EdDienſtag 9. Mai 1005 . 2— —— D 0 2— 7 f, e 2 9 2 N ö 0 e 5 N 92 7, ö 22 2 5. 1.—. D r x 8 9 e, N 0 9 3 e N + 4 5 W 0... N 2. s e 8 ö 1, W 0 29, 0 N ,, ö N 2 .. e,. 8, W.—— 5 — 0— , VD— g 7 V— N., J S 2 N 5 JD 8 N———— 5 Agen Schl LER. 5 40 74 e N EDENK ELTA T „ eas. 1 285 5 3 5 5 2 0 19 55 ö J Neeech-G. fee. Vale Nm. fe Beilage des General⸗Anzeigers der Stadt Mannheim und Umgegend D ö 2 Freiheit war dein höchſtes Sehnen, Anmut deiner Harfe Klang, Nach der Würde des Hellenen Rang dein himmliſcher Geſang, Niemals riß dein göttlich Streben Aus der Bahn ein irdiſch Ziel, Nur die Menſchen zu erheben, Dürſtete dein Saitenſpiel! Der in Felſen Seelen hauchend, Brüderlich ſie einſt umfing, Daß zurück ins Chaos tauchend, Keine ihm verloren ging, Strömteſt für die höchſten Güter Flammen auch in unſer Herz, Ein Beſchwinger, ein Behüter Unſres Dranges ſonnenwärts! Jung, vor Kampfbegier ein Streiter, Wie ein Jüngling kaum zuvor, Hoheitsvoll als Mann ein Schreiter Wie in einem Prieſterchor, Hat Apollos Götterſchöne Keiner ſo wie du erreicht, Der im Rauſch der Seelentöne Selber einem Gotte gleicht! In den Räubern, welch ein Toſen, Welche feuertrunkne Luſt, Aufzutun im ſchrankenloſen Handeln die bedrückte Bruſt, Welch ein Trotz, aus Standesketten, Aus Kabalen feig und ſchlecht, Froh ſich in den Tod zu retten Für der Liebe Himmelsrecht! Menſchenſtolz und Menſchenehre Füllten ewig deinen Sinn, Der im Tell zur letzten Wehre Griff zum Licht der Sterne hin. Wie ein Adler kraftgefiedert, Von der Erde Staub beſchwert, Seinen Fittig frei entgliedert Und zurück zur Heimat kehrt! Friedrich Schiller Preisgekrönte Dichtung von Max Bewer zum 100. Todestag des Dichters 9. Mai 1905. Aufwärts aus der Freiheit Schranken, Aus der Menſchheit düſtrem Zwang Trieben lodernde Gedanken Dich empor dein Leben lang Zu des Himmels reinen Chören, Wo des Unrechts Stimme ſchweigt, Wie der Alpenſchnee aus Föhren Silbernd in den Aether ſteigt! Aber wo die Adler kreiſen, Droht uns auch des Abgrunds Schlucht, Und ſo ſangſt in ernſten Weiſen Du zur Freiheit auch die Zucht, Aufrecht ohne Sklavenbürde Wandle Der nur feſſelfrei, Der an ſeiner Menſchenwürde Ernſt wie du ſein Bildner ſei! Wie von Ehrfurcht hingeriſſen Einſt der große Denker Kant Gottes Walten im Gewiſſen Und im Gang der Sterne fand, Kehrteſt du aus Seni's Träumen Nach des Wallenſteiners Glück Aus des Himmels ſtummen Räumen Stets ins eigne Herz zurück! Wie ein Prieſter ſeelenmächtig Lehrteſt du des Daſeins Sinn, Wie ein Königsmantel prächtig Floß dein Wort voll Adel hin, Leuchtend wie entrollte Fahnen Rauſcht dein Hochſang uns voran, Und wie Geiſtesuntertanen Folgen wir dir himmelan! Wo ein Menſchenherz beleidigt, Kämpft um ſeinen tiefſten Wert, Wo ein Mann ſein Recht verteidigt, Aufgeſcheucht von Hof und Herd, Wo ein Volk an ſeine Ehre In Verzweiflung Alles ſetzt, Strahlt dein Geiſt als Hort und Wehre Auf dem Schlachtfeld bis zuletzt! Ach, daß bu in dieſem Streite In der Blüte ſelber ſankſt Kein Mäcen ſchritt ihm zur Seite, Deutſchland, dem du Alles dankſt! Könige verhüllt und Fürſten Euer Haupt an Schillers Grab, Den ihr darben ſaht und dürſten, Während er euch Nektar gab! Unſer Stolz und unſre Wonne, Schiller, frühgeſunkner Held... Eine ſattgetrunkne Sonne An der Schönheit dieſer Welt, Tauchte Goethe in die Wellen, Während du, uns niemals fern, In verdüſterten und hellen Tagen ſtrahlſt als Morgenſtern! Denn ein Hauch von ewger Jugend, Wie ihn Zeus den Griechen gab, Spornend ſie zur Göttertugend Atmet auch aus deinem Grab, Nie im Drang zum Idealen Wird ein Volk mehr müd und krank, Das aus deinen Marmorſchalen Sehnſucht und Vollendung trank! . Hoch wie eine Glocke tönet Deine Stimme durch das Land, Die wie Sturmwind brauſt und dröhnet, Bis den Sieg das Edle fand, Nicht nur morgen, nicht nur heute, Ewig donnre ihr Geſang, Freiheit ſei das Kampfgeläute, N ihr Friedensklang! Der der Frauen holdes Walten Wie ein Meiſterſänger pries, Der zum Vaterland zu halten Uns mit ganzer Seele hieß— Aus der heimatlichen Linde Und aus Roſen webt den Kranz, Der ſich um die Schläfe winde Liebling Dir des Vaterlands! —. Schillers Dermächtnis an ſein Volk Ir hat als ein Mann gelebt und iſt als ein vollſtändiger Mann von hinnen gegangen.“— Dies Zeugnis hat Goethe dem toten Freunde ausgeſtellt, und er traf damit ſeines Weſens Kern. In feſter Männlichkeit ſteht Schillers 5 Charakterbild da, und ſelbſt dem ſchwär⸗ meriſchen Idealismus des Jünglings haftet nichts Weibiſch⸗ weichliches an. Und weiblich, wenn nicht weibiſch, war doch der hervorſtechende Charakterzug der Zeit, darin er geboren ward! Man muß ſich die Eigenart dieſer Zeit vor Augen halten, will man voll ermeſſen, was Schiller dem deutſchen Volke war. Seit der römiſchen Kaiſerzeit klafften die geſellſchaft⸗ lichen Gegenſätze nicht mehr ſo unheilvoll weit auseinander, wie um die Mitte des 18. Jahrhunderts, deſſen geſamte Kultur von Frankreich ihren beſtimmenden Farbenton er⸗ hielt. Dort laſtete, über der faſt rechtloſen Maſſe des Volkes, eine Schicht von adligen Tagedieben, die— der König und ſein Hof voran— die Früchte der Arbeit anderer ſorglos und ſchamlos verpraßten. Das Nichtstun erzeugt ſtets und überall den Kultus des Ich. Dem körperlichen wie dem geiſtigen Ich die zärtlichſte Pflege zuzuwenden, jede Schwin⸗ gung der eigenen Seele aufmerkſam zu beobachten, jedes Gelüſt mit ausgeklügelter Feinheit zu befriedigen: darin erblickte die vornehme franzöſiſche Geſellſchaft des 18. Jahrhunderts ihre Lebensaufgabe. Verfeinerte Selbſtſucht als Grundſatz höchſter Lebenskunſt, verbreitete ſich von oben nach unten, wie eine anſteckende Krankheit, ins Bür⸗ gertum, und drang über den Rhein nach Deutſchland, wo zahlreiche Fürſten— wie Karl Theodor von Pfalz⸗ bayern— ihren höchſten Ruhm darin ſuchten, Verſailles nachzuäffen und um ihren Hof ein Klein-Paris zu zau⸗ bern. Und inmitten dieſer Lotterwirtſchaft franzöſiſch⸗ deutſchen Fürſtentums ragte in einſamer Größe die Geſtalt des Preußenkönigs Friedrich empor! Auch er ein Mann in weibiſcher Zeit. Nach einer überharten Jugend war es ihm vergönnt geweſen, alle Wonnen franzöſiſcher Lebens⸗ kunſt zu ſchlürfen, ſeinen Scheitel mit blendendem Kriegs⸗ ruhm zu krönen: da packte ihn das Schickſal mit rauher Hand und warf ihn in die Stürme des ſtebenjährigen Krieges. Im Wirbel verzweifeltſter Not, nach Hochkirch und Kunersdorf, ward der König ein anderer; da ſtellte er dem Ich⸗Kultus des feinſten Genuſſes jenen anderen Ich⸗Kultus des ehernen Pflichtbewußtſeins gegenüber, wofür Imanueil Kant dann die philoſophiſche Formel fand. Es hat wohl nie einen größeren Menſchenverächter gegeben, als den königlichen Feldherrn, der ſeinen fliehenden Soldaten das Zornwort entpegenrief: Rackers, wollt ihr denn ewig leben! Es hat aber auch nie einer ein ſtrahlenderes Vorbild mann⸗ hafter Ausdauer im Unglück, eiſerner Folgerichtigkeit des Handelns gegeben, als er, der ſich eher unter den Trümmern ſeines Staates hätte begraben laſſen, ehe er die Zukuaft dieſes Staates den Feinden ringsum geopfert hätte. Zwi⸗ ſchen dieſen beiden Einflüſſen, dem weiblich⸗feinfühligen Ich⸗Kultus des Ancien régime und dem männlichen Vor⸗ bilde des dämoniſchen Preußenkönigs, der am liebſten fran⸗ zöſiſch ſprach, erwuchs die klaſſiſche Literatur der Deutſchen. Goethe, der auf geſellſchaftlicher Höhe geborene, der des Tages harte