N en, ende e enen ee ee eee Nr. 256 Neckar ⸗Bote(2. Blatt) Oienstag, 1. November 1938 Was iſt Volksbildung? Nach der Tagung des Deutſchen Volksbildungswerkes Net Der freiwillige Wiſſensdrang, der Drang zur Ge⸗ ſtaltung neuer Stoffe, die Sehnſucht nach der Erweiterung des Weltbildes über den Rahmen der Alltäglichkeit hinaus, iſt ein deutſcher Charakterzug, der immer nach innerer Ab⸗ rundung und Vollendung des eigenen Wiſſens ſtrebt. Er iſt in den verſchiedenſten formalen Abwandlungen dem deutſchen Schaffenden ſeit jeher zu eigen geweſen, weil ge⸗ rade beim deutſchen Menſchen Arbeit kein mechaniſcher, 170 auch ein ſeeliſcher Vorgang iſt, der nach Vertiefung ucht. Das Bedürfnis nach geiſtig⸗ſchöpferiſcher Ausweitung der eigenen Welt, der Wunſch, ihrem öden Schematismus den Lebenshauch organiſcher Bildung zu vermitteln, iſt nie abgeriſſen, und es iſt eine Tragik, daß gerade dieſer See⸗ lenzuſtand im Zeitalter des Liberalismus und des Wei⸗ marer Syſtems ſchamlos vergewaltigt wurde, weil er zu einem Inſtrument des Klaſſenkampfes degra⸗ diert wurde. Die künſtlich geſtufte Bildungsſchichtung des deutſchen Volkes, die nichts mit ganz natürlichen Wiſſens⸗ unterſchieden zu tun hatte, ſollte nach der Lehre des Mar⸗ xismus und ſeiner verſchiedenen Abwandlungen immer und ewig die Klüfte zwiſchen den Volksgenoſſen gleichen Blutes offenhalten, die von Natur aus nur gemeinſames Bildungs⸗ gut, weil eine gemeinſame Kultur haben. Der Götze des liberaliſtiſchen Bildungsbegriffes iſt durch den Nationalſozialismus geſtürzt worden. So wenig nach unſerer Auffaſſung die Schule ein Trichter toten Wiſſens⸗ ballaſtes ſein darf, ſo wenig kann der Begriff der Volks⸗ bildung, d. h der Erwachſenenbildung, jenem eigenartigen Wiſſensdurſt entgegenkommen, der nicht um der geiſtig⸗ ſeeliſchen Erkenntniſſe willen, ſondern dem ſtreberhaften Sich⸗Aneignen-⸗Wollen zuliebe, einen ſogenannten Bildungs⸗ drang vortäuſchte. Volksbildung heißt in unſeren Augen: Förderung der natürlichen Charakterwerte unſeres Vol⸗ kes mit den Waffen des Wiſſens in der Hand aller derer, die danach ſtreben und ſie zu handhaben verſtehen. Somit iſt Volksbildung von Volksführung nicht zu trennen, und logiſcherweiſe hat die DAF, als die von der Partei beauf⸗ tragte Organiſation der Menſchenführung unter den Schaf⸗ 2 18 den nationalſozialiſtiſchen Bildungsbegriff als Be⸗ ehl aufgegriffen und im Deutſchen Volksbil⸗ dungswerk ein Vollzugsorgan geſchaffen, in dem für jede Art geiſtiger Regſamkeit breiteſter Spielraum vor⸗ handen iſt. 5 Da ſind die Volksbildungsſtätten, in fen Zahl über das Reich verteilt, mit einer Unzahl von Kurſen und Einzelvorträgen, die jährlich von Hunderttauſenden be⸗ ſucht werden. Da ſind die Kulturfahrten, die im In⸗ land und neuerdings auch im Ausland unter beſter fach⸗ kundlicher Führung das Begreifen der kulturellen Zuſam⸗ menhänge folgen laſſen. Da ſind die Büchereien des Volksbildungswerkes in Betrieben und Lagern, die in ihrer Zuſammenſtellung ein vorzügliches Rüſtzeug zur Erziehung von Menſchen bilden, die ihren umfaſſenden Lebensausdruck im Nationalſozialismus finden. Da iſt die großartige Be⸗ treuung des Laienſchaffens, in deren Rahmen jede künſtleriſche, handwerkliche und formgeſtaltende Re⸗ gung in die ihr gemäße Bahn gelenkt, von falſchen Hem⸗ mungen befreit und von falſchen Eitelkeiten gelöſt wird. Da ſind Muſikſchulung und Hausmuſikpflege, die die Wiedererweckung ſchöpferiſcher Impulſe unſeres nationalen Kunſtſchaffens in die Hand des Empfangenden ſelbſt legen. Und wenn nun durch die neue Aktion„Dichter leſen ö in Betrieben und Lagern“ volkskulturelle Schätze an den Arbeitsplatz ſelbſt herangetragen werden, dann ent⸗ ſpricht dieſe Tatſache nicht nur unſerer Vorſtellung von der Lebenseinheit des Betriebes, ſondern von einer organiſchen Einheit aller Lebensvorgänge überhaupt. In dieſer Vor⸗ ſtellung ſind Betrieb, Lebenshaltung. Arbeit, Kultur und Bildung keine getrennten Erſcheinungen mehr, ſondern ſich gegenſeitig bedingende und ergänzende Einzelſtücke eines Geſamtorganismus, den wir Volk und