1 21 Nr. 256 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 1. November 1939 Die Technik im Kriege Der ſiegreiche und ſchnelle Verlauf des Krieges in Polen, die Geſamterfolge der deutſchen Wehrmacht zu Lande, zu Waſſer und in der Luft während der vergan⸗ genen Wochen waren ein einziges Dokument für die Lei⸗ ſtungsfähigkeit und den Geiſt der deutſchen Truppen und für die Qualität der von ihnen benutzten Waffen, In der Kombination von Menſch und Material iſt im Kriege zweifellos immer in erſter Linie der Geiſt ausſchlag⸗ gebend, andererſeits darf bei dem heutigen Stand der Kriegstechnik nicht vergeſſen werden, daß im Enderfolg wieder die beſſere Waffe in der Hand des guten Soldaten den Sieg erringt, eine Erkenntnis, die man bei den ver⸗ ſchiedenen Kampfhandlungen in Polen, im Seekrieg gegen England, an der Weſtfront und in der allgemeinen Luft⸗ abwehr immer wieder machen konnte. Der„Blitzſieg“ über Polen iſt neben ſeiner ſtrategi⸗ ſchen Vorbereitung, dem Geiſt und der phyſiſchen Kraft unſerer Soldaten in erſter Linie der Luftwaffe und den erdgebundenen motoriſierten Einheiten zu verdanken. Wir hatten Flugzeuge, die in der Schnelligkeit, in der Reich⸗ weite und in der feinmechaniſchen Ausrüſtung dem polni⸗ ſchen Material ſo überlegen waren, daß ſelbſt eine beſſere Führung und eine beſſere Truppe als die polniſche ſchach⸗ matt geſetzt worden wäre. Die Flüge unſerer Bomben⸗ und Kampfgeſchwader führten ſchon in den erſten Tagen des polniſchen Feldzuges dank ihrer vorgenannten Vor⸗ züge über das geſamte polniſche Gebiet. Ehe der in den vorderſten Fronten geſchlagene Feind zur Beſinnung kom⸗ men konnte und in der Lage war, rückwärtige Reſerven zu ſammeln und einzuſetzen, waren ſämtliche militäriſch wichtigen Verbindungsſtrecken, Sammelpunkte und Stütz⸗ punkte durch die Luftwaffe unbrauchbar gemacht. In der gleichen Weiſe gingen die erdgebundenen motoriſierten Waffen vor. Namentlich waren es hier die Panzertruppen, deren Material konſtruktionstechniſch dem Feind weit überlegen war. Die ſprichwörtlich ſchlechten polniſchen Straßen wie überhaupt die geſamte Unwegſamkeit des Landes, von der ſich die Polen insgeheim Erfolge ver⸗ ſprochen hatten, exiſtierten für die Panzerwagen nicht. Daher war es auch hier möglich, und zwar in Verbindung mit immer wieder vorſtoßenden Kampfſtaffeln der Luft⸗ waffe, dem zurückweichenden Feind jede Sammlungsmög⸗ lichkeit zu nehmen und ihn zu umzingeln, ehe er über den Lauf der Dinge Klarheit gewonnen hatte. Alle geiſtigen und phyſiſchen Leiſtungen der deutſchen Soldaten vorweg⸗ genommen, bleibt alſo die motoriſche Schnelligkeit des einſchlägigen Materials im Vordergrund, die beſſere Lei⸗ ſtung des deutſchen Technikers. Die gleichen Feſtſtellungen nach der rein techniſchen Bewährung hin ergeben ſich auch für alle Waffengattun⸗ gen, die bisher im Krieg an der Weſtfront, im Seekrieg gegen England und in der allgemeinen Luftabwehr ein⸗ geſetzt wurden. Das hervorragende Ergebnis unſerer Luft⸗ abwehr bei dem engliſchen Angriff auf Wilhelmshaven iſt beiſpielsweiſe einer der Beweiſe für die artillerietech⸗ niſche Ueberlegenheit unſerer Waffe. Die Tatſache, daß die deutſchen Torpedos beim Angriff auf angeblich tor⸗ pedofeſte engliſche Kriegsſchiffe einen hundertprozentigen Erfolg verzeichnen, läßt auch nach dieſer Richtung der techniſchen Qualität unſerer Waffen jeden Zweifel über⸗ flüſſig erſcheinen. Wenn wir den Geiſt der Truppe und die Qualität der Waffen als die Vorausſetzungen unſerer bisherigen Erfolge bezeichneten, ſo dürfen wir andererſeits nicht ver⸗ geſſen, daß gerade im Materialkrieg die Quantität der zur Verfügung ſtehenden Waffen eine große Rolle ſpielt. Man könnte ſagen, daß die Maſſe der Millionenheere durch, die kriegstechniſche Wandlung der Neuzeit, wie ſie jetzt mit der Luftwaffe und den erdgebundenen Einheiten des Hee⸗ res und den beſonderen Spezialtruppen der Marine in den Vordergrund tritt, mehr und mehr ergänzt und erſetzt wird. Dieſe Zunahme des Kriegsmaterials der zahlreichen Spezialtruppen ſetzt natürlich eine erhöhte Leiſtung der Heimat voraus. Es iſt nicht allein damit getan, daß in der Heimat jeder nur verfügbare Menſch direkt oder in⸗ direkt für die Rüſtungsinduſtrie eingeſetzt wird. Noch wich⸗ tiger erſcheint es, daß die Produktionsmittelinduſtrie, die Maſchinen⸗ und Apparateinduſtrie auf einer Höhe ſich be⸗ findet, die jede ausländiſche Hilfe erübrigt. Mit anderen Worten: die Rüſtungsinduſtrie legt den größten Wert auf die fortſchreitende techniſche Entwicklung der verſchiedenen Richtungen von Werkzeugmaſchinen. Nur auf dieſe Weiſe kann der ungeheure Bedarf von Material nicht nur men⸗ genmäßig, ſondern auch in hoher Qualität gedeckt werden. Der beſte Soldat in der Front iſt bei der heutigen Form der Kriegführung hilflos, wenn entweder die Menge ſeiner Waffen nicht genügt oder ihre Qualität den Anforderun⸗ gen nicht entſpricht. 