N Nr. 153 Neckar⸗Bote(2. Blatt) OSienstag, 4. Juli 1939 Amerikaniſche Rieſenexpedition für die Antarktis ö Will man erforſchen oder erobern? Es geht um drei Millionen Quadratmeter— Admiral Byrds Blankovollmacht Die USA. haben, wie berichtet wird, einen vertrau- lichen, leider(leider— für die USA.) bekanntgewordenen; Beſchluß gefaßt, im Oktober, alſo zu Beginn des Südpol⸗ ſommers, eine Rieſenexpedition in die Antarktis zu ent⸗ ſenden, um die Welt endgültig hier vor vollendete Tat⸗ ſachen zu ſtellen. Das noch nicht„verteilte“ Gebiet in der; Antarktis ſoll nun angeblich ohne weiteres annektiert werden, um ſo einem Zugriff von anderer Seite unter allen Umſtänden zuvorzukommen. Mit Flugzeugen und Motorſchlitten will man amerikaniſche Flaggen in alle wichtigeren Teile der Antarktis tragen, um ſo keinen Zweifel daran zu laſſen, was man eigentlich will— nicht wiſſenſchaftliche Forſchungsarbeit, ſondern Eroberung! Schon vor einem Jahr war ein Senatskomitee einge⸗ ſetzt worden, das unter allen Umſtänden das Problem Antarktis in einer für die USA. vorteilhaften Form zur Löſung bringen ſollte. Man hatte die Berichte des Ad⸗ mirals Byrd vorliegen. Auch hatte Ellsworth neue Unter⸗ lagen herbeigebracht und neues Terrain zur Kenntnis ge⸗ nommen und annektiert— jedenfalls nach ſeiner Auf⸗ faſſung, auch wenn ſich ſeine Gebiete ein wenig mit denen überſchnitten, die von anderen ſchon früher betreten und. beanſprucht worden waren. Dieſes Komitee trat nun vor einigen Tagen zuſammen und nahm einen Vortrag Byrds zur Kenntnis, der darauf verwies, daß nicht nur er, ſondern auch andere Kenner der! Antarktis davon feſt überzeugt ſeien, daß dieſes weiße! Land Schätze berge. Es lohne ſich alſo— reinen Tiſch zu machen und alles zu beſchlagnahmen, wos noch zu holen ſei. Cs gehe da vor allem um das ſogenannte Niemands— land, das amtlich von niemandem beanſprucht worden ſei, wo bis jetzt niemand ſeine Flagge ſo aufgeſteckt habe, daß die USA. davon Kenntnis nehmen müßte. Rund drei Mil⸗ lionen Quadratmeter ſeien es. Es habe ſchon einen Sinn, eine neue Expedition auszuſchicken.. Er hatte dabei beſonders das ſogenannte Palmer⸗ land im Auge, das der Südſpitze von Südamerika gegen- überliegt. Vom Palmerland ausgehend— in der Breite von Amerika— ſo hatte man ſich das ausgerechnet und. auf den Karten abgeſteckt. Man tippte auf dieſe Karte für die nächſte Expedition, weil man hier recht genaue An⸗ gaben vorliegen hatte— in bezug auf den Kohlen⸗ und Oelreichtum. Byrd hat der Kommiſſion, vor der er ſprach, und die er zu überzeugen hatte, wie man erfährt, erklärt, daß er und ſeine Leute Kohlen und Oel in großer Menge entdeckt hätten. Die kohlenführenden Schichten ſind angeblich in eine Bergflanke eingelagert, die nur 400 Meilen dom Südpol entfernt liegt. Aber die Bergung iſt, wie es heißt, einfach, der Abtransport eine Kleinigkeit, ein techniſches Problem, das als Kinderſpiel angeſehen werde. Mußten derartige Worte nicht beſtechen? Das Er⸗ gebnis zeigte ſich, als Byrd mit einer Blankovollmacht aus der Sitzung kam und ſofort mit den ſehr großzügigen Vorbereitungen