Nr. 227 Neckar ⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 28. September 1938 Lig ler Füigrerroue „Lage nicht verſchärfl“ Havas unkerſtreicht die Erklärungen gegenüber Frankreich. Paris, 27. September. In einer Auslaſſung der Havas⸗Agentur über die Rede Adolf Hitlers heißt es, die Rede des Reichskanzlers habe die gegenwärtige Spannung nicht verſchärft. Das ſei der erſte Eindruck, der in diplomatiſchen franzöſiſchen Kreiſen mitgeteilt wurde. Man müſſe zunächſt feſtſtellen, daß der Führer die Forderung ſeines Memorandums voll und ganz aufrechterhalten habe. Er habe erklärt, daß dieſes Do⸗ kument die„abſolut einzig mögliche Löſung“ des ſudeten⸗ deutſchen Problems ſei, und er habe beſtätigt, daß Deutſch⸗ land, wenn die Prager Regierung am 1. Oktober dieſes Gebiet Deutſchland nicht überlaſſen habe, es mit Gewalt nehmer werde. Deutſchland lehne zwar ſedes weitere Zu⸗ geſtändnis ab. doch könne man gleichzeitig die Verſicherung des Führers verzeichnen, daß der Anſchluß der ſudeten⸗ deutſchen Gebiete an das Reich die letzte„gebietsmäßige Forderung darſtelle, die Deutſchland in Europa geltend ma⸗ chen werde“. Hitler habe Frankreich gegenüber die friedli⸗ chen Erklärungen, die in ſeiner Nürnberger Rede enthalten waren, noch unterſtrichen und ſeine Verſicherungen bezüg⸗ lich Elſaß⸗Lothringen erneuert. Wenn man andererſeits vermerke, daß der deutſche Kanzler keine neuen Forderungen vorgebracht habe, und wenn man ſeine Verſicherung verzeichne, daß hier nur zwei Männer, nämlich Veneſch und er ſelbſt, einander gegen⸗ überſtünden, ſo gelange man zu der Schlußfolgerung, daß der Führer ſich bemüht habe, den Streitfall auf das Reich und die Tſchecho⸗Slowakel zu beſchränken und der außen⸗ politiſchen Doktrin des Nationalſozialismus entſprechend den Konflikt zu lokaliſieren, der ſich in Anbetracht des Wi⸗ derſtandes der Prager Regierung, die Geſamtheit der For⸗ derungen des deutſchen Memorandums zu erfüllen. ergeben könnte. Unter dieſen Umſtänden könne man ſagen, daß die 155 die gegenwärtige internationale Lage nicht verſchärft abe. „Hammerſchläge“ Von der deutſchen Geſchloſſenheit ſtärkſtens beeindruckt. Die Rede des Führers wird von ſämtlichen Blättern ſehr ausführlich und teilweiſe im Wortlaut wiedergegeben. Sie iſt in der Pariſer Preſſe das Hauptereignis des Tages. Von der ſowjetruſſiſch⸗tſchechiſch beeinflußten Blättergruppe, der „Humanite“, dem„Ordre“ und der„Epoque“ abgeſehen kommt die Beurteilung der Führerrede in der oft wieder⸗ kommenden Schlagzeile zum Ausdruck„Die Tür bleibt zu weiteren Verhandlungen offen“. Dieſe Anſicht wird mit erleichtertem Aufatmen erörtert, gemeſſen an den Ge⸗ rüchten, die die Pariſer Oeffentlichkeit noch am Montag beunruhigt haben. Der Außenpolitiker des dem„Quai d'Orſay“ naheſtehen⸗ den„Petit Pariſien“ meint, es wäre übertrieben zu ſagen daß Adolf Hitler eine friedfertige Rede gehalten habe. Es ſei aber auch keine Kriegsrede geweſen. Trotz allem breche die Rede des Führers die Brücke nicht ab und ſchließe nicht die Tur zu Verhandlungen. Die Anſtrengungen zur Erhal⸗ lung des Friedens würden alſo fortgeſetzt werden. Im„Fi⸗ garo“ ſchreibt d'Ormeſſon, die Rede Adolf Hitlers enthalte nichts, was die ſchon gefährliche Lage noch verſchärfen könne. Hinter den enkſchiedenen Worken enkdecke man einen bis zum äußerſten geſpannken zähen Willen, aber auch eine große Geſchicklichkeit und Selbſtbeherrſchung. Das Blatt er⸗ kennt gerne an, daß man in der Vergangenheit bezüglich der Angebote Adolf Hitlers, von denen dieſer geſprochen habe, einſichtiger hälte ſein ſollen. Die Demokraten aber ſeien berüchtigt für ihre Lang⸗ ſamkeit, die jedoch kein unmenſchliches Verbrechen ſei. Der Führer habe verſichert, daß ſich ſein Memorandum nicht 0 von den engliſch⸗franzöſiſchen Vorſchlägen unter⸗ ſcheide. Dieſe Verſicherung ſcheine die Ausſicht für eine Klärung des Memorandums offen zu laſfen. Auch der„Matin“ ſtellt in ſeiner Geſamtüberſicht feſt, daß die Verhandlungen fortgeſetzt werden könnten. Der Direktor des rechtsſtehenden„Jour“ ſchreibt, die Erklärung über Elfaß⸗Lothrin gen verdiene Ve⸗ achtung. 