5 Es iſt unter Berückſichtigung dieſer Notwendigkeit von nicht zu unterſchätzender Bedeutung, ob ein Volk wie das deutſche im vollen Bewußtſein ſeines Rechts und ſei⸗ ner Kraft an dem Schraubſtock der Rüſtungsinduſtrie ſteht, oder ein Volk wie das engliſche und franzöſiſche, das an dem Sinn des Krieges zweifelt und erkennt, daß gewiſſen⸗ loſe Kriegshetzer und Kriegsgewinnler die Nutznießer ihrer Arbeit ſind. Der deutſche Techniker im Konſtruktionsbüro der Rüſtungsinduſtrie und der deutſche Arbeiter am Schraubſtock ſchaffen aus ihrer inneren Ueberzeugung her⸗ aus das Beſte, was ſie können, ſie werden nicht an dem großen Ziel ihres Einſatzes zweifeln, ſie ſind darum die beſten Treuhänder für Quantität und Qualität der Aus⸗ rüſtung des deutſchen Soldaten. Und wenn jemand ſagen, würde, daß hier und da die Rohſtofffrage die Ausrüſtung⸗ des deutſchen Soldaten gefährden könnte, ſo hat ſich auch hier wieder der ſchöpferiſche Geiſt des Deutſchen in die Breſche geworfen. Ein großer Teil des Vierjahresplanes deſſen Früchte, wie Reichswirtſchaftsminiſter Dr. Funk kürzlich in ſeiner Rede ſagte, ſich jetzt ergeben, ruht auf der Grundlage neuer techniſcher Erkenntniſſe, namentlich auf dem weiten Gebiet der Apparateinduſtrie. Wir alle aber wiſſen ſchließlich, welche beſondere Förderung der ſchöpferiſche Geiſt gerade im nationalſozialiſtiſchen Deutſchland findet. Daß dabei das techniſche Können und die techniſche Leiſtung an erſter Stelle liegen, beruht in der Natur unſeres Zeitalters, das man ja das techniſche nennt. Deutſchland hat in den letzten Wochen gezeigt, daß es hier unbeſtritten die Führung beſitzt und einen der ausſchlaggebenden Faktoren für den Endſieg in der Hand hat. f Fr. O. Am Samstag, 4. November, und Sonntag, 5. November, iſt die 2. Reichsſtraßenſammlung für das Kriegs⸗WH W! 2 Verlaſſene Dörfer Im Vorfeld der Maginot⸗Linie.— Vorſtoß eines deulſchen Spähtrupps.— Zeichen eines überſtürzten Rückzuges der Franzoſen. Pg. Es geht ſchon auf die Mittagsſtunde zu, als wir die Fahrzeuge im letzten deutſchen Grenzort verlaſſen. Das Dorf iſt zeitweiſe von den Franzoſen beſetzt geweſen. Ver⸗ endetes, ſchon in Verweſung übergegangenes Vieh liegt auf den Straßen und in den Ställen. Die Einrichtung in den Häuſern iſt teils demoliert, teils mitgenommen. Es ſieht wüſt aus in den Wohnräumen. Alles iſt durchwühlt, zerſtört und verkommen. Wir haben keine Zeit zu längerem Aufenthalt. Wir wol⸗ len als Spähtrupp ins feindliche Vorfeld. Wir ſind 15 Mann. Zwei MGs gehen mit, um den Feuerſchutz zu über⸗ nehmen. Seit Wochen ſteht heute zum erſten Male die Sonne wieder am Himmel. Der Oberleutnant an der Spitze unſeres Trupps legt ein flottes Tempo die Höhe hinan vor. Nach einigen hundert Metern ſind wir oben. Links und rechts der Straße hatte ſich der Franzoſe einige Lö⸗ cher gebuddelt. Eine Biſtelle unſerer Artillerie iſt jetzt vor⸗ läufig dort eingerichtet. Nicht weit vor uns können wir die deutſch⸗franzöſiſchen Grenzpfähle ſehen. Schon können wir weit ins franzöſiſche Land blicken. Rechts reckt aus einer Mulde eine Kirche ihren Turm. Der Ort iſt unſer erſtes Ziel. Dahinter ſteigt das Land wieder an. Mit unſeren Gläſern ſuchen wir die Felder und Waldwieſen ab. Nichts iſt zu bemerken, dennoch iſt Vorſicht geboten. Unſer Spähtrupp löſt ſich in zwei Gruppen auf. Wäh⸗ rend die eine nach links auf eine Waldſpitze vorſtößt, über⸗ nimmt unſer MG den Feuerſchutz. So gehen wir unter ge⸗ genſeitigem Schutz abwechſelnd vor, die einen am Wald⸗ rand, wir die Straße entlang. Die Obſtbäume am Stra⸗ ßenrand bieten einige Deckung. Wir ſtoßen auf die zweite Widerſtandslinie der Franzoſen. Es ſind einzelne Kampf⸗ neſter. Die Drahthinderniſſe davor ſind nicht ſonderlich ſtark, die Unterſtände nicht ſo ſolide wie unſere. Kniehoch ſteht das Waſſer in den Löchern. Nach einigen Schritten tauchen die erſten Hausdächer aus der Mulde auf. Wir ſind etwa noch einen Kilometer von einem Dorf entfernt. Bald ſtoßen wir auf die Anfänge eines Graben⸗ ſyſtems. Nur an wenigen Stellen kann man ſchon auf⸗ recht im Graben