— * ————ͤ—— Nr. 279 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Oienstag, 29. Novemper 1938 Der teuerſte Stoff der Erde. Im ganzen nur 350 Gramm Radium auf der Welt. Durch die Befreiung des Sudetengebietes haben wir auch Erdſchätze erhalten, die eine Steigerung der Nadiumproduk⸗ tion in 9 5 ſtellen. Dr. Freitag teilt dazu im„Deut⸗ ſchen Aerzteblatt“ u. a. mit: Rund 40 Jahre ſind ſeit der Entdeckung(1898) des geuerſten Stoffes der Erde durch das franzöſiſche Chemiler⸗ ehepaar Curie verfloſſen, etwa 800 g Radium dürften bis zum Ende des Jahres 1936 auf der Welt gewonnen worden ſein. Im Zeitraum von der Entdeckung bis 1914 ſind wahr⸗ ſcheinlich etwa 12g erzeugt worden, und der Preis ſtieg ſprunghaft von 15000 Mark im Jahre 1902 auf rund 750000 Mark kurz vor Ausbruch des Weltkrieges, hat in der Nachkriegszeit ſogar die Millionengrenze überſchritten und bewegt ſich heute um 150 000 Mark. Moderne Arbeits⸗ methoden, Verarbeitung hochwertiger Erze haben es ermög⸗ licht, den Radiumpreis in den letzten Jahren weſentlich zu ſenken, und damit wird es möglich, dieſes für die Krebs⸗ behandlung in den Kliniken unentbehrliche Heilmittel in ver⸗ ſtärktem Umfange heranzuziehen. Urſprünglich wurde Radium nur in Joachimsthal in Böhmen hergeſtellt und aus den dortigen Pechblende⸗ erzen von den Entdeckern im Jahre 1898 gewonnen. Die erſte Radiumfabrik der Welt erzeugt allerdings heute nur noch geringe Mengen, etwa 3 g ſollen im Jahre dort gewon⸗ nen worden ſein. Der Schwerpunkt der Erzeugung hat ſich ſeit der Entdeckung radioaktiver Erze im belgiſchen Kongo nach Belgien verſchoben, und die Belgier hatten zeitweiſe in den verfloſſenen Jahren ein unbeſchränktes Her⸗ ſtellungsmonopol. Die„Societe Generale Metallurgique des Haboken“ in Oolen⸗Belgien iſt die größte Radiumerzeugerin der Welt. Hier werden die Erze der„Union Miniere du Haut Katanga“ verarbeitet, in denen man im Jahre 1913 Radium entdeckte. Während früher relativ reiche Erze zur Verarbeitung kamen, ſodaß man zur Herſtellung von 1 g Radium nur 10 000 kg Erz aufzuarbeiten hatte, benötigt man heute 4050 000 kg Erz aus dem belgiſchen Kongo für die Herſtellung von 1 g des koſtbarſten Stoffes der Welt, und die Dauer der Herſtellung beläuft ſich immerhin auf 8 bis 9 Monate. Das wichtigſte Ereignis auf dem Radiummarkte ſeit Auffindung der Katangaerze ſtellt 1930 die Auffindun von Radiumvorkommen in Kanada dar, und die ſchnell entwickelte Radiuminduſtrie Kanadas konnte bereits 1936 24 g Radium liefern. Meſothorium, das deutſche Radium, wird in ſtei⸗ enden Mengen zwar aus einem ausländiſchen Rohſtoff, aber rch deutſche Arbeit in einer deutſchen Fabrik hergeſtellt. Sogenannter Monazitſand, der in rieſigen Lagern an der indiſchen Küſte aufgefunden wird, dient an Stelle der Pechblende für die deutſche Meſothoriumgewinnung. Für die Zwecke der Zer- und Chorfabrikation, beides Metalle, die für die Glühſtrumpffabrikation benötigt werden, wird Monazit⸗ ſand aufgearbeitet, und im Anſchluß an die Zer⸗ und Chor⸗ fabrikation wird nun das Meſothorium gewiſſermaßen als Nebenprodukt gewonnen, denn in 1 t(1000 kg) Monazitſand ſind nur 4 Millionſtel g Meſothorium enthalten, ſodaß eine Verarbeitung des Monazitſandes ausſchließlich zur Meſo⸗ thoriumgewinnung nicht lohnend ſein würde. Meſothorium und Radium ſind in ihrer biologiſchen Wirkung vollkommen gleichwertig, eine Tatſache, die vom Reichsausſchuß für Krebs⸗ bekämpfung ausdrücklich anerkannt wurde. Beſonderes Intereſſe beſitzen die deutſchen Radiumvorräte, die man mit etwa 18 bis 20 g anneh⸗ men darf, davon ſind 4 g Meſothorium und Ende 1937 etwa 14 bis 16 g Radium vorhanden, wovon 10 g für mediziniſche Zwecke Verwendung finden. Mit einer jähr⸗ lichen Meſothoriumgewinnung von 1 bis 2 g in Deutſchland darf gerechnet werden, und gewiſſe, wenn auch ſehr geringe Mengen Radium wird man in Zukunft in Deutſchland aus der Pechblende von Schmiedeberg gewinnen. Da im Radiumhandel meiſt nur Mengen von wenigen Tauſendſtel Gramm gehandelt werden, es aber gefährlich und dann auch recht ungenau ſein würde, dieſe Mengen auf hochempfindlichen Waagen abzuwiegen, bedient man ſich einer anderen Methode, um die Menge des abgegebenen Radiums