Volkstum nennen. Wir ſehen in dieſer neuartigen Linienführung die Ge⸗ währ dafür, daß im nationalſozialiſtiſchen Deutſchland der Begriff Volksbildung wieder auf ſeine Grundform geführt r 39 Herbert Medow ſetzte auseinander, was ihn in die Ferne getrieben habe. Und dann hieß es wörtlich weiter: „Gewiß wird es ſchwer ſein, mich an die neuen Ver⸗ hältniſſe in Rio de Janeiro zu gewöhnen, aber der Ge⸗ danke an Euch beide liebe Menſchen wird mir immer ein Troſt ſein. Befürchte nicht, Thea, daß es wieder bergab mit mir geht. Ich werde zeigen, was ich kann, daß ich kein Die Tatſache, daß ich mich entſchloſſen Schwächling bin. habe, mit der Vergangenheit vollkommen zu brechen, ſoll der erſte Schritt zur neuen Wendung ſein. Es iſt mir ſchwer gefallen, abzureiſen, ſehr ſchwer, doch, ich habe nicht zurückgeſchaut. Ich tue das nur in Gedanken an Euch beide, an niemand anders ſonſt, und ich wünſche nur eines innig, daß Ihr die Belohnung l 1 mich getan habt, im Glück der Zukunft finden möchtet.“ Thea las den Brief noch einmal und ihre Augen füllten f ſich mit Tränen. Herbert war nicht ſo, wie ſie oft gedacht hatte. Sie bewunderte ſeinen Mut und war überzeugt, daß nun alles gut mit ihm werden würde. So, wie es ſeine Mutter gewünſcht hatte. Erſt nach über vierzehn Tagen war Thea zum erſten ö Male wieder mit Kruſius allein. Bisher war er ihr immer aus dem Wege gegangen. Jetzt traf er mit ihr auf dem Korridor zuſammen und er erkundigte ſich zuerſt nach dem Befinden verſchiedener Patienten, die er in letzter Zeit operiert hatte und beſonders nach dem kleinen Franke, deſſen Fall der erſte nach Charlottes Tode geweſen war. alle hes gab befriedigende Auskünfte. Sie befanden ſich 2 Wege der Beſſerung. achdem das dienſtli äch beendet war, blieb Krüſtus noch ſtehen. ſtliche Geſpräch b „Haben Sie fragte er. Ja 5 geſchrieben.“ 8 Gutes von ihm hören. für alles, das eigentlich ſchon von Herbert gehört?“ hat mir aus Antwerpen vor der Aeberfahrt. worden iſt und von dort aus fruchtbar zu wirken beginnt. Die Volksbildungsinſtitute haben nicht mehr den Ehrgeiz von ae reines Gehirnwiſſen zu vermitteln und eine unpolitiſche n n zu erzeugen, ſondern ſie trennen ihr Ziel der Volksbildung nicht von dem der Volkwerdung. olksbildung iſt ein politiſcher Begriff ge⸗ worden, weil ſie die geiſtige Welt des einzelnen Volksge⸗ noſſen wieder in die richtige Beziehung zur Gemeinſchaft ſetzt. Denn was an geiſtigen und kulturellen Werten in un⸗ ſerem Volke lebt und Beſitztum der Schaffenden wird, iſt ja nichts anderes als bereits vorhandenes geiſtiges Volks⸗ vermögen. 5 Indem durch das Deutſche Volksbildungswerk die Par⸗ tei die Bildungsarbeit an den Erwachſenen unter ihre Fit⸗ tiche nimmt, kann kein Zweifel darüber ſein, daß ſie in Zukunft fruchtbringend und ſegensreich, weil im Dienſte des deutſchen Volkes ſtehend, ſein wird. Ernſt Günter Dickmann. „Glaube und Schönheit“ An die weibliche Jugend Großdeulſchlands Berlin, 31. Okt. Am Samstag begann, wie NSK u mel⸗ det, eine im ganzen Reich durchgeführte Werbewoche für das BdM⸗Werk„Glaube und Schönheit“. Die Arbeit des Bd ⸗Werkes, die bereits in allen Orten und Städten des Großdeutſchen Reiches ſeit einem halben Jahr eingeſetzt hat, ruft nun all die hunderttauſend Mädel in ihren Kreis. Zu dieſer Werbewoche erläßt Reichsjugendführer Baldur von Schirach folgenden Aufruf: 5 „Das Bdm- Werk„Glaube und Schönheit“ wendet ſich an alle deutſchen Mädel zwiſchen 17 und 21 Jahren, die bereit ſind, mit uns zuſammen neue Wege der Gemein⸗ ſchaftserziehung zu gehen. Ziel unſerer Arbeit iſt die kör⸗ perlich vollendet durchgebildete jugendliche Trägerin des nationalſozialiſtiſchen Glaubens. Jede von Euch iſt uns als Kameradin willkommen, jede kann auf ihre eigene Weiſe in unſerer Arbeitsgemeinſchaft mitwirken, um in einer großen Bewegung ſchöner, ſtolzer und kapferer Mädel dem Führer zu dienen, dem unſer aller Herzen gehören.