Nr. 184 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 9. Auguſt 193 9 Der zweifelhafte Buſenfreund NS. Von den augenblicklich in höchſten Tönen ſchwel⸗ genden Lobpreiſungen der britiſchen Preſſe auf die„Würde“ und„Größe“ Polens ſind die Polen ebenſo beeindruckt, wie ſie in dem Beſuch Ironſides in Warſchau in ihrem Größen⸗ wahnkomplex bereits eine Anerkennung ihrer militäriſchen Bedeutung zu erblicken ſich verpflichtet fühlten. Es iſt ſo, wie wenn ein Lakai plump vertraulich wird, wenn ihm einige freundliche Worte zugeworfen werden. Menſchen mit Minderwertigkeitskomplex, deſſen Vorhandenſein als pol⸗ niſche Mentalität übrigens der„Slowo“ ſeinerzeit ausdrück⸗ lich erklärt hat, empfinden ja ſtets eine Genugtuung bei jeder Schmeichelei, ohne die Ironie dahinter zu ſpüren. Ironie heißt in dieſem Falle England— Polen, daß der neue „Buſenfreund“ eingelullt wird, als ſei er der ſtarke und natürliche Bundesgenoſſe Albions ſchon immer geweſen. Der Pole, der auf Lobpreiſungen und Schmeicheleien her⸗ einfällt wie ein junges, in ſich ſelbſt verliebtes Mädchen auf einen alten, erfahrenen Galan, vergißt in dieſem Augen⸗ blicksſtadium ſogar, daß England in den letzten Kriegsjah⸗ ren wie in Verſailles ſelbſt, als es um den Kuhhandel eines polniſchen Staates ging, in Geſtalt des alten Waliſers Lloyd George der ſchärfſte Gegner eines polniſchen Eigenſtaates war, und daß auch Frankreich erſt ſpät ſeine i zu den Chauviniſten Dmovpſki oder Paderewſki ent⸗ deckte. Noch im März 1917, nachdem längſt von der deut⸗ ſchen Regierung ein unabhängiges Königreich Polen prokla⸗ miert worden war, erklärte die franzöſiſche Regie⸗ rung im Einvernehmen mit London in einer Note zu einem Geheimvertrag mit Rußland:„Die Regierung der franzöſiſchen Republik geſteht Rußland die volle Freiheit zu, ſeine weſtlichen Grenzen nach ſeinem Ermeſſen zu regeln.“ Und als in Verſailles der Kuhhandel längſt begonnen, Cle⸗ menceau in einem polniſchen Vaſallenſtaat von Frankreichs Gnaden einen billigen Einkreiſungspartner für die Zukunft entdeckt und Wilſon nach den Drohungen Dmoyſkis in den Polen Amerikas nach US A⸗Händlermethoden die verſpro⸗ chenen Wahlſtimmen bilanziert hatte, da ſtemmte ſich noch immer Lloyd George als Vertreter des heute Garan⸗ tien und Herzensfreundſchaft freimütig an Polen verſchen⸗ kenden England mit aller Kraft gegen die Gründung eines polniſchen Staates. Am 26. März 1919 richtete er an Cle⸗ menceau und an Wilſon eine Denkſchrift, in der es hieß: Ich kann kaumeineſtärkere Urſache für einen künftigen Krieg erblicken, als daß das deutſche Volk, das ſich zweifellos als eine der kraftvollſten und mächtigſten Raſſen der Welt erwieſen hat, rings von einer Anzahl klei⸗ ner Staaten umgeben werden ſoll, die noch nie vorher eine ſelbſtändige Regierung aufgeſtellt haben, aber jeder breite Maſſen von Deutſchland umſchließt, die die Vereinigung mit ihrem Heimatland fordern. Der Vorſchlag der polniſchen Kommiſſion, 2 100 000 Deutſche der Aufſicht eines Volkes von anderer Religion zu unterſtellen, das noch niemals im Laufe ſeiner e die Fähigkeit zur Selbſt⸗ regierung bewieſen hat, muß meiner Beurteilung na früher oder ſpäter zu einem Krieg in Oſteuropa führen. Nachdem dann Polen dank franzöſiſcher Finanzhilfe, deut⸗ ſcher Ohnmacht und des Reichtums, den es in den von Deutſchland geraubten Weſtprovinzen vorfand, weſenloſe Wirklichkeit geworden war, kümmerte ſich England nicht das Geringſte um dieſen heutigen„Buſenfreund“. Die„Daily Mail“ riet dem Kriegshetzer Eden ſchon im Januar 1935, als er anläßlich der vertragswidrigen Rolle, die Leſter als „Kommiſſar“ in Danzig 1 und die in Genf an die große Glocke gehängt wurde, bereits damals eine Einkreiſungs⸗ front errichten wollte, um Danzigs Rückkehr ins Reich zu verhindern:„In der Vergangenheit hat England weder in der Memelfrage noch anläßlich der Beſetzung von Wilna durch die Polen etwas getan. Warum ſoll es ſich ſtets be⸗ rufen fühlen, das Kind zu ſchaukeln? Danzig iſt eine F von der ſich England fernhalten ollte.