ee Nr. 286 Neckar ⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 6. Orzember 1939 Indiens Freiheitskampf [Es mehren ſich die Anzeichen dafür, daß die Bewe⸗ gung gegen die engliſche Unterdrückung in Indien die wei⸗ teſten Kreiſe des indiſchen Volkes erfaßt. Die allgemeine Streikbewegung, die kürzlich in Bombay 90 000 und in Kalkutta 40 000 Arbeiter und Arbeiterinnen erfaßt hat, beſchränkt ſich keineswegs nur auf die Großſtädte, ſondern zieht ſich allmählich über das ganze rieſige Land hin. Trotz⸗ dem die Engländer begreiflicherweiſe die meiſten Nachrich⸗ ten darüber unterſchlagen, ſickert genug durch, um die all⸗ gemeine Gärung in Indien aufs neue zu beſtätigen. So ſind jetzt in der Induſtrieſtadt Naihati, nördlich von Kal⸗ kutta, die Belegſchaften der Jutefabriken in den Ausſtand, etreten. 11000 Arbeiter und Arbeiterinnen fordern wenig⸗ Ins angemeſſene Löhne. Wie man hierzu erfährt, iſt es bereits zur blutigen Unterdrückung der Inder gekommen. Als die Arbeiter auf einer Maſſenverſammlung gegen die Ausbeutung der britiſchen Kapitaliſten proteſtierten, drang plötzlich engliſche Polizei in die erregte Menge und ſchlug erbarmungslos mit langen Stöcken auf die wehrloſen De⸗ monſtranten ein. Eine große Anzahl der Verſammlungs⸗ teilnehmer wurde erheblich verletzt, darunter auch Frauen und Kinder, die ſich aus dem Gedränge nicht retten konn⸗ ten. In allen dieſen Proteſtkundgebungen findet die maßloſe Empörung der Inder beredten Ausdruck. Sie beleuchten grell den unbeſchreiblichen ſozialen Tiefſtand, auf dem die indiſchen Völker ihr kümmerliches Daſein friſten müſſen. Mit größter Erregung ſtellen die Redner die ungeheuren Gewinne der engliſchen Fabrikbeſitzer den Hungerlöhnen der indiſchen Arbeiter gegenüber. Sie fordern nicht nur höhere Löhne, ſondern auch die ſofortige Herabſetzung der 13⸗ bis 16ſtündigen Arbeitszeit und die völlige Abſchaffung der Kinderarbeit. Auf allen Verſammlungen wird darauf hingewieſen, daß die Arbeiter infolge der niedrigen Löhne ihre kleinen Kinder in die Fabriken ſchicken müſſen, wo ſie meiſt 10 und mehr Stunden erbarmungslos ausgepreßt werden. Was das bedeutet, wird erſt klar, wenn man an das feuchtheiße Klima denkt und wenn man weiß, daß fieber⸗ geſchwängerte Luft Lon den Sümpfen um Kalkutta her⸗ überweht. Daher iſt die Kinderſterblichkeit auch in dieſem Teil Indiens außerordentlich groß. Warum entrüſten ſich die Londoner Politiker und Zei⸗ tungsſchreiber nicht über dieſe geradezu unglaublichen Zu⸗ ſtände? Wir meinen, ſie hätten weit mehr Grund dazu, als für ihre Entrüſtung über die„Unterdrückungen“, die ſich angeblich Deutſchland gegenüber anderen Völkern lei⸗ 80 Es gibt im Großdeutſchen Reich keine Zuſtände wie in ndien. Alle Arbeiter, gleich welcher Nationalität, haben bei uns ihr Auskommen. Niemand braucht zu hungern. Aber in Indien können die engliſchen Geldſäcke im Durch⸗ ſchnitt 90 Prozent und in ſetten Jahren ſogar 400 Prozent verdienen und zur gleichen Zeit leiden 70 Millionen Men⸗ ſchen infolge der Hungerlöhne an Unterernährung. Dort „dürfen“ die Frauen laut Geſetz in den Bergwerken 11 Stunden unter Tage für die britiſchen Beſitzer ſchuften. Dort „dürfen“ ſogar innerhalb 40 Jahren 30 Millionen Menſchen vor Hunger ſterben! Daß England über Indien mit brutaler Gewalt herrſcht, 5 der britiſche Miniſter des Innern unter Baldwin, Sir oynſen⸗Hicks im Unterhaus ſelber ausgeſprochen: „Wir haben Indien nicht zugunſten der Inder erobert. Ich weiß wohl, daß auf Miſſionsverſammlungen geſagt wird, wir hätten das Land erobert, um die Kultur zu heben. Das iſt Heuchelei! Wir haben vielmehr Indien erobert, um uns Abſatz für unſere Waren zu ſichern. Wir haben das Land mit dem Schwert erobert und mit dem Schwert werden wir es erhalten.(Auf Pfutrufe von links): Sagen Sie was Sie wollen, ich habe es mit den Tatſachen zu tun.“ Das ſind Worte eines engliſchen Miniſters. Man braucht ihnen nichts weiter hinzuzufügen. Setzen wir aber noch ein paar Zahlen hierher, die das Ergebnis dieſer Politik beleuchten: Der überwiegende Teil der Bevölkerung hun⸗ ert ſtändig, und zwar ſo ſtark, daß der Inder im Durch⸗ ſchnitt unter engliſcher Herrſchaft nicht älter als 24 Jahre wird; dabei iſt Indien ein Land mit rieſiger Getreideaus⸗ fuhr, das 91 Prozent des Weizen⸗, 85 Prozent des Tee⸗ und 73 Prozent des Kaffee⸗Ertrages ſowie faſt den geſam⸗ ten Baumwollbedarf Englands nach den britiſchen Inſeln liefern muß; Indien iſt bei 12ſtündiger Tagesarbeit das Land mit dem niedrigſten Einkommen pro Kopf in der Welt. Aber es wird von England gezwungen, ſolche Men⸗ en Opium anzubauen, daß England allein 80 Millionen ark jährlich Opiumſteuer einheimſt; im Weltkrieg mußte Indien 1.1 Millionen Mann ins Feld ſtellen, ſeine Geſamt⸗ kriegsleiſtung für den engliſchen Imperialismus betrug 10 Milliarden Mark, die größte jemals erzwungene Kriegs⸗ leiſtung eines Volkes für ein fremdes Eroberervolk. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat Indien ſchon einmal einen Freiheitskampf gegen ſeine bri⸗ tiſchen Unterdrücker geführt. Die Engländer haben ſenen Freiheitskampf in ungeheuren Blutbädern unterdrückt. Es trug auch zum Mißlingen des Aufſtandes bei, daß die Be⸗ völkerung bekanntlich ſtreng in Koſten geſpalten iſt, daß es über 50 Sprachen und über 200 Dialekte gibt und ſchließ⸗ lich, daß dem Hindu die Gewaltanwendung durch religiöſe Vorſchriften verboten iſt. Es wird ſich zu zeigen haben, wie⸗ viel von all dieſen Behinderungsmomenten in einem viel⸗ leicht ausbrechenden zweiten Freiheitskampf Indiens be⸗ ſeitigt oder wenigſtens zurückgeſtellt werden können. Die einzige Folge jenes erſten großen Freiheitskampfes war der Erlaß der Königin Viktioria vom Jahre 1858, wo⸗ nach in Indien ſeder vor dem Geſetz gleich ſein ſolle. Da es ein engliſches Geſetz für eine blutig terroriſierte Kolonie war, wurde ſeine Umſetzung in die Praxis von England elbſtverſtändlich verhindert. Aber die Zeit nach den engli⸗ chen Blutbädern von 1857 hatte noch eine andere Folge: er heute ſo lebhaft tätige Allindiſche Nationalkongreß führt ſeine Entſtehung bis in jene Zeit zurück. Und hier verzeichnen wir etwas ungemein Bezeichnendes, tupiſch Eng⸗ liſches: der Verfaſſer des Programms des Allindiſchen Na⸗ tionalkongreſſes aus dem vorigen Jahrhundert war ein— Engländer, Allen Octavian Hume. Er war Sekretär der Re⸗ 8 0 für Indien, hatte aber, nachdem er ſich in das ertrauen der kindhaft gläubigen Mitglieder des Kongreſ⸗ ſes eingeſchlichen hatte, mit Wiſſen und im Auftrage der britiſchen Regierung in London ſein Amt niedergelegt und ließ ſich von den betrogenen Indern als Verfaſſer des Kon⸗ bei eres feiern— es war dem engliſchen Geheim⸗ ienſt gelungen, die zuerſt anonym von Indern geleitete Kongreßbewegung in engliſch beſtimmte Bahnen zu lenken! Der fortgeſetzte Betrug, den England unter Bruch zahl⸗ loſer Verſprechungen an der Ausbeutungskolonie Indien verübte, hat es für alle Zeiten unmöglich gemacht, daß die Männer der indiſchen Freiheitsbewegung auf derartige echt N 1 0 9 britiſche Schiebungen noch einmal hineinfallen werden. Wir nennen unter dieſen führenden Perſönlichkeiten außer dem Mahatma Gandhi(Mahatma= Führer. Prophet, Heiliger) beiſpielsweiſe noch Dſchafadis, der ſogar den engliſchen Baronetstitel trägt, den Geſchichts⸗ und Wirtſchaftsforſcher Benoy Kumar Sarkay, den Naturwiſſenſchaftler Chandra Boſe oder rein politiſche Perſönlichkeiten wie Pandit Tara⸗ chand Roy, Dr. Taraknath Das, der ſeit Jahren aus Indien verbannt iſt und in Amerika lebt, und vor allem Pandit Nehru, die aktivſte Führerperſönlichkeit. Jetzt erhebt für Indien, dieſes größte Sklavengebiet der Welt, die indiſche Nationalbewegung den Ruf:, Freiheit oder Rebellion!“ Es iſt eine vielleicht nie wiederkehrende Chance; denn zum erſten Male in ſeiner Geſchichte iſt End⸗ land gezwungen, in einem Kriege mit allen Machtmitteln um ſein Reich zu kämpfen. Schuldner in der Kriegszeit Vertragshilfe des Richters für Anpaſſung. Die Umſtellung der deutſchen Wirtſchaft auf die durch den Krieg geſchaffenen Verhältniſſe hat manchen Gewerbe⸗ treibenden gezwungen, ſeinen Betrieb ſtillzulegen, umzuſtellen oder einzuſchränken. Es wird erwartet, daß die Gläubiger auf die beſondere Lage eines ſolchen Schuldners Rückſicht nehmen und ſich mit ihm über die Abwicklung ſeiner Verpflichtungen güt ich einigen. Wo dennoch eine ſolche Einigung nicht zu⸗ ſtandekommt, iſt es Aufgabe des Staates ausgleichend ein⸗ zugreifen. Auf Vorſchlag des Reichsminiſters der Juſtiz hat daher der Generalbevollmächtigte für die Reichsverwaltung, Reichsminiſter Dr. Frick, eine Verordnung über die Vertrags⸗ hilfe des Richters aus Anlaß des Krieges erlaſſen, die ſoeben im Reichsgeſetzblatt veröffentlicht wird. Nach dieſer Verord⸗ nung kann ein Gewerbetreibender, der infolge der Auswirkun⸗ gen des Krieges ſeinen Betrieb hat ſtillegen, umſtellen oder einſchränken müſſen und hierdurch in ſeiner wirtſchaftlichen Leiſtungsfähigkeit weſentlich beeinträchtigt wird, beim Amtsgericht die Gewährung von Vertrags⸗ hilfe beantragen. Daraufhin kann der Richter Erſtens: Die Fälligkeit von Zahlungsverpflichtun⸗ gen, die aus der Zeit vor dem 1. September 1939 ſtammen, durch Bewilligung von Teilzahlungen oder Stun⸗ dung entſprechend der Leiſtungsfähigkeit des Schuldners regeln. Zweitens: Einen gegenſeitigen Vertrag(z. B. über die Herſtellung einer rkzeugmaſchine oder über die Lie⸗ ferung von Waren), den der Gewerbetreibende vor dem 1. September 1939 im Zuſammenhang mit dem Gewerbebetrieb a hat und der noch von keiner Seite vollſtändig er⸗ üllt iſt, ganz oder teilweiſe— unter Umſtänden gegen bil⸗ lige ie Gefu des Vertragsgegners— aufheben, wenn die E üllung des Vertrages die Weiterführung oder die Abwicklung des Gewerbebetriebes gefährden würde. Drkttens: Kann der Richter, wenn die Miete oder die Pacht für die Geſchäftsräume in einem erheblichen Miß⸗ verhältnis zu dem verminderten Ertrag des Gewerbebetriebes ſteht, die Miete oder Pacht herabſetzen. Die Herabſetzung iſt aber