“ Höhenſonne für Bergleute Einzigartige Einrichtung auf einer Krupp⸗Jeche Eſſen, 31. Okt. Mit der Inbetriebnahme der nach den Vorſchlägen der Deutſchen Arbeitsfront auf der Krupp⸗Zeche Sälzer⸗Amalie“ in Eſſen gebauten Waſchkaue„Schwarz⸗ Weiß“ mit Höhenſonnenbeſtrahlung, die Reichsorganiſa⸗ tionsleiter Dr. Ley im feſtlichen Rahmen ihrer Beſtimmung übergab, erlebte die Reichstagung des Fachamtes Bergbau ihren Höhepunkt, der in ganz beſonderem Maße Beiſpiel nationalſozialiſtiſcher Fürſorge für Geſundheit und Lei⸗ ſtungsfähigkeit der ſchaffenden deutſchen Menſchen iſt—. Die neue Lichtbeſtrahlungsanlage auf der Zeche Sälzer⸗ Amalie hat den Zweck, bei dem Bergmann den durch die Untertagearbeit bedingten Lichtmangel auszugleichen und Krankheiten zu verhüten. Höhenſonnengänge zwiſchen der „weißen“ Kaue, die die Tageskleider des Bergmanns birgt, und der„ſchwarzen“ Kaue, in der der Bergmann ſeine Grubenkleider an- bzw. ablegt, ermöglichen es, unter ſtän⸗ diger ärztlicher Kontrolle ſyſtematiſch und auf breiteſter Grundlage für die Geſundheit des Bergmannes zu ſorgen und die bisher in wiſſenſchaftlichen Unterſuchungen und vie⸗ len tauſend Einzelbeſtrahlungen erbrachten Erfolge auch bei Maſſenbeſtrahlungen ganzer Gefolgſchaften wirkſam werden zu laſſen. Dr. Ley gab der Freude und dem Stolz darüber Aus⸗ druck, daß auch dieſe neue Anlage zeige, in welch ſtarkem und erfolgreichen Maße die Idee des Nationalſozialismus in wenigen Jahren auch in der deutſchen Wirtſchaft und im deutſchen Bergbau Platz gegriffen hat. Die völlig neuen Wege, die der Nationalſozialismus nach dem Untergang und Zuſammenbruch in Deutſchland auf allen Gebieten be⸗ ſchritten hat, haben ſich als die einzig richtigen erwieſen. „Aber“, ſo fuhr Dr. Ley fort,„wir ſtehen noch am Anfang“ Ob der erſte Verſuch, der hier unternommen wird, wirklich 1 dem gewünſchten vollen Erfolg führe, hängt auch von der Gefolgſchaft ab, denn Bequemlichkeit des Men⸗ ſchen iſt der größte Feind des Fortſchrittes. Hier iſt die un⸗ ermüdliche Aufklärung und Schulungsarbeit der Par⸗ tei unerläßlich. N ein Kabeltelegramm von „Und ich— ich habe geſter ihm aus Rio erhalten. Er iſt gut angekommen.“ Er wollte weitergehen, aber es fiel ihm ein, daß er noch eine Frage zu ſtellen hatte. „Ich möchte Sie etwas fragen, Kollegin. Was halten Sie von Herberts Zukunft?“ Sie zögerte nicht eine Sekunde, wie er befürchtet hatte. „Ich bin ganz unbeſorgt,“ ſagte ſie.„Wir werden nur „Iſt das Ihr Ernſt?“? 2 „Ich bin feſt davon überzeugt, Herr Profeſſor.“ Er lächelte. f 5 „Es freut mich, das aus Ihrem Munde zu hören,“ erwiderte er.„Ich wünſche ihm von ganzem Herzen alles Gute. Und ich denke, er verdient es.“. „Ja, er verdient es.“„55 i Man hörte Stimmen und Kruſius ging weiter. Aber die Erinnerung an dieſes Geſpräch war noch lange wach in ihm. Eine ſehr vernünftige Frau, die Kollegin Hanſen, dachte er wieder, und er hatte auch gar nichts anderes erwartet. Doch das war nicht alles, was ihm an ihr ge⸗ fiel. Sie war hübſch, ſie war die blühende Jugend ſelbſt. And ſie liebte ihn. Herbert hatte es geſagt, und er, Bernhard Kruſius, glaubte es auch bemerkt zu haben. Er war nicht blind. 5 Aber der Schatten Charlottes ſtand zwiſchen ihnen. Der Schatten der Frau, die er geliebt und die auch ihn ge⸗ liebt hatte, wie er vermeinte. Sie hielt noch ſein Herz in ihren Händen und Taktgefühl und Zurückhaltung verboten es ihm, in der jungen Thea Hanſen mehr zu ſehen, als eine jympathiſche Kollegin. 15. Kapitel. An Charlottes Geburtstag, drei Monate ſpäter, verließ Kruſius um zwei Uhr nachmittags ſeine Wohnung und ö 1 5 nach dem Friedhof, der etwas außerhalb der Stadt lag. 5 i Kruſius trug einen prächtigen Strauß Orchideen— 9 Lieblingsblumen— und ging durch die Reihen nach der Grabſtätte. Hier wollte er einige Zeit in ſtiller Andacht verweilen. Es war aber ſchon jemand anweſend. Perſonalveränderungen im Heer Berlin, 1. Nov. Der Führer und Oberſte Befehlshaber der Wehrmacht hat den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe J, Generaloberſt von Rundſtedt, ſeinem Wunſch ent⸗ ſprechend mit dem 31. 10. 