Not nie erfahren ſollte, unterlag mehr dem Einfluſſe jener franzöſiſchen Ich⸗Kultur, deren beſte Seiten ſeinem Weſen— obwohl er in der Jugend ſo ſtark„ fritziſch⸗ geſinnt war— gemäßer waren, als der harte und ſchroffe Charakter des Soldatenkönigs. Vom Geiſte des großen Friedrich ward viel tiefer das Schaffen von Männern berührt, die von unten kamen, die um ihre Stellung im Leben mehr oder minder ſchwer zu ringen hatten: Kant— Leſſing— Schiller. Ob es im Leben des Philoſophen Kant viel Sturm und Drang gegeben habe, davon wiſſen wir nicht viel. Leſſing ſchuf ſeine reifſten Werke erſt, nach⸗ dem er ſich ſelbſt gebändigt hatte. Schiller aber— und das macht ihn dem Volke vor anderen liebenswert— durfte hinausſchreien, was im Geiſte des Jünglings brauſte und gährte, und unter Qualen nach Geſtaltung rang. Ein gewaltiger Frühlingsruf nach Freiheit war's, der aus den Räubern, aus Kabale und Liebe dem deutſchen Volk ins Ohr ſchlug. Friedrich Schiller hat die Not der Zeit am eigenen Leib erfahren. Auch dieſer werdende Feuer⸗ geiſt litt in früher Jugend unter der Tyrannei einer zwar wohlmeinenden, aber ſtumpfſinnig⸗verſtändnisloſen Zucht. Er brauchte nur in die eigene Bruſt zu greifen, wenn er die Zeitgenoſſen aufrütteln und ihnen predigen wollte, was für eine Schmach adligen Seelen angetan wird, wenn adlige Machthaber ſie wie eine käufliche Sache, wie eine fühlloſe Zahl behandeln. Wie einſt Kronprinz Friedrich, nur mit mehr Glück, unternahm es auch Schiller, ſich dem unerträglichen Drucke durch die Flucht zu entziehen. Und auch er bewies den Zweiflern und Kleingläubigen, daß der Starke ſich das koſtbare Gut der Selbſtbeſtimmung nicht wahrt, um es in Zügelloſigkeit zu verſchwenden. Er hatte ſein Lebensglück an die Freiheit geſetzt, nur um werden zu können, wozu er ſich berufen fühlte; um ſeine Fähigkeiten aufs höchſte zu entwickeln und um ſeinem Volke, um der Menſchheit die reichen Gaben ehrlich abliefern zu können, dazu eine gütige Natur ihm die Keime anvertraut hatte. Den Sieg des Geiſtes über einen gebrechlichen Körper, auch der Sänger der Freiheit hat ihn errungen, wie der Philo⸗ ſoph auf dem Königsthrone, und auf ſeinen trotzigen Schlachtruf„in tyrannos“ wird niemand ſich berufen dür⸗ fen, der nicht die Fähigkeit in ſich fühlt, von ſeiner Freiheit einen menſchenwürdigen Gebrauch zu machen. Freilich, auch ein Zug von Schroffheit und Härte iſt dem dichteriſchen Charakter Schillers aus Lebensſtürmen und Daſeinskämpfen verblieben. Was wir, wohl oder übel mit einem nicht ganz deutſchen Worte, als Kompromiß⸗ menſchen bezeichnen, das kennt er nicht. Nie hat Schiller einen Mann oder ein Weib gezeichnet, die die Trümmer ihres Lebens zuſammenraffen und ſich von dem, was ihnen blieb, ein beſcheiden Glück im Winkel zimmern. Seine Helden trotzen dem Geſchick und laſſen lieber das eherne Rad über ſich hinweggehen, als daß ſie ihm auch nur einen Fußbreit wichen. Wenn man will, iſt's ein Mangel in ſeinem Schaffen, und es hat Zeiten gegeben, die ſich dem Dichter darum hauptſächlich entfremdet fühlten. Man hat geſpöttelt über Ferdinand von Walter, der die Kabale dadurch zu Schanden macht, daß er ſich und die Geliebte vergiftet. Man hat Max Piccolomini nicht mit Unrecht tadelnswert befunden, daß er des Kaiſers beſte Regimenter ſeinem Herzenskummer opfert. Wenn man aber nicht Kritik üben, wenn man vor allem einmal will be⸗ greifen lernen, was Schiller uns war und iſt: dann wird man über dem, was uns an dieſen Geſtalten befremdend erſcheint, nicht den Weſenszug überſehen, der ſie organiſch mit Schillers Werdegang verknüpft. Dies eigenſinnige Heldentum, das hart an Kindertrotz ſtreift, das uns faſt wie eine Parodie auf das unbeugſame Ausharren des Preußenkönigs anmutet, weitet ſich dem Dichter, mit zu⸗ nehmender Reife, zu einem allgemeinen Begriffe von Menſchenwürde, wie ihn gleich rein und hoch kein anderer Prophet mehr verkündet hat. In den Jugend⸗ dramen führt wilde Empörung das Wort für die Einzel⸗ perſönlichkeit, die von Menſchen und Verhältniſſen geknechtet wird. Aber ſchon im Carlos erhebt ſich der Dichter zu freierm Ausblick: es iſt nicht mehr das Recht eines einzelnen, es iſt das Recht der Menſchheit, das Poſa vor König Philipp verficht. Was hier fortreißend aber unklar, von andern Strömungen gekreuzt, durcheinander wogt und ſchäumt, das verdichtet ſich zu einem Bilde von durchſichtiger Klarheit in der königlichen Dulderin von Schottland. In ihrer Frauenwürde fühlt ſie ſich gekränkt; ihre Frauenwürde ſetzt ſie beiſeite, um der verhaßten Gegnerin gegenüber ein einziges Mal nur Weib ſein zu können; doch da ihr ſchwärmeriſcher Retter in ihr auch nur das begehrenswerte Weib erblickt, erkennt ſie augenblicks ihre Schuld, und geht, ihre von ihr ſelbſt beleidigte Frauenwürde zu ſühnen, er⸗ hobenen Hauptes in den Tod— ein Zuſammenhang, den leider die wenigſten Darſtellerinnen begreifen. Was in Maria Stuart Einzelſchickſal bleibt, das wird im Schickſal des Tell ein Spiegelbild des Weltgeſchehens. Beleidigte Menſchenwürde hilft ſich ſelbſt und— geht nicht zu Grunde, ſondern ſchafft ſich freie Bahn für ein frohes Wirken nach eigner Beſtimmung. Auch die peſſimiſtiſche Anſchauung, wonach Untergang das Los des Schönen auf der Erde ſei, wird im Tell ſiegreich durchbrochen! Indem er die Ideale der Freiheit und der Menſchen⸗ würde mit ſo beredtem Munde verfocht, wie kein Deutſcher vor ihm oder nach ihm, ward Schiller der erſte ſoziale Dichter. Zwar iſt ſchon der Dichter der Emilia Galotti mit einem Tropfen ſoizalen Oeles geſalbt; aber dies Drama hat weder die ſcharfe Zuſpitzung der Gegenſätze noch das heiße Pathos, womit Schiller noch heute die Gewiſſen auf⸗ rüttelt. Recht hat darum der Sozialismus von heute, wenn er Schiller feiert als einen der ſtärkſten Heerrufer einer neuen Zeit. Unrecht hat er nur, wenn er nicht ſehen will, daß Schiller ein viel zu umfaſſender Geiſt war, als daß er im bloßen Sozialismus hätte ſtecken bleiben können. Wer den Dichter feiert, der das ſchöne Wort geſprochen hat von den Grenzen der Tyrannenmacht und von den ew'gen Rechten, die droben hangen, unveräußerlich und unvergänglich wie die Sterne ſelbſt; der darf, wenn er ehrlich bleiben will, nicht ſtumm hinweggleiten über jenes andre Wort von der Mehrheit, die der Unſinn iſt, vom Verſtande, der ſtets, bei wenigen nur geweſen. Und ver⸗ ſchweigen darf er ſeinen Hörern nicht, daß beide Worte, das des freiheitsdurſtigen Demokraten und das des hoch— gemuten Ariſtokraten, zurückgehen auf dieſelbe Quelle: auf die Liebe zur Heimat. Der Dichter, der die Frei⸗ heit höher ſchätzte als das Leben, der die Menſchenwürde begeiſtert pries, der wollte und konnte kein blinder Anbeter des Maſſenverſtandes ſein. 5 Je reifer er wurde, um ſo tiefer empfand er die Notwendigkeit, daß Freiheitsdrang und Wertſchätzung der Perſönlichkeit nicht ins Grenzenloſe ausſchweifen dürfen, daß es ein Maß geben muß, das auch dieſen edelſten Trieben der Menſchenbruſt Schranken ſetzt, und ſie davor bewahrt, alle geſellige Ordnung aufzulöſen und den Menſchen wieder zum ungeſelligen Tiere hinab⸗ zudrücken. Und ſo erwuchs ihm aus der Vereinigung der beiden Jugendideale, Freiheit in menſchenwürdiger Form, das Ideal des Mannes: das Vaterland. Das Land des Dichters iſt das Land der Sehnſucht; zweimal hat Friedrich Schiller das hohe Lied der Heimatliebe geſungen, in der