A Fir F — n eee — E 8 9 7 n F . . ternde Goethe in die wenigen Worte zuſammenfaßte: „Nur die Menſchen machen die Zeit!“ Geiſtern gepeitſcht, gehen die Sonnenpferde der Zeit mit Nr. 307 Neckars Bote(2. Blatt) Dienstag, 31. Dezember 1940 Auf der Grenzſcheide Zum Jahreswechſel 1940/41. Im alten Bremer Rathausſaal befindet ſich über der Eingangstür ein eigenartiges Bildwerk, das wohl nur wenige Beſucher beachten und kennen. Zur Linken ſehen wir ein aufgeſchlagenes Buch— das Symbol der Ver⸗ gangenheit, auf der rechten Seite ein geſchloſſenes, ver⸗ ſiegeltes Buch— das iſt die Zukunft. Zwiſchen beiden liegt die Gegenwart, die durch einen Spiegel verſinnbild⸗ licht iſt, in welchem wir unſer Spiegelbild ſchauen, wie es jetzt in der Gegenwart iſt. Und wohl uns, wenn uns der Spiegel nicht bloß unſer äußerliches Bild entgegen⸗ wirft, ſondern uns auch etwas von unferem Herzen zeigt, wie es auf dieſer Grenzſcheide zwiſchen Vergangenheit und Zukunft darin ausſieht. So möge auch unſer Herz ſich des Ernſtes dieſer Stunde bewußt werden, da wir auf der Grenzſcheide des alten Jahres zum neuen ſtehen. Wir wollen aus dem Myſterium der Stille dieſer Stunde für unſere Seele die Stärke mit hinübernehmen in das neue, unbekannte Land der Zukunft. So möge ein jeder von uns, wie es der ge⸗ wiſſenhafte Kaufmann am Jahresabſchluß zu tun pflegt, noch einmal blättern in dem aufgeſchlagenen Buch des nun bald vergangenen Jahres und die Bilanz ziehen, Soll und Haben vergleichen und dann zuſehen, was ihm nun wirklich bleibt, was Beſtand hat, was er mit hin⸗ übernehmen kann ins neue Jahr, daß es ihm zu neuer Kraft und Stärke werden kann. Und im Spiegelbild wird er dann etwas erſchauen und ahnen können, was er vom neuen Jahr zu erhoffen hat. Schauen wir ſo, einmal aufs Große und Ganze ge⸗ fehen, zurück auf das vergangene Jahr, dann war es ein Jahr großen und größten Geſchehens, das mit ehernem Griffel gewaltige Taten in das Buch der Geſchichte ge⸗ ſchrieben hat, Taten, die noch eine große Zukunft in ſich tragen, wenn ſie ſo weiter geführt und vollendet werden können. Eine neue Welt will ſich bilden mit neuen, beſſe⸗ ren Ordnungen, ein neues Europa will entſtehen, gewal⸗ tige Perſpekliven im Leben der Völker tun ſich auf, groß und verheißungsvoll liegt die Zukunft vor uns. Das iſt das Bild, das wir aus dem ſcheidenden Jahr mitnehmen. Wenn wir nun in das Spiegelbild ſchauen, das unſer eigenes Bild zurückwirft! Wie ſchauen wir uns ſelbſt? Wie ſteht es um uns ſelbſt? Nun, wir wiſſen, daß unſer ganzes Volk mit un⸗ begrenztem Vertrauen nächſt Gott, der uns die Erfolge und Siege geſchenkt hat, auf ſeinen Führer ſchaut und mit ihm feſt entſchloſſen iſt, das einmal erkannte Ziel nicht mehr aus den Augen und den Händen zu laſſen, und darum bereit iſt, durchzuhalten bis zum endgültigen Sieg, damit der Welt endlich der lang erſehnte Friede der Gerechtigkett gegeben werden kann. Für dieſes hohe Ziel iſt das Blut der Beſten gefloſſen, und es ſoll nicht umſonſt geweſen ſein. In dem Gedanken und in dem Willen ſind ſich Heer und Heimat, die Front drin und draußen völlig eins und einig, da wird ſie nichts mehr auseinanderreißen können. Mit ſolchem Glauben und in ſolcher Geſinnung gehen wir darum auch in das neue Jahr und in die Zukunft hinein. Darin bleibt unſer Herz feſt und ſtark, was auch die Zukunft bringen mag. Daran wird ſie nichts ändern können, es ſei denn, daß wir ſelbſt uns änderten. Aber das ſoll eben unſer Gebet und unſer Gelöbnis für das neue Jahr ſein, daß der Allmächtige uns auch im neuen Jahr die alte Kraft und den gleichen Mut ins Herz geben möge, wie ſie uns im alten Jahr beſeelt und erfüllt haben. Dann werden wir auch das neue Jahr mit ſeinen Aufgaben beſtehen können. Dann wird es uns gelingen, was eine gütige Vorſehung uns in die Hände gelegt hat, auch feſtzuhalten und auszuführen zum Segen einer harrenden Menſchheit. Dann wird auch das neue Jahr ein Jahr des Heils und des Segens werden, wie Gott es will. Das iſt unſer Wunſch und unſer Gebet auf der Grenzſcheide der Jahre. Daß er erfüllt werden kann, dazu gehört auch unſere Arbeit, unſer ganzer Einſatz, unſer ganzes Herz. M. Lob der Zeit Neujahrsgedanken von Hans Sturm. Wenn ſich ein Jahr zu Ende neigt, glaubt man in einer beſinnlichen Stunde zu ſpüren, daß die Zeit ſchneller in die Vergangenheit zurückſinke als ſonſt, ja, man glaubt jetzt erſt die Zeit richtig zu empfinden, und bald taucht die Frage auf: Was iſt Zeit? Darüber haben ſeit Urzeiten Menſchen nachgedacht, doch eine endgültige Antwort hat bis heute noch niemand gefunden, auch die Dichter nicht, aber ſie haben den Begriff Zeit oft ſo ſchön umſchrieben und ihn zu deuten verſucht. In den alten Sagen verſchollener Völker kehrt oft die Frage wieder, ob die Zett zuerſt dageweſen ſei oder der Raum. Friedrich Rückert, der ſich ſehr viel mit den Ur⸗ ſprachen und Urkulten beſchäftigt hat, verſucht dieſe Frage zu löſen in dem Achtzeiler: Von Zeit und Raum iſt viel zu hören und zu leſen, Als ſeien beide gleich und ſtets zugleich geweſen; Doch eher iſt die Zeit geweſen als der Raum, Wie Wachstum eher war als der gewachſ'ne Baum. Entſtanden war die Wels, ſobald als Geiſter dachten; Der Raum erſt, als ſich breit darinnen Körper machten. Und mit dem Körper wird der Raum zuſammenfallen, Doch mit den Geiſtern erſt die Zeit in Gott entwallen. In dieſen Verſen liegt die Erkenntnis, die der al⸗ Noch deutlicher drückt ſich der ſchleſiſche Dichter aus in den Zeilen; Du ſelber machſt die Zeit: Das Uhrwerk ſind die Sinnen; Hemmſt du die Unruh nur, So iſt die Zeit von hinnen. Und Jean Paul ſagte:„Die Zeit iſt ein Augenblick; unſer Erdenſein wie unſer Erdengang ein Fallen durch Augenblicke.“ Goethe ſieht die Zeit mit wirklichkeitsnähe⸗ ren Blicken, wenn er ſchreibt:„Wie von unſichtbaren Das große Jahr Wir haben dich nie ſo kfef gekannt, wir haben dich nie ſo ſtolz genannt wie in dieſem Jahr, das dein ſchwerſtes war: Deutſchland! Aus den Wäldern im Oſten grinſte der Tod in Polen war der Herbſt blutrot von toſendem Krieg, doch dein war der Sieg: Deutſchland! Im Norden dunkelte Fels und Meer, es ballten ſich Wolken blitzeſchwer. doch zur rechten Zeit warſt du bereit: Deutſchland! Als der Erzfeind voller Lug und Trug aus Flandern heimlich nach dir ſchlug, ward er zunicht durch dein Gericht: Deutſchland! And wenn der Teufel dieſer Welt die Hölle uns enkgegenſtellt, du brichſt die Macht in letzter Schlacht: Deutſchland! Wir haben dich nie ſo kief gekannt, wir haben dich nie ſo ſtolz genannt wie in dieſem Jahr, 3 5 das dein größtes war: Deutſchland! Fritz Thoſt. nichts, als mutig gefaßt die Zügel feſtzuhalten und bald rechts, bald links, vom Steine hier, vom Sturze da, die Räder wegzulenken. Wohin es geht, wer weiß es!