Nr. 196 Neckar ⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 23. Auguſt 1939 Flüchtlinge aus Polen in Baden Not, die zum Himmel ſchreit.— Erſchütternde Berichte der Vertriebenen. NSG. 1 Gruppen von 30 bis 100 W langten die Flüchtlinge in der vergangenen Woche in Die Männer, die viel⸗ fach Bergleute ſind, fanden ſogleich in dem dortigen und Verdienſt. Die kin⸗ derreichen Familien wurden in erſt vor kurzem fertig⸗ Siedlungshäuſern untergebracht. 250 Men⸗ ſchen etwa 11 in unſerem Gau eine neue Heimſtätte ergangenen Samstag erſt traf ein grö⸗ ein. Wir wa⸗ ren bei der Ankunft zugegen und ſprachen mit einigen Blumberg in Südbaden an. Doggererz⸗Bergwerk Arbeit geſtellten gefunden. erer Transport in Zollhaus⸗Blumber der Flüchtlinge. In den Geſichtern dieſer Menſchen, die in den vergan⸗ genen Wochen und Monaten täglich um ihr Leben bangben, ſpiegelt ſich das maßloſe Leid wider, das ſie erdulden muß⸗ ten. Sie haben auf ihrer Flucht über die grüne Grenze nichks gerettet als das, was ſie auf dem Leibe tragen. Manche ſind noch im Angewiſſen über das Schickſal ihrer Anverwandten, polniſchen Derror entrinnen Nachbarsleuten floh, weiß nichts über den Verbleib ſeiner Eltern. Ob ſie ſich 6 ſie den der in Deutſch⸗ Oberſchleſien arbeitete und in Dolen wohnte, fand, als er Hauſe zurückkehren wollte, die Grenze von den Polen geſperrt. Seitdem iſt er ohne Nach⸗ richt von Frau und Kind. Einen erſchütternden Bericht gibt die ihr Kleines auf den Armen die nicht mehr rechtzeitig dem konnten. Ein zehnjähriger Bub, der mit gleichfalls in Sicherheit bringen konnten oder ob Häſchern in die Hände fielen. Ein Arbeiter, von ſeiner Arbeitsſtätte nach uns eine abgehärmte Frau, wiegt. „Nimm das Kind, Munn, ich ertrinke!“ In der Gegend, in der ſie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebte, bildete ein Fluß die Grenze. In einer Nacht, da ſie, wie ſie erfahren hatten, von den Polen„aus⸗ wagten ſie die Flucht. Der Mann Sie ſelber krug das halb⸗ jährige Kind, das ſie in eine Decke eingeſchlagen hatte, auf ſie durch den Wald das letzte, was ſie hatte ſich ein Schmuggler, ein Pole, er⸗ boten, ihnen eine Furt zu zeſgen. Der Mann watete mit den zwei Jungen voraus. Das Waſſer ging hoch und war rei⸗ zend. Die Aufregung und die Laſt, die ſie trug, hatten die Frau ſchwach gemacht. Sie erſchrak, als ihr plötzlich die Flut bis an die Bruſt ging. Sie konnte ſich nicht mehr aufrecht Kind, Mann, ich ertrinke“, ſchrie ſſie. In wenigen Augenblicken war er bei ihr und nahm ihr das ſalber klammorte ſich an ihn und wurde ſo gehoben“ werden ſollten, hatte die beiden Buben bei ſich. dem Arm. Os ne Fährniſſe gelangten an den Fluß. Gegen hohe Belohnung, an Geld beſaßen, halten.„Nimm das Kind ab. gerettet. Die beiden Buben, Sie zwei blonde Lockenköpſe, tri ppeln barfuß neben der Mutter her. Der eine weint. Aus Mudig⸗ keit. Man iſt ja ſchon Nacht und Tag unterwegs.„Sie ver⸗ ſagt die Mutter, als wir den Bub etwas frugen, ohne Antwort zu erhalten.