in Nr. 177 Neckar ⸗Bote(2. Blatt) Dienstag, 1. Auguſt 1939 1914 1939 Sur 25. Wiederkehr des Jahreskages des Kriegsausbruchs. II. Ein Vierteljahrhundert iſt ſeit den Tagen des Kriegsausbruchs in die Ewigkeit hinabgeſunken. Im Welt⸗ geſchehen nur ein ganz kurzer Zeitabſchnitt, im Leben eines Volkes ein genügend langer Zeitraum, um die Ereigniſſe aus der Diſtanz im Ganzen zu überblicken und Urſachen und Wirkungen zu ergründen und zu unterſuchen. Man 1 oft, daß ſolches„Lernen aus der Geſchichte“ von den ölkern verſaumt werde. Nun, was die Zeit des Welt⸗ kriegs und die Jahre darnach angeht, trifft dieſe Behaup⸗ tung auf das deutſche Volk nicht zu. Wir haben aus dieſem Abſchnitt deutſcher Geſchichte gelernt. Sogar ſehr viel ge⸗ lernt und ſehr gründlich gelernt. Wir wiſſen heute vor allem, daß die von England und Frankreich mit großem Raffinement betriebene Politik der Einkreiſung Deutſch⸗ lands von Anfang darauf abzielte, möglichſt viele Staaten zu einem kriegeriſchen Vorgehen gegen das Deutſche Reich zu veranlaſſen. Wir wiſſen weiter, daß dieſe engliſch⸗fran⸗ zöſiſche Politik von den damals verantwortlichen Leitern der Geſchicke des deutſchen Volkes nicht oder doch nicht ge⸗ nigend und nicht rechtzeitig erkannt worden iſt und daß infolgedeſſen von deutſcher Seite auch nicht die nötigen und möglichen Abwehrmaßnahmen dagegen ergriffen wer⸗ den konnten. Man kann ſagen, daß das deutſche Volk po⸗ litiſch völlig unvorbereitet in den Weltkrieg hineingegangen iſt. Daß auch die militäriſchen Vorbereitungen nicht ſo wa⸗ ren, wie ſie hätten ſein müſſen und ſein können, wenn die Politiker nicht verſagt hätten, iſt ebenfalls bekannt. Umſo höher ſind die Leiſtungen der deutſchen Front und der deutſchen Heimat anzuerkennen. Wir wiſſen weiter, daß es die engliſche Politik wax, die, als militäriſche Erfolge für die Ententeſtaaten ausblieben, zu dem verwerflichen Mittel der Hungerblockade gegen Deutſchland griff, jener Hunger⸗ blockade, die ſich nicht nur gegen die kämpfenden deutſchen Truppen, ſondern ebenſo gegen wehrloſe Frauen, Kinder und Greiſe gerichtet hat und die ja auch in der Tat Hun⸗ derttauſende von ihnen dahinraffte. Und weiter wiſſen wir, daß die engliſche Politik auch ihre Lügenpropaganda in den Dienſt der Kriegführung 5 hat und zwar nach I Richtungen: einmal, indem ſie in der Welt die tollſten ärchen über angebliche deutſche Grauſamkeiten in der Kriegführung verbreitet hat, um dadurch bei den noch neu⸗ tralen Staaten das deutſche Anſehen zu untergraben und immer weitere Länder auf die Seite unſerer Kriegsgegner 50 locken und dann, indem ſie verſuchte, die Stimmung des eutſchen Volkes dadurch zu zerſetzen, daß ſie ihm ſugge⸗ rierte, der Krieg richte ſich garnicht gegen das deutſche Volk, ſondern nur gegen deſſen Regierung.(Verſailles hat dann mit furchtbarer Deutlichkeit enthüllt, was es damit auf ſich hatte!) Und ſchließlich wiſſen wir heute, daß die Feinde Deutſchlands uns nicht durch die Gewalt ihrer Waf⸗ n und durch die Tapferkeit ihrer Truppen beſiegt haben, ondern daß der unglückliche Kriegsausgang nur zu er⸗ klären iſt durch die zermürbenden Wirkungen der Hunger⸗ blockade und durch die eben erwähnten unſauberen politi⸗ ſchen Manöver der Feindſtaaten hinter der deutſchen Front. Dies alles wiſſen wir heute. Adolf Hitler, einſt ein einfacher, unbekannter Soldat des Weltkrieges. hat den deutſchen Menſchen die Augen geöffnet und die Blicke ge⸗ ſchärft, damit ſie die Dinge in ihren Zuſammenhängen er⸗ kennen können und daraus die richtigen Lehren für die Zu⸗ kunft abzuleiten vermögen Zwei Dinge vor allem ſind es, die er uns eingehämmert hat, und die heute Allgemeingut der ganzen Nakjon geworden ſind: erſtens die Gewißheit, daß unſer Volk unüberwindlich iſt, wenn es ſich losſagt von veralteten Anſchauungen über Klaſſen⸗ und Standes⸗ kämpfe und ſich in eiſerner Geſchloſſenheit unter ſeiner Füh⸗ rung zuſammenfindet, und zweitens die Ueberzeugung, daß auch die größten Opfer gebracht werden