Nr. 202 Neckar⸗Bote(2. Blatt) Mittwoch, 28. Auguſt 1940 Der künftige Arbeitseinsatz Wp. Im neueſten Heft 23 des Reichsarbeitsblattes befaßt ſich Oberregierungsrat Dr. Stothfang mit der Frage der künftigen Lenkung des Arbeitseinſatzes. Das Thema be⸗ ſchäftigt heute viele Volksgenoſſen, Betriebsführer und Ge⸗ folgſchaftsmitglieder, nicht zuletzt unſere Soldaten. Abgeſehen davon, daß die Rückkehr der Kriegsteilnehmer auf ihre alten Arbeitsplätze durch die Geſetzgebung geſichert iſt, wird auch die allgemeine Lage des Arbeitseinſatzes in der Nachkriegs⸗ zeit ſich kaum von den Jahren 1938⸗39, alſo den Zeiten der Höchſtanſpannung, weſentlich unterſcheiden. And das wird auf weite Sicht ſo bleiben. Es iſt ſchon heute zu überſehen, ſo führl Dr. Stothfang aus, daß die Aufgaben, die nach ſiegreich beendetem Kriege dem deutſchen Volk geſtellt werden, nicht geringer als vor dem Kriege ſein werden. Die neue Stellung des Großdeutſchen Reiches in Europa und in der Welt, der weitere Ausbau im Innern, die Erhaltung und Stärkung der Schlagkraft unſerer Wehr⸗ macht, die großen ſtädtebaulichen und verkehrspolitiſchen Vor⸗ haben des Dritten Reiches, die zwingende Notwendigkeit der Durchführung eines umfaſſenden Wohnungsbauprogramms und viele andere wichtige Aufgaben mehr erfordern die Be⸗ reitſtellung von Arbeitskräften in einem Aus⸗ maß, das ſicherlich nicht kleiner ſein wird als vor und im Kriege. Die Anſpannung im Arbeitseinſatz wird alſo bleiben und damit die Notwendigkeit einer planmäßi⸗ gen Ordnung und Lenkung. Ein freies Spiel der Kräfte würde im Arbeitseinſatz ſtaatspolitiſch nicht zu verantworten ſein. Hinzu kommt, daß der Nachwuchs von Jahr zu Jahr bis 1947 noch weiter zurückgeht, und zwar gleichmäßig bei den Jungen und Mädchen. Außerdem wird ſich aus der zunehmenden Ueberalterung ein verſtärkter Abgang im Alter ſtörend bemerkbar machen. Zu dem aus der Größe der Aufgaben geſteigerten Bedarf an Arbeitskräften tritt alſo noch eine Verknappung im Angebot an Arbeitskräften, und zwar aus mangelndem Nachwuchs und verſtärktem Abgang wegen Ueberalterung. Aus dieſer Zwangslage ergeben ſich für die künftige Lenkung und Ordnung im Arbeitseinſatz nach der Auffaſſung des Oberregierungsrats Dr. Stothfang fol⸗ gende acht Folgerungen: 1. Die Verknappung im Nachwuchs zwingt zu einer weitgehenden Planung und Steuerung im Be⸗ rufs nachwuchs. Das ſoll nach wie vor nicht in der Form einer zwangsweiſen Berufserziehung mit Hilfe beruf⸗ licher Muſterungskommiſſionen geſchehen, um nicht die Mit⸗ verantwortung der unmittelbar Beteiligten am Berufseinſatz zu unterbinden. Wohl aber müſſen wir in ſonſt geeigneter Form eine weitgehende Steuerung des Berufsnachwuchſes icherſtellen. Das bisherige Zuſtimmungsperfahren r Arbeitsämter bei der Einſtellung von Arbeitskräften könnte dabei auch künftig gute Dienſte kun. Dabei müſſen wir gleichzeitig dafür ſorgen, daß von dem verkleinerten Nach⸗ wuchs nicht zu viele Kräfte durch Uebernahme ungelernter Arbeit leiſtungsmäßig verlorengehen. Vielmehr muß die feh⸗ lende Zahl durch höhere Leiſtung wettgemacht werden. Das iſt aber nur auf dem Wege über eine ordentliche Berufsaus- bildung möglich. Es kommt dabei entſcheidend auch auf die Mitwirkung der Betriebe ſelbſt an. 2. Eine vernünftige Arbeitseinſatzpolitik im Betriebe kann und darf ſich nicht nur auf den Nachwuch erſtrecken, ſondern muß die geſamte Gefolgſcha t Amfafſen. Jeder Fehlanſatz, ſei es zahlenmäßig, ſei es lef⸗ ſtungsmäßig, iſt volkswirtſchaftlich geſehen Verſchwendung, die wir uns künftig nicht leiſten können. Hier liegt noch ein gro⸗ ßes und ergiebiges Betätigungsfeld für jede tüchtige Be⸗ triebsführung. Es kommt entſcheidend darauf an, daß jede einzelne Arbeitskraft im Betrieb dort eingeſetzt wird, wo ſie nach ihren Kenntniſſen und Fähigkeiten ein Optimum an Leiſtung erbringt. a N 3. Eine Planung und Ordnung im Arbeitseinſatz muß ſich über den geſamten groß deutſchen Raum hin erſtrecken. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben mit aller Deutlichkeit gezeigt, daß jede bezirkliche Eigenpolitik im Arbeitseinſatz, die ſich nicht in die Geſamtplanung einordnet, auf die Dauer geſehen, nur ſchadet. Ebenſo ungeſund ſind auch Blockierungen beſtimmter Gruppen im Arbeitseinſatz. 4. Die Arbeitseinſatzberwaltung hat bisher bereits durch den Einſatz beſonderer Kommiſſionen den. Betrie⸗ ben bei ihren Bemühungen um einen richtigen Arbeitseinſatz geholfen. Dieſe Aufgabe bleibt beſtehen.. 