“ „Engliſch⸗polniſche Veziehungen“— das iſt in den 20 Jahren, ſeit es einen polniſchen Staat gibt, kein Begriff ge⸗ worden. Die Polen wiſſen es ſelbſt nur zu gut und fühlen ſich daher jetzt um ſo mehr geehrt, daß ſelbſt das große Albion ſich plötzlich ſeines Daſeins erinnert. Daß es dabei nicht um Polen geht, ſondern nur, um einen Dummen mehr zu haben, der für einige billige Liebkoſungen und Strei⸗ cheleien die Kaſtanien aus dem Feuer holt, merkt man in f 5 8 Auch an Oberſchweſter Olga dachte er. Die war die einzige, die ſein Leben kannte und die vielleicht ſein Scheiden bedauern würde. Silverius und Schweſter Olga wußten voneinander ſehr viel. Er wußte von der großen Liebe, die Schweſter Olga für Hartleb empfand, wußte, daß ſie in ihn verliebt war und daß ſie ernſtlich hoffte, Frau Profeſſor zu werden. Silverius wußte auch, daß Schweſter Olga Hartleb jetzt mit Haßliebe verfolgte. Schweſter Olga wiederum wußte von ſeinen heimlichen Träumen, einmal Leiter des großen Ludgerus⸗Sana⸗ toriums zu werden. Der Verwalter und Schweſter Olga hatten ſich einmal in einer ſchwachen Stunde aus⸗ geſprochen und einander vieles erzählt, was ſie nachher vielleicht bereut hatten. Silverius hatte auch einmal ge⸗ dacht, Schweſter Olga zu heiraten. Sie würden gut zu⸗ ſammen paſſen, er mit kaum vierzig und ſie etwas über dreißig Jahre. Er hatte ihr auch ſchon ſein Sparkaſſen⸗ buch gezeigt. Schweſter Olga hatte aber um Bedenkzeit 9 5 Sie hoffte heimlich immer noch auf Profeſſor Hartleb. Silverius ſpürte ein übles Gefühl im Magen, einen aufſteigenden Brechreiz. Er ſchlug mit der Fauſt auf den Tiſch und ſchrie in die Finſternis: 5 „Nein! Nein! Freiwillig gehe ich von hier nicht fortt Freiwillig gehe ich nicht!“ Müde und dumpf ließ er ſich in den ledergepolſterten Stuhl fallen und ſtarrte vor ſich hin. Die Konturen des Wärſchau gar nicht, brauchte ſich aber nur einmal engliſche oder franzöſiſche Zeitungen vom Jahre 1938 hervorzuholen, da Polen während der von Deutſchland gelöſten Frage der Tſchecho⸗Slowakei den Leichenfledderer ſpielte und ſtatt an heiße Kaſtanien der Demokratien an ſich ſelbſt einmal dachte. Damals ſchrieb der vor Lobeshymnen heute triefende Winſton Churchill im„Daily Telegraph“ vom 4. Oktober 1938 von der„ſtraf würdigen Treuloſigkeit Polens“ und„The Economiſt“ vom 8. Oktober 1938 machte es gründlicher:„Seit dem 18. Jahrhundert ſind die Polen bekannt für ihre politiſche Torheit, Schä⸗ bigkeit und Kleinheit ſind die Hauptpunkte des polniſchen Benehmens. In Polen gehört ein Drittel(es ſind ſogar mehr noch) der Bevölkerung nicht zur polniſchen Na⸗ tionalität und wünſcht nicht, dieſem Nationalitätenſtaat an⸗ Rae Wie lange werden die Polen auf die vierte Tei⸗ ung zu warten haben, die ſie durch ihr Verhalten verdient haben?“ Die franzöſiſche Zeitung„La Paix“ ſchrieb am 5. Oktober 1938 in Hinſicht auf die Polen von einer„Na⸗ tion von Galgenſtricken“, die„unſer Geld und unſer Material benutzt, um die Tſchecho⸗Slowakei abzu⸗ ſchlachten“. Der„Petit Pariſien“ forderte am 22. Septem⸗ ber 1938 ſogar eine Ueberprüfung, ob unter dieſen Umſtän⸗ den„ein Bündnis mit einem Land aufrechtzuerhalten ſei, das ſo den Frieden verletzt!“ Die Polen andererſeits charakteriſierten vor gar nicht langer Zeit ihr Verhal⸗ ten zu Frankreich laut„Slowo“ vom 20. März 1938, ſo:„Frankreich repräſentiert ſchon längſt nicht mehr die Ideologie, die imſtande wäre, in anderen Ländern Begei⸗ ſterung zu wecken“, oder„Dziennik Poznanſki“ am 8. Ja⸗ nuar 1938:„Die Wege der polniſchen und der franzöſiſchen Politik haben bekanntlich aufgehört, dieſelbe Richtung zu verfolgen. Der Unterſchied beſteht nicht allein in den Zielen, ſondern auch in den Methoden.“ Es iſt ja auch kaum ein Jahr her, daß Frankreich als„Strafe“ ſeine Rüſtungskre⸗ dite an Polen ſperrte, da„Außenminiſter Beck ſeit Jahren ſyſtematiſch gegen die Intereſſen Frankreichs arbeite“. Schon des öfteren war in den letzten Wochen in War⸗ ſchau der Angſtſchrei zu hören, daß eine militäriſche Hilfe Sowjetrußlands für Polen und die Weſtmächte nach den Spielregeln der Entente cordiale Nummer 2 um Him⸗ melswillen nur in einer Unterſtützung zur beſtehen ſolle, nur ja nicht aber auch zu Lande. Noch hat der Vackfiſch Polen aus verſtändlicher Unerfahrenheit nicht die wahren Abſichten gemerkt, die der alte, verlebte Galan England mit ſeinen Liebkoſungen und ſeinen Schmei⸗ cheleien verfolgt. Aber ruhiger geworden in dieſer Richtung iſt er bereits. In real denkenden Kreiſen Warſchaus fragt man ſich bereits ſeit Wochen und Monaten, ſeit dem Beſuch Becks in London, warum England ſich gleichzeitig mit ſeiner„Liebe“ an Moskau wendet, wo es doch ſchon