feſtzuſtellen. Man mißt nach beſonderen Methoden die Inten⸗ 1 der abgegebenen Strahlung und berechnet aus dieſer s Gewicht der vorliegenden Radiummenge. Auferstenung des Mr. Jree n Un RALPH URBAN Inzwiſchen langte ein Mannſchaftswagen mit Poliziſten von Scotland Yard vor dem Haus an. Mit ihnen zu⸗ gleich kamen auch einige Telegraphenarbeiter aus London, welche die Wiederherſtellung der unterbrochenen Leitungen ſofort in Angriff nahmen. Der Wachtdienſt in Wembley wurde mit dieſer Stunde durch zwanzig Mann verſtärkt. Nachdem Robin mit ſeinen Beamten die üblichen Pro⸗ tokolle aufgenommen hatte, ließ er den toten Inſpektor Kent nach Scotland Yard überführen, während der er⸗ ſchoſſene Verbrecher in die Totenhalle von Wembley ge⸗ bracht wurde. Am Morgen ſollte er fotographiert und daktyloskopiert werden, und der Oberinſpektor war über⸗ zeugt, ihn auf Grund der Fingerabdrücke im Verbrecher⸗ album des Erkennungsamtes wiederzufinden. Der Zeiger wies bereits auf zwei Uhr morgens, als Robin ſich mit den beiden Sergeanten an den Schreibtiſch ſetzte, um Stück für Stück der Schriftſtücke aus dem Beſitz des ermordeten Dr. Taylor einer genauen Durchſicht zu unterziehen. Zweifellos 15 es der geflüchtete Einbrecher auf Papiere in der Schreibtiſchlade abgeſehen gehabt, denn die Beamten konnten keinen einzigen Privatbrief finden. In den Laden befanden ſich an Schriftlichem nur Rech⸗ nungen, Aufzeichnungen über Patienten, Krankengeſchich⸗ ten und wiſſenſchaftliche Arbeiten von der Hand des Arztes. Anter letztgenannten Blättern war auch ein nur zur Hälfte beſchriebener Bogen, der die Aeberſchrift „Tetanus“ trug, einige Notizen über Starrkrampfbazillen und Berechnungen enthielt, die dem Oberinſpektor ein paniſches Dorf bedeuteten. Wahrſcheinlich gerade deshalb eckte er das Papier in die Taſche. Er erinnerte 50 wieder daran, als er ſpäter in der Bibliothek des Dr. Taylor Nachſchau hielt und eine Reihe dicker Bände ent⸗ deckte, die ſich mit Starrkrampf befaßten. Im Ordinations⸗ zimmer fand Robin am Schreibtiſch einen Notizblock, der mehrere Adreſſen und Telefonnummern enthielt, und be⸗ N Der Weltvorrat an Radium belief ſich bis zum Jahre 1915 auf etwa 12 g, ſtieg dann ſprunghaft in der Nachkriegszeit bis auf 506 g im Jahre 1926. Von 1927 bis 1931 kamen allein 231 g Radium auf den Markt, in den Jahren 1932 bis 1934 nur noch 34 g, ſodaß ſich Ende des Jahres 1934 die Weltradiumvorräte auf 766 g ſtellten. Weiche Mengen Radium von 1934 bis 1937 an den Markt gekommen ſind, iſt nicht genau bekannt geworden, jedenfalls lind die Nadiumpreiſe in der letzten Zeit ſtark zurückgegangen, und man darf wohl annehmen, daß ſich der Weltvorrat Ende 1937 auf 850 g beläuft. i Das Haus unſerer Ahnen Die Urform des nordiſchen Hauſes entdeckt.— Brunnen aus der Steinzeit.— 3000 Jahre Pferdezucht in Norddeutſchland. NSK. Mitglieder der oldenburgiſchen Staatsregierung beſichtigten die Ausgrabungen des Amtes Vorgeſchichte der SDAp. am Dümmerſee und im Moor an der Hunte, wo unter Leitung von Reichsamtsleiter Profeſſor Reinerth ein Dorf der jüngeren Steinzeit aus⸗ gegraben wird. Da es ſich hier um den erſten Fund einer im Moor ſo gut erhaltenen Siedlung aus der früheren Zeit vor fünftauſend Jahren handelt, kommt den hier gemachten wiſſenſchaftlichen Feſtſtellungen beſondere Bedeutung zu. Vielfach hat ſich noch in den letzten Jahrtauſenden das Antlitz der deutſchen Landſchaft gewandelt. Nach dem Ab⸗ ſchmelzen des letzten Eiſes, das noch vor 20000 Jahren ganz Nordoſtdeutſchland bedeckte, hat das Klima in unſerem Vaterlande mehrfach gewechſelt. Trockenwarme Klimaepochen wechſelten mit feuchten und kälteren ab, und mit den Tem⸗ peraturſchwankungen änderte ſich auch der Waſſerſtand der Seen, die einſt als weite und umfangreiche Waſſerflächen den an ihren Höhen ſiedelnden Fiſchern und Jägern der mitt⸗ leren Steinzeit reiche Fiſchweiden und damit eine ausrei⸗ chende Ernährungsbaſis boten. Dann aber kam um das Jahr 5000 vor der Zeitrechnung jene trockene und warme Periode, in der die weiten Waſſerflächen verſumpften und die heutigen Niederungsmoore entſtanden, die beſonders im Gau Weſer⸗Ems ſo zahlreich ſind. Durch ſolche weiten flachen Moorebenen zieht auch das