5 5. Die künftige Mangellage im Arbeitseinſatz zwingt wei⸗ ter dazu, nach weiteren Möglichkeiten zur A us füllung der Lücken Umſchau zu halten. Es wird die Aufgabe der leben⸗ den Generation ſein, länger im Berufsleben zu blei⸗ ben als das früher notwendig war. Wir können uns nicht vor⸗ zeitig zur Ruhe ſetzen. Ebenſo müſſen alle Maßnahmen der Geſundheitsführung darauf gerichtet ſein, den Ausfall an Leiſtung durch Krankheit uſw. auf ein Mindeſtmaß zu beſchränken. Hierbei kommt den vorbeugenden Maßnahmen eine beſondere Bedeutung zu, weil vorbeugen beſſer iſt als heilen. Wenn wir alle Aufgaben erledigen wollen, wer⸗ den wir auch in Zukunft an einem hohen Stand der wei b⸗ lichen Beſchäftigten feſthalten müſſen. Nach wie vor muß allerdings auf die biologiſche Hauptaufgabe der Frau, „Trägerin der wachſenden Volkskraft zu ſein, gebührend Rück⸗ ſicht genommen werden. Am Gedanken des weiblichen . Pflichtfahres wird man auch künftig feſthalten müſſen, und zwar nicht nur aus Gründen des Arbeitseinſatzes, ſon⸗ dern auch aus allgemeinen ſtaatspolitiſchen Erwägungen. Zu Überlegen bleibt nur, ob man aus dem weiblichen Pflicht⸗ jahr nicht eine wirkliche Verpflichtung für jedes deutſche Mädel macht; umfaßt das Pflichtjahr heute doch nur die, die überhaupt in einen Beruf wollen, nicht aber die, die kei⸗ nen Beruf ergreifen. 6. Deutſchland hat bereits vor dem Weltkrieg eine große Ausländerbeſchäftigung gekannt. In der Zeit nach dem Weltkrieg mußte dieſe Beſchäftigung mit Rückſicht auf den wirtſchaftlichen Niedergang ſtark zurückgehen. Nach Ueber⸗ windung der Maſſenarbeitsloſigkeit in den Jahren 1933 bis 1936 hat ſich die Notwendigkeik ergeben, verſtärkt wieder auf ausländiſche Arbeitskräfte zurückzugreifen. Dieſe Notwendig⸗ keit wird auch in Zukunft beſtehen. Wir müſſen uns aber darüber ſtändig im klaren ſein, daß eine ſolche Hereinnahme ein Notbehelf iſt und auch bleiben muß. Es wäre deshalb gefährlich, beſtimmte Berufe zu reinen Ausländerberufen zu erklären und hier auf den Einſatz deutſcher Kräfte zu verzich⸗ ten. In einer ſolchen Einſtellung liegt vor allem berufspoli⸗ tiſch eine nicht zu unterſchätzende Gefahr. 7. Was die Methoden in der Ordnung und Len⸗ kung des Arbeitseinſatzes anlangt, ſo werden ſie ſich wie bis⸗ her den jeweiligen ſtaatspolitiſchen Notwendigkeiten anpaſſen. Es ſteht dabei zu hoffen, daß auf die Dienſtverpflich⸗ tung weitgehend verzichtet werden kann. Die Arbeits⸗ einſatzberwaltung hat auch ſonſt nicht den Ehrgeiz, von ſich aus alles ſelbſt regeln zu wollen. Weit wichtiger iſt, daß die unmittelbar Beteiligten in Selbſtdiſziplin und Eigenverant⸗ wortung den Aufgaben und Forderungen gerecht werden, die vom Standpunkt der allgemeinen Staatspolitik geſtellt wer⸗ den müſſen. Die Verſorgung beginnt Eine wirtſchaftliche Treuhänderaufgabe des Reichsarbeits⸗ dienſtes im Elſaß. NSG. Bekanntlich wurde im Elſaß die Bevölkerung vom Notwendigſten entblößt; dort, wo allein das franzöſiſche Militär herrſchte, iſt ſo gut wie nichts mehr da. Es gilt zunächſt, die Ernährungsverſorgung ſicherzuſtellen. Dies iſt Aufgabe der NSV., ſodann muß durch den Reichsarbeits⸗ dienſt die Lebens⸗ und Aufbauverſorgung ſo organiſiert ſein, daß in allen Dörfern ſo raſch wie möglich ein normales Leben wieder beginnen kann. Was in Haus und Hof gebraucht wird, dafür geben die angeſtellten Erhebungen ſchon einen Ueberſchlag. Daher ſind ſchon vorſorglich bei reichsdeutſchen i Großfirmen durch den Chef der Zivilverwaltung zu raſcheſter Lieferung aufgegeben worden: An Werkzeug: je 10 000 Hämmer, Aexte, Zangen, Sägen, 5000 Meißel und 40 Tonnen Nägel; Hausausbeſſerungsmate rial: je 10 Millio⸗ nen Schindeln und Ziegeln, 25 000 qm Dachpappe, 500 000 lfdm. Dachlatten, 150 000 lfdm. Sparren, 10000 Sack Ze⸗ ment, 20 000 6⸗em⸗Waſſerleitungsrohre, 70 000 qm Fenſter⸗ glas mit Kitt; Landwirtſchaftsgeräte: 2000 Pferdegeſchirre, 1000 Kuhgeſchirre, 3000 Eggen, 5000 Pflüge, je 20 000 Hak⸗ ken, Schaufeln, Rechen, Gabeln, Senſen, 1000 m Drahtſeil, 3000 Ketten, 5000 kg Wagenſchmiere; Hanshaltungsgegenſtände: 20 000 Strohſäcke, je 15000 Decken und Bettbezüge, 5000 Herde, 30 000 Koch⸗ töpfe, je 50 000 Teller und Taſſen, 20000 Beſtecke, je 15 000 Eimer, Beſen, Bürſten und Schrubber, 10 000 Waſchſchüſſeln, ſodann noch notwendige Mengen Kohle, Seifenpulvet, Lyſol und Soda. Daß dieſe in die Millionen gehende Menge an Geräten und Gegenſtänden bei weitem nicht ausreicht, dürfte nicht wunder nehmen. Allein z. B. der Kreis Weißenburg hat für eine 83 Dörfer und Städte mit rund 55 000 Einwohnern oviel angefordert, daß alle angeführten Vorſorgebeſtellun⸗ gen zum größten Teil aufgebraucht wären. So gibt es aber noch weitere 12 