nur zuläſſig, wenn der Gewerbetreibende auch bei an⸗ en rücksichtigung ſeiner ſonſtigen Mittel nicht in er Lage iſt, die bisherige Miete oder Pacht a bei Be⸗ 1 von Stundung oder Teilzahlung) weiterhin zu be⸗ zahlen. Viertens: Auf Antrag des Gewerbetreibenden kann der Richter auch das Miet⸗ oder Pachtverhältnis über die Ge⸗ ſchäftsräume unter Einhaltung der geſetzlichen Kündigungsfriſt vorzeitig auflöſen und hierbei dem Gewerbetreibenden die Verpflichtung auferlegen, den Vermietern oder Verpäch⸗ ter eine vom Gericht nach billigem Ermeſſen feſtzuſetzende Entſchädigung zu bezahlen. Die Verordnung regelt noch eine Reihe von weiteren Fälle, in denen die Vertragshilfe des Richters in Anſpruch genommen werden kann. Fünftens: Iſt jemand infolge der behördlich angeord⸗ neten Räumung oder Freimachung von gefährdeten Teilen des deutſchen Reichsgebietes gezwungen, ſeinen bisherigen regelmäßigen Aufenthaltsort zu verlaſſen, und kann er deshalb ſeine Zahlungsverpflichtungen nicht rechtzeitig er⸗ füllen, ſo kann auf ſeinen Antrag der Richter die Fälligkeit einer Verbindlichkeiten durch Bewilligung von Teilzahlungen oder Stundung regeln.. Sechſtens: Erleidet der Sigentümer eines Grund⸗ ſtückes dadurch einen erheblichen Einnahmeausfall, daß er ſeinen auf dem Grundſtück befindlichen Gewerbebetrieb gar⸗ nicht oder nur noch in vermindertem Umfange weiterführen kann, oder dadurch, daß die Miete herabgeſetzt oder das Miet⸗ verhältnis vorzeitig aufgelöſt wird, oder dadurch, daß ihm in⸗ folge der Freimachung von Gebietsteilen die Nutzungsmöglich⸗ keit genommen wird, ſo kann der Richter auf Antrag des Grundſtückseigentümers die Zinſen von Hypotheken oder Grundſchulden ſtunden oder um einen angemeſſenen Betrag, jedoch nicht unter einen Zinsfuß von 5 v. H., herabſetzeſt, Siebtens: Wird nach dem 25. Auguſt 1939 ein Hy p o⸗ theken⸗ oder Grundſchuldkapital fällig und iſt es dem Schuldner nicht möglich, den erforderlichen Betrag auf⸗ zub ringen, ſo kann auf ſeinen Antrag der Richter die Fällig⸗ keit des Kapitals entſprechend der durch den Krieg geſchaf⸗ fenen Lage neu regeln. Hat ſchließlich ein Schuldner infolge der Auswirkungen des Krieges ohne ſein Verſchulden ä eine Verpflichtung nicht rechtzeitig erfüllen können, ſo kann er ſich an den Richter wenden mit dem Antrage, die etwa durch die Säumnis ent⸗ ſtandenen nachteiligen Rechtsfolgen für nicht eingetreten zu er⸗ klären(3. B. die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugs⸗ zinſen, die Entſtehung von Kündigungs⸗ und Rücktrittsrechten, die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsſtrafe uſw.) „Eine verſtändige Haltung der Gläubiger, nötigenfalls unterſtützt durch dieſe Vertragshilfe des Rich⸗ ters, wird dazu führen, daß trotz der Auswirkungen des Krie⸗ ges die übergroße Mehrzahl der in Mitleidenſchaft gezogenen Betriebe und Perſonen zahlungsfähig erhalten bleibt. Dennoch iſt damit zu rechnen, daß einzelne Unternehmen ſtärter be⸗ troffen werden. Um ſolche Betriebe, falls ſie Schonung ver⸗ dienen, vor dem Konkurs zu bewahren, hat der Generalbevollmächtigte für-die Reichsverwaltung eine wei⸗ tere Verordnung erlaſſen, die das Krie gsaus⸗ gleichs verfahren zum Gegenſtand hat. Dieſes Verfah⸗ ren ermöglicht in erſter Linie eine Geſamtſtundung, notfalls aber auch einen Teilerlaß der nicht dinglich geſicherten Ver⸗ bindlichkeiten. Von dem gewöhnlichen Vergleichs⸗ oder Aus⸗ gleichsverfahren unterſcheidet dieſes Verfahren ſich namentlich dadurch, daß es nach Möglichkeit jedes kreditſchädigenden Charakters entkleidet iſt. Offiziernachwuchs der Kriegsmarine Schüler der 8. Klaſſe höherer Lehranſtalten können ſich zur Ableiſtung ihres Wehrdienſtes auch zum freiwilligen Ein⸗ tritt in die Kriegsmarine melden. Dieſen Bewerbern kann auf Grund der vom Reichsminiſter für Wiſſenſchaft, Erzie⸗ hung und Volksbildung aufgeſtellten Richtlinien bei entſpre⸗ chender Leiſtung und Führung ſchon nach halbjährigem Be⸗ ſuch der 8. Klaſſe das Reifezeugnis zuerkannt werden. Der Bewerber muß am Tage der Einſtellung in die Kriegsmarine das 17. Lebensjahr vollendet und darf das 25. Lebensjahr noch nicht erreicht haben. Ferner muß er deutſcher Reichs⸗ angehöriger, wehrdienſttauglich und deutſchblütiger Abſtam⸗ mung ſein. Da alle für die Heranbildung zum Offizier geeigneten Soldaten in den Kriegsoffiziersnachwuchs(bisher Reſerve⸗ offiziernachwuchs) übernommen werden können, beſteht für dieſe Bewerber infolge ihrer Schulvorbildung die Ausſicht, in verhältnismäßig kurzer Zeit Offizier zu werden. Aus⸗ ſchlaggebend für die 8 1 ſind jedoch hervorragende Füh⸗ rereigenſchaften, beſondere ſoldatiſche Anlagen und Tapfer⸗ keit vor dem Feinde bezw. Bewährung im Frontdienſt. Wer ſpäter einen Beruf ergreifen will, für den das Studium an einer Techniſchen Hochſchule notwendig iſt, meldet ſich zweckmäßig zur Maſchinen⸗Laufbahn. Er hat dann Aus⸗ ſicht, bei Eignung zum Ingenieur⸗Offizier ausgebildet zu werden. Einſtellungen finden am 1. 4. 1940 und am 1. 10. 