38 aus dem aktiven Herresdienſt entlaſſen und ihm in Würdigung ſeiner beſonderen Ver⸗ dienſte das Recht züm Tragen der Uniform des Infanterie⸗ regiments 18 verliehen. Als Nachfolger wurde Generaloberſt von Bock, bis⸗ her Oberbefehlshaber der Heeresgruppe 3, zum Oberbe⸗ fehlshaber der Heeresgruppe 1 ernannt. Der Führer und Oberſte Befehlshaber der Wehrmacht hat ferner ſeinem Antrage entſprechend den Chef des Ge⸗ neralſtabes des Heeres, General der Artillerie Beck, unter Verleihung des Charakters als Generaloberſt ebenfalls mit dem 31. 10. 38 aus dem aktiven Heeresdienſt entlaſſen und ihm das Recht zum Tragen der Uniform des Artillerieregi⸗ ments 5 verliehen. Mit Generaloberſt Beck ſcheidet der erſte Chef des mit dem Heeresaufbau wiedererſtandenen Gene⸗ ralſtabes des Heeres aus dem Amte. Zu ſeinem Nachfolger als Chef des Generalſtabes des Heeres hat der Führer und Oberſte Befehlshaber der Wehrmacht den General der Ar⸗ tillerie Halder ernannt. In der Luftwaffe werden mit Wirkung vom 1. November 1938 befördert: Zum Generaloberſt der General der Flieger Milch, Staatsſekretär der Luftfahrt; zum Ge⸗ neral der Flieger der Generalleutnant Stumpff, Chef des Generalſtabes der Luftwaffe; zum Generalleutnant der Generalmajor Udet, Amtschef im Reichsluftfahrtminiſte⸗ rium. 4 Reichswirtſchaftsminiſter Funk empfing den in das Reichsluftfahrtminiſterium zurückverſetzten General⸗ major Löb zur Verabſchiedung. Bei dieſer Gelegenheit ſprach der Reichswirtſchaftsminiſter dem Generalmajor Löb ſeinen Dank und ſeine Anerkennung für die wertvolle Mitarbeit aus, die er als Leiter der Hauptabteilung l des Reichswirtſchaftsminiſteriums geleiſtet hat. Mit der Leitung der Hauptabteilung 1 des Reichswirtſchaftsminiſterium hat Reichswirtſchaftsminiſter Funk den Leiter der Hauptabtei⸗ lung II, Generalmajor von Hanneken, beauftragt, der von jetzt an die beiden Hauptabteilungen J undll gemein⸗ ſchaftlich führen wird. Sportnachrichten Orientierungs ahrt im Renntempo Große Leiſtungen der NSasß⸗Mokorgruppe Südweſt. Am letzten Sonntag veranſtaltete die NSKK⸗Motor⸗ gruppe Südweſt ihre nun ſchon Tradition gewordene all⸗ jährliche Orientierungsfahrt Mit faſt 600 Teilnehmern bil⸗ dete ſie eine der größten motorſportlichen Veranſtaltungen Deutſchlands in dieſem Jahr. Organiſation Durchführung und Verlauf der Fahrt waren muſtergültig Der gut aufge⸗ zogenen Veranſtaltung entſprachen auch die Leiſtungen, die von den Fahrern des RS, der Wehrmacht, der SA,% Pe, HJ und des DDA vollbracht wurden. Die Fahrt hatte ihre Beſonderheiten. Die 25 in der Karte, die den Fahrern eine Stunde vor ihrem Start übergeben wurde, angezeich⸗ neten Kontrollpunkte waren nur raffiniert ausgeſucht, ſie lagen vor allem auch in einem ſo ausgedehnten Raum, daß ſie innerhalb der ſiebenſtündigen Fahrzeit unmöglich alle von einer Mannſchaft oder einem Einzelfahrer„mitgenom⸗ men“ werden konnten. Das war vorher ſchon bekannt, und deshalb wurde die Orientierungsfahrt faſt zu einem Ren⸗ nen. Die Fahrer mußten jede Sekunde Zeit ſchinden und auf den wenigen Strecken die nicht über Felder und Wald⸗ wieſen führten, bis zum Letzten aufdrehen, um möglichſt viele Kontrollſtellen anlaufen zu können. Nebel in den Frühſtunden, Schlammſtrecken öſtlich von Tübingen und verſchiedene Wieſenfahrten, die nötig waren, ſtellten für den Wettbewerb beſondere„Feinheiten“ dar. Aber alle Schwierigkeiten wurden gemeiſtert; der größte Teil der Teilnehmer traf rechtzeitig am Ziel in Tübingen ein und hatte eine ganze Anzahl von Stempeln geſammelt. 18 Kontrollſtellen für Einzelfahrer und 16 für Mannſchaften waren höchſtens herausgeholt worden. Sailer(Stuttgart) fuhr die 392 Kilometer lange Strecke in einem Durchſchnitts⸗ tempo von 58 Stundenkilometern. Wacker hielten ſich auch die Hitlerjungen auf ihren Kleinſtmotorrädern. i Kruſius dachte zuerſt, es wäre Charlottes Vater—— es war aber jemand anders; ein junger Mann, der Kruſtus auffällig entgegenſah. N Es war Heinz Röttgers. Nachdem Kruſius ſeine Blumen niedergelegt und einige Minuten verweilt hatte, unterbrach Heinz Röttgers auf einmal das Schweigen. „Sie trauern einer Frau nach, Herr Profeſſor,“ ſagte er ganz ruhig,„die Sie nicht geliebt hat.