„Ein deutſches Wort auf der Straße, und ſie wurden verprügelt, daß ſie nicht mehr ſtehen konnten. Daheim, ja daheim redeten fonſt. ſie ſtehen kaum ein Wort deutſch“, wir deutſch. Aber niemand durfte es hören, macht eine bezeichnende Handbewegung. „Wie kann einer leben mit zwei Mark fünfzig im Monat“. Man ſollte das nicht für möglich halten. Aber einer der eflohenen Bergarbeiter, deſſen Geſicht eine erſchreckend graue Farbe trägt, hat es uns erzählt. Andere beſtätigen es. Man wollte die verhaßten Deutſchen aushungern. Sie follten ver⸗ rechen wie das Vieh. In der Grube, in der er arbeitete, bekam er nicht mehr als, nach unſerem Geld kann denn einer leben damit ſagt er,„wenn man noch eine Weder in den Taſchentüchern noch in der Wäſche fand er ein Monogramm. In der Kleidung befand ſich auch lein Reklameſtreifen des Schneiderſalons, der ſie her⸗ geſtellt hatte. Nur in den Schuhen war— ſchon etwas verwiſcht— der Aufdruck„Salon Majestie, Milano“ mit Mühe zu erkennen, und im Hut ſtand die Adreſſe„Maison Cora, Lyon“. Er ſchrieb dieſe beiden Adreſſen auf und gab den Auftrag, Kleider, Wäſche, Schuhe und Hut gut zu verpacken und in ſeinen Zweiſitzer, der vor dem Sana⸗ torium ſtehe, hineinzulegen. Die Anhaltspunkte, die er hatte, bedeuteten nicht viel, aber immerhin ſchon etwas. Drinckſen ſetzte ſich wieder der Kranken gegenüber. Sie hatte es nicht bemerkt, daß er ſie während der Unter⸗ redung in vielen Phaſen photographiert hatte. Geſchickte Kriminaliſten brauchen nicht einen Apparat in der Hand zu halten und in aller Oeffentlichkeit abzudrücken. Doktor Drinckſens Photoapparat war kaum ſo groß wie eine Taſchenuhr. f 8 8 Sie ſich vielleicht erinnern, daß Sie einen Streit hatten, oder daß man Sie geſchlagen hat? 1 Sie auf einem Kriegsſchauplatz? Denken Sie genau nach Haben Sie ſchießen hören, Kanonendonner, Maſchinen⸗ gewehr?“ 1 Die Unbekannte ſchüttelte den Kopf:„Nein.“ „Waren Sie in Mailand?“. „Ich weiß es nicht!“ „In Paris, in Lyon?“ „Ich weiß es nicht!“ „Sie ſprechen Franzöſiſch?“ „Ja.“ „Engliſch?“. „Ein wenig.“ „Waren Sie in Frankreich?!“ Ich weiß es nicht!“ Dann wurde er gar n Man warf ihm die paar ihn aus dem Werk. Acht Arbeit. In der Nähe des elttlaſſen, wie ſo viele Deutſche. nige 8 die Füße und jagte ahre lang war er dann ohne 'orfes befand ſich ein halb zer⸗ fallenes Bergwerk, as der polniſchen Lotterwirtſchaft zum Opfer gefallen war. Ein paar Deutſche taten ſich zuſammen. Unter Tage, beſtändig in Gefahr, von herabſtürzenden Erd⸗ maſſen begraben zu werden, wühlten ſie nach dem Kohlen⸗ grieß, der dort noch zu finden war. Es war wenig genug, um unter der Hand einige Zloty dafür zu bekommen. Eines Tages wurde er verhaftet und in eines der ſchmutzſtarrenden Gefängniſſe geworfen. Einen Tag und eine Nacht brachte er dort zu. Seine Frau holte man, um die Zellen zu reinigen. Sie nahm die Gelegenheit wahr, öffnete ſeinen Kerker und entfloh mit ihm. Von Zurückgebliebenen erfuhren ſie brief⸗ lich, daß vpolniſcher„Grenzſchutz“ in die Woßnura ein⸗ gedrungen ſei, das Mobiliar mit Aexten zertrümmert, die ade zerfetzt und alles für ihn Brauchbare davongeſchleppt ätten. „Mit dem blanken Bajonett gingen ſis auf uns los“. Wir ſprechen mit einem Mann, der ſich etwas abſeits von den übrigen hält. Unter buſchigen Brauen ſehen zwei unruhige Augen hervor. Eine ohnmächtige Wut auf die, die ihm alles genommen, ſchaut aus dieſen Augen. Seine Frau iſt noch drüben. Er weiß nichts von ihr. Das Fürchterlichſte, was geſchehen ſein könnte, wagt er nicht anzunehmen. Sein Bruder ward in das innere Polen verſchleppt. Er ſelbſt war Soldat, Deutſcher in polniſcher Uniform. Als man ihn— welche Frivolität!