— Er⸗ innert er ſich doch kaum, woher er kam!“ Sehr anſchaulich ſuchte Herder das Weſen der Zeit zu erfaſſen durch die Betrachtung„Was ſind die Zeiten ohne Menſchen?“, die auf jede große Zeit angewendet werden kann: Wir, wie uns die Zeit erſchafft, erſchaffen Zeit. Jahrhunderten geht einer kühn voran; Ein Rüſtiger erſchafft Jahrhunderte, Die ohne ſeines Geiſtes Mut und Kraft Die Welt gelaſſen hätten, wie ſie war: Ein Neſt voll Kinder, Toren, Beſtien. Weit wichtiger als die Frage nach dem Weſen der Zeit iſt für uns die Frage nach ihrem Wert. Der römiſche Schriftſteller Seneca ſchrieb:„Viele Stunden entfliehen uns; viele werden uns geſtohlen; viele ſchlüpfen uns unter den Händen fort“; deshalb wohl prägte einer ſeiner Zeit⸗ genoſſen die kategoriſche Formel:„Nütze die Zeit!(Carpe diem!) Und der weiſe Mare Aurel knüpfte daran die Mahnung:„Erinnere dich, daß dir die Zeit zugemeſſen iſt, die, ſo du ſie nicht nutzeſt, dich abzuklären, hin ſein wird wie du ſelbſt, und die nie wiederkommt!“ Eines der ſchönſten Worte über die Zeit ſand der Dichter des „Fauſt“, der ſeine Zeit nicht nur einzuteilen, ſondern auch klug zu verwerten gewußt hat: Die Zeit iſt mein Beſitz, Mein Acker iſt die Zeit! Und wenn er eine ſolch reiche Lebensernte eingebracht hat, ſo liegt das daran, daß er, wie er als Greis zu Eckermann ſagte,„lieber die geringſte Arbeit tun“ wollte, als„eine halbe Stunde für gering achten“. Jeder von uns, auch der Aermſte, hat Beſitzrecht an dem großen Acker Zeit, nur hat das Geſchick dem einen größeren, dem anderen einen geringeren Anteil zugedacht. Jeden Morgen erhalten wir eine neue Ackerbreite, um ſie zu beſtellen; wer ſich da redlich und fröhlich müht, weiß bald um den Wert der Zeit, der bereits in einem mittel⸗ alterlichen Reimſpruch hoch veranſchlagt wird: Mancher weint um das Gut, Das er vertut; Wein er lieber um die Zeit, Die ihm niemand wiedergeit! Wem es ernſt iſt mit ſeinem inneren und äußeren Vorwärtskommen, der muß ſtets auf dem Poſten, jeden Augenblick bereit ſein, denn: verlorene Zeit iſt nur da⸗ ſein, angewendete Zeit dagegen iſt Leben, dem Schillers Wort gilt: 5 Nimm jede Stunde wahr, eh' ſie entſchlüpft! So ſelten kommt der Augenblick im Leben, Der wahrhaft wichtig iſt und groß. Anléres Schiſals leichtem Wagen durch, und uns bleibt wird, erſt recht. Es ſoll uns zum Segen gereichen Die guten Vorſätze in der Silveſternacht Wir haben alle gute Vorſätze, wenn die Neufahrs⸗ glocken das neue Jahr einläuten. Wir wollen beſſer werden und weiſer handeln, wir wollen unſer Selbſt be⸗ zwingen, das ſo oft eigenſüchtig und hart und lieblos war, wir wollen uns nicht mehr wie bisher unſerem Schmerz hingeben, der uns eingefangen hat, wir wollen unſere Fehler ablegen und zuverſichtlicher als bisher an die Güte des Schickſals glauben und an die Folgerichtig⸗ keit allen Geſchehens— wir wollen— wollen— ach, wir wollen ſo viel! Aber meiſtens iſt es ſo, daß der richtige Wille und damit das richtige Wollen fehlt. Und ſind nur ein paar Tage des neuen Jahres ins Land gefloſſen, dann müſſen wir mit Betrübnis feſtſtellen, daß aus unſeren guten Vorſätzen noch längſt keine guten Taten geworden find— wir gehen in dem alten Trott, in dem alten Schlendrian weiter, wir bleiben die alten läſſigen Sünder, die wir waren, die feierliche Stimmung der Neujahrsnacht iſt längſt verflogen. Denken wir an unſere guten Vorſätze mit einem leiſen Vorwurf unſeres Gewiſſens, dann ſchieben wir alles auf die leichte Achſel. Das ſind aber üble und törichte Gedanken, die wir mit dem gleichen Ernſt bekämpfen müſſen, mit dem wir unſere Beſſerung in Angriff nehmen wollen. Nehmen wir an, ich bin ein rechthaberiſcher und ein wenig ſtreitſüch⸗ tiger Menſch— ich weiß, daß meine Beſſerwiſſerei mir viele Feinde macht—, aber ich habe bisher noch nicht die Kraft aufgebracht, zu ſchweigen, wenn es angängig wäre, ich fahre den anderen Leuten über den Mund und gebe meine Weisheit zum beſten, trotzdem ſie niemand hören will—— ſollte ich da nicht doch wirklich ganz feſt den Entſchluß faſſen, mich zu ändern, damit ich auch einmal des Glückes teilhaftig werde, als beliebter und ange⸗ nehmer Menſch gewertet zu werden? Es wäre ſo leicht geſchafft; ich muß nur ein wenig Willenskraft haben und mehr Weltweisheit und Lebensklugheit erwerben, dann wird mein Leben viel reicher und ſchöner ſein. Bin ich ein mißvergüngter, grämlicher Geſelle, ſo entſchließe ich mich, fortan das Leben leichter zu nehmen. Ich will mich zu ſeeliſcher und geiſtiger Höhe hinaufentwickeln, denn auf der höheren Lebenswarte gedeiht das Unkraut Gräme⸗ lei und Meckerei nicht mehr. Wir wollen nicht mehr die Hände in den Schoß legen und uns vom Wind des Geſchehens treiben laſſen, wohin er will— wir wollen unſer Geſchick ganz feſt in beide Hände nehmen und die Lebensfreude ſuchen gehen, dann werden wir ſie auch finden. Neid iſt die Wurzel alles Uebels— wir wollen auch nicht neidiſch ſein auf die, denen es beſſer geht— wir wollen ihnen von Herzen alles Glück gönnen, denn wir ſind auf dem Wege, uns ſelbſt ein neues Lebensglück zu ſchaffen; es beſteht darin, ſich hinaufzuentwickeln und zu einer Perſönlichkeit heran⸗ zureifen. FFC A000 Wir wollen das neue Jahr als ein Geſchenk des Himmels nehmen und es uns zum Segen werden laſſen. Es liegt an uns, wie es wird, es liegt wirklich nur an uns! Wir ſind mächtiger, als wir glauben. Zwar— wir können nicht beſtimmen, ob Krieg oder Friede ſein ſoll, wir können nicht Herbſt oder Frühling befehligen und nicht Wolken des Himmels lenken, aber wir können uns ein Leben ſchaffen, das reich und ſchön iſt, wenn wir den Willen zum Siege haben in guten und böſen Tagen und wenn wir dieſen eiſernen Willen in die Tat umſetzen. Dieſen Willen brauchen wir im neuen Jahr, das ſo viele ſchickſalsvolle Tage für die deutſche Zukunft bringen CECECCCCTCVTTTCTCTCCCCCTCTCCTCTCTCCCb FFB. ͤw ̃¼————..