Nr. 251 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 26. Oktober 1938 Nach Hankaus Fall Nach dem Siege binde den Helm feſter— das alte Wort der Samurai hat das moderne Japan nicht vergeſſen. Der glänzende Siegeslauf, der die japaniſchen Armeen durch die Nordprovinzen Chinas, von Schanghai über Nanking bis in die Kriegshauptſtadt Hankau führte, hat die Energien der Söhne Nippons nicht aufgezehrt, ſondern nur verviel⸗ facht. Das Unternehmen gegen Kanton war, wie ſich jetzt zeigt, nicht nur aufs ſorgſamſte vorbereitet, ſondern es wurde auch mit ganz beſonderm Elan, mit ſtrategiſcher Um⸗ ſicht und kühner militäriſcher Entſchloſſenheit durchgeführt. Die Welt iſt überraſcht, wie ſchnell Kanton, gewiſſermaßen als reife Frucht, den Japanern in den Schoß fiel. Wenn nicht alles täuſcht, ſind die moraliſchen Wirkungen nicht minder groß als die militäriſchen. Die Kunde vom Falle Kantons hat ſelbſt auf die chineſiſchen Zentralarmeen läh⸗ mend gewirkt. Die Chineſen konnten auch im Raume von Hankau nicht mehr ſtandhalten. Japan hat das militäriſche Glanzſtück fertiggebracht, das Rieſenreich der Mitte mili⸗ täriſch zu erledigen.. Wird China jetzt zum Einlenken bereit ſein? Es iſt im⸗ merhin von Bedeutung, daß jetzt ſelbſt die engliſche Preſſe den Chineſen zuredet, endlich Frieden zu machen. Der Rat iſt ein wenig egoiſtiſch; denn England weiß, daß ſeine Kronkolonie Honkong wirtſchaftlich erledigt iſt, wenn jetzt etwa noch ein langwieriger Krieg Südchina zerſtört und die Japaner Hongkong iſolieren. Allgemein wirft man die Frage auf, wieſo die Japaner in Südchina viel ſchneller zum Ziele kommen konnten als in Mittelchina. Der Süden war die Geburtsſtätte des neuen Nationalis⸗ mus. Die Regierung in Kanton hat Jahre hindurch dem Marſchall Tſchiangkaiſchek das Leben ſchwer gemacht, wenn er den Ausgleich mit Japan ſuchte. In den Südprovinzen Fukien. Kwangtung und Kiangſi betrieb man einen ver⸗ ſteckten Separatismus mit der ausdrücklichen Begründung, daß Nanking nicht den Mut habe, den ſapaniſchen Anſprü⸗ chen gebührend entgegenzutreten. Der neue Nationalismus wurde allerdings taktiſch von Moskau geführt. Nun hat ſich aber gezeigt, daß militäriſch der Süden weniger taugte als der Norden. Es iſt erklärlich, daß man jetzt ſogar davon ſpricht, ſüdchineſiſche Führer ſeien von vornherein mit den Japanern zuſammengegangen. Das iſt in dieſem Stadium ſchwer zu kontrollieren. Sicher iſt nur, daß ſich die ſüdchine⸗ ſiſchen Söldnerheere ſehr ſchlecht ſchlugen. Es waren noch Provinzialtruppen alten Stils. Dieſe Söldnerheere erwie⸗ ſen ſich als viel weniger widerſtandsfähig als die Bürger⸗ garden, eine Art freiwilliger Truppe, die ihre Entſtehung dem allgemeinen nationalen Widerſtandswillen verdankte. Es iſt jedenfalls nicht ausgeſchloſſen, daß der ſüdchineſiſche Separatismus jetzt wieder entſteht und zum Teil geneigt iſt, mit den Japanern zuſammenzuarbeiten und damit die nationale Einheit, die weſentlichſte Vorausſetzung jedes wei⸗ teren Widerſtandes, zu erſchüttern. Unter ſolchen Aſpekten wollen die Nachrichten betrachtet werden, die von einem Rücktritt des Marſchalls Tſchiangkaſſchek zu berichten wiſſen. Der Marſchall ſoll allerdings die Bedingung geſtellt haben, daß die neue Regierung unter Führung von Wengtſchingwei, dem frühe⸗ ren Präſidenten des zentralpolitiſchen Rates, gebildet werde. Japaus Kriegsziel war eine gefügige chineſiſche Regierung, die zuſammen mit Japan den Oſten erſchließt und der antijapaniſchen Agitation ein Ende bereitet. Ja⸗ pan hat es ſehr glücklich bermieden, in ſeiner Preſſe eine endloſe Erörterung über Kriegsziele entſtehen zu laſſen. Das hat jetzt den Vorteil daß der militäriſche Sieger bei⸗ nahe über ſede Bedingung mit ſich reden laſſen kann. Das würde beſonders der Fall ſein, wenn Tſchiangkaiſchek ab⸗ tritt; denn das haben allerdings die Japaner verkündet, daß ſie mit dem Marſchall nicht mehr zuſammenarbeiten wollen, nachdem er