotzdem muß jede Woche Brot gebacken werden. Und das iſt nun wieder ſo ein Kapitel, das Brotbacken! Eine Kleinigkeit, wenn man es kann, eine Sache, die nebenbei erledigt wird. Aber wenn man es noch nicht kann, dann hel⸗ fen alle Mühe und aller Fleiß nichts. Dann kann die junge Siedlersfrau kneten und kneten, ſie kann heizen, daß die Bal⸗ ken sor Hitze knacken— das Brot will nicht gehen. Sie bäckt es dier Stunden im qualmenden Herd— es wird nicht gar. Was tut's? Man nennt es Marzipanbrot, ißt es bis zum letzten Krümchen auf, und die gute Laune bleibt beſtehen. Man kann es ſich nicht leiſten, ein verunglücktes Brot etwa nicht zu eſſen. Das im Sommer verdiente Geld iſt für den Ankauf von Fenſtern und Nägeln zum Hausbau, für Axt, Hammer, Meißel und andere Werkzeuge ausgegeben worden. Im Keller iſt wirklich nicht viel, wenn mau bedenkt, daß der Winter bis Aptil dauert und bis dahin keine Mög⸗ lichkeit beſteht, auch nur das Geringſte zu verdienen, um neue Lebensmittel kaufen zu können. Ein Zentner Mehl, ein Topf Schmalz, ein kleiner Sach Zucker, etwas Dörrobſt, Tee, Nudeln, Reis, Grieß— das iſt alles. Da heißt es ſparen! Ein Sack Kartoffeln ſſt bei der Fährt zur Heimſtätte bereits erfroren. Der ſteht nun draußen vor der Blockhütte, damit die Kartoffeln nicht auftauell. Braucht man ſie, holt man ſie herein und taut ſie in kaltem Waſſer langſam auf. Zu Kar⸗ toffelklößen ſind ſie noch ganz gut zu verwenden. Zum Glück gibt es im Buſch eine Unzahl wilder Kanin⸗ chen. Der Stedler fängt ſie in Drahtſchlingen. Obgleich monatelang 30 bis 40 Grad Celſius Kälte find, macht er jeden Morgen die Runde. Bald hat er große Uebung. Und manchmal bringt er drei, vier Haſen am Tage heim. An der Nordſeite des Hauſes hängen ſie ſchön aufgereiht. Spä⸗ ter werden ſie abgezogen und zurechtgemacht. Es iſt unbeſchreiblich, was man alles aus Hafen kochen kann, wenn man faſt nichts zu eſſen hat! Am beſten aber ſchmeckt die Haſenleberpaſtete für Sonn⸗ und Feiertage. Und dann der Haſenbrotaufſtrich aus gehacktem Haſenfleiſch mi! Mehl, eine Art Grützwurſt! Es iſt ſehr bald das einzige was den Siedlern als Brotaufſtrich bleibt. Aber es ſchmeck! Mehr als 250 Haſen eſſen die Siedler in dieſem erſteſt Witte! im fremdem Lande. And weil die Frau es verſteht, ſie immer wieder anders und immer wieder ſchmackhaft zuzubereiten, und weil ſie fröhlich dabei bleibt, darum ilt auch dieſe materielle Not tragbar. Trotz aller, aller Schwierigkeiten iſt der erſte Winter auf der Heimſtätte für die Siedler ein romantiſches Aben⸗ teuer. Die Menſchen ſind noch friſch, noch voller Unterneh⸗ mungsgeiſt. Ihre Freude an allem Neuen, nicht zuletzt an dieſem kleinen, krummen, gemfttlichen Blockhaus, an der herr⸗ lichen Weite des Landes, an der Stille und Einſamkeit, an den märchenhaften Nordlichtern, krägt ſie über die tatſäch⸗ lich vorhandenen großen, oft allzu