elſäſſiſche Kreiſe, in denen auch an vielen Stellen die Not außerordentlich groß iſt. Ferner iſt noch an die Bekleidungs⸗ und Wäſchefrage zu denken. Die mitgenom⸗ menen Kleidungsſtücke, die mit der ſehr ſpärlichen Kriegs⸗ unterſtützung kaum haben ergänzt werden können, ſind auch nicht mehr die beſten. Es ſei hier einmal auf die Schadensurſachen ſelbſt kurz eingegangen. Gebäudeſchäden aus Beſchuß ſind außer⸗ ordentlich gering, ſehr groß aber durch Sprengungen der Franzoſen beim Rückzug. Sachſchäden entſtanden durch ſinn⸗ loſe Zerſtörung, Verſchleppung und ſehr viele Dieb⸗ ſtähle. Es ſind dies keine Sonderfälle, wenn Zeugen be⸗ kunden, daß z. B. zwei elſäſſiſche Evakuierte ſpäter ihre Möbel in ſüdfranzöſiſchen Dörfern, wohin ſie verpflanzt wur⸗ den, wiederfanden; wenn ein Bürgermeiſter verſichert, daß der in einem Ort zurückgebliebene Schreiner nicht ſoviel Kiſten für das Militär hat herſtellen können, um die geplünderten Gegenſtände noch Innerfrankreich zu verſchieben; oder ein in die Nähe ſeines Heimakdorfes geflohener Bauer, der kurz zurückkehrte, und zwei eben fertige Wäſcheausſteuern ſeiner beiden Mädchen ſchon in Kiſten verpackt vorfand. Im gro⸗ ßen und ganzen iſt die Bevölkerung der evakuierten Gebiete der Ueberzeugung, daß die Zerſtörungen und Plünderungen ſeit September 1939 von ihrem eigenen Militär planmäßig und ſyſtematiſch betrieben wurden. Hauptverforgungskager fünen sun. In allen elſäſſiſchen Kriegsſchäden⸗Kreiſen, in denen der Reichsarbeitsdienſt eingeſetzt iſt, werden die Verſorgungslager in dieſen Tagen ſo vorbereitet, daß, wenn die Bevöfterung zurückkommt, alles vorhanden iſt. Eine gut eingeſpielte Ar⸗ beitsgemeinſchaft hat hier die Verſorgung des geſamten Elſaß in Händen: die Politiſchen Leiter, die NSV. und der Reichs⸗ arbeitsdienſt. Für die Lager iſt ſchon alles im Anrollen, neben den landwirtſchaftlichen Maſchinen auch das Saatgut und der Dünger zur Herbſt⸗ und Winterfeldbeſtellung. Die Einſatzabteilungen in den Gemeinden haben alles vorbereitet, um die Verſorgung raſch und richtig zu lenken. Es iſt klar, daß in erſter Linie auf vorhandenes, vorgefundenes und wie⸗ derinſtandgeſetztes Material und Gerät zurückgegriffen wird. Aller fehlende Bedarf wird umgehend gedeckt, denn in erſter Linie gilt die Sorge der anlaufenden elſäſſiſchen Wirtſchaft auf allen Gebieten. Dadurch aber, daß dem Reichsarbeitsdienſt alle Wieder⸗ aufbäuarbeiten übertragen ſind, hat er ein klares Bild über alles, was fehlt und was nun beſchafft werden muß. Dies iſt uns inſofern ſehr wertvoll, als damit ſchon von Anfang an die Dringlichkeit des Angeforderten nachgewieſen iſt, und nicht„Bedarfsfehlleitungen“ vorkommen. Dieſer großen Ver⸗ antwortung ſind ſich die Führer und Männer des Reichs⸗ arbeitsdienſtes voll bewußt und wir können uns auf ihre Angaben verlaſſen. So vollzieht der Reichsarbeitsdienſt neben der Wiederaufbauarbeit auch eine große wirtſchaftliche Treuhänderaufgabe, die ihm aber auch aus den prak⸗ tiſchen Gegebenheiten zuſteht. Er iſt der gerechte Sachwalter für die notwendige Bedarfsdeckung und ⸗lenkung. — Die deutſche Polizei im Elſaß NSG. Betritt man das Elſaß über eine der Not⸗ brücken am Rhein, dann begegnet man ſchon hier den Män⸗ nern im Stahlheim und in der grünen Uniform, die nach dem Ausweis fragen. Abends um 10.30 Uhr er⸗ ſcheint die deutſche Polizei in den Lokalen und überzeugt ſich. ob die Polizeiſtunde richtig eingehalten wird. Der nächt⸗ liche Wanderer durch Straßburg trifft die Streifen auf Plät⸗ zen und Gaſſen. Wer über Land fährt, wird oft genug Be⸗ gegnungen mit Polizeiwagen haben. Wenn der Verkehr in Skraßburg erſt wieder in Fluß gekommen iſt, wie z. B. heute ſchon in Mülhausen, wird man auch den deutſchen Ver⸗ kehrsbeamten ſeines Amtes walten ſehen. Mancher wird ſich gefragt haben, woher eigentlich all die Polizeibeamten in Polen, in Norwegen, Holland, Lothrin⸗ gen und hier im Elſaß gekommen ſind. Wie der waffen⸗ fähige Mann zur Wehrmacht eingezogen wurde, ſo hat auch die deutſche Polizei Aushebungen vorgenommen und ihren Beſtand ſtark erweitert. Zum Teil ſind dieſe Männer, die allen Volksſchichten und Altersklaſſen entſtammen, bereits in Friedenszeiten für ihre polizeilichen Aufgaben ausgeſucht und vorgebildet worden, zum Teil hat man ſie erſt im Krieg einberufen, zu Kompanien und Bataillonen zuſammengefaßt und dort eingeſetzt, wo es notwendig war. Ein großer Teil der Männer, die heute hier Polizeidienſt tun, gehört alſo zur Polizeireſerve, ſie unterſcheiden ſich aber in der Uni⸗ form nicht vom aktiven Beamten. Die Bataillone, die