ſich in die Arme Sowjetrußlands ge⸗ ſtürzt hat. Inwieweit Japan auf der Loslöſung der fünf Nordprovinzen unter einer Sonderregierung beſtehen würde, iſt auch noch völlig offen. Das könnte ſehr weſentlich davon abhängen, ob China als Ganzes bereit iſt, endgültig mit Moskau zubcechen und ſich vielleicht ſogar dem Antikominternpakt anzuſchließen. In Poris und auch in London tröſtet man ſich zum Teil mit der Illuſion, daß der chineſiſchen Zentralarmee nach der völligen Abſchneidung Chinas vom Meere noch zwei Ver⸗ bindungen für ihre Kriegsmaterialverſorgung bleiben, der von Franzöſiſch⸗Indochina und der von Burma. Man muß ſolche Betrachtungen unter die Lupe der Tatſachen rücken. Der franzöſiſche Hafen Hajpong in Indochina kennt aller⸗ dings Wege nach China. Die Entfernung von hier bis 15 dem Kampfgebiet beträgt aber rund 1500 Kilometer Luft⸗ linie, und dieſer Weg iſt nur zum Teil durch Eiſenbahnen zurückzulegen. Eher noch länger iſt der Weg, der von dem hinterindiſchen Hafen Rangoon durch Britiſch⸗Burma nach Ehina führt. Auch hier fehlen Eiſenbahnverbindungen für weite Strecken. Nimmt man noch hinzu, daß alle Lieferun⸗ gen aus Sowjetrußland den langen Weg durch Oſtturkeſtan zurücklegen müſſen, der etwa doppelt ſo lang iſt als die bei⸗ den vorgenannten Wege, ſo kann man einigermaßen er⸗ meſſen, daß die chineſiſchen Zentralarmeen gar nicht mehr in der Lage ſind, jenen Munitionsaufwand heranzubrin⸗ gen, den eine moderne Schlacht erfordert. Hinzu kommt daß die Japaner durch die Einnahme Kantons im Süden Chinas eine Luftbaſis gewinnen, von der aus ſie auch jene Wege erfolgreich bedrohen können, die China noch verblie⸗ ben ſind. Ein Widerſtand mit den chineſiſchen Kerntruppen im bisherigen Umfange iſt kaum möglich. Ein langer Guerillakrieg würde aber ſicher zu einen allmählichen Auf⸗ löſfung jeder Ordnung führen. Die Truppen des Kleinkrie⸗ ges würden ſich ſehr bald in einfache Räuberbanden wan⸗ deln, und es könnte dann jener Zuſtand eintreten, daß der chineſiſche Bürger ſich nach der ordnenden Hand des japa⸗ niſchen Siegers ſehnt, und allmählich müßte dann jene Stimmung Platz greifen, die einer verhandlungsfähigen chineſiſchen Regierung von vornherein keinen anderen Aus⸗ weg läßt als den der völligen Unterwerfung unter Japan, noch dazu unter dem Drucke der eigenen Volksſtimmung. Bei einiger vernünftiger Ueberlegung müßten ſich die Chineſen ſelber ſagen, daß ſie kein Intereſſe an einer ſol⸗ chen Entwicklung haben können. Militäriſch und pſycholo⸗ giſch geſehen iſt darum der Zeitpunkt für einen Friedens⸗ ſchluß im Fernoſt jetzt für China noch einigermaßen gün⸗ ſtig. Die Zeit arbeitet für Japan, nicht für ein japan⸗ feindliches China. a Wo und wann erhalte ich meine Volksgasmaske? Die Ausgabeſtelle für die Volksgasmaske in der RSB. Dienſtſtelle enn, Staſenertrafg 13, iſt jeden Mittwoch von 1920 Uhr geöffnet. Die Ausgabe der Volksgas⸗ masken erfolgt nur gegen Verabfolgung des vom RSV. Walter ausgeſtellten Bezugſcheines oder gegen Barzahlung von RM 5.—. 13 Reichsanleihe ſtark überzeichnet Aufſtockung um 350 Millionen Berlin, 26. Okt. Die am 24 d. M. beendete Zeichnung auf die obigen Schatzanweiſungen hat ergeben, daß der vom Reichsanleihekonſortium übernommene Betrag von 950 Millionen Reichsmark erheblich überzeichnet worden iſt. Um die Zeichner, die mit einer vollen Zuteilung gerechnet und dies überwiegend bereits bei der Zeichnung zum Aus⸗ druck gebracht haben, befriedigen zu können, iſt das Reichs⸗ anleihekonſortium an das Reich wegen nachträglicher Ueber⸗ laſſung des mehrgezeichneten Betrages herangetreten. Das Reich hat, um den dringenden Anforderungen zu entſpre⸗ chen, dem Anleihekonſortium weitere 250 Millionen Reichs⸗ mark gleichartiger Schatzanweiſungen überlaſſen, ſodaß der durch das Reichsanleihekonſortium untergebrachte Betrag ſich nunmehr auf 1200 Millionen Reichsmark beläuft. Hiernach kann im allgemeinen mit einer vollen Zutei⸗ lung