—— ..::— Neujahrswunſch des Zeitungsboten Was einſt noch im vergangenen Jahr im Schickſalsdunkel lag, f liegt heute vor uns licht und klar, als wie ein Frühlingstag. Wir glaubten ſtets an unfren Sieg, doch unſer aller hoffen, wurde im deutſchen Freiheitskrieg durch Taten übertroffen. Alle, die Churchill einſt betört, ſind aus dem Feld geſchlagen. And die Pirateninſel hört i die ganze Well ſchon klagen. 8. Die deutſchen Stukas bombenſtark und unſre U- Boot- Heere, wie zehren ſie an Englands Mark beherrſchend Albions Meere. Es eilt die Zeit, ein Jahr verrinnt wie Sand in unſren händen. Glückauf! Das neue Jahr beginnt. Den Sieg gilt's zu vollenden! 1* 7* . And wenn Gott will, wird meinem Wunſch Erfüllung auch beſchieden, Dann gilt der nächste Neuſahrspunſch dem ſieggekrönten Frieden! Friſch hinein! Wönschen ihren Kunden, Güsten, Freunden und Bekannten nachstehende Geschäfte: Mar Gropp u. Frau Metzgerei „ Jehle bellen Inhaber: H. Schwarze Adolf Seitz u. Frau „Zum Löwen“ Emil Bühler u. Frau Metzgerei Firma L. Lochbühler Hauptſtraße G. Zimmermann Wtw. Schreibwaren⸗Handlung Schuhhaus Weickum Hauptſtraße Hermann Marzenell u. Frau Mineralwaſſerfabrik/ Raſtatterſtr. 2 Karl Würthwein Holzhandlung Fr. Schmitt u. Frau Wirtſchaft„Zum Beichsadler“ Ernſt Rudolph u. Frau Wirtſchaft„Zur Turnhalle“ Alois Gabler Motorfahrzeuge Freiburgerſtr. 47 Joſeph Kreutze u. Frau Buchhandlung, Papier⸗ u Schreibwaren Richard Rall Wiw. Manufakturwaren Karl Zwingenberger u. Frau Gaſthaus„Zum goldenen Hirſch“ Otto Zürn Wtw. Wirtſchaft„Zum Bad. Hof“ Karl Her dt u. Frau Baumaterialien⸗Handlung Eliſe Merker Wollwaren 7 Gengenbacherſtr. 14 12 1 Familie Gg. Peter Schwarz Gärtnerei Karl Wenz u. Frau Wirtſchaft„Zur Pfalz“ G. Schilling u. Frau Wirtſchaft und Metzgerei Jakob Möll u. Frau Wirtſchaft„Zum Pfälzer Hof“ Familie A. Kollnig Schreinerei und Möbel⸗Handlung Robert Schmich u. Frau Bäckerei Familie Auguſt Wolf Glaſerei Valt. Kunzelmann Wiw. Wirtſchaft„Zum Deutſchen Hof“ Kohlen⸗Handlung. Adam Gropp u. Frau Flaſchenbierhandlung, Kloppenheimerſtr. 54 Kaufhaus W. Wieſer⸗Illi Manufakturwaren Emil Stein u. Frau Wirtſchaft„Zum Stern“ Karl Hartmann Metzgerei Karl Barth Fuhrunternehmer Johann Schmidt Bäckerei/ Hauptſtraße 107 Geſchwiſter Neudeck Gaſthaus„Zum Ochſen“ Friedrich Senn u. Frau Mllchhandlung/ Waldshuterſtraße 13 Auguſt Schmidt Haus⸗ und Küchengeräte Familie Spies Sattler⸗, Tapezier⸗ und Polſter⸗Geſchäft Kaffee Berlinghof H. Keitel Handarbeitsgeſchäft Daniel Kern Wtw. Wirtſchaft„Zur Kapelle“ Heinrich Jakobh u. Frau Sodawaſſer und Limonade Gg. Ehrhardt u. Frau Sägerei und Kohlen⸗Handlung Frau Schott Damen⸗Schneiderei, Gengenbacherſtt. 3 Mühle, Ladenburg * Gotilieb Wolf u. Frau Ernſt Hartmann u. Frau Zigarrengeſchäft 7 1 * Die Silveſter⸗ i e Aeberraſch Skizze von G. E. Amburg. Als Doris Schreiber ſich in dem neuen Wintermantel vor dem Spiegel betrachtete, um ſich mit kritiſchem Blich zu überzeugen, daß er ihre natürlichen Vorzüge in ein beſonders günſtiges Licht rücke, ſtand ſie plötzlich— leiſe ſeufzend— vor der Frage, für wen ſie ſich eigentlich ſe viel Laſt aufbürde, hübſch zu erſcheinen. Und darauf gal es bei Doris Schreiber keine rechte Antwort, denn wei und breit exiſtierte kein Mann, dem zu gefallen, ihr Freude gemacht hätte. Doris konſtatierte es mit Bedauern. Elternlos und ohne die Gabe, raſch und leicht Anſchluß zu finden, lebte ſtie als Sekretärin ſeit acht Jahren in der großen Stadt Im Laufe der Jahre hatte ſie zweimal Gelegenheit gehabt zu heiraten, aber es war nicht das Richtige geweſen. Nun war ſie dreißig Jahre, ein hübſches Mädchen ohne Mann Als nach dem neuen Mantel auch ein neuer Winter⸗ hut fällig wurde, klopfte die Frage nach dem letzten Sinn dieſer Dinge mit verdoppelter Gewalt an ihr Herz, und da Doris ein gründliches und reſolutes Mädchen war, ſo kam ſie zu einem merkwürdigen Reſultat. Wenn der Zu⸗ fall in Geſtalt eines ihr ſympathiſchen Mannes nicht zu ihr kam, dann mußte ſie dem Zufall entgegengehen. Was vergab ſie ſich ſchließlich, wenn ſie das Büro einer gut be⸗ leumdeten Heiratsvermittlung aufſuchte und ihre Abſich⸗ ten dort ohne Umſchweife äußerte! Die Chance war ge⸗ ring, ſogar ſehr gering, aber immerhin vorhanden. Doris erkundigte ſich— ſachlich wie ſie war— bei einer Auskunftei und bekam die Adreſſe einer Heirats⸗ vermittlung genannt, die ihre Räume in der zweiten Etage eines großen Hauſes in vornehmer Wohngegend hatte. Eines Tages nach Büroſchluß machte ſie ſich auf den Weg. Etwas Herzklopfen hatte ſie doch, als ſie die Treppen langſam hinaufſtieg. Daß das Treppenhaus nur ſpärlich beleuchtet war, empfand Doris in dieſem Augen⸗ blick als recht angenehm. Im zweiten Stockwerk klingelte ſte, und ein älteres Mädchen in ſchwarzem Kleid mit weißer Schürze öffnete. Doris gab dem Mädchen ihre Karte, worauf ſie gebeten wurde, einen Augenblick zu warten. Das Mädchen kam bald zurück und erſuchte ſie, einzutreten. i Doris erſchrak nicht wenig vor der Eleganz des ge⸗ räumigen Bibliothekzimmers und noch mehr, weil es ein Herr war, der ſich hinter dem Schreibtiſch erhob, ihr einen Seſſel hinſchob und höflich fragte, womit er dienen könne. In Doris' Gedanken war es ſtets eine dicke, ſchwarz⸗ ſeidene Dame geweſen, die ſolch einem Unternehmen vor⸗ ſtehen mußte. Und die auch älter als dieſer ſchlanke Herr war, den Doris auf noch nicht vierzig ſchätzte. Doris gab ſich einen Ruck, ſchöpfte Atem und begann. Wer ſie ſei, was ſie tue und aus welchen Gründen ſie ſich zu dem Schritt, ihn aufzuſuchen, entſchloſſen habe. Es wurde ihr wahrhaftig nicht leicht, vor einem fremden Manne ſo rückhaltlos zu ſprechen, aber ſie überwand ihre Befangenheit raſcher, als ſie ſelbſt geglaubt hatte, weil dieſer Mann ihr vom erſten Augenblick an Vertrauen ein⸗ flößte. Zuerſt ſchien es ihr, als blickte er ſie überraſcht— ja, verdutzt an, aber dann war ein winziges Lächeln über ſeine Züge geglitten und hatte mehr und mehr einem offenſichtlich ehrlichen und ernſthaften Intereſſe Platz ge⸗ macht. Als ihre Rede zu Ende ging und in die Frage ausklang, ob er für ihren Fall wohl Rat wiſſe, flog wie⸗ der jenes leiſe Lächeln über ſein Geſicht. Er danke ihr für ihr Vertrauen, erwiderte der Herr mit leichter Verbeugung, das er zu ſchätzen wiſſe. Er glaube auch ſchon, ſagen zu dürfen, daß er einen Kandi⸗ daten für ſie ins Auge gefaßt habe, nur ſei es allerdings notwendig, daß er— der Leiter des Unternehmens— das verehrte Fräulein Doris Schreiber noch etwas näher kennenlerne, um die Gewißheit zu haben, auch wirklich ein ſolides Glück zu ſtiften. Zunächſt aber wolle er ihr