begann. Wenn die Amerikaner ſonſt ſagen, es handle ſich um das„größte Unternehmen der Welt“, iſt man bekanntlich immer ein wenig ſkeptiſch. Hier ſcheint es möglich, daß ſie mit ihrer Rekordangabe recht behalten, denn bisher wur⸗ den ja keine Rieſenexpedititionen nach dem Südpol auf den Weg gebracht. Man rechnet alſo nach den bekannt⸗ gewordenen Einzelheiten mindeſtens mit ſieben Schiffen, die mindeſtens 300 Perſonen mitführen ſollen. An Bord der Schiffe werden ſich außer den Motorſchlitten eine An⸗ 5 8 de Womd tung ROMAN VON ANNA ELI SASEF WIE 8 Das Eßzimmer iſt das immer halbdunkle große Ber⸗ liner Zimmer, das notgedrungen allen Mietern zur Ver⸗ fügung ſteht, da es der einzige Durchgang iſt. Es wird aber von niemand benutzt; nicht einmal von Frau Boß⸗ hardt, wenn ſie nicht gerade Beſuch hat; im allgemeinen ißt ſie mit Lotte in der Küche. „Um Gottes willen— in der düſtern Pracht? Da fürchte ich mich! Ich denke, am beſten bei mir.“ Mara ſtimmt zu. Es iſt hübſcher und geräumiger als bei ihr, wo noch obendrein die naſſen Sachen zum Trocknen herumhängen; Reinhold hat ſich die Freiheit geſtattet, die ſeinen ins Badezimmer zu ſchaffen. Zwar, die Loggia iſt ziemlich überſchwemmt, und ſie müſſen ſo⸗ gar die Tür ſchließen, um die feuchtkalte Luft abzuhalten, aber auf dem Sofa ſitzt es ſich herrlich, trotz einer ge⸗ ſprungenen Feder, die bei jeder Bewegung einen kläglich quietſchenden Ton von ſich gibt. „Darf ich mich neben Sie ſetzen?“ fragt Reinhold. „Die Stühle ſind ſo hoch und ſo hart... Wollen Sie noch ein Kiſſen in den Rücken? Seien Sie nicht eigenſinnig! Das Sofa iſt viel zu breit— Sie können ſich ſonſt über⸗ haupt nicht anlehnen. Iſt Ihnen warm genug? Sonſt kann ich Ihnen noch eine Decke geben!“ Sie machen ſich's ſo behaglich wie möglich, trinken mit Genuß den guten Kaffee, eſſen auf, was ſie noch an Vorräten haben, rauchen Zigaretten, lachen und ſchwatzen — und horchen manchmal auffahrend auf irgendein Ge⸗ räuſch. Aber es bleibt leer und ſtill in der Wohnung. Und als Mara, um ihr Gewiſſen zu beruhigen, das Kaffeegeſchirr abgewaſchen und weggeräumt hat, horcht ſie auch gar nicht mehr nach der Tür. Sie haben viel zu dringende, zu wichtige, zu intereſſante Geſpräche— Ge⸗ ſpräche, wie ſie ſie auch unterwegs führen oder in einem vollen Bahnabteil; Frau Boßhardt könnte das Ohr an die Tür preſſen— ſie würde nichts erlauſchen, was ſie intereſſiert. Allmählich ſinkt draußen die Dämmerung. Das Wein⸗ laub vor der Loggia hängt wie ein tropfender dunkler Vorhang vor dem grauen Abend. Und allmählich ver⸗ ſickert das Geſpräch. „Ich glaube, es regnet nicht mehr“, ſagt Mara, Aich dem ſie eine Weile hinausgeſtarrt hat.„Soll ich Licht machen?“ a „Nein, bitte, nicht! Wenn es Sie nicht ſtört—? Ich hab gern ſo eine Schummerſtunde...