Jungfrau von Orleans und im Tell, und wenn er uns mib ſeinen rauſchenden Weiſen noch heute ans Herz greift, ſo kommt das vielleicht daher, daß der Sänger ſelbſt eine ungeſtillte Sehnſucht im Herzen trug. Ein ſtarkes, einiges Deutſchland, er hat es wohl ſchmerzlicher vermißt, als in ſeiner Dichtung unmittelbar zutage tritt. Aber nur weil er die große Sehnſucht im Herzen trug, konnte er werden, was wir ihm nimmer vergeſſen ſollen, und was wir Kinder einer begünſtigteren Zeit nur zu leicht vergeſſen: einer der Baumeiſter der deutſchen Einheit! Bedenkt man, daß Schiller, wie viele ſeiner Jugend⸗ genoſſen, in dem großen Preußenkönige wohl auch den heimlichen Kaiſer der Deutſchen ſah: ſo empfindet man faſt Genugtuung darüber, daß es ihm vergönnt war, noch vor dem Sturze Preußens die Augen zu ſchließen. Und doch liegt wieder ein eigner Reiz darin, ſich auszumalen, was für eine Rolle ein Dichter von der Redegewalt eines Schiller in den Freiheitskriegen geſpielt haben möchte. Wie würde erſt er ſelbſt gewirkt haben— wo doch der Geiſt des Toten ſo mächtig blieb! Friedrich II. von Preußen, der einer Welt in Waffen getrotzt hatte, und Friedrich Schiller, der Sänger der Freiheit: ſie blieben das mahnende Gewiſſen des deutſchen Volkes, die Knechtſchaft nicht zu dulden, die Ketten des fremden Eroberers zu zerreißen. Und erſt in den Tagen des trüben Niedergangs, die dem Höhenfluge der Freiheitsbegeiſterung folgten, was da Schiller ſeinem Volke geweſen und geworden iſt, das brach mit Naturgewalt hervor bei der Feier ſeines hundertſten Geburtstages. Da erhob der langgehemmte Drang eines ganzen Volkes den Namen Schiller zum Palladium, woran es den Willen zur Einheit, die Hoffnung auf ein neues Vaterland knüpfte. Und der Name des deutſcheſten von unſern Dichtern hat ſich fürwahr als ein mächtig Werk⸗ zeug zur Einigung erwieſen. Denn mit Blut und Eiſen kann man wohl Fragen löſen, die ſpruchreif geworden ſind; aber mit Blut und Eiſen allein kann man kein Vaterland aus Stücken zuſammenfügen, die vorher kein Gefühl der Gemeinſchaft verband. Die Heimat, die dem deutſchen Volk aus drei blutigen Kriegen endlich erblühen ſollte, die mußte fertig zubereitet im Reiche der Geiſter liegen, und keiner hat, vor Bismarck, gleich bewußt und gleich erfolg⸗ reich an ihr gebaut, wie Friedrich Schiller, der Dichter, der uns vor hundert Jahren ſtarb. Fragt man noch, was Unſterblichkeit bedeute? *.**. a. Mit jener echten, aus dem Herzen des Volkes quellen⸗ den Begeiſterung, womit man 1859 Schiller feierte— ſo kann man vielfach behaupten hören— ſei die heurige Feier nicht zu vergleichen. Das mag ſchon ſtimmen. Uns geht's zu gut, als daß wir uns recht von innen heraus begeiſtern könnten; das einzige Leid, das uns zu ſchaffen macht, ſind Magenbeſchwerden, infolge von Ueberſättigung. Wo wäre da noch Raum für's Ideale? Die die Hüter der Freiheit zu ſein behaupten, ſehen nur mehr eine Klaſſe, die herrſcht, und eine Klaſſe, die herrſchen möchte; leider aber machen zwei Klaſſen, die um die Herrſchaft ringen, noch kein Vaterland. Wohl iſt Germania noch vielen die hohe, die himmliſche Göttin; aber viel zu vielen ward ſie nachgerade zur tüchtigen Kuh, die ſie mit Butter verſorgen ſoll. Und Menſchenwürde— das Gott erbarm! Was Strebertum und Byzantinismus davon übrig gelaſſen haben, das macht polizeiliche Schuriegelei langſam aber ſicher zu nichte. So iſt der Verdacht vielleicht nicht ganz unberechtigt, wir feierten Schiller in dieſem Jahre nur deshalb ſo geräuſchvoll, um ein Gefühl der Scham nicht aufkommen zu laſſen; der Scham darüber, daß wir Deutſchen von heute, am Lebenswerke des großen Toten gemeſſen, uns gar ſo klein erſcheinen müſſen. Denn dies Werk iſt zugleich ein Vermächtnis, das uns die Verpflichtung auf⸗ erlegt, ſtets ſeiner würdig zu bleiben. Das war wohl ein wenig in Vergeſſenheit geraten, und ſo iſt es immerhin gut, wenn durch Lärm und Prunk der Schillerfeier doch auch ein friſcher Hauch ſeines Geiſtes ins Volk dringt, wenn der aufrechte Mann, der er Zeit ſeines Lebens war, wieder einmal lebendig unter uns tritt: ein Mahner den einen, ein Tröſter den andern. Ein Mahner denen, die ſie ſchon glaubten entbehren zu können, ein Tröſter denen, die ſie im Gedränge des Alltags zu verlieren fürchteten, die drei Hauptſtücke aus Friedrich Schillers Vermächtnis: Freiheit, Menſchen würde, Heimatliebe! Dr. Paul Harms. Herbſt 1759— Frühling 1805 Als der Herbſt ſchon ging zur Neige, Und die Flur ſchon todesmatt, Als der Bäume müde Zweige Abgeſtreift das letzte Blatt, Als die düſtern Nebel brauten Weithin über Meer und Land Und der Sonne Dämme bauten, Die ihr Strahl nicht überwand: Ward einſt von gewalt'gen Mächten, Alles Dunkel kühn zu knechten, Als ein Strahl den finſter'n Nächten, Schiller in die Welt geſandt.— Als des jungen Frühlings Blühen Wieder einmal kam herbei, Und umwogt von Melodieen, Neu erſtanden war der Mai, Als dem holden Lenz entgegen Jauchzte rings der Menſchen Troß, Und ein bunter Blütenregen Auf die Erde ſich ergoß: Rief den herrlichen Poeten Allzufrüh ſchon das Geſchick Nach dem weltenfernen Eden, Das ihn ſandte, ſich zurück.— Als es herbſtete auf Erden Hat ein Gott ihn uns beſchert— Bei des jungen Lenzes Werden, Iſt der Genius heimgekehrt!— Iſt er heimgekehrt, der Große, In das ungekannte Land. Das einſt, aus der Götter Schoße, Allen Menſchen ihn geſandt.— Nimmermehr!— Er iſt geblieben, Und ſein hoher Geiſt lebt fort, Und lebendig iſt ſein Wollen, Dem wir all' Bewunderung zollen, Und lebendig iſt ſein Wort.— Frühling bracht' er auf die Erde Als im Herbſt er ſich genaht,— Als ſein Wirken ſprach, es werde, Als er ſäte ſeine Saat. Und der Herbſt, der ſchwer und bleiern Hielt das Volk in tiefer Schmach, War gewichen einem freiern Sinne, als ſein Auge brach.— Nimmer iſt von uns gegangen, Was uns kam aus lichten Höh'n, Denn ſtets neu den Sinn gefangen Nimmt uns ſeines Geiſtes Weh'n. In des Lebens Frühlingstagen, Wenn das Herz uns friſch und jung, Iſt ſein Dichten und ſein Sagen Quell uns der Begeiſterung, Wenn uns Herbſt den Scheitel lichtet, Wenn des Alters Laſt uns bückt, Sind von dem, was er gedichtet Still beſchaulich wir entzückt. Hundert Jahre, die entſchwunden Seit er ſeine Bahn vollbracht, Haben um Millionen Stunden Näher uns ihn nur gebracht, Und wenn einſtens auch Aeonen Schwanden in dem Schoß der Zeit, Wird ſein Geiſt lebendig thronen,— Schiller lebt in Ewigkeit. Hermann Waldeck. — 3 Wie Schiller beerdigt wurde! Ein Gegenſtück zu Mozarts Tode. it dieſer Uebepſchrift wäre eigentlich für die große Zahl der Verehrer Schillers alles ge⸗ geſagt, die einigermaßen über die eigentüm⸗ lichen Umſtände unterrichtet ſind, unter denen der größte unſerer Tondichter, Mozart, zu Grabe getragen wurde. Oefter beſchrieben und des⸗ halb bis auf einige und ſchwer vollſtändig aus⸗ zufüllende Lücken wohlbekannt, ſind Schillers Lebensſtadien von ſeiner früheſten Jugend bis an ſein frühes Kranken⸗ und Sterbelager. Für die aber, denen von des Dichters körperlichen Ueberreſten nur die, von vielen Biographen in lakoniſcher Kürze gemeldete Tatſache bekannt iſt, daß„Schiller am 9. Mai 1805 geſtorben und in der Fürſtengruft zu Weimar beigeſetzt worden ſei“, mag vielleicht dieſe Studie eine willkommene Bereicherung ihrer Kenntniſſe über den großen Toten bilden. Ich ſelbſt wurde zu dieſem„Gegenſtück“ in Erinnerung an einen Beſuch des Geburtshauſes Mozarts in Salzburg veranlaßt, der einen tiefen Eindruck in mir hinter⸗ laſſen hat. Dort ſtand ich vor zwei Jahren in andächtigem Schauern vor Mogarts Schädel, der unter Glas und Rahmen dem großen Publikum ſichtbar gemacht iſt.