einiges über den in Ausſicht genommenen Ehekandidaten erzählen. Doris nickte errötend. Herr X., wie er ihn vorläufig nennen wolle, ſagte der Chef des Heiratsbüros, ſei ein Junggeſelle etwa in ſeinen Jahren, Ingenieur von Beruf und durch langjährigen Aufenthalt im Ausland ohne rechte familiäre Verbindun⸗ gen in der Heimat. Nicht unvermögend und ſehr zurück⸗ gezogen lebend. Von ernſter Lebensauffaſſung, aber im Grunde auch wieder zu Heiterkeit und Frohſinn geneigt. Vielleicht etwas ſchwerfällig und ſchüchtern im Umgang mit Frauen, aber— wenn er ſo ſagen dürfe— kein ſchlechter Kerl. 5 Unwillkürlich verſuchte Doris, ſich nach dieſen Worte ein Bild von ihrem Ehekandidaten zu machen, aber es wollte ihr nicht recht gelingen. Immer ſchob ſich vor ihre Augen das Bild des Mannes, der ihr gegenüberſaß. Sie kamen, faſt ohne es zu merken, in eine angeregte Unter⸗ haltung, und als Doris ſich nach zwei Stunden erhob, hatte ſie beinahe vergeſſen, daß es Herr X. war, für den ſie ſich zu intereſſieren hatte. e d a ſpäter konnte der Chef ihr mitteilen, daß ihr Bild auf Herrn, X. den beſten Eindruck gemacht Meinen Verwandten, Freunden und Belannten z um ſahreswechsel 8 Hat Euchi das alte ſahir den liebsten Wunsch niclit gegeben, 80 mõget nr ihn im neuen Jahr erleben“. Valentin Marzenell. Jean Thüngersleber Drahtmatratzen/ Zähringerſtraße 10 5 7 Eruſt Bütheret Henriette Seitz Mietwaſchkliche Fr. Holzwarth Gemüſehandlung meinen werten Kunden, allen z Um Jahreswechsel lieben Freunden und Sönnern Brauerei Jfiſtorer. ———————œ—aäůh—— habe. nahm die Meldung ihres Erfolges etwas kühl auf und geſtand ſich, daß es ihr ziemlich gleichgültig war, ob Herr X ſie entzückend fand oder nicht. Ja, wenn Herr Rudolf(das war der Name des Vermittlers dieſes Urteil abgegeben hätte— das würde ſie, offen geſtanden, ſehr viel mehr gefreut haben! Aber leider blieb er Ver⸗ mittler. Eines Tages überraſchte er ſie mit der Nachricht, daß die Angelegenheit nunmehr in das entſcheidende Stadium getreten ſei. Und zwar habe er den Silveſterabend dazu auserſehen, Doris und Herrn X. perfönlich in ſeiner Woh⸗ nung miteinander bekanntzumachen. Es gab Doris einen kleinen Stich durchs Herz, und am liebſten hätte ſie auf das Glück, ihren Ehekandidaten von Antlitz zu Antlitz zu ſehen, verzichtet; aber die Ausſicht, den Silveſterabend mit Herrn Rudolf, wahrſcheinlich zum erſten und letzten Male, verleben zu dürfen, ließ ſie die Einladung annehmen. Am Silveſterabend, zur feſtgeſetzten Stunde, betrat ſie Herrn Rudolfs großes Arbeitszimmer mit ſehr ge⸗ miſchten Gefühlen und in beträchtlicher Nervoſität. Herr Rudolf trat ihr freundlich wie ſtets entgegen, und das erſte, was ſie durch die geöffnete Flügeltür zum Eßzim⸗ mer ſah, war ein hübſch gedeckter Tiſch für— zwei Per⸗ ſonen. Auf ihre erſtaunte Frage erwiderte Herr Rudolf ſchmunzelnd, daß es ſein Geſchäftsprinzip ſei, die erſte Begegnung ſeiner Ehekandidaten nicht durch ſeine An⸗ weſenheit zu ſtören Als er Dortis' enttäuſchtes Geſicht ſah, zuckte er nur die Achſeln und lächelte. Das Mädchen meldete, daß alles bereit ſei, und Herr Rudolf führte Doris zu Tiſch. Dann entſchuldigte er ſich da er nun Herrn X., die Hauptperſon des Abends, die dn Nebenzimmer bereits warte, holen müſſe. Doris würgte verzweifelt an einem heftigen Schluchzen. Wie ein Opferlamm ſaß ſie am feſtlich gedeckten Tiſch und verwünſchte die Stunde, in der ſie zum erſtenmal dies Haus betreten hatte. Da öffnete ſich die Tür, und Herr Rudolf trat mit ſtrahlendem Lächeln raſchen Schrit⸗ tes ein. Machte ihr eine tiefe Verbeugung und ſagte: „Geſtatten Sie, Fräulein Doris— vor Ihnen ſteht Herr.!“ Doris war ſo überraſcht, daß es eine gute Weile dauerte, bis ſie begriffen hatte. Das dunkle Treppenhaus war daran ſchuld geweſen, daß ſie damals in die falſche Etage geraten war und den Ingenieur Rudolf für einen Heiratsvermittlex genommen hatte. Als längſt fällige Proviſion bat er ſich einen Kuß aus, und das ſchien ihr ein billiges und leicht erfüllbares Verlangen. Und dann wurde es der ſchönſte Silveſter⸗ abend, den die beiden je erlebt hatten. Ihr erſter, aber Nicht ihr letzter! Doris Leiſe klingen die Neuiahrsglollen * Von Erich Trebor. Oben auf dem Deich mit dem Blick auf die unendliche Nordſee, die den ſtolzen Namen die Deutſche Bucht trägt, ſteht in wärmendem Pelzmantel ein Poſten. f Es iſt einer der vielen, die auch in dieſer Nacht, die ein altes Jahr ſterben läßt, um ein neues zu gebären, auf der Wacht ſtehen. 5 Wie könnten die Millionen in der Heimat in ernſter, würdiger Form die Jahreswende begehen, wenn nicht dieſe einſamen Männer an allen Küſten vom eiſigen Nord⸗ kap bis zu den ſchon Wärme ahnenlaſſenden Pyrenäen ſtänden, das ſtählerne Auge feindwärts gerichtet, dem Geg⸗ ner entgegen, der nun als einziger noch den Frieden der Menſchen ſtört. a Es iſt eine dunkle Nacht. Wolken ziehen von Oſten her nach jener fernen Inſel hinüber, die den Unfrieden über die Menſchen brachte. Der Soldat läßt das Nachtglas ſinken, durch das er über die Waſſer ſpähte, und hebt den Blick zu den Wolken, deren Vorhandenſein er mehr ahnt, als er ſie ſieht. Seine Gedanken gehen dahin, woher dieſe milchernen Maſſen kommen, in die Heimat! Dorthin, wo an einem Tiſch ſeine Frau mit den Kindern ſitzen wird, deren ein⸗ ziger Gedanke der Mann und Vater iſt, der wie Millionen andere ſeine eiſerne Pflicht tut. ö Der Soldat ſenkt den Blick und ſieht auf die leuch⸗ 8 tende Armbanduhr, die um ſein Handgelenk geſpannt iſt. Es iſt zwölf Uhr! Eben vergeht ein Jahr, das ſeinem Vaterlande ſo ſtolze Stege brachte und das dadurch den Tag näherkom⸗ men läßt, an dem auch dieſer Mann einmal die Waffe aus der Hand legen wird, um wieder zu Frau und Kindern zurückzukehren und eine Gemeinſämkeit im für immer geſicherten Frieden zu leben. Langſam wendet der Mann den Kopf landeinwärts. Klingen dort von weither nicht leiſe Glockentöne, läutet nicht dort eine kleine Dorfkirche das neue Jahr ein? Vielleicht iſt es eine Sinnestäuſchung, aber das Ohr des einſamen Poſtens hört dieſes Singen der Glocken. So klangen, wenn auch lauter und dröhnender, die Neu⸗ fahrsglocken der Heimatſtadt. 