“ Eigentlich ſtört es Mara. Die Dämmerung hat ſo etwas Einlullendes und leicht Beklemmendes. Sie iſt ü zahl Flugzeuge befinden, die für Langſtreckenflüge be⸗ ſonders geeignet ſind. An Bord der Flugzeuge, in den Schlitten befindet ſich alles notwendige Material, um außer der Markierung der „Eroberung“ auch gleich mit Vermeſſungen und mit Bohren und Sprengungen beginnen zu können. Wenn ſich nicht noch bis zum Monat Oktober einige diplomatiſche Vorſtellungen ergeben, Schritte anderer Mächte, die auf ihre gleichen Rechte in der Antarktis be⸗ ſtehen, dann iſt die übrige Welt faſt ganz ausgeſchaltet bei der Verteilung des weißen Erdteils. Die Engländer haben viele Gelder für Südpolar⸗ forſchung ausgeworfen und manchen Mann gevypfert. Sie laſſen ſich nicht ſo ohne weiteres verdrängen. Das werden die USA. in radikalem Maße auch nicht wagen. Aber auch die Anſprüche anderer Länder werden irgendwie berück— ſichtigt werden müſſen. Bauerndorf auf Nömermauern 1100 Jahre Marköbel in der Wetterau. Das heſſiſche Bauerndorf Marköbel in der vor⸗ deren Wetterau feiert vom 8. bis 10. Juli 1939 ſein 1100jähriges Beſtehen. DV. Wo und wann immer von geſegneten deutſchen Gauen die Rede iſt, muß man der Wetterau gedenken, jenes fruchtbares Landſtriches zwiſchen Taunus, Vogelsberg und Mainebene, der ſchon Kornkammer der Römer war und auch in unſeren Tagen ein hohes Anſehen genießt. Ein eigenartiger Zauber geht von dieſer Landſchaft aus. Alte, wahrhafte und wehrhafte Städte und Schlöſſer liegen zwiſchen den Flu⸗ ren; erinnern wir nur an Friedberg, das einſt freie Reichsſtadt war, an das maleriſche Butzbach, an Mün⸗ zenberg mit ſeiner Burg, deren ſtumpfe Türme ihr den Namen„Wetterauer Tintenfaß“ eingetragen haben, an die alten Herrenſitze u Bingenheim und Staden, an das licht⸗ſchöne Kloſter zum heiligen Gottfried von Kappenberg in Ilbenſtadtz; ſo kernfeſt alle dieſe Plätze, ſo ſommerlich hoch der Himmel in dieſer Gegend, in der es ſich ſo prächtig wandert. Eine verläßliche Pforte zu dieſem Landſtrich iſt das reiche Dorf Marköbel mit ſeinen ſchönen, weitgebauten Straßen, den von Wohlhabenheit zeugenden Bauernhäuſern und ſeinen Wehrbauten, die eindringlich genug an das Einſt gemahnen. Dazu beherbergt der Bereich des Dorfes letzte Trümmer aus jenen Tagen, da die Lehren vom Sonnengott Mithras und vom Jupiter Dolichenos von den Legionären des erſten Römiſchen Imperiums in die Wälder und die Auen Germaniens getragen wurden. Hier zäunte der Limes Transrhenanus ein Land, von deſſen Fruchtbarkeit man ſelbſt am Tiber wußte. Hier ſchnitt der uralte Völkerweg der „Hohen Straße“, vom Main herkommend, unmittelbar die Gewanne, um Mitteldeutſchland entgegenzuziehen. Die alten Straßen des Landes prägten Geſicht und Lage der Siedlun⸗ gen. So war auch Marköbel ſchon in der Römerzeit ein be⸗ deutſamer Ort. Viele Jahrhunderte ruhten hier die Trümmer jener Zeil unter dem fruchtbaren Garten- und Ackerland. Oft denn hatten die Bauersleute beim Ackern das eine oder an⸗ re an Keſtbarem gefunden: bald eine Münze, bald ein Schmuckſtück, bald Scherben bald einen Ziegelſtein. Die plan⸗ volle Arbeit der Forſcher, nicht zuletzt der Reichs⸗Limes⸗Kom⸗ miſſion, erbrachte vor 50 und mehr Jahren den Beweis, daß an der Kreuzung des Grenzwalles der Römer mit der„Hohen Straße“ ein ſtarkes Kaſtell mit einer bedeutſamen bürgerlichen Niederlaſſung gelegen hatte— genau dort, wo ſich Mar⸗ köbel mit