hier eingeſetzt wurden, gehören zum Bereich des Befehlshabers der Ordnungspolizei in Stuttgart und waren jenſeits des Rheins bereits als Frei⸗ machungskräfte vorgeſehen. Der Befehlshaber der Ordnungs⸗ polizei in Baden und Württemberg iſt zugleich Befehlsha im Elſaß und hat einen Teil ſeiner Männer hierher verlegt. Polizeibefehlshaber im Elſaß iſt Generalmajor der Ord⸗ nungspolizei Winkler. In den Städten, in denen es notwendig war, wurden kommiſſariſche Polizeipräſidenten eingeſetzt, nämlich in Straß⸗ burg und in Mülhauſen, denen der jeweils älteſte Batail⸗ lonskommandeur zur Seite ſteht. In den Städten gibt es bereits Polizeiwachen und Polizeireviere, wäh⸗ rend die Formationen, die ihren Dienſt in kleineren Orten und auf dem Lande verſehen, als Gendarmerie eingeſetzt wor⸗ den ſind. Dieſe Polizei organe verhindern u. a. unerwünſ ten Zuzug, ſie ſorgen auch dafür, daß nicht Lebensmittel und Waren aus dem Elſaß herausgetragen werden. Die Poſten an der Stadtgrenze in Straßburg hindern Elemente, die in der Stadt nichts zu ſchaffen haben, am Eintritt und gewährleiſten ſo Ordnung und Sicherheit in einer noch lee⸗ ren Stadt. Da das nationalſozialiſtiſche Deutſchland den Polizei⸗ dienſt anders auffaßt, als dies in Frankreich der Fall war. genügten die Revierräume nicht mehr den deutſchen Anfor⸗ derungen. Es wurden daher neue Räume eingerichtet. Der deutſche Polizeibeamte, ſchon in Friedenszeiten dazu erzogen, der Bevölkerung beizuſtehen dürch Rat und Tat, packt jetzt erſt recht zu, wo Rot am Mann iſt. Zu ſeinen Aufgaben gehört auch der Feuerſchutz und der zivile Luft⸗ ſchutz. Die Bevölkerung des Elſaß wird den deutſchen Poli⸗ zeibeamten mit deutſchen Augen ſehen lernen und ihn unter⸗ ſtützen, die franzöſiſche Tünche von dem alten deutſchen Land zu entfernen. Wie ſehr die Betreuung des Elſaß den oberſten deut⸗ ſchen Polizeibehörden am Herzen liegt, beweiſt die Tatſache, daß der Chef der deutſchen Ordnungspolizei, General Da⸗ luege, kürzlich dem Elſaß ſeinen Beſuch abgeſtattet und die eingeſetzten Formationen beſichtigt hat. i An der Gironde⸗Mü N ndung bei Le Verdon ur Mer 0 50 20 30 0 s 00 100 e. 5 SAR VusETN Ci) 8 Nn. IERSEV PA.⸗Harren⸗Weltbild(M). e Bomben auf Mittelengland Von Kriegsberichter Peter Bohlſcheid DRB.(Ps). Tagelang ſaßen wir wie auf„heißen Kohlen“— bis geſtern früh der die Spannung löſende Te: lefonanruf kam:„& Uhr 30 ſtartfertig an den Maſchinen! Potztaufend, kommt da eine Bewegung in die fliegenden Beſatzungen. Kein Wunder: Bisher trugen nur vereinzelt Kampfflugzeuge unſeres ſtarken Verbandes Bomben nach Großbritannien— heute aber ſind alle dabei: Wir fliegen den erwarteten Angriff, den erſten auf Mittelengland! Das Rätſelraten, das„Knobeln“ hat aufgehört. In einem Mordstempo ſchleift jeder ſeine Kombination herbei, ſchnallt die Schwimmweſte darüber, zieht die gefütterten Pelzſtiefel hoch. Die Warte bringen Bordverpflegung zu den Ma⸗ inen. 5 In majeſtätiſchem Auftakt brüllen Motore und Pro⸗ peller ihre dröhnenden Melodien. Die Bomber ſtarten, ſtar⸗ ten gegen Englands Flugplätze und Induſtriezentren, 10, 20, 30, 40, 50... Unzählige Male hebt und ſenkt ſich der Arm des dienſttuenden Offiziers— jede e das Zeichen zum Start für ein mit Bomben ſchweren Kalibers beladenes Kampfflugzeug. Das Waſſer unter uns ſieht nicht ſehr gemütlich aus, die graue See brodelt von giſchtenden Wellen. Zuerſt peitſcht für Sekunden Regen gegen unſere Kanzel— wir fliegen dicht unter einer Wolkendecke, die Minuten ſpäter Staffel auf Staffel durchſtößt!l ein packen⸗ des Bild, als zahlloſe Propeller ſich durch Wolken in den ſtahlblauen Aether hineinfreſſen. Unaufhaltſam ſteigt der Höhenzähler, mehrere taufend Meter ſind wir ſchon ge⸗ klettert. Die Temperatur ſinkt ſtändig. Aber warm iſt unſer Blut, heiß ſind die Herzen... Denn wir fliegen ge⸗ gen Engeland! Noch 60 km bis zur engliſchen Oſtküſte, an Bord wächſt die Spannung. Hunderte von Händen umklammern MG⸗ Schäfte, ebenſo viele Augen ſuchen die engliſche Abwehr: Spitfires, Hurricanes, Jäger, denen ein feuriger Empfang wartet. Aus der Ferne nähern ſich pfeilgeſchwind Punkte— wenig ſpäter ſind ſie da: Deutſche Zerſtörer, die unſeren Verband begleiten, ihn ſtändig umkreiſen, die über Mittel⸗ england britiſchen Jägern heiße Luftkämpfe liefern werden! Soweit das Auge reicht: Kette an Kette, Staffel auf Staf⸗ fel, kampfſtarke Gruppen ſind zum vernichtenden Angriff unterwegs. In der Ferne erkennen wir bereits die Umriſſe des engliſchen Küſtenraumes. Zahlreiche Wolkenlöcher laſ⸗ ſen genügend Sicht zur Orientierung. Unſere Zerſtörer