Ir. 41.— Jahrgang 1913 f g Freitag, 10. Oktober Mannheimer Mustrierte Zeit. Wochen⸗Chronik des„Mannheimer General⸗Anzeiger, Badiſche Neueſte Nachrichten“ Abonnementspreis monatlich 15 pfg. für die Abonnenten des Erſcheint jeden Freitag „Mannheimer General-Anzeiger, Badiſche Neueſte Nachrichten“, 55 8 20 Pfg. für die Nichtabonnenten. Verlag: Dr. B. Naas ſche Buchdruckerei G. m. b. B., Mannheim Phot. Bichstaedt) Sp dtteomeringe im Ferienheim. Ein Tänz chen unter den Bäumen der Villa„Sonnenſchein“ an der Oberſpree. r 5 .— 5 Die Feſtverſammlung. Im Hintergrund die Hafenanlagen. Unt. III. Co.) Oberbürgermeiſter Wermuth(auf dem Bilde rechts) beſtchtigt mit den Stadtverordneten die von Stadtbaurat Krauſe erbauten Anlagen. Fürſt Bülow als Domherr. Vor kurzer Zeit fand in Brandenburg a. d. Havel das Generalkapitel des dortigen Domſtiftes ſtatt. Der Feier wohnte auch Fürſt Bülow bei, welcher Domherr des Stiftes iſt. 5(Phot. Sanden.) Phot. E. Ehrenholz. Ein Schickſal. Von Alfred von Hedenſtjerna. Eins der Mädchen, das bereits verheiratet war, als der Vater ſtarb, bereitete der Mutter ein Heim bei ſich. Der Entſchlafene war vielleicht erſt unter der zärtlichen unermüdlichen Hand der Pflegerin, die in Gegenwart Fremder erlahmte, doch durch die Nähe des Todes ge⸗ kräftigt und erwärmt zu werden ſchien, zu voller Klar⸗ heit darüber erwacht, weshalb er ſie eigentlich vor vielen Jahren zu ſeiner Frau gemacht hatte. Erſt jetzt, beim Sonnenuntergang, war ſie wieder ſeine liebſte Geſellſchaft geworden. Es ging nicht gut bei der Tochter. Der Schwieger⸗ ſohn war ein luſtiger Kerl, der heitere Freunde hatte, und Mama, die keine Wachtſtellung im Hauſe begehrte, und keinerlei tadelnde Bemerkungen machte, wurde denn⸗ noch bald als eine der läſtigſten Schwiegermütter befunden. Und ſo traf eine Jugendbekannte ſie eines Tages in einem jener Heime zwiſchen Penſionat und Wohltätig⸗ keitsſtift, wo man ſeine eigenen Möbel und ſein Zimmer für ſich hat und ſeinen Menſchenwert wahrt, indem man „ein für alle Mal“ eine mäßige Summe einzahlt. Dort brachte ſie ihre Zeit damit zu, ihr Leben zu bereuen, darüber zu trauern, daß ſie das ihr innewohnende Gute ſo wenig beweiſen konnte, und mit liebeswarmen Gedanken an ihre Kinder und Enkel zu denken, wenn ſie abweſend waren, während ſie ihnen, ſo oft ſie zu Beſuch kamen, gerade nichts zu ſagen hatte. Die Jugendbekannte war Ehrendame und war ge⸗ kommen, um eine Art milder Inſpektion zu üben. i„And alles geht ſeinen glatten Gang, und die Alten ſind nette Menſchen?“ fragte ſie die Hausmutter. „Ja, im allgemeinen. Doch natürlich: viele Köpfe, viele Sinne; ſo iſt die Frau Doktor in dem letzten Zimmer links zum Beiſpiel gerade kein angenehmer Wenſch'“, lautete die Antwort. Sehr raſch lernte man auch die neue Frau Doktor kennen, wenigſtens glaubte man es, doch bald war man ſich allgemein darüber einig, daß ſie kein„angenehmer Menſch“ ſei. Ach, ſie war dem Manne ſo dankbar, der ſie genommen hatte, der einzige Mann, der je an ihre Herzenstür gepocht hatte! Sie wußte ſo gut, was er von ihr forderte, fand es vernünftig, plante unabläſſig, daß ſie freundlich und liebenswürdig auftreten, und über⸗ legte in ſchlafloſen Nächten, was ſie zu dieſem