ſtehen. Im allgemeinen iſt der Graben erſt zwei Spaten tief. Warum hat der Franzoſe dieſe Ar⸗ beiten nicht durchgeführt, wir ſtehen doch zwei Kilometer jenſeits der Grenze? Es haben auch keine Kämpfe ſtattge⸗ funden, in denen der Franzoſe zurückgedrängt worden wäre. Ein Rückzug alſo ohne Grund. Am nächſten Wegekreuz ſtößt die andere MG⸗Gruppe wieder zu uns. Wir wollen jetzt die Lage in dem vor uns liegenden Dorf erkunden. Der Weg fällt ſteil ab. Eine Schlucht bietet zunächſt einigermaßen Deckung. Bald tren⸗ nen ſich die Gruppen wieder, um von zwei Seiten aus das Dorf zu erreichen. Die beiden MGs bleiben vorerſt auf dem Hang zu unſerem Schutz zurück. Bevor wir weitergehen, taſten wie mit unſeren Gläſern den Gebäudekomplex ab. Nichts Verdächtiges iſt zu ſehen. Unmittelbar vor dem Ort hindert eine Straßenſperre unſeren Gang. Seitab durch Obſtgärten kürzen wir den Wega ab. Die Haustüren ſtehen offen. Mit Vorſicht werden die erſten Häuſer betreten, in der rechten Hand das Gewehr, während die Linke eine Handgranate im Koppel oder im Stiefelſchaft lockert. Nichts rührt ſich. Wir ſchauen in ein wüſtes Durcheinander. Die Küche gleicht eher einem Stall als einem Aufenthaltsraum für Menſchen. Der Anblick iſt kaum zu ſchildern. Dieſes Bild wiederholt ſich von Haus zu Haus., Es gibt keine Aus⸗ nahme. So haben die feindlichen Truppen in den Orten ge⸗ hauſt, die von ihren eigenen Landsleuten bei Kriegsbeginn geräumt worden ſind. Ein Miſthaufen vor einem Hofe wird von zwei ſchlachtreifen Schweinen um⸗ und umgewühlt. Ihr Grunzen unterbricht die Totenſtille im Ort. Was machen die Schweine noch hier? Wir glauben nicht an ein„Gaſtge⸗ ſchenk“ für uns. Dennoch würden wir die Tiere mitnehmen, aber unſer Weg iſt noch weit. Sie würden uns zu ſehr bin⸗ dern Bald ſind wir eine halbe Stunde im Ort. Kein Menſch und kein Feuer ſtören uns. Nur abſeits liegt Artilleriefeuer. Unſer Auftrag iſt hier erledigt. Alſo„Kehrt marſch!“ bis zur letzten Wegkreuzung. Dort wenden wir uns nach links. Bald nimmt uns ein leichter Laubwald auf. Unmittelbar an der Waldſpitze treffen wir auf verlaſſene MG⸗Neſter und Un⸗ terſtände. Noch mehrere Verteidigungslinien ziehen ſich durch den Wald Sie zeigen das Bild ſchneller Räu⸗ mung. Nach einer halben Stunde iſt das Waldende er⸗ reicht. Drahthinderniſſe halten uns nicht lange auf und über freies Feld geht es ausgeſchwärmt dem nächſten Ort entgegen. Wieder ruͤcken wir in zwei Gruppen über⸗ ſchlagend vor. Mancher Stacheldraht muß mit Rückſicht auf unſere Hoſen vorſichtig überklettert werden. Von den Bäu⸗ men lachen uns rote und gelbe Aepfel an. Im Vorbeigehen füllen wir uns die Taſchen. Wir ſind jetzt in Sichtweite der erſten Dorfhöhe. Dort ſtöbern überall Schweine in allen Größengruppen. Noch einige Hinderniſſe ſind im Feld zu überwinden, dann ſind die erſten Häuſer erreicht. Wieder wird der Ort von zwei Seiten zugleich betreten. Und wieder würde dieſe Vorſicht nicht nötig geweſen ſein, denn auch dieſes Dorf iſt von den Franzoſen geräumt. Der Ort iſt ebenſo verdreckt wie der erſte. Wir müſſen uns über⸗ winden, um die Häuſer zu betreten. Miniſterialrat Hans Fritzſche, 5 Leiter der Abteilung Deutſche Preſſe im Reichsminiſt rium für Volksaufklärung und Propaganda, der allabend lich die politiſche Zeitungs⸗ und Rundfunkſchau gibt. Drei Stunden ſind wir nun ſchon unterwegs. Es wird Zeit, zurückzukommen, um unſere Beobachtungen zu mel⸗ den. Wir ſtreifen wieder durch den ſchönen Wald. Diesmal am Oſtrand entlang, wo die befeſtigten Stellungen der Franzoſen geweſen ſind. Der Weg lohnt ſich. Ueber⸗ ſtürzt müſſen dieſe Stellungen verlaſſen worden ſein. Hatten ſie Geſpenſter geſehen? Viele Maſchinen⸗ gewehr⸗ und Granatwerfer⸗Munition, Stahlhelme, Feld⸗ mützen, Gerätetaſchen, Feldflaſchen, Leuchtpiſtolen und an⸗ dere Ausrüſtungsgegenſtände ſind zurückgeblieben. Wir packen alles auf und ſchleppen in Säcken, Zeltbahnen und Körben, die wir finden, die Beute zurück. Am Waldrand ſtoßen wir noch auf Reſte eines abgeſchoſſenen franzöſiſchen Flugzeuges. Im Umkreis von 200 Meter ſind die Maſchinenteile verſtreut, ſo heftig muß der Aufprall geweſen ſein. Das Maſchinengewehr liegt weitab im Feld. Wir packen es zu den übrigen Trophäen. Dann gehts weiter im flotten Schritt. Unſere Stimmung iſt aut, denn unſer Auftrag iſt erfüllt. Paul Dietrichs. „Erſtes Hotel am Weſtwall“ 85 NS.