1 habe die ſudetendeutſche Frage in einen perſönlichen Streit mit Beneſch umgewandelt. Das Blatt ſtellt dann die Tatſachen vollſtändig auf den Kopf, in⸗ dem es von einer beabſichtigten Unterdrückung von Tſche⸗ chen und Slowaken, um den Forderungen der Sudeten⸗ deutſchen Genüge zu tun, faſelt. An anderer Stelle heißt es dann im gleichen Blatt, daß die Rede im Sportpalaſt eben⸗ ſo wie die Nürnberger Rede weder eine Verſchärfung der Lage noch eine weſentliche Entſpannung gebracht habe Sie habe die Möglichkeit zu einer Verſtändigung offen gelaſſeß Man müſſe übrigens feſtſtellen, daß die Bekanntmachung des Prager Rundfunks, wonach jedes Mitglied des Sudetendeutſchen Freikorps, das auf tſchecho⸗flowaki⸗ ſchem Gebiet angetroffen werde, als Verräter er⸗ hängt werde, abſolut zu mißbilligen ſei. „Ein Heerführer hat geſprochen“ Der„Jour“ erklärt, nur die Friſt bis zum 1. Oktober für die Annahme der Forderungen als einem endgültigen Zeitpunkt ſei neu. Wenn man recht verſtehe, heiße das ſo viel, daß Beneſch Hitler die Durchführung des franzöſiſch⸗ britiſchen Planes am 1. Oktober nicht verweigern könne. Gebe es hier nicht noch eine offene Tür, durch die der Frieden ſich retten könne? An anderer Stelle veröffent⸗ licht das Blatt einen kurzen Eindruck über die redneriſche Seite der Anſprache des Führers. In erſter Linie falle auf, daß es nicht ein Kabinettschef geweſen ſei, der ge⸗ ſprochen habe, ſondern beſſer noch ein Heerführer. man konne daher auch vermuten, daß ſich die Zuhörerſchaft nicht aus Parteigängern, ſondern aus Soldaten zuſammen⸗ geſetzt habe. Es ſei ſo geweſen, als ob ein Hammer auf einen Amboß geſchlagen habe. Auf die Rede des Führers zurückkommenbd, ſchreibt der Berliner Berichterſtatter des Blattes, man könne gerech⸗ terweiſe feſtſtellen, daß ſich in der Zuhörerſchaft kein feindſeliger Ruf gegen Frankreich erhoben, habe, und daß jedesmal, wenn Hitler erklärt habe, daß zwiſchen Frankreich und Deutſchland es keine gebietsmäßi⸗ gen Fragen mehr gäbe und daß Deutſchland mit Frank⸗ reich in Frieden leben wolle, ſeine Worte einen Beifall hervorgerufen hätten, in dem ſich eine Zuſtimmung zeige, über die man einfach nicht mehr ſtreiten könne. Deutſchland werde die Sudetengebiete beſetzen, um ſie ſich anzueianen. Es werde ſie auf die Gefahr eines bewaffneten Konfliktes mit der Tſchecho⸗Slowakei und ſogar mit dem Reſt der Welt machen, wenn es nötig ſein ſollte. Hitler wolle keinen Krieg mit Frankreich und auch nicht mit Großbritannien. Wenn die Tſchecho⸗Slowakei ſich bereiterkläre, die Sudeten⸗ gebiete anſtandslos auszuliefern, ſo werde es keinen Krieg geben. Sonſt aber werde Europa in eine neue Kataſtrophe geſtürzt werden. „Die Tür noch offen“ Angeheuer ſtarker Eindruck in England. 5 London, 27. September. . Die große Rede des Führers im Sporkpalaſt hat mif ihrer klaren, eindeuligen Sprache in der geſamten engli⸗ 8 5 Oeffenklichkeit einen ungeheuer ſtarken Eindruck hinker⸗ aſſen. Weiteſten Kreiſen des engliſchen Volkes hat die mi ſchonungsloſer Offenheit durchgeführke Abrechnung mit dem Terrorſyſtem des Herrn Beneſch die Augen geöffnet und man erkennt allmählich, daß hier ein Problem vorliegt, das le und endgültig gelöſt werden muß. uch in der engliſchen Preſſe hat wohl noch keine Füh⸗ rerrede ein ähnlich ſtarkes Intereſſe gefunden, Die Blätter veröffentlichen ſie in Rieſenaufmachung und beſchäftigen ſich in ausführlichen Kommentaren mit ihrem Inhalt. Da⸗ bei muß man allerdings die Feſtſtellung machen, daß die ſelbſtverſtändliche Forderung des Führers nach einer raſchen und vollſtändigen Durchführung der bereits von Prag zu⸗ geſtandenen Abtretung des Sudetenlandes immer noch wenig Ver ſtändnis findet. Vielmehr haben die Zei⸗ tungen alle möglichen Einwendungen zu machen, ohne dabei aber in der Lage zu ſein, ihre entgegengeſetzte Anſchauung irgendwie vernünftig zu begründen. Nebenbei taucht immer noch die falſche Hoffnung auf, daß Deutſchland ſich etwa doch noch auf weftere Verhandlungen oder Komptomiſſe einlaſſen könnte. Das führende Organ, die„Times“, nennt die Führer⸗ rede„eine ziemlich offenſive Erklärung“ zu der zugegebe⸗ nermaßen völlig berechtigten Frage, nämlich dem Recht der Sudetendeutſchen, mit dem Reich vereinigt zu werden. Im Rahmen ſeiner weiteren Ausführungen betont das Blatt, daß die erſte Frage im tſchechiſch⸗deutſchen Problem gelöſt ſei. Die beiden Völker, Tschechen und Deutſche, ſollten ge⸗ trennt und die deutſche Bevölkerung mit dem Reiche ver⸗ eint werden. Die Meinungsverſchiedenheit, die zwiſchen England und Frankreich auf der einen und Deutſchland auf der anderen Seite beſtehe, ſei eine Meinungsverſchiedenheit über die Methode Die„Times“ begrüßt im übrigen, daß die„Britiſh Legion“ in den Abſtimmungsgebie⸗ ten die Ordnung aufrechterhalten ſolle. Der„Daliy Telegraph“ meint u. a., daß die Tür zu Verhandlungen noch nicht unwiderruflich verriegelt ſei. Die Welt habe noch eine Atempaufe. Die„Daily Mail“ meint. daß die Ausſichten ſich durch die Rede des Führers nicht verſchlechtert hätten. Denn der Führer habe zwar ſeine Bedingungen an Prag wiederholt, aber auch dem deutſchen Wunſche nach Frieden Ausdruck gegeben. Das Blatt erklärt, daß man die Atempauſe jetzt dazu benützen müſſe, um die Rede des Führers gründlich zu ſtudieren. Der Geheime Staatsrat tagte Das ſogen. Innere Kabinett, beſtehend aus Chamber⸗ lain, Lord Halifax, Schatzkanzler Simon und Innenmini⸗ ter Hoare, trat unmittelbar nach Beendigung der An⸗ prache des Führers zuſommen, um dieſe Rede zu prüfen. Der volle Text der Rede lag jedoch noch nicht vor. die Sit⸗ zung war 20 Minuten nach Mitternacht beendet. Kurz nach 22 Uhr hat eine Sitzung des Geheimen Staatsrats unter 1 des Königs im Buckingham⸗Palaſt ſtattgefun⸗ en. Zuſtimmung in Italien Im Zeichen der Schickſalsgemeinſchaft Rom, 27. September. Der unerſchütterliche Entſchluß des Führers, von den Forderungen ſeiner gerechten Sache nicht zu weichen, findet in ganz Italien unentwegte Zuſtimmung. In dieſer Stel⸗ N des Führers ſieht die römiſche Preſſe die danze Bedeutung ſeiner Rede, die in großen, viel ach wörtlichen Auszügen unter beſonderer Betonung der deutſch⸗italieni⸗ chen Schickſalsgemeinſchaft und des Melt Dankes an talien zuſammen mit der Anſprache Muſſolinis von Ve⸗ rong an erſter Stelle veröffentlicht und kommentiert wird. Unter der Ueberſchrift„Gerechtigkeit der Geſchichte“ ver⸗ urteilt„Meſſagero“ mit klaren orten das Bemühen Prags, ſich der Verpflichtung zur Annahme des engliſchen Vorſchlages zu entziehen und erklärte, wenn nunmehr na den Ausführungen des Führers die Tſchecho⸗Slowakei ſich nicht zur friedlichen Löſung bequeme, 8 müſſe man feſtſtel⸗ len, daß Prag den Krieg wolle. Die ganze Frage liege einzig 5 allein in dem e Vorhaben Prags, das gegebene Wort zu verleugnen. Gegenüber dem entſchloſſenen Willen Deutſchlands werde kein noch ſo ſophi⸗ 14 Wortſchwall aufkommen können. Die Forderungen es Führers. der chen Schmerzensſchrei der von Prag unterdrückten Deutſchen nicht verſchließen könne, ſind, ſo ſtellt das Blatt feſt,„von einer b eiſpielhaften Mä⸗ igung“ und ſtimmen in allem mit jener nationalen orderung überein, die aus dem Gewiſſen der Gegenwart nicht wegzudenken iſt. Er verlanat nichts, was ihm nicht ulteyt, erhebt auch nicht eme einzige Forderung, bie nucht durch die Natur, durch die bestechen und durch die Kultur gerechtfertigt wäre. Die unbeſiegbare Kraft ſeines Pro⸗ ramms 1105 in der Gerechtigkeit und damit im moraliſchen eſetz beſchloſſen. 55 8 uch„Popolo di Roma“ ſtellt feſt, daß Adolf Hitler mit ſeiner klaren und ſtarken Beweisführung die Aus⸗ flüchte Prags gegenüber dem deutſchen Memorandum in vollem Umfang zurückgewieſen habe. Die eindrucksvolle Klarheit ſeiner Worte ſtelle das Weltgewiſſen unwiderruf⸗ lich vor das Problem der Verantwortung im Falle eines Konfliktes, da das Memorandum keine neue Forderung enthalte und den bereits angenommenen Vorſchlägen genau entſpreche, 5 5 5 Hitler bekräftigt mit äußerſter Entſchiedenheit die hei⸗ ligen Rechte der Sudetendeutſchen gegenüber dem, Verrat Prags, ſchreibt der Mailänder„Corriere de la Sera“. Nach⸗ dem der Grundſatz der Rückkehr der Sudetendeutſchen in die deutſche Heimat einmal gebilligt worden ſei, ergebe ſich das Weitere von ſelbſt. Man führe nicht einen Krieg wegen Fragen der Pro⸗ dezur, man entfeſſele keinen Weltbrand, um die Berichti⸗ ung der jetzigen Grenzen, die einſtimmig verdammt wer⸗ ben, um eine Woche hinguszuſchiehen. Hier liege die unge ⸗ heure Berantkworkung nicht nür des kleinen Mannes Be⸗ neſch, der nur darauf bedacht ſei, ſich ſelbſt zu reiten, ſon⸗ dern der e der Großmächte, die deſſen gefähr⸗ liche und verbrecheriſche„Taktik“ ſtützten und ermutigten. Die Turiner„Stampa“ meint, wenn Prag, Paris und Lon⸗ don nicht auf ausgedehntere Ziele eines Präventivkrieges gegen die totalitären Staaten hinzielten, dann ſei die Frage der Rückkehr der von den Tſchechen unterdrückten Völker auf friedlichem Wege lösbar. Je größer der deutſche Wille ſei, ſeinen Anſpruch auf das ſudetendeutſche Gebiet auf verſöhnliche Weiſe feſtzulegen, deſto ſchwerer laſte die Ver⸗ antwortung auf den Regierungen von Paris und Lon⸗ don. Die Lage könnte wieder eingerenkt werden, wenn Eng⸗ land das franzöſiſche Rennen zum Abenkeuer bremſe und den verrückten Ambitionen Beneſch' indirekt eine kalte Du⸗ ſche verabreiche. Chamberlain habe große Verdienſte um den Frieden, aber es ſei nökig, daß ſeine aufrichtigen Ab⸗ 1 8 nicht von den Gegenſtrömungen forkgeriſſen werden, ie in England und Frankreich hinter der bewußten oder unbewußten Inſpirgtion des Kreml einen antklf chiſtiſchen Krieg enkfeſſeln wollten. 