Polen ſeiner tiefen„Zuneigung“ mit galanten Worten ver⸗ ſichert hat. Der Proteſt des polniſchen Militärattaches in London gegen das ſoeben von dem bekannten engliſchen Militärſchriftſteller Liddell Hart veröffentlichte Buch The defence of Britain“(„Die Verteidigung Großbritanniens“), in dem dieſer vom britiſchen Generalſtab ob ſeines ſachlichen Urteils viel befragte und 9 Militärkritiker Eng⸗ land warnt, auf Polens Wehrmacht zu bauen, da ſie viel zu jämmerlich ſei, und überhaupt von einem An⸗ griff auf die Achſenmächte abrät, da dieſe viel zu ſtark ſeien, ſpricht indeſſen Bände. Der„Buſenfreund“ Englands 1 7 Gef Licht be⸗ ſehen, daher in recht zweifelhaftem Licht, aber Gefühle laſſen ſich ſchwer definieren, die ſachlichen Grundlagen machen dem ſtarken nationalſozialiſtiſchen Deutſchland jedenfalls keine Sorgen. 5 12,6 Millionen Rundfunkteilnehmer i Berlin, 9. Auguſt. Am 1. Auguſt 1939 betru die, Geſamtzahl der Rundfunkgenehmigungen in den eichs⸗ poſtdirektionsbezirken des Großdeutſchen Reichsgebietes 12 599 578. Im Laufe des Monats Juli iſt eine Zunahme von 7772 Rundfunkteilnehmern eingetreten. Unter der Ge⸗ ſamtzahl am 1. Auguſt befanden ſich 387622 gebühren⸗ freie Anlagen. FgBofialismus, wie Ndolf Fitler ihn uns lehrt, heißt vorbehaltloſen Dlenſt an der semeinſchaſt. Eniſchließe Dich zur Mitgliedſchaſt in der ns. Schreibtiſch wollte er verteidigen! Das Blut ſtieg ihm zu Kopf. Ein fürchterlicher Haß flammte in ſeinen Augen— Haß gegen Profeſſor Hartleb! II. Im erſten Stock des Ludgerus⸗Sanatoriums lag am, Ende des Korridors, nach der Parkſeite, das Zimmer 136. Dort war die unbekannte Patientin untergebracht. Sie war um die Mittagszeit eingeliefert worden. Die Aus⸗ ſagen der Paſſanten, die die Ohnmächtige ins Kranken⸗ haus gebracht hatten, ſtimmten überein. In der Nähe des Funkturms fiel plötzlich eine langſam dahingehende Frau auf dem Gehſteig wie ein Klotz um. Die Ohnmächtige wurde, da kein Schutzpoliziſt in der Nähe war, von Vor⸗ übergehenden aufgehoben und in das nahe Ludgerus⸗ Sanatorium gebracht. Profeſſor Hartleb war um dieſe Zeit anweſend; es ge⸗ lang ihm, die Ohnmächtige für wenige Sekunden zum Be⸗ wußtſein zu bringen. Sie wurde gebadet und mit einer kräftigen Brühe gelabt. Auf keine der Fragen, die er an die Eingelieferte richtete, bekam er eine Antwort. Der Pulsſchlag war ſchwach. Sie, die Unbekannte, lag auf weißen Laken und Kiſſen. Durch das Fenſter drang Mond⸗ licht und beleuchtete das wachsbleiche, ſchön geſchnittene Geſicht. Profeſſor Hartleb ſtand vor dem Krankenbett und knipſte das große Licht an. Die Patientin zuckte über die Helle erſchreckt zuſammen. Hartleb zog ſeine goldene Uhr, taſtete nach dem Puls und zählte. Er mußte ein zweites Mal zu zählen beginnen— das Geſicht, das ihn an⸗ ſtarrte, verwirrte ihn. Nach genauer Unterſuchung kon⸗ ſtatierte er: Herz ſchwach, Lunge gefund, totale Er⸗ ſchöpfung. Mit weit offenen Augen ſchaute die Patientin dem Profeſſor bei der Unterſuchung regungslos zu. Auf ſeine Fragen:„Wie heißen Sie? Woher ſtammen Ste? Wo wollen Sie hin? Wie heißen Ihre Eltern? Soll niemand von Ihrer Einlieferung im Sanatorium ver⸗ ſtändigt werden?“, bekam Hartleb leine Antwort. Schreibtiſches verſchwammen in der Dunkelheit. Seinen Kindergärten im Schatten der Geſchütze Neue Einrichtungen der NSV. NSG. Anſere Nachbarn überm Rhein machen in Kriegs⸗ pſychoſe. Die furchtſame Erwartung der— ihrer Meinung nach— unumgänglichen Auseinanderſetzung lähmt jeglichen Aufbau. Der Moloch Rüſtung verſchluckt Geld und Arbeits⸗ kraft. Wir haben beſſere Nerven. Ob der Werhe, die wir zu unſerem Schutze erſtellen, ruhen die friedlichen Aufbau⸗ pläne nicht in der Sz ublade. Sind erſtere auch vordringlich, ſo ſchreiten letztere doch gut voran. Hinter dem ſtählernen Saum, der unſer Land im Weſten begrenzt, wachſen die Mauern empor zu Bauten, die der Volksgemeinde nütze ſind. Ja, in der Zone des Walles ſelbſt entſtehen Heime, Häuſer, aus denen Kinderlachen dringt, wo die Kleinen, von Kindergärtnerinnen beaufſichtigt, im Sande ſpielen... Eine halbtägige Beſichtigungsfahrt in den Kreis Raſtatt, geführt von Kreisamtsleiter Pg. Stier, und der Kreisreferentin für Kindertageſtätten Pgn. Müller, zeigte einige wirklich Hach⸗ ahmenswerte Einrichtungen der NS. Die kleine Gemeinde Oberndorf— 450 Einwohner etwa zählt das Dorf— am Hang der Schwarzwaldberge weiß, was es ſeiner dörflichen Kinderſchar ſchuldig iſt. Die Kinder ſollen tagsüber heraus aus den engen, lichtfeindlichen Bauernſtuben mit ihren kleinen Fenſtern hat ſich der Bür⸗ germeiſter geſagt und ihnen ein Häus hen gebaut, das in jeder Weiſe bariedigt. Die rund 30 Kinder, die hier Heim und Hort haben, können ſich nicht genug tun an Fröhlich⸗ keit. Die Einrichtung der Räume hat die NS.