brauſen plötzlich nach Süden ab, ſie haben eine Staffel eng⸗ liſcher Jäger ausgemacht, die ſich auf den anfliegenden Kampfverband ſtürzen wollte. Im Nu iſt eine heftige Luftſchlacht entbrannt. Aus der Wanne, den rechten Zeigefinger am MG⸗Abzug, beobachte ich einen heftigen Kurbenkampf, Tauſende von Metern über der engliſchen Erde. MG⸗Garben ziſchen durch die Luft, die ſich nach und nach mit unzähligen kleinen ſchwarzen Pufperwölkchen anfüllt. Sekunden ſpäter ſtürzt eine Spitfire mit ſtarker ſchwarzer Rauchfahne brennend ab. Die atemloſe Jagd von engliſchen Jägern und deutſchen Zerſtörern nimmt ihren Fortgang, während wir ruhig unſeren Kurs weiterfliegen, hin zum Bombenziel. Unter uns eines unſerer Ziele. wohnte dramatiſche Schauſpiel! Unerbittlich praſſeln Bom⸗ ben zur Erde. Rauch- und Feuerſäulen ſchießen hochk Vorn, hinten, links und rechts von jedem Kampfflugzeug regnen förmlich die Bomben zur Erde: Tauſende von Brandbomben, Hunderte von Bomben aller Kaliber. Der Flug geht weiter. Wir haben heute noch ein paar Ziele: Middlesborough, Billingham... Großbritannien ſpürt die kommende Niederlage, zittert unter der Wucht der deutſchen Luftangriffe. Inzwiſchen haben die Luft⸗ kämpfe über und unter uns an Heftigkeit zugenommen. Oftmals ſehen wir einen Zerſtörer im Kampf mit mehreren Spitfires, oftmals aber ſehen wir auch engliſche Jäger rau⸗ chend in die Tiefe trudeln Hin und wieder verſuchen Spit⸗ -fires und Hurricanes links und rechts einen„Außenſeiter“ unſerer Staffeln anzugreifen, Kampfflugzeuge, die den Schluß unſeres Verbandes bilden. Auf die Jäger richten ſich dann Hunderte von Maſchinengewehren, die dem Feind Tauſende von Kugeln entgegenſchießen. Jede Beſatzung ſetzt ihre Ehre darein, der angegriffenen Nachbarbeſatzung nach Kräften mit ihren MG's zu helfen. Hier beginnt das ge⸗ Roman von Axel Rudulpll. 38 Ob der„Erſte“ weiß..? Renate hat ſich ſelbſt die Frage mit einem„Nein“ beantwortet. Curt Lohmann ſieht es nicht ähnlich, daß er ſeine Offiziere in ſeine perſön⸗ lichen Angelegenheiten einweiht. Möglichſt. unbefangen hat ſie die Frage geſtellt:„Sie verehren Ihren Kapitän wohl ſehr, Herr von Rendorp?“ „Das tun wir alle, gnädige Frau, und Käppen Loh⸗ mann verdient es auch.“ Kein vertrauliches Zwinkern, keine noch ſo kleine, verſteckte Betonung. Herr von Rendorp hat nur in ſeiner üblichen, höflichen Weiſe gelächelt, ſich grüßend verbeugt und iſt davongegangen. Renate hat wieder ihren Liegeſtuhl an Deck aufſtellen laſſen, ihre Spaziergänge gemacht und in der Geſellſchaft Mr. Andrews' an ihrem gewohnten Platz im Speiſeſaal ihre Mahlzeiten eingenommen. Mit Kapitän Lohmann hat ſie am Nachmittag noch eine kurze Unterredung an Deck gehabt. 5 „Wir müſſen uns über all das noch einmal aus⸗ ſprechen, Renate“, hat Curt Lohmann geſagt, als er grü⸗ ßend zu ihr getreten war und ſie in eine kurze Unter⸗ haltung verwickelt hatte, nicht den übrigen Fahrgäſten unterhielt. Mehr haben ſie nicht miteinander ſprechen können. Es waren zu viele Ohren in der Nähe. Frau Renate hat ſeit geſtern Zuwachs an ihrem Tiſch bekommen; der kleine, dicke Captain Dookhill, bereits wieder vollkommen hergeſtellt und von den Offizieren der 2 Perpetua“ mit einem guten Zivilanzug verſehen, hat die Bitte ausgeſprochen, mit Mrs. Wilcox, deren Namen als Liverpooler Reedereibeſttzerin er kennt, ſpeiſen zu dürfen. Rengte hat auch mit ſtillem Entſetzen von dem Selbſt⸗ mordverſuch Evi Dahns gehört. Sie kennt das junge Mädchen nicht perſönlich, und was Miſter Andrews ihr über den Anlaß zu der Verzweiflungstat Evt Dahns fagen kann, iſt recht unbeſtimmt. Aber ſoviel ſcheint doch feſt⸗ zuſtehen, daß es ſich umveine unglückliche Liebe handelt, —5— 1 Unſer Kampfflugzeug hatte minutenlang näckigen engliſchen Jäger im Nacken, zum Angriff anſetzte, wie fguerten aus allen Rohcen, aus der Kanzel, aus dem Heckſtand, aus der Wanne. Unſer biß⸗ chen Leben wollten wir teuer verkaufen. Links und rechts von uns ſtehen ſchon zahlreiche leere Trommeln, Patronen⸗ hülſen liegen in Maſſen am Boden, von allen Seiten wü⸗ tendes MG⸗Feuer. Plötzlich ein freudiges Hallo aus dem Heckſtand:„Spitfire ab geſchoſſen“, Trudelnd mit einer ſchwarzen Rauchfahne hinter ſich, verſchwindet der Tommy unter den Wolken. Das iſt der zweite Abſchuß un⸗ ſerer Beſatzung innerhalb kurzer Zeit. Inzwiſchen ſind die Jäger vertrieben worden, mit dem Reſt haben unſere Zer⸗ ſtörer reinen Tiſch gemacht Dafür ballert jetzt die Fla! wütend auf unſeren Verband los. Ueberall in der Nähe der Flugzeuge ſtehen ſchwere Rauchballen, ſie zeigen an, wo Flakgranaten