Flüßchen Hunte der Weſer zu. 1934 wurde ihr Lauf vom Reichsarbeitsdienſt reguliert, und dabei ſtieß man auf eine Reihe ſteinzeitlicher Funde: es waren Hirſchhornhaken und Feuerſteingeräte, die damals geborgen wurden und davon berichteten, daß hier einſt ein Dorf der jüngeren Steinzeit geſtanden haben mochte. Genauen Aufſchluß konnte aber nur eine ſorgfältige Ausgrabung erbringen. Wenn ſich das Reichsamt für Vorgeſchichte der NS. DAP. entſchloſſen hat, hier eine reichs wichtige An⸗ terſuchung durchzuführen, ſo waren dafür noch mancher⸗ lei andere Gründe maßgebend. Vor allem ließ der Reichtum an ſteinzeitlichen Funden aus der näheren und weiteren Um⸗ gebung den Schluß zu, daß es ſich hier um ein beſonders reich beſiedeltes Land unſerer heimiſchen Vorzeit handelt. Was uns bisher aus dem Heimatgebiet der nordiſchen Raſſe fehlte, war eine gut erhaltene Siedlung jener Menſchen, von denen wir im weſentlichen nur die großen Steingräber ken⸗ nen. Die Probegrabungen zeigten tatſächlich eine ſolche Gunſt der Fundumſtände, daß die größten Erwartungen berechtigt erſchienen. Im September und Oktober i Hefen nach dem Plan der Probegrabung, die die amtausdeh⸗ nung der Siedlung erkennen ließ, ein Drittel des Steinzeitdorfes freigelegt. Die Hoffnung, wie im Federſeemoor ſo auch hier die hölzernen Fun da⸗ mente von Bauernhäuſern der ful gut erhalten vorzufinden, hat ſich tatſächlich erfüllt. In dieſen Tagen haben bereits Tauſende von Beſuchern aus der nähe⸗ ren und ferneren Umgebung den hölzernen Schwellenunter⸗ bau und damit auch den Grundriß eines rechteckigen Holz⸗ hauſes jener Menſchen beſichtigen können, die vor nunmehr 5000 Jahren nicht nur die rieſigen Felsblöcke in einer gro⸗ zen Gemeinſchaftsleiſtung zu unſterblichen Denkmälern ihrer Zeit aufrichteten, ſondern auch die Urform jenes Wohnhau⸗ ſes ſchufen, das ein Jahrtauſend ſpäter maßgebend für die ganze europäiſche Wohnkultur werden ſollte. Die nordiſchen Eroberer, die um 1800 nach Griechenland hinabſtiegen, hat⸗ ten auch das rechteckige Haus mitgebracht und durchgeſetzt. Aus ihm entſtand ſchließlich der griechiſche Tempel, der ohne die hölzerne Vorform in Mitteleuropa undenkbar wäre. Bis⸗ her aber fehlte uns noch der letzte Beweis dafür, daß dieſes lchloß, im Laufe des kommenden Tages darüber Nach⸗ forſchungen anſtellen zu laſſen. Sonſt ergab ſich nichts Beſonderes bei der Durchſuchung des Hauſes, ſie währte aber bis 7 Uhr früh. Um dieſe Zeit ſchlug der übernäch⸗ tigte Oberinſpektor den beiden Sergeanten vor, mit ihm in den Gaſthof frühſtücken zu gehen. An der Straßenecke ſtießen ſie mit einem atemloſen und verſtört ausſehenden Mann zuſammen. Robin erwiſchte ihn gerade noch beim Rockkragen, riß ihn herum und hinlaufe. „Zu den Herren von Scotland Yard in die Villa des Dr. Taylor“, brachte der Mann, nach Luft ſchnappend, mühſam hervor. 5 „Das ſind wir“ ſagte der Oberinſpektor,„was wollen Sie und wer ſind Sie?“ 5 „Ich bin der Totengräber und Friedhofswächter von Wembley. Man hat aus dem Totenhaus eine Leiche ge⸗ tohlen.“ d ase. brüllte Robin,„welche Leiche?“ -Die des Mannes, der heute nacht von der Polizei er⸗ ſchoſſen wurde.“ Beſtürzt ſahen ſich die drei Detektive an. Dann ſagte Sergeant Mackenzie:„Diesmal iſt der Teufel los.“ Und er hatte recht. 13. Kapitel. Schon in den erſten Vormittagsſtunden dieſes Donners⸗ tags wimmelte es in Porters Hall und Wembley von Reportern. Robin hakte ſeinen Leuten Anweiſung ge⸗ geben, die Zeitungsleute äußerſt entgegenkommend zu be⸗ handeln, er ſelbſt empfing ſie mit ſeltener Liebenswürdig⸗ keit, tat geheimnisvoll und ſagte jedem, er würde ihn zu⸗ erſt verſtändigen, ſobald die entſcheidende Wendung ein⸗ zutreten verſpräche. Dafür erſuchte er um eine freundliche Preſſe, worin die letzten bedauerlichen Vorfälle nicht dem Verſagen von Scotland Pard zuzuſchreiben wären. Mittags wurde Inſpektor Barton, der nach ſeiner Ver⸗ wundung zunächſt in Porters Hall untergebracht worden war, mit einem Krankenwagen nach London überführt. Die Männer von der Zeitung ließ man wiſſen, es ginge mit ihm zu Ende. Als man ihn auf einer Bahre hin⸗ untertrug, trat in der Halle Miß Adlercreuz 55 und legte dem verwundeten Inſpektor wortlos einen Blumen⸗ herrſchte ihn an, wo er Haus auch wirklich dort entſtanden iſt, wo die Volksheimat der nordiſchen Völker liegt. Aus Süddeutſchland, Oſtpreu⸗ ßen und Mähren kennen wir bereits zahlreiche Beiſpiele nor⸗ diſcher Hausbauten, die die Brücke vom griechiſchen Tempel zum nordiſchen Urhaus in Norddeutſchland erkennen laſſen. Das nordiſche Urhaus aber fehlte uns noch, bis es in dieſen Tagen im Huntemoor am Dümmerſee durch die Ausgrabungen des Amtes Vorgeſchichte endlich in einem guterhaltenen Exemplar vorgefunden wurde. Ueber die Wirtſchaftsform und die Lebensgewohnheilen der Großſteingräberleute, die hier einſt ihre Häuſer am Ufer der alten Hunte errichteten, geben uns zahlreiche Kleinfunde Aufſchluß. In den wenigen Wochen der erſten Ausgra⸗ bungsperiode ſind allein über 30 große Kiſten mit Funden geborgen worden. Zwar enthalten ſie meiſtens lediglich Kno⸗ chen, in denen wir Speiſereſte zu erblicken haben, und Ab⸗ ſchläge von Feuerſteinen, die bei der Herſtellung von Werk⸗ zeugen aus dieſem damals beliebten und meiſterhaft gehand⸗ habten Werkſtoff als Abfall fortgeworfen wurden. Daneben aber fanden ſich Geräte aus Ton, Knochen, Hirſchhorn, Fels und Feuerſteinen, die die handwerkliche Kunſtſertigkeit un⸗ ſerer bäuerlichen Vorfahren vor 40005000 Jahren zeigen. Die Tierknochen geben uns ein intereſſantes Bild von jener Zeit, die Reſte der Jagdbeute überwiegen gegenüber den Ueberbleibſeln der Haustiere. An erſter Stelle ſtehen zahlen⸗ mäßig nach den Funden außer dem Ochſen der Elch, das Wildſchwein und der Bär, während bei den Haustieren wiederum eine aufſehenerregende Feſtſtellung gelang. Zum erſtenmal ſteht zahlenmäßig das Pferd an erſter Stelle, während Rind, Schwein und Schaf ſpärlicher vertreten ſind. Die zierlichen Hufe der kleinen germaniſchen Pferderaſſe und zahlreiche andere Knochen deuten darauf hin, daß wir uns hier in Nordweſtdeutſchland im Heimatgebiet der älte⸗ ſten Pferdezucht unſeres Kontinents befinden. Als dritte unerwartete Neuentdeckung gelang dem Aus⸗ grabungsleiter Profeſſor Reinerth ſchließlich die Aufdeckung der erſten jungſteinzeitlichen Brunnen, die als trichterförmige breite Löcher durch den torfigen Boden bis hinunter in den ſandigen Grund gegraben wurden, aus denen klares Grundwaſſer gewonnen werden konnte. Die Rän⸗ der der Brunnen ſind mit Lehm verkleidet. Mit Spannung verfolgt beſonders die Bevölkerung der Nachbarſchaft den Fortgang dieſer Arbeiten. Sie lenken un⸗ ſeren Blick auf fünf Jahrtauſende bodenſtändiger Kul⸗ turtradition. Denn ſeit die Steinzeitbauern in dieſen flachen Niederungen an der Hunte Vieh- und beſonders Pferde⸗ zucht betrieben, ſeit ſie hier Weizen und Flachs, deſſen Samen zum erſtenmal im nordiſchen Kulturkreis der Steinzeit in der Siedlung an der Hunte entdeckt wurde, anbauten, haben ſich dieſe bäuerlichen Grundlagen der Wirtſchafts⸗ und Lebens⸗ form wenig verändert. Ebenſo blieben die raſſiſchen Grund⸗ lagen der Bevölkerung dieſelben. Das deutet der jüngſte Fund aus dem Moordorf an der Hunte an, der erſt ſoeben geborgen werden konnte. Es handelt ſich um einen menſch⸗ lichen Unterkfefer, der mit ſeinem vorſpringenden Kinn und den breitausladenden Kieferäſten Merkmale der fäli⸗ ſchen Raſſe zeigt. Niederſachſen erſcheint auch durch dieſe Ausgrabung als germaniſche Kernlandſchaft des Deutſchen Reiches, deſſen älteſte Volksgeſchichte mit den Bauern der Steinzeit begann. J Mannheimer Getreidegroßmarkt v. 28. Nov. Sämtliche Notierungen unverändert. Frankfurter Getreidegroßmarkt v. 28. Nov. Amtlich notierten: Weizen Feſtpreisgeb. We 9 20,20, W 11 20,40, W'ö 12 20,50, Wl 13 20,60, W' 16 20,90, We 18 21,10, W'ü19 21,30, Wä 20 21,50; Roggen Feſtpreisgeb. N 11 18,70, R 12 18,80, R 14 19, R 15 19,10, R 16 19,30, R 17 19,40, R 18 19,50, R 19 19,70; Weizenmehl, Type 812, Feſtpreisgeb. W 13, 16, 18, 19 und Kreis Alzey 20 29,35, Kreis Worms 20 29,70; Roggenmehl, Type 997, Feſtpreisgeb. R 12 22,45, R 15 22,80, R 16 22,95, R 18 23,30, R 19 23,50; Weizenfuttermehl 13,60; Weizenkleie Feſtpreisgeb. W 13 10,75, W 16 10,90, W 18 11, Wᷣ 19 11,10, Wü 20 11,20; Roggenfuttermehl Feſtpreisgeb. R 19 12,50; Roggenvollkleie Feſtpreisgeb. R 19 11; Roggenkleie Feſtpreisgeb. R 12 9,95, R 