⸗Volkswohlfahrtz im weſentlichen beſorgt. Zahlreiche Hände, die nichts für ſich forderten, halfen dabei. So haben die Werkſcharmänner einer Durmersheimer Möbelfabrik in ihrer Freizeit ohne Ent⸗ gelt eine Schlafzimmereinrichtung für die Kindergärtnerin ge⸗ fertigt. Eine Baden⸗Badener Gewerheſchulklaſſe hat verſpro⸗ chen, einen ſchmiedeeiſernen Leuchter für den Treppenaufgang zu bauen. Für dieſen ſelbſtloſen Einſatz haben wir ihnen dank⸗ bar zu ſein. Im Dorf ſelbſt äußert ſich die Freude an einer ſolch ſegensreichen Einrichtung, wie ſie der neue Kindergarten darſtellt, in kleinen Gefälligkeiten. Der Förſter hat ſich der gärtneriſchen Ausgeſtaltung angenommen und einige Farn⸗ ſträucher um das Haus gepflanzt. Als vor kurzem die Kin⸗ dergärtnerin krank war, füllte eine Bäuerin die Lücke aus und gab ſich einen Tag lang mit den Kleinen ab. Wir machen einen Abſtecher nach Baden⸗Ba den. Auf der Höhe über den Dächern liegt der Kinder⸗Sonnen⸗ garten. Einen beſſeren Namen hätte man der Anlage nicht geben können. Weite Wieſenflächen, auf denen die Som liegt. Die Körperchen der 180 Buben und Mädel, die ſich in dieſem„Paradies“ tummeln dürfen, weiſen bereits eine geſunde Bräune auf. Vier Wochen lang dauert eine Kur. In Steinmauern— im Bereich des Weſtwalles — machen wir kurz Halt. Die NS. hat hier ein wenig er⸗ freuliches Erbe angetreten. Die Räume der ehemaligen kon⸗ feſſionellen„Kinderſchule“ ſind dunkel und unwirtlich. Man hal gutgemacht, was gutzumachen war. Aber die zahlreichen raſſiſch gut ausſehenden Kinder des Dorfes erheiſchen— das ſteht außer Frage— ein ſchönes, geſundes Heim. Int den Feldern drohen, ſo gut getarnt, daß ſie kaum noch er⸗ kenntlich ſind, die Betonklötze mit ihren Schießarten. Daneben wird Korn gemäht. Symbolhaft als Schutz friedlicher Ar⸗ beil ſtehen die ſchweren Werke da. In Elchesheim klappern Holzſchuhe derchs Dorf. Es gibt einige Schiffsbauer hier, denn der Rhein iſt nicht weit. Die Dörfer drüben auf der anderen Seite tragen deutſche Namen. Münchhausen liegt gegenüber. Auch Elchesheim hat einen Kindergarten gebaut, ein ſchmuckes Fachwerkhaus, das ſich ſehen laſſen kann. Inmitten der Werke aus Beton und Stahl iſt dieſer Bau entſtanden gleichſam als Ausdruck gläu⸗ biger Zukunftshoffnung. Die Gemeinde hat tief in den Säckel greifen müſſen, um die Baukoſten zu beſtreiten. Aber nun wiſſen die Dorfkinder, wohin ſie gehören. Sie ſind weg von der Straße, und die Eltern ſind ihre Sorge los. Der Elches⸗ heimer Kindergarten kann getroſt als Beiſpiel für weitere genannt werden. Ein namhafter Raſtatter Holzſchnitzer hat nette Arbeiten zum Schmuck der Stuben azsgeführt. Bad und Brauſen— wöchentlich an einem Tage auch für die Gemeinde geöffnet— fehlen nicht.* Bisher wurden im Kreis Raſtatt 26 Kindergärten eingerichtet, darunter befinden ſich fünf Neubauten. Etwa 1500 Kinder haben heute hier ein zweites Zuhauſe. 32 Kin⸗ dergärtnerinnen und 35 Pflegerinnen betreuen die Kleinen. Glückliche Inſeln im ſtählernen Wall. am Nachmittag vergebens verſucht hatten, die Patientin zum Sprechen zu bringen. Hartleb diktierte Schweſter Olga genaue Diät und Be⸗ handlung. Dann blieb er mit verſchränkten Armen faſt gedankenlos vor der Kranken ſtehen. Seltſam, dachte er, in ihren Augen ſtehen alle Antworten, nur kann ich ſie nicht leſen. Profeſſor Hartleb, der ſeine Patienten nie nach dem Aeußeren beurteilt hatte, ſah das klaſſiſche Ge⸗ ſicht, die glatte, marmorweiße Haut. Er, der große Chirurg, ſpürte zum erſten Male Unſicherheit. Verlegen wandte er ſich mit Worten, die keine Erwiderung ver⸗ trugen, an ſeine beiden Aſſiſtenten und an Schweſter Olga und bat ſie, ihn mit der Patientin allein zu laſſen. Die jungen Aerzte, die das Fieber kontrolliert und auf dem Kontrollzettel vermerkt hatten, verließen ſofort das Zimmer. Schweſter Olga ballte, ohne es zu wollen, krampfhaft die Hände— ſie ſpürte den Schmerz. Das war Eiferſucht. Mit einem bitteren