— Mozarts Schädel! Neunzehn Jahre nach Mozarts Tode aus dem vermutlichen Maſſengrab herausgeſchaufelt und ſo benamſet! Und Schillers Gebeine? Einundzwanzig Jahre nach dem Tode des Dichters aus einem Haufen von Sargtrümmern und Knochenreſten von dreiundzwanzig abgeſchiedenen Perſonen zuſammengeleſen und zu einem unvollſtändigen Skelett zuſammengeſetzt! Sic transit leid mündl. Wenn man von der Jacobsſtraße aus in Weimar den alten St. Jacobskirchhof betritt, worauf ſich die Hof⸗ und Garniſons⸗ kirche befindet, ſo fällt unſer Blick nach rechts ſofort auf eine in der Umfaſſungsmauer angebrachte Inſchrift: „Schillers erſte Begräbnisſtätte.“ Welch' reicher Schatz von Erinnerungen knüpft ſich an dieſe kleine, unſcheinbare Stelle, wo in der Nacht auf den 12. Mai 1805 die irdiſche Hülle eines der bevorzugteſten Geiſter aller Jahrhunderte ohne Sang und Klang, ohne prieſterlichen Segen, ohne ein dem Andenken des Begrabenen geweihtes Wort, ein⸗ fach, gleich dem geringſten Taglöhner und nur von wenigen treuen Verehrern begleitet, verſenkt wurde. Manch bitteres Wort des Vorwurfs mußte ſich damals die Stadt Weimar ge⸗ fallen laſſen und manche Stimme voll tiefſter Entrüſtung wurde laut über die entwürdigende Behandlung der irdiſchen Ueber⸗ reſte des Gefeierten! Mit Unrecht. Die Witwe des Dichters hatte im Einverſtändniſſe der ſämtlichen Verwandten ein ſtilles Begräbnis ausdrücklich gewünſcht und weiter wußte man außer⸗ halb nicht, daß die Nachtſtunde in Weimar die für die Be⸗ erdigung ausgezeichneter Perſonen übliche und ehrende war. Daß aber die Stadt Weimar, ja, daß das ganze literariſche Deutſchland volle einundzwanzig Jahre dahingehen ließ, ehe man ſich wieder um den Zuſtand der Schiller'ſchen Ueberreſte in einem der Feuchtigkeit zugänglichen„Caſſengewölbe“, wo, Schiller„beigeſetzt“ war und das auch anderen Abgeſchiedenen als Totenwohnung diente, bekümmerte, das muß uns heute noch als höchſt auffällig, ja unverantwortlich erſcheinen! —.* Von Emil Vanderſtetten-Mannheim. Unerwartet für die Familie, ſeine Verehrer, ja für ihn ſelbſt, trat Schillers Tod am 9. Mai 1805 ein, die Folge eines wiederholten Rückfalles der Bruſtkrankheit, die ihn bereits im Jahre 1791 aufs Krankenlager geworfen hatte. Es war ein Theaterabend, kein Schauſpieler wollte ſpielen und Made⸗ moiſelle Jagemann, die berühmte Tragödin des Weimarer Hoftheaters(ſpätere Frau von Heygendorf) ſetzte es durch, daß das Theater geſchloſſen blieb. Der junge Kommiſſionsſekretär bei der Weimarer Landesregierung Carl Lebrecht Schwabe, der ſpätere Hofrat und Bürgermeiſter von Weimar, ein inniger Verehrer Schillers, hatte erfahren, daß der große Tote in der Nacht ganz in der Stille beerdigt und durch bezahlte Hand⸗ werker— die Zunft der Schneider war gerade an der Reihe— zu Grabe getragen werden ſollte. Er erwirkte bei dem da⸗ maligen Oberkonſiſtorialrat Günther, dem Frau von Schiller Vollmacht für die Beerdigung ihres ſeligen Mannes übertragen hatte, wenigſtens die Erlaubnis, daß nicht bezahlte Hand⸗ werker, ſondern Männer, die Schillers Genius zu würdigen wußten, ihm die letzte irdiſche Ehre erweiſen ſollten. Die Schneider wurden abbeſtellt und Schwabe brachte bis 1 Uhr nachts 20 Männer zuſammen, die ſich's hoch anrechneten, den gefeierten Dichter zur letzten Ruheſtätte tragen zu dürfen. Es war eine mondhelle Maiennacht und Mitternacht vorüber, als der Sarg vor das Haus getragen und dort von ihnen auf⸗ genommen wurde. Lautloſe, tiefe Stille herrſchte, kein Menſch war in den Straßen zu erblicken, die der kleine Trauerzug durchſchritt. Auf dem St. Jacobskirchhof angekommen, öffnete ſich die Pforte des„Kaſſengewölbes“(Eigentum der Land⸗ ſchaftskaſſe, daher der Name), der Totengräber und ſeine brei Gehülfen übernahmen den Sarg, der teure Tote wurde an Seilen in die von keinem Lichtſtrahl erhellte Gruft hinab⸗ geſenkt, die Falltüre niedergelaſſen und das Tor des Grab⸗ gewölbes wieder geſchloſſen. Am Nachmittag des 12. Mai, um 3 Uhr, wurde in der St. Jacobskirche die kirchliche Feier be⸗ gangen. Das Weimar'ſche Wochenblatt von 1805 veröffent⸗ lichte in ſeiner Nr. 39 hierüber folgendes: „Beerdigte bei der Stadtgemeinde. „Den 12. Mai, des Nachts 1 Uhr, wurde der in ſeinem „46. Lebensjahr verſtorbene Hochwohlgeborene Herr, Herr „Dr. Carl(Schillers richtige Vornamen waren bekannt⸗ „lich Johann Chriſtoph Friedrich) von Schiller, fürſtl. „S. Meining'ſcher Hofrath, mit der ganzen Schule erſter „Claſſe in das Landſchaftskaſſen⸗Leichengewölbe beigeſetzt „und Nachmittags 3 Uhr des Vollendeten Todesfeier mit „einer Trauerrede von Seiner Hochwürden Magnificenz, „dem Herrn Generalſuperintendenten Vogt in der St. „Jacobskirche begangen und von Fürſtl. Capelle vor und „nach der Rede eine Trauermuſik aus Mozarts Requiem „aufgeführt.“ Schillers Freund, Goethe, war weder bei der Beerdigung noch bei der kirchlichen Feier anweſend, er war ſehr leidend und man verheimlichte ihm tatſächlich den Tod des geliebten Freundes noch mehrere Tage, als Schiller bereits unter der Erde lag. Goethe ſelbſt macht hierüber in ſeinen Tag⸗ und Jahresheften folgende Bemerkung:„Bei dem Zuſtande meines Körpers „und Geiſtes, die nun aufrecht zu bleiben aller eigenen Kraft „bedurften, wagte Niemand die Nachricht von ſeinem Scheiden „in meine Einſamkeit zu bringen. Er war am 9. Mai ver⸗ „ſchieden und ich bin nun von allen meinen Uebeln doppelt und „dreifach angefallen.“— *** So waren 21 Jahre ins Land gegangen, ſeit Schillers Ueberreſte dem undurchdringlichen Dunkel des Landſchafts⸗ Kaſſengewölbes, worin faſt alle Leichen Vornehmer beigeſetzt wurden, die keine eigenen Erbbegräbniſſe beſaßen, übergeben wurden.— Leider war damals für die ſtillen Bewohner des kleinen, unheimlichen Raumes ſehr übel geſorgt. Kam ein neuer Sarg, ſo ließ man ihn an Seilen hinabgleiten und ſo⸗ bald er Boden gefunden hatte, mochte es nun der feuchte Erd⸗ boden oder die morſchen Särge älterer Bewohner ſein, zog man das Seil wieder herauf und ſchloß die Falltür— bis ein neuer Ankömmling in Nacht und Moder geſenkt werden ſollte. Wurde der Platz unten zu enge, dann kam vom Landſchafts⸗ Kollegium die Weiſung„aufzuräumen“! Sargtrümmer, Gebeine und ſonſtige Ueberreſte wurden„zuſammengeſchaufelt“, wie es der Zufall wollte, untereinandergemengt, und in einem geräumigen Loch des Totenhofes eingeſcharrt. So ſah die Stätte aus, die man den Beſuchern Weimars als Ruheſtätte Schillers zeigte. Unter andern kam im Jahre 1814 der Kronprinz(nach⸗ malige König) Ludwig von Bayern nach Weimar um Schil⸗ lers Grab zu ſehen, aber der Totengräber mußte dem hohen Beſuch erklären, es ſei nicht mehr möglich, den Schiller'ſchen Sarg ausfindig zu machen. Im März des Jahres 1826, alſo 21 Fahre nach Schillers Tode, brachte Schwabe, der in⸗ zwiſchen Bürgermeiſter von Weimar geworden war, in Er⸗ fahrung, daß das Kaſſengewölbe baldig„aufgeräumt“ werden ſollte. Seine begeiſterte Liebe für Schiller ließ ihn ſofort von der Regierung die Erlaubnis auswirken, nach den Ge⸗ beinen des Dichters, die jetzt für immer verloren gehen ſollten, forſchen und ſie auf dem neuen Friedhofe beiſetzen zu dürfen. Am 