„Hotel Ewige Lampe, erſtes Hotel am Weſtwall, Tag und Nacht geöffnet. Kalte und warme Speiſen zu jeder Tages⸗ und Nachtzeit. Verſäumen auch Sie nicht, dieſes ein⸗ zigartige Hotelunternehmen der Welt mit Ihrem Beſuch zu beehren. In unſerem Haus werden Sie nur von fachlich ge⸗ prüften Kräften bedienk. Vom Küchenchef bis zur Aufwarte⸗ frau haben alle ihr ſtaatliches Examen abgelegt.— Zeit⸗ gemäße Preiſe!“ Der wirkungsvolle Werbetext dieſes Pla⸗ kaies ſcheint ſich hier wirklich zu bewahrheiten. In dem ge⸗ mütlichen hellen Speiſeſaal, in dem das Plakat an der Wand hängt, fühlen ſich die Gäſte ſichtlich wohl. Dieſes„Erſte Hotel am Weſtmall“ in der ſaarpfälziſchen Stadt Neunkirchen trägt ſeinen Namen mit Recht. Dort am blumengeſchmückten Tiſch links ſitzt eine Gruppe Weſt⸗ wallarbeiter vor einer Rieſenterrine, aus der würziger Duft emporſteigt, dort rechts ein Trupp Polizeibeamte und SS. mit geſegnetem Appetit. Die Feuerwache der Stadt hat ge⸗ rade die Mahlzeit beendet und räumt die Plätze für einen Trupp HJ. Die Jungen ſtürzen ſich mit Begeiſterung auf das Eſſen, denn Erntearbeit macht Hunger. Eben kommk eine junge Frau mit kleinen Kindern herein. Dienſtbare Geiſter nehmen ſie freundlich in Empfang und führen ſie in eines der Zimmer im erſten Stock. Sorgſam und geſchmarvoll iſt es eingerichtet, Kinderbetten ſtehen darin und ſogar Spielzeug für die Kinder iſt bereit. Man verſichert der jungen Frau, daß ſie dieſes Zimmer für die Nacht koſtenlos beziehen kann. Jetzt erſcheinen Soldaten, geben Bündel ab und bekommen andere Paketchen wieder in die Hand gedrückt. Einer packt es gleich aus und betrachtet bewundernd ſeinen Inhalt: ordentlich geſtopfte Strümpfe, geflickte Wäſche. Das i eg alſo! Im Hotel bekommt man gar noch ſeine Wäſche aus⸗ gebeſſert! Sie werden ſicher mißtrauiſch, lieber Leſer, und behaupten mit Recht, daß es ſo ein„Gaſthaus 19 5 guten Wilken ſo ein Idealhotel überhaupt nicht geben kann. Ja, es hab ſchon eine beſondere Bewandtnis mit dieſem„Erſten Hotel am Weſtwall“, denn es iſt in Wirklichkeit— eine Mütterſchule des Deutſchen Frauenwerkes. Ein luſtiger rheiniſcher Fern⸗ fahrer hat aus Dankbarkeit für die 110 Aufnahme in ſchwungvollen Druckbuchſtaben das Plakat gemalt und im Speiſeſaal duſgerert Der Fernfahrer hatte recht, als er das Hotel„Ewige Lampe“ taufte, denn in den ſorgſam verdunkelten Räumen brennt oft bis nachts 1 Uhr das Licht, und morgens vor 5 Uhr wird es ſchon wieder angezündet. Den ganzen Tag und oft auch während der Nacht kommen und gehen die Gäſte, und jeder wird freundlich empfangen, und alle ſeine Wünſche werden, wenn möglich, erfüllt. Auch die vollſtän⸗ dige und neuzeitliche Einrichtung der Küche kann ſich nun bei der Maſſenverpflegung— es wurden bis zu 600 Gäſte täg⸗ lich bewirtet— praktiſch bewähren. In der Nähſtube, in der bisher die Teilnehmerinnen der Kurſe Kinderſachen und Klei⸗ der für den eigenen Gebrauch nähten, häufen ſich jetzt die Berge von Soldatenwäſche, die von hilfreichen Frauen aus⸗ gebeſſert werden. Die Mütterſchullehrkräfte aber ſind richtig in ihrem Element. Jede Lehrkraft kann ihre Spezialkennt⸗ niſſe in der Haushaltführung oder im Nähen praktiſch„an den Mann“ bringen. Es ſtimmt ſchon, was der luſtige Fernfahrer in ſeinem Werbetert lobend hervorhob: Man wird nur von fachlich geprüften Kräften bedient, die alle ihr ſtaatliches Examen 1 haben. Ebenſo wichtig und richtig iſt auch ſeine Feſtſtellung der zeitgemäßen Preiſe. Daß die„Ewige Lampe“ ein einzigartiges Unternehmen iſt, wird niemand beſtreiten, einzigartig als Zeugnis der Kameradſchaftlichkeit und Hilfs⸗ bereitſchaft, die in dieſer Vollkommenheit nur im national⸗ ſozialiſtiſchen Deutſchland möglich iſt. HJ. wird vormilitäriſch ausgebildet. Handgranatenwerfen wird geübt. Eine Aufnahme von der vormilitäriſchen Ausbildung der HJ. in einer HJ. Führerſchule. Die vormilitäriſche Ausbildung der H., zu der der Reichsjugendführer jetzt umfangreiche Aus⸗ bildungsvorſchriften erließ, wird auch während des Krieges mit allen Mitteln fortgeſetzt zur Förderung von Geſund⸗ heit und Leiſtungsfähigkeit der deutſchen Jugend. 5 i Weltbild(M). Der Hühnerbraten kine Felojugsgeſchichte von Georg W. Pijet Vier Tage hatte es ein hölliſches Auf und Nieder Hinſchmeißen und Deckunggehen, Verſchanzen und Ein buddeln gegeben. Es hatte mächtig an unſeren Knochen gezerrt. Wir fürchteten, ſie nicht alle ſo wohlgeordne⸗ nach Hauſe zu bringen, wie wir ſie mitbekommen hatten Nun verröchelten die Geſchütze in der Ferne und in unſe⸗ rem Rücken, und die Flieger kreiſten in aller Gemütlich⸗ keit über Polen. Der Soldat Joſef Priebe kehrte mir ſein beſpritztes Geſicht zu und grinſte hoffnungsvoll „Riecht nach Friedensluft, Kamerad!