müſſen, um die deutſche Wehrmacht und die deutſchen Grenzwälle auf einer Höhe zu halten, die den Gegnern die Luſt nimmt, unſere friedliche Aufbauarbeit zu ſtören. In den Tagen, da ſich der Ausbruch des Weltkrieges zum 25. Male jährt, kann das deutſche Volk erneut verſichern, daß es keinen Krieg will, daß es aber, wenn ihn andere Staaten abermals pro⸗ vozieren ſollten, ihn auch nicht fürchtet. Es kann keine Rede mehr davon ſein, daß uns ein Krieg heute— militäriſch oder politiſch— unvorbereitet fände Das Großdeutſche Reich, das der Führer geſchaffen hat, beſitzt eine Wehr⸗ macht, die zu Lande, zu Waſſer und in der Luft auch den größten Anforderungen gewachſen iſt. Das Großdeutſche Reich iſt mit dem faſchiſtiſchen Italien in unlöslicher Wamdcug der Wava — RONAN ved ANNA ELISA FE TF WEIBAUCH 32 Es iſt ſchon dämmerig, als es klingelt und gleich darauf kurz und feſt an Maras Tür klopft. Mara ruft „Herein!“ und läuft gleichzeitig hin, um zu öffnen, er⸗ ſchrocken und voll Erwartung. N Aber es iſt nur die alte Frau Mengers.„Da is eine junge Dame, Frau Reinhold, die ſagt, daß ſie hier ins Haus gehöre. Aber ich kann das ja nu nich wiſſen, und da wollte ich lieber erſt mal bei Ihnen anfragen.“ „Ja— ich komme!“ Mara geht mit. 5 Und im Eßzimmer findet ſie Lottchen, das Mützchen keck und ſchief auf dem wohlfriſierten Haar, Handkoſfer in der Hand, Lottchen, das kein Wort der Begrüßung ſagt, ſondern mit einer Kopfbewegung nach der Tür zeigt, die ſich hinter der alten Frau ſchließt, und mit ihrem gewohn⸗ ten frechen Ton fragt:„Wer is'n das?“ 5 N „Wenn du mit Das die alte Dame meinſt, das iſt die Großmutter von Fräulein Lia, die Gott ſei Dank gekom⸗ men iſt, um ſie zu pflegen.“— „So?“ ſagt Lottchen kurz.„Ulkige Kruke! Tut, als wenn ſie hier das große Sagen hätte! Am liebſten hält ſie mich nicht reingelaſſen, als ob ich hier ſtehlen wollte! Wo is'n Mutter?“ 5 Mara weiß, daß ſie in dieſem Augenblick ſehr grau⸗ ſam iſt; aber wenn ſie dies Geſicht ſieht, kann ſie nicht milde und freundlich bleiben.„Deine Tante haben ſie geſtern weggebracht!“ ſagt ſie eiskalt.„Die hat ſich mit Gas vergiftet!“ Es ſoll treffen; aber ſie hat nicht berech⸗ net, daß es ſo trifft. 5 b Lotte läßt den Handkoffer fallen. Einen Augenblick ſteht ſie totenblaß und ſchwankend. Dann wirft ſie ſich in ihrer ganzen Länge vornüber auf den Boden und fängt Muſer ſchreien, zu brüllen:„Mutter! Mutter! Mutter! 5 17 N 5 N Freundſchaft verbunden, und die Achſe Berlin—Rom ſtellt eine politiſche und militäriſche Macht dar, gegen die anzu⸗ rennen kein anderer Staat, aber auch keine andere Staa⸗ tengruppe leichten Herzens wagen kann. Daß auch keine Hungerblockade Deutſchland mehr auf die Knie zwingen kann, weiß jedermann in Deutſchland ſelber. und muß auch das Ausland wiſſen, denn es wurde ihm wiederholt von autoritativer deutſcher Seite verſichert und zahlenmäßig belegt. Und nur ein Tor vom Schlage des„ollen ehrlichen Seemannes“ King⸗Hall kann annehmen, daß das deutſche Volk noch einmal auf engliſche Lügenmanöver hereinfällt, die nur bezwecken, es von ſeiner Führung zu trennen, um es dann niederzuſchlagen und ihm ein zweites Verſailles zu bereiten. Nein, das deutſche Volk fällt nicht auf ſolche Ma⸗ növer herein, es weiß, was es ſeinem Führer verdankt, es ſteht in Treue zu ihm als dem Manne, dem es ſeine Rel⸗ tung aus tiefſter politiſcher, wirtſchaftlicher und ſeeliſcher Not verdankt und zu dem es felſenfeſtes Vertrauen hat. Ob es die Einkreiſungspolitiker, die ſa nun ſchon ſeit lan⸗ ger Zeit wieder an der Arbeit ſind, wagen werden, uns wieder anzugreifen, wiſſen wir nicht. Aber l eines wiſſen wir: wenn ſie es tun, wird ſich wiederum das ganze deut⸗ ſche Volk zum Gegenſchlag erheben, dann aber werden die Dinge anders laufen als im Weltkrieg, weil das Deutſch⸗ land von heute ein anderes Deutſchland, weil es das Großdeutſche Reich Adolf Hitlers iſt! So gedenken wir der Tage, an denen ſich der Ausbruch des großen Krieges zum 25. Male jährt, in