— ausſchickte, um einen Deutſchen zu ver⸗ haften, hatte er die Flinbe an die nächſte Mauerecke gehauen und war geflohen. Beim polniſchen Militär, zu dem gerade in letzter Zeit zahlreiche Deutſche gepreßt wurden, wurden die„Hitlerſchweine“, wie man ſagte, zu den ſchmutzigſten Ar⸗ beiten herangeholt. Kloaken ausleeren oder die Spucknäpfe der Offiziere reinigen, das iſt eine Arbeit für Deutſche. „Wir ſind ja ſo glücklich, daß wir hier ſind“. So ſagen ſie alle. Man kann es ihnen nicht verdenben. Anter Deutſchen m ſein, die ſich um ſie ſorgen, ihnen ihre Not lindern helfen, läßt ſie vieles vergeſſen. In der Kantine des Erzhergwerkes in Blumberg wird ihnen ein kräftiges Mittageſſen vorgeſetzt. Kinderhände greifen gierig nach der Wurſt in der Schüſſel. Daneben ſtehen Flaſchen mit Sprudel gegen den Durſt. Die Kleinkinder bekommen uarme Milch. Zwei NS.⸗Schweſtern ſorgen ſich in rührender Weiſe um Mutter und Kind. Seit langem vielleicht lachen dieſe Men⸗ ſchen einmal wieder. Als Familien nun noch die Woh⸗ nungen ſehen, in denen ſie untergebracht werden, da rufen ſie ein über das anderemal:„Wir ſind ja ſo glücklich, daß wir hier ſind“. Einige Familien, die ſchon eine Woche in Blum⸗ berg ſind, haben ſich bereits mit den geringen Mitteln hübſch eingerichtet in den neuen Bergarbeiterhäuschen, die ihnen als Wohnung angewieſen wurden. Frauenhände ſind überall am und reichte ihr, als ſei er es gewohnt, ſich mit der behand⸗ Werk. Die Männer fahren zur Schicht und verdienen gut. Die Gegend mit ihren bewaldeten Bergen gefällt ihnen. Manche denken ſchon daran, ſich unſer ſchönes Baden als neue Heimat auszuwählen. Hermann Bohr. Reichstagung der Fachgruppe Schankgewerbe in köln Köln, 23. Auguſt. Aus Anlaß der 11. Weſtdeutſchen Fachſchau für das Gaſtſtätten⸗ und Beherbergungsgewerbe hält die Fachgruppe Schankgewerbe in der Wirtſchafts⸗ gruppe Gaſtſtätten⸗ und Beherbergungsgewerbe ihre dies⸗ jährige Herbſttagung vom 19. bis 21. September in Köln ab. Auf dieſer Tagung, an der ſämtliche Amtsträger und Geſchäftsführer teilnehmen, werden Fragen des Schankge⸗ werbes und der Fachuntergruppen: Saalbeſitzer, Kaffeehaus⸗ und Vergnügungsgewerbe, Bahnhofswirte, Kantinen, Trinkhallen, Speiſehallen und Speiſewirtſchaften, Fiſchgaſt⸗ ſtätten, Pächter der Kantinen der Wehrmacht, Polizei und des Reichsarbeitsdienſtes behandelt. Als Abſchlußtagung findet am 21. September eine Großkundgebung des rhei⸗ niſch⸗weſtfäl ſchen Gaſtſtättengewerbes ſtatt, auf der Staatsminiſter a. D. Hermann Eſſer, der Leiter der Reichs⸗ gruppe Fremdenverkehr, das Wort erareifen wird. „Was werden Ihre Kinder jetzt machen?“ Drinckſen hatte ſie überrumpeln wollen und verfolgte angeſtrengt und ſcharf ihr Mienenſpiel. „Kinder? Habe ich Kinder, Herr Doktor?“ Nichts anderes bekam er zu hören. „Als Sie zu ſich kamen— wo waren Sie da?“ „Hier in dieſem Zimmer!“ „Wen haben Sie zuerſt geſehen?“ „Den Herrn Profeſſor.“ „Hm.— Wie ſind Sie mit meinem Freund, dem Herrn Profeſſor, zufrieden?“ „Sehr! Er iſt gut zu mir.