der Rechnungen gerechnet werden. Da ſich auch der Bekrag der außerhalb des Konſorkiums feſt unkergebrachten Schatzanweiſungen über die 550 Millionen Reichsmark hinaus um 100 Millionen Reichsmark erhöht hat, beläuft ſich der Geſamtbekrag dieſer Emiſſion einſchließlich der von den Gemeindeverbänden übernommenen Poſten auf 1850 Millionen Reichsmark.. Weitere Neichsbank⸗Entlaſtung Auch in der dritten Oktoberwoche iſt die Entlaſtung des Reichsbankſtatuts in günſtigem Ausmaß fortgeſchritten. Der Rückgang der Kapitalanlagen um 249,1 auf 7004.8 Millio⸗ nen Mark entſpricht einem weiteren Abbau der Ultimo⸗ pitze um 15 v H., womit ſeit Monatsbeginn bis zum Stich⸗ tag des 22. Oktober insgeſamt 88.7 v. H. der Ende Septem⸗ ber neu beanſpruchten Kreditmittel wieder zurückgefloſſen ſind In der Erhöhung der ſonſtigen Aktiven um 83 auf 1158.8 Millionen Mark ſpiegeln ſich außer der Erhöhung der Poſtſcheckguthaben und dem Rückfluß von Rentenbank⸗ ſcheinen verſchiedene techniſche Maßnahmen in Zuſammen⸗ hang mit der Eingliederung des Sudetenlandes, wie Um⸗ tauſch der Tſchechenkronen, wider. Der Betriebskredit des Reiches iſt abgedeckt worden. Der Geſamtumlauf von Zah⸗ lungsmitteln ſtellt ſich am 22. Oktober auf 9069 Millionen Mark gegen 9266 Millionen Mark in der Vorwoche, 8786 Millionen Mark zum gleichen Zeitpunkt des Vormonats und 6616 Millionen Mark zum entſprechenden Vorjahrs⸗ termin. Die Deckungsbeſtände der Reichsbank zeigen eine kleine Zunahme um 0.1 auf rund 76.7 Millionen Mark. Enkſchädigung für Inhaber öſterreichiſcher Schuld⸗ verſchreibungen Berlin, 26. Okt. Im Deutſchen Reichsanzeiger und in der„Wiener Zeitung“ gibt der Reichsminiſter der Finan⸗ zen ein Angebot der Reichsregierung bekannt, nach den In⸗ habern der ſtaatlichen und ſtaatsgarantierten öſterreichiſchen Schuldverſchreibungen gegen Einreichung ihrer Schuldtitel viereinhalbprozentige mit zwei v zuzüglich erſparter Zin⸗ ſen kündbare Anleihe des Deutſchen Reiches gewährt wird. Das Angebot ſtellt eine Entſchädigung für die Inhaber der genannten öſterreichiſchen Schuldverſchreibungen dar, aus 3 das Reich bekanntlich eine Verpflichtung nicht aner⸗ ennt. Die babiſche Sägeinduſtrie Rückblick auf die holzwirkſchaflliche Tagung der Wirtſchafts⸗ gruppe Sägeinduſtrie, Bezirksgruppe Baden. Freiburg i. Br. Bei dem Holzreichtum des Waldlandes Baden— mit 39 Prozent Waldfläche hat es die dichteſte Bewaldungsziffer des Reiches— iſt es nur natürlich, daß ſich eine anſehnliche Holzbearbeitungs⸗ und»verarbeitungs⸗ induſtrie entwickelt hat. Die heutigen neuzeitlich angetriebe⸗ nen und maſchinell vielſeitig eingerichteten und leiſtungs⸗ fähigen Sägewerke ſind allerdings erſt verhältnismäßig ſpät aufgekommen. Vorher hatte man ſich mit primitiv zu⸗ gerichteten Hölzern beholfen. Aus der einfachſten und urſprünglichſten Form der Einblattſäge entwickelte ſich die heutige Hochleiſtungsvoll⸗ gatterſäge durch Vervielfachung der Sägenzahl, geführt in einem eiſernen, ſtatt wie früher hölzernen Rahmen und durch ebenſolche Vervielfachung der Maſchinentourenzahlen. Der techniſche Entwicklungsgang war ein verhältnismäßig langſamer. Dank des beſonders ausgeprägten badiſchen Le⸗ bensraumes ſind die Sägewerke organiſch gewachſen. Wir finden ſie ländlich breit und verſtreut geſiedelt an Waſſer⸗ läufen zur Gewinnung der Antriebskraft, in Waldgebie⸗ ten der Rohſtoffbeſchaffung wegen oder an den Talöffnun⸗ gen in der Nähe der Verbrauchsgebiete. Rund 700 Betriebe in Baden beſchäftigen ca. 8000 Arbeiter; der Produktions⸗ wert dieſes Induſtriezweiges ſteht mit an vorderſter Stelle der badiſchen Induſtrie überhaupt. Der Zahl nach ſind 95 Prozent der Betriebe Klein⸗ und Mittelbetriebe, der Pro⸗ duktion nach aber haben Klein⸗ und Großbetriebe etwa den gleichen Anteil, wobei auf die mittleren Betriebe allein über die Hälfte der Produktion entfällt. So verbindet ſich in glücklichſter Weiſe in der badiſchen Sägeinduſtrie Boden⸗ ſtändigkeit mit großer induſtrieller Leiſtungsfähigkeit. Die 2. holzwirtſchaftliche Tagung der Wirtſchaftsgruppe Sägeinduſtrie, Bezirksgruppe Baden in Freiburg, über die wir ſchon berichtet haben, gab einen Einblick in die viel⸗ ſeitige Tätigkeit eines wichtigen badiſchen Induſtriezweiges und in zahlreichen Fachreferaten wurde die Bedeutung der Holzwirtſchaft unterſtrichen. Ueber 600 Tagungsteilnehmer hatten ſich im Kornhausſaal eingefunden, als der Leiter der Bezirksgruppe Baden der Wirtſchaftsgruppe Sägeinduſtrie, Fleiſcher⸗Steinbach die Tagung eröffnete. Als erſter Red⸗ ner ſprach der Geſchäftsführer der Bezirksgruppe Baden 155 Wirtſchaftsgruppe Sägeinduſtrie, Dr. Maier⸗Karlsruhe, über Holzwirkſchafktspolitik der Südweſtmark Baden. Rund 80 Prozent des Nadelſtammholzes werde von der Sägewerkinduſtrie aufgenommen, der Reſt gehe an die holzverarbeitende Induſtrie. Der Geſamtumſatz habe ſich im Jahre 1937 auf rund 72 Millionen Reichsmark bezif⸗ fert. Der Redner erinnerte daran, daß noch vor zweiein⸗ halb Jahren in Baden die Sägewerkinduſtrie ſchwer dar⸗ niederlag und es großer Anſtrengungen bedurfte, dieſen Induſtriezweig aus einer ſchweren Sepreſſion herauszu⸗ reißen. Die Ausnutzung der Kapazität lag damals bei 46 Prozent. Im Südſchwarzwald lagen mehrere tauſend Feſt⸗ meter Rundholz, die nur unter großen Preisopfern unter⸗ gebracht werden konnten. Es mangelte an Abſatz für die vielen und allzu dicht beieinanderliegenden Werke. Unter großen Schwierigkeiten ſei es dann gelungen, ſtillgelegene Betriebe wieder in Gang zu ſetzen. In Baden entfielen 1937 auf die Größenklaſſen bis zu 2000 Feſtmeter Ver⸗ ſchnitt 20 Prozent, mit 2⸗ bis 15 000 Feſtmeter Verſchnitt 56 Prozent und über 15000 Feſtmeter Verſchnitt 24 Pro⸗ zent der Betriebe. Dies ſei ein günſtiges Bild, denn einmal ſeien die Großbetriebe für die Nachwuchsfrage ſehr not⸗ wendig, bei den Klein⸗ und Mittelbetrieben ſei die Verbin⸗ dung mit der Gefolgſchaft in hohem Maße gegeben. Die Sägeinduſtrie habe ein großes Betz e d; die badi⸗ ſche Sägeinduſtrie müſſe in allen ſchwierigen Lagen ver⸗ ſuchen, aus eigener Kraft herauszukommen, bei Zuhilfe⸗ nahme ſtaatlicher Unterſtützung müſſe ſie zum mindeſten be⸗ weiſen, daß ſie lebenstüchtig ſei und wirtſchaftlich arbeite. Kommerzienrat Stiegeler⸗Konſtanz, der Vorſitzende des Rheinſchiffahrtsverbandes e. V., Konſtanz, hatte ſich als Thema gewählt„Die Großſchiffahrk Baſel—Bodenſee und ihre Bedeutung für die Holzwirtſchaft“. Der Redner be⸗ handelte ausführlich das ſchon oft auch in der Preſſe be⸗ ſprochene Thema der Nutzbarmachung des Rheines auf der Strecke Baſel—Bodenſee. Er wies darauf hin, daß zwiſchen Deutſchland und der Schweiz ein Staatsvertrag beſtehe, deſſen Vorausſetzungen in techniſcher Beziehung gelöſt ſeien. Anhand von Zahlenmaterial konnte der Redner auch nach⸗ weiſen, daß die Häfen und Umſchlagſtellen am Oberrhein ſich alle günſtig entwickelt haben. Aufſchlußreich waren ſeine Angaben hinſichtlich des Holzverkehrs. Jeder einzelne Um⸗ ſchlagplatz habe ſich ſein natürlich gegebenes Einzugsgebiet geſchaffen. Rheinfelden habe ſich für ſeinen Holzumſchlag ausgeſprochen den Hotzenwald und den Südſchwarzwald, das Wieſental etwa bis Todtnau, den Hafen Weil als ſeine Verladeſtelle und Neuenburg das Klemmtal⸗Sirnitz und das Blauengebiet gewählt. Freiburg und ſein Hinterland, ſowie das Ober⸗ und Untermünſtertal haben Breiſach als Verladeplatz gewählt. Schließlich konnte Kommerzienrat Stiegeler noch auf die finanziellen Vorteile hinweiſen, die ein Verkehr von Bregenz bis zur Ruhr mit ſich bringen würde. Ueber„Tagesfragen der deutſchen Holzwirtſchaft“ ſprach dann der Hauptgeſchäftsführer der Wirtſchaftsgruppe Sägeinduſtrie Dr. Wegelt⸗Berlin. Er machte eine Reihe Ausführungen, die ſich in der Hauptſache auf fachliche Fra⸗ gen, wie Preisgeſtaltung, die Abhaltung von Auktionen, Betriebswirtſchaft uſw. bezogen. Die Forſt⸗ und Holzwirt⸗ ſchaft hätten im