ernſter, aber uverſichtlicher Stimmung. Das deutſche Volk hat ſchwere pfer bringen müſſen, bis es dahin gelangt iſt, wo es heute ſteht. Aber das iſt uns jetzt freudige Gewißheit: dieſe Op⸗ fer ſind nicht vergeblich gebracht worden, das Reich iſt 5 ſtärker und mächtiger als je und es ruht auf der ſtarken Baſis eines Volkes von 80 Millionen Menſchen, die wie ein Mann zuſammenſtehen in der Treue zum Führer, die aber auch wie ein Mann zuſammenſtehen, wenn es wieder nötig ſein ſollte, es zu verteidigen! Das erſte Geebad Als man am Strand in Wannen badeke. Heute freilich hätten wir in Deutſchland auf alle Fälle Seebäder, aber ſicher hätte der deutſche Biedermeier ſich noch nicht vom Strand in die See gewagt, wäre nſcht Georg Chriſtoph Lichtenberg aus Ober⸗Ramſtadt geweſen, um den entſcheidenden Anſkoß zur Schaffung des erſten deutſchen Seebades in Doberan(Mecklenburg) vor nun 145 Jahren zu geben Kaum 20 Jahre vorher hatte der junge Goethe über ſeinen Aufenthalt in Darmſtadt berichtet:„Un⸗ ter die damaligen Verrücktheiten, die aus dem Begriff ent⸗ ſtanden: man müſſe ſich in einen Naturzuſtand zu verſetzen ſuchen, gehöre denn auch das Baden im freien Waſſer, un⸗ ter freiem Himmel, und unſere Freunde(die jungen Grafen Chriſtian und Fritz Stolberg und Graf Haugwitz, der ſpä⸗ tere preußiſche Miniſter) konnten auch nach allenfalls über⸗ ſtandener Schicklichkeit auch dieſe Unſchicklichkeit nicht unter⸗ laſſen. Darmſtadt, ohne fließendes Gewäſſer, in einer ſan⸗ digen Fläche gelegen, mag doch einen Teich in der Nähe ha⸗ ben, von dem 10 nur bei dieſer Gelegenheit gehört loffen⸗ bar der Große Woog). Die heiß genaturten und ſich immer mehr erhitzenden 1 ſuchten Labſal in dieſem Weiher; nackte Jünglinge bei hellem Sonnenſchein zu ſehen, mochte wohl in dieſer Gegend als etwas Beſonderes erſcheinen, es gab Skandal auf alle Fälle. Merck(der Darmſtädter riegs⸗ rat Johann Heinrich) ſchärfte ſeine Konkluſionen, und ich leugne nicht, ich beeilte unſere Abreise.“ Im gleichen Jahr 1775, wo Goethe ſich der jungen Freibader ſchämte, war der Phyſiker, Philoſoph und Sakiriker Lichtenberg zum erſten⸗ mal in England. Dort hatte er die ſonſt prüden Engländer im Meer baden ſehen und das ſehr vernünftig gefunden. 18 Jahre ſpäter brachte er im„Göttinger Taſchenkalender“ einen Aufſatz:„Warum hat Deutſchland noch kein öffent⸗ liches Seebad?“ Der Leibarzt des Großherzogs von Meck⸗ lenburg, Dr. Vogel, las das und wagte es, die Anregung in die Tat umzuſetzen. So entſtand im nächſten Jahr 1794 das Seebad am„Heiligen Damme“. Aber man genoß die Freuden des Seebades noch lange mit uns heute lächerlich erſcheinenden Vorſichtsmaßregeln. Der Genuß wurde ſozuſagen eßlöffelweiſe verabfolgt. Im erſten Jahre durfte der Badgaſt das Seewaſſer nur in ge⸗ wärmtem Zuſtande in Wannen am Strand über ſich ergehen laſſen. Hatte ſich der Badende ſo allmählich an die„beißende Seeſole“ gewöhnt, durfte er im zweiten Jahr ins Meer ſelbſt, aber nicht etwa frei, ſondern ſo, wie man etwa einen gefangenen Fiſch, der noch nicht in der Pfanne enden ſoll, noch einmal im Kaſten ausſetzt. Der Mann wurde Es gellt durch die ganze Wohnung, es gellt auf den Hof hinaus— überall öffnen ſich klirrend die Fenſter.. Mara ſpringt zu— verſucht, ſie aufzurichten, ſie zu be⸗ ruhigen. Aber Lotte krallt ſich in den Teppich— ſie hört gar nicht, was Mara ſagt:„Aber ſie lebt ja noch! Sie kann ia wieder geſund werden!“ Endlich läßt ſie ſich wenigſtens den Kopf aufheben. Das ganze Geſicht iſt verzerrt und verſchwollen, Stirn und Naſe hat ſie ſich blutrünſtig geſchlagen, und aus den ge⸗ dunſenen Lippen kommt ein undeutliches Winſeln: „Nein— nein— nein— ſie lebt nicht mehr! Das ſagen Sie jetzt bloß, weil ich Ihnen leid tu! Ach— Mutter, Mutter, Mutter!