Groll auf die Patientin verließ ſie das Krankenzimmer. Wollte ihr dieſe Unbekannte den Mann nehmen, den ſie liebte? Profeſſor Hartleb löſchte das große Licht wieder aus, nahm aus ſeiner äußeren Rocktaſche ein. dunkelblaues Seidentuch und deckte damit die kleine Nachttiſchlampe zu, ſo daß das ganze Zimmer in einen bläulichen Schimmer getaucht war. Beide Hände in den Taſchen ſeines weißen Mantels, ſtand er vor der Patientin, ſetzte ſich dann auf den Bettrand und nahm die Hand der Kranken in die ſeine. Wie lange er ſo dageſeſſen hatte, wußte Hartleb ſpäter nicht. Es konnte eine Minute, es konnte auch eine halbe Stunde geweſen ſein. Er verſank in einen Wach⸗ traum. Ihm war zumute, als ſäße er in einem Konzert⸗ ſaal in der hinterſten Reihe. Auf dem Podium waren Geiger, Bratſchiſten, Flötiſten und ſpielten Beethoven. „Seid umſchlungen, Millionen“— dieſen Chor hörte er ganz genau. Mit leiſer, drängender Stimme fragte er erwachend:. 3 Die Aſſiſtenzärzte berichteten ihrem Chef, daß ſie ſchon „Wer ſind Sie?“ Wenn der Nil austrotlnen ſollte.. Seen verſchwinden in Afrika. Die Geologen der„Rhodes-Univerſität“ in Johannes⸗ burg wollen feſtgeſtellt haben, daß Südafrika einer Aus⸗ trocknungskataſtrophe entgegengeht. Während rings um die Erdteile die Meere rauſchen, zeigen ſich auf den Konti⸗ nenten immer neue Austrocknungserſcheinungen. Man kennt dieſe Vorgange in Amerika, in Aſien, in Nordafrika, in einigen Teklen Europas. Aber das Fortſchreiten der Austrocknung iſt nirgendwo ſo ſtark, ſo ſchnell wie in Afrika, dem Sorgenkind der Geologen und Klimaforſcher. Nur durch die Austrocknungsvorgänge entſtand die ge⸗ waltige Wüſte der Sahara, die auch heute noch immer weiter um ſich greift und nach Norden und nach Süden weiterſchreitet. Doch die Wüſtenbildung hat einen wichti⸗ gen Vorläufer. Dieſer Vorläufer iſt dem Geologen nur zu gut bekannt. Wenn irgendwo die Seen zu verſchwinden beginnen, wenn der Waſſerſpiegel der ſtehenden Gewäſſer raſch abnimmt, wenn die Flußläufe ſich nach einem Erd⸗ beben oder nach einem Wetterſturz in anderer Richtung be⸗ wegen, dann weiß der Fachmann, was ſich ereignet. Der Vorgang im Norden Afrikas und in Zentralafrika iſt ziemlich genau bekannt. Wir haben dort einmal die ſo⸗ genannten Niederungen El Juf, wo einſt große Seen lagen, von denen heute nur noch ganz flache Waſſerſpiegel übrig⸗ geblieben ſind. Das Schickſal des Tſchadſees iſt bekannt Man hat nicht mit Unrecht den Tſchadſee mit dem Kaſpi⸗ ſchen Meer verglichen. Während früher der Tſchadſee ein gewaltiges ſtehendes Gewäſſer war, das durch verſchiedene Zuflüſſe geſpeiſt wurde, nimmt der Waſſerſpiegel jetz immer mehr ab. Auch die übrigen Seen ſind kleiner ge⸗ worden. In Zentralafrika waren die Gewäſſer des Tanganyka⸗ ſees einſt, wenn auch auf Umwegen, mit dem Nil verbun⸗ den. Heute aber gehen die Gewäſſer in den Kongo. Wen nicht alles täuſcht, haben die Waſſer des Victoriaſees die gleiche Neigung. Geht dies ſo weiter, dann verſchwinde! eines Tages der Viktoriaſee und nach ihm der Tanganyka⸗ ſee. Als Folge des Verſchwindens des erſteren müßt⸗ natürlich auch der Nil ganz oder teilweiſe austrocknen. Während man aber im Norden und in Zentralafriko mit verhältnismäßig langen Friſten rechnen kann, über, ſchlagen ſich in Südafrika offenbar die Ereigniſſe. In einen verhältnismäßig jungen Zeitperiode ſind dort zwei groß Seen ſpurlos verſchwunden, der Ngamiſee und der Makart kariſee. Dies ſcheint irgendwie im Zuſammenhang zu ſteher mit einem ſchweren Erdbeben vor ungefähr 500 Jahren Damals bildeten ſich auch die ſogenannten Victoriafälle Die Folge davon war das Austrocknen eines Fluſſes, der di⸗ Kalahari durchquerte und gewiſſermaßen für die Bewäſſe⸗ rung der ganzen Kalahari ſorgte. Damals tummelten ſich hier mancherlei Tiere, von denen heute nur noch die Ske lette gefunden werden— z. B. der Flußpferde. In Kapſtadt iſt eine beſondere Kommiſſion zur Unter, ſuchung der Trockenheit eingeſetzt worden. Dieſe Kommiſſior hat ſich ſehr eingehend mit dem Problem befaßt, wie viel leicht die beiden genannten Seen irgendwie wieder be⸗ wäſſert oder in ihrer Ausdehnung vergrößert werder könnten. Man kann natürlich einiges dadurch erreichen, daf man gewiſſe Flußläufe durch Dämme umleitet und das Waſſer dann in die Becken des Ngami⸗ und des Makarikari⸗ ſees hineinleitet. Immerhin wäre damit