15 10,15, R 18 10,25, R 18 19,40, R 19 10,50; Wieſenheu 5,20 bis 6,20; Klee⸗ und Luzerneheu 7 bis 7,50; Weizenſtroh 2,80; Roggenſtroh 3; Hafer⸗ und Gerſtenſtroh 2,60 bis 2,70 Mark. ſtrauß auf die Decke. Barton wurde ganz rot im Geſicht und dankte getreu ſeiner Rolle, nur mit einem warmen Blick, Seine Ueberführung endete in der Aufnahmekanzlei des Polizeilazarettes. Dort bekam ein am Morgen ein⸗ gelieferter Schutzmann, der im Dienſt von einem Auto niedergeſtoßen war, zu ſeinem Erſtaunen eine Kopftafel mit der Aufſchrift„Inſpektor Barton“, während der wirk⸗ liche Barton den Tag auf dem Diwan eines der Aerzte⸗ zimmer verbrachte, um am Abend heimlich in die Woh⸗ nung des Sergeanten Cock zu überſiedeln. Inzwiſchen walteten die Beamten in Porters Hall ihres Amtes. Sergeant Cock ſteckte als getreuer Unter⸗ gebener und Mitarbeiter ſeines Inſpektors überall die Naſe hinein, damit ihm kein Fortſchritt in der Unter⸗ ſuchung entging und er am Abend Barton Neues bringen konnte. Da die Amtshandlung gerade wieder einmal unintereſſant wurde, begab ſich der Sergeant vor das Haus, um ſich von der jungen Frühlingsſonne beſcheinen zu laſſen. Er ſchlenderte um das Gebäude herum, bis er an der Stelle anlangte, wo am Montag im Gras das Mordwerkzeug gefunden worden war. Dort blieb er tehen und blickte ſinnend zu den Fenſtern hinauf, hinter denen ſich das geheimnisvolle Drama jener Schreckensnacht ab⸗ geſpielt hatte. „Warum warf der Mörder den. zum Fenſter hinaus?“ ſtellte 0 Cock ſelbſt die Frage.„Er mußte doch wiſſen, daß man die Mordwaffe hier finden würde. Sollten die Fenſter offen geweſen ſein, dann könnte man an eine Impulshandlung denken. Sie waren aber geſchloſſen und der Mörder machte ſie erſt nach der Tat auf. an mordet nicht bei offenem Fenſter! Warum alſo warf er den Haken hinaus? Sollte er vielleicht noch etwas anderes— Der Sergeant hatte Glück. Kaum gedacht, gewahrte er einen in der Sonne blitzenden Gegenſtand im Gras liegen. Sofort ſprang der junge Beamte darauf zu und hob ein leeres Glasfläſchchen von der Art auf, wie man ſie für Medizin verwendet. Den Gammel enen führte ex es zur Naſe und konnte einen bitteren Geruch wahr⸗ nehmen. 1 verſchloß Cock wieder das Fläſchchen, ſteckte es in die Weſtentaſche und begab ſich nach der Vorderfront des Hauſes zurück. Dann verabſchiedete er lich kurz von Robin, beſtieg ſein Motorrad und rauſchte mit Vollgas davon. ** (5. Fortſetzung.) Die großen Schandflecke des Jahrhunderts ſind die Eutfeſſelung des Weltkrieges und die Friedensdiktate. Es iſt an dieſer Stelle von Schandflecken die Rede, die in kinigen Staaten überhaupt geleugnet, von anderen nur als Schönheitsfehler betrachtet werden: von dem Mädchen⸗ handel, der Sklaverei und dem Kinderhandel. Bisher wurde der Beſweis geführt, daß es Mädchenhandel tat⸗ ſächlich noch gibt, vor allem im Fernen Oſten. Aber auch in Europa und mehr noch in Südamerika iſt er keine Seltenheit. Mit welchen Mitteln der„Caften“ arbeitet, wurde ebenfalls gezeigt. Auch die Sklaverei blüht in eini⸗ gen Erdteilen, trotz Antiſklavereikonvention und obgleich in der Genfer Kommiſſion gegen die Sklaverei alljährlich von den Mitgliedsſtaaten der Nachweis geführt wird, daß dieſe Kulturſchande ausgerottet ſei. Das klaſſiſche Land der Sklaverei iſt heute noch Arabien. Bis zur Eroberung Abeſſiniens durch die Italiener blühten auch dort Sklaven⸗ jugd und Sklavenhandel. In Sierra Leone und in Liberia gibt es auch heute noch Arbeitsverhältniſſe, die an Skla⸗ verei erinnern, und ſchließlich wurde mit der Einführung der Dienſtpflicht in den franzöſiſchen Kolonien ein Zuſtand geſchaffen, der immerhin einige Aehnlichkeit mit Skla⸗ verei hat. Die Dienſtpflichtigen waren geflüchtet. Es wieder⸗ holte ſich die aus der Zeit der Sklavenjäger übliche Er⸗ ſcheinung. Zappa berichtet, daß der Gouverneur der eng⸗ liſchen Kolonie Nigeria in einem amtlichen Bericht die Zahl der vor dem Militärdienſt in der franzöſiſchen Armee allein in ſeine Kolonie geflüchteten Neger auf zwei Mil⸗ lionen ſchätzt. Alljährlich werden 30000 Neger aus Franzöſiſch⸗ Weſtafrika in Frankreichs ſchwarze Armee eingeſtellt, doch iſt die Zahl der Tauglichen trotz des ſchlechten Geſund⸗ heitszuſtandes