5 Die Rede, die Adolf Hitler 9 abend gehalten habe, erklärt die„Gazetta del Popolo“, beſ len zum Frieden und zu friedlicher Arbeit eines Volkes, das nichts anderes wolle, als dreieinhalb Millionen ſeiner Seelen der Fremdͤherrſchaft zu entziehen. Nicht Adolf Hit⸗ ler wolle den Krieg, ſondern die großen Demokratſen ſeſen es, die ihre Rechnungen mit den autoritären Staaten ma⸗ chen wollten. Die antlfaſchiſtiſche Weltkoalition, ſo meint das Blatt, wolle einen„Kreuzzug“ gegen Hitler und Muſſolini entfeſſeln. f „Man müßte Berlin bombardieren“ Jyniſche Betrachtungen eines Kriegshetzers Paris, 27. September. In der„Epoque“ beſchäftigt ſich der Bruder des berüch⸗ tigten Henri de Kerillis mit einem kaum zu überbietenden Zynismus mit der Rolle, die die Tſchecho⸗Slowakei in den Berechnungen gewiſſer kriegshetzeriſcher deutſchfeindlicher Kreiſe in Frankreich ſpielt. Herve de Kerillis ſchreibt, viele Franzoſen ſtellten ſich die Frage, ob man ſich für die Tſchecho⸗Slowakei ſchlagen müſſe. Man pollte ſich aber lieber fragen, ob Frankreich ein überzeugendes eingegangen wurde Ferner wurde in der Intereſſe daran habe, daß die Tſchecho⸗Slowakei beſtehe und Frankreichs Verbündeter ſei. In dieſem Falle würde die franzöſiſche Antwort unbeſtreitbar bejahend ſein. Die Tſchecho⸗ Slowakei ſei ohne Zweifel in dem franzö⸗ ſiſchen Spiel eine„wundervolle ſtrategiſche Karte“, die als Ausgangspunkt für die Luftwaffe einen beträchtlichen Werk gewonnen habe. Dieſer Ausgangspunkt ſei 160 Kilometer von Berlin, alſo für ein modernes Flugzeug nur eine halbe See e weit entfernt. Es 1 offenſichtlich, daß dieſer albeſtand den Nachteil weſentlich ändere, der ſich daraus ergebe, daß Paris nur 300 km von der Oſtgrenze, Berlin aber 600 km von der Weſtgrenze des Landes entfernt ſei. Man müſſe Berlin bombardieren können. Dieſe Möglichkeit gebe ſich durch die verbündete kſchechiſche Armee. Man dürfe nicht vergeſſen, daß bei der Regelung der aſchecho⸗lowakiſchen Angelegenheit die„Sicherheit Frankreichs“ auf dem Spiele ſtehe. Böhmen habe für Frankreich in Mitteleuropa im Vina auf die Luftwaffe den gleichen Wert wie die Inſel Malta für England im Mittelmeer. Böhmen ſei der notwendige Stützpunkt für weitreichende Operationen, zu denen 5 ganz beſonders das Flugzeug eigne. Eine freie verbündete Tſchecho⸗Slowakel bedeute nicht nur einen annehmbaren Unterſtützun sfaktor. ſondern auch ein Mittel, um die Wirkſamkeit der 1 ſchen Streitkräfte zu verzehnfachen. Wenn die Tſchecho⸗Slo⸗ wakei ſich bereiterkläre, neutralſſiert und ſeiner weſentlichen Grenzen beraubt zu ſein, ſo werde der Friede gerettet. Man verheimliche ſich jedoch nicht, daß ſich daraus eine fühlbare Schwächung der franzöſiſchen Potentielle ergebe. Flandin gegen Eingreifen Frankreichs Die Armee kann nicht an drei Fronten kämpfen. ö Paris, 27. September. Der„Temps“ veröffenklicht eine Zuſchrift des ehemali⸗ gen Miniſterpräſidenten Flandin, der die Aufmerkſamkeit der Leſerſchaft auf die Kehrſeite eines etwaigen militäri, ſchen Eingreifens Frankreichs in den Konflikt zwiſchen den Sudetendeutſchen und der Tſchecho⸗ Slowakei lenken ſoll. Aus allen möglichen Gründen, die Flandin vor der Kammer darzulegen beabſichtige, lehne er perſönlich fede Interventign ab. Er wolle hoffen, daß Frankreich nicht der vollendeten Tatſache eines Krieges gegenübergeſtellt werde, bevor die Volksvertreter ſich hätten äußern können. Wenn die Regierung aber vorſchlage, daß Frankreich dem tſchecho⸗ ſlowakiſchen Staat eine militärische Unterſtützung bringe, ſo ſei klar, daß dieſe Hilfe nur unter der Bedingung zuge⸗ ſtanden werden könne, daß Frankreich eine äquivalente mi⸗ litäriſche Unterſtützung durch Anwendung des Artikels 16 des Genfer 1 9 von den anderen Unterzeichnerſtaaten gewährt werde— ſoweit ſie noch dieſe Seite des Paktes anerkennten— und zwar beſonders durch das briti⸗ 115 Imperſum. Es verſtehe ſich von ſelbſt, daß die ranzöſiſche Regierung eine allgemeine Mobilmachung nicht anordnen könne, ſolange nicht von England eine gleiche f Ma Ace ergriffen ſei. 255 ugland müͤſſe in loyaler Form davon unkerrichtek wer⸗ den, daß die een Armee allein oder mik Ankerſtüt⸗ zung eines kleinen Konkingenkes nicht die Laſten von Ope⸗ rationen zu Lande auf drei verſchiedenen. ragen könne. Jedermann wiſſe, daß die franzöſiſ Jahrgänge 19141919, die zuerſt eingezogen werden würden, mit den Jahren des Ge urtenunterſchuſſes zuſammenfielen. Die franzöſiſche Raſſe würde ſich ſelbſt als Siegerin ſchwerlich von den gewaltigen Menſchenverluſten wieder erholen, die eine Infanterieſchlacht mit ſich bringen würde. Japans Haltung Für Unterſtützung Deutſchlands. Tokio, 27. September. o Make Präſident der nationaliſtiſchen To. bohkai überreichte Montag nachmittag Miniſterpräſident che . rs auf deutſchen Frage f ng des Vor⸗ ſtandes der Nationalen Liga beſchloſſen, die Regierung zu erſuchen, Deutſchland im Geiſte des Antikomintern⸗Paktes angeſichts der gegenwärtig geſpannten europäiſchen Lage al unterſtüßen:::: 5. die Haltung Japans gegenüber der ſüdeten tätige den Wil⸗ Kreuz und Quer Schachmatt nach einem Zuge— der ſcharfſinnige Joll⸗ beamte— Die biſſige Dame mit dem Hündchen— Wenn man von Tigern kräumt Schach iſt ein ſchönes, ein wahrhaft„königliches“ Spiel, zumal wenn man es kann. Es iſt ſogar