In der Poſtliſte 8 unter(Badiſche Volkszeitung.) Nr. 2509. Abonnement: 60 Pfg. monatlich, Bringerlohn 10 Pfg. monatlich durch die Poſt bez. incl. Poſtauf⸗ ſchlag M. 2.30 pro Quartal. Inſerate: Die Colonel⸗Zeile 20 Pfg. Die Reklamen⸗Zeile 60 Pfg. Einzel⸗Rummern 3 Pfg. Doppel⸗Nummern 5 Pfg. Mannheimer der Stadt Mannheim und Umgebung. (104. Jahrgang. Amts und Kreisverkündigungsblatt. Erſcheint wöchentlich ſieben Mal. Journal. Telegramm⸗Adreſſe: „Journal Mannheim. Verantwortlich: tur den politiſchen u. allg. Tbeil: Chef⸗Redakteur Herm. Meyer. fur den lokalen und prov. Theil (Mannheimer Volksblatt.) Ernſt Müller, für den Inſeratentheil: Apfel. Rotationsdruck und Verlag der Dr. H. Haas'ſchen Buch⸗ druckerei, (Das„Mannheimer Journal“, iſt Eigenthum des katholiſchen Bürgerhoſpitals.) ſämmtlich in Mannheim. Sonder⸗Ausgabe. Gtleſenſte und verbreitetſte Zeitung in Mannheim und Umgegend. 4 3 Zum 18. Oktober. Auf Allerhöchſten Wunſch Ihrer Möniglichen Hoheit der Frau Großherzogin ſtellen wir in nach— folgender Sonderausgabe unſeres Blattes die Berichte über unſer Kaiſer-Wilhelm-Denkmal-Feſt zuſammen, welche wir über den Enthüllungsakt, die weiteren Feierlichkeiten und über die den verſchiedenſten An— ſtalten und Stabliſſements unſerer Stadt gewidmeten Beſuche der hohen Herrſchaften in den letzten Tagen veröffentlicht haben. Dabei betrachten wir es als ein ſchönes Suſam— mentreffen, daß dieſe Sonderausgabe das Datum des 18. Oktobers trägt, welcher in zweifacher Hinſicht für unſer Denkmal⸗Feſt von hoher Bedeutung iſt. War doch der 18. Oktober 1815 der Haupttag der großen Völkerſchlacht bei Leipzig, deren für die Verbündeten glänzendes Reſultat die nachfolgenden Ereigniſſe mög— lich machte. Und zu letzteren gehört in erſter Linie der Uebergang der preußiſch-ruſſiſchen Truppen über den Rhein bei Mannheim am J. Januar 1814, woran ſich auch Prinz Wilhelm, der nachmalige erſte deutſche Aaiſer, betheiligte. Es leitet alſo ein ſchoͤnes Band innigſten Fuſammenhanges von unſerm Denkmal rück— wärts zu der großen Leipziger Schlacht. Dieſe Beziehungen geſtalten ſich aber noch reicher, wenn wir uns erinnern, daß der 18. Oktober auch der Geburtstag unſeres unvergeßlichen Maiſers Fried— rich war. Wir wollen heute nicht in dem Herzen der erlauchten Schweſter des unglücklichen Kaiſers an alten Wunden rühren, aber wir halten es doch für ein Gebot der Pflicht, es auszuſprechen, daß jedes Denk— mal, wie auch das unſrige, welches man den Manen Kaiſer Wilhelm's J. weiht, zugleich ein Denkmal für ſeinen Sohn iſt, der ein Held in der Schlacht und im Leiden war. An dieſe Doppelbeziehung unſers Denkmals zum heutigen Tage erinnernd, widmen wir die nachfolgenden Blätter den erlauchten Großherzoglichen Herrſchaften und Ihren hohen Verwandten mit dem innigſten Wunſche, daß Ihnen die in Mannheim verlebten feſt— lichen Tage als ſchöne erhebende Stunden immerdar im Gedächtniß bleiben und zu baldigſter Wiederholung Ihres hohen Beſuches veranlaſſen mögen. Post festum. Wenn die nachfolgenden Blätter, auf denen wir eine Beſchreibung der Einweihungs-⸗Feierlichkeiten unſeres Kaiſer⸗Wilhelm⸗Denkmals den Leſern unterbreiten, in