oder jenem ſagen wollte, um die Menſchen für ſich zu gewinnen. Doch wenn ſie in Geſellſchaft kam, verbreitete ſich um ſie Wehmut und Trübſinn, verſtärkt durch den unan⸗ genehmen Eindruck, den ſie zuvor gemacht hatte, etwa wie ſich im nordiſchen Winter erſtarrende Wellen um den Schiffsbug legen. Und ſie war kein Eisbrecher. Ihre Kinder wuchſen heran. Die pflichtreue Mutter ſchenkte ihnen warme Liebe, die ſie mehr ahnten, als ſie ſie ihnen zu zeigen vermochte; ſie konnten ihr ihre Gegen⸗ liebe nicht verſagen, doch ſie fanden ſtets die Tanten, Onkels, Gefährten und Dienſtmädchen amüſanter als Mama. Im übrigen waren ſie gute Kinder, die den Charakter der Mutter hatten, doch glücklicherweiſe nicht ihre Gemütsart. Schilda am Rhein. Gewiß, meine Herrſchaften, am Rhein iſt es ſchön, ſehr ſchön, das wiſſen Sie alle, und darüber zu ſchreiben, hieße Eulen nach Athen tragen. Aber darüber will ich Sie ja auch gar nicht langweilen, Sie können alſo vorläufig, wenn es Ihnen nicht ſchon zu ſtumpfſinnig iſt, ruhig weiterleſen. Alſo Sie ſind glücklich bis Bonn gekommen, haben ſich auf die Siebengebirgsbahn geſetzt, ſind mit ihr bis Königswinter gefahren, und wollten nun den Drachenfels, einen der ſieben„Berge“ des Siebengebirges, beſteigen. Eſel und Pferde ſtehen in Menge am Fuße des Berges, und laut ſchreiend und wild geſtikulierend umringen den ahnungsloſen Fremden die glücklichen In⸗ haber oder Treiber dieſer edlen Tiere und preiſen mit viel ſchönen Reden die Elaſtizität und Kraft ihrer Pfleg⸗ linge, die einen mit ungewohnter Schnelle auf den Gipfel des Berges tragen. Nun denkt man, warum nicht! Man ſchwingt ſich alſo mit jugendlicher Gewandtheit in den Sattel eines dieſer ſchönen Eſel, und nun gehts in leichtem Zuckeltrab vorwärts. Hat man Glück wie ich, ſo hört man aus dem Munde des begleitenden Treibers in einem fort ſeinen Vornamen, wie z. B.„Hü Robert“, dann iſt man eben auf ein Tier geſtiegen, daß in aller Beſcheidenheit ſich ebenſo nennt wie ſein ſtolzer Reiter. Man reitet nun alſo vorwärts, den Berg hinan, an grünen Weinbergen vorüber, und freut ſich der ſchönen Gottesnatur. Beſſer geſagt, man möchte ſich ſo gerne freuen, wenn es die Leute, die einem auf jeden Fall ein Andenken an den Rhein verkaufen wollen oder die den Fremden in allen möglichen Poſitionen,„Im Auto⸗ mobil, im Wagen oder auf dem Eſel“ photographieren wollen, zuließen. In allen möglichen Tonarten, vom Baß bis zum Sopran, hört man dies„Reiſeandenken gefällig,“ „Poſtkarten mitnehmen“,„Laſſen Sie ſich photographieren auf dem Eſel“, und dieſes„Eſel“ hört man beſonders laut und wohlgefällig hinter ſich herſchreien, wenn man dem Wunſche des Allerweltsphotographen nicht folgte. Von dieſen Budenbeſitzern erzählt man übrigens folgende nette Geſchichte: In ihrem Lager herrſchte ein mächtiger Zorn gegen die Eſelbeſitzer, die das kaufkräftigſte Publikum immer an ihren Buden in ſchnellſter Gangart vorbeitrieben. Sie beriefen alſo eine Proteſt⸗- und Abwehr- verſammlung, in der eine Reſolution gegen die Eſelbeſitzer beraten werden ſollte. Leider kam es aber nicht dazu; denn es war unmöglich, Ruhe zu ſchaffen, da immer und immer wieder alle zuſammen ſprechen wollten und auch ſprachen. So wie auf