weit mehr als ein Spiel im üblichen Sinne, es hat eine große erzieheriſche Ve⸗ deutung. Es ſtärkt den Geiſt, ſchärft das Denken, zwingt zu Ueberlegung auf weite Sicht und zur geiſtigen Disziplin. So hat es allerlei Wirkungen auf den Schachſpieler ſelbſt, Wir⸗ kungen, die auch auf deſſen Art und Verhalten im prakti⸗ ſchen Leben übergreifen. Sehr zu ſtatten kam vor kurzem einem ungariſchen Zollbeamten 12 5 Kenntnis des Schachs. Schmuggelbekämpfung und Schachſpiel, wie reimt ſich das zuſammen? Man höre und— ſchmunzle: Beſagter ungariſcher Zollbeamter, der an der ungariſch⸗ rumäniſchen Grenze die Kontrolle in den durchgehenden D⸗Zügen vorzunehmen hat, traf bei der Zollkonkrolle in einem Abteil zweiter Klaſſe zwei Reiſende an, die ſo ſehr in ein Schachſpiel vertieft waren, daß ſie den Zollbeamten zuerſt garnicht zu bemerken ſchienen. Als der Beamte um Vorweiſung der Päſſe bat, blickten ſie, leicht ärgerlich über die Störung, auf und unterbrachen das Spiel Der Beamte prüfte die Päſſe, und da ſie in Ordnung waren, gab er ſie zurück. Dabei warf er einen Blick auf das Schachbrett; er ſtutzte. Der Zollbeamte war ein leidenſchaftlicher Schachſpie⸗ lex, aber ſolch ein Spiel, wie es die beiden Reiſenden ſpiel⸗ ten, hatte er noch nicht geſehen. Den Spielern ſchien der lange Aufenthalt des Zollbeamten garnicht zu behagen Viel⸗ leicht ſtörte es ſie, daß ein Fremder ihrem Spiel zuſah, denn obwohl ſie zuerſt ſo ſehr darin vertieft geweſen waren, rührten ſie jetzt keine Figur an„Iſt der Herr am Zug? fragte der Beamte einen der beiden Reiſenden„Man könnte mit drei Zügen den Gegner mattſetzen“ Er lächelte dabei verbindlich, ſodaß die Spieler nicht umhin konnten, ihr Schachſpiel fortzuſetzen. Einer von ihnen machte einen Zug — und der Zollbeamte wußte nun genug. Mit einem freundlichen Gruß verließ er das Abteil, um wenige Minu⸗ ten ſpäter mit zwei Gendarmeriebeamten zurückzukehren. Während der Zollbeamte mit blitzſchnellem Griff die Schach⸗ figuren zuſammenraffte, wurden die beiden vollkommen überraſchten Reiſenden mitten aus ihrem„harmloſen Schachſpiel heraus verhaftet. Wie die ſpätere Unterſuchung ergab, hatte der aufmerk⸗ ſame Zollbeamte einen guten Fang gemacht: die beiden Verhafteten waren berüchtigte Edelſteinſchmuggler. Die in⸗ nen hohlen Schachfiguren waren mit Brillanten gefüllt. Nachdem ſie ſich von ihrer größten Ueberraſchung erholt hatten, erkundigten ſich die immer noch verdutzten Schmugg⸗ ler bei dem Zollbeamten, wie es ihm eigentlich gelungen ſei, hinter ihr Geheimnis zu kommen.„Ganz einfach“, lachte der Beamte.„Ich bin ein paſſionierter Schachſpieler, wäh⸗ rend Sie von dem Spiel keine Ahnung haben! Sie haben nämlich die Figuren ganz wild durcheinander und vollkom⸗ men falſch auf dem Schachbrett aufgebaut. Als ich das ſah, wußte ich ſofort, daß es mit den Figuren eine beſondere Bewandtnis haben mußte!“ Natürlich ſehen die beiden „ſchachmatt“ geſetzten Schmuggler einer ſtrengen Beſtrafung entgegen. Einen„Schmuggel“ harmloſerer Art, der allerdings auch ein unerfreuliches Ende nahm, ſuchte da in Newyork eine ältere Dame zu betreiben. Dieſe löſte an der Kaſſe des Jef⸗ ferſon⸗Kinos in der 14. Straße eine Karte und wollte den Zuſchauerraum betreten. Aber der Kontrolleur hielt die Dame an und machte ſie darauf aufmerkſam, daß ſie ihr kleines Hündchen, das ſie auf dem Arm trug, nicht ins Kino mitnehmen 1 0 Da alles Bitten der alten Dame nichts half, ging ſie ſchließlich wieder ihrer Wege Nach kurzer Zeit kehrte ſie zurück, diesmal, wie es ſchien, ohne Hund. Doch der Kontrolleur ließ ſich nicht ſo leicht hinters Licht führen. Er lüftete mit einem höflichen„beg your pardon! einen Zipfel des weiten Mantels, den die Beſucherin trug - mit dem Ergebnis, daß ihn aus dem Verſteck hervor mit reudigem Schwanzwedeln das Hündchen begrüßte. In die⸗ 125 kritiſchen Augenblick mochte Hündchens Herrin ſo etwa wie einen leichten Tobſuchtsanfall erlitten haben, denn an⸗ ders läßt ſich wohl kaum das erklären, was nun folgte. Mit einer ſchnellen, blitzartigen Bewegung beugte ſich die alte Dame vor und biß den Kontrolleur kräftig in die Hand. Dieſer Biß muß wirklich außerordentlich kräftig geweſen ſein, denn wie ſich cle darauf ergab, war dabei das künſt⸗ liche Gebiß der Hundepflegemutter zerbrochen Eines ſo pein⸗ lich, wie das andere. Es iſt gewiß nicht nett, wenn eine alte Dame biſſia iſt, und es iſt ebenſo wenig erfreulich, wenn Ein ſchlimmer Tag war indeſſen der Tag vor der Ope⸗ ration. Der Friſeur war gekommen und man bereitete die Kranke ſchonend auf die Notwendigkeit vor, ihre ſchönen braunen Locken zu opfern. Für Marie Ulrich war das ein ſchwerer Schlag, aber Thea und die Schweſtern taten ihr Beſtes, um ſie mit freundlichen Worten zu tröſten. Für eine Kopfoperation