“ 5 Wir wußten längſt, was Priebe damit meinte. Der Priebe hielt was vom guten und reichlichen Eſſen. Er hatte die Gewohnheit, ſich vor jeder Mahlzeit appetitlich die Hände zu belecken, ehe er damit nach Löffel oder Meſ⸗ ſer langte oder den Brotlaib in die Fauſt nahm. Priebe beſaß ſozuſagen einen ſechſten Sinn: er witterte ſchon aus größter Entfernung, was die andern erſt aus dem Blech⸗ napf enträtſeln mußten. Durch Wände und Schornſteine ſchnupperte Priebe. Und auch jetzt mußte ihm ein hoff⸗ nungsvoller Duft in die Naſe gekommen ſein. Wir konn⸗ ten uns auf Priebes Naſe verlaſſen. Eine Stunde ſpäter war der Zauber für heute been⸗ det, und wir ſchoben uns in Stärke von drei Mann unter das gaſtliche Dach eines kleinen Bauern. Bald war das Eſſen geholt. Vor uns ringelten vollbrüſtige Heringe ihre Schwanzfloſſen. Ein Kartoffelberg dampfte, und da⸗ neben grinſte uns eine Schnapsflaſche an. Alle guten Dinge waren beiſammen. „Priebe, Pfötchen lecken!“ riefen wir— Kuhn, unſer dritter Mann, und ich. Und wirklich, der Priebe wiſchte ſich, während ſeine Blicke funkelnd die Tafel umfaßten, ſeine verdreckte Rechte blitzſchnell an Lippen und Zungen⸗ ſpitze vorbei. Dann ſpuckte er kräftig aus, hieb Torniſter und Trommel in die Ecke und ſchulterte das Gewehr ab. Auch wir anderen beleckten uns die Finger— aber hinterher, denn der Hering zerſchmolz wie leicht verſalzene Butter, und der Schnaps ſpülte den Salzgeſchmack von der Zunge. Am nächſten Tag gab es einen ruhigen Vormittag. Nächſt ſeiner Pflicht denkt der Soldat ans Eſſen. Und der Priebe im beſonderen ſah voller Unruhe die Mittags⸗ zeit herannahen.„Saftige Hühner laufen hier umher!“ pfiff er zwiſchen den Zähnen in die Luft „Vielleicht kriegen wir mal eins vorgeſetzt“, meinte ich. Priebe ſchwieg, doch als wir uns auf den Weg in unſer Quartier machten, ſchnupperte ſeine Naſe verdächtig in der Luft umher.„Na, Priebe, wie ſteht's mit dem Hühnerbraten?“ ulkte Kuhn. „Noch riech' ich keine Feder“, brummte Priebe. Als wir die Küchentür aufſtießen, bemerkten wir zum erſten⸗ mal, daß Priebe ſein Fingerlecken vergaß und wenig an⸗ dächtig in der Gegend umherſpähte, als ſuche er nach ver⸗ ſteckten Oſtereiern.„Jungs, ich hab' verteufelten Appetit auf ſolch Hühnchen. Da die Weiße. Die wär' gerade recht für ihr Alter. Oder die Pfeffer und Salz da. Fabel⸗ hafte Schenkel läßt die ahnen.“ Wir ſahen ſie bereits als braungebratene duftige Braten auf uns zuſchwanlen. Oh ja, wir teilten Priebes Appetit.„Aber ſo einfach klauen?“ fragten wir ein biß⸗ chen entſetzt. 5 „Wer ſagt was vom Klauen? Die lachen wir uns an. Einfach. Haben wir uns etwa die Dinger nicht ver⸗ dient?“ Solch zwingender Logik wagten wir nicht zu widerſprechen. „Alſo, ich mach' das ſchon, Jungs. Morgen früh, wenn wir abrücken, ſind die zwei jungen Damen beim Regiment!“ Priebes Wagemut wurde uns unheimlich, aber wir verbargen es voreinander. Priebe imponierte uns einfach! Lange ſchon, bevor die Hühner aufſtanden, marſchier⸗ E ale, dtaffenlerg Roman von Dtto Haus Braun. Frau Hildtrud war mit ihrem Sohn allein; ſie hatte Anne unter einem Vorwand entfernt. Die Ausſprache mit ihm brannte ihr auf der Seele, ſie durfte keine Zeit mehr verlieren. „So, ſo“, ſagte Axel in ſingendem Ton,„das alſo iſt der wichtige Grund, aus dem ich ſo eilig nach Hauſe kom⸗ men mußte.“ „Du mußt nun endlich Dein Verſprechen einlöſen, mein Junge! In ein paar Wochen wird Anne achtzehn Jahre alt, dann heißt es, die Karten auf den Tiſch legen. Aber dieſer Hinweis wird ja hoffentlich garnicht nötig ſein. Ich habe vorhin zu meiner Freude bemerkt, daß Anne Dir doch wohl nicht ganz gleichgültig iſt.“ „Sie iſt ein ganz famoſer kleiner Kerl, Mama „Wie Du das ſagſt, Axel! Ich finde ſie wirklich ent⸗ zückend und liebreizend!“ „Was würdeſt Du nun erſt ſagen, wenn Du Helva von Goldingen ſehen würdeſt!“ „Wer iſt denn das?“ fragte die Mutter aufhorchend und etwas beunruhigt. „Entſinnſt Du 8 daß Du gelegentlich unſeres erſten Geſprächs über das Heiratsprojekt mit Liſa von Ortels⸗ hoff die Außerung tateſt: Ich warte wohl auf eine Märchen⸗ prinzeſſin vom Mond? Nun, vom Mond iſt ſie zwar nicht gekommen, aber aus Südamerika!“ Frau von Staffenberg war über die Enthüllungen ihres Sohnes zunächſt garnicht entzückt. Klar und einfach hatte ſie die Zukunft vor ſich geſehen und nun wollte ihr ſcheinen, daß ſich neue Schwierigkeiten auftürmten. „Wenn ich als Schwiegerſohn des Salpeterkönigs Mil⸗ lionen zu erwarten habe, Mama, dann wirſt Du wohl ver⸗ ſtehen, daß ich nicht leichtfertig darauf verzichten werde.