“ Die Unbekannte lächelte zum erſten Male, und ihr Geſicht gewann durch dieſes Lächeln noch mehr an Schönheit. „Herr Doktor, helfen Sie mir! Ich glaube, der Herr Profeſſor hat das Gefühl, ich ſei eine Schwindlerin. Bitte — helfen Sie mir! Bitte, bitte— ſuchen Sie meinen Namen, ſuchen Sie mein Vorleben, ſuchen Sie meine Ver⸗ gangenheit wieder! Ich will nicht, daß der Herr Profeſſor glaubt, ich wollte ihn beſchwindeln!“ 5 Drinckſen beruhigte ſie. Er drückte die Unglückliche, die ſich im Eifer ihrer beredten Klage mehr und mehr auf⸗ gerichtet hatte, wieder ſanft in die Kiſſen zurück. „Sie dürfen ſich nicht aufregen! Sie müſſen ganz ruhig bleiben und feſt nachdenken und immer daran denken: „Wo war ich, bevor ich in dieſe Klinik kam?“ Ich werde Ihnen beſtimmt helfen, aber Sie müſſen mithelfen.“ Kriminalrat Drinckſen ſtreifte ſeine Handſchuhe über ſchuhten Hand zu verabſchieden, ſeine Rechte und drückte kräftig ihre zarten Finger. „Alſo Kopf hoch und auf Wiederſehen! Sie hören von mir! Und nicht vergeſſen: Gut ſchlafen und nicht auf⸗ regen!“ Die Unbekannte lächelte ihm dankend zu. Drinckſen ſtand, zum Gehen bereit, noch am Bett der Kranken. Er war nicht zufrieden mit ſich. Es war ihm nicht gelungen, ein klares Bild zu gewinnen, ob dieſe Patientin ſimulierte⸗ Schwäbiſche Wirtſchaſt auf der Leipziger Herbſtmeſſe — Stuttgart. Zu der am 27. Auguſt beginnenden Leip⸗ ziger Herbſtmeſſe wird auch diesmal der deutſche Süden ſeinen gewohnten ſtarken Beitrag zu dem Geſamtangebot an Fertigwaren ſtellen. So wie ſich Wiener Feinlederwa⸗ ren, keramiſche Erzeugniſſe, Trachten der Oſtmark und an⸗ dere Dinge nicht mehr aus dem Angebot der Leipziger Meſſe wegdenken laſſen, ſo gehören auch die Spezialer⸗ zeugniſſe Württembergs und Badens zu den feſten Stützen der Leipziger Meſſe. f Auf Schritt und Tritt entrollt die Leipziger Meſſe ihren Beſuchern ein Stück ſchwäbiſcher Wirtſchaftsgeographig. Uhren und Muſikinſtrumente aus dem Schwarzwald, Edelmetall⸗ und Schmuckwaren aus Pforzheim und Schwäb. Gmünd, Offenbacher Lederwaren und Elfen⸗ beinſchnitzereien, Stuttgarter Feinmechanik und ſchwäbiſche Haus⸗ ud Küchengeräte finden immer wieder über Leip⸗ zigs Meſſe ihren Weg zu den Käufern. Württemberg beſitzt eine ganze Anzahl von Induſtrien, die geradezu Spezialitäten und Monopole der betreffenden Orte ſind. Da iſt Ludwigsburg, das ſo ziemlich das geſamtdeutſche Angebot an Vogelkäfigen mit vier Ausſtel⸗ lern in Leipzig beſtreitet. Da iſt weiter EĩFlingen, das in einem beſtimmten Genre von Tafelgeräten und Metall⸗ waren die ſechs Ausſteller dieſes Zweiges ſtellt, das aber auch in Bilderbüchern und Modellierbogen uſw. einen ſtar⸗ ken Beitrag zum Leipziger Meſſeangebot leiſtet. Schließ⸗ lich gelten in Leipzig Süßen und Ur a ch, die beide eine anze Reihe von Ausſtellern von Holzwaren nach Leipzig 4 5 als die Heimat beſtimmter Spezialartikel dieſer Branche. 5 Nach den Mitteilungen der vier württember iſchen Han⸗ delskammerbezirke waren auf der letzten Herbſtmeſſe ins⸗ geſamt 271 Ausſteller vertreten, davon 31 aus dem Kam⸗ merbezirk Reutlingen, 32 aus Rottweil, 140 aus Stuttgart und 68 aus Ulm. Dieſe Ziffern dürften in dieſem Jahre noch um 20 v überſchritten werden. Den ſtärkſten Anteil ſtellt immer das Metallwaren gewerbe, einſchließ⸗ lich der Haus⸗ und Küchengeräte⸗Induſtrie, das allein aus Stuttgart mit 27 Ausſtellern, aus Ulm und Reutlingen mit je 10 und aus Rottweil mit 2 Ausſtellern vertreten iſt. An zweiter Stelle ſteht