krepierten. Kurz vor Verlaſſen der engliſchen Küſte, nachdem wir faſt zwef Stunden ununterbrochen die Bomben der einzel⸗ nen Kampfflugzeuge fallen ſahen, läßt die Spannung nach; die Ziele wurden gefunden— und gut getroffen! Explo⸗ ſionen an allen Ecken und Enden. Mittelengland hat die Wucht der deutſchen Luftangriffe kennengelernt. Auf nächtlichem Bombenflug Pa. Kaum haben wir den Kanal verlaſſen und Britan⸗ niens Südküſte erreicht, da geht es ſchon los. Ein kurzes Suchen, und gleich ſitzen wir mitten im Kegel des Flakſcheinwerfers drin. Sie arbeiten nicht ſchlecht, die Herren vom britiſchen Mondſcheinklub, kaum daß ſie uns einmal aus ihren„ſtrahlen⸗ den Augen“ verlieren. Ueber uns, unter uns, neben uns, rechts und links, hell erleuchtet eine erkleckliche Zahl deutſcher Kampf⸗ flugzeuge. Kopfrechnung iſt zwar meine ſchwache Seite, aber ich habe doch bald zuſammen, wieviel Zentner Tod und Ver⸗ derben binnen weniger Viertelſtunden in Geſtalt von zahl⸗ loſen Bomben und Bömbchen auf England herabtropfen wer⸗ dent. Unſer„Material“ genügt, um den ganzen Hafen von B zu„pulveriſieren“. Für Sekunden wird es dunkel um uns, ein Werfer nach dem anderen erliſcht. Einer nur, links voraus, taſtet ſich an einem Wolkenrande entlang, ein zweiter, ein dritter geſellt ſich ihm zu, die Nacht wird zum Tage. Wenn wir jetzt kein Flak⸗ fleuer betommen... Da haben wir auch ſchon den Teufel an eine Wolkenwand gemalt! Ein kurzes Aufblitzen unter uns. Mündungsfeuer ſchwerer Flak, gleich darauf weit links neben der Maſchine eine Stichflamme, der erſte Gruß von unten hat uns erreicht. Dann ſekundenlang Ruhe. Plötzlich aber ſcheint am Nachthimmel Englands die Hölle loszubrechen. Minuten⸗ lang gellt es rings um uns, einmal näher, einmal weiter. Eine Stichflamme löſt die andere ab, dann wieder zähle ich drei, ſechs oder gar zehn zu gleicher Zeit. Ich bilde mir manchmal ein, die Detonation zu hören, aber das kann nicht ſein; das Geräuſch unſerer Motoren iſt undurchdringlich. Die Flammen kommen weſentlich näher, der einen hart⸗ der immer wieder Strahl des Werfers hält uns nach wie vor umkrallt. Die Zu⸗ ſammenarbeit macht Fortſchritte dort unten. Das Spiel hat zweifellos etwas Schönes an ſich, trotzdem ziehen wir vor, aus ihm auszuſcheiden. Die Rollen ſind zu ungerecht verteilt. Im ſelben Augenblick, in dem wir zu klettern beginnen, fliege ich zur Seite, mein Kopf haut gegen eine Kante. mein rechtes Bein macht unter irgendeiner äußeren Gin eung eine ſelb⸗ ſtändige Bewegung, die in den Weichteilen des Bordwartes endet. Kein Zweifel, in unſerer unmittelbaren Nähe muß eine der Flakgranaten krepiert ſein, ſicher haben wir Splitter ab⸗ bekommen, aber niemand meldet eine Verletzung. Die Maſchine hat zwar einige bedrohliche Schwankungen gemacht, Sekunden ſpäter haben wir doch die Höhe, die unſer Flugzeugführer für ausreichend erachtet. Und tatſächlich haben wir Ruhe. Hinter uns pinſeln die Werfer zwar noch immer den Himmel ab und einige Blitze zeugen vom Eifer der engliſchen Kanoniere, aber wir bleiben bis zum Ziel ungeſtört. Wir können uns dort ſogar erlauben, wieder tiefer zu gehen, um unſeren ver⸗ derbenbringenden Ballaſt abzuwerfen. Deutlich erkennen wir im Schein des Exploſionsfeuers. i den Einſchlag in eine rieſige Werft. Einige Kilometer von uns entfernt ſcheint ein Benzintank zu brennen. Unſere Kameraden haben dort wirkungsvoll gear⸗ beitet, Immer zahlreicher werden die Pünktchen in der Nähe und in der Ferne. Die meiſten erlöſchen nach Sekunden, andere werden groß und größer. Die Pünktchen kennen wir recht gut; es ſind Zeichen für die unangenehmen Wirkungen, die unſere Bomben auf dem Inſelreiche hinterlaſſen. Ohne Störung legen wir den Heimflug zurück; alle Ma⸗ ſchinen unſerer Gruppe ſind wiedergekehrt. Viele von ihnen haben Splitter abbekommen, aber den Vogel ſchießt doch unſere Kiſte ab. Nicht wenſger als 47 Löcher weiſt ſie auf; ein„Wunder“ geradezu, daß wir alle heil davongekommen ſind. Einmal fällt mir die unmotivierte Bewegung meines rechten weber* augenbltcrlichen und das genugt Frau Renate in ihrer Gefühlsverfaſſung, jungen Mädchen zu haben! Sie läßt ſogar durch die Ste⸗ wardeß anfragen, ob ſie Fräulein Dahn beſuchen dürfe, „ nicht einmal gekränkt, als dies höflich abgelehnt wird. Man kann wohl ſagen, daß heute trotz der vorher⸗ gegangenen aufregenden Ereigniſſe eine allgemeine ſtill⸗ frohe Stimmung an Bord der„Perpetua“ herrſcht. Die Fahrgäſte ſind höchſt befriedigt über die„abwechſlungs⸗ reiche“ Reiſe. Kapitän Lohmann geht umher mit einem Geſicht, auf dem ein Glanz ſtillen, inneren