großen Schwierigkeiten hinweg. Sie haben den Kampf erſt begonnen. Ihr Ziel und ihre Hoffnung iſt, ſich im fremden Lande eine eue Hei⸗ mat zu ſchaffen, deutſches Weſen und deutſche Kultur draußen neu zu verankern. Mit ganz großen Idealen ſind ſie an ihre ſelbſtgewählte Aufgabe gegangen. Und da kann alle Mühe und Primitivität des erſten Winters, ſelbſt Hunger und Kälte, ihnen ihre frobe Zuverſicht nicht rauben. Dr. Edith von Schilling. ieee eee Bereit ſein heißt alles! Beſchaffe Dir deshalb Deine Volksgasmaske! RNundfunk⸗ Programme Reichsſender Stuttgart: Jeden Werktag wiederkehrende„Programm⸗Nummern: 5.45 Morgenlied, Zeit, Wetter, landwirtſchaftliche Notierun⸗ gen, Gymnaſtit, 6.15 Wiederholung der 2. Abendnachrichten; 6.30 Frühkonzert;(7 bis 7.10 Nachrichten); 8 8 dds meldungen, Petter, Marktberichte, Gymnastik, 8.30 Morgen. mufit. 9.30 Sendepguſe; 11305 Volksmuſik und Bauernkalen⸗ der. Wekter; 1 Mittagskonzert; 13 Zeil, Nachrichten, Wet⸗ ter; 13.15 Mittagskonzert; 14 Konzert bezw. Schallplat⸗ kenkonzert, 15 Sendepauſe; 16 Nachmittagskonzert; 18.30 Griff ins Heute; 20 Nachrichten) 22 Zeit, Nachrichten, Wet⸗ tet, Sport; 24 Nach! zert. Donnerstag, 22. September: 10 Volksliedſingen; 10.30 Sendepause; 17 Zum 5⸗Uhr⸗ Tee; 18 Hausmuſikaliſche Koſtbarkeiten; 19 Schwäbiſcher Weinherbst, 20.15 Unſer ſingendes, klingendes Frankfurt; 22.80 Volks- und Unterhaltungsmufik. f Freitag, 23. September: 10 Die ſieghafte Straße; 10.30 Der erſte Flieger über Paris; 10.45 Sendepauſe; 18 Vom Sommer zum Herbſt; 19 Konzert; 20.10 Friſcher Morgen, friſches Herz; 20.10 Erſtes Zykluskonzert; 22.30 Unterhaltungskonzerk. Samstag, 24. September: 10 Ritter, Tod und Teufel; 10.30 Sendepause; 15 Aufgedreht, Schallplatten; 16 Aus der Welt der Operette; 18 Tonbericht der Woche; 19 Zum Wochenende, Schallplat⸗ ten; 19.30 In der Dämmerſtunde; 20.10 Er geht links— ſie geht rechts, heiteres Spiel; 21.10 Tanzmuſik; 22.30 Un⸗ terhaltungs⸗ und Tanzmuſik. Reichsſender Frankfurt a. M.: 8 Donnerstag, 22. September: 5 15 Für unsere Kinder; 15.30 Sendepauſe; 19 Allerlei vom Sport der Woche; 19.10 Der Zwischenfall am Kana⸗ pee und andere heitere Begebenheiten; 20.15 Unſer ſingen⸗ des, klingendes Frankfurt; 22.20 Unſere Kolonien; 22.30 Volks⸗ und Anterhaltungsmuſik. 8 Freitag, 23. Septembet: i 9.40 Mutter turnt und ſpielt mit dem Kind; 10.30 Der erſte Flieger über Paris; 10.45 Sendepauſe; 15 Kleine Klaviermuſik: 15.30 Sendepause; 19.20 Im Feldqugrtier auf hartem Stem, Soldatenlieder; 20.15 Und 0105 färbt ſich das Laub; 21.15 Unterhaltungskonzert; 22.20 Sport; 22.30 Unterhaltungskonzert. Samstag, 24. September: 9.40 Doeulſchland— Kinderland; 15 Bilderbuch der Woche; 15.15 Eisſtürme ee und eine Frau; 15.30 Unſer das Land, das Werk und die Freude; 18.50 8 ſchau des Tages und für den Sonntag; 19 Um die fenehre; 20.15 Sonne im Glas; 22.30 Wir tanzen in den ——