“ N f a Und Mara kniet auf dem Teppich, legt beide Arme um den ſchmächtigen Körper, der von dumpfem Schluchzen eſchüttelt wird, fühlt das wild ſchlagende Herz unter den age ken Rippen. Allmählich gelingt es ihr, Lotte nach dein Diwan zu führen, ſie da behutſam zu betten. Sie gibt ihr Baldriantropfen, ſie macht ihr kalte Umſchläge auf das zerſchundene Geſicht, ſie ſitzt bei ihr in der immer tiefer werdenden Dämmerung und hält ihre Hand. 0 en klappern Schlüſſel, knackt ein Lichtſchalter, die Tür 9235. 8 1 blinzelt in das dunkle Zimmer: „Frau Reinhold—? Sitzen Sie da im Dunkeln? Ich bin eben noch mal am Krankenhaus vorbeigegangen.. Mara möchte ihm einen warnenden Blick zuwerfen— aber es iſt nicht nötig. Er fährt fort:„Unſere Frau Boß⸗ hardten kann morgen ſchon wieder nach Hauſe kommen! * Und am nächſten Tag verſäumte Mara wieder ihren Dienſt im Ge cht Es war ihr furchtbar peinlich, aber jetzt ging es col in einem hin. Sie mußte Frau Boß⸗ ardt Abholen und ſie ſchonend darauf vorbereiten, daß aheim eine freudige Ueberraſchung auf ſie warte. Lotte hatte eifrig erboten, die Wohnung ſauber u machen, einzuholen, etwas zum Eſſen 5 2 ind ſie war tatſächlich ſchon in aller Frühe aufgeſtanden, war zum Glgſer gelaufen, weil er die zerbrochene Küchen⸗ auszubauen. mausgerudert, inelneg durchlöcherten Käſten geſteckt und mit ihm vom Schiff aus an Seilen ein⸗ oder zweimal untergetaucht. Nach dieſer waghalſigen Prozedur wurde er ſchleunigſt wieder auf das Schiff gezogen, von Dienern mit warmen Tüchern abgerieben, wieder angeklei⸗ det und an den Strand zurückgefahren, wo er einen Dauer⸗ lauf machen mußte, um ſich darauf bei einem guten Früh⸗ ſtück von den erlittenen Strapazen zu erholen. Zwei Jahre ſpäter zählte Doberan doch ſchon faſt hundert Badegäſte, darunter auch Frauen. Bei dieſen war die Sache noch komplizierter. Hofrat Dr. Vogel berichtet darüber:„Das Frauenzimmer kleidet ſich in dem Karren(der Badekarren war von ſchützenden Zelten umgeben) aus und legt ein Badekleid aus Flanell auf den bloßen Leib. Auf einmal öffnet ſich dann die Tür des Wagens, und das Frauenzimmer erſcheint barfuß.(Man denkel) Es wird von zwei ſtarken Weibern unter die Arme gefaßt, an das Waſ⸗ ſer gebracht, und indem das eine Weib ſie mit untergeſchla⸗ genen Armen am Kopf, das andere an den Füßen horizon⸗ tal an der Erde hält, ſchlägt eine Welle, die dahergerollt kommt, über die Badende hin.“ Mehr als zwel oder drei⸗ mal ſcheint das keine der Badenixen von damals ausgehal⸗ ten zu haben. Als zum erſtenmal einige tollkühne Männer ſich allein an einem Tau ins Waſſer wagten, gab es großes Aufſehen und heftige Kritik. Dabei waren nach Berichten Cäſars und Tacitus unſere Vorfahren, die German en, von jeher Freibader geweſen, und Einhart berichtet von Karl dem Großen als einem begeiſterten Schwimmer. Aber es iſt noch garnicht lange her, daß man das See⸗ bad mehr als geſellſchaftlichen Treffpunkt denn als wirk⸗ liche Erholung anſah Um die letzte Jahrhundertwende lieſt man noch im Konverſationslexikon:„Man läßt ſich in einem bedeckten Karren in die See ſchieben, entkleidet ſich darin und ſteigt dann in die See hinab, in der man fünf, höchſtens zehn Minuten verweilt. Nach dem Bade iſt ein Spaziergang am Strande von der Dauer einer halben bis ganzen Stunde nötig; dann muß Ruhe und Erfriſchung folgen. Mehrmals am Tage zu baden, iſt ſchädlich.“ Die Steinzeitſiedlung am Bodenſee Neue Anlagen fertig Die bronzezeitlichen Pfahlbauten in Unteruhldingen am Bodenſee, die eine Rekonſtruktion darſtellen, die auf den Ausgrabungsergebniſſen im Federſeemoor fußen, haben durch eine indogermaniſche Steinzeitſiedlung eine ſehr in⸗ tereſſante Erweiterung erfahren. Den neuen Bauten, die in die Zeit um 2200 vor unſerer Zeitrechnung zu ſetzen ſind und unter Leitung von Profeſſor Reinerth, Berlin, er⸗ baut wurden, liegt das Forſchungsergebnis der Ausgrabun⸗ gen der Pfahldorfſiedlung von Sipplingen zugrunde. Die neue Siedlung 110 uns ein anſchauliches Bild nicht nur der Lebensweiſe der Bewohner, ſondern auch von deren Wehranlage. Rein äußerlich ſchon tritt dieſe vier Meter aus dem Waſſer ragende, um die geſchloſſene Siedlung hinzie⸗ hende doppelte Paliſadenwehr beſonders ſtark in