“ Kruſtus ſah auf und blickte den anderen genauer an, Richtig, es war der junge Röttgers, wenn er ſich recht er innerte, Charlottes Jugendgefährte. „Wie bitte?“ i „Ich habe geſagt, daß Ihre Trauer einer Frau gilt, die Sie nicht geliebt hat.“ 2 Sie ſtanden ſich gegenüber und maßen ſich mit dem Blick. „Ich. ich verſtehe Sie nicht, Herr Röttgers.“ „Das kann ich begreifen,“ erwiderte dieſer,„und e! gehört Mut dazu, Sie aufzuklären. Aber es ſoll geſchehen Ich verlaſſe dieſe Stadt demnächſt für immer und vielleich ſehen wir uns nie mehr im Leben wieder, Ich wollte ez Ihnen eigentlich nach meiner Abreiſe ſchriftlich mitteilen Nun will ich es Ihnen ſelbſt ſagen- Kruſius ging etwas näher an den anderen heran. Die erſten Worte waren ihm ungeheuerlich und vollkommen unpaſſend erſchienen, aber der Mann machte einen auf. richtigen Eindruck. Man mußte ihn reden laſſen. Es war etwas in ſeiner Stimme, das zum Gehör zwang. 278550 „Gehen Sie jetzt?“ fragte Kruſtus. 55 1 „Ich habe meinen Wagen draußen. Wir können zuſam⸗ men gehen und darüber ſprechen.“ 1 Sie gingen durch die Reihen nach dem Ausgang zu. Die Sonne ſtand heiß am wolkenloſen blauen Himmel Es war ſtill, ſehr ſtill um ſie, aber in dem Herzen der beiden Mäfiſter war kein Frie ben „Mich wundert, daß ſie es Ihnen nicht ſchon längſt ge ſagt hat,“ begann Heinz Röttgerss. „Wer?“ 5— 1 „Fräulein Doktor Hanſen. Sie weiß alles.“ Das Zuck, ein Kraftquell der Nation Don Ur. fellmuih Langenbucher Mancher Zweifler mag ſich Gedanken darüber machen, ob es nötig ſei, in jedem Jahr eine ganze Woche lang die Werbe⸗ trommel zu rühren für das deutſche Buch. Er kann, oberfläch⸗ lich geſehen, vielleicht mit Recht darauf hinweiſen, daß wir ja ohnedies als das„Volk der Dichter und Denker“ angeſehen würden, und daß im deutſchen Volk bereits genug Bücher ver⸗ legt, verkauft und geleſen würden. Wer ſo denkt, der läßt dabei völlig die Tatſache der einebnenden Wirkung des Alltags außer acht, die es immer wieder einmal nötig macht, auch jene Kräfte unſeres Lebens, ohne die wir uns dieſes Leben nicht mehr vorzuſtellen vermögen, herauszuheben aus dem gewohnten Gleichmaß der Dinge, um ſie in ihrer Bedeutung und Wirkungsmächtigkeit dem ganzen Volke von neuem bewußt zu machen. Wer ſo denkt, der vergißt aber außerdem noch ein zweites: er vergißt, daß ein Volk unabläſſig an der Steigerung und Stärkung ſeines Lebens arbeiten muß; daß es ſich nicht mit erreichten Zielen zufrieden geben, ſondern von einer Stufe zur anderen auf ſeinem Schickſalsgang weiterſchreiten muß; und daß dieſes Geſetz es gerade den Führern und Anregern des kulturellen Lebens zur Pflicht macht, die bisher vielfach ls Vorrecht beſtimmter Kreiſe angeſehene Teilhaberſchaft ein⸗ zelner Schichten des Volkes am kulturellen Leben der Nation zur Teilnahme und Beſitzergreifung des ganzen Volkes zu machen. Es iſt aber undenkbar, dieſes Ziel ohne das deutſche Buch zu erreichen, und es iſt daher wohl gerechtfertigt, einmal in jedem Jahre dem deutſchen Volke vor Augen zu ſtellen, was alles es dem deutſchen Buche verdankt, und in welcher Weiſe ſein Leben durch das Buch innerlich geordnet, geſteigert, geläutert und erhoben wird. Das Leitwort, das über der diesjährigen Buchwoche ſteht, und durch das dem ganzen Volke Bedeutung des Buches als eines Spenders ſtets neuer, unabläſſig ſtrömender Lebenskräfte bewußt gemacht wird, erhält ſeine tiefſte und ſchönſte Beſtäti⸗ gung dann, wenn wir, uns daran erinnernd, daß wir in dieſem Jahre die erſte Buchwoche im geeinten Großdeutſchen Reich feiern, den Blick nach unſerer Oſtmark richten, um von all denen, die dort im Kampfe geſtanden haben, die Antwort in uns aufzunehmen, die wir hören auf die Frage, ob auch das Buch einen Anteil gehabt habe an dem verzweifelten und er⸗ ſchütternden Ringen der deutſchen Oſtmark um ihr Lebensrecht, „Wer irgendwie mit dem Reiche in Verbindung ſtand, wurde als„Hochverräter behandelt“, ſchreibt uns da ein Oeſterreicher, der mehrfach in den Gefängniſſen geſeſſen hat.