13. März 1826, nachmittags 4 Uhr, wurde das Kaſſen⸗ gewölbe in Anweſenheit von ſechs Regierungsebamten, worunter auch der Kanzliſt Rudolph, der frühere Diener Schillers, ge⸗ öffnet und Schwabe ſtieg in Begleitung Rudolphs auf einer Leiter in das Gewölbe hinab, um den Sarg Schillers heraus⸗ zuſuchen. Nach dem über dieſen Ort aufgenommenen Protokolle muß eine troſtloſe Unordnung an dieſem Orte des Friedens geherrſcht haben. Ein Chaos von Moder, Fäulnis, Knochen und Bretterſtücken; die zum Teil ſchon halbvermoderten Särge ſtanden über⸗, unter⸗ oder nebeneinander, wie bei der Bei⸗ ſetzung der Zufall es wollte, in den meiſten waren nicht einmal mehr Gebeine zu erblicken. Von Schillers Sarg keine Spur! Am 15. März morgens 1 Uhr wurden, um Platz zu weiteren genaueren Nachforſchungen zu gewinnen, die noch gut erhal⸗ tenen Särge— es waren ihrer ſechs—aus der Gruft heraus⸗ geſchafft. Allein keine der ſchon ſtark zerfallenen metallenen Inſchriften zeigte, daß man Schillers Sarg gefunden hatte, wie denn auch der herbeigerufene Tiſchlermeiſter Engelmann, der Schillers einfachen Sarg gefertigt hatte, aufs Beſtimm⸗ teſte erklärte, daß er keinen der Särge— 16— als ſeine Arbeit anerkennen könne. Es ſei richtig, daß er Schillers Sarg gefertigt habe, auch habe er ſelbſt die Leiche mit ein⸗ gelegt. Die Beerdigung habe ſchnell geſchehen müſſen, weil die Leiche ſehr übergegangen geweſen und alles ſei mit mög⸗ lichſter Koſtenerſparnis geſchehen, darum er auch einen ſehr einfachen Sarg habe liefern müſſen. Schwabe ließ der Gedanke an ſeinen verehrten Dichter keine Ruhe— nur von einem Diener begleitet ließ er ſich in der Nacht des 19. März 1826 wiederholt in die Gruft hinab; er ſonderte zunächſt die Sargtrümmern von den zerſtreut umher liegenden Knochen und Schädeln. In der dritten Nacht waren die Nachforſchungen beendigt. Schwabe hatte dreiundzwanzig Schädel unter dem Moder hervorgegraben und in ſeine Woh⸗ nung verbringen laſſen um ſie mit der Gipsmaske, die der Bild⸗ hauer Klauer kurz nach Schillers Tode abgenommen und die in ſeinen(Schwabe s) Beſitz übergegangen war, zu vergleichen. In Gegenwart des Geh. Hofrats und Leibarztes Dr. Huſchke, des Obermedizinalrats Dr. von Froriep und des Hofrats und Leibarztes Dr. Schwabe wurden nun ſorgfältige Meſſungen und Vergleichungen mit dem Gipsabguß vorgenommen und ein be⸗ ſtimmter Schädel für den Schillers erklärt. Alle Bewohner Weimars und der Umgegend, die Schiller genau gekannt hatten, wurden eingeladen, Schillers Schädel zu beſtimmen. Es fanden ſich viele ein und ohne eine einzige Ausnahme er⸗ klärten Alle mit feſter Ueberzeugung einen und denſelben Schädel für den Schillers. Schwabe zeigte dem Großherzoge. Karl Auguſt ſeinen Fund an und beſprach mündlich mit ihm und Goethe die Frage:„Was ſoll mit dem koſkbaren Funde geſchehen?“ Der Plan Schwabe's und der Schiller'ſchen Familie ging dahin, den Schädel auf dem neuen Friedhofe der Erde zu übergeben und die Stätte mit einem ſchlichten Denk⸗ mal zu verſehen. Doch der Großherzog und Goethe hatten mittlerweile anders beſchloſſen. Schillers, von der Meiſter⸗ hand Danneckers ausgeführte Büſte ſollte in der Großherzog⸗ lichen Bibliothek gegenüber der Büſte Goethes aufgeſtellt werden und in das Piedeſtal dieſer Büſte ſollte der Schädel niedergelegt werden und dort aufbewahrt bleiben. Am 17. Sep⸗ tember 1826, vormittags 11 Uhr fand dieſer feierliche Akt in Anweſenheit Schwabe's und des jüngſten Sohnes Schillers, des Aſſeſſors Ernſt von Schiller aus Cöln, ferner der Herren, die Schillers Leiche zu Grabe getragen oder bei der Aufſuchung des Schädels mitgewirkt hatten, im Saale des Bibliothek⸗ gebäudes ſtatt. Goethe hatte die Abſicht, der Feier beizuwohnen, da er aber Gemütsbewegungen fürchtete, die bei der Erinnerung an ſeinen Freund Schiller auf ihn einſtürmen könnten, ſandte er an ſeiner Stelle ſeinen Sohn Auguſt Walther von Goethe. Nun ruhte in engem Verſchluß wohlverwahrt und wie man meinte für lange Jahre die Hülle des erhabenen Geiſtes, deſſen göttliche Schöpfungen in ihrem endloſen Reichtum für tauſende empfänglicher Herzen eine nie verſiegende Quelle geiſtiger Er⸗ holung wurden! Aber— Goethe wollte es anders. Der Ge⸗ danke war in ihm geweckt, auch die übrigen, zu Schillers Skelett gehörigen Knochen aus dem im Kaſſengewölbe aufgeſchichteten Haufen von Gebeinen aufzuſuchen, ja der Wunſch, Alles zu, retten was von Schillers irdiſchen Reſten noch gefunden werden konnte, war in Goethes Gemüt ſo lebhaft geworden, daß er wenige Tage nach der Niederlegung des Schädels ſich unver⸗ züglich auch an die Verwirklichung des Gedankens machte. Mit Hilfe des Proſektors Schröter an der Anatomiſchen Anſtalt zu Jena gelang es ihm bald die einzelnen Knochen des Schiller'⸗ ſchen Skelettes mit einigen Ausnahmen aufzufinden; wußte man doch, daß Schiller die größte Statur unter allen in dem Kaſſengewölbe beigeſetzten Perſonen, und außerdem noch im Verhältnis zu ſeiner langen Statur, ungewöhnlich lange Arme hatte. Am 30. September 1826 konnte die beendigte Unter⸗ ſuchung und Zuſammenſetzung des Skelettes an die Großh. Bibliothek berichtet werden. Nach dieſem Berichte fehlen an dem Schiller'ſchen Knochenbau unter Anderem ſämtliche Hand⸗ wurzelknochen, fünfundzwanzig Fingerglieder, vier Mittelfuß⸗ knochen und ſiebenundzwanzig Zehenglieder. Goethe war in hohem Grade von der glücklichen Vollendung der Unterſuchung ä befriedigt und ließ die aufgefundenen Gebeine nun in einem Interimſarge niederlegen, während der Schädel wieder in das Piedeſtal der Schillerbüſte zurückkehrte. Der edle Großherzog Karl Auguſt erließ nun im Februar 1827 ein Reſkript an die Landes⸗Direktion, worin er auf den Vorſchlag ſeines Staats⸗ miniſters von Goethe die Anordnung traf, daß auf dem neuen Friedhof ein Denkmal errichtet werden möge, worin die irdi⸗ ſchen Ueberreſte des verſtorbenen Hofrats von Schiller und der⸗ einſt auch die Goethes beigeſetzt werden könnten. Alles wurde von der Stadt Weimar zur Ausführung des Planes vorbereitet, und wieder ſollte ſich alles anders geſtalten; der Großherzog wollte plötzlich Schillers Gebeine in der Gruft ſeiner Ahnen bei⸗ geſetzt wiſſen, und ſo ordnete Goethe unterm 16. November 1827 an, daß der Schädel und die Gebeine Schillers in einen neuen zierlichen und dauerhaften Sarkophag gebracht werden ſollten. Am Tage darauf wurden, in Anweſenheit von Goethe's Sohn, des Kammerrats von Goethe, Oberbaudirektors Coudray und des Profeſſors Riemer von dem Proſektor Schröter die Schiller'ſchen Gebeine geordnet und in den neuen Sarkophag gelegt. Dieſer war mit dunkelrotem Mouſſelin ausgeſchlagen, hatte vier Schlöſſer und mißt 7 Fuß in der Länge, 2 Fuß 8 Zoll in der Breite und 2 Fuß 2½ Zoll in der Höhe. An einem der Seitenbretter iſt in eiſernen Buchſtaben der Name Schiller angebracht. Für die abermalige feierliche Bei⸗ ſetzung war die fünfte Frühſtunde des 16. Dezembers 1827, eines Sonntags, beſtimmt; der Großherzog ließ ſich durch ſeinen Hofmarſchall Freiherrn von Spiegel vertreten; Goethe ſandte wieder ſeinen Sohn. Die Fürſtengruft war mit Wachs⸗ kerzen auf ſilbernen Leuchtern erhellt. Der Sarkophag wurde von ſechs Weimarern Bürgern und Meiſtern herabgetragen, noch einmal den Anweſenden geöffnet, wieder geſchloſſen und ein friſcher Lorbeerkranz darauf niedergelegt. Fünf Jahre darauf folgte Goethe ſeinem Freunde in denſelben Raum nach. Um in die Gruft zu gelangen, betritt mim zunächſt die Kapelle, in deren Mitte die Oeffnung zum Hinablaſſen der Särge ſich zeigt, links führt eine Treppe in das Gruftgewölbe ſelbſt hinab. Hier in dem Totengewölbe der fürſtlichen Per⸗ ſonen, links vom Eintritt, ruht nun Schiller neben ſeinem Freunde Goethe, jeder in einem Zinnſarge mit einem Futteral von Eichenholz. Und wenn heute der weitgereiſte Wanderer dieſe heilige Stätte mit Ehrfurcht betritt, ſo leuchten wie jenes ewige Zweigeſtirn am nächtlichen Himmel, ſeinem Blick entgegen die vereinigten Namen „Schiller und Goethe.