Erſchei⸗ nung. Ihr ſtarker Ausbau, insbeſondere gegen die Land⸗ ſeite, läßt keinen Zweifel darüber offen, daß dieſe Anlage nicht nur als Wellenbrecher gedient hat, ſondern vor allem ur Verteidigung der Siedlung. Dies geht auch aus der Tat⸗ Ae hervor, daß man rein für die Zwecke eines Wellen⸗ brechers keine 8000 Pfähle gehauen und eingerammt hätte. Vom Feſtland her gelangt man über einen Laufſteg durch einen mit einer Falltür verſehenen Torturm in die Siedlung mit ihren eigentlichen Bauten. Allein ſchon das Vorwerk der Siedlung läßt die hohe Auffaſſung des Zim⸗ mermannes der Steinzeit erkennen. Sie wird aber noch verſtärkt durch die eigentlichen Bauten, die unbedingt das öchſte darſtellen, was die nordiſch⸗germaniſche Baukunſt chuf. Nacheinander gelangt man in das Wohnhaus des Oberhauptes, von dieſem in jenes des Töpfers und zuletzt zum Holzſchnitzer. An ſich haben ſämtliche Gebäude eine rechteckige Form mit Vorraum und Wohnraum. Erſterer iſt gleichzeitig als Küche anzuſprechen. Die Inneneinrichtung der Bauten erbringt den Beweis, daß man vor 4000 Jah⸗ ren ſchon, wenn auch in einfacherer Form, ein gehobenes Bett hatte. Die weitere Einrichtung der Räume, ihre täg⸗ lichen Gebrauchsgegenſtände und Waffen laſſen durch ihre Zweckmäßigkeit und Form die hohe Auffaſſung des Stein⸗ zeitmenſchen deutlich erkennen. Zu erwähnen iſt ferner noch die abgeſchloſſene Decke in den Räumen und das Satteldach der einzelnen Bauten. Es iſt ins Auge gefaßt worden, die bronzezeitliche wie die neu geſchaffene indogermaniſche Steinzeitſiedlung zu einer geſchloſſenen Pfahldorfſiedlung ſcheibe erneuern ſollte, und fegte, ſcheuerte, putzte, eine alte Schürze umgebunden, mit verbiſſenem Eifer, rot vor Anſtrengung, die Haare hängend über dem glühenden Geſicht. Es wird nicht vorhalten!, denkt Mara lächelnd. Es iſt nicht möglich, daß ein einziges ſchweres Erlebnis einen Menſchen von Grund auf umkrempelt. Aber die Hauptſache, daß wenigſtens für den Augenblick ein guter Wille da iſt. Vielleicht iſt da doch ein Kern, der ſich allmählich entwickelt! Und im nächſten Augenblick fühlt ſie ein leiſes Er⸗ ſchrecken über den eigenen Hochmut... Das iſt alſo ein guter Kern, wenn ein Menſch ſich herbeiläßt, Dielen zu ſcheuern und Meſſinghähne blank zu putzen? Der gute Kern bei andern—? Und bis jetzt hat ſie es Lotte ſtreng verübelt, daß ſie nicht im Haushalt ihrer Mutter, die ſie nährt und kleidet und mit Liebe verwöhnt, unbezahltes Dienſtmädchen ſpielen will? Oh, es gibt mehr Leute, die dazu keine Luſt haben ſollen... i Als Mara über die Straße geht, hat ſie eine ſonder⸗ bare Begegnung— eine wiederholte Begegnung mit un⸗ bekannten Bekannten, die ſie erfreut und erſchreckt und die in ihr nachklingt: Von einem großen Plakat grüßen ſie bunte, lachende Geſichter. Ihr erſter freudiger Gedanke iſt: Das iſt von Peter! Das muß von Peter ſein! So unverkennbar iſt es ſeine Art; aber kräftiger, auffallender als ſonſt. Eine ganze Weile bleibt ſie davor ſtehen. Er kann doch allerhand, der Junge! Beinah iſt ſie ſtolz auf ihn.. Eine ganze Reihe von Köpfen, die mit der einen Hand ein Stück Konfekt zum Munde führen, auf die verſchiedenſte Art. Köſtlich der Ausdruck der Geſichter: die behagliche Schlemmerei des rotwangigen Herrn, die vornehme Ge⸗ nüßlichkeit der alten Dame, die ſchmachtende Verzückung des jungen Mädchens, die unverhohlene Gier des ſtrah⸗ lenden Kindes. Und alle ſtrecken ſie die andere Hand aus dem Bild heraus und weiſen auf den Beſchauer. Das iſt techniſch ſehr ſchwer— und iſt gut gekonnt. Darunter ſteht groß:„Veda⸗Pralinen— ſchmecken uns und Ihnen!