„Und trotzdem“, fährt er fort,„die deutſchen Dichter Oeſterreichs verlegten ihre Bücher im Reich, die öſterreichiſchen Buchhändler verkauften zu 90 Prozent Bücher aus dem Reich, und alle Maßeahmen dagegen waren Schnitte ins eigene Fleiſch. Allen Verboten und Schi⸗ kanen zum Trotz konnte das Schrifttum die Verbindung mit dem Mutterland erhalten, und heute können wir es ja ſagen: viele, ſehr viele öſterreichiſche Nationalſozialiſten wären zu⸗ ſammengebrochen, hätten ſie das deutſche Buch nicht gehabt. Fotos: Dr. Paul Wolft In meiner Bibliothek bewahre ich eine Anzahl heiliger Bücher: ſolche, die mich ſelbſt ins Gefängnis begleiteten, ſolche, die ich Kameraden in anderen Kerkern geliehen habe, und eines iſt darunter, das einem zum Tode Verurteilten die Tage bis zu ſeiner Begnadigung ertragen half.“ In dieſer Schilderung wird etwas lebendig von dem Schickſal unſeres Volkes, und wir dürfen aus ihr entnehmen, daß gerade das deutſche Buch es geweſen iſt, aus dem zahlloſen deutſchen Menſchen in der Oſtmark jene Kraft zuſtrömte, ohne die es ihnen unmöglich geweſen wäre, das Leid zu ertragen, das ihnen auferlegt ward. Wo immer wir in der Geſchichte unſeres Volkes, auch in der jüngſten Vergangenheit, oder beim Betrachten der Schick⸗ ſale großer deutſcher Menſchen unſere Blicke hin richten, immer wieder werden wir ſehen, daß das deutſche Buch es geweſen iſt, das durch die ihm innewohnende, aus dem Borne des Volkslebens ſtammende Kraft half, Schweres und Schwerſtes zu ertragen. Tauſende, Hunderttauſende deutſcher Menſchen, von denen die Geſchichte kein Aufhebens gemacht hat, haben das in gleicher Weiſe an ſich erfahren. Das Buch im Schützen⸗ graben, das Buch in der Gefangenſchaft, das Buch auf dem Nachttiſch eines von bitteren Lebensſorgen zerquälten Men⸗ ſchen: das Buch in der Hand des Greiſes der um die Er⸗ kenntnis der letzten Lebensfragen ringt, das Buch in der Hand des jungen Menſchen, der daran iſt, ins Leben zu ſtürmen, das Buch in der Hand des Mannes, der beſeſſen iſt von der Leldenſchaft, mit der Tat, ſeines Lebens ſeinem Volke zu dienen, das Buch in der Hand der Frau, die als deutſche Mutter die Herdflamme hütet, das Buch in der Hand des Ver⸗ zweifelten, des niedergebrochenen Menſchen, der darin einen III Troſt ſucht und findet, das Buch in der Hand des vom Glücke Begünſtigten, den die Kraft des Erfolges ſtürmiſch weitertreibt zu neuen Aufgaben und zu neuen Zielen, das Buch als Berater des Menſchen, den die Ferne lockt, und das Buch des Deutſchen draußen in der Welt, der darin die Heimat ſucht: es wäre an kein Ende zu kommen, wenn wir verſuchten, im einzelnen alle die Wirkungen aufzuzählen, mit denen das Buch in dem weit⸗ verzweigten Leben des Volles immer wieder ſo entſcheidend eingreift in die Geſtaltung dieſes Lebens. Wie aber der ein⸗ zelne Menſch, wenn er ſich ſelbſt nicht aufgeben will, in ſeinem perſönlichen Leben und Schickſal unlöslich verbunden iſt mit dem Leben und Schickſal des Volkes, ſo gilt, was hier für den einzelnen Menſchen geſagt wurde, in geſteigertem Maße für das ganze Volk. Gerade die Geſchichte iſt überreich an Bei⸗ ſpielen, die zeigen, wie es immer wieder ein Buch geweſen iſt, das in Zeiten der nationalen Not dem deutſchen Volke zu Hilfe kam, für ſein Leben eine Quelle jener Kräfte wurde, durch die es ſich aus Not und Niedergeſchlagenheit erhob zu neuem Lebenswillen und zu neuer Größe. Das augenfälligſte Beiſpiel eines ſolchen Buches, das in unſerer Zeit ſelbſt geſchehen iſt, iſt das Buch des Führers, deſſen ungeheure geſchichtsbildende Kraft längſt auch draußen in der Welt erkannt und anerkannt worden iſt. Es liegt ſomit ein tieferer Sinn darin, daß die erſte Groß⸗ deutſche Buchwoche, die wir in dieſem Jahre feſtlich begehen, unter dem Leitwort ſteht:„Das Buch ein Kraftquell der Nation.