“ „Ja, freilich, freilich“, erwiderte die Mutter, die nun doch nachdenklich geworden war. Annes Vermögen hatte es zwar ermöglicht, daß man die große Hypothek zurück⸗ zahlen und etwas mehr als einen Notpfennig auf die Seite legen konnte, aber ein Mädel mit Millionen als Schwieger⸗ tochter gewährte denn doch einen erheblich anderen Aus⸗ blick in die Zukunft.„Biſt Du denn Dir aber auch gewiß. daß ſie Dich heiraten will?“ „Wenn ich nicht die überzeugung hätte, Mama, würde ich von dieſem Projekt überhaupt nicht geſprochen haben.“ „Wann wird es ſich denn entſcheiden?“ „Sie iſt mit ihrem Vater augenblicklich in Paris, doch kommen beide nach Berlin, und dann gedenke ich ihr meinen Antrag zu een „Wäre es nicht beſſ Vorwand auch nach Paris fahren würdeſt?“ 0 Keulen durch drei!“ rechnete er. er, wenn Du unter irgendeinem. ten wir aus dem Dorf. Wir kamen nicht dazu, mit Priebe ein Wort zu wechſeln. Stumm und ruhig hatte er ſich das Gepäck übergeſchnallt, die Trommel eingehängt und das Gewehr ergriffen. Erſt draußen nickte er uns be⸗ deutſam zu.„Zu Befehl, Hühner ſind mit angetreten!“ Immer wieder liefen unſere Blicke unruhig die Land⸗ ſtraße zurück, ob nicht irgendein Unheil hinter uns her⸗ jagte, aber es ſchien, daß wir mit unſeren Braten heil davonkommen ſollten. Wir pfiffen ſogar wieder. Da rollte plötzlich ein Wägelchen hinter uns drein. Irgend⸗ denn wir flitzten heißhungrig nach allen Seiten ausein⸗ ander. Als ich mit der erſten Holzladung zurückkehrte, leuchteten die gerupften Hühnerleiber unter Priebes Hän⸗ den hervor. Bei meiner zweiten Rückkehr brutzelten ſie ſchon luſtig im Topfe, und als ich das drittemal meine Naſe unter den Deckel ſteckte, bräunte es ſich ſchon viel⸗ verſprechend um Keulen und Lenden, und ein feiner Duft verſetzte uns in ſeltſame Erregung. Langſam wurde es ſtiller, während die Hühner ihrer Reife zudampften. Priebe ſchärfte ſein Meſſer.„Vier „Eine ſchwierige Rech⸗ nung!“ Plötzlich hielt er die Luft an und verſuchte, zum Lager hinüberzuſtarren. Ein Geräuſch näherte ſich uns. Ein Säbel, der gegen die Langſchäfter ſchlenkerte. Wir kannten das Signal. Der Spieß oder der Alte gar? Ehe wir's recht überlegen konnten, wohin mit dem Braten, erhoben ſich neben uns die braunen Langſchäfter des Hauptmanns. Wir wollten aufſpritzen, aber er gab uns einen Wink, ſitzenzubleiben.„Weitermachen!“ Mit etwas gemiſchten Gefühlen beobachteten wir das Bräunen der Hühnerbrüſte.„Ich glaube, ſie ſind gut!“ ſtellte Priebe ſeelenruhig feſt und zückte ſein Meſſer. Sicher ſäbelte er eine der feiſten Keulen ab und ſervierte ſie dem Haupt⸗ mann auf einem Topfdeckel.„Wollen der Herr Haupt⸗ mann gütigſt koſten?!“ Schmunzelnd griff der Hauptmann nach der Keule und verſpeiſte ſie ſtehend. Auch wir anderen kauten, aber ſo vorſichtig und langſam, als biſſen wir in Gummi. wie kam es uns bekannt vor. Auch der Mann, der darauf die Peitſche ſchwang, war uns noch ganz undeutlich in Erinnerung. Wir warfen uns furchtſame Blicke zu, nur Priebe verzog keine Miene und ſtarrte den kommenden Ereigniſſen mit unſchuldigſtem Lammgeſicht entgegen. Zuerſt ſpritzte ein Gefreiter am Zug entlang zu dem an der Spitze reitenden Hauptmann. Er ließ den Zug an ſich vorbeipaſſieren und gab nach einigen Augenblicken den Befehl zum Halten. Wir mußten unſer geſamtes Gepäck ablegen und ſeitwärts auf den Straßenrand tre⸗ ten. Inzwiſchen begannen einige Unteroffiziere, alle Tor⸗ niſter und Beutel zu durchſuchen. Unſere Blicke waren nur unausgeſetzt auf Priebes Gepäck gerichtet, während Priebe ſelbſt gleichmütig in die Luft ſtarrte, als gingen ihn die geſtohlenen Hühner nicht die kleinſte Feder an. In unſeren Fäuſten und Leibern ſiedete es vor Spannung und Erwartung. Schon packte eine derbe Soldatenfauſt nach Priebes Torniſter, zwängte ihn auf und durchwühlte ihn bis zum Grunde. Nicht ein einziges Mal verzog Priebe ſein Geſicht. Im Brotbeutel werden ſie ſtecken! zitterten wir, aber auch im Brotbeutel fand ſich nicht eine Feder von den jungen Damen.„Solch Aufſchneider!