ſeiner maleriſchen Stadtbefeſtigung aus 1555 erhebt. Das Schickſal dieſer Römerſtätte war beſiegelt, als gegen 260 die Germanen immer ſtärker an dieſe äußerſte Grenze Roms pochten. Auf den Trümmern der römiſchen Niederlaſ⸗ mude von dem langen Marſch. von dem Kampf gegen Wino und Wetter. Nicht ſo müde, daß ſie ſchlafen gehen möchte— nur ſonderbar entſpannt und aufgelockert. Sie könnte jetzt den Kopf an ſeine Schulter legen und ſehr glücklich ſein, ſeine Hand auf ihrem Haar zu fühlen... Eine ſcharfe Helle würde guttun, würde die zerflattern⸗ den Gedanken wieder klar und ſtraff machen.. Wenn er wenigſtens reden wollte? Aber das Geſpräch iſt ab⸗ geriſſen, und ſie weiß nicht, wie ſie es wieder anknüpfen ſoll. Er ſitzt ſchweigend in ſeiner Ecke, anſcheinend auch in zielloſe Träumerei verſunken.„Ich will doch lieber Licht machen!“ ſagt ſie und ärgert ſich darüber, daß ihre Stimme heiſer klingt. Sie rückt den Tiſch ein bißchen ab, um aufzuſtehen. Aber aus dem Dunkel greift eine große kräftige Hand nach ihr und ſchließt ſich um ihr Gelenk:„Nein, Mara! Nicht!“ Auch die tiefe Stimme klingt rauh und ver⸗ ſchleiert.„Es iſt ſchön ſo, im Dämmer zu ſitzen.“ Mara kann ihr Handgelenk nicht frei machen ohne Gewaltanwendung. Sie ſetzt ſich gehorſam wieder hin und ſagt mit einem leiſen, zitternden Seufzer:„Aber es hat doch keinen Zweck—!“ s 5 „Kann denn nicht einmal etwas einfach ſchön ſein, ohne daß es einen Zweck hat?“ Das klingt beinah ver⸗ zweifelt.„Sie können mir ja auch gar nicht einreden, daß ſie ſo ein Zweckmenſch ſind, wie Sie gern vor⸗ geben. Sie ſitzen ja auch gern in der Dämmerung und träumen vor ſich hin, wie ſchön es wäre, wenn—— Oder etwa nicht?“ f Mara drückt ſich in ihre Ecke zurück, ganz ſteif und ſchmal. Aber die große, warme Hand liegt immer noch um ihren Arm, und es geht ein Strom davon aus, der durch ihren ganzen Körper rieſelt.„Ich kann es mir nicht leiſten!“ ſagt ſie ſo hart wie möglich.„Ich bin zu alt dafür— oder nicht alt genug. Ich bin zu arm dafür— oder nicht arm genug. Wenn man ſiebzehn iſt, kann man träumen, oder wenn man ſiebzig iſt. Wenn man ſehr reich iſt oder ſchon hoffnungslos verkommen. Aber ich—? Ich gehe wie auf einer ſchmalen Brücke— nicht bequem und nicht unbequem; ſie führt nicht auf Bergesgipfel und nicht in einen Abgrund, ſie führt immer gerade aus. Es iſt kein Akrobatenkunſtſtück, da zu gehen, aber man muß doch die Augen offenhalten... Wenn ich anfange zu träumen, lieg ich unten...“. Er ſtreichelt leiſe ihren Arm:„Du kannſt dich ſogar ungewöhnlich gut ausdrücken... Ich ſehe dich da gehen, in einer langen, langen Reihe. Ich glaube, daß du Flü⸗ gel haſt, ganz eng zuſammengefaltet, ſo eng, daß du ſelber nichts davon weißt und ſie wie eine Laſt auf dem Rücken trägſt... Aber du brauchteſt ſie nur zu entfalten, und du könnteſt auffliegen. mit weiten. rauſchenden Schwingen, über alle andern hinweg, zu allen Gipfeln hinauf und in alle Abgründe hinunter...