Rahmen der deutſchen Wirtſchaft Aufga⸗ ben zu erfüllen, weil der Rohſtoff Holz heute eine Bedeu⸗ tung habe, die uns früher fremd 35 ſei. Prof. Dr. Gaber von der Techniſchen Hochſchule Karlsruhe verbreitete ſich über das Thema„Forſchungen über Holz und Holzbau des Prüfraums Profeſſor Dr. Ga⸗ ber“. Anhand von Lichtbildern zeigte der Gelehrte, wie man heute das Holz beſonders auf ſeine Bauverwendung unterſuche. Allerdings ſeien dieſe Prüfungsmethoden noch ſehr jung und man ſtecke noch im Anfangsſtadium der ge⸗ ſamten Prüfung. Die Lichtbilder zeigten dann weiter die verſchiedenartigſte Verwertung des Bauholzes. Der Leiter des Reichsfachamtes„Wald und Holz“ in der DAF, Max Tietböhl⸗Berlin, beſchäftigte ſich mit den ſozialen Fragen in der Sägeinduſtrie. Seine erſte Forde⸗ rung war die Zuſammenarbeit im Betrieb, die Förderung der Betriebsgemeinſchaft. Mit der großen Kundgebung in der Feſthalle, über die wir ebenfalls ſchon berichtet haben, fand die Tagung ihren Abſchluß. Reichsinnenminſſtes Dr. Frick im befreiten Sudetenland. Bei ſeiner Ankunft in Bodenbach wird Reich miniſter Dr. Frick von einer Frontkämpferaß⸗ ordnung der Stadt he⸗ grüßt. Von Boden hach aus trat der Min ter nach Beendigung ſeine Dienſtreiſe durch das Sudetenland die Rück fahrt nach Dresden au. Weltbild(M). N — . Fortſetzung.) Manche Schandflecke zeigt das Antlitz dieſes Jahr⸗ hunderts, unter denen die Entfeſſelung des Weltkrieges, die Friedensdiktate oder beſtimmte Koloniaſationsmetho⸗ den in gewiſſen Ländern vielleicht die größten ſind. Davon ſoll hier nicht die Rede ſein, ſondern von kleineren, die man in gewiſſen Ländern als normale Erſcheinung oder beſtenfalls Schönheitsfehler anſieht: vom Mädchenhandel, von der Sklaverei und den Kinderehen. Auf der erſten Seite wurde die Frage beantwortet, ob es überhaupt noch einen Mädchenhandel gibt. In Deutſchland kam der letzte Fall 1925 zur Aburteilung, in zahlreichen Ländern da⸗ gegen ſind ſie heute noch an der Tagesordnung. Von England behauptet Pfarrer Potter, der ſich dort die Be⸗ kämpfung des Mädchenhandels zum Ziel geſetzt hat, daß wieder zahlreiche Fälle vom Verſchwinden junger Mädchen auf eine regere Tätigkeit des Mädchenhandels hindeuten. Am gefährlichſten iſt das Treiben dieſer Verbrecher in Oſtaſien, obgleich hier die europäiſchen Mächte, ſofern ſie Kolonien beſitzen oder ſonſt Einfluß haben, den Mädchen⸗ handel bekämpfen. Der Erfolg iſt vorläufig nicht befrie⸗ digend. Selbſt in den Eingeborenenſtaaten wird verſucht, das verbrecheriſche Treiben zu unterbinden. So gelang es den Bemühungen der Sultanin von Johore, einige Banden unſchädlich zu machen. Verhinderter Mädchenhandel Die Sultanin von Johore hat vier Caftenbanden, die ihre Menſchenware größtenteils aus Java bezogen, das Handwerk gelegt. Sie hat die Behörden von Singapur davon benachrichtigt, wann die Mädchen aus Java abge⸗ ſchickt wurden und unter welchen Vorſtellungen ſie in Sin⸗ gapur gelandet werden ſollten. In der Mehrzahl der Fälle verſuchte man, die Mädchen als Verwandte oder als lang⸗ jährige Dienerinnen einzuſchmuggeln. Die erforderlichen Dokumente waren von den Dorfälteſten jener Orte, aus denen die Mädchen ſtammten, gegen die übliche Be⸗ ſtechungsſumme gefälſcht. Die Folge des Eingreifens der Sultanin iſt übrigens geweſen, daß ſie mit Drohbriefen von Mädchenhändlern überſchüttet wurde. Die Methoden des unter europäiſchem Einfluß ſtehen⸗ den Mädchenhandels im Fernen Oſten kennzeichnet fol⸗ gender Brief:„Madame, ich ſchreibe Ihnen dieſen Brief auf gut Glück, denn da ich Ihre genaue Anſchrift nicht kenne, weiß ich nicht, ob er ſie erreichen wird. Ich habe erfahren, daß Sie ein Haus in Madras halten. Ich habe nun eine kleine Freundin, die eventuell gern Ihre Penſto⸗ närin werden möchte. Es iſt eine junge Franzöſin, 23 Jahre alt, eine hübſche kleine Blondine mit ſchwarzen Augen. Sie möchte zunächſt Ihre Bedingungen kennenlernen, und die Netto⸗ einnahmen, die