die Hände derſelben gelangen, iſt die glänzende Reihe der unſerer Stadt beſcheerten Feſttage noch nicht vorüber, aber der Höhepunkt, der Hauptakt der Feierlichkeiten, der geſtrige Tag mit der weihevollen Enthüllung liegt hinter uns. 3 5 Doch nicht wie ein alltägliches Ereigniß, das heute wird und morgen ſchon ſich wieder in der Erſcheinungen Flucht verliert, ſondern wie ein hiſtoriſches, epochemachen— des Ereigniß, das in der Geſchichte unſerer Vaterſtadt Mannheim einen Markſtein bildet und in unſerm badiſchen Lande und ganz Deutſchland bleibende, weithin leuchtende Reflexe wirft. In der That, der geſtrige Tag war ein Ereigniß. Er wurde dazu geſtempelt in erſter Linie durch die huld— volle Anweſenheit unſers geliebten Fürſtenpaares und zahlreicher Mitglieder des Großherzoglichen Hauſes. Und in welch' erhebender Weiſe nahmen die hohen Herrſchaften an unſerm Feſte Theil! Jeden Akt desſelben verfolgten ſiiee mit dem innigſten Intereſſe und in ergreifenden Momenten konnten wir die Wucht der Rückerinnerung in ihren von Rührung ergriffenen Mienen leſen. Augen— blicke aber von gewaltiger hiſtoriſcher Bedeutung waren es, als nach dem Schluß des Weiheaktes die hohe fürſt— liche Familie, voran die Heldengeſtalt Sr. K. Hoheit des Großherzogs, von der Tribüne hinabſtieg und eigenhändig prächtige Kränze am Fuße des Denkmals niederlegte. Da, als Großherzog Friedrich vor dem erhabenen Stand— bilde erſchien, umgeben von den hohen Mitgliedern ſeines Hauſes, von den Miniſtern und hohen militäriſchen Würdenträgern, und ringsherum, ſoweit das Auge zu ſchauen vermochte, glänzende Uniformen, zahlloſe Fahnen und die Menge der Feſtgäſte den mächtigen Platz erfüllte, da kam uns jener denkwürdige 18. Januar des Jahres 18671 in die Erinnerung, als derſelbe Großherzog 0 —— Friedrich von Baden im Spiegelſaale des franzöſiſchen Königsſchloſſes zu Verſailles in einem noch glänzenderen Kreiſe vor die leibhaftige Geſtalt des im Denkmal Verewigten hintrat und dem erſten deutſchen Kaiſer das erſte donnernde Hoch ausbrachte. Was damals ein Akt ſiegesfroher Begeiſterung war, hieß geſtern das dankbare Gefühl der Pietät. Als einen Moment von hiſtoriſcher Bedeutung werden die Theilnehmer auch die fürſtlichen Worte im Gedächtniß behalten, die Großherzog Friedrich geſtern Nachmittag an der Feſttafel ſprach. Mit voller, markiger Kraft entſtrömten ſie ſeinem beredten Munde. Und als der hohe Redner der großen deutſchen Vergangenheit, an deren weltbewegenden Geſtaltung er ſelbſt ſo hervorragen— den Antheil genommen, gedachte und es als die vornehmſte Aufgabe der jetzt lebenden deutſchen Nation und ihres oberſten Schirmherrn bezeichnete, das mit Blut und vieler Hingebung Errungene zu wahren und zu ſchützen, da zog durch aller Zuhörer Herzen ein lebhaftes Aufflammen der Erinnerung an Deutſchlands Wiedergeburt, da ſtand vor unſern Augen die Energie und Thatkraft unſeres jungen kaiſerlichen Herrn und wie zu mächtiger Flamme loderte in unſerer Bruſt das felſenfeſte Vertrauen auf, daß es uns in dem Wirrwar und den Stürmen der Zeit nicht bange ſein wird, ſo lange Großherzog Friedrich den badiſchen Fürſtenthron