5 Thomas hält Zwieſprache en eine gien mit den Geliebten Kurz vor Weihnachten war es geſchehen: ſie hatten ganz friedlich um den runden Tiſch im„Goldenen Anker“ geſeſſen, da mußte dieſer unglückſelige Neuling im Kreiſe, der friſchgebackene, im Oktober zugezogene Amtsrichter, das Geſpräch auf Fräulein Toni bringen— und ſchon war der ſchönſte Streit im Gange. Eigentlich wußte nie⸗ mand etwas von ihr, aber der Stammtiſch nahm für und gegen Fräulein Toni Partei, obwohl nicht ein ein⸗ ziger ſie perfönlich kannte; es gab rote Köpfe und böſe Worte, und zum Schluß ſchrie einer dem andern ins Ge⸗ ſicht, ſo eine Geſellſchaft habe er ſatt, und er ſei heute zum letzten Male im„Goldenen Anker“ geweſen. Dies war der Grund, weshalb Thomas Bittler den Silveſterabend fern von dem gewohnten Kreiſe ganz allein verbringen mußte. Er beſchloß, aus der großen Not eine kleine Tugend zu machen, verſorgte ſich reichlich mit allen Beſtandteilen eines raffinierten Silveſterpunſches und durchforſchte die einzige Terrine ſeines Junggeſellenhaus haltes ſehr gründlich nach etwaigen Sprüngen. Die Te rine aus altem Meißner Porzellan hatte er mit ſechsur zwanzig Jahren von ſeiner Großmutter geerbt, und da⸗ mals ſchrieb man 1905. Thomas Bittlers Geburtsjahr ſteht ſomit einwandfrei feſt. Wäre die Terrine nicht ge⸗ weſen, ſo hätten die ergrauten Haare und viele Fältchen und Furchen ſein Alter verraten. 8 Die Silveſternacht, von der wir reden, brachte ihm das ſeltſamſte Ereignis, das ihm je zugeſtoßen. Er hatte vergnüglich geſpeiſt, um dem Punſch eine ſolide Unter⸗ lage zu geben, und ſchließlich den bequemen Ohrklappen⸗ ſtuhl an den Tiſch gerückt, damit der Duft der Terrine einen weich und wohlig gebetteten Mann umflöße. Tho⸗ mas Bittler ſchöpfte und trank ſein erſtes Glas. Der Punſch war gut. Thomas hatte allen Grund, mit ſeinem Werk zufrieden zu ſein, aber er war es merk⸗ würdigerweiſe nicht. Irgend etwas fehlte ihm, irgendwie fühlte er eine Leere um ſich. Eine innere Stimme ſagte ihm, daß er, der gewohnt war, dieſen Abend in der Ge⸗ ſellſchaft des runden Tiſches luſtig zu verbringen, heute einſam ſei und die Nähe der Menſchen entbehren müſſe. Aber, dachte Thomas und füllte ſein Glas von neuem! — wenn ich ſchon die Geſellſchaft der Menſchen entbehren muß, ſo kann ich doch die Bilder meiner Lieben vor mir aufbauen und mit ihnen leiſe Zwieſprache halten. Da iſt nicht viel, aber es iſt immerhin etwas. Er erhob ſich und ging zum Schreibtiſch, öffnete eine Kaſſette und ſuchte, lange. Sie waren nicht leicht zu finden, denn ſie waren zwiſchen Photos von Onkeln und Tanten und alte Briefe geraten, aber endlich fand er ſie doch: drei Bilder von drei Frauen, die im Lauf der Jahre ſeinen Weg gekreuzt hatten, die er— man nennt das wohl ſo— geliebt hatte. Als er die Bilder hübſch um die Terrine gruppierte — rechts ſtand Ulla, links Doris und in der Bitte Beate—, war ihm ſchon bedeutend wohler. Er hatte Geſellſchaft, und da Thomas Bittler ſtets ein höflicher Gaſtherr geweſen war, hob er ſein Glas und trank den Frauen ſeines Lebens artig zu. Und— ſo unwahrſchein⸗ lich es klingen mag— ihm war, als ob Ulla und Doris freundlich nickten und leiſe dazu lächelten. Nur Beate verzog keine Miene und ſchaute ihn aus großen Augen ernſt an. Ja, Beate war immer ſchon ein ſonderbares, ſtilles Mädchen geweſen, das ſelten lachte und leicht etwas krumm nahm. 3 Das iſt ein Kreuz mit Frauen, daß man ſo oft nicht weiß, warum ſie ſtill werden und ſich wie eine Schnecke zurückziehen. Der Teufel hole die Empfindlichkeit!— Proſt! ſagte Thomas und tat ſeufzend einen tiefen Schluck. Proſt!— antwortete eine feine dünne Stimme ganz deut⸗ lich, und Thomas riß vor Erſtaunen die Augen auf. Ulla machte ihm eine ſpöttiſche Verbeugung:„Das iſt nett von dir, daß du uns heute abend eingeladen haſt. Ich lang⸗ weile mich ſowieſo entſetzlich.“ Mein Gott, was geht hier vor, überlegte Thomas, und der Schweiß ſtand ihm auf der Stirn; wie iſt denn Ulla nur hereingekommen, ich habe ſie doch gar nicht ein⸗ geladen, und die Briefe hat ſie mir doch zurückgeſchickt, damals, als ſie dieſen widerlichen Kerl heiratete! Aber ich muß tun, als ſet alles in beſter Ordnung und darf mir nichts anmerken laſſen. Er ruckte in die Höhe und ſchwankte dabei ein wenig, was ihm äußerſt peinlich war, weil Beate ihn immer noch anſah. Wenn ſie nur nicht ſolche vorwurfsvollen Augen machen wollte! Damit hatte ſie ihn immer ſchon klein⸗ gekriegt. Er ſtreckte die Hand aus, und wahrhaftig! Ulla ſchüttelte ſie kräftig, wie es vor Jahren ihre Art geweſen war.„Warum— warum langweilſt du dich denn, liebe Pippi?“ fragte er, und er hörte ſeine Worte von ganz weit herkommen.„Pippi bin ich doch“, fuhr eine Stimme da⸗ zwiſchen, die er ſofort als Doris! Stimme erkannte.„Er⸗ Als ſich die Kameraden ſchon zur wohlverdienten Ruhe hingelegt haben, ſitzt der Soldat, der in der Stunde des Jahreswechſels auf Poſten ſtand, an dem kleinen Tiſch bei traulichem Lampenlicht und ſchreibt einen Brief an ſeine Lieben. 5 5 Er ſchreibt ihnen, daß auch er, wie ſie ſeiner, in der beſinnlichen Stunde ihrer gedachte und daß er ihnen das gleiche Glück wünſche, das ſie ihm mit den von Oſten herankommenden Wolken geſandt hätten. 0 von E. A. Greeven lauben Sie, mein Fräulein, ich bin Pippi, ich muß es doch wiſſen“, gab Ulla ſchnippiſch zurück, und Thomas wäre am liebſten in die Terrine gekrochen. Daß er am Silveſterabend ſo dumm ſein konnte zu vergeſſen, beide Pippi genannt zu haben! Welcher ver⸗ nünftige Menſch ladet auch gleich drei Geliebte auf ein⸗ mal zum Punſch ein? So etwas konnte nur ihm paſ⸗ ſieren!„Aber meine Damen“, ſtotterte er und hob be⸗ ſchwörend die Hände,„beruhigen Sie ſich doch— Name iſt Schall und Rauch, was liegt an Pippi!“ „Er ſagt Sie zu mir, das iſt unerhört!“ rief Doris empört aus und begann furchtbar zu weinen. Thomas hielt ſich den Kopf feſt: dieſes Weinen— o dieſes Weinen, das hatte Doris ſchon vor acht Jahren ſtundenlang ge⸗ konnt, und er war immer wieder darauf hereingefallen! Man mußte ſie tröſten, da half nur liebevolle Behand⸗ kung. Doris war ganz in ſich zuſammengeſunken, ihre Schultern— Gott, was für entzückende Schultern hatte ſie gehabt!— bebten, und er bemerkte mit Schrecken, daß ſie noch nicht einmal richtig angezogen war. So ein Zu⸗ ſtand— und was ſollte Beate dazu ſagen, ihre Augen wurden immer trauriger und größer! Jetzt waren ſie ſchon ſo groß wie Teetaſſen. Vorſichtig ſtreichelte er über Doris' weiches Haar und gab ihr gute Worte. Ulla ſaß mit verſchränkten Armen dabei und grinſte. Sie hat nie beſonders viel Herz gehabt, konſtatierte Tho⸗ mas wütend.