“ Wir leben heute in einer Zeit, die an jeden einzelnen von uns im Hinblick auf die von ihm zu leiſtende Arbeit die höchſten Anforderungen ſtellt. Wir können auf keine Hilfe ver⸗ zichten, die ſich uns bietet als Unterſtützung bei dem Beſtreben, jenen geſteigerten Anforderungen im Hinblick auf die Siche⸗ rung unſeres politiſchen Lebens reſtlos zu genügen. Eine der ſtärkſten, zuverläſſigſten, den wechſelndſten Zufälligkeiten des Tages weitgehendſt enthobenen Hilfen beſitzen wir im deutſchen Buch. Es hat daher ſeinen guten Sinn, wenn der Erſten Groß⸗ deutſchen Buchwoche die Aufgabe geſtellt iſt, dem deutſchen Volke ſowohl durch eine Reihe großer feſtlicher Veranſtaltungen als auch durch die in den Buchausſtellungen ſichtbar werdende ſorgfältige Ausleſearbeit des Jahres bewußt zu machen, daf das deutſche Buch in der Tat iſt: ein Kraftquell der Nation. Duck, Volk und kwigkeit Betrachtung von Prof. ſjeinz Kindermann Nicht jedes deutſche Buch ſpricht zu jedem Deutſchen. Vielmehr wird jedes allmählich ſeinen ihm gemäßen Kreis von Empfäng⸗ lichen unter den Angehörigen gleichen Blutes finden. Und jeder empfängliche Deutſche wird allmählich den ihm gerade gemäßen Kreis von Büchern entdecken: ihre Lektüre wird ihm Zwie⸗ ſprache bedeuten mit den Großen ſeines Volkes, denen er ſich — in Bejahung oder Widerſpruch— verwandt fühlt. Dieſes Verwandtſchaftsbewußtſein aber iſt ſo berechtigt, weil auch bei der großen ſchöpferiſchen Leiſtung des Dichters oder des Ge⸗ lehrten kein individualiſtiſcher Willkürakt vorliegt. Es gehört mit zu den wichtigſten Entdeckungen unſerer neuen Epoche, daß wir nun die Meiſterleiſtung der großen ſchöpferiſchen Perſön⸗ lichkeit, alſo auch die des Dichters und des Wiſſenſchaftlers, endlich als volksgeboren, als gemeinſchaftsbedingt erkennen. Der große Dichter, der bedeutende Gelehrte, ſie ſind die Be⸗ gnadeten, denen gegeben iſt, das auszuſprechen, was die anderen der gleichen Gemeinſchaft erſt dunkel ahnen und fühlen, erſt ſehnſüchtig erträumen und erhoffen können. Aber die Kraft der Ausſage wächſt aus dem vorangegangenen Erbe und Schickſal der ganzen Gemeinſchaft: Glück und Leid, Kampf und Sehnſucht vieler Geſchlechter ſteht als Chor dieſer Gemein⸗ ſchaft geheimnisvoll hinter jeder einzelnen ſchöpferiſchen Leiſtung der Dichter⸗ oder Gelehrten⸗Perſönlichkeit. Aus der Mitte der Gemeinſchaft tritt ſie hervor und ſagt ihr zukunft⸗ weiſendes Wort. Weil aber dieſes aus der Gemeinſchaft ge⸗ borene Wort vom Buch her wieder zu Hunderten und Tauſen⸗ N KRAFTGUELl. DER NATION den ſpricht, wirkt es neuerlich gemeinſchaftbildend. Denn auch dieſe Hunderte und Tauſende, die das eine Buch leſen, werden ja vom Atem der gleichen Wandlungs⸗ und Schickſalskraft ge⸗ packt und erhalten von ihm aus ein Gemeinſames. So ſteht das Buch als ſchöpferiſche Tat der volksbedingten Perſönlich⸗ keit mitten inne zwiſchen Gemeinſchaft und Gemeinſchaft. Oft über viele Generationen hinweg erweiſt es dann ſeine immer neue Zeugungs⸗ und Aufbaukraft, wenn ihm aus dem Zeit⸗ lichen zugleich das Dauernde, Ewige auszuſagen gegeben iſt. Das Buch aber ſchenkt auch das Wiſſen von der Größe unſeres Volkes, von ſeiner neuen Einheit bei aller Vielfalt der Gaue. Wie klein iſt der Horizont des Selbſterlebten! Die Dichter deines Volkes aber ſprengen dieſen engen Rahmen und weiten ihn aus bis zu den letzten Grenzen des Reiches— ja weit darüber hinaus bis zur ſtolzen Größe des ganzen deutſchen Hundert⸗Millionen⸗Volkes. Die geniale Tat des einen, der uns voranſchreitet, hat das fragmentariſche Reich von den Gnaden Verſailles gewandelt zum machtvollen Großdeutſchen Reich, Zehn Millionen Deutſche, neun Gaue kamen hinzu— willſt du, mußt du ſie nicht kennenlernen? Willſt du nicht das Antlitz der Oſtmark⸗ und Sudetendeutſchen in ſeinen hiſtoriſch bedingten Zügen, aus Leid und ſtolzer Leiſtung in Vergangenheit und Gegenwart, verſtehen lernen? Willſt du nicht den Jahrtauſend⸗ ſinn und die Schönheit der Landſchaften erleben, in denen dieſe zehn Millionen Brüder aufwuchſen und für die viele von ihnen ihr Leben ließen? Das Buch der Oſtmark⸗ und Sudeten⸗ deutſchen ſchlägt die Brücke zu dieſer großdeutſchen Raum⸗ erweiterung deines Volksbewußtſeins! Du ſollſt dieſe Bücher, viele von ihnen, auch ſelbſt beſitzen. Es iſt nicht einerlei, ob du ein Buch nur flüchtig— einmalig entlehnſt, oder ob es dein Freund und Lebensbegleiter wird, immer wieder