1940 ſtatt. Meldungen erfolgen bei den zuſtändigen Wehrbezirks⸗ kommandos(Abt. Marine), wo Vordrucke erhältlich ſind und jede nähere Auskunft erteilt wird. Der Bewerber hat außerdem der Inſpektion des Bildungsweſens der Marine in Kiel von ſeiner Meldung Nachricht zu geben. Die beſtehenden Beſtimmungen für den aktiven Offiziernachwuchs werden hier⸗ durch nicht berührt. Einſtellungsgeſuche hierfür ſind nach wie vor unmittelbar an die Inſpektion des Bildungsweſens der Marine in Kiel zu richten. Gedenktage 6. Dezember. 1849 Generalfeldmarſchall Auguſt von Mackenſen in Haus⸗ leibnitz geboren. 1864 Der Schriftſteller Rudolf Stratz in Heidelberg geb. 1869 Der Schriftſteller Rudolf Herzog in Barmen geboren. 1869 Der Polarforſcher Otto Nordenſkjöld in Häsleby geb. 1885 Der Schriftſteller Albrecht Schaeffer in Elbing geb. 892 Der Ingenjeur Werner von Siemens in Charlotten⸗ burg geſtorben 1914 Einnahme von Lodz. 1916 Einnahme von Bukareſt durch von Mackenſen. — Nikolaus kommt in der Nacht Vorgefühl des Weihnachtsfeſtes. Große Ereigniſſe werfen ihre Schatten voraus. Dieſer Satz bewahrheitet ſich nicht nur bei großen Ereigniſſen, ſondern auch bei großen Feſten, die über ihre eigentliche Bedeutung hinaus im Volksleben eine unvergängliche Rolle ſpielen. Der Tag, an dem ſich das bevorſtehende Weihnachtsfeſt zum erſtenmal recht deutlich bemerkbar macht, iſt der Nikolaustag. Man iſt ſich nicht recht darüber einig, woher dieſer Tag ſeinen Urſprung hat. Viele führen ihn auf den Biſchof Nikolaus von Myra zurück, der im dritten nachchriſtlichen Jahrhundert lebte. Ueber dieſen Biſchof haben wir hiſto⸗ riſch einwandfreie Berichte. Wir wiſſen, daß er bei der großen Chriſtenverfolgung unter dem römiſchen Kaiſer Diocletian in Gefangenſchaft geſetzt und ſpäter von Kon⸗ ſtantin dem Großen befreit wurde und Teilnehmer des Konzils von Nizäa im Jahre 325 war. Es wird nun vom Biſchof Nikolaus berichtet, daß er ſich durch Wohltätigkeit und beſondere Liebe und Fürſorge für die Kinder aus⸗ zeichnete. Das läßt die Möglichkeit zu, daß man mit ihm und ſeinem Namen die Gaben des 6. Dezember in Ver⸗ bindung gebracht hat. Dafür ſpricht auch, daß heute noch in manchen Gegenden St. Nikolaus in voller Biſchofstracht einhergeht. Dieſer im wahren Sinne des Wortes merk⸗ würdige Heilige zieht nun meiſt in Begleitung eines Dieners, der einen großen Sack trägt, umher, verhört die Kinder und ſchenkt ihnen, wenn es ſich herausſtellt, daß ſie fleißig ſind und beten können, Nüſſe und ſonſtige Näſchereien. 5 Die meiſten Bräuche am Nikolaustage gehen indeſſen unmittelbar auf das germaniſche Zeitalter zurück. Dazu ehören vor allem die lärmenden Umzüge verkleideter Per⸗ onen. Mitunter führen die Umherziehenden ein kleines Maskenſpiel auf, bei dem mehrere Perſonen eine Rolle ſpielen, unter ihnen auch der„Heilige Chriſt“ als Freund und Beſchützer der Kinder. Intereſſant und beluſtigend ſind die vielen Namen, mit denen der Volksmund den heiligen Nikolaus belegt hat. In manchen Gegenden heißt er„Klaubauf“ oder „Klapperbock“, in anderen wiederum„Clas“,„Bullerclas“ oder auch„Hans Trapp“,„Pelzmärtel“ und dergleichen. Sein Charakter wird dabei immer verſchieden gedeutet. jedoch überwiegend wird er als gutmütig dargeſtellt und entbehrt aller ſchreckhaften Züge, die man den urſprünglich dämoniſchen Geſtalten angedichtet hat. In den größeren Städten iſt von den alten Volks⸗ ſitten des Nikolaustages nicht mehr viel übriggeblieben. Ein Brauch aber hat ſich noch faſt überall erhalten. Am Abend vor Nikolaus ſtellen die Kleinen ihre Schuhe und Strümpfe ſo hin, daß ſie für jedermann leicht erreichbar ſind. Dann kommt Nikolaus in de: Nacht und tut etwas recht Schönes hinein. Und am nächften Morgen iſt die Freude groß, denn Nikolaus iſt wirklich dageweſen und hat zuſammen mit ſeinen Gaben dem Kinderherzchen die feſte Zuverſicht geſchenkt, daß nun das Chriſtkind auch wirklich nicht mehr lange auf ſich warten laſſen wird. Es ſoll hinzugefügt werden, daß in der Figur des heiligen Nikolaus oder des Knecht Ruprecht wie in ſo vielen volkstümlich gewordenen Heiligenfiguren ein S Altgermanentum überliefert worden iſt. Wir wollen be den beiden Namen Ruprecht und Pelzmärtel einmal halt⸗ machen. Märtel bedeutet ſoviel wie Martin; daß auf den heiligen Martin Züge des Gottes Wodan übergegangen ſind, iſt bekannt. Aber auch Ruprecht iſt ein Beiname Wo⸗ dans, den Wodan als Schlachtengott und Siegbringer trägt. Der weite Biſchofsmantel des heiligen Nikolaus und der Pelzmantel des Ruprecht ſind Zeichen Wodans, des Trägers des weiten Wolkenmantels. Auch das ganze Auftreten des heiligen Nikolaus ähnelt dem Auftreten Wodans, wenn er mit Menſchen in Berührung kommt: Er teilt gerecht Lohn und Strafe aus. f ufs der Tugend Das Rechte für Mädel Ein Jahr in die BDM.⸗Haushaltungsſchule. Auf dem Heimabend hatten die Mädel über ihre künf⸗ tigen Berufe geſprochen. Inge war dabei ſehr nachdenklich geworden.