„Doris, weine nicht— biſt du denn jetzt nicht glücklich? Haſt einen anſtändigen Mann— viel an⸗ ſtändiger als ich— und drei ſüße Kinder. Wahrſcheinlich, haſt du mich ſogar betrogen.“—„Ach, nicht der Rede, wert“, mault Doris unter Tränen—„die da(ſie zeigte auf Ulla) hat es noch ganz anders getrieben, das iſt eine Perſon— jawohl, daß Sie es nur wiſſen, meine Dame, Sie ſind eine Perſon!“ 5 Thomas ſtürzte vor Verzweiflung ein riefiges Glas Punſch hinunter. Wie durch einen wallenden W 60% 0 1 g Da Thomas war, hob er ſein Glas und trunk den Frauen ſeines Lebens zu Nebelſchleier hörte er Doris' und Ullas wildes Geſchrei. Und plötzlich ein ſcharfes, klatſchendes Geräuſch. Jetzt— ex nickte wehmütig vor ſich hin— jetzt hat Ulla ihr eine Backpfeiſe gegeben. Sie war immer ſo ſchrecklich tempe⸗ ramentvoll— ſo bezaubernd hemmungslos. 5 Anders als Beate. Er mußte ſich wirklich einmal um Beate kümmern. Sie ſollte nicht ſagen, daß er in einer Silveſternacht nicht wüßte, was ſich für den Hausherrn ſchickt. Wenn ſie nur nicht ſo merkwürdige Augen hätte, die von anderswo herzukommen ſchienen.—„Warum ſagſt— du nichts— Beate?“ Es war doch ſehr müh⸗ ſam, die Worte wie Soldaten gerade nebeneinander zu ſetzen, damit ſie nicht ſtolperten. Da bewegte ſie leiſe den blaſſen Mund:„Weißt du nicht, daß ich tot bin?“ Tho⸗ mas ſtarrte ſie an. Ihm wurde ganz kalt ums Herz, und der Raum war plötzlich grabesſtill.„Nein“, flüſterte er, „nein, Beate, das wußte ich nicht.“ Und eine gräßliche Angſt packte ihn, ſie möchte fetzt ſagen, daß er an ihrem Tod die Schuld trage. Aber ſie lächelte— es war ſchön, wie ſie lächelte— und ſchüttelte den Kopf:„Mach dir keine Sorge, ich ſtarb nicht deinetwegen, viel ſpäter, bei einem andern, als ich ſehr glücklich war.“ Ihr Geſicht, ihr kleines, blaſſes Geſicht ſank weg in die Nebel, die immer dichter, immer ſchwerer wurden. Sie iſt tot— wie traurig, dachte Thomas, aber ſie war glück⸗ lich— wie tröſtlich! Alle ſind ſie glücklich geworden, ein bißchen mehr, ein bißchen weniger, nur er ſaß hier allein und bekam Schläge mitten auf den Kopf: zwölf ſchwere Schläge der Mitternachtsuhr. Davon erwachte 3 — ſchon im neuen Jahr— und ſein erſter Gedanke galt Annelieſe, die er heute treffen wollte. Warum follte er nicht auch noch einmal glücklich werden?!— i Einkehr bei Goethe Unvergängliche Lebensweisheit dient deutſcher Charakter⸗ bildung „Mußt immer tun wie neu geboren!“ NS. Ein Gang durch die Buchhandlungen ebenſo wie ein Blick in die Zeitungen und Zeitſchriften— dort der rege Bücherkauf, hier die zahlreichen Ankündigungen and Beſpre⸗ chungen neuer und älterer Bücher— zeigen uns eben um die Jahreswende wieder den Willen zur Stille und zur Be⸗ ſinnung in der ruhigen Stunde über einem Buch einen Wil⸗ len der eben dem deutſchen Menſchen eigentümlich und ſei⸗ ner Freude am deutſchen Buch ſeiner Freundſchaft mit den deutſchen Dichtern ein gutes und ehrliches Zeugnis iſt. Nur — bisweilen klafft eine Lücke: das Neue iſt vergriffen das Aeltere bleibt da und dort vergeſſen. Und darum iſt es mehr als Ehrenpflicht, iſt es geradezu Pflicht der Ehrfurcht. in den Reichtum der Neuankündigungen ein paar Zeilen hinein⸗ zuflechten über die unvergeßlichen und unveragänglichen Worte der deutſchen Dichtung überhaupt. Denn auch das Aeltere iſt, wenn es lebendig blieb. immer jung und immer neu. So ſind jung und neu Goethes Sprüche in Reimeg, ſeine Kenien— hier nicht ſeine mit Schiller gemeinſam verfaßten und im Muſenalmanach von 1796 veröffentlichten ſcharfen Verſe gegen Mittelmäßiges und Schlechtes ſondern die„Zah⸗ men Kenien“, Gaſtgeſchenke, als deren Empfänger wir alle uns rechnen können und von denen manche bekannt im Volk umlaufen, etwa dieſes:„Alles in der Welt läßt ſich ertragen, nur nicht eine Reihe von ſchönen Tagen!“ Doch man ſollte gerade Goethes Spruchdichtung nicht zu ſehr als Sammlung von Aphorismen nehmen, das eine und andere herausgrei⸗ fen. Sie iſt in ihrer Geſamtheit der dichteriſche Niederſchlag einer großen Lebensweisheit. Jeder Deutſche weiß genug von Goethe, um ſicher zu ſein, daß er kein moraliſches Lehr⸗ buch, keine Beiſpielſammlung zu Sittengeſetz geben wollte. Es fließt hei Goethe alles aus dem Leben, aus dem Erlebnis. aus dem Willen, ſich ſelbſt, ſeinen eigener Geſetzen treu zu bleiben. Darum ſteht auch in ſeiner Spruchdichtung obenan: die Treue zu ſich ſelbſt. Ohne die lependige Perſön⸗ lichkeit, gibt es keine lebendige fruchtbare, ſchöpfe riſche Ge⸗ meinſchaft. Den Wert der Perſönlichkeit zu leugnen hieße, die Gemeinſchaft zur Maſſe zu verflachen. Darum muß Goe he vom Recht und von der Pflicht der Perſönlichkeit zu ſich ſelbſt ſprechen: a Teilen kann ich nicht das Leben. Nicht das Innen noch das Außen. Alles muß das Ganze geben, Um mit euch und mir zu hauſen. Immer hab' ich nur geſchrieben, Wie ich fühle, wie ich's meine, Und ſo ſpalt' ich mich, ihr Lieben. Und bin immerfort der eine. — Spalte 12 30. Dezember 1940 Treue zu ſich ſelbſt iſt nur die Gegenſeite der Treue zu den andern: Du ſehnſt dich, weit hinaus zu wandern. ö Bereiteſt dich zu raſchem Flug; 0 Dir ſelbſt ſei treu und treu den andern. Dann iſt die Enge weit genug. Beides aber gehört zum Menſchen macht ihn erſt voll⸗ kommen.„Je mehr du fühlſt ein Menſch zu ſein deſto ähn⸗ licher biſt du den Göttern!“ Ausdruck ſolcher Vollkommen⸗ heit iſt das Wiſſen um die Wahrheit des eigenen Geſetzes: des eigenen Gefühls und Gewiſſens. Fremde Maßſtäbe ſind Vergehen am Eigenen: Den rechten Weg wirſt nie vermiſſen, Handle nur nach Gefühl und Gewiſſen. Daraus wächſt das echte Selbſtbewußtſein, nicht zu ber⸗ wechſeln mit falſchem Stolz. wie Goethe ihn bitter geißelt: „Da reiten ſie hin, wer hemmt den Lauf) Wer reitet denne„Stolz und Unwiſſenheit.“ Laß ſie reiten: da iſt gute Zeit! Schimpf und Schande ſitzen hinten auf. Das Wertbewußtzefn macht wähleriſch und fordert: Willſt du nich's Unnützes kaufen. mußt du nicht auf den Jahrmarkt laufen!“ Da iſt doch nur der alte Dreck: Werdet doch geſcheiter! Tretet nicht immer denſelben Fleck, So geht doch weiter! 0 5 us dieſer Forderung wächſt der Mut zum Kampf un der Kampf felt„Und Wer nicht mit mir ſtreiten will, oll 3000 Kilometer Fiebe Ein heiterer Roman von Olly Boeheim. 