ſie täglich erzielen könnte. Falls ihr Vor⸗ ſchlag Sie intereſſieren ſollte, bitte ich Sie, doch die Güte zu haben, ihr in einem Brief alle notwendigen Auskünfte mitzuteilen, nicht zu vergeſſen die Koſten, die monatlich für den Aufenthalt berechnet werden. Ich bin beauftragt, Ihnen zu ſagen, daß, falls Sie ihr 60 bis 70 Rupien netto pro Tag zur Verfügung ſtellen können, Sie ihr dieſe In⸗ formation telegraphiſch übermitteln könnten. Auf dieſe Weiſe könnte man jeden Zeitverluſt vermeiden. Selbſtverſtändlich werden Ihnen alle Koſten bei ihrer Ankunft in Madras erſtattet werden. Falls Sie gelegent⸗ lich noch eine zweite Penſionärin zu haben wünſchen, ſo hat ſie noch eine Freundin, eine reizende kleine Brünette, die ſie gern begleiten würde.“ Die Methoden des Handels mit eingeborenen Frauen im Fernen Oſten nähern ſich noch am eheſten den roman⸗ tiſchen Vorſtellungen vom Mädchenhandel, obgleich ſie weit genug davon entfernt ſind. 20000 Dollar verdient Viel raffinierter und gefährlicher iſt das Treiben jener Verbrecher, die ihre Opfer in den europäiſchen Ländern ſuchen und als„Ware“ nach Südamerika, nach Zentral⸗ amerika, Nordafrika, der Levante und Vorderaſien ſchicken. Vorweg ſei bemerkt, daß es eine feſte internationale Or⸗ ganiſation des Mädchenhandels nicht gibt, wohl aber ſtehen die beteiligten Perſonen in loſer Verbindung mit⸗ einander und unterſtützen ſich, wo ſie können. So berichtete vor der nationalen Revolution in Spa⸗ nien die Sicherheitspolizei von Madrid an den Gouver⸗ neur von Barcelona:„Es beſteht eine Organiſation in Spanien(Vigo, Santander, Barcelona), an die ſich die Händler um Auskunft wegen der Anwerbung von Mäd⸗ chen wenden. Die Händler benutzen nämlich die Häfen von Vigo und Santander, da ſie in Frankreich wegen der ſcharfen Kontrolle nicht landen können.“ In Paris wurde feſtgeſtellt, daß einige Mittelsmänner von Südamerika nach Warſchau reiſten, wo ſie mit einem bekannten Händler zuſammentrafen, der ihnen Mädchen für Südamerika übergab. Und die argentiniſche Polizei erklärte ſeinerzeit, daß ſie Liſten, Bilder und Finger⸗ abdrücke von ungefähr 500 bekannten Händlern und ihren Helfershelfern beſitze, von denen eine Anzahl ihren Wohn⸗ ſitz in Argentinien hatten. Der griechiſchen Polizei waren 60 Händler und Genoſſen bekannt, auch ſie führte eine Liſte über dieſe dunklen Exiſtenzen. Der erſte Bericht der Volkerbundstonmiſſton, der auf den Unterſuchungen in 29 Staaten in Europa, Afrika und Amerika aufgebaut iſt, behauptet, daß vier Kategorien in den Kreiſen der Mädchenhändler zu unterſcheiden ſind. Als Geldgeber treten auf die Großhändler. Von ihnen ſind abhängig die Zwiſchenhändler, die die Anwerbung, den Transport und die Vermittlung beſorgen, die Päch⸗ ter der Häuſer, die einen hohen Zins bezahlen müſſen und die Zuhälter. Die größte Macht bilden die Geldgeber, von denen es erklärlicherweiſe nur wenige gibt, weil ein großes Kapital erforderlich iſt. Dieſes Geld ſtellen ſie aber nicht nur den Zwiſchenhändlern zur Verfügung, ſondern ver⸗ e gere. Obere, A lee, a, Ai ue. n, Aue L N wenden es auch zu kleineren Geſchäften, wie Kauf eines Hauſes. Natürlich nur gegen recht hohe Zinſen und einen erheblichen Anteil am Gewinn. 7000 Dollar Verdienſt hatte der eine innerhalb 6 Monaten und 20000 Dollar in vierzehn Monaten der andere, der von ſich ſelbſt ſagte, daß er drei Jahre vorher, als er in Buenos Aires lan⸗ dete, vor dem Nichts ſtand. Die Analphabetin als Erzieherin In ihrem Bericht an die Kommiſſion charakteriſierte die franzöſiſche Regierung dieſe Großhändler folgender⸗ maßen:„Dieſe Händler geben ſich als Geſchäftsführer oder Pächter von Hotels und Familienpenſionen im Ausland aus. Sie leben recht üppig. In Wirklichkeit üben ſie keinen Beruf aus, ſondern ſie unterhalten weitreichende Bezie⸗ hungen zu Vermittlern von Mädchen in anderen Ländern. Sie verfügen über bedeutende Geldmittel. Diejenigen, welche ſchon einmal überführt und vorbeſtraft ſind, ver⸗ meiden es, bei der Anwerbung von Mädchen in Erſchei⸗ nung zu treten. Ihre Agenten werden großzügig bezahlt. Dieſe geben ſich als berufstätige Kaufleute aus, treten als Reiſende in Wäſche, Parfümerien und Toilettenartikeln auf. Sie haben den Auftrag, die Mädchen, die mit der Reiſe einverſtanden ſind, auf den Weg zu bringen, bisweilen auch als Täuſchungsmittel ihnen die Heirat zu verſprechen. Ebenſo ſtehen Frauen und Freundinnen der Händler und ihrer Helfershelfer im Dienſte des internationalen Mäd⸗ chenhandels.