der Neger dieſer Gebiete erheblich höher. Dieſe Ueberzähligen ſtehen zur Verfügung der Kreiskom⸗ miſſare und werden für„koloniale Arbeiten und Wohl⸗ fahrtseinrichtungen“ verwandt. Zappa kennzeichnet dieſe Einrichtungen mit folgenden Worten:„Ein eleganter Ausdruck, unter dem ſich eine neue Art von Sklaverei ver⸗ birgt. Und wirklich erhalten dieſe Neger für ihre Mühe⸗ waltung, die ſicher nicht freiwillig iſt, einen Arbeitslohn von 1,30 Franken am Tage“(etwa 9 Pfennig. D. Verf.). Schwarze Arbeiter geſucht In der Völkerbundskommiſſion für den Sklaven⸗ handel kann Frankreich heute mit gutem Gewiſſen be⸗ haupten, daß es Sklavenjägerei, Sklavenhandel und Skla⸗ venhalterei bei den Eingeborenen bis zum äußerſten be⸗ kämpft. Auch die weißen Herren reſpektieren die Verträge. Damit dieſe Erklärung alljährlich reinen Gewiſſens ab⸗ gegeben werden konnte, mußten erſt gewiſſe Mißſtände beſeitigt werden. Dieſe Mißſtände hatten ſich aus den ſogenannten freiwilligen Arbeitsverträgen entwickelt, die wiederum ein weſentlicher Beſtandteil der Konzeſſionen in den Kolonien Zentralafrikas waren. Als dieſe Konzeſſionen um die Jahrhundertwende, juſt in dem Augenblick, als die Kolonialtruppen gegen ſchwarze Sklavenjäger eingeſetzt wurden, von der fran⸗ zöſiſchen Regierung eingeführt wurden, geſchah es, um die Weißen und vor allem das Kapital in die Kolonien zu locken. Die Entwicklung der Kolonien war jedoch unmög⸗ lich, wenn nicht ein anderes Problem gelöſt wurde. Weiße allein können Afrika nicht erſchließen; ſie brauchen ſchwarze Arbeiter. So enthielten die Konzeſſionen immer das Recht der Arbeiteranwerbung. Hieraus entwickelten ſich jene Mißſtände, die erſt im Jahre 1930 beſeitigt wurden. In Genf war nun die Erklärung des franzöſiſchen Vertreters, daß es in franzöſiſchen Kolonien keine Sklaverei gebe, über alle Zweifel erhaben. Jene freiwilligen Arbeitsverträge kamen in einer Weiſe zuſtande, die ſehr ſtarke Aehnlichkeit mit der Skla⸗ venjägerei hatte: Es wurden weiße Werber in die Dörfer geſchickt. Daß ſie es zuerſt mit Ueberredung verſuchten, ſei zugegeben. Es fehlte nicht an Verſprechungen. Sehr bald waren jedoch die wenig erfreulichen Erfahrungen der Angeworbenen überall in jenen Gebieten bekannt gewor⸗ den, wo die Neger angeworben wurden. So wußten die meiſten, daß das verſprochene Handgeld nicht gezahlt wurde, nicht die verſprochenen Löhne, und daß die Be⸗ handlung durch die weißen Herren nicht den niedrigen Erwartungen entſprach, die ein Neger zu ſtellen ge⸗ wohnt iſt. Widerſpenſtige werden gezähmt Die im Anfang wirklich freiwilligen Arbeiter erkann⸗ ten bald, daß der Arbeitsvertrag ihnen jenen Zuſtand ge⸗ bracht hatte, den die weißen Herren als Sklaverei be⸗ kämpften. Sie warnten ihre Raſſegenoſſen. Für die Wer⸗ ber der Konzeſſionen wurde es nun immer ſchwieriger, freiwillige Arbeiter zu finden. Nicht einmal Beſtechung der Häuptlinge führte zum Ziele. Wenn die Werber in den Dörfern erſchienen, fanden ſie entweder die arbeits⸗ fähigen Männer geflüchtet, oder aber die Neger weigerten ſich ſtandhaft, einen Arbeitsvertrag zu unterſchreiben. Nun konnte das Kapital der Geſellſchaften nur dann Zinſen tragen, wenn die Plantagen bewirtſchaftet wurden und reiche Erträge lieferten. Vorausſetzung hierfür war jedoch ein Arbeiterheer, das wenig koſtete. Nur aus Ne⸗ gern konnte ſich das Heer rekrutieren, und deshalb erhiel⸗ ten die Werber den Auftrag, koſte es, was es wolle, Neger herbeizuſchaffen. Und ſie ſchafften ſie herbei. Wer nicht freiwillig kam, wurde geholt. Die Ueberredung im Trunk gehörte noch zu den harmloſeſten Mitteln. Die ſechwarzen Sklavenjäger hatten ganze Dörfer umſtellt und die Neger aus den Hüt⸗ len weggeſchleppt, Dörfer niedergebrannt und die Wider⸗ ſpenſtigen erſchlagen. Die weißen Werber verfuhren nicht viel glimpflicher. So wurde dafür geſorgt, daß die Kon⸗ e ate Sue, Te benl, ie, de 25 zeſſionsgeſellſchaften für ihre Wälder und Plantagen im⸗ mer Arbeiter hatten. Es iſt wahr, daß ſich die Plantagen entwickelten, die Konzeſſionen bezahlt machten, daß ſogar Kolonien wie Franzöſiſch⸗Kongo aufblühten. Im übrigen hatten die Geſellſchaften an die franzöſiſche Regierung einen ent⸗ ſprechenden Teil des Gewinnes abzuführen. Damit ſoll nicht behauptet werden, daß ſie das Treiben der Geſell⸗ ſchaften gekannt hat. In jüngſter Zeit konnte man in einem Bericht eines franzöſiſchen Reiſenden leſen, daß er auf ſeiner Reiſe durch Franzöſiſch⸗Kongo viele Dörfer verlaſſen vorgefunden hatte. Männer und Frauen waren auf den Plantagen der Weißen beſchäftigt. Ob ſie freiwillig gekommen waren, wollte er wiſſen. Aber er erhielt zur Antwort:„Wir ſind gekommen, weil ſonſt unſer Dorf abgebrannt wäre.