“ ung erblühte alsbald ein neues Gemeinweſen und wuchs her⸗ an zu einem bedeutſamen Markt und Umſchlagsort. Denn nach wie vor herrſchte ja Leben auf der alten Straße, die hier vorüberführte; es teilte ſich dem Dorfe mit, das 839 erſtmals urkundlich erwähnt wird als Cavila, ſpäter Ke⸗ bele und noch ſpäter„Köbel mit dem Markt“ gleich Marköbel. In fruchtbarer Landſchaft, günſtiger Verkehrslage und bedacht mit dem Wohlwollen der Großen jener Zeit blühte Marköbel empor und war um 1100 bis 1200, zur Zeit Kai⸗ ſer Rotbarts, einer der berühmteſten deutſchen Märkte. 1220 wurde der Jahrmarkt von Marköbel nach Gelnhauſen, der alten„freyen Reychsſtatt“ verlegt, aber das hat Marköbel wenig gekan. Ein Jahrhundert ſpäter, gegen 1370, erhielt es Stadtrechte, von denen es indeſſen nie 5 Gebrauch gemacht haben mag. Reich und mächtig lag das Dorf in der Landſchaft, getragen vom Fleiß ſeiner Bewohner. Außer der Huld der Zeit und ihrer Umſtände mag auch manches neidvolle Auge auf ihm geruht haben. Daher entſtand die ſtarke Befeſtigung des Ortes mit Mauern und Türmen, die zum Teil noch erhalten iſt. Die alten Bauernhäuſer aus jenen Tagen aber ſind dahin, ſie ſanken in Schutt und Aſche, als der Glaubenskrieg hier ſeine Geißel ſchwang und„die Horden des Grafen Iſolani“— wie der Chroniſt berichtet— „in wenig Tagen aus dem blühenden Gottesgarten der Hanauer Lande eine öde Wüſte machten“. Drei Häuſer, die Kirche und die Mühle am Dorf blieben von Marköbel übrig, aber Bauernfleiß und die reiche Fruchtbarkeit der Gegend ließen ein neues Dorf entſtehen, das uns jetzt mit ſeinen ſchö⸗ nen breiten Gaſſen, ſeinen ſauberen Höfen, ſeinen prachtvollen Fachwerkbauten und alten Wehrtürmen grüßt. Friedrich Wilhelm Schluckebier. Halbjahresſchluß der Reichsbank Etwas ſtärkere Beanſpruchung als im Vormonak. Berlin, 3. Juli. Nach dem Ausweis der Deutſchen Reichs⸗ bank vom 30. Juni 1939 haben ſich in der verfloſſenen Bankwoche die Anlagen des Inſtituts in Wechſeln und Schecks, Lombards und Wertpapieren um 706 Millionen auf 9410 Millionen erhöht. Damit iſt die Beanſpruchung etwas ſtärker geweſen als im Vormonat, in welchem die ge⸗ ſamten Anlagen der Bank um 454 Millionen Mark zuge⸗ nommen hatten. Die Neubeanſpruchung bewegt ſich aber durchaus im normalen Rahmen, zumal der Halbjahresab⸗ ſchluß mit ſeinem üblichen erhöhten Geldbedarf, dem Zins⸗ und Kupontermin eher eine kräftigere Anſpannung erwar⸗ ten ließ. Zu berückſichtigen in ferner, daß wieder in grö⸗ ßerem Umfange Lieferſchätze fällig wurden. Im einzelnen zeigt der Reichsbankausweis, der nun zum zweitenmal in neuer Aufſtellung erſcheint, bei den Be⸗ 1 an Wechſeln und Schecks ſowie an Reichsſchatzwech⸗ eln eine Zunahme von 680 Millionen auf 8159 Millionen Mark, bei Lombardforderungen eine Erhöhung um 16 auf 48 Millionen und bei den deckungsfähigen Wertpapieren eine Steigerung um 8 Millionen auf 930 Millionen Mark. Die ſonſtigen Wertpapiere ſtellen ſich bei einer geringen Zunahme auf 274 Millionen Mark. Der Deckungsbeſtand 0 8 und Deviſen beträgt faſt unverändert 77 Millionen ark. 5 Der geſamte Zahlungsmittelumlauf ſtellt ſich auf rund 12 934 Millionen Mark gegenüber 10 006 Millionen Mark Ende der Vorwoche, 12 722 Millionen Mark zum entſpre⸗ chenden Zeitpunkt des Vormonats und 8466 Millionen zum gleichen Vorjahrstermin. Die fremden Gelder zeigen mit 1281 Millionen eine Zunahme um 297 Millionen Mark. Von den Abrechnungsſtellen wurden im Juni 1939 5,01 Millionen Stück über 2,76 Milliarden Mark abgerechnet. die Giro⸗Umſätze betrugen in Einnahme und Ausgabe 5,59 Miſlieonen Stück über 113,15 Milliarden Mark. f eee eee „Ich win aber nicht!