“ grollten wir, der Kuhn und ich, und verſprachen ihm eine gehörige Tracht Prügel. Nach vollzogener Reviſion mußte das Bäuerlein unverrichteter Dinge wieder abziehen, während der Haupt⸗ mann Befehl zum Weitermarſch gab. Gegen Abend biwakierten wir auf einer weiten Heide. Bald ſtanden die Zelte, und die Feuer dampften. Eß⸗ geſchirre klapperten, und der Duft guten braven Kohls beruhigte alle Gemüter. Wir wollten über Priebe her⸗ fallen, aber er beleckte ſich ſchmunzelnd ſeine beiden Hände und kommandierte nur:„Los! Jungs, wir legen uns ab⸗ ſeits. Und dann holt Waſſer und Holz herbei. Das andere mach' ich ſchon ſelber!“. „Was? Du haſt die Hühner?“ ſtießen wir wie aus einem Munde hervor. Darauf hielt es Priebe nicht für nötig zu antworten, und wir warteten auch nicht darauf, „Das hätte ich ſchon ſelbſt vorgeſchlagen, wenn ich genau wüßte, wie lange ihr Aufenthalt dort dauern wird. Herr von Goldingen hat mir übrigens zugeſagt, mich zu benachrichtigen, ſobald ſie in Berlin eingetroffen ſind.“ Frau Hildtrud ſeufzte leicht; ſie hätte gern auf der Stelle Gewißheit gehabt. Acht Tage vergingen, während deren es ihr ſehr ſchwer fiel, Geduld zu bewahren. Aber dann war es ihr beim beſten Willen nicht länger möglich. Sie drängte Axel. doch lieber nach Paris zu reiſen. Er würde ſich leicht dazu entſchloſſen haben, wenn er, der ewige Optimiſt, nicht auf eine Glücksbotſchaft aus Hollywood gehofft hätte, die jedoch garnicht zu erwarten war. Jetzt, da Helva ihm fern war, nahm ſie ſeine Ge⸗ danken längſt nicht ſo ſtark gefangen wie Hermi, deren Bild ſeine Seele wieder ſtärker beſchäftigte. Er verſchol daher ſeine Abreiſe nach Paris von einem Tage zum anderen, bis die Mutter ſchließlich erklärte, ſie könne dieſe Hinauszögerung der Entſcheidung nicht mehr mit anſehen Da blieb ihm nichts weiter übrig, als ſich zu dem Entſchluß aufzuraffen, ſich dem Willen der Mutter zu fügen. Frau Hildtrud war mit Anne einer Einladung auf dae Nachbargut Bernsfeld gefolgt. Axel hatte ſich mit dringen den Arbeiten entſchuldigt und war auf die Felder geritten Von dort kehrte er etwas kopfhängeriſch zurück. Ein Stallburſche eilte herbei und nahm ihm das Pferd ab Dann ſchlenderte er achtlos über den Gutshof. Plötzlich blieb er ſtehen, als er an der Remiſentür eir fremdes Auto gewahrte. Er ging darauf zu und bemerkte daß der Wagen beſchädigt war; er mußte einen heftiger Zuſammenſtoß gehabt haben. Kopfſchüttelnd betrachtet er ſich den Schaden. Da kam im Laufſchritt der Diener auf ihn zu. „Wem gehört denn der Wagen? Und was iſt denn do paſſiert?“ erkundigte ſich Axel. „Ein Herr und eine junge Dame“, berichtete der Diener,„ſind im Walde gegen einen Baum gefahren. Do ſie mit dem Auto nicht weiter konnten, hat der Inſpektor ſie und den Wagen hierherbringen laſſen. Die Herrſchaften ſind im Schloß und bitten Sie um eine Unterredung.“ Axel kam dieſer Zwiſchenfall ſehr ungelegen. Es blieb ihm aber nichts anderes übrig, als ſich der Leute anzu⸗ nehmen, die offenbar ſehr unſelbſtändig waren, ſonſt hätten ſie 12 7 nach der nächſten Bahnſtation und ihren Wagen zur Reparatur in die Kreisſtadt bringen laſſen Axel betrat die Halle, in der die beiden unfreiwilligen Beſucher auf ihn warteten; aufs höchſte überraſcht blieb er wie angewurzelt ſtehen, denn er erkannte in ihnen Gee von Goldingen und ſeine Tochter. Helva hatte Mantel und Kappe abgelegt und hielt, in der Halle umhergehend, Amſchau. In einem hellen, duf⸗ tigen Sommerkleid bot ſie einen entzückenden Anblick. Sie * Der Hauptmann wiſchte ſich Mund und Hände und blickte uns der Reihe nach an.„So, Kerls, und nun ſagt ihr mir, wo ihr die Hühner gehabt habt!“ Fragend ſtarrten wir zuerſt auf den Hauptmann und dann auf Priebe. Der biß noch immer an ſeinem Kno⸗ chen herum und machte nicht die geringſten Anſtalten, eine Antwort zu geben.„Na, heraus mit der Sprache!“ Der Hauptmann fixierte Priebe.„Man redet nicht gern dar⸗ über, Herr Hauptmann. Das iſt wie mit den Frauen“ antwortete Priebe reſigniert, i „Na, los! los! Es geſchieht euch nichts! darauf!“ „a denn ehe er's von der Hauptmann!“ Der Offizier ſchmunzelte.„Ihr werdet das wieder gutmachen. Auf jeden Fall: Ich dulde keinen Diebſtahll⸗ Kuhn und ich riſſen die Hacken zuſammen.„Herr Haupt mann!“ donnerten wir zuſammen heraus. Er blickte uns an. „Na, los!“ befahl der Hauptmann und blickte mich an, „Herr Hauptmann, ich habe das Geld für die beiden Hühner unter das Kopfkiſſen meines Bettes geſteckt. Die Hühner ſind alſo bezahlt!“ brachte ich heraus.„Haben Sie das wirklich?“ 5 „Mein Wort, Herr Hauptmann!“ donnerte ich.„Und Sie? Können Sie das bezeugen?“ wandte ſich der Haupk mann an Kuhn, aber der verdrehte nur geiſterhaft ſeine Augen und ſtammelte:„Bezeugen nicht, Herr Hauptmann aber ich habe die Hühner auch bezahlt. Unter die Tiſch⸗ decke hab' ich das Geld geſchoben!