„Siehſt du“, ſagte ſie auf dem Heimweg zu Marga, „das eine iſt mir klar. Ich brauche einen Beruf, in dem ich mich rühren und ausarbeiten kann. Manchmal denke ich, ich möchte Kindergärtnerin oder Schweſter werden oder in die Hauswirtſchaft gehen. Nur mich endgültig entſcheiden, das kann ich noch nicht.“ „Das iſt ja im Augenblick auch noch gar nicht ſo wichtig“, meinte Marga.„Die Grundausbildung für die hauswirt⸗ ſchaftlichen, ſozialen und pflegeriſchen Berufe iſt ja ganz ähn⸗ lich. Komm' doch zu Oſtern ein Jahr mit in die BDM.⸗Haus⸗ haltungsſchule. Der Beſuch der Schule gibt die Grundlage für alle dieſe Berufe. Wir lernen dort nicht nur die Haushaltsfüh⸗ rung, ſondern auch Gartenbau, Säuglingspflege und Geſund⸗ heitspflege. Dazu kommt dann noch die weltanſchauliche und politiſche Schulung, denn eine Frau muß doch heute auch über dieſe Dinge Beſcheid wiſſen, um ihre Aufgabe ganz zu er⸗ füllen.“ Inge nickte eifrig:„Und Fahrten und Sport— gibt es das auch in der Haushaltungsſchule?“— „Natürlich! Dafür ſind wir doch eine BDM.⸗Schule! Und außerdem treiben wir Muſik und Werkarbeit, Volkstanz und Spiel und beſchäftigen uns mit Brauchtum, Feſt⸗ und Feier⸗ geſtaltung. Und das alles in einer Gemeinſchaft von lauter Kameradinnen. Du glaubſt gar nicht, wie ich mich darauf freue!“ „Doch“, meinte Inge,„ich glaube es ſchon. Lehrgang iſt ſicher ſehr teuer?“ „Das Schulgeld koſtet 60 RM. im Monat. Mein Vater meint, das ſei nicht viel, wenn man bedenkt, daß da alles inbegriffen iſt: Wohnung. Verpflegung und ſogar das Geld für Material und Fahrten. Du brauchſt dafür in dieſem Jahr ja auch zu Hauſe nichts.“ Inge überlegte.„Ich glaube ſchon, daß meine Eltern es erlauben würden“, ſagte ſie dann,„aber werde ich denn auch aufgenommen? Ich bin doch Volksſchülerin und du gehſt vom Lyzeum ab.“—„Das hat gar nichts zu ſagen“, lachte Marga, „alle BDM.⸗Mädel vom 15. Lebensjahr an können eintreten. Melde dich nur rechtzeitig bei deinem Obergau oder am beſten gleich beim Sozialen Amt der Reichsjugendführung; dort kannſt du auch alles Nähere erfahren. Aber die Schulen ſind immer ſehr beſetzt. Paß nur auf, daß du nicht zu ſpät kommſt!“ Ha. Aebung am Gandkaſten Schar 2 baut ſich ein Modell. Die Schar Meier 2 wurde nach der neuen Ausbildungs⸗ vorſchrift aus ihrem bisherigen Verband herausgelöſt und in die Gefolgſchaften eingereiht, die vormilitäriſch ausgebildet werden ſollen. In der erſten Unterrichtsſtunde haben die Jun⸗ gen gehört, daß zur Ausbildung auch die Uebung am Sand⸗ kaſten gehört. Aber den hatten ſie nicht, und wie einen be⸗ ſchaffen? Ganz einfach: ſelbſt bauen! Nach einer kurzen, ſachlichen Anweiſung machte ſich jeder an ſeine Aufgabe. Und es waren gar keine langweiligen Auf⸗ gaben, die ſie da zu löſen hatten. Nein, da konnte jeder ſeine vigene Phantaſie ſpielen laſſen, eigene Ideen hervorzaubern ond in die Tat umſetzen. Gemeinſam wurden die Maße be⸗ ſprochen, nach denen der Sandkaſten angelegt werden ſollte, und dann bekam jeder ſeine Arbeit. Die Tiſchler unter den Jungen oder diejenigen, die irgendwie mit Holz zu tun hatten, wurden für den Rohbau eingeſetzt, ſechs weitere Jungen muß⸗ ten für die„Beſtedlung“ des Geländes ſorgen, das heißt, ſie mußten Häuſer, Kirchen, Bahnhöfe aufbauen. Wieder andere wurden Flurarchitekten und ſchufen Wald, Büſche und Aecker und Wieſen. Und ſo weiter. Luſtig ging es an die Arbeit. Die Tiſchler beſorgten Bretter und ſchnitten ſie auf die erforderlichen Maße zu, nagelten ſie zuſammen und klebten Pappe über die Fugen, damit kein Sand durchrieſeln konnte und Erdbeben von vorn⸗ herein ausgeſchalte!n wurden. Denn was würde es für die taktiſche Leitung bedeuten, wenn nach einer Stunde Gelände⸗ ſpiel die Höhe 86 plötzlich abgeſunken wäre? Die Beſiedler hatten aus Streichholzſchachteln und kleinen Holzklötzchen ganze bunte Dörfer und Städte entſtehen laſſen, während die Flurſachbearbeiter mit Waldmoos, Tannenzapfen und bunten Stoffreſten anrückten. Streichhölzer als Telegraphenſtangen, kurzgeſchnittene Strohhalme als Kornfelder— alles fand in ſinnvoller Zuſammenſtellung für den neuen Sandkaſten Ver⸗ wendung. i Ganz beſonders geſcheit hatte es Werner angeſtellt. Zu Hauſe in ſeiner elterlichen Wohnung hing nämlich ein Spiegel, der durch ſein ſchlechtes Glas ſchon zu manchen Ver⸗ wünſchungen Anlaß gegeben hatte, Was Wunder, wenn der „zufällig“ einen Sprung bekam? Aber darauf hatte ja Werner gerade gewartet. Die großen Spiegelſcherben in der Hand, kam er in den Baftelraum und vergrub die Kanten kunſt⸗ gerecht in den Sand und— der ſchönſte See war fertig. Nur, ſo ein Roman von Gert Rothberg. 14 artſetzung Nachdruck verboten Klaus Raſtenau war wieder einmal bei ſeinen Eltern. Eigentlich hatte man ihn gerufen. Der Vater fühlte ſich in letzter Zeit recht krank. Ein altes Gallenleiden drohte den ſonſt noch ſo rüſtigen alten Herrn auf das Kranken⸗ lager zu werfen. Von einer Operation wollte Herr Raſte⸗ nau nichts wiſſen. Nun waren ſeine Angehörigen in großer Sorge um ihn, und Frau Jetta hatte ſich von Klaus' Einfluß etwas er⸗ Bein Der Arzt, der Herrn Raſtenau behandelte, Herr Ge⸗ eimrat Stollenberg, hatte eine längere Unterredung mit dem älteſten Sohn des Hauſes gehabt, in deren Verlauf er ganz ernſt und ſachlich Klaus auseinandergeſetzt hatte, daß nur noch eine Operation den Vater retten könne. Klaus war tief erſchüttert. Er hatte nicht gewußt, daß das Leiden des Vaters ſo heimtückiſch war. Und ihm ge⸗ lang es auch, den Vater zu bewegen, daß er endlich in die ſchwierige Operation einwilligte. 