ein kleiner An fang gemacht. Denn wenn von der Küſte her die Regen. wolken mit Waſſer geſättigt über das Land dahintreiber und auch nur teilweiſe das Innere des Landes erreichen, ſi wird doch immerhin jener berühmte Kreislauf wieder an, gefacht, der durch die Austrocknungserſcheinungen verloren ging. Im Norden ſpricht man davon, den Niger durch einen Damm umzuleiten und in die Niederungen des El Juf hin einzubringen. Das ſoll nicht einmal ſehr teuer ſein. Abe bis heute hat ſich immer noch gezeigt, daß die Natur uner bittlich iſt, wenn ſie eine Kataſtrophe ankündigt, wie die jenige der Austrocknung von Südafrika. Schont die Eidechſen! Wenn man jetzt im Hochſommer an ſonnigen Halden und Wegrainen dahinwandert, kann 1 Hfiters 1 zierlichen Eidechſen beobachten. Gerade dort, wo die Sonne am prallſten hinſcheint, fühlt ſich das Tierchen am wohlſten. Haſt du ſchon einmal das wundervoll graugefärbte Männ⸗ chen unſerer Zauneidechſe beobachtet? Unbeweglich liegt das ſonſt ſo flinke Tierchen auf der Lauer und ſicher er⸗ haſcht es den Heuhüpfer, die Mücke oder den gaukelnden Schmetterling. Noch prächtiger gefärbt iſt die ſogenannte Smaragdeidechſe, die auch in manchen Gegenden Süd⸗ deutſchlands vorkommt. Kennſt du die blitzſchnelle Berg⸗ eidechſe und die zierliche Mauereidechſe? Leider kann man des öfteren beobachten, daß dieſen ſo nützlichen Tieren vielfach von Kindern nachgeſtellt wird. Sie werden dann nach Hauſe gebracht und führen in irgend⸗ einem Kaſten oder einer Schachtel ein kümmerliches Daſein. Laßt dieſen Tieren ihre natürliche Heimat! Sie ſind ſehr nützlich, denn ſie vertilgen eine Menge ſchädlicher Inſekten oder deren Larven. Noch größeren Verfolgungen iſt die Blindſchleiche ausgeſetzt. Von nichtwiſſenden Menſchen wird ſie vielfach als junge Schlage angeſehen und deshalb totge⸗ ſchlagen. Und dabei iſt ſie ein ſo gänzlich harmloſes und nützliches Tierchen, deſſen Hauptnahrung aus Schnecken und Regenwürmern beſteht, die ſie in Wieſen und lichten Wald⸗ beſtänden erjagt. Das Bad in der Pflanze dann auf dem gleichen Wege. Die Befruchtung der Blüten iſt alſo immer geſichert. Der Sieger im 20. Rhön⸗Segelflug⸗Wettbewerb. NSciaͤ.⸗Sturmführer Kraft von der Gruppe 15 Schwaben beendete die 20. Rhön als Sieger bei den Ein⸗ ſitzern mit 2550,2 Punkten vor Oberſturmführer Schmidt (Südweſt). Schirner(M). 3 Rund funk⸗ Programme Reichsſender Stuttgart: Jeden Werktag wiederkehrende Programm⸗Nummern: 5.45 Morgenlied, Zeit, Wetter, Wiederholung der zwei Abendnachrichten, landwirtſchaftliche Nachrichten; 6 Gymnaſtir anſchl.: Wiſſenswertes und Praktiſches aus der Geſundheits⸗ pflege; 6.30 Frühkonzert; 7 bis 7.10 Nachrichten; 8 Waſſer⸗ ſtan smeldungen, Wetter, Marktberichte; 8.10 Gymnaſtik; 8.30 Morgenmuſik; 9.20 Für dich daheim; 9.30 Sendepauſe; 11.30 Volksmuſik und Bauernkalender, Wetter; 12 Mittagskonzert; 10 Nachrichten, Wetter; 18.15 Mittagskonzert; 14 Nachrich⸗ ten; 14.10 Konzert bezw. Schallplatten; 15 Sendepauſe; 16 Nachmittagskonzert; 18.45 Aus Zeit und Leben; 20 Nachrich⸗ ten; 22 Wetter, Sport; 24 Nachlkkonzert. 5 Donnerskag, den 10. Auguſt: 18 Fröhlicher Reigen; 19 Berge, Täler, Seen und unge Menſchen„aus den Sommerlagern der HJ; 19.45 Kurzberichte; 20.15 Höhenluft, Spiel aus dem Alpenland; 21.15 Unſer ſingendes, klingendes Frankfurt; 22.30 Volks⸗ und Unterhaltungsmuſik. Freitag, den 11. Auguſt: 17 Muſik zum Tee; 18 Feierabendmuſik; 19 Wie mer's anguckt, kleines Spiel; 19.30 Kleine muſikaliſche Formlehre; be Sen e Wie es euch gefällt; 2145 Wil⸗ gelm Schuſſen, der ſchwäbiſche Dichter; 22.30 5 ik; 22 Mut zur Nach ch 0 30 Tanzmuſik; 23 Samstag, den 12. Auguſt: 15 Gute Laune; 18 Tonbericht der Woche; 19 Deutſ Ernte im Oſten; 19.45 Virtuoſe Kleinigkeiten; 20.15 Blut ter Tanzabend; 22.20 Internationale Bodenſeewoche: FFF 8 Reichsſender Frankfurt a. M.: Jeden Werktag wiederkehrende Programm⸗Nummernt 5 Frühmuſik; 5.50 Bauer, merk auf; 6 Morgenlied, Morgen; ſpruch, Nachrichten, Wetter, Gymnaſtik; 6.30 Frühkonzert, in der Pause 7: Nachrichten; 8 Zeit, Waſſerſtandsmeldungen 9.05 Wetter; 8.10 Gymnaſtik; 8.25 Kleine Ratſchläge füt Küche und Haus; 8.40 Froher Klang zur Werkpauſe; 9.40 Sendepauſe; 10 Schulfunk; 10.30 Sendepauſe; 11.40 Ruf ins Land, 11.55 Programmanſage, Wirtſchaftsmeldungen, Wetter, Städtiſcher Marktbericht; 12 Mittagskonzert; 14 Zeit, Nachrichten, Wetter; 13.15 Mittagskonzert; 14 Zeit, Nachrichten, lokale Nachrichten; 14.10 Schallplatten; 15 Sende. pauſe; 16 Nachmittagskonzert; 19.15 Tagesſpiegel; 19.30 Der fröhliche Lautſprecher; 20 Zeit, Nachrichten, Wetter; 22 Zeit, Nachrichten: 22.10 Wetter, lokale Nachrichten; 22.15 Sportnachrichten in Kürze. Domnerskag, 10. Auguſt. 