“ und gan klein in det Ecke P,, 5 e TEN UE ELFE 7055 AE MTEU EN- F HA SEN Zwei Männer bezwingen einen Berg, der bisher allen Angriffen getrotzt hat. Ein Hauch von Romantik und toll⸗ kühnem Abenteurertum umgibt dieſe harten Geſellen. Iſt das wirklich möglich, daß in unſerer nüchternen Zeit ein Mann allein über den Ozean fährt, zwei Burſchen einen Berg bezwingen, der bisher noch jeden Angriff abgeſchla⸗ gen hat? Sie kämpfen gegen die Natur und gegen Ein⸗ ſamkeit und Tod und bleiben dennoch Sieger. Das ſind Wikinger unſerer Zeit, im Grunde genommen große Jungen, deren jeder uns ein herrliches, atemberaubendes Erlebnis geſchenkt hat. Sie ſind es, die für ihre Perſon den Sprung aus dem Traumland ins große Abenteuer wagten. Von ihnen wird hier berichtet. Zuerſt erzühlten wir von den Brüdern Schmid aus München, die am 31. Juli 1929 den Angriff gegen die nie bezwungene Nordwand des Matterhorns unternahmen und gegen Sturm und Eis in zweitägigem Ringen ſiegten. Am 2. Auguſt nachmittags ſtanden ſie auf dem beſiegten Gipfel, und am nächſten Tage erfuhr die Welt von einer neuen alpinen Großtat. Dann erinnerten wir an den franzöſiſchen Tennisſpieler Alain Gerbault, der in einem kleinen Segelboot zweimal um die Welt bummelte. (2. Fortſetzung.) Er freundete ſich mit verſchiedenen, von der Zivi⸗ liſation noch völlig unberührten Stämmen an. Auf einer der paradieſiſchen Inſeln wählten ihn die Eingeborenen zum König. Der Weltumſegler verlebte Tage, die ihm als unvergeßlich ſchön in der Erinnerung blieben und— verließ trotzdem ſeine neuen Untertanen. Er wollte ſei⸗ nem Vorhaben nicht untreu werden. Auf ſeiner weiteren Fahrt beſuchte er die Inſel Reunion, wo der Held der Kabylenkriege, Abd-el-Krim, in Verbannung lebt. Nach zwei Jahren des Verſchollenſeins tauchte Alain Gerbault im Hafen von Le Havre auf. Unendlicher Jubel empfing ihn, als er, der vier Jahre lang von der Heimat abweſend war, wieder zu Hauſe ein⸗ traf. Er hatte nicht weniger als 60 000 Kilometer See⸗ fahrt hinter ſich! And wieder in die Ferne! Alain Gerbault verſuchte, ſich langſam wieder an die Ziviliſation zu gewöhnen. Es fiel ihm ſchwer.. Dem großen Abenteurer war die Welt, in die er zurückkehren ſollte, zu eng geworden. Er ſpielte wieder Tennis, wie er es auch auf den Raſtſtationen ſeiner Weltreiſe gern ge⸗ tan hatte, beſuchte einige größere europäiſche Städte— aber all das ſchien ihm unpirklich und fremd. „Ich kann die Ziviliſation kaum mehr ertragen“, klagt er einem Freund.„Die Luft in Europa ſchnürt mir die Bruſt zuſammen!“ Und während ihm die Zuſchauer von den Tribünen der Tennisplätze zujubelten, entwarf Gerbault in ſeinem Kopfe ſchon die Pläne für eine neue Weltreiſe. Er ließ ſich nach den Erfahrungen ſeiner erſten Weltumſeglung ein neues Boot bauen, das nur 8,50 Meter lang, aber allen Anforderungen gewachſen war. Und im Mai 1933 verließ er ſtill und ohne Aufſehen, wie es nun einmal ſeine Art iſt, den Hafen von Le Havre, um auf derſelben Route, die Chriſtoph Kolumbus vor vier Jahrhunderten eingeſchla⸗ gen hatte, den Atlantiſchen Ozean zu überqueren. Genau dreißig Tage ſpäter kam aus Port de France auf Martini⸗ que die faſt unglaubliche Nachricht, daß Gerbault die ge⸗ waltige Strecke in einem Monat bewältigt hatte. Es war eine erſtaunliche Leiſtung! fer ſegelt der ewig Einſame wieder längſt in den Gewäſſern des Stillen Ozeans. Vor einigen Wochen hörte man, daß er auf den Marqueſasinſeln in der Südſee ge⸗ ſichtet wurde. Aber niemand weiß noch heute, wo ſeine abenteuerliche Fahrt enden wird. Als er ſich vor ſeiner neuen Weltreiſe von ſeinem Freunde, dem Tennismeiſter Borotra, verabſchiedtete, meinte er: „Wer weiß, ob ich jemals wiederkehre. Vielleicht bleibe ich doch als König bei meinen Südſee⸗Infulanern.“ Er wollte aber niemandem ſagen, wo ſein Königreich liegt— vielleicht weil es ihm mit ſeiner Abſicht, unter den Naturkindern der glücklichen Inſel zu bleiben, ernſt iſt. Vielleicht wird aber dieſer moderne Wikinger eines Tages doch wieder in das alte Europa zurückkehren, das trotz aller Fehler nun einmal ſeine Heimat iſt Amy, das Teufelsmädchen Seit Jahren iſt Amy Johnſon der erklärte 5— dreier Weltteile. Keine andere Frau dieſes Jahrhund wurde ſo enthuſiaſtiſch gefeiert, keine mit ſoviel Ehrungen und verlockenden Angeboten überhäuft wie dieſe kleine, blonde Stenotypiſtin, die als erſte Frau den großen