8 Nun war der Vater fort, und Klaus wollte nicht eher wieder nach Schloß Wyburg, als bis er wußte, daß der Vater gerettet ſei. Der lag vorerſt noch zur Beobachtung in der Klinik. Jedoch wollte in dieſen Tagen der Geheimrat die Opera⸗ tion vornehmen. Hell und ſchön und geheimnisvoll war die Frühlings⸗ nacht. Klaus Raſtenau nahm den großen Jagdhund und ging in den duftenden, ſchweigenden Frühlingswald hinein. Er hatte bis heute kaum noch an die reizende kleine Dittmarshoven gedacht, die er damals aus dem Sumpf⸗ loch gezogen hatte. Aber als er nach ſtundenlanger Wanderung plötzlich vor dem alten Vorwerk ſtand, da hielt er den Schritt an. Wie ein verwunſchenes Schloß mutete ihn der alte, dunkle Bau an, um den die hohen Fichten ſich leiſe im Winde wiegten. Da ſah er ſie plötzlich! Man könnte noch mehr ſolcher Tricks anführen, z. B. wie mit Hilfe von Garnrollen Bahndämme durch das Gelände gezogen, wie Straßen aus dunklen Stoffſtreifen angelegt und Streichholzköpfe als Kilometerſteine feſtgeſteckt wurden. Mit vielen Kleinigkeiten und Behelfsmitteln haben ſich die Jun⸗ gen von der Schar 2 ein ſchönes Sandkaſtenmodell hergeſtellt. Und das iſt die Hauptſache: es iſt keine leere Spielerei, ſon⸗ dern ein anſchauliches Lehrmtttel daraus geworden, das den Erforderniſſen des Dienſtes voll und ganz entſpricht. Eine Junglehrerin plaudert aus der Schule Seit Ende September iſt in unſerem Dorf der Lehre eingezogen, und nun vertrete ich alle Aemter und Würden die eine zweiklaſſige Dorfſchule zu vergeben hat. Als ich Oſtern ins Dorf kam, war ich ſchon Jungmädelführerin und übernahm auch gleich die Jungmädel des Dorfes. Das iſt jetzt ſehr gut; denn wir kommen in der Schule natürlich genau ſo gut miteinander aus wie beim Heimabend. Es iſt auch erfreulich, wie ſich die Jungen plötzlich Mühe geben, nicht nur gegen mich, ſondern gegen alle Mädel ritter⸗ lich aufzutreten, nachdem ich ſie mir neulich gerade in dieſem Punkt einmal ſehr gründlich vorgenommen habe. Langſam habe ich mir die Jungen auch außerhalb der Schule erobert. Wir baſteln jetzt aun jedem Freitag⸗ und Mittwochnachmittag. Seitdem finden ſie mich„ſchwer in Ordnung“, trotzdem ich ein Mädel bin. Vom Ortsbauernführer habe ich einen halben Land für den Schulgarten bekommen. Vor dem erſten Boden⸗ froſt konnten wir gerade noch etwas Unkraut verziehen. Jetz/ machen die Jungen einen Knüppelzaun um unſer Land. Win ſind alle ſtolz darauf und haben kühne Pläne für das nächſte Jahr. Vor allem wollen wir Vererbungsverſuche an Bohnen und Wicken durchführen. Die Jungen haben noch viel größere Roſinen im Kopf, ſie wollen ein Gewächshaus bauen. 5 Anfang Oktober haben wir auf einem Gut in der Nähe bei der Obſternte geholfen und in 324 Arbeitsſtunden das Geld für zwölf Blockflöten verdient. Die Mädel ſind hier im Durchſchnitt ſehr muſikaliſch. Bis zur Vorweihnachtsfeier müſſen wir ſo weit ſein, daß es zu einem einfachen Flöten⸗ konzert reicht. Im Nadelarbeitsunterricht hilft mir die Frau des Lehrers. Jeden Tag halten wir eine Sportſtunde ab mit Körperſchule und Leichtathletik. Die Jungen ſpielen mit Be⸗ geiſterung Fußball. Der Unterricht beginnt jeden Morgen mit einem Zeitungs⸗ bericht, den abwechſelnd immer ein Mädel und ein Junge aus der erſten Klaſſe gibt. Das war ihnen zuerſt ſehr unge⸗ wohnt, und es dauerte eine ganze Weile, bis ſie es gelernt hatten, Wichtiges von Unwichtigem zu unterſcheiden. Doch nun ſind ſie alle ſelbſt begeiſtert davon und erzählen zu Hauſe beim Mittageſſen das Neueſte aus dem Tagesgeſchehen. Mit den Eltern werde ich langſam aber ſicher gut Freund. Anfangs waren ſie zwar etwas mißtrauiſch gegen das„neue Fräulein“. Aber ſeitdem ich ſie alle nach Feier⸗ abend einmal beſucht habe, wiſſen ſie, daß ich ihre Welt nicht auf den Kopf ſtellen werde und ſogar ein bißchen Ahnung von Ackerbau uns Viehzucht habe. So habe ich mir mit der Zeit das Vertrauen der Alten wie der Jungen im Dorf erworben, und ich kann mir keine Arbeit denken, die mich glücklichen Morgen machen würde. „ 0 r er 8 8 8 2 Anſer Fäfü hat geſchrieben Liebe Kameraden! Euer Feldpoſtbrief iſt glücklich angekommen. Natürlich habe ich mich gefreut, etwas vom Fähnlein zu hören. Ihr ſchreibt, daß jetzt nicht mehr ſo viel Dienſt iſt wie früher. Natür⸗ lich iſt es jetzt ſchlechter für Euch als im Frieden, wo jedes ähnlein genügend Führer hatte. Die ſtehen jetzt an der Front, Ihr Jungen aber ſeid an der anderen Front eingeſetzt, auf die wir hier draußen uns felſenfeſt verlaſſen. Ich habe auf meiner Fahrt nach dem Weſten erlebt, wie die Jugend ihren