“ Priebe blieb darüber der Keulenknochen im Halſe ſtecken. Mein Worf Priebe gab ſich einen heftigen Stoß Seele bekam:„In der Trommel, Herz Rund funk⸗ Programme Reichsſender Stuttgart Jeden Werktag wiederkehrende Programmnummern; 6 Morgenlied, Zeit, Nachrichten, Landwirtſchaft, Gymnaſtit 6.30 Frühkonzerk, dazwiſchen: 7 bis 715 Nachrichten(deutſch 7.50 Für dich daheim; 8 Volkslieder; 8.10 Gymnaſtik; 800 Sendepauſe; 11.30 Volksmuſik und Bauernkalender; 12 Mit. tagskonzert, dazwiſchen: 12.30 bis 12.40 Nachrichten(deutſch), 12.40 bis 12.50 Nachrichten(franzöſiſch); 13 e 14 Nachrichten(deutſch), anſchließend: Schallplatten; 1430 Nachrichten(franzöſiſch), anſchließend: Schallplatten; 16 Mu ſik am Nachmittag; 17 Nachrichten(deutſch), anſchließend: Schallplatten; 17.30 Nachrichten(franzöſiſch), anſchließend Schallplatten; 18 Aus Zeit und Leben: 18.30 Aus dem Zeitge⸗ ſchehen; 19 Nachrichten(franzöſiſch); 19.10 Uebertragung aus Berlin; 20 Nachrichten(deutſch), anſchließend: Uebertragung vom Deutſchlandſender, dazwiſchen: 21.10 Nachrichten Donnerstag, den 2. November 15 Zögernd leiſe. Szenen um die Entſtehung eines Schubertliedes; 15.45 Klaviermuſik; 18.15 Zwiſchenmuſik. Freitag, den 3. November 15.45 Aus dem Skizzenbuch der Heimat: Schwäbiſcher einz 17.15 Kulturkalender; 18.15 Zwiſchenmuſik. Samstag, den 4. November 15 Muſik am Samstagnachmittag; 16 D'r Preſtlengsgok⸗ kel, ſchwäbiſcher Schwank; 18.15 Württembergiſche und badi⸗ ſche Sportvorſchau. Reichsſender Frankfurt a. M. Donnerstag, den 2. November 9.90 Schulfunk; 10 Frohe Weiſen; 11 Konzert: 14.15 Daz Stündchen nach Tiſch; 18 Ruf ins Land: 18.15 Blasmuſil 19.10 Berichte. Freitag, den 3. November 68.20 Mutter turnt und ſpielt mit dem Kind: 9.30 Schul⸗ funk; 10 Frohe Weiſen; 11 Konzert; 14.15 Immer, wenn Soldaten ſingen; 15 Zwei frohe Stunden für unſere Solda⸗ ten am Weſtwall; 1.10 Nachmittagskonzert; 18 Klingende Liebesgaben; 19.10 Zum Feierabend. dazwiſchen: Berichte. Samstag, den 4. November 8.20 Deutſchland— Kinderland; 10 Frohe Weiſen; 11 Konzert; 14.15 Beliebte Melodien; 18 Frohſinn zum Wo chenende; 19.10 Berichte. wirkte auf Axel blendend wie das Gefunkel eines koſt⸗ baren Diamanten. „Wie vom Himmel gefallen!“ ſagte ſie lachend. Es blieb zweifelhaft, ob ſie damit auf Axels erſtauntes Geſicht, ode auf ihre unerwartete Anweſenheit anſpielte. „Sehr wahr! Ein Engel iſt auf Staffenberg einge kehrt!“ antwortete er galant und begrüßte ſie herzlichst „Ich freue mich, die Ehre zu haben, Sie bei mir zu ſehen!“ Geo von Goldingen, der etwas im Hintergrunde auf einem der bequemen Armſtühle ausgeruht hatte, nähert ſich ihm. „Es iſt ſchon mehr ein überfall, aber ein gänzlich un⸗ heabſichtigter, verehrter Herr von Staffenberg. Wir haben Pech gehabt!“ Axel nickte. „Darüber ſollte ich mich eigentlich nicht freuen, wenn ch es dennoch tue, ſo iſt es beſtimmt keine Schadenfreude, N ein Frohlocken, Sie als meine Gäſte bei mir zu ehen.“ „Sehr liebenswürdig von Ihnen, Herr von Staffenberg, tber trotzdem, mir wäre es lieber geweſen, unſer Chauffeur, her uns von Paris nach Berlin bringen ſollte, hätte keine Blinddarmentzündung bekommen. Wir mußten ihn unter⸗ vegs zurücklaſſen. And wenn Helva nicht eigenſinnig dar⸗ uf beſtanden hätte, ſelbſt ſteuern zu wollen...“ „Oh, bitte, Papa, nicht ich, ſondern Du biſt gegen den 118 gefahren! So lange ich ſteuerte, iſt uns nichts zu⸗ zeſtoßen.“ „Ich beſtreite das durchaus nicht, mein Kind. Ich vollte lediglich ſagen, daß wir beſſer getan hätten, einen inderen Chauffeur zu nehmen.“ 8 „Das ſehe ich jetzt auch ein, wenigſtens für die Zeit, vo Du den Wagen lenkteſt, denn Du haſt Dich verfahren und wollteſt dann übereilig einholen, was wir durch den Umweg verſäumt hatten.“ „Zum Glück iſt noch alles gut gegangen, wie? Sie elbſt haben keinen Schaden erlitten?“ fragte Axel. „Nein, wir ſind mit dem Schrecken davongekommen. Und als wir hörten, wo wir uns befanden, da haben wir die Gelegenheit ergriffen, Ihnen guten Tag zu ſagen, fahl wären wir ſchon längſt mit der Bahn weiter ge⸗ ahren.“ „Statt deſſen werden Sie nun für ein paar Tage meine Gäſte ſein und in Ruhe abwarten, bis Ihr Wagen wieder betriebsfähig iſt.“ Herr von Goldingen wiegte den Kopf und machte eine zweifelnde Miene. 5 g f 172855 weiß nicht recht, ob ſich das wird ermöglichen aſſen.“ „Vielleicht doch, Papa!“ drängte ihn da Helva und bat mit Blick und Miene. die Einl. 5 3 ung anzunehmen. (Fortſetzung folgt)