Wurf der Fluggeſchichte mit Erfolg gewagt hat. Und keine andere machte ſich ſo wenig aus dem ganzen Drum und Dran des Berühmtſeins wie„Baby“ Johnſon. Sie hat bis auf den heutigen Tag ihr hartes Köpfchen und die herzliche Rauheit behalten, die ſie zum Liebling der Volks⸗ maſſen und zum enfant terrible der vornehmen Geſellſchaft gemacht hatte. Amy iſt ein Kind des Volkes, und ſie wurzelt mit bei⸗ den Füßen in dieſer Welt, aus der die willensſtärkſten und urſprünglichſten Begabu kommen. Ungeheure Zähig⸗ keit ſteckt in dieſem klei Mädel, deſſen Aufſtieg einen Sieg der Jugend, des Wagemutes und der Energie be⸗ deutet. Amys Vater iſt ein Fiſcher, der mit ſeinem kleinen Dampfer die Küſtengewäſſer„abgraſt“ und ſeine Beute ſelbſt am Fiſchmarkt verkauft. Sie ſelbſt begann ihre Karriere als einfache Fabrikarbeiterin. In den Abend⸗ ſtunden lernte ſie Stenographie und Maſchinenſchreiben und avancierte ſo zur Stenotypiſtin. Aber ihre große Liebe galt einer anderen Maſchine als der, an die ſie tags⸗ nen Zähigkeit und Intelligenz ging ſie auf dieſes Ziel los. Sie ſparte ſich am Eſſen und an ihrer Kleidung jeden ent⸗ behrlichen Groſchen ab, um Flugunterricht nehmen zu können. Um 6 Uhr früh ſtand Amy auf, um auf den Flug⸗ platz zu eilen. Von dort ging es ins Büro. In den Abendſtunden hatte ſie kaum Zeit, ihre Mahlzeit hinunter⸗ zuſchlucken— dann fuhr ſie wieder zum Flugplatz. Den Ingenieuren und Fluglehrern fiel das junge Mädel auf, das ein feines Gefühl für die Maſchine beſaß und mit ihrem Inſtinkt mehr begriff als andere mit allem Büffeln und Lernen! Man gab ihr die Möglichkeit, ſich als richtige Mechanikerin auszubilden. Amy gab ihre Stellung auf, um ſich ganz ihren Plänen widmen zu kön⸗ nen. Als erſte Frau der Welt erhielt ſie ein Mechaniker⸗ Diplom vom Luftfahrtminiſterium; den Pilotenſchein hatte ſte natürlich ſchon längſt in der Taſche. „And ich ſchaffe es doch!“ Amy führte des öfteren mit ihren Kollegen Debatten darüber, ob eine Frau allein imſtande wäre, einen Diſtanzflug von mehreren tauſend Meilen durchzuführen. 7 Die Herren der Schöpfung hatten keine übermäßige Ach⸗ tung vor dem Können ihrer Berufskolleginnen. „Solche Gewaltflüge ſind doch nur Sache der Män⸗ ner“, meinten ſie.— Aber Amy widerſprach heftig. „Wenn ich einen ſolchen mächtigen Kaſten und einen Motor von 700 Ps hätte wie die Herren Ozeanflieger, würde ich ohne Zögern nach Amerika hinübergondeln“, erklärte ſie.„Aber ich traue mich auch mit einer kleinen Maſchine zehntauſend Meilen weit zu fliegen. Ich möchte nach Auſtralien...“ Die Flieger lächelten nachſichtig, wie man eben über Reden eines eigenſinnigen Kindes lächelt. „Du haſt Roſinen im Kopf, Amy“, meinten ſie.„Eine ſolche Leiſtung bringen nur die wenigſten Männer fertig. Bleibe nur hübſch in England, Amy!“ Aber Amy dachte nicht daran, ihr ganzes Leben mit Spazierflügen zu verbringen. Ihr Ehrgeiz wurde bis zum Höchſtmaß aufgeſtachekt, als der Flieger Bert Hinkler von London nach Auſtralien flog und dieſe ungeheure Strecke in der relativ kurzen Zeit von 177 Tagen bewäl⸗ Oben: Amy Johnſon will ihren Mann ſchlagen“. Amy wurde bekanntlich die Frau des engliſchen Rekord⸗ fliegers Molliſon, der einen Rekord auf der Strecke London—Kapſtadt aufgeſtellt hatte. Vor dem Abflug in Lympe. Rechts: Trotz Mißerfolg lä⸗ chelt Amy. Auf dieſem Bild iſt ſie eben in Berlin gelan⸗ det, und zwar bei der Rück⸗ kehr nach ihrem mißglückten Peking⸗Flug. Amy hat natürlich nicht nur immer Rekordflüge unternehmen können, ſie mußte auch man⸗ ches Mal ſehen, wie hochflie⸗ gende Pläne ſcheiterten. Trotzdem bekannte ſie ſich niemals geſchlagen, ſondern ſetzte immer wieder zu einem Unternehmen an. Sie hat zuerſt bewieſen, daß„Ge⸗ waltflüge“ nicht unbedingt eine Angelegenheit der Män⸗ ner zu ſein brauchen. über gefeſſelt war. Amy wollte fliegen. Mit der ihr eige⸗ tigte. Dieſelbe Strecke hinunterzuraſen und womöglich den Rekord des berühmten Fliegers zu ſchlagen— das wäre eine Sache! Amy teilte dieſen Plan ihren Freunden mit und— erregte neues Kopfſchütteln. Aber ſie ließ ſich weder durch Zweifel noch durch Einwände beirren. „Ich ſchaffe es doch!