“ In einem europäiſchen Staate trat ein Großhändler unter der Tarnung eines Heiratsvermittlers auf; er bot „grüne Frucht“ an und meinte damit Mädchen unter 18 Jahren. Die meiſten machen den Eindruck eines ehr⸗ baren, ſoliden und wohlhabenden Geſchäftsmannes, dem nichts ferner liegt, als mit den Geſetzen des Landes in Konflikt zu kommen. In dem Bericht der franzöſiſchen Regierung ſind die Zwiſchenhändler genügend charakteriſiert. Ueber den Zu⸗ hälter zu ſprechen erübrigt ſich. Wenn auch eine feſte in⸗ ternationale Organiſation der Caften nicht exiſtiert, ſo halten ſie doch Verbindung untereinander. Sie haben einen gutarbeitenden Nachrichtendienſt, der über„Ange⸗ bot“ und„Nachfrage“ an beſtimmten Orten auf dem Lau⸗ fenden hält und benutzen dabei Verſchlüſſelungen, die nur den Eingeweihten bekannt ſind. Es wird„eine rollende Sendung“ oder ein„Transport Arbeiter“ angekündigt oder verlangt. Darunter kann ſich beſtenfalls die Polizei etwas vorſtellen— wenn ſie das Treiben der Adreſſaten oder Empfänger kennt. Es war an Bord eines engliſchen Dampfers, der von Liſſabon nach Buenos Aires ging. Allgemein fiel eine elegante Portugieſin auf, die von fünf jungen Polinnen begleitet war. Sie gingen nach ihrer Ausſage als Gou⸗ vernanten und Erzieherinnen in Vertrauensſtellungen nach Argentinien. Dabei verſtanden die Mädchen nur Polniſch, und unter den Erzieherinnen waren ſogar einige Anal⸗ Pa e Dem Kapitän kam dieſe Reiſegeſellſchaft ver⸗ ächtig vor, er veranlaßte die Polizei in Buenos Aires, ſich der Geſellſchaft anzunehmen. Das war richtig gehan⸗ delt, blieb aber ohne Erfolg, denn die Mädchen wieſen außer ordnungsmäßig ausgeſtellten und viſierten Päſſen einwandfreie Arbeitsverträge vor. Niemand konnte be⸗ weiſen, daß dieſe Verträge fingiert waren. Ebenfalls an Bord eines Südamerikadampfers, dies⸗ mal eines nach Europa fahrenden, wurde im erſten Hafen Europas ein Mädchen, das von Südamerika kam, ange⸗ ſprochen. Im Verlaufe des Geſprächs erkannte die„Dame“, daß es dem Mädchen wenig gut ging. Sie bot ihm ihre Hilfe an und lud es ſchließlich in ihr Haus ein. Aus die⸗ ſer angenommenen Einladung ergab ſich ſchließlich eine drückende Verpflichtung dadurch, daß das Mädchen Geld und Kleider annehmen mußte. Als ſie den Charakter des Hauſes erkannte, war es zu ſpät, und es ſtellte ſich heraus, daß dieſe Frau einige Häuſer beſitzt und regelmäßig an⸗ legende Ozeandampfer beſucht, um alleinſtehende und mittelloſe Mädchen zu überreden, ihre„Gaſtfreundſchaft“ anzunehmen. Die gute Auslandsſtellung Der eine Fall iſt bezeichnend für die häufig geübte Geſchäftspraxis des Mädchenhandels einer Stellenvermitt⸗ Chineſiſche Familien auf der Flucht. In China bilden die ſozialen Verhältniſſe einen günſtigen Boden für den Mädchenhandel. Unzählige Familien leben im Elend, viele andere Familien wer⸗ den durch die ununterbroche⸗ nen Kämpfe, Naturkataſtro⸗ phen und Mißiernten ins Elend getrieben. Es gehörte zur durchaus anerkannten Sitte, daß arme Eltern ihre Kinder, in erſter Linie die Mädchen, an reiche Leute als Geſpielinnen der Kinder ver⸗ kauften. Es wurde berichtet, daß der Mädchenhandel dieſe Sitte mißbraucht. Aufnahme: Scherl— M. lung in das Ausland. In Deutſchland iſt das unmöglich. In anderen Ländern dagegen hat ders Angedot einer guten Stelle im Ausland nicht ſelten Erfolg, ſofern nicht das Heiratsverſprechen als Köder gebraucht