Mann ſteht. Ich habe auf einer Marſch⸗ pauſe in einer kleinen Stadt ein Liederſingen der HJ. gehört und ein politiſches Kurzſpiel der Pimpfe mit angeſehen. Haben wir gelacht! Ich habe weiter geſehen, wie die Pimpfe beim Luftſchutz helfen, Melder ſtellen und für ungezählte Aufgaben eingeſetzt werden. Und da ſoll ausgerechnet unſer Fähnlein abſeits ſtehen? Ihr ſchreibt, Ihr habt bei der Hackfruchternte mitgemacht, und das hätte allen großen Spaß gemacht. Seht Ihr, darauf kommt es heute gar nicht ſo ſehr an, ob es Spaß macht. Ihr ſollt Eure Pflicht kun! Ob ſie nun ſchwer wird oder leichten Herzens getan werden kann— das bleibt ſich heute gleich. Und das wollte ich Euch mit dieſen paar Zeilen einmal ſagen Wartet nicht, bis man Euch ruft, ſondern drängt Euch vor, wenn es an der inneren Front etwas zu tun gibt. Bildet einen Spähtrupp, und Ihr werdet Arbeit genug finden! Unſer Fähnlein war im Frieden eines der beſten. Es muß nun auch im Krieg in der vorderſten Stellung ſtehen. Schreibt mal wieder, wieviel Eure Altmaterialſammlungen jetzt einbringen. Heil Hitler! Euer Fähnleinführer. Feldpoſt⸗Nr. 0 9859. * 5 eee NN 8 1 chien hell das ee 8 Sie ſtand am Fenſter, und der Mond beſ feine Geſicht, das blonde Haar. Regungslos blieb er unter dem hohen Baume ſtehen und ſah zu ihr hinüber. „Wie im Märchen!“ mußte Klaus Raſtenau denken, und er lächelte. 5 Langſam ſchritt er weiter. Was ging ihn die Kleine an? Wie ſagten die Leute? „Das Lumpenpack von Dittmarshoven!“ Furchtbar eigentlich! Der Mann war tot, und ſeine Frau und Töchter trugen nun den Fluch mit ſich herum. Und niemand wollte mit ihnen etwas zu tun haben. Nachdenklich ging Klaus Raſtenau nach Hauſe. Anderntags gegen Mittag erhielt er die Nachricht, daß der Vater operiert und daß ſoweit alles gut gegangen ſei. Er möge kommen. Aber nur er allein. Aufregungen und zuviel Beſuch würden dem Kranken ſchaden. So kam es, daß Klaus ganz allein in die Klinik fuhr. Zwiſchen Vater und Sohn hatte immer ein gutes Ver⸗ hältnis beſtanden. So freute ſich Herr Raſtenau über Klaus' Kommen, empfand ſein Plaudern wohltuend und beſprach mit ihm noch dies und das. Und Klaus hielt die Hand des Vaters mit warmem Druck zwiſchen ſeinen kraftvollen braunen Händen. „Klaus, ich weiß nicht, ich glaube, den Dittmarshoven hat man ſchweres Unrecht getan“, begann jetzt nach einer Pauſe wieder der Vater. „Mir erſchien kürzlich eine große ſchwarze Frau.„Die Ahnfrau der Dittmarshovens!“ zuckte es mir durch den Kopf. Natürlich iſt's nur Einbildung von mir; aber ich muß immer an die armen Leute denken, obwohl ich mit der ganzen Sache nichts zu tun habe. Vielleicht könnte man der Familie Geld zur Verfügung ſtellen, damit ſie zur Klärung der Mordſache etwas unternehmen kann? Wenn der Mann unſchuldig wäre? Welch ein Unrecht geſchieht dann dieſer Familie! Ich hab' immer gewollt, daß wir mit den Damen verkehren, denn was können ſie denn dafür, wenn der Mann in einem Anfall von Geiſtesverwirrung wirklich ſo Furchtbares getan hat? Ein Böſewicht war der nämlich nicht, wie man mir von verſchiedenen Seiten ver⸗ ſichert hat. Ja, alſo, ich wollte einmal, daß man die Damen zu einer Geſellſchaft bat. Wahrſcheinlich wären ſie der — tf. Das Hochzeitsmahl ohne Hochzeit. Das Hochzeitsfe des Hotelbeſitzers Jens Hovgaard Chriſtenſen Kantate 55 für Kopenhagen ein geſellſchaftliches Ereignis werden. Der Bräutigam, ein geborener Däne, hatte eine Tochter ſeines Hei⸗ matlandes zur Gattin erwählt und ſelbſt die Anordnung für die prächtige Ausſchmückung der Kirche getroffen, in der die Trauung ſtattfinden ſollte. Sie fand aber gar nicht ſtatt. Im letzten Augenblick mußte alles abgeſagt werden, weil für die Papiere des Bräutigams die Unterſchrift eines Beamten der indiſchen Behörden nicht rechtzeitig eingetroffen war. Das große Hochzeitsmahl in einem der größten Hotels Kopenhagens konnte aber nicht mehr abgeſagt werden. Es verlief beinahe programmäßig, aber die Feſtreden mußten umredigiert werden. Sie ſchloſſen mit dem Wunſch, daß die Liebenden trotz aller bürokratiſchen Hemmungen doch noch den Hafen der Ehe er⸗ reichen möchten. Schneller als erwartet, gingen die Wünſche in Erfüllung: zwei Tage nach dem Hochzeitsmahl traf tele⸗ graphiſch die fehlende Unterſchrift ein. Nun fand unter völli⸗ ger Umkehrung der ſonſt in ſolchen Fällen üblichen Feſtfolge auch endlich die Trauung ſtatt— in aller Stille. lf. Man taufte ihn um. In Harriſmith(Südafrika) eibt es einen Mann, der den ſchönen Vornamen Etcetera führt bei dem ganz erträglichen Nachnamen Schoeman. Der Vorname wurde ihm von Staats wegen aufgedrängt, weil ſein richtiger unmöglich für amtliche Zwecke ſchien. Seine Eltern waren fromme Holländer geweſen, die ihrem Sprößling einen ganzen langen Bibelſpruch als Namen vor den eigentlichen Vornamen ſetzten. Dieſer Spruch hatte vier Zeilen Länge. Die Eintra⸗ gung in das Geburtenregiſter machte inſofern keine Schwierig⸗ keiten, als der Vater des Knaben ſelbſt Kanzleiſchreiber war. Und er erhob keinen