“ Der Entſchluß, Schillers Gebeine in der Fürſtengruft bei⸗ ſetzen zu laſſen, zeugt von dem hochdenkenden, freien Geiſte des unvergeßlichen Großherzogs Carl Auguſt. Doch überkommt uns heute noch ein leiſes Gefühl des Bedauerns, daß die frühere herrliche Idee des Großherzogs und damit auch der Lieblingswunſch Schwabes, den beiden Dichtern ein gemein⸗ ſchaftliches, von allen Seiten ſichtbares, für alle und zu jeder Zeit zugängliches Grabmal zu ſchaffen, ſich nicht verwirklichen ließ. Aber in unſer aller Herzen lebt und wirkt ja unſer Schiller fort für alle Zeiten, und das iſt das ſchönſte Denkmal, das wir einem großen Toten weihen können. „Nur der Körper eignet jenen Mächten „Die das dunkle Schickſal flechten, „Aber frei von jeder Zeitgewalt, „Die Geſpielin ſeliger Naturen „Wandelt oben in des Lichtes Fluren „Göttlich unter Göttern die Geſtalt. Schillers Mannheimer Seit m 13. Januar 1782, zur erſten Aufführung der Räuber, war Schiller erſtmals in Mann⸗ heim. Ende Mai kam er abermals zu einer Räuber⸗Aufführung. Ende September kam er auf der Flucht zum dritten Male. Von Ende Juli 1783 bis Anfang April 1785 war 8 er dauernd in Mannheim als Theaterdichter. Am Tage nach ſeiner Ankunft, am 28. Juli, ſchreibt er an Frau von Wolzogen:„Meyer hat eine Wohnung und Koſt für mich ausgemacht, welche ſehr wohlfeil und gut iſt. Ich zahle wöchentlich für zwei Zimmer, Betten und Meubles 1 fl. und wohne neben dem Schloßplatz, welches eine vortreffliche Ausſicht hat. Für Mittag⸗ und Abendeſſen, trockenen Tiſch, gebe ich 24 kr. Der Krug Bier koſtet mich 6 kr. Das Frühſtück gebe ich auf, alſo kommt mich Koſt und Logis wöchentlich auf 2 Konvenzionsthaler ete.. Ihre Briefe adreſſieren Sie an Madame Hammelmann im Huberts⸗ haus zu Mannheim. Das iſt das Haus, wo ich logiere.“ Auf dieſe Wohnung im Hubertushaus beziehen ſich wohl auch die Bemerkungen, die er in ſeinem Briefe vom 11. September 1783 an die Wolzogen macht:„Während meiner Krankheit habe ich die beſten Zerſtreuungen gehabt, und mein Zimmer war ſelten von Beſuchern leer... Ich bin recht artig logiert — ach Beſte! Wenn Sie mich einmal überraſchen ſollten. In einigen Wochen erwarte ich meine Schweſtern und werde ſie vielleicht 4 Wochen hier behalten. Dafür müſſen ſie mir aber Hemder machen und Strümpfe ſtricken. Koſt mit Wein und Kaffee und Logis kommen mich das Vierteljahr auf 5 Carolin (55 fl.). Meine Equipage(Kleidung) nimmt mir aber viel Geld weg, weil ich noch gar nicht auf den Winter eingerichtet An Die längſte Zeit hat Schiller während ſeines Mann⸗ heimer Aufenthalts wohl beim Maurermeiſter Hölzel gewohnt, über deſſen Familie und ihre Beziehungen zu Schiller weiter unten ein beſonderer Aufſatz handelt. Nach einer Unterſuchung von Dr. Walter im Schiller⸗Hefte der Mannh. Geſchichtsblätter müßte dem Hauſe nach der gegen⸗ wärtigen Bezeichnung die Litera B 5, 8 zukommen. Die Unordnung im Schiller'ſchen Hausweſen ſchildert Streicher in ſeinen Bemerkungen zum Briefe Schillers vom 5. Mai 1784:„Man denke ſich unſern Schiller im Brüten über dem Plan eines Trauerſpieles, in dem Entwurfe einer Scene in der Ausarbeitung eines Monologs, und ſtelle ſich vor, wie ihm ſein mußte, wenn ihm reine Wäſche übergeben und die gebrauchte gefordert wurde, wenn er letztere erſt ſuchen und deren durchſichtigen Zuſtand erklären mußte, wenn er nach ſpätem Erwachen die wenigen Stücke ſeiner Kleidung beſchädigt fand, oder ſein nur nach Viertelſtunden bedungener Diener (der Tambour?) zu unrechter Zeit eintraf; man denke ſich dieſes und glaube dann, daß er, trotz ſeiner Gutmütigkeit, oft in eine widerliche Gemütsſtimmung geriet. Aus dieſem Zuſtande hätte ihn nur weibliche Fürſorge erlöſen können, die aber in Mannheim fehlte, weil er abgeſondert wohnte, ſich auch ſeine kärgliche Mittagskoſt, von der noch für den Abend etwas zurückgehalten werden mußte, aus einem Gaſthauſe holen ließ. Es würde übrigens eine ſehr beluſtigende und des Pin⸗ ſels eines Hogarths würdige Aufgabe ſein, das Innere des Zimmers eines von immerwährender Begeiſterung trunkenen Muſenſohnes recht getreu darzuſtellen, denn es würde ſich hier durchaus nichts Bewegliches, und ſelbſt das nicht, was ſonſt immer dem Auge entzogen wird, an ſeinem Platze finden. Un⸗ ordnung bei jungen Männern iſt etwas Gewöhnliches, aber bei den ſogenannten Genies übertrifft ſie jede Vorſtellung.“ Luiſe Piſtorius erzählt weiter, ſie erinnere ſich, nach einem Spaziergang mit ihrem Vater an Schillers Wohnung vorbeigekommen zu ſein.„Die Läden waren feſt verſchloſſen. Mein Vater ſagte, er wolle doch hineingehen und ſehen, was es mit ihm ſei. Schon vor der Stubenthüre hörten wir ihn laut perorieren. In dem ganz finſtern Zimmer brannten zwei Kerzen, auf dem Tiſch ſtand eine Bouteille Burgunder und ein Glas, und Schiller rannte in Hemdärmeln auf und ab. Mein Vater zankte ſehr mit ihm und ſagte, ob er deshalb Medizin ſtudiert habe, um ſich in ſeinem fieberhaften Zu⸗ ſtand in eine ſolche Aufregung zu verſetzen. Nachdem er aus⸗ geſchnauft hatte, ſagte er, drum habe er gerade den Mohren am Kragen gehabt— nämlich im Fiesco— und er könne nicht begeiſtert werden, wenn das Tageslicht zu ihm hereinſcheine.“ 4** Was bedeutet die Mannheimer Zeit in Schillers Dichterleben? Zunächſt die Aufführung ſeiner drei Jugend⸗ dramen: Die Räuber, Fiesko und Kabale und Liebe. Die Räuber hatten den bekannten, aufſehenerregenden Erfolg; Fiesco verſagte; Kabale und Liebe dagegen ſchlug wiederum glänzend durch. Für einen jungen Dichter, am Anfang der zwanziger, iſt das immerhin etwas. Freilich blieben auch Enttäu⸗ ſchungen nicht aus, ganz abgeſehen vom Mißerfolge des Fiesco. Zweierlei iſt, zu ihrer richtigen Einſchätzung, zu bedenken. f Einmal war es doch nicht ſo, als ob nun, nach der erſten Räuber⸗Aufführung, jedermann die Empfindung gehabt hätte: jetzt hat die klaſſiſche Periode des deutſchen Dramas begonnen! Für die Zeitgenoſſen war der Erfolg der Räuber etwa das, was für uns der Erfolg der Ehre geweſen. Die Klaue des Löwen erkannten aus dem wil⸗ den Jugendſtücke doch nur wenige. Wundern muß man ſich daher nicht, wenn nach dem Mißerfolge des Fiesco Stimmen laut wurden: der Dichter habe ſich mit ſeinem erſten Stücke ausgeſchrieben. Wundern muß man ſich nicht, wenn die alberne Parodie eines Theaterdichters, den man in Schillers Maske zu ſpielen ſo geſchmacklos war, den klatſchſüchtigen Seelen ungemein viel Vergnügen bereitete. Wundern muß man ſich nicht, wenn Iffland, der auch Theaterſtücke ſchrieb, gelegentlich allerlei niedliche In⸗ trigen ſpann, und wenn Dalberg nicht alle Wünſche des Dichters ſo erfüllte, wie wir— von unſerem heutigen Standpunkt aus— wünſchen möchten, daß er ſie erfüllt hätte. Was immer man gegen Dalbergs Verhalten ein⸗ wenden mag: vergeſſen wollen wir's ihm nicht, daß er, der Höfling, den Mut hatte, die Räuber und erſt Kabale 10 und Liebe auf ſeinem Hoftheater zu geben!