das Kun ſthandwerk mit 47 Firmen, davon 27 aus Stuttgart, 5 aus Reutlingen, 14 aus Ulm und 1 aus Rottweil. Weiter folgen die Edel⸗ metall⸗, Uhren⸗ und Schmuckwaren⸗Indu⸗ ſtrie mit 41 Unternehmen. Hier dominiert der Handels⸗ kammerbezirk Rottweil, an zweiter Stelle ſteht Ulm. Ver⸗ hältnismäßig gleich ſind die ausſtellenden Spielwaren⸗ fabriken verteilt; Reutlingen und Ulm mit 6 bzw. 8 zeigen hier mit Stuttgart(4) zuſammen den ſchwäbiſchen Hausfleiß. Papierwaren, Bilder, Bücher uſw. ſind durch 31 Stuttgarter Unternehmen vertreten, Textilwaren durch 9 und das Bauweſen einſchließlich Geſundheitstechnik mit 11 Betrieben. Das badiſche Dörfchen Oeflingen entpuppt ſich als die Heimat von 3 der bedeutendſten deutſchen Konſerven⸗ gläſerfabriken, ja der Einmachtechnik überhaupt. Das hiſto⸗ riſche Singen am Hohentwiel repräſentiert auf der Leip⸗ ziger Werbe⸗ und Verpackungsmittelmeſſe die deutſche Alu⸗ miniumfolien⸗Induſtrie. Die Schwarzwaldorte Todtnau und Utzenfeld ſenden nicht weniger als 4 Ausſteller⸗ 8 5 von Bürſten nach Leipzig, hinter denen allerdings einheim an der Bergſtraße mit 2 Ausſtellern desſel⸗ ben Artikels nicht weit zurückſteht. So ſpiegelt ſich in den Meſſepaläſten Leipzigs die würt⸗ tembergiſche und badiſche Landſchaft wider. Wer Schwabens Erzeugung in ſeiner ganzen Vielfalt und Differenzierung, kennenlernen will, wer individuellen Wünſchen in bezug auf Qualität und Mode gerecht werden will, der kann heute weniger denn je auf die Leipziger Meſſe als Einkaufs⸗ markt verzichten. Bauer, man greift Dich an! oder ob ſie wirklich eine Kranke war. Ob ſie krank war, Wehre Dich gegen den Kartoffelkäfer. das ging ihn eigentlich nichts an. Dafür waren ja die Kollegen von der Aeskulap⸗Fakultät maßgebend. Drinckſen hatte ſchon in viele ſchuldige und unſchuldige Augen ge⸗ ſehen, aber dieſe lächelnden Augen verſtand er nicht. Sie gefielen ihm! Irgendwo hatte er einmal eine lächelnde Madonna geſehen, es war wohl in Nürnberg geweſen. Im Korridor angelangt, zog er eine kleine Büchſe aus der Taſche und öffnete ſie vorſichtig. Sie hatte faſt das Ausſehen eines Salzſtreuers, und er ſtreute auch ſogleich den ganzen Inhalt auf ſeinen Handſchuh und präparierte ſo die für das gewöhnliche Auge nicht erkennbaren Spuren des Händedrucks, den er ſo herzlich und kräftig auf ſeinem Handſchuh feſtgehalten hatte. Drinckſen fuhr mit ſeinem Auto ins Polizeipräſidium. Immer mußte er an die Patientin von Zimmer 136 denken. Schön war ſie, wunderſchön! Er verglich ſie mit ſeiner Eliſabeth, die eine gute Frau war. Aber— er war gar nicht boshaft, wenn er das feſtſtellte— beſonders ſchön war ſie ja nicht. Er dachte daran, wie ſie ihm früh⸗ morgens, nachdem er von ſeinem Freunde Hartleb nach Hauſe gekommen war, eine richtige Gardinenpredigt ge⸗ halten hatte. Was ſie dabei mit dem Saturn meinte, hatte er nicht recht verſtanden. Der Verkehrspoliziſt am Alexanderplatz, der ihn kannte, ſtand ſtramm. Drinckſen war gleich wieder im kriminaliſtiſchen Fahrwaſſer. Wenn ſein berufliches Intereſſe angeregt wurde, machte ihm der Dienſt Spaß, war ihm die Arbeit eine intereſſante Erholung. Im Polizeipräſidium angelangt, gab er raſch an ſeine Mit⸗ arbeiter Auftrag, die exponierten kleinen Filmſtreifen in ee achtundvierzigfacher Ausführung zu kopieren. Er ſtellte eine Liſte nach dem internationalen Polizei⸗Almanach zu⸗ ſammen, an welche Polizeiſtellen des In⸗ und Auslandes Bilder und Fingerabdrücke zu verſenden waren.