Einſpruch, da er ja den Namen ſelbſt ausgeſucht hatte. Doch als der Knabe älter wurde und in der Schule ſein Sprüchlein aufſagte, wenn man ihn nach dem Namen fragte, wurde es den Amtsſtellen zu dumm, genau wie es dem Lehrer zu lang wurde. Und ſo verliehen ſie ihm den Namen Etcetera— womit Schoeman wohl der einzige Menſch auf Welt iſt, der dieſen Vornamen trägt. Die rettende Alarmglocke. den Einhrechern, die die Zeit, in die Sommerfriſche zu Es gibt„Spezialiſten“ unter u, in der die Großſtadtbewohner 8 fahren pflegen, für die„Haupt- arbeitsperiode“ halten Ihre Arbeit wird ihnen leider allzuoft dadurch erleichtert, daß die Wohnungen ſehr oft in einem Zuſtand verlaſſen werden, der die Abweſenheit der Wohnungs⸗ inhaber weithin ſichtbar zur Schau trägt Eine ſolche Woh. nung wurde in Budapeſt von einem Einbrecher heimgeſucht. Vielleicht war auch in dieſem Fall allzu leicht zu erkennen geweſen, daß die Wohnung vorübergehend leer war. Beſtimmt nicht zu erkennen war aber, daß der Wohnungsinhaber eine Alarmvorrichtung hatte anbringen laſſen, die den Hausver⸗ walter im Notfalle alarmierte. So wurde der Einbrecher auf friſcher Tal ertappt, als er ſich gerade anſchickte, ſich erſt ein⸗ 0 in aller Seelenruhe in den Räumen umzuſchehen, um die Wohnung dann gründlich auszuplündern. Anekdoten Ein ergrauter, aber nicht eben begabter Hauptmann wollte Major werden. Er ſchrieb ein Geſuch an Friedrich den Großen und begründete ſeine Bitte mit ſeiner langen Dienſt⸗ zeit. Was der König von dieſem Hauptmann hielt, geht aus ſeiner Antwort hervor:„Daraus kann nichts werden. Meint Er, daß ein Mauleſel, der durch alle Feldzüge des Prinzen Eugen den Packſattel trug, darum ſchon ein guter Taktiker iſt?“ 0 Bei einem Manöver vor Friedrich dem Großen 50 ein ſonſt ſehr tüchtiger Leutnant einen gewaltigen Bock, ſodaß durch dieſe Unachtſamkeit das ganze Huſarenregiment regelrecht umſchmiß. In einem Anfall von Jähzorn preſchte der alte König mit erhobenem Krückſtock auf den Unglück⸗ lichen los. Da der Leutnant es weder mit feiner, noch mit der Ehre des Königs vereinbar hielt, ſich verprügeln zu laſſeſt, warf er ſeinen Gaul herum und fegte im Marſch⸗Marſch⸗ Tempo davon. Hinter ihm galoppierte, immer noch den Stock ſchwingend, wutentbrannt der König. Aber er erwiſchte ihn nicht. Vor der am nächſten Tage ſtattfindenden Parade erfuhr Friedrich, daß der junge Offizier ſeinen Abſchied ein⸗ gereicht habe. Als die Regimenter unbeweglich und ſchnur⸗ gerade vor ihrem oberſten Kriegsherrn ſtanden, ſprengte der König abermals auf den Leutnant zu, blitzte ihn an und ſagte:„Hör Er, Leutnant, ich hab Ihn zum Rittmeiſter ernannt. Ich wollte Ihm das ſchon geſtern ſagen, aber ich konnte Ihn ja nicht einholen.“ * Als Gneiſenau, damals Major und Feſtungskommandant des belagerten Kolberg, gerade vor dem Kommandogebäude im Kreiſe ſeiner Offiziere ſtand und eine Dispoſition verlas, heulten plötzlich zwei franzöſiſche Kanonenkugeln ſo dicht über die Köpfe weg, daß etliche Offiziere ſich umſahen. Da ſagte Gneiſenau ärgerlich:„Meine Herren, ich bitte, hier auf nichts anderes zu hören als auf das, was ich Ihnen diktiere!“ Trauer wegen ſowieſo nicht gekommen. Aher die Mama wollte es nicht. Sie iſt oft recht ſtolz und eigenſinnig, deine chöne Stiefmutter. Und ich liebe ſie noch immer viel zu ehr, als daß ich ſie zu etwas, was ſie nicht will, zwingen könnte. Du biſt der einzige, der bei ihr etwas ausrichten kann. Würdeſt du dich für den Fall der Dittmaxshovens ein bißchen intereſſieren, Klaus? Ich wüßte die Sache bei dir in guten Händen. Die Damen müſſen ja ein elendes Leben führen in dem alten, halb zerfallenen Haus. Aber man kann ihnen doch auch keine Unterſtützung anbieten! Vielleicht findeſt du einen Ausweg, Klaus? Die Sache läßt mir keine Ruhe, und ich kann nur mit dir darüber ſprechen.“ 5 „Gewiß, Vater! Ich werde mal überlegen, was man tun könnte“, verſprach der Sohn bereitwillig. Da ſchloß der Kranke die Augen und flüſterte: „Ich hätte Dittmarshoven nicht kaufen ſollen, Klaus. Man ſollte nie ein Gut kaufen, aus dem andere Menſchen vertrieben worden find.“ 5 „Vater, was ſind das für Gedanken, mit denen du dich da unnötig quälſt!“ ſagte Klaus und ſtreichelte die Hand des Vaters. „Ich mußte dir das einmal ſagen, Klaus. Nun bin ich froh, denn auf dich habe ich mich immer verlaſſen können. Und nun geh und grüße die Mama und Maja und Benno! Vielleicht kann ich ſchon bald wieder bei euch ſein.“ Klaus Raſtenau erhob ſich. „Dann leb' wohl, Vater! Ich komme morgen wieder zu dir!“ 8 „Auf Wiederſehen, Klaus!“ 5 Gelb und eingefallen f 9 das Geſicht des Vaters aus den Kiſſen hervor. Klaus ſah es mit Beſorgnis. i „Wenn doch alles umſonſt geweſen wäre?“ Der Geheimrat hatte Klaus darüber aufgeklärt, daß nur eine Operation den Vater von ſeinen furchtbaren Schmerzen befreien könne Vielleicht ſei es ſowieſo bereits zu ſpät. Er wolle es nicht hoffen, aber damit rechnen müſſe man. Nachdenklich verließ er die Klinik. In der Nacht ſtarb Wilhelm Raſtenau. ore