dieſer Verſammlung, ſo geht es auch bei ihren Buden zu, einer will immer den andern über⸗ tönen, ſo daß der Fremde, der vielleicht ganz gerne etwas kaufen würde, meiſtens froh iſt, dem Stimmgewirr und Lärm zu entfliehen und ſich beeilt, auf den Gipfel zu kommen, von dem ſich bei einer guten Flaſche Wein ſo prächtig der Rhein überſehen läßt. Fredy. Feanzöſiſcher Die nunmehr beendeten Manöver haben wieder von neuem die außer⸗ ordentlich große Bedeu⸗ tung der Verkehrstruppen bewieſen. Die Schlachten werden zwar auch heute noch hauptſächlich durch die Kriegstüchtigkeit und die beſſere Führung ent⸗ ſchieden; aber erſt der letzte Balkankrieg hat uns den Beweis erbracht, wie bitter ſich Anterlaſſungen auf dem Gebiete des Ver⸗ kehrsweſens rächen. Die Verkehrstruppen kann man wohl in fünf Kate⸗ gorien einteilen: 1. Die Eiſenbahntruppen, die im Kriege hauptſächlich den Bau, die Zerſtörung und den Betrieb von Eiſen⸗ bahnen zu verſehen haben. 2. Die erſt im Jahre 1899 als ſelbſtändige Truppen⸗ teile gebildeten Tele- graphentruppen. 3. Die Kraftfahrtruppen, die Bulgariſches Sanitäts⸗Auto. Militärzug. hauptſächlich bei der Ver⸗ kehrsübermittlung, bei dem Nachrichtendienſte, bei dem Erkundigungsdienſte aus— genutzt werden. 4. Die Luftſchiffertruppen und 5. Die Fliegertruppen, beide Kategorien Errun⸗ genſchaften der neuſten Zeit, die in der Feldſchlacht teilweiſe die Aufgaben der Kavallerie übernehmen müſſen. Inwieweit es zweckmäßig ſein wird, Luftſchiffe und Aeroplane mit Abwurfmunition zu verſehen, müſſen die Ver⸗ ſuche der nächſten Jahre erſt beweiſen, wenngleich auch die diesjährigen Manöver ſchon zu einem guten Teil die Verwend— barkeit der Luftſchiffe als Zerſtörungsmaſchinen be⸗ wieſen haben. So hat 3. B. das don dent Grafen Zeppelin ſelbſt geleitete Luftſchiff bei den Manövern dieſes Jahres Franzöſiſche Benzintransportwagen. Verladen von Verwundeten auf einen beigetriebenen und als Krankenwagen hergerichteten Leiterwagen. einen Aeroplanſtützpunkt mit ſeinen Abwurfgeſchoſſen zerſtört. Auch die Sanitätstruppen kann man zu den Kategorien der Hülfstruppen rechnen. Jedes deutſche Armeekorps hat 3 Sani⸗ tätskompagnien, von denen gewöhnlich jeder Diviſion eine (oder zwei) durch die Kriegsgliederung zugeteilt ſind. Bei jeder Sanitätskompagnie befinden ſich außer 3 Offizieren und dem nötigen militäriſchen Perſonal 9 berittene Aerzte(Sani⸗ tätsoffiziere), 1 Apotheker, 1 Zahlmeiſter, 224 Krankenträger, 9 Sanitätsunteroffiziere, 8 Militärkrankenwärter, 8 zweiſpän⸗ nige Krankenwagen mit je 7 oder 9 Krankentragen, 2 zwei⸗ (Phot. Haeckel. ſpännige Sanitätswagen, ähnlich, nur noch reichhaltiger wie die Infanterieſanitätswagen ausgerüſtet, 2 Packwagen mit je 1 Verbindezelt und 1 zweiſpänniger Lebensmittelwagen. Die Sanitätskompagnie errichtet auf gegebenen Befehl, ſobald die Gefechtstage eine wirkſame und anhaltende Sanitätstätigkeit erfordert und geſtattet, den Hauptverbandplatz. Er muß dem Gewehrfeuer entzogen, ſoll in der Nähe fahrbarer Straßen ſein und womöglich Anlehnung an Gebäude mit Waſſer⸗ und Feuerſtellen finden. Fehlt das Waſſer in der Gegend, ſo muß es in Waſſerwagen nachgeführt werden.. Phot. Delius.) 5 :.—— La porte d⸗emeraude. Ehot, Int. Il. Oo.)