wird. Wenn gar die angebliche nur auf Beſegung wartende Stellung im Ausland weit oberhalb der gegenwärtigen ſozialen Einſtufung des auserkorenen Opfers liegt, dann hat der Händler ſelten großen Widerſtand oder ernſte Bedenken zu überwinden. Die Arbeiterin wird als Erzieherin verpflichtet! Sie erhält ſogar einen ſchriftlichen Auſtellungsvertrag von dem ausländiſchen Arbeitgeber, durch den eine ſtändig und einwandfreie Arbeit nachgewieſen wird. Damit hat der Caften ſelbſt in ſolchen Ländern, wo Schutzgeſetze gegen das Treiben des Mädchenhandels erlaſſen worden ſind und durchgeführt werden, kaum Schwierigkeiten bei der Paßerteilung zu befürchten. An Ort und Stelle geſtalten ſich dann die Verhältniſſe anders, das Mädchen wird ihrem zugedachten Zweck zugeführt. Die angewandten Verfahren ſind je nach Bereitſchaft oder Ablehnung des Opfer verſchieden. Das einfachſte Mittel iſt noch die Ausſtattung des Opfers mit Kleidern zu ſeinen Laſten oder Zahlung eines erheblichen Vor⸗ ſchuſſes; dadurch wird es dem„Arbeitgeber“ im fremden Land völlig ausgeliefert. Dieſe„Stellvermittlung“ als Geſchäftspraxis des Mädchenhandels tritt in allen Ab⸗ arten in Erſcheinung, von der Arbeiterin bis zur Geſell⸗ ſchafterin. Ein günſtiger Kontrakt Es gab während der Syſtemzeit auch in Deutſchland Agenten, die junge, gutgewachſene Mädchen in Tanz⸗ oder Künſtlertruppen für Auslandstournees ſuchten und ſelten auf den Nachweis künſtleriſcher Fähigkeiten beſtanden, wenn die in Scharen ſich meldenden Mädchen ſonſt ein gutes Geſchäft verſprachen. Wenn es in den Verträgen ausdrücklich hieß, daß die titglieder der Truppe nach Schluß des Programms den Gäſten des Lokals zur Verfügung zu ſtehen hätten, dann war der eigentliche Zweck der Verpflichtung bereits ent⸗ hüllt. Aber nicht immer waren die Händler gleich offen⸗ herzig. Man machte es auch ſo: 30 deutſche Mädchen wur⸗ den mit 65 Mark Bargage als Tänzerinnen nach Amerika verpflichtet. Nachdem ſie ihre Tätigkeit kurze Zeit aus⸗ geübt hatten, erhielten ſie unter irgendeinem nichtigen Vorwand nur noch 40 Mark und zuletzt 15 Mark. Die Mädchen waren ſchutzlos, denn ſie kannten die Geſetze des Landes nicht und befanden ſich ganz in den Händen des „Managers“. Als ſie aber verzweifelt darauf hinwieſen, daß ſie doch leben müßten, verwies ſie der Caften höhniſch darauf, daß ſie ja Geld in Fülle auf andere Weiſe ver⸗ dienen könnten. In der Regel vermieden die Händler jede Offenher⸗ zigkeit und trieben es wie jener Armando Mura aus dem „Palaſt⸗Klub“ in Para, der ebenfalls eine deutſche Tän⸗ zerinnengruppe nach Braſilien verpflichtete und die Opfer mit Rauſchgiften und anderen Mitteln gefügig machte. Eine andere Truppe trat in Mangos am Amazonen⸗ ſtrom auf, als ſie von einer eleganten Dame in der Gar⸗ derobe aufgeſucht wurde. Die Fremde bot den Mädchen einen günſtigen Kontrakt für ein Kabarett in einem drei Stunden entfernten Provinzort. Die Mädchen ſagten zu und wollten abreiſen, als ein anſäſſiger Deutſcher zu⸗ fällig von ihrem Vorhaben hörte und ihnen verraten konnte, daß es ſich bei dem Ort um ein verrufenes Miſch⸗ lingsdorf handele, in dem es kein Kabarett, wohl aber eine Straße mit gaſtlichen Häuſern gebe, die von Miſch⸗ lingen beſucht wurden. Im Deutſchland der Syſtemzeit konnte einer jener ver⸗ brecheriſchen Geſellen nur beſtraft werden, wenn ihm nach⸗ zuweiſen war, daß er bei Vermittlung der Stelle wußte, was dem Mädchen zugedacht war. Dieſe Lücke wird das Strafgeſetzbuch des nationalſozialiſtiſchen Deutſchland ſchließen. Bis dahin verhindern fürſorgliche Verordnun⸗ gen einen Mißbrauch von Frauen und Mädchen. So kann heute keine deutſche Tanz⸗ oder Theatertruppe in das Ausland gehen, wenn ihre finanzielle Grundlage nicht ge⸗ ſichert und eine Garantie für die moraliſche Sicherheit der (Fortſetzung folgt.) Mitglieder nicht gegeben iſt. Druckarbeiten für Handel, Gewerbe und industrie liefert schnellstens Neckar-Bote- Druckerei