ſei ganz natürlich die Entfernung der Haare nötig. Sie wür⸗ den ja auch bald wieder nachwachſen, ſie würden noch ſchö⸗ ner werden, und überhaupt würde die ganze Prozedur nur dazu beitragen, Marie ſpäter noch hübſcher und für ihren Verlobten liebenswerter zu machen. So ſprach Dr. Thea Hauſen, aber es ſchnitt ihr ins Herz, den nackten kahlen Kopf des armen Mädchens zu ſehen, der nun bald dem Meſſer des Chirurgen anheimfiel. Marie ſelber bekam ſich nicht zu ſehen, um ihren Kopf wurde gleich ein Verband gelegt. Immerhin hatte die Kranke Zeit gefunden, ſich einen Augenblick den Kopf zu betaſten! Sie zog die Hand wie vor etwas e zurück. Dieſer Augenblick war eine grauſige Tragödie für ſie. Sie erklärte weinend, daß ſie nun häßlich ſei, daß ihr Verlobter ſie verabſcheuen würde, wenn er ſie ſähe. Thea lachte ſie aus, und jeder ſuchte ihr eine Entſchul⸗ digung vorzutragen. Schließlich gelang es, die Patientin wieder zu beruhigen. Es war wichtig, die Kranken bei guter Stimmung zu halten, aber die Familie war unterrichtet, daß es ſehr ernſt ſtand. Das Leben eines Menſchen hing ab von dem Wiſſen, der Geſchicklichkeit und der Kaltblütigkeit eines an⸗ deren Menſchen, und jeder en daß dieſer andere, Pro⸗ feſſor Kruſius, ſchon in vielen Fällen wahre Wunder voll⸗ bracht hatte. g Maries Angehörige hatten die Erlaubnis bekommen, die Kranke gegen Abend noch einmal au ſeben. Vater gar ein Gebiß dabei zerbricht. Zieht man fun die Bilaftz dieſer tollen Ereigniſſe, die ſich hier in Blitzesſchnelle ab⸗ Ihblelten, ſo wiro man ſchwer erkennen, daß immerhin trotz allem der eigentliche Leidtragende der Konkrolleur war, der in wirklich höflicher Weiſe nur pflichtgetreu gehandelt hatte. Aus dieſem Grund iſt wohl ganz beſonders erſtaunlich, daß nicht der gebiſſene Kontrolleur zum Richter lief, ſondern die biſſige alte Dame: Sie klagte gegen den Kontrolleur auf Schadenerſatz wegen des zerbrochenen Gebiſſes, Ob ſie ihre Forderung damit begründet, daß der Aermſte vielleicht zu harte Knochen hat, oder damit, daß er ihr nur aus böſem Willen keinen weicheren Körperteil zur Verfügung geſtellt hat, bleibe dahingeſtellt. Jedenfalls wird die Klage dem ge⸗ biſſenen Kontrolleur wohl kaum ſchlafloſe Nächte verur⸗ ſachen, denn den Ausgang kann man ſich ſchon jetzt an den Fingern abzählen! 5 Man kann mit einem ſoliden künſtlichen Gebiß ſchon eine ganz ſchöne Wunde beibringen, zumal wenn man ſo kräftig zuſchnappt, daß es zerbricht. Immerhin hat man noch mehr Grund, die niedlichen Zähnchen eines Tigers zu fürchten. Kein Wunder, daß man da ſogar im Schlafanzug die Flucht ergreifen kann. So war's in Philadelphia. Mit⸗ ten in der Nacht, als ſich die Beſucher der Theater und Kinos auf dem Heimweg befanden, erblickten ſie plötzlich auf der Straße einen Mann, der— nur mit einem Pyjama bekleidet— durch die Straßen rannte, als ſei der Leibhaf⸗ tige hinter ihm her. Als ſich die Fußgänger von ihrer Ueber⸗ raſchung erholt hatten, war der Spuk bereits in einer Ne⸗ bengaſſe verſchwunden. Dort aber lief er einigen beherzten Männern in die Arme, die ihn aufhielten. Im gleichen Au⸗ genblick ſtieß der Flüchtling im Pyjama einen tiefen Seuf⸗ zer der Erleichterung aus und murmelte:„So ein Glück, daß ich im zweiten Stock wohne! Gut, daß ich nicht die Wohnung im zwanzigſten Stock genommen habe!“ Auf der nächſten Polizeiſtelle, wohin der Mann gebracht wurde, klärte ſich dann die Sache auf. Matthew Lukaſzewſki, wie der Mann hieß, lag im ſchönſten, tiefen Schlaf, als er von wilden Tieren zu träumen begann. Er befand ſich im Dſchungel auf der Tigerjagd, und als er einen Schuß auf eine der Beſtien verfehlt hatte und von neuem abdrücken wollte, ſtellte er zu ſeinem Entſetzen feſt, daß er keine Mu⸗ nition mehr hatte. Im nächſten Augenblick— ſo träumte der Mann weiter— ſtürzten von allen Seiten Tiger herbei, die auf ihn eindrangen. In ſeiner Todesangſt ſprang der Mann aus dem Bett, hielt das offene Fenſter für eine Tür und ſchwang ſich hinaus— um zwei Stock tief hinunterzu⸗ ſtürzen Aber er hatte Glück; zuerſt fiel er auf das ſchräge Dach eines Schuppens, das den Sturz milderte, rutſchte über dieſes hinweg und fiel auf einen aufgeſpannten Garten⸗ ſchirm, der zuſammenbrach. Aber der Fall war ſo ſtark ge⸗ mildert worden, daß es ohne jede Verletzung abging. Merk⸗ würdigerweiſe war der Mann trotz des Sturzes von Schlaf und grauenhaftem Traum noch ſo benommen, daß er im⸗ mer noch nicht in die Wirklichkeit zurückkehrte Angſtgepei⸗ nigt ſprang er auf, raſte davon, da er immer noch glaubte, die Beſtien ſeien hinter ihm her. Erſt als die Männer auf der Straße ihn feſthielten, erwachte er aus ſeinem Traum. Im Boxlager wird durchgegriffen Kampf Lazek— gölblin muß ausgetragen werden Zu den verſchiedenen unerfreulichen