(Wenn auch in gemilderter Form; die Räuber datierte man in's un⸗ gefährliche Mittelalter, und den Kammerdiener, der der Milford ſo unangenehme Wahrheiten ſagt, ließ man fein weg.) Bitte, wo iſt der Hoftheater-Intendant, der heut ein Gleiches wagen würde? Die Weber ſind über die Bühne, die die erſte Räuber⸗Aufführung ſah, bekanntlich noch nicht gegangen! Zum anderen wolle man bedenken, daß Enttäuſchun⸗ gen, Hemmniſſe dem jungen Genius notwendig ſind, auf daß er ſeine Kräfte ſtähle. Ein glatter Erfolg in jungen Jahren hat noch keinem Künſtler gut getan; ſiehe Grill⸗ parzer. Siehe Goethe, kann man auch ſagen. Dem wär's für ſein dichteriſches Schaffen hie und da auch beſſer be⸗ kommen, wenn er ſich mühſam hätte durchringen müſſen, ſtatt auf äußerlich glatten Pfaden zum Miniſterſeſſel empor⸗ zuſteigen. Dazu kommt, das Schillers Kontrakt als Theater⸗ dichter für ihn ein Unglück geworden wäre, hätte er ihn ernſtlich halten müſſen. Drei Stücke im Jahr— ſeien wir froh, daß er nicht gezwungen war, ſie mehr als einmal zu liefern. 85** Vom Theater kam die eine, fruchtbare Anregung in Mannheim; die andere kam— von den Frauen. Zwei von denen, die er hier kennen lernte, haben ihn nachhaltig beſchäftigt, haben tiefer in ſeinem Herzen Wurzel geſchla⸗ gen: Margarete Schwan und Charlotte von Kalb. Die eine wollte er heiraten, die andere wollte von ihm geheiratet werden. Ein Glück für ihn vermutlich, daß aus beiden Plänen nichts wurde. Hier das Weſentliche aus dem Briefe, worin er— 14 Tage nach ſeinem letzten Scheiden von Mannheim— beim Buchhändler Schwan um die Hand der Tochter warb: „Jezt oder nie muß es geſagt ſeyhn. Nur meine Entfernung von Ihnen gibt mir den Mut, den Wunſch meines Herzens zu geſtehen. Oft genug, da ich noch ſo glücklich war, um Sie zu ſeyn, oft genug trat diß Geſtändniß auf meine Zunge, aber immer verließ mich meine Herzhaftigkeit, es heraus zu ſagen. Beſter Freund, Ihre Güte, Ihre Theil⸗ nahme, Ihr vortreffliches Herz haben eine Hoffnung in mir begünſtigt, die ich durch nichts als Ihre Nachſicht und Freund— ſchaft zu rechtfertigen weiß. Mein freier zwangloſer Zutritt in Ihr Hauß gab mir Gelegenheit, Ihre liebenswürdige Tochter ganz kennen zu lernen, und die freimütige gute Be⸗ handlung, deren Sie beide mich würdigten, verführte mein Herz zu dem kühnen Wunſch, Ihr Sohn ſeyn zu dörfen. Ich fühle es, mein theureſter Freund, wie viel ich begehre, wie kühn und mit wie wenigem Recht ich es begehre. Ein Jahr ſchon iſt es, daß dieſer Gedanke meine Seele beſchäftigt, aber meine Hochachtung für Sie und Ihre vortreffliche Tochter war zu groß, als daſſ ich einem Wunſche hätte Raum geben können, den ich damals durch nichts unterſtützen konnte... Ich ſeze nichts mehr hinzu, beſter Freund, als die Verſicherung, daß vielleicht hundert andre Ihrer guten Tochter ein glänzen⸗ deres Schickſal verſchaffen können, als ich in dieſem Augenblick ihr verſprechen kann, aber ich läugne, daß eines andern Herz Ihrer würdiger ſeyn wird. Von Ihrer Entſcheidung, der ich mit Ungeduld entgegen ſehe, hängt es ab, ob ich es wagen darf, ſelbſt an Ihre Tochter zu ſchreiben.“ Schwan wußte jedenfalls, warum er dem, äußerlich wie innerlich unfertigen Dichter die Tochter nicht anvertrauen mochte. Sicher aber hat das Bild des würdigen Mädchens auf Schiller's Frauenideal mitbildend eingewirkt. klugen und liebens⸗ ** Und neben dem Bilde des Mädchens auch das Bild der unglücklichen Frau, die— ſich aus den Banden einer verhaßten Ehe zu retten— ſich an den jungen Dichter klammerte. Sie ſchildert ſelbſt ihr erſtes Begegnen: „Reinwald und Frau von Wolzogen hatten Einiges an Schiller mitgegeben. Als ex es empfangen, kam er ſelbſt.— In der Blüthe des Lebens, bezeichnete er des Weſens reiche Mannigfaltigkeit, ſein Auge glänzend von der Jugend Muth; feierlicher Haltung, gleichſam finnend, von unverhofftem Er⸗ kennen bewegt. Bedeutſam war ihm ſo manches, was ich ihm ſagen konnte, und die Beachtung zeigte, wie gern er Geſin⸗ nungen mitempfand.— Einige Stunden hatte er geweilt, da nahm er den Hut und ſprach:„Ich muß eilends in das Schau⸗ ſpielhaus“. Später habe ich erfahren, Kabale und Liebe wurde dieſen Abend gegeben, und ex habe den Schauſpieler erſucht, ja nicht den Namen„Kalb“ auszuſprechen.— Bald kehrte er wieder,— freudig trat er ein, Willkommenheit ſprach aus ſeinem Blick.“ Später wurde der Ton heißer.— Aus den dunklen Glutaugen der Eboli ſchaut uns Charlotte von Kalb ent⸗ gegen. In zahlreichen Literaturbüchern kann man leſen: der Einfluß dieſer Frau auf Schiller ſei nicht gut geweſen. Mit Verlaub: das iſt eine papierne Redensart, bei der Studierlampe ausgeheckt. Daß Schiller ſich ſpäter wohl hütete, ſein Leben an ihres zu ketten, beweiſt nichts. Daß er manchmal ſchlecht auf ſie zu ſprechen war, noch weniger. Dichter erweiſen ſich— nach landläufigen Begriffen — nicht immer am dankbarſten gegen die, denen ſie am meiſten ſchulden.— Vergleiche Goethe und Friederike Brion von Seſenheim.— Trotzdem wird es gerade für einen werdenden Dichter immer ein unſchätzbarer Gewinn ſein, ſo eine Frau von Geiſt und Leidenſchaft ihn ihrer Liebe würdigt. a Die das abfällige Urteil über Charlotte von Kalb gewohnheitsmäßig weitergeben, ſollten nicht überſehen, daß doch wohl ſie es war, die den Dichter im jungen Schiller vollends wach geküßt hat. ****. Im Februar 1785 ſchrieb Schiller an Körner, der Aufenthalt in Mannheim ſei ihm unerträglich geworden: „In einer unnennbaren Bedrängniß meines Herzens ſchreibe ich Ihnen, meine Beſten. Ich kann nicht mehr hier bleiben. Zwölf Tage habe ichs in meinem Herzen herum⸗ getragen, wie den Entſchluß aus der Welt zu gehen. Menſchen, Verhältniſſe, Erdreich und Himmel ſind mir zuwieder. Ich habe keine Seele hier, keine einzige, die die Leere meines Herzens füllte, keine Freundin, keinen Freund; und was mir vielleicht noch theuer ſein könnte, davon ſcheiden mich Konvenienz und Situationen.“ Nein, er konnte nicht bleiben. Unterm laſtenden Drucke . kleinlicher Verhältniſſe, in nagenden Sorgen des Alltags wär' er erſtickt. Aber hat er auch viel Bitteres zu koſten bekommen in Mannheim: der Aufenthalt in dieſer Stadt hat doch den Keim gelegt zu jenem ſtarken Selbſtgefühl, das ihn aufrecht erhalten hat in den widrigſten Lagen des Lebens, das ihn durch harte Kämpfe geführt hat auf die lichte Höhe ſeines Dichterberufes. Und was die Stadt ihm gab, er hat es ihr veichlich ver⸗ golten dadurch, daß ein voller Strahl ſeines Dichterruhmes auf ſie fallen wird, ſo lange man den Namen Schiller nennt. 8 Dafür ſollen wir dem unſterblichen Gaſte, den unſere Mauern einſt herbergen durften, dankbar ſein, nun und immerdar. L. S. Seit⸗Tafel zu Schillers Leben 1759 10. Nov. 11. Nov. Geburt Schillers in Marbach am Neckar. Taufe des Kindes auf den Namen Johann Chriſtof Friedrich. In Lorch bei Schwäbiſch⸗Gmünd. Erſter Unterricht bei Pfarrer Moſer. In der Ludwigsburger Lateinſchule. Konfirmation. In der militäriſchen Pflanzſchule(Karls⸗ 1764—1766 e 1772 26. April 1773—1780 ſchule), anfangs auf der Solitude, zum Juriſten, ſeit 1775 Mediziner beſtimmt. Entlaſſung aus der Schule, Anſtellung als Regimentsmedikus in Stuttgart. Die Mannheimer Zeit. Flucht von Stuttgart nach Mannheim in Begleitung des Muſikers Andreas Streicher In Oggersheim bei Mannheim. In Bauerbach bei Meiningen als Gaſt der Frau von Wolzogen. in Stuttgart, zum 1780 15. Dez. Okt. u. Nov. 1782 7. Dez. bis 1788 24. Juli 1 1795 9. 