“ Im Dienſte von Wohlfahrtseinrichtungen Seit 1930 beſtehen die Konzeſſionen nicht mehr, und ſomit gehören auch die freiwilligen Verträge der Vergan⸗ genheit an. Frankreich kann in der Antiſklavereikommiſ⸗ ſion ruhigen Gewiſſens erklären, daß in ſeinen Kolonien die Sklaverei in jeder Form abgeſchafft ſei. Kenner ver⸗ weiſen dann allerdings auf einen kleinen Schönheits⸗ fehler. Es beſtehen an Stelle der freiwilligen Arbeits⸗ verträge unfreiwillige. Sie wurden durch ein Geſetz geſchaffen und ſind des⸗ halb Recht; Neger, die durch ein Geſetz zu gewiſſen Lei⸗ ſtungen gezwungen werden, ſind deshalb nicht rechtlos— und das iſt ja für die juriſtiſche Feſtlegung des Begriffes Sklaverei erforderlich. Jeder Neger, der ſeiner Militärpflicht nicht genügen kann, und jeder Eingeborene, der ſich von der Bezahlung der Steuern drückt, wird aufgegriffen. Er wird für„kolo⸗ niale Arbeiten und Wohlfahrtsein richtungen“ eingeſpannt. Zappa behauptet, wie geſagt, daß ſich hinter dieſem Aus⸗ druck eine neue Form der Sklaverei verbirgt. Die Neger bauen Straßen und Bahnen. Im„Petit Pariſien“ wurde einmal erzählt, welches Los dieſe im Dienſte der„Wohlfahrtsein richtungen“ ſtehenden Neger erwartet:„Die Schiffe, die die Neger an ihren Beſtim⸗ mungsort bringen, könnte man paſſend Leichenwagen nennen und die Werkſtätten Maſſengräber. Die Arbeits⸗ gruppe in Bribingui hat 75 v. H. ihres Beſtandes ver⸗ loren; die in Likonale⸗Moſſaka, die aus 1250 Männern beſtand, ſchmolz auf 429 zuſammen. Von Ueſſo am Sangna waren 174 Männer aufgebrochen, von denen 80 bis nach Brazzeville und 69 an die Arbeitsſtelle gelangten. Drei Monate ſpäter lebten noch 36.“ Zappa, der dieſes Zitat verwendet, fügt noch hinzu, daß der Bau der 500 Kilo⸗ meter langen Eiſenbahnſtrecke von Brazzeville bis Pointe noir(Franzöſiſch⸗Kongo) 17000 Menſchen gekoſtet hat, jede Schwelle einen. Geſetz iſt Geſetz, und Vertrag bleibt Vertrag. Nur Böswilligkeit kann von Sklaverei ſprechen, wo Arbeits⸗ kontrakte vorliegen. Werber, wie ſie unter der franzöſi⸗ ſchen Konzeſſion noch möglich waren, würden heute jede Kolonialmacht bloßſtellen. Und Koloniſationsgeſellſchaften oder Farmer, die Neger mit Gewalt aus ihren Dörfern holen, gibt es wirklich nicht. In allen Kolonien werden regelrechte Arbeitsverträge geſchloſſen. Nun gibt es auch heute genug Gegenden in Afrika, die von den Miſſionen noch nicht erfaßt ſind. Dort ſind Schulen unbekannt, und ſo können die Neger weder leſen noch ſchreiben. Wenn ſie mit dem Farmer einen Arbeitsvertrag ab⸗ ſchließen, dann muß ihnen der Herr den Vertrag vorleſen. Und ihr Einverſtändnis mit dem, was zwiſchen dem wei⸗ ßen Herrn und dem Neger Rechtens ſein ſoll, bekräftigen ſie mit einem Kreuz, das ſie unter den Vertrag malen. Der Neger zieht mit Weibern und Kindern auf die Farm, um dem Herrn zu dienen. Verträge werden abgeſchloſſen Es war ihm verſprochen worden ausreichende Nah⸗ rung, ja ſogar etwas Geld. Der Herr war überhaupt großzügig, denn er verſprach eine kurze Arbeitszeit und leichte Arbeit, und kümmern wollte er ſich auch um jeden Arbeiter, wenn es ihm ſchlecht ergehen ſollte. So ſtand es im Vertrag, ſo wurde es vorgeleſen und— durch Unterſchrift anerkannt. Sklaven ⸗ Auktion. Ver⸗ ſteigerung afrikaniſcher Neger in den Südſtaaten von USA. Eine zeitgenöſſiſche Dar⸗ ſtellung aus dem Jahre 18885. Die Sllaven wurden auf den Märkten feilgeboten und regelrecht angeprie⸗ ſen wie die Pferde noch in heutiger Zeit. Dieſes Verfahren iſt heute, wo ſich die Sklaverei trotz aller Geſetze erhalten hat, nicht mehr angängig. Heute vollzieht ſich der Verkauf von Sklaven— abgeſehen vielleicht von Arabien— pöllig verbor⸗ gen vor der Oeffent⸗ lichkeit. Aufnahme: Archiv Bruker(M). eee. 2 5 n, le ce Die Wirklichkeit ſieht anders aus. Der Neger erhält überhaupt keinen Lohn. Er bekommt eine Ernährung, die ihn kaum ſatt macht. Er muß arbeiten von Sonnenauf⸗ gang bis Sonnenuntergang, und der Herr kümmert ſich nicht um ihn, wenn er erkrankt, er zwingt ihn zur Arbeit, bis er zuſammenbricht. Der Neger beruft ſich auf den von ihm unterſchriebenen Vertrag.