“ erklärte ſie und— behielt recht! Es gelang ihr, aus zweiter Hand eine kleine„D. H. Gipſy⸗Moth“ zu bekommen. Sie ließ an Stelle des zwei⸗ ten Sitzes Tanks für Betriebsſtoff einbauen. Lange durfte ſie nicht warten, wenn ſie den Monſunſtürmen im Indi⸗ ſchen Ozean zuvorkommen wollte. Und ſo ſtieg Amy am 5. Mai 1930 in Croydon auf, um ſchnurſtracks nach Auſtra⸗ lien zu fliegen. Wettſtug mit dem Rekord Die kleine, mutige Fliegerin war über Nacht berühmt geworden. Ganz England verfolgte mit ſtockendem Atem den Wettflug dieſes kleinen Mädels mit dem unerhörten Rekord Bert Hinklers. Die wenigſten glaubten an ein Gelingen ihres Unternehmens. Man wußte, daß ſie erſt ſeit einem Jahr richtig fliegen konnte. Amy hatte noch niemals einen größeren Ueberlandflug gemacht. Aber je weiter ihre Reiſe ging, deſto höher ſtieg die Begeiſterung in der Heimat. Donnerwetter, dieſes Mädel ſteckt ja ſo manchen großen Flieger in die Taſche! Würde ſie ihr Ziel— Auſtralien— erreichen? Und ſollte es ihr am Ende gelingen, Hinklers Rekord zu brechen? Amy flog in ihrer kleinen„Motte“ wie der leibhaf⸗ tige Teufel. Am 5. Mai, dem gleichen Tage, an dem ſie England verließ, landete ſie in Wien; dieſe Etappe betrug 1300 Kilometer. Am nächſten Tage wurde Wien Kon⸗ ſtantinopel erledigt. Am übernächſten die 900 Kilometer nach Aleppo. Am 8. Mai ſtieg ſie in Aleppo auf, um nach Bagdad zu fliegen. Bis zu dieſer Etappe war alles glatt gegangen. Es war anſtrengend, verdammt anſtrengend ſogar, und Amy ſpürte kaum ihre Knochen. Die wenigen Stunden, die ihr zur Ruhe verblieben, ſchlief ſie wie eine Tote. Aber nun wurde es ernſt... Zwiſchen Aleppo und Bagdad er⸗ wiſchte es ſie zum erſtenmal. Ueber der Wüſte geriet Amy in einen Sandſturm, der ihr völlig die Sicht benahm und den Sand in alle Poren trieb. Zum erſtenmal hatte ſie Angſt um ihre geliebte Maſchine. An ſich ſelbſt dachte Amy erſt in zweiter Linie Sie glich in dieſer Hinſicht einem Reiter, der zuerſt ſein Pferd verſorgt. Amy mußte in der Wüſte notlanden. Aber es ging diesmal noch glimpflich ab. Sie konnte noch an demſelben Tage wieder aufſteigen und ihr Ziel— Bagdad— er⸗ reichen. 8 An den beiden nächſten Tagen wurden mehr als 2500 Kilometer zurückgelegt. Von jeder Zwiſchenſtation liefen Funkſprüche und Kabelmeldungen nach allen Richtungen der Erde. Man bangte um das blonde Mädel und freute ſich über jeden Erfolg. Auf der 1200 Kilometer langen Strecke von Karachi nach Ihanſi hatte Amy wieder Pech. Kurz vor Ihanſi ging ihr der Betriebsſtoff aus, und ſie mußte notlanden. Eine Tragfläche wurde dabei leicht beſchädigt, Amy konnte den Schaden aber reparieren, Betriebsſtoff wurde in aller Eile herbeigeſchafft— und am nächſten Tage ging es von Ihanſi weiter nach Kalkutta. Auf der Etappe von Kal⸗ kutta nach Rangoon mußte Amy aber kurz vor dem Ziel wegen Orientierungsſchwierigkeiten notlanden. Dabei erlitt der Apparat erhebliche Beſchädigungen an den Trag⸗ flächen, Rumpf und Propeller. Der Propeller war un⸗ brauchbar geworden, und ein Sportflieger half mit dem Propeller ſeiner eigenen Maſchine der Kollegin aus der Verlegenheit. Immerhin nahm die Reparatur zwei Tage in Anſpruch, und dieſe Verzögerung koſtete Amy den Auſtralien⸗Rekord! Von Rangoon flog Amy bei herrlichſtem Wetter ab, um leider bald in Regen und Schlechtwetter zu gelangen. Sie brauchte für die 600 Kilometer lange Strecke Ran⸗ goon— Bangkok, die zum Teil zwiſchen hohen Bergen hindurchführte, ganze ſieben Stunden. Den größten Teil der Strecke legte ſie im Blindflug zurück. Von Bangkok ging es weiter nach Singapore. Aber auf dieſer Strecke hatte ſie mit ſtarkem Gegenwind zu kämpfen, ſo daß ſie eine Zwiſchenlandung auf halber Strecke in Singapore vornehmen mußte.(Fortſetzung folgt.) Druckarbeit . 3 für Handel, Sewerbe und industrie liefert schnellstens Neckar-Bote- Druckerei ——