Glücks ſich zeichnet. Offiziere und Mannſchaften freuen ſich mit ge⸗ rechtem Stolz über die zu erwartenden öffentlichen Be⸗ lobigungen für die Rettungstat. Lorenzen iſt glücklich, weil ihm zum erſtenmal in ſeiner jungen Seemannslauf⸗ bahn das ſchöne Erlebnis der Kameradentreue begegnet iſt. Der Matroſe Jürgen Voß freut ſich, daß er den Drit⸗ ten Offizier, den„Laps“, als ganzen Kerl kennengelernt hat, und noch mehr, daß nun auch ſeine Deern, die Käthe, vernſinftig geworden iſt— 5 Die Stewardeß Käthe Meurer freut ſich, daß ſie der Wahl zwiſchen dem Offizier und ihrem Jürgen enthoben iſt und wieder ganz ungeſtört an die längſt beſprochene Heirat mit Jürgen Voß denken kann. Der Funker Dobratz anders, als er ſich auch mit f Verkaufsſalon hat ſie alle iſt befriedigt; die„Bannocburn“ Leute ſchwimmen in Hochſtimmung über ihre glückliche Rettung; Captain Dook⸗ hill iſt entzückt, daß er in den„german sailors“ ſo kreuz⸗ brave Kameraden getroffen hat. 8 während ſie im Bootsmann Nöttenbrock heute eine um ſogleich tiefes Mitleid mit dem ponieren und eine Menge Belles eln, dle unſer Börpfbart Zu ſpureff Berat. Das Wrgehntg meiner Unterſuchung beſtand in einem zentimeterbreiten Riß der Stiefelſohle, hervorgerufen durch den Splitter einer eng⸗ liſchen Flakgranate. Kriegsberichter Emil Wei h müller. Bei Feli Timmer mans zu Gaſt Deutſcher Kriegsberichter 1 den großen Dichter Flan⸗ derns— Nach aufregenden ochen wieder in die Stille ſeines Schaffens zurückgefunden NSK. Sehr viele flamiſche Dichter gehören— das kann man wohl ohne weiteres ſagen— zum deutſchen Kultur⸗ kreis. Ihre Werke werden in Deutſchland ſoviel geleſen, Der in Deutſch⸗ wohl Felix Tim ⸗ Gelegenheit ein 20 Minuten. rem niederdeutſchen manches gemein hat. land bekannteſte unter dieſen Dichtern iſt mermans. Ihm gilt bei einer beſonderen kurzer Beſuch. Von Mecheln aus ſind es nach Lier nur f Lier liegt etwas abſeits von den Hauptſtraßen. Ueber einen Feldweg ſtreben wir zwiſchen wogenden Aehren der Heimat Felix Timmermans zu. Lier dünkt uns auf den erſten Blick nicht ſonderlich einladend; aber man gewöhnt ſich allmäh⸗ lich an das Bild der kleinen, ſchmalen Häuſer, die hier we⸗ gen der Fenſterſteuer überall gleich ind. Nur die Kirche ragt über die Dächer hinweg. Wir ſuchen die Wohnung Timmermans am Rande der Stadt, in einem großen Gar⸗ ten mit weitem Ausblick auf das Land. Zu unſerem Erſtau⸗ nen aber werden wir auf Befragen darauf hingewieſen, daß der„Schreiber“ Timmermans mitten in der Stadt zu Hauſe iſt. In einer langen Häuſerreihe finden wir dann auch das kleine ſchmale Haus des Dichters. Ein nettes junges Mädei von etwa 16 Jahren öffnet uns. Es iſt eine der Töchter des Dichters. Leider iſt„der Vader“ nicht zu Haus er wird aher jeden Augenblick vom Spaziergang zurückerwartet. Alſo beſchließen wir zu warten. Da haben wir Muße. mal im Flur des Haufes, den eine ſchwere Truhe ziert, um⸗ uſehen. Bilder über Bilder hängen hier. Die meiſten von er Hand des Dichters felbſt gemakt. Auf den erſten Blick ſind ſie als ſeine Geſtalten zu erkennen. Sie leben genau ſo, wie ſie in ſeinen Büchern uns Vorſtellungn wurden. Mit wenigen ſchweren Pinſelſtrichen iſt hier umriſſen. was in den Werken ſo liebevoll im kleinſten ausgemalt iſt. Aber die Wirkung iſt die gleiche. Als wir eben auf die Straße ſchauen, ſehen wir von wei⸗ zem den Dichter kommen So wie er uns noch von einer Vortragsreiſe in Deutſchland noch in Erinnerung iſt, ſteht er vor uns. Die breite Geſtalt bewegt ſich ſchweren Schrik⸗ tes, unter dem breitkrämpigen Hut wirkt der Kopf noch maſſiver. Er hat auch in dieſem Augenblick, als wir ihn nun begrüßen, den fragenden etwas verträumten Blick der ſtetz ſinnierend durch die Welt ſeines Landes geht, dem Weſen der Dinge und den Menſchen nachgeht. Wenig ſpäter ſitzen wir in ſeinem Arbeitszimmer. Alſo hinter dieſem kleinen ſchweren Arbeitstiſch entſtand der Pallierter. Hier am Ka⸗ min, über dem groß das lebensvolle Porträt des Dichters hängt, iſt die beſchauliche Ruhe, die ſeine Werke reifen läßt. Nur langſam kommt das Geſpräch in Fluß. Man merkt dem Dichter an, daß er Schweres mit durchgemacht hat. Er zeigt uns Karten und Briefe von deutſchen Freunden, die ihn in den, letzten Tagen erreichten. Sorgenvoll drücken die Freunde ihr Mitgefühl mit dem Geſchſick des Dichters aus. Timmermans freut ſich, daß er durch dieſen Bericht den deutſchen Freunden mitteilen kann daß er nicht von den Franzoſen verſchleppt wurde. Er war hei Ausbruch der Feindſeligkeiten in Holland, wo er in Amſterdam der Eröff⸗ Hung einer Ausſtellung feiner Werke beiwohnte. Auf der Rückfahrt geriet er in ein vierſtündiges Bombardement. Kaum nach Lier gekommen hieß es ſofort, den Ort verlaſ⸗ ſen. Lier wurde zwangsweise evakuierk. Auch in Ankwer⸗ pen, dem erſten Zufluchtsort, blieben die Evakuierten nicht lange. Es ging nach Menin. Und hier geriet Timmermans mit ſeiner Familie in den Flüchtlingsſtrom. der zwiſchen der deutſchen franzöſiſchen und belgiſchen Armee einge⸗ drängt wurde. In Menin erhielten die Flüchtlinge dann Schutz in den Kellern eines Hauſes. Seit gut einer Woche iſt Timmermans mit den Seinen wieder in der friedlichen Idylle ſeines Heims. Die Evakuierung war unverantwort⸗ ich. Auch Lier das kaum gelitten. 