hervorgeholt in der Stunde des Atemholens, der notwendigen Verſenkung. Leſen bedeutet ja Zwieſprache mit dem, der dir in dieſem Buch ſein Beſtes ſchenken will. Aus dem Eigenbuch deiner Hausbücherei ſpricht ein ganzer Chor guter Geiſter der Nation zu dir! krlebnis in der Buch woche/ bon berhard Schumann, ſſliigliech des Reichskulturſenals Es war im November des Jahres 1937. Nach einer Fahrt durch die Nacht kam ich morgens im Budapeſter Bahnhof an, wo mich die vertrauten Laute und die treuen Geſichter von Mitgliedern der deutſchen Kolonie herzlich begrüßten. Die kulturpolitiſche Führung des Reichs hatte mich hinausgeſandt, um während der„Woche des deutſchen Buchs“ im Ausland das neue deutſche Schrifttum in Ungarn und Jugoſlawien zu repräſentieren.— Nach einer kurzen Erfriſchung ging es ſofort zum Vortragsſaal. 5 Ungarn war damals noch weiter von Deutſchland, in jedem Sinne. Das Oeſterreich Schuſchniggs lag noch zwiſchen uns. Der„Völkiſche Beobachter“ war mir an der Grenze ab⸗ genommen worden. Nun aber kam für mich die erſte große Ueberraſchung: ich wurde vor meinem Vortrag kurz in die Buchausſtellung geführt, die im Anſchluß an denſelben feierlich eröffnet werden ſollte. In einem großen Saal war ſie auf⸗ gebaut, umfaſſender und ſchöner als ich ſie je im Reiche ge⸗ ſehen hatte. Von den Standardwerken des Nationalſozialtsmus über eine reiche Auswahl ſchöner Literatur bis zu den Schätzen deutſcher wiſſenſchaftlicher Werke war ein wahrhaft würdiger Querſchnitt durch das deutſche Geiſtesleben, wie es ſich im deutſchen Buch ausdrückt, gegeben. Und darüber hinaus hatte die deutſche Geſandtſchaft und die Auslandsorganiſation der NSDAP. es vermocht, einen der ſchönſten und größten Säle Budapeſts mit einer aufmerkſamen Hörerſchaft zu füllen, die ſich zumindeſt zur Hälfte aus intereſſierten Ungarn zuſammen⸗ ſetzte, an deren Spitze übrigens eine Reihe hoher Vertreter der Staatsbehörden erſchienen waren. Ich wußte ſofort, daß dieſe Veranſtaltung im Herzen der glänzenden Weltſtadt kultur⸗ politiſch ſehr viel zu bedeuten hatte, in der und um die la ſo mannigfaltige politiſche, wirtſchaftliche und kulturelle Strö⸗ mungen kämpfen und um die beſonders zielbewußt der franzö⸗ ſiſche und italieniſche Kulturkreis ſich bemüht. Ein aus deutſchen Schülern zuſammengeſtelltes Orcheſter gab mit rührender Hingabe einen liebenswürdigen muſikaliſchen Rahmen. Und wenn ich im Reich doch ſchon in zahlloſen Vor⸗ tragsabenden dieſes ſchöne Verbundenſein mit den Hörern, dieſes Auge in Auge mit dem eigenen Volk, faſt möchte ich ſagen dieſe immer neue Kraftprobe für den inneren Wert des eigenen dichteriſchen Werks beglückend und bereichernd erlebt hatte, ſo war hier mitten in Ungarn, in der Weltſtadt Buda⸗ peſt, dieſes Erlebnis noch ſtärker und tiefer. Am Schluß meines Vortrags kam eine alte Dame auf mich zu, mit einem ſtrengen Geſicht und gütigen Augen, aufrecht und ſtolz. Eine Dame, die wohl nicht gewohnt war, viel zu reden, wohl aber, daß man in ihrem Kreis auf ſie hörte. Sie ſagte mit ihrer feinen, ein wenig zitternden Stimme:„Nun habe ich zum erſtenmal das neue Deutſchland verſtanden. Wiſſen Sie: das Innere. Ich danke Ihnen von Herzen.“ Und hielt meine Hand mit ihren beiden ſchmalen alten Händen. Was ſollte ich ſagen? Ich hatte zu danken. Nur ich. Und ich wußte plötzlich, daß mitten in der großen Stadt Budapeſt Heimat da war, Heimat, geſchaffen durch deutſches Wort.— Und ſo wurde mir auch der ſtillſte Sinn unſeres Hinausgehens über die Grenzen klar: wenn wir in der Buchwoche im Reich an der ſchönen Auf⸗ gabe mitarbeiten dürfen, ein immer näheres und unlösbareres Verhältnis zwiſchen dem deutſchen Volk und ſeinen Dichtern, den Verkündern ſeines Weſens, zu ſchaffen, dann war es unſere Aufgabe während der Buchwoche im Ausland, den Deutſchen draußen treue und ſtolze Botſchaft aus der Heimat zu bringen und zu den gaſtlichen Völkern als Unterpfand ſchönſter Ver⸗ ſtändigung und Freundſchaft Brücken zu ſchlagen, Brücken von Kultur zu Kultur, von Weſensgeſtaltung zu Weſensgeſtaltung, von Herz zu Herz. 5