Aufgaben, die einer dringenden Klärung bedurften, gehört auch die Er⸗ mittlung des 1 deutſchen Schwergewicht⸗ lers. Es iſt für den deutſchen Sport auf die Dauer un⸗ tragbar, daß der Titel Deutſcher Meiſter nicht von dem ge⸗ tragen wird, der ihn auch wirklich verdient und einwand⸗ frei der Beſte iſt. So mußte ſich Heuſer im Vorjahr zunächſt um einen Kampf mit Witt bemühen, in dem er Deutſcher Meiſter wurde, ehe es ihm erlaubt war, Europameiſter Guſtave Roth⸗Belgien zu fordern. Genau ſo iſt aber die Lage im Schwergewicht. Seit Jahren haben wir hier Vo⸗ ker, die international große Kämpfe gewannen, ja nach Weltmeiſterſchaften griffen, ohne ſich um die deutſche Mei⸗ ſterſchaft zu 9 So beſindel ſich zurzeit der Wiener Heinz Lazek im (Vlis der Europameiſterſchaft, während Arnd Kölblin (Plauen) nach wie vor deutſcher Meiſter iſt. Es war in er⸗ ſter Linie eine Frage der Börſe, daß azek und Kölblin nach ihrem erſten Kampf, in dem der Wiener recht glücklich durch Disqualifikation Kölblins zur Europameiſterſchaft ge⸗ langte, ſich nicht erneut im Ring trafen. Der deutſche Sport beſitzt alſo in Lazek und Kölblin zwei Meiſter in einer Ge⸗ wichtsklaſſe. Um nun eine Klärung herbeizuführen, wer von beiden der wirkliche deutſche und damit Europameiſter iſt, hat Miniſterialrat Dr. Metzner als Führer des Berufs⸗ verbandes deutſcher Fauſtkämpfer entſchieden. daß Lazek Ulrich und Mutter Ulrich kamen und ein dunkelhaariger, breitſchulteriger jungen Mann. Hermann Wendler. Hermann Wendler ging als letzter fort und draußen auf dem Korridor, als Thea gerade vorüberging, blieb er ſtehen und redete ſie an. Sein Geſicht ſah ſehr finſter aus und ſeine Mundwinkel zuckten. Er hatte ſich bei ſeiner Firma Urlaub genommen und war gekommen, um Marie noch einmal zu ſehen, vielleicht das letztemal; er habe ſte ſehr lieb, er werde verrückt, wenn die Qual noch lange dauerte— er redete alles mögliche durcheinander und Thea ſah wieder einmal, wie ſchwer der Beruf des Arztes war. „Sie brauchen mich nicht zu belügen, Fräulein Dok⸗ tor,“ ſagte er dumpf.„Ich weiß Beſcheid. Sagen Sie ruhig die Wahrheit. Ich bin ein Mann.“ „Es ift ernſt, aber keineswegs hoffnungslos,“ erwiderte ſie ruhig.„Die Operation verläuft beſtimmt glücklich. Frag⸗ lich iſt nur, ob die Nachbehandlung keine Komplikatfonen bringt. Das kann niemand vorausſehen. Ihre Verlobte iſt geſund und will leben! Darum glaube ich, daß mit Aeber⸗ raſchungen nicht zu rechnen ſein wird. Das iſt, lieber Herr Wendler, nicht allein meine Meinung, ſondern die von Profeſſor Kruſius. Sie können ſich darauf verlaſſen, daß ich die Wahrheit ſage.“ Der junge Mann ſuchte verzweifelt nach ſeinem Ta⸗ ſchentuch, um die Tränen fortzuwiſchen, die er an den Augenlidern verſpürte. „Marie iſt ja ſo tapfer,“ fuhr er fort,„und erſt vor⸗ hin, als ich ihr zum letzten Male einen Kuß gegeben habe, und die Schweſter geſagt hat, ich müßte nun auch fort⸗ gehen, da habe ich gemerkt, wie lieb ich Marie habe. And —. wie troſtlos das Leben ohne ſie ſein müßte. Bitte, Fräulein Doktor, ſagen Sie das dem Herrn Profeſſor. Und wenn er ſie operiert— er ſoll auch an ihre Eltern denken. Beſtellen Sie ihm das. Wollen Sie es tun?“ Er war wie ein Junge und die hellen Tränen liefen ihm über das Geſicht. And das waren keine Tränen, deren ſich einer zu ſchämen brauchte, und das dachte er wohl ſelbſt. Oder merkte er es gar nicht, ſo bewegt war er. Thea reichte ihm die Hand. N „Herr Profeſſor Kruſius weiß das alles, Herr Wend⸗ 5 ſagte ſie,„und ich bin überzeugt, daß er daran — 10 *. 3 und Kölblin bis zum I5. Februar ldd den Beſteft zu er mitteln haben. Befindet ſich der Wiener zu der Zeit noch im Beſitz der Europameiſterſchaft, ſo geht der Kam f über fünfzehn Runden, alſo um beide Titel. Iſt Lazek nicht mehr Europameiſter, wird in zwölf Runden die deutſche Meiſter⸗ ſchaft entſchieden, die Kölblin zu verteidigen hat. Sieger gegen Schmeling. In dieſem Kampf würde dann endlich der erſte Schritt zur endgültigen Klärung. Denn da Max Schmeling, der Meiſter aller Klaſſen, wieder in den Ring 11 und in einem internationalen Kampf ſeine Form beweiſen will, wird er ſicherlich auch bereit ſein— immer vorausgeſetzt, daß unſer Maxe wieder„da“ iſt— gegen den Sieger des Kampfes Lazek— Kölblin anzutreten und ſich ſomit um den Titel bewerben, der ihm ſeit vielen Jahren gebührt. Eder wird beſtraft Gegen den Deutſchen Weltergewichtsmeiſter Guſtav Eder ſchwebt ein Verfahren, da er ſich zweier ſchwerer Ver⸗ ſtöße gegen die Sportordnung des Bd ſchuldig gemacht hat. Der offizielle Text der Mitteilung des Bundes der Fauſtkämpfer iſt:„Der Boxer Guſtav Eder hat ſich zweier ſchwerer Verſtöße gegen die Sportordnung ſchuldig ge⸗ macht. Er wird hierfür vom Verband beſtraft werden. Gleichzeitig wird dem Boxer Guſtav Eder jeder Abſchluß neuer Kampfverträge im In⸗ und Ausland ſchärfſtens un⸗ terſagt, bis die zum gegenwärtigen Augenblick bereits ab⸗ geſchloſſenen Verträge erfüllt ſind.