„Ver⸗ traulich“ ſchrieb er über die Rundfrage. 8 „Ich bitte, nachforſchen zu wollen, ob die mit Photo⸗ graphien und Fingerabdrücken identiſche, hierorts un⸗ bekannte, in eine Privatklinik eingelieferte Perſon weib⸗ lichen Geſchlechts polizeilich oder ſtrafrechtlich geſucht oder als abgängig gemeldet iſt. Meldungen hierzu er⸗ bittet Kriminalrat Doktor Drinckſen, Polizeipräſidium Berlin. 8 i Berlin, den 2. Oktober 19...“ Durch den Anſchluß der Oſtmark iſt Deutſchland heute zu einem der mittelgroßen weinbautreibenden Länder ge⸗ worden. Es beſitzt eine Weinbaufläche von rund 125 000 Hektar, auf der 1 Milliarde Rebſtöcke angepflanzt ſind. Dieſe an ſich geringe Fläche, die nur einen Bruchteil der geſamten landwirtſchaftlichen Nutzfläche ausmacht, verteilt ſich aber noch auf 4 Million Weinbaubetriebe, von denen die Hälfte nur eine Größe von 0,2 bis 1,0 Hektar beſitzt. Im Weinbau herrſcht alſo der Klein- und Kleinſtbetrieb und damit der Familienbetrieb vor. Berückſichtigt man außerdem noch, daß der Weinbau faſt nur ſolche Böden bearbeitet und beſtellt, die einer landwirtſchaftlichen oder gärtneriſchen Nutzung nicht mehr zugeführt werden kön⸗ nen, ſo nötigen die Erträge des Weinbaues, die er trotz der ſtarken betrieblichen Aufgliederung bringt, volle Ach⸗ tung ab. Die Qualität des deutſchen Weines und beſon⸗ ders die der Spitzenweine Deutſchlands iſt in der ganzen Welt bekannt. Deutſchland iſt das einzige Land, deſſen Ausfuhr an Flaſchenweinen doppelt ſo groß iſt wie die Ausfuhr an Faßweinen. Deutſchland gilt daher mit Recht als ein Land des Qualitätsweinbaues, und mit großem Intereſſe ſehen die Weinbauer der Welt, aber auch die Weinwirtſchaftler dem Internationalen Weinbaukongreß entgegen, der in Bad Kreuznach mitten in den großen „5 vom 21. bis 30. Auguſt durchgeführt wird. Die Ausländer kommen zum Weinbaukongreß. Bad Kreuznach bereitet ſich vor, die Gäſte aus der weiten Welt zu empfangen. Mehr als 1000 Vertreter der Weinbauländer der ganzen Erde kommen auf dem Inter⸗ nationalen Weinbaukongreß in Bad Kreuznach zuſammen. Sie folgen der Einladung der deutſchen Reichsregierung. Unter der Schirmherrſchaft des Reichsernährungsmini⸗ 1 R. Walther Darré, der bei der feierlichen Eröffnung es Kongreſſes zu den Teilnehmern ſprechen wird, wollen ſie ein umfangreiches Arbeitsprogramm bewältigen. Was den deutſchen Weinbau mit dem anderer Länder berbindet, das iſt das Streben nach Qualitätsverbeſſerung. Zwar erzeugt der deutſche Winzer und Weingärtner nicht nur den bekannten„guten Tropfen“, wie er heute jedem Verbraucher zur Verfügung ſteht, ſondern auch anſehn⸗ liche Mengen von Spitzenweinen, die ſich in der ganzen Die Weintrauben werden vor dem Keltern zerquetſcht ee Welt ſelbſt gegen ſchärfſte Konkurrenz durchgeſetzt haben. In einer weiteren Qualitätsverbeſſerung, die ſtatt des „guten Tropfens“ den beſſeren erſtrebt, erblickt der Wein⸗ bau das geeignete Mittel, auch für die unter Abſatzſchwie⸗ rigkeiten leidenden Länder eine Aenderung herbeizufüh⸗— ren, die dem Erzeuger das wohlverdiente Brot ſichert und dem Verbraucher einen angemeſſenen Preis