“ ſagt Mara zwiſchen Angſt und Trotz.„Ich bin feige. Ich will auf meiner beſcheidenen, ſicheren Ebene bleiben!“ „Sag mal im Ernſt!“ Er wendet ſich mit einem Ruck ihr zu, ſtützt den Ellbogen auf den Tiſch und zerwühlt mit den Fingern das Haar. Der letzte Lichtſchein von draußen fällt auf ſein Geſicht, aus dem ſeine Augen wie dunkle Flammen brennen.„Lohnt ſich das? Muß es nicht furchtbar ſein, alt zu werden und zu ſterben, ohne überhaupt gelebt zu haben? Irgendwo im Norden ſagt man, daß die Seelen, die als Mädchen ſterben müſſen, keine Ruhe haben; ſie tanzen nachts auf ihren Gräbern, um das verſäumte Leben nachzuholen.. Glaub mir, ich hab darüber nachgedacht. Ich bin nicht ſo leichtſinnig, wie es den Anſchein hat. Du wirſt mir zugeben: Ich habe mich die ganze Zeit ſehr anſtändig benommen, zu⸗ rückhaltend, kameradſchaftlich, obzwar—— na ja..“ Er ſagt es ſo ſchüchtern und ausdruckslos wie nur mög⸗ lich:„Obwohl ich dich liebe. Beinah hätt ich geſagt—“, er lächelt ſchwach,„— obwohl wir uns lieben. Aber viel⸗ leicht liebſt du mich gar nicht? Vielleicht ſiehſt du wirk⸗ lich nur einen netten, angenehmen Kameraden in mir? Du kannſt mir ruhig die Wahrheit ſagen. Willſt du das nicht wenigſtens tun!“ a b 5 Er macht es ihr ſehr ſchwer. Sie fühlt, daß die Trä⸗ nen in ihrer Kehle heraufdrängen.„Quäl mich doch nicht, Peter!“ ſagt ſie mit einer ganz leiſen, brüchigen Stimme. „Nein, das wirklich nicht. Aber du quälſt mich auch. Du kannſt doch ganz aufrichtig mit mir ſein! Daß du weiter nichts vom Leben verlangſt, als auf deiner lang⸗ weiligen Brücke weiterzugehen, das— das glaub ich dir eben nicht! Ich hab mir ſchon manchmal den Kopf dar⸗ über zerbrochen. Es kann ja ſein, daß du eben erſt eine Enttäuſchung durchgemacht haſt— oder daß du warteſt: auf das wirkliche, große Gefühl, das dich ſo überflutet, daß alle Dämme reißen... Dann haſt du recht damit. Mit kleinen Gefühlchen ſoll man ſich nicht verzetteln. Nicht ein Menſch wie du Alſo: Wenn du mich nicht ſo lieben kannſt, wie es für deine Begriffe notwendig iſt, dann ſeh ich das vollkommen ein.“ 5 „Nein, das iſt doch nicht! Ach, Peter, es iſt——. Aber es iſt ſo unſinnig, es auszuſprechen. Wiſſen Sie nicht mehr? Als ich den allererſten Abend mit Ihnen auf der Loggia ſaß, da haben Sie mir ſo ſchöne Reden gehalten— ganz theboretiſch und objektiv—: Eine Frau wie ich müßte hei⸗ raten... Vielleicht— vielleicht iſt es das, worauf ich warte...“ 5 „Ja— ja— dann allerdings—?“ Er nimmt den Ellbogen vom Tiſch, ſinkt in ſich zuſammen und lacht bitter vor ſich hin.„Wenn ich das 4 habe, kann ich es nicht zurücknehmen. Ich finde auch heute noch, daß es richtig iſt. Nur— nur leider bin ich dazu nicht das geeignete. Objekt.“ 3 N 1„.. · 1 I./