„Dein Vertrag— du weißt wohl nicht, was du unterſchrieben haſt?? 8 Dann wird der Vertrag hervorgeholt und vorgeleſer. In der Tat, es ſteht darin kein Wort von ausreichender Ernährung, nichts von einem Geldlohn und kurzer Ar⸗ beitszeit, ſondern von langer Arbeitszeit, von wenig Ver⸗ pflegung und harten Strafen, falls der Neger den Ver⸗ trag brechen ſollte. Iſt der Zorn des weißen Herrn nicht berechtigt? 5 In dieſen Kolonien iſt es üblich, daß den Negern nicht jene Beſtimmungen verleſen werden, die wirklich im Vertrag ſtehen, ſondern ein Text, den der weiße Herr für ſolche Fälle bereithält. Was der Neger unterzeichnet, macht ihn völlig rechtlos und liefert ihn ſeinem Herrn völlig aus. Es iſt kein Wunder, daß in dieſen Kolonien die Sterblichkeit unter den ſchwarzen Arbeitern erſchreckend hoch iſt. Von Sklaverei kann man jedoch in dieſem Fall nicht ſprechen, weil ja rechtsgültige Verträge vorliegen. Und wenn ſchließlich Farmen angeboten werden, nicht ohne daß der Verkäufer nicht vergißt, darauf hinzuweiſen, daß in den Verkauf die ſchwarzen Arbeiter, an die auf Jahre hinaus kein Lohn zu zahlen ſei, eingeſchloſſen ſind, ſo wird behauptet, daß Sklaverei etwas ganz anderes ſei. Deutſchland hat, ſolange es Kolonialmacht in Afrika war, nicht nur die ſchwarzen Sklavenjäger bekämpft und die Sklavenhaltung der Neger ausgerottet, ſondern auch jede verſteckte Sklaverei durch Kontrolle der Arbeitsver⸗ träge uſw. verhindert. Es iſt ein Hohn auf die Gerechtig⸗ keit, wenn das Verſailler Diktat behauptet, daß Deutſch⸗ land nicht imſtande ſei, die Herrſchaft über Neger aus⸗ zuüben, wo heute noch die verſteckte Sklavenhaltung der weißen Herren in anderen Kolonien zu den Gepflogen⸗ heiten gehört. Mädchen werden verkauft Von den Mui⸗Tſai, den„kleinen Schweſtern“, war bereits im Zuſammenhang mit dem Mädchenhandel die Nede. Der Brauch iſt vor allem üblich in Südchina, Singapore, Hongkong und den Malaienſtaaten, und er wird von der britiſchen Regierung, ſoweit er in ihrem Machtbereich in Erſcheinung tritt, bekämpft. Getreu dem Grundſatz, fremde Sitten zu reſpektieren, ſofern keine Schädigung der eigenen Intereſſen zu befürchten iſt, be⸗ ſchränkt ſich dieſe Bekämpfung jedoch auf Beeinfluſſung und Ausübung einer Kontrolle in Form von Lizenzen Ehepaare, die eine„kleine Schweſter“ adoptieren wollen, müſſen ſich in ein Regiſter eintragen laſſen. Etwa 2500 „kleine Schweſtern“ waren im letzten Fahre in Hongkong regiſtriert; aber Kenner wiſſen, daß allein in der Kron⸗ kolonie ihre Zahl mindeſtens 10 000 beträgt. Die„Mui⸗Tſai“ iſt eine beſonders abſcheuliche Form der Sklaverei, weil ihre Opfer Kinder und ausſchließlich Mädchen ſind. Außerdem handelt es ſich um eine vom Geſetz geduldete Beſchränkung der Freiheit des Opfers. Zwang oder gar Raub werden aber nicht angewandt, ſon⸗ dern es handelt ſich um ein Geſchäft. Die Eltern eines Mädchen im Alter von zehn bis vierzehn Jahren erhalten von einem Ehepaar ein Dar⸗ lehn und verpfänden dafür ein Mädchen. Dieſer Brauch in der urſprünglichen Form hatte nicht allzuviel mit Sklaverei zu tun, ſondern war nichts weiter als eine der landesüblichen Verdingungen. Davon iſt heute kaum noch die Rede, vielmehr muß die„Mui⸗Tſai“ dem Beſitzer in jeder Beziehung dienen. Die„Mui⸗Tſais“ können das Dienſtverhältnis niemals löſen; dazu ſind nur die Eltern imſtande. Das Darlehn beträgt etwa zwanzig chineſiſche Dollar. Dafür müſſen monatlich ein bis eineinhalb Dollar Zinſen gezahlt werden. Nun fällt es einer armen chine⸗ ſiſchen Familie ſchwer genug, allmonatlich einen Dollar zu erübrigen. Niemals gelingt es jedoch, das ganze Dar⸗ lehn zurückzuzahlen. Die Unterſuchungen der britiſchen Behörden haben ergeben, daß in der Regel für ein ſolches Darlehn bis zu 150 Dollar Zinſen gezahlt werden. (Fortſetzung folgt.) 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