14.15 Für unſere Kinder; 15.15 Sendepauſe; 18 Aus Arbeit und Beruf: 18.30 Klang der Landſchaft; 20.15 Daz ſingende klingende Frankfurt; 22.20 Unſere Kolonien; 22.35 Volks⸗ und Ünterhaltungsmuſik. Freitag, 11. Auguſt. 8.25 Mutter turnt und ſpielt mit dem Kind: 10.30 Zoll kreuzer auf Streifenfahrt; 10.45 Sendepauſe: Enkel und Ahn; 18.30 Sport der Woche und für den Sonntag; 18.45 Konzert; 19.30 Hauruck— der Weſtwall ſteht; 30.15 Unterhaltungskonzert; 21.15 Stimmen der Nächt: 22.20 Bilderbuch der Woche: 22.35 Unterhaltungs⸗ und Volksmuſik.. 18 Zwiſchen Samskag, 12. Auguſt. 8.25 Deutſchland— Wind von Acker und von Korn; 18 Und abends, wenn kein Dienſt mehr drückt; 19.30 Bühne und Film im Rundfunk; 20.15 Zeller Schwarze Katz', Winzerfeſt an der Moſel, 22.20 Wir tanzen in den Sonntag. 2 Zeder verantwortungsbewußte Deutſche beſchafft für ſich und ſeine Familie Volksgasmasken! Ellenſiek ſaniert ſich „Ich war der erſte, der die Firma Ellenſiek ſanieren half,“ begann Michael Droiſen ſeine Erzählung. Wir ſaßen auf einem großen Balken vor einem dick⸗ bauchigen Weinfaß. Draußen brannte die Sonne, aber unten im Weinkeller war es herrlich kühl. Wor uns ſtand auf einer alten Holzkiſte eine Zwei⸗Liter⸗Karaffe voll dunk⸗ Weins, der hier ſpottbillig war und ausgezeichnet ir hatten uns auf dem Schiff kennengelernt, und i das gleiche Reiſeziel hatten, war ſchnell eine feſte meinſchaft zwiſchen uns entſtanden. Oft verbrachten wir die Abendſtunden bei langen Erzählungen, denn jeder von uns hatte viel erlebt; das muß man ſchon ſagen. Den Vogel aber ſchoß Michael Droiſen ab, ein alter„Afrikaner“ der viele Jahre als Farmer bei Windhuk gelebt hatte. „Ellenſiek war ein großes Handelshaus,“ fuhr er fort. Es war anfangs eine kapitalkräftige Firma. Doch mit der Zeit ging es merklich bergab, und unter uns Farmern, die wir mit dem Hauſe zu tun hatten, munkelte man, daß es bereits ſtark nach„Pleite“ röche. Jervers, mein Farmnachbar, war eines Tages in Windhuk geweſen. Nebenbei auch bei Ellenſiek, um Zink⸗ draht zu holen. „%. Z alſo ich komme hin und muß mir ſagen laſſen, daß der Draht noch nicht eingetroffen ſei, ſchimpfte er los. „Ich hätte beſtimmt großen Krach geſchlagen, denn ich wußte genau, warum kein Draht da war, nämlich, weil Ellenſiek ſeine Lieferanten nicht bezahlen konnte.“ Na, und warum haſt du nicht geſchrien? Das kannſt du doch ſonſt ſo gut, daß man dich mit einem hungrigen Raubtier verwechſeln könnte, warf ich ein. a „Ja, ſagte er, und ſchnalzte dabei mit der Zunge, Auger du doch mal ein ſo hübſches Mädchen an, das f 1 1 95. hat und einen Mund— einen Mund as, ein Mädchen? fragte ich ungläubig. Wo Ellen⸗ ſiel doch niemanden bezahlen kann?“ „Das weiß der Teufel. Das Mädchen iſt friſch aus Deutſchland herübergekommen.“ a Z3bwei Tage ſpäter mußte ich nach Windhuk und ver⸗ 555 es natürlich nicht, zu Ellenſiek zu gehen. Ein wun⸗ erſchönes Mädchen hatte er angeſtellt, das kann ich euch ſagen! Ihr müßt wiſſen, was das da unten in Afrika heißt. Wir Farmer hatten den ganzen Tag ſchwer zu arbeiten, nur unter Schwarzen, unverheiratet—, denn * Seca woher ſollten wir eine Frau kriegen, die ſich freiwillig in der Steppe ausdörren und von dem bannigen Heimweh in der lauſigen Wildnis umbringen laſſen will? Für mich war dieſe Begegnung ein Wink des Schick⸗ ſals. Wenn dieſes Mädchen dich will, dachte ich, dann biſt du der glücklichſte Menſch in ganz Afrika. Dann haſt du endlich eine Frau, kannſt eine Familie gründen und weißt, zu was du da biſt. „Ich ließ alſo nicht locker und hatte plötzlich immer in Windhuk zu tun. Dabei ergab es ſich öfter und öfter, daß ich Maria, die neue Angeſtellte von Ellenſiek, traf, und bald war unſere Heirat ſo gut wie ſicher. Da ſtellte ſich mir aber noch ein kleines Hindernis in den Weg. Als Maria bei Ellenſiek aufkündigen wollte, erfuhren wir, daß das gar nicht ſo einfach ging. Denn Maria hatte einen dreijährigen Kontrakt unterſchrieben, den ſie nicht ſo ohne weiteres nach vier Monaten löſen konnte. Am nächſten Tage ging ich zu Ellenſiek, um die Sache klarzuſtellen. 