einräumt. Die Teilnahme der führenden Männer des Weinbaues aus der ganzen Welt verbürgt den Erfolg der Arbeit des Internationalen Weinbaukongreſſes Nur einige der wich⸗ gigſten Arbeitsgebiete für den Kongreß ſeien genannt— e. Auswahl der Rebſorten, die Bekämpfung der Schäd⸗ inge und Krankheiten des Weines und der Weinrebe, die Technik der Weinverarbeitung, der Anteil der Kellerwirt⸗ ſchaft bei der Qualitätsverbeſſerung, die Herſtellungsarten ber verſchiedenen Weinerzeugniſſe, aber auch Fragen der Ausbildung und Weiterbildung der im Weinbau tätigen Menſchen, der Mitarbeit von Forſchung, Wiſſenſchaft und Technik am Weinbau und der Weinbauwirtſchaft. Damit nuch die lebendige Anſchauung zu ihrem Recht kommt, wer⸗ den die Teilnehmer des Internationalen Weinbaukongreſ⸗ ſes in die benachbarten Weinbaugebiete hinausgehen. Außerdem haben ſie aber Gelegenheit, die Verxanſtaltungen der 2 wird. .. Und die denſchen Winzer zur Neichstagung hes Weinhaues Noch bevor der Internationale Weinbaukongreß zu Ende geht, beginnt am 27. 8. die 2. Reichstagung des deutſchen Weinbaues. Sie wendet ſich in erſter Linie an den deutſchen Winzer, aber auch an alle in der Weinbau⸗ wirtſchaft tätigen Menſchen. Der Wein iſt ein Erzeugnis, das in allen Abſchnitten ſeiner Erzeugung und Verarbei⸗ tung Pflege und ſorgfältiger Behandlung bedarf. Dar⸗ über hinaus iſt der Wein ein Produkt der Landſchaft und Winzer mit Butten und Eimern ihrer Menſchen und erfordert je nach Lage, Klima und Boden beſondere Fachkenntniſſe. So wird es verſtändlich, daß die Vorausſetzungen und Anforderungen, die an den Winzer geſtellt werden, ſehr groß ſind, und das um ſo mehr, als durch den Anſchluß der Oſtmark auch Wein⸗ baugebiete zu uns gekommen ſind, deren Erzeugniſſe in ihrem Charakter an die Südweine heranreichen. Deshalb iſt es notwendig, daß der deutſche Winzer laufend über alle Dinge unterrichtet wird, die auf Grund neuer Er⸗ kenntniſſe der Wiſſenſchaft und der Fortſchritte der Technil ſeine Arbeit erleichtern und ihr Ergebnis verbeſſern helfen Damit ſchließt die 2. Reichstagung des deutſchen Wein⸗ baues bewußt an die vor zwei Jahren in Heilbronn be⸗ gonnene Arbeit an. Nicht nur die Winzer werden ſich im Verlaufe dieſer Tagung mit den Fragen des Wein⸗ baues und der Weinbauwirtſchaft beſchäftigen, ſondern an der Tagung nehmen ebenſo der Weinhandel wie die weinfachliche Geräteinduſtrie einen regen Anteil. Im Mittelpunkt der Reichstagung des deutſchen Wein⸗ baues wird die große Lehrſchau ſtehen, die zugleich eine Leiſtungsſchau des Weinbaues ſein wird. Sie zeigt den Einſatz der Wiſſenſchaft für die Arbeit des Winzers und gibt praktiſche Beiſpiele aus der Fülle der täglichen Arbeit des Winzers, wobei die Gegenbeiſpiele bewußt heraus⸗ geſtellt werden. Erſt dieſe Gegenüberſtellung von Richtig und Falſch kann den Beſucher der Lehrſchau von dem Wert der zweckmäßigen Arbeitsmethode überzeugen. Im Vor⸗ dergrund dieſer Lehrſchau ſteht naturgemäß die Arbeits⸗ erleichterung im Weinbau, denn die Landflucht hat nicht nur die eigentliche Landwirtſchaft k erfaßt, ſondern auch alle ihre Nebenzweige. Deshalb werden auf der Lehrſchau auch alle Fragen des Einſatzes von Maſchinen und Ge⸗ räten im Weinberg eingehend behandelt werden. Eine vierjährige Weinbergsanlage dient der