26 Dreizehntes Kapitel Als Vera Verries mit Vollgas die ſchmale Landſtraße hinabbrauſte, ſah ſie plötzlich, wie ein kleines, grünes Etwas unbeleuchtet in der Kurve ſtand. Es gelang ihr, im letzten Augenblick abzuſtoppen und mit knapper Not vorbeizukommen. Sie hielt an. Der Schreck war ihr in die Glieder gefahren. Als ſie ausſtieg, bemerkte ſie, daß der Laubfroſch ein deutſcher Wagen war. Im gleichen Augenblick ſprang ein junger Menſch aus dem Gebüſch auf die erſchrockene Frau zu und rief:„Sie ſchickt der Himmel.“ „Na“, ſagte Vera kühl,„und Sie hätten mich ſamt meinem Wagen beinah in die Hölle befördert. Ganz hüb⸗ ſcher Abhang hier! Wie kann man bloß in der Kurve parken, und noch dazu bergab.“ „Parken iſt gut!“ ſagte Peter Renz, während er be⸗ wundernd Veras Wagen betrachtete,„die Klamotte iſt gegen den Baum gefahren. Hier, der Baum hat es aus⸗ gehalten.“ „Und der Wagen iſt kaputt!“. „Scheint ſo. Er rührt ſich nicht von der Stelle.“ „Was machen Sie denn jetzt?“ „Ich warte, bis eine mitleidige Seele mich zur näch⸗ ſten Reparaturwerkſtätte abſchleppt.“ „Ganz ſchön und gu:“, erwiderte Vera,„aber meine Stoßſtangen— und dann abſchleppen, auf dieſen engen Straßen mit den Haarnadelkurven? Iſt lebens⸗ geſahrlich. Beſonbers jetzt in der Nacht. Außerdem habe ich Eile, ich muß nach Stockholm.“ „Das trifft ſich ja wunderbar“, rief Peter Renz, „wir wollen auch nach Stockholm.“ i Er legte ſich glatt auf den Bauch unter Veras Wagen. „Was treiben Sie denn da, junger Landsmann?“ lachte Vera Verries. „Ich ſehe mir mal an, wie ein wirkliches Auto aus⸗ ſieht“, ſagte er,„und bei der Gelegenheit—“ er tauchte auf und ſtrahlte über ſein verſchmiertes Geſicht,„habe ich eine pfundige Befeſtigungsmöglichkeit für das Ab⸗ e entdeckt. Wir brauchen die Stoßſtange nicht zu verbiegen.“ meinen Schritt nicht hindern“, Der Kampf wender nich aver nicht allein nach außen er geht ebenſo gegen Schwäche und Falſches im eigenen Innern: Die Welt iſt nicht aus Brei und Mus geſchaffen, Deswegen haltet euch nicht wie Schlaraffen. Harte Biſſen gibt es zu kauen: Wir müſſen erwürgen oder ſie verdauen. Da iſt nun kein Grund mehr für den Vorwurf des Stol⸗ zes, denn Selbſtbeherrſchung bleibt das oberſte Geſetz. Eigenheiten, die werden ſchon haften: Kultiviere deine Eigenſchaften! Das iſt Goethes Forderung an den Menſchen: nicht die Eigenheiten herauszuſtellen, auffallen zu wollen, ſondern die Eigenſchaften, die Talente zu pflegen, alſo: zu wirken. tätig zu ſein! Erſt die Tätigkeit macht uns zum Menſchen, und ohne ſie gibt es kein Recht auf Genuß der auch zum Leben gehört, wie zum Willen das Gefühl. Denn gerade Goethe will keine lebensfremden Menſchen, und ihm iſt kein Gefühl fremd: i Ein Mann der Tränen ſtreng entwöhnt. Mag ſich ein Held erſcheinen; 5 Doch wenn's im Innern ſehnt und dröhnt, Geb' ihm ein Gott— zu weinen. Nur aus ſolchen Perſönlichkeiten allein lebt und formt ſich die lebendige Gemeinſchaft, mag der eine zu befehlen, der andere zu gehorchen berufen ſein. Wer das aber wozu er beſtellt iſt nicht vermag, der iſt wertlos für die Gemeinſchaft: „Wer iſt ein unbrauchbarer Mann?“ Der nicht befehlen und auch nicht gehorchen kann. Wer aber zu befehlen hat, hat die größte Pflicht, die Per⸗ ſönlichkeit auch des Gehorchenden zu achten: Entzwei' und gebiete! Tüchtig Wort. Verein' und leite! Beſſrer Hort. 5 Darin liegt die Forderung zur Gemeinſchaft der Geführ⸗ ten: nicht zu entzweien, Mißtrauen zu ſäen und über die gegeneinander Mißtrauiſchen leichter zu herrſchen. ſondern die Geführten zur Kameradſchaft zu einen und ſie dann zu leiten— das iſt nach Goethes reifer Erkenntnis das Geheim⸗ nis einer wahren und guten Führung. Willi Fr. Könitzer. Hei lewet noch Heitere Anekdoten um Totgeſagte Als Alexander von Humboldt eines Tages irrtümlich tot⸗ geſagt wurde, lief bei dem Freunde des Gelehrten, dem Bild⸗ heuer Rauch, das Bittgeſuch eines Anatomen ein, der gern den Schädel des Totgeſagten beſeſſen hätte. Rauch zeigte Humboldt den Brief, worauf dieſer dem merkwürdigen Verehrer ſchrieb, er brauche ſeinen Schädel für einige Zeit noch ſelbſt, doch ſtehe dieſer ſpäter gern zu. Auch von Haydn wurde bereits zu Lebzeiten des Kompo⸗ niſten erzählt, er ſei geſtorben. Cherubini komponierte aus dieſem Anlaß ſogar eine Kantate, und in Paris wurde ein 8 abgehalten, bei dem Mozarts Requiem aufgeführt wurde. „Wie ſchade“, ſagte Haydn, als er davon hörte,„wenn ich von der ganzen Sache nur etwas gewußt hätte, ich wäre gern nach Paris gefahren, um das Requiem zu dirigieren.“ 4. Als eine New⸗NPorker Zeitung aus ähnlichem Anlaß bei Mark Twain anfragte, ob das Gerücht von ſeinem Tode auf Wahrheit beruhe, telegraphierte der berühmte Humoriſt zurück: „Nachricht von meinem Tode ſtark übertrieben. Mark Twain.“ * Fritz Reuter, der ebenfalls einmal totgeſagt wurde, ſtellte an die Zeitung, die die Nachricht zuerſt gebracht hatte, das An⸗ ſinnen, ihn gefälligſt wieder ausgraben zu wollen, da er gern noch länger unter den Lebenden weilen möchte. Einer anderen Zeitung, die die Nachricht übernommen hatte, ſchickte er die folgenden Verſe: Sa— dod?— Ich denk nich dran. at föllt mi gor nich in; Ne, ne: So lang' ich leben kann, Will eck nich begraben ſin. * Ueberzeugend widerlegte der alte Wrangel die Nachricht von ſeinem Tode, die eine Berliner Zeitung irrtümlich ver⸗ breitet hatte. Er warf ſich in große Uniform und fuhr zur Re⸗ daktion des betreffenden Blattes. Dort fragte er ſich zum Ver⸗ antwortlichen durch, legte ſalutierend die Hand an die Mütze und meldete:„Herr Redakteur— ick dementiere mir!“ * „Sind Sie allein?. „Nein, ich habe meine Kameradin mit; wir zelten dahinten, aber in drei Minuten ſind wir klar.“ „Mein lieber junger Mann, das iſt ja alles ganz gut und ſchön. Aber wie geſagt: ich habe Eile. Wenn ich Sie abſchleppe, kann ich höchſtens 30 Kilometer die Stunde fahren, und ſelbſt das iſt riskant. Sonſt fahre ich hundert.“ „Donnerſchlag!“ ſagte, Peter anerkennend und zog ſeine Karte vor.„Aber bis zur nächſten Reparaturwerk⸗ ſtatt, das dürfte Södertälge ſein, ſind ungefähr noch 60 Kilometer. Sie können doch zwei Landsleute nicht einfach auf der Straße liegenlaſſen.“ „Na alſo, junger Mann, brechen Sie Ihre Zelte ab!“ „Ach, danke“, rief Peter glücklich,„darf ich mich vor⸗ ſtellen— Peter Renz— Reklamezeichner aus Berlin.“ „Vera Verries“, entgegnete die Tänzerin, über Pe⸗ ters Eifer lächelnd. Peters Geſicht erſtarrte, als ſtehe er unvermutet vor einem Abgrund. „Wie heißen Sie?“ ſtammelte er ſaſſungslos und wackelte mit den Schultern, wie einer, den Schüttelfroſt überfällt. „Vera Verries!“ Die Frau weidete ſich an ſeinem Erſtaunen.