7 „Wenn Sie den Kontrakt nicht löſen, dann werde ich ihn brechen, ſagte ich ſtrikte in meiner Erregung. Ellenſiek lachte höhniſch.„Dann werden Sie natürlich auch die Konventionalſtrafe zahlen müſſen, mein Herr.“ „Schön, dann werde ich ſie zahlen! Es war eine ſchöne runde Summe. Aber gegen Maria gemeſſen, war es nur ein Bettelpfennig. Denn nun hatte ich eine Frau. Und ich kann ſagen, eine tüchtige Frau. Vom erſten Tage an, den ſie auf der Farm verbrachte, ging es aufwärts. Drei Wochen nach unſerer Heirat mußte ich wieder einmal nach Windhuk. Ich ging zufällig auch zu Ellenſtek, mit dem ich an ſich nichts mehr zu tun haben wollte. Und was meint ihr— er hatte eine neue Angeſtellte, friſch aus Deutſchland. Auch ſie war wieder hübſch. Als ich das Jervers erzählte, horchte er auf. Die werde ich mir holen, ſagte er, ganz Feuer und Flamme, denn er war nach unſerer Heirat ein wenig neidiſch auf mich geworden. Schließlich wollte er ja auch ſchon ſeit langem eine Frau haben. Und auch Jervers hatte Glück mit Joſefine, ſo hieß die neue Angeſtellte bei Ellenſiek. Als er jedoch heiraten wollte, mußte er erfahren, daß dd ebenfalls einen Kontrakt auf drei Jahre hatte. ber da ein Mann keine drei Jahre Zeit zum Warten hat, wurde der Kontrakt ebrochen und die ſchöne runde Summe der Konventional⸗ rafe an Ellenſiek bezahlt Lange Zeit ſpäter ſaßen wir eines Abends mit unſe⸗ ren Frauen bei Kerber duſamm e Da ian plötzlich Peter Becher, der 15 Kilometer von uns entfernt eine Farm beſaß, angeritten und Perkülſdete, mach em er über ünſer Eheglück, von dem er noch gar nichts gewußt hatte, ge⸗ nügend geſtaunt hatte, daß auch er heiraten wolle. „Dazu gehört ja ſchließlich auch eine Frau, zog ihn Jervers ein wenig auf. Aber Becher lachte nur:„Iſt ſchon da. Haben nur noch eine kleine Schwierigkeit zu über⸗ winden. Deshalb komme ich nämlich zu euch. Ihr müßt mir einen kleinen Batzen Geld borgen. Ich habe da in Windhuk ſo eine verflixte Konventionalſtrafe zu bezahlen, um meine Frau von ihrer Firma loszukriegen.“ „Bei wem iſt ſie denn?' fragten Jervers und ich wie aus einem Munde. Bei Ellenſiek.“ Wir lachten. Wir lachten mindeſtens eine Viertel⸗ ſtunde lang, als wir das hörten. Becher war alſo der Dritte, der unſer Schickſal teilte. Als dann nach verhältnismäßig kurzer Zeit auch noch Willi Geſtner von der„Buſchmannfarm“ eine Frau fand, die er nur gegen eine beträchtliche Zahlung— in Form einer Konventionalſtrafe— von Ellenſiek freibekommen konnte, da faßten wir endlich Verdacht. Der Ellenſiek hatte ja gar kein Handelshaus mehr, ſondern ein einträgliches Heiratsbüro. Und das allerſchönſte, eines Tages laſen wir in der Zeitung, die wir zweimal in der Woche bekamen, daß die Firma Ellenſiek nunmehr wieder ſaniert ſei und — Farmern wie in früherer Zeit kleine Kredite geben önne. Und bald darauf bekamen wir auch noch heraus, daß die ganze Geſchichte geſchickt und raffiniert von Ellenſiel eingefädelt worden war. Er wußte, daß wir Farmer alle Frauen wollten und brauchten, und er verhalf uns gütigſt dazu— nur daß dabei ein ganz ſchöner Verdienſt durch die Konventionalſtrafen für ihn abfiel.“ Michael Droiſen ſah verträumt vor ſich hin. Dann be⸗ gann er noch einmal:„Aber wenn der Ellenſiek auch ein Gauner war, er hat im ganzen zehn einſame Farmer 155 glücklichen Ehemännern und auch Familienvätern gemacht. Das haben wir ihm alle zugute. Und als ſein Haus wieder flott war, hat er die Geſchichten auch ge⸗ laſſen. Denn er hatte nun in uns einen guten Kunden⸗ ſtamm Penker, der ſeine Firma lange Jahre hindurch rentabel machte.“ Unſere Karaffe war inzwiſchen ausgetrunken. Droiſen bot uns aus einem elfenbeinernen Etui Zigaretten an. Als er es auf die Kiſte legte, konnten wir alle den ein⸗ geſchnittenen Namenszug leſen, der darauf ſtand:„Maria“. Und darunter ſtand eine Jahreszahl mit einem Kreuz dahinter. 5 —* Wir ſahen Michael Droiſen verlegen an. Er hatte einen ernſten Zug um den Mund bekommen. Ja, Maria iſt während des Krieges geſtorben. Aber meine Jungens, das ſind zwei prächtige Kerle geworden; die ſind heute noch unten.“ i 8 Damit ſtand er auf, um bei dem Wirt eine neue Ka⸗ raffe zu holen. 5 Kinderland; 15 Bilderbuch den Woche; 15.15 Am Rande des alltäglichen Geſchehens, 150 —.— 2————E———-—̃—f 12——— — 2 2 27— ——