15 9 In Mannheim als Theaterdichter. Die Wanderjahre. Bei Körner, anfangs in Leipzig und Gohlis, vom 11. Sept. in Dresden und Loſchwitz. In Weimar und Volkſtädt; Verkehr im Hauſe der Frau v. Lengefeld in Rudolſtadt. Jena. Antrittsvorleſung an der Univerſität Jena als Profeſſor der Geſchichte. Werbung um die Hand Charlottens von Lengefeld(geb. 22. Nov. 1766). Trauung in Wenigenjeng(bei Jena). Reiſe nach der Heimat. Aufenthalt be⸗ ſonders in Stuttgart und Ludwigsburg. Geburt des erſten Sohnes Karl(geſt. 21. Juni 1857 als Oberförſter a. D., Stuttgart). 1785 17. April bis 1787 20. Juli 1787 22. Juli bis 1780 11. Mai 1789 26. Mai 18. Dez. 1790 22. Febr. 1798 8. Aug. bis 1794 6. Mai 1793 14. Sept. 1794 Mai 28. Aug. Beginn der nahen Beziehungen zu Goethe. Freundſchaftsbund der beiden Tichter⸗ fürſten. Beginn des Vriefwechſels. Zweiter Sohn Ernſt geb.(geſt. 19. Mai 1541 als preuß. Appellationsgerichtsrat in Bonn). Tod des Vaters. Erſte Tochter Karoline geb.(geſt. 19. Dez. 1850 in Würzburg, Gattin des ſchwarz⸗ burgiſchen Bergrats Junot). 1796 11. Juli 7. Sept. 1799 11. Okt. Weimar. 1799 Dez. Aufgabe der Profeſſur in Jena, dauernde Ueberſiedelung nach Weimar. 1802 29. April Tod der Mutter. 7. Sept. Erhebung Schillers in den Adelſtand. 1804 25. Juli Jüngſte Tochter Emilie geb.(geſt. 25. Nov. 1872 auf Schloß Greiffenſtein, Gattin des Frhrn. v. Gleichen⸗Rußwurm). 1808 9. Mai Tod Schillers. 12. Mai Beſtattung. 1826 9. Juli Tod der Witwe des Dichters zu Bonn.“) Schiller und ſeine Mannheimer Wirtsleute W. Das Jahr 1784 bezeichnet den Höhepunkt in der un⸗ glücklichen Lage Schillers, die Zeit ſeiner ſchlimmſten äußeren und inneren Bedrängniſſe. Seine Stellung als Theaterdichter in Mannheim war unhaltbar geworden, die Rücktehr in die Heimat und das Elternhaus ſchien ihm aus mehr als einem Grund verſchloſſen, ungewiß und dunkel lag die Zukunft vor ihm. Was ihn aber für den Augenblick harter und ſchwerer als alles andere drückte und ihn an ſeiner Lage faſt verzweifeln ließ, war die Schuldennot, in die er allmahlich infolge von allerlei Mißgeſchick und eigenen Fehlern geraten war. Seitdem er zur Drucklegung der Räuber die Summe von 200 Gulden ſich hatte borgen müſſen, hatte er als Folge der leidigen Geld⸗ not„manchen traurigen Tag und kummervolle Nacht“ erlebt. Zu den alten waren neue Verpflichtungen gekommen, und immer ungeduldiger drängten die Gläubiger auf Bezahlung. Die unſeligen Schulden drohten ſelbſt das freundſchaftliche Verhältnis zur Frau von Wolzogen zu trüben und ihm ſogar den eigenen Vater, der mit ernſtem Tadel und ſtrenger Zurecht⸗ weiſung nicht zurückhielt, zu entfremden. Längere Zeit war die Geduld der Gläubiger noch mühſam beſchwichtigt worden. Da wurde die Perſon, welche für die vorerwähnten 200 Gulden ſich verbürgt hatte(wahrſcheinlich eine Korporalsfrau), auf Anſtehen der Gläubiger eben dieſer Schiller ſchen Schuld und Bürgſchaft wegen als Flüchtige in Mannheim verhaftet. Wenn er ſeine bürgerliche Ehre und Exiſtenz retten wollte, ſo mußte er ſie aus der Schuldhaft be⸗ freien. Aber woher das Geld nehmen? Von allen verlaſſen, war der Dichter der Verzweiflung nahe, kein Ausweg ſchien mehr möglich, ſeine Lebenshoffnung vernichtet. Da kam ihm unerwartet Hilfe von einer Seite, von der er ſie kaum erwartet hätte. Schillers Hausleute, der brave Zimmermann und Maurermeiſter Hölzel und deſſen fleißige, wirtſchaftliche Frau hatten ihn wegen ſeines keutſeligen Weſens und der Bereitwilligkeit, mit welcher der ehemalige Regiments⸗ medikus ihres erkrankten Sohnes ſich angenommen hatte, längſt liebgewonnen und trugen, ſobald ſie von der argen Verlegenheit ihres Mieters durch ſeinen Freund Streicher hörten, keinen Augenblick Bedenken, ihm zu helfen. Obwohl ſelbſt eher bedürftig als wohlhabend, gaben ſie ohne Zögern die 200 Gulden her und befreiten dadurch Deutſchlands ſpäteren Dichterfürſten aus der ſchimpflichſten Abhängigkeit. Die Güte ſeiner Dresdener Freunde exmöglichte es Schiller, ſeinen hochherzigen Wirtsleuten die Summe noch vor ſeinem Weggang aus Mannheim zurückzuerſtatten. Die Vor⸗ ſehung fügte es, daß er auch die Dankesſchuld, die ihm ge⸗ blieben war, ſpäter mit hohen Zinſen zurückzahlen konnte. Als die Hölzelſche Familie mit der Zeit infolge der Kriegs⸗ nöte und der Kränklichkeit des Mannes in unverſchuldete Not geriet, da wandte ſich die Frau vertrauensvoll an ihren ehe⸗ maligen Mieter, den damaligen Profeſſor Schiller in Jena. Der Dichter, in deſſen Leben und Charakter die Dankbarteit allezeit ein hervorſtechender Zug war, ſandte ſofort eine reich⸗ liche Unterſtützung(10 Karolin) mit der Aufforderung, ſich auch ferner im Unglück an ihn zu wenden:„ich werde Euch mit Rat und Troſt zur Hand gehen, wenn es nur möglich iſt.“ In rührenden Worten dankt die Hölzelin ihrem„lieben Schiller“ für dieſe Wohltat:„dieſes Geld hilft mir meine einzige Tochter kleiden zu dem erſten Nachtmahl,“ von ſeinem Geld kann ſie„daß erſte mahl wieder abends ein licht brennen“. Auch ſpäter hat Schiller ſeine Mannheimer Wohltäter nicht vergeſſen. Als 1802 wiederum die harte Not im Hauſe Hölzel eingekehrt war, verſchaffte er durch ſeine Empfehlung an den ihm befreundeten Theaterdirektor Beck dem Sohne Adolf eine Stelle als Theatermaſchiniſt. In einem ergreifend ſchönen, wenn auch orthographiſch ſehr unzulänglichen Briefe ſchildert die überglückliche Mutter ihrem„Eintzigen Freund“ zunächſt die Freude ihres Sohnes, der weinend ausgerufen habe:„Mutter nicht daß gelt machte würkung ſondern wie ich hörte daß der groſe Schiler ſeine koſtbare Zeit an uns ver⸗ laßn wänte“(an uns Verlaſſene wende). Intendant Dalberg habe gleich ſeine Zuſtimmung gegeben und Theaterdirektor Beck habe ihr ſeine Hülfe auch in jeder anderen Beziehung ver⸗ ſprochen:„Dies haben Sie dem großen Schiller zu danken, ich württe Vatter über Adolf ſein, was mir mein Freund an⸗ befilt thun ich mitt freuden.“ Man beneidet ſie ordentlich darum, daß Schiller ihr Freund ſei. Vor der ſchlimmſten Not ſeien ſie jetzt durch ſeinen Edelmut geſchützt.„Vielleicht noch ein järgen(ſo ſchließt ihr Schreiben) und ich kan meinem wohlthäderſchreiben ich habe meine famillee vör Mangel geſchütz. Ich habe ſchon oft gearbeit daß kein Mann im ſtand war mir nach zu ſchaffen, ich dänke ich muß wieder guht machen was ich vüleicht aus guthheit und leichtſin verſeimt, man ſagt, daß der Mänſch einmal in ſeinem Leben glück zu erwarten häte ich glaub das ich in die Eboch(Epoche) kome. Gott erhalte Sie geſund in ihren groſen Geſchäften und die ganz famillien.“ Im Schillerjahre 1905, in dem ſo vieler vornehmen und berühmten Freunde und Wohltäter des großen Dichters gedacht wird, darf auch die arme, aber hochherzige Anna Hölzelin und ihre Familie nicht unerwähnt bleiben.(Mit Genehmigung des Verfaſſers nach dem erſten Abdruck in der Köln. Volks⸗ zeitung). ) Wir entnehmen die Zuſammenſtellung der Daten einer vortrefflichen„Feſtgabe“, Unſer Schiller betitelt, von Prof. Dr. Karl Brunner in Pforzheim.(Pforzheim 1 in Kommiſſion bei Otto Rieckers Buchhandlung.) Für die Redaktion verantwortlich: Dr. Paul Harms.— Druck und Verlag der Dr. H. Haas'ſchen Buchdruckerei G. m. b. H.— Ernſt Müller. ——