“ Unbedingte Sauberkeit im deutſchen Boxſpork. Der Berufsverband deutſcher Fauſtkämpfer hat ſich in den letzten Tagen mit zwei Kampftagen befaſſen müſſen, die alles andere als eine Propaganda für den Boxſport wa⸗ ren Nachdem der Verband im„Kölner Fall“ dem ſportli⸗ chen Leiter auf Lebenszeit die Lizenz entzogen hat, nahm er jetzt auch in der Angelegenheit Eder— van Klave⸗ ren eine klare Haltung ein, die zeigt, daß der Berufsver⸗ band unter allen Umſtänden Sauberkeit im deutſchen Be⸗ rufsboxſport will. RNundfunk⸗ Programme Reichsſender Frankfurt a. m. Jeden Werktag wiederkehrende Programm⸗Nummern: 5 Frühmuſik; 5.45 Ruf ins Land; 6 Morgenlied, Morgen⸗ Wa, Gymnaſtik; 6.30 Frühkonzert; 7 Nachrichten; 8 Zeit, aſſerſtandsmeldungen; 8.05 Wetter; 8.10 Gymnaſtik; 8.30 Bäderkonzert; 9.40 Kleine Ratſchläge für Küche und Haus; 10 Schulfunk; 10.30 Sendepause: 11.35 Programm⸗ anſage, Wirtſchaftsmeldungen, Wetter, Städtiſcher Markt⸗ bericht; 11.45 Volk und Witrſchaft; 12 Mittagskonzert; 13 Zeit, Nachrichten, lokale Nachrichten; 13.15 Mittagskonzert: 16 Nachmittagskonzert; 18 Zeitgeſchehen: 18.30 Der fröh⸗ liche Lautſprecher; 20 Zeit. Nachrichten, Wetter, Sonder⸗ wetterdienſt für die Landwirtſchaft, Grenzecho; 22 Zeit, Nachrichten; 22.10 Wetter, lokale Nachrichten, Sport! Mittwoch, 28. September: n 15 1 der Woche: 15.15 Politiſcher Scheinwerfer; 15.30 Sendepauſe; 19 Fliegendes Deutſchland; 19.15 Unter⸗ See 20.15 Schneider Wibbel, Komödie: 21.30 Jobannes Strauß ſpielt Chopin: 22.30 Mufik aus Wien. Donnerstag, 29. September: 15 Für unſere Kinder; 15.30 Sendepauſe; 19 Allerlei vom Sport der Woche; 19.10 immer luſtig, immer froh, Schallplatten; 20.15 Unſer ſingendes, klingendes Frankfurt; 22.20 Unſere Kolonien; 22.30 Volks- und Unterhaltungs⸗ muſik. Freitag, 30. Sepkember: 9.40 Mutter turnt und ſpielt mit dem Kind; 10.30 Auf⸗ gegeſſen, Bericht; 10.45 Sendepauſe; 15 Kleines Konzert; 15.30 Sendepauſe; 19.10 Es klingt von„Hof“ zu„Hof“; 20.15 Unterhaltungskonzert; 21.30 Meiſterwerke der Ehor⸗ muſik; 22.30 Tanz und Unterhaltung. Samskag, 1. Oktober: 9.40 Deutſchland— Kinderland; 15 Bilderbuch der Woche; 15.15 Der Streit um Samoa; 15.30 Schwälmer⸗ gretel Schwabenlieſel. Pfälzermädel.„ Trachtenſtunde; 19 Sportſchau des Tages und für den Sonntag; 19.10 Blasmuſik; 20.15 Immer, immer wieder frohe Muſik und heitere Lieder; 22.15 Feierliche Einweihung des Gedenk⸗ ſteines für die im Februar 1936 am Schauinsland ver⸗ unglückten Engländer mit Anſprachen des Reichsjugendfüh⸗ kers und des Vertreters der engliſchen Regierung; 22.30 Wir kanzen in den Sonntaa. Er wollte gehen, blieb aber dann noch einmal ſtehen. „Morgen früh um halb zehn alſo, nicht wahr?“ „Ja— aber erſt gegen Mittag können wir Ihnen etwas Beſtimmtes ſagen.“ 5 „Ich habe Zeit,“ ſchloß er.„Um halb zehn ſind wir alle drei da und warten, bis es ſoweit iſt———“ Am ſpäten Abend kam Profeſſor Kruſius noch einmal. Er erkundigte ſich nach Marie Ulrichs Befinden, fragte Thea, ob die Diät richtig eingehalten ſei und überzeugte ſich im übrigen, ob keine anderweitigen Komplikationen zu befürchten waren. Die Anterſuchung war zufriedenſtellend. Bevor er ging, ſtreichelte er der Kranken die Hand und ſagte ihr in väterlichem Ton: »Und nun ganz brav ſein, liebes Kind. Hoffnungsfroh in die Zukunft geblickt. Ich nehme nachher Ihre Röntgen⸗ aufnahme mit und prüfe ſie zu Hauſe, damit ich morgen ganz genau Beſcheid weiß. Alſo, keine Angſt und hübſch ge⸗ ſchlafen, nicht wahr?“ „Ich will es verſuchen, Herr Profeſſor. Und vielen, vie⸗ len Dank,“ flüſterte ſie matt. Als die Lampe an Maries Bett abgeblendet wurde, ſchloß ſie die Augen. Sie verſuchte, wie ein gehorſames Kind zu ſchlafen, aber es war ſchwer zu ſchlafen, wenn man an das Moraen dachte. Papa und Mama und der gute Hermann— wie rüh⸗ rend beſorgt ſie geweſen waren. And wie tapfer. Sie hatte ſte ja nicht ſehen können, bloß hören und fühlen, als ſie ſie zum Abſchied geküßt hatten. Papa hatte gezittert und es war ſonderbar, ſich das vorzuſtellen. Papa war ſonſt ſtark, und niemand hatte ihn jemals ſo geſehen. Mama hatte ge⸗ weint, und auf Hermanns Wangen hatte ſte Tränen ver⸗ ſpürt, as er ſie küßte. Sie waren liebe, gute Menſchen, und ſie alle brauchten ſie. Nein, ſie durfte nicht ſterben. Sie fing an, ſtill in ſich hineinzuweinen, und dann verſiegten die Tränen. Man hatte ja geſagt, ſie dürfe ſich nicht aufregen und nicht weinen. Sie mußte auch weiter tapfer ſein und brav. Ihre Hände preßten ſich zuſammen und ihre Lippen flüſterten ein Gebet. And mitten im inbrünſtigen n kam der Schlaf über ſie. DN