„Was wundert Sie ſo? Vielleicht haben Sie mich in Göteborg tanzen ſehen?“ Peter Renz machte ſein dümmſtes Geſicht.„Sie wer⸗ den lachen“, ſagte er verdattert,„ich habe Vera Verries tatſächlich in Göteborg tanzen geſehen.“ Dann war er wie ein Spuk im Gebüſch verſchwunden. „Anni,“ rief er und ſchüttelte die Schlafende,„wach auf! Der Himmel ſtürzt ein— Vera Verries wartet in ihrem Auto, um uns abzuſchleppen.“ „Du biſt wohl total verrückt,“ ſtammelte Anni ſchlaf⸗ trunlen. 8 „Im Begriff es zu werden, mein Goldkind!“ „Haſt du Fieber?“ „Vorläufig Schüttelfroſt.“ Anni kroch in ihrem Trainingsanzug aus dem Zelt. „Das iſt das Beſte, was mir paſſieren konnte, Peter. Ich mache ihr ein offenes Geſtändnis. Mir drückt es ohnehin das Herz ab. Soll ſie mich anzeigen oder ver⸗ haften laſſen, oder ſonſt was. Ich bin dann wenigſtens endlich den Alpdruck los!“ 5 5 Entſchloſſen ſprang ſie auf und lief der Landſtraße zu. Vera Verries ſaß, eine Zigarette rauchend, auf dem Trittbrett ihres Wagens. * 80 1 E 520 g——— Wenn die Glocke ſchlägt Neufahrsgedanken der deutſchen Frau Der letzte Gedanke im alten Jahr hieß„Der Sieg 1 55 unſer!— mit nichts können wir das neue Jahr beſſe beginnen als mit dem gleichen Vorſatz! a E Die Jahre ſchwerer Kämpfe und großer Entſcheidun gen ſind uns heilige Jahre— ein heiliges Jahr ſoll unn auch 1941 werden! 1235 * 3 . Bedenken wir am Anfang eines jeden Jahres: dit 8 Zeit geht immer mit uns, wenn wir nur mit unſere. Zeit gehen! 85 5 1 Wo immer ein Deulſcher die Silveſternacht verbring und das neue Jahr beginnt, tut er es in Gedanken aß Vaterland und Heimat, an die große Gemeinſchaft und ſeine Familie. Das weiß niemand beſſer als wir Frauen in der Heimat, deren Herzen in dieſen Stunden mit jeden Soldaten in der Ferne ſchlagen! N 2 0 3 Ob Krieg, ob Frieden— 1941 findet wieder jede 5 deulſche Frau bereit, jede ihr vom Vaterland geſtelltes Aufgabe getreulich zu erfüllen! 5 Soo cc 5 57·ÿ Sport am Neuſahrstag 8 Das neue Jahr wird mit einer ganzen Reihe von gro⸗ ßen ſportlichen Ereigniſſen eingeleitet. Neben dem Winber⸗ ſport, der ja in dieſen Wochen und Monaten einen ſehr bref⸗ ten Raum im ſportlichen Geſcheßen einnimmt, iſt es b der Fußball, 3 der mit vollen Segeln ins neue Jahr geht und ſogar mit einigen internationalen Kämpfen aufwartet. Im Vordergrund ſtehen die beiden deutſch⸗italieniſchen Städte⸗ kämpfe in Rom und Majland. In der„ewigen Stadt“ will die Münchener Stadtelf, verſtärkt durch Köhl(Nürn⸗ berg) und Fiederer(Fürth), verſuchen, die vor einigen Wochen zu Hauſe erlittene O: I⸗Niederlage wettzumachen, und in Maf⸗ land haben die Gaſtgeber eine knappe Niederlage gegen de Vertretung der Reichshauptſtadt gutzumachen. Ein weiteres Spiel mit internationalem Einſchlag iſt der Freundſchaft⸗ kampf zwiſchen Tura 99 Leipzig und dem flowakiſchen Mei⸗ ſter SK. Preßburg.— In Süddeutſchland verſpricht der Freundſchaftskampf zwiſchen den Bereichen Württem⸗ berg und Oſtmark in der Stuttgarter Adolf⸗Hitler⸗Kampf⸗ bahn ein großes Ereignis zu werden. Die Oſtmärker kommen mit einer ſehr ſtarken Elf, in der auch die Nationalſpieler Binder, Peſſer. Hahnemann, Skoumal, Mock uſw. mitwir⸗ hen, dagegen iſt es noch ſehr ungewiß, ob der wieder ver letzte Edmund Tonen den württembergiſchen Sturm führen kann. Ohne Tonen würde natürlich dem Treffen viel von ſeinem Reiz genommen. Am Main iſt man auf den Städte⸗ kampf zwiſchen Frankfurt und Metz ſehr geſpannt. Auf bei⸗ den Seiten hat man die beſten zur Verfügung ſtehenden Spie⸗ ler aufgeboten, ſodaß ein hochſtehendes Spiel zu erwarten iſt. In der Metzer Mannſchaft ſtehen einige Spieler, die früher der franzöſiſchen Länderelf angehörten.— Von den Spielen im Reich wäre noch die Begegnung zwiſchen Mittelrhein und Niederrhein in Köln zu erwähnen. 8 Im Winterſport 3 herrſcht natürlich wieder ein recht lebhafter Betrieb. Von den vielen ſkiſportlichen Veranſtaltungen ſeien der reichsoffene Rie⸗ ſentorlauf im Kleinen Walſertal, die Hochfirſt⸗Skiwettkämpfe in Neuſtadt(Schwarzwald) ſowie die Skiſpringen in Parten⸗ kirchen, Reit im Winkel und in Ruhpolding erwähnt. Im Eishockey treffen ſich in Garmiſch⸗Partenkirchen SC. Rieſſer⸗ ſee und Berliner SC.(in den Pauſen laufen Lydia Veicht und Horſt Faber), und in Klagenfurt ſtehen ſich AC. Klagen⸗ furt und EV. Füſſen gegenüber. Auf der Krefelder Eisbahn läuft das Weltmeiſterpaar Mari und Ernſt Baier. — „Fertig, kleines Fräulein?“ fragte ſie würdig. f 88 8 „Nein, gnädige Frau, ich komme nur, um Ihnen zu ſagen, daß— ich kann Ihr Angebot nicht annehmen. „Warum denn nicht?“ i g „Weil ich nicht noch mehr in Ihrer Schuld ſei möchte“ „Ich verſtehe Sie nicht.“ „Sie werden mich gleich verſtehen. Ich heiße Anita Sileſen und habe fälſchlich unter Ihrem Namen einen Tanzabend in Göteborg gegeben.“ Die Tänzerin warf die Zigarette weg und ſprang auf.„Was?“ Sie fand einige Sekunden lang keine Worte. „Wie kamen Sie denn dazu?“ fragte ſie ſchließlich.“ „Durch mich,“ rief Peter Renz.„Ich habe Anni die Komödie aufgezwungen. Aber ich bitte Sie, wir wollen nicht auf der Landſtraße darüber reden. Es iſt ſcheußlich kalt hier. Kommen Sie in unſer Zelt. Wir machen einen Grog.“ 5 a Verd Verries betrachtete kopfſchüttelnd die aufgereg⸗ ten jungen Leute, dann folgte ſie Peter Renz und Annk⸗ Das Zelt ſtand an dem kleinen See, und die blaſſe Nacht ſtrich mit leiſen Händen über das Waſſer. In der öſt⸗ lichen Ferne über den Bergen lag ein ſmaragdener Streifen. Die Frau ſtand einen Augenblick verzaubert Wie klein und nebenſächlich wurden alle menſchliche 7 Dinge vor dieſem Anblick! 5 4 Peter Renz hatte den Lampion entzündet und lud Vera ein, in dem warmen Zelt Platz zu nehmen. Dann ging er an die Bereitung des Grogs, während Anni wie ein kleiner Waſſerfall drauflos redete, die Hand der Frau an ihrer Seite unbewußt umklammernd gelte es, von einem Beichtiger die Abſolution zu ringen. Wee Verries unterbrach das Mädchen nicht. Ihre eigene Jugend zog an ihr vorüber, mit all ihren Kämp⸗ fen, Rückſchlägen und enttäuſchten Hoffnungen. der Erfolg, und dann die ewige Angſt, den E halten, die Angſt vor den Jüngeren, Neuentdeg war ſie da, eine Jüngere, eine, die der Zufall Verries Spuren hatte treten laſſen, oder war War es Schickſal? Oft hatte die Tänzeri in ſich hineingelauſcht. Abgehen, ehe die Ba nicht zu früh, aber auch nicht zu ſpät. Die g ache ſo komiſch ſie an und für ſich ſchien, kam der Tänze wie Beſtimmuna vor. 5 5 8