praktiſchen Vorfüh⸗ rung diefer Maſchinen. So wird z. B. der Einſatz eines Schleppers veranſchaulicht, die Möglichkeiten des Seil⸗ bahntransportes und des Seilwindenzuges und— das braucht nicht beſonders betont zu werden— auch die Bodenbearbeitung durch Maſchinen und ihren Einſatz bei der Schädlingsbekämpfung im Weinberg. Die Wiſſenſchaft wird auf der Lehrſchau einen Einblick in ihre Arbeit für Er hat das große Weinfaß im Innern gereinigt den deutſchen Winzer geben, ſie wird weinchemiſche, boden⸗ kundliche, pflanzenpathologiſche und botaniſche Fragen be⸗ handeln. So wird der deutſche Winzer bei Beſuch det Reichstagung feſtſtellen können, daß nicht nur die Technil für ihn arbeitet, ſondern ebenſo die Wiſſenſchaft bemüht iſt, ihm die notwendige Qualitätsverbeſſerung zu er⸗ leichtern. Auf die vielen Arbeitsgebiete beider Großveranſtal⸗ tungen des Weinbaues— des Internationalen Weinbau⸗ kongreſſes wie der 2. Reichstagung des deutſchen Wein baues— konnte hier nur kurz hingewieſen werden. Doch ſelbſt dieſe Hinweiſe dürften genügen, um das Intereſſe der Oeffentlichkeit für dieſe Veranſtaltungen zu wecken. Aufnahmen: Ruth Hallensleben(1), Dr. Hubmann(3)— M A egmamaaammmnmmmmammme „Groſchengrabs Tage ſind gezähh Wir erinnern uns gern an die meiſten unſerer alten Bekannten und begegnen ihnen mit Freuden Aber das erneute Zuſammentreffen mit dem in Stadt und Land bekannten„Groſchengrab, dem Ungeheuer“, erweckt keinerlei Begeiſterung. Allerdings— rech beſehen, lag es ja in unſerer Hand, dieſes Wieder, ſehen zu verhindern. Wir waren durch eine ganze Reihe koſtſpieliger Lehren zur feſten Ueberzeugung gelangt, daß„Groſchengrab“ in unſerer Wohnung, im Bereich des eigenen täglichen Lebens keine Aufenthaltsmöglichkeiten mehr finden dürfe. Die oft von uns geförderte Freßſucht dieſes Ungeheuers ſchädigte die Wirtſchaftskaſſe ſehr ſpürbar. Längſß waren aus Pfennigen ganze Zehnpfennigſtücke— oder, wie man in Norddeutſchland ſagt,„Groſchen“ — geworden; die ſummierten ſich zu Markſtücken und ergaben ſchließlich bei einer Generalabrechnung im ganzen Gebiete des Altreiches einen Verluſt von rund eineinhalb Milliarden Reichsmark! Der Gegen⸗ wert beſtand aus Nahrungsgütern aller Art. Sie wurden vom Verderb erfaßt, kamen ungenützt um, und die Feſtſtellung dieſes Sachverhaltes berührt uns um ſo mehr, als die deutſche Landwirtſchaſt nur unter ſtärkſtem Einſatz perſönlicher und mate⸗ rieller Art dieſe der menſchlichen Ernährung vor⸗ beſtimmten Güter erzeugen konnte. Gewöhnlich lernt der Menſch am nachdrücklich⸗ ſten, wenn er die Folgen ſeines Handelns oder Unterlaſſens gehörig bezahlen muß. Oft ſind daher die Argumente des Geldbeutels überzeugender als die des Verſtandes Aber weil der Sommer ſich in dieſem Jahre etwas Zeit ließ, vergaß ſo mancher die Erfahrungen aus dem einſtigen Umgang mit Groſchengrab. Unverſehens ſchlich ſich das Unge⸗ heuer wieder ein, fand zur Speiſekammer und in andere Vorratsräume, tat ſich an den Früchten des Sommers gütlich, wenn wir entgegen allen Forde⸗ rungen einer geſunden Ernährung die Fleiſchge⸗ richte uſw. weiterhin bevorzugten. Bezahlen durf⸗ ten wir! Nun endlich dämmerte uns die Erkennt⸗ nis, daß nur ein grundlegender Wandel Ordnung ſchaffen könne. Darum ſind Groſchengrabs Tage jetzt gezählt!——