5 „Nun iſt der Dichter wieder bei der Arbeit. Die erſten Tage hat es ſchwer gehalten, die Ruhe zum Schaffen wieder⸗ zufinden. Zu ſtark wirkten die Erlebniſſe nach. Auch jetzt noch iſt ſein Geſicht in Erinnerung an die vergangenen Wochen umſchaktet. Doch auf das Buch, das er jetzt vom Manuſkript mit Hilfe einer ſeiner Töchter in die Maſchine ſchreibt, wartet ſchon der deutſche Verleger. Wir nehmen einen Einblick in das Manufkript, das mehrere Schreib hefte füllt. Dieſer neue Roman iſt eine Familienchronik, die in Lier ihren Anfang nimmt und über das Schickſal non Generatignen in vielen Ländern ſpfelt. umgangen wurde. hat unter dem Krieg ganz manterliche, gut⸗ mütige Miene zeigt. Selbſt Evi Dahn, die kraftlos und noch ein wenig bleich in ihrer Kabine liegt, hat keine ver⸗ zweifelten Augen mehr. Es ſchmerz und brennt noch da drinnen in dem mißhandelten, enttäuſchten Herzen, aber es iſt nicht mehr der unerträgliche ſchreiende Schmerz von geſtern abend. Friede geht aus von den geſchickten Hän⸗ den der Stewardeß, die lautlos, dienſteifrig den Tee be⸗ reitet, die Kiſſen zurechtrückt, von den duftenden Blumen⸗ grüßen, die die Kabine ſchmücken. Friede und Beruhigung danken, daß alles noch zum guten Ende gefügt worden iſt, daß der Fratze Viggo Caſtenſkjolds die Maske abgeriſſen 8 konnte, bevor er ihr ganzes Leben für immer zer⸗ örte. ö Eigentlich ſind es nur drei Menſchen an Bord der „Perpetua“, die heute nicht froh ſind. Erſtens natürlich der Herr Baron Viggo Caſtenſkjold oder wie er nun in Wirklichkeit heißen mag. Der hat allerdings auch wenig Grund, nach all den Geſchehniſſen ein heiteres Geſicht zu zeigen. i i In ſpäter Nachtſtunde hat Kapitän Lohmann ihn aus der Bar holen laſſen und in Gegenwart des Erſten Offi⸗ ziers ein ſcharfes Kreuzverhör mit ihm vorgenommen. Caſtenſkjold hat zuerſt⸗ verſucht, durch Frechheit zu im⸗ haßtriefender Verdächtigungen und Verleumdungen über Jep Fahland vorgebracht! Es hat ihm wenig genützt. 5 i Als der Kapitän ihm erſt die von ihm ſelbſt ge⸗ ſchriebene Bankanweiſung vorlegte, hat er die Sache als Helga Lürſen aber ſtrahlt förmlich, Erdmanns Bilder ſchneidet und die Kund⸗ Mit dem ganzen Optimismus ihrer Jugend ſchlimmen Befürchtungen weit von ſich ge⸗ worfen. Für ſie iſt es völlig gleichgültig, ob Jep Boyſen früher mal durch ſeine Schuld Schiff und Ladung verloren, ob er 9 der Führung eines falſchen Namens ſchuldig gemacht hat. Die Hauptſache iſt: Sie, Helga Lürſen, hat ihren Jep wieder, und Jep liebt ſie! * So geht ein ſtiller Strom von Glück und Freude durch das ganze Schiff und wirkt ſich in hundert kleinen äuße⸗ ren Anzeichen aus, die wieder ihrerſeits neue gute Stim⸗ mung ſchaffen. Die Fahrgäſte machen an Deck gutgelaunte, witzige Bemerkungen über den Seegang, ſtatt zu ſchimp⸗ en. Das Eſſen ſpird gelobt. Die Matroſen tun ihren Dienſt mit blanken Augen und ſo eifrig. daß der bärbeißige ſchaft bedient. einen harmloſen dummen Scherz darſtellen wollen. Auch das iſt nicht gelungen. Kapitän Lohmann, der inzwiſchen die Kabine des Herrn„Baron“ hat durchſuchen laſſen, hat ihm ruhig die Depeſche eines gewiſſen Bankhauſes Albing u. Co. vorgehalten, in der dem Baron Caſtenfkjold mit Anzeige bei der Polizei gedroht wird, wenn die Deckung für einen Scheck über ſechstauſend Mark nicht binnen drei Tagen aviſiert werde. Auch das Zeugnis des Barmixers iſt niederſchmetternd. N 5 den Barangeſtellten beau ſonders ſcharfe Getränk e vorzuſetzen. Der Mixe erklärt 5 auch entſchieden, Caſtenfkjold ſei ſelber keineswegs betrun⸗ ken geweſen, als er— vor dem Erſcheinen Evi Dahns in der Bar— auf den vom Mixer gelieferten Briefbo en die beiden, nachher vertauschten Schriftſtücke gufgeſetzt habe. 5 weil ſie aus einem geiſtigen Raum kommen der mit unſe⸗ uns ein⸗ liegt auch in dem immer mehr Macht gewinnenden Ge⸗ Danach ſteht feſt, daß der„Herr Baron“ ausdrücklich tragt hat, Fräulein Dahn be.