ziert. Bedeutſame Worte waren es auch, welche die Feſt— verſammlung aus dem Munde der Feſtredner vernommen. Mit überwältigender, aus dem Vorne gereifter Erfahrung und von Herzen kommender Beredtſamkeit öffnete Herr Karl Eckhard mit meiſterhaftem Griff die Pforten der Geſchichte und ſtellte unſer Kaiſer Wilhelm-Denkmal und ſeine Geſchichte ſo wahrheitsgetreu in den mächtigen Werdeprozeß der großdeutſchen Ereigniſſe, daß die tief ergriffene Zuhörerſchaft, als die Hülle von dem Denkmal fiel, das Kunſtwerk als ein wahrhaft hiſtoriſches Monu⸗ ment anſchaute. Ebenſo waren die Reden des Herrn Oberbürger— meiſter Beck, welche derſelbe beim Uebernahmeakt auf dem Feſtplatz und ſpäter beim Feſtmahle hielt, von im— ponirender Wirkung. Die glänzende, pompöſe Art, mit welcher unſer verehrtes Stadtoberhaupt zu ſprechen pflegt, trat auch geſtern wieder hervor und machte auf die Zu— hörer einen tiefen Eindruck. Der Toaſt auf den Groß— herzog beim Feſtmahle zeugte von einer lebensvollen Er— faſſung der Geſchichte und der Probleme unſerer vielfach zerklüfteten Zeit und ſtellte mit Recht und in innigſter Uebereinſtimmung mit allen Zuhörern unſeren Landes— herrn als die idealſte Verkörperung des monarchiſchen Gedankens hin. Doch mehr noch, als alle berufenen Redner des geſtrigen Tages uns zu ſagen vermochten, muß das Denkmal ſelbſt zu uns ſprechen. Jetzt ſteht es frei und offen da. Es wird ſeine Bewunderer und auch ſeine Tadler finden. Wer an die Straße baut hat viele Meiſter. Aber mag auch das Geſpräch des Tages ſeine Meinungen und Deutungen bringen, eines, wiſſen wir, ſteht feſt: Wir haben in unſerer Stadt ein wahrhaft erhebendes Kunſtwerk, wir haben ein hiſtoriſches Monu— ment, wir haben den alten Kaiſer Wilhelm wieder unter uns, und was das Denkmal in den Lärm des Tages und den Streit der Meinungen wie eine Sonntagspredigt laut hinausruft, das läßt ſich nicht treffender ſagen als mit den Schlußworten eines der Feſtredner: Seid einig, einig, einig! g Mannheim, 15. Oktober. Herm. Meyer. Die Enkhüllungskfeierlichkeiten des Raiſer Wilhelm Denkmals. Mannheim, 15. Oktober. Ankunft des Kronprinzenpaares von Schweden. Am Samſtag Abend mit dem um 7 Uhr 18 Min. fälligen kursmäßigen Zuge der Rheinthalbahn trafen das Kronprinzen⸗ paar von Schweden und Norwegen, ſowie ihre beiden Söhne hier ein. Auf dem Bahnhof waren zum Empfang anweſend der Erbgroßherzog, ferner die Herren Landeskommiſſär Geh. Oberregierungsrath Frech, Geh. Regierungsrath Freiherr v. Rüdt, Oberbürgermeiſter Beck, Mitglieder des Stadtraths, ſowie Oberſt v. Perbandt. Auf dem Bahnhofsperron war ein zahlreiches Publikum verſammelt, welches den ankommenden Herrſchaften einen warmen En pfang bereitete, für den die Frau Kronprinzeſſin von Schweden ſichtlich erfreut auf das huldvollſte dankte. Die Herrſchaften fuhren direkt nach dem Schloß, woſelbſt ſie am Portal vom Großherzog empfangen wurden. Beſichtigung von Banken und Anſtalten ꝛc. Bevor der Großherzog und der Erbgroßherzog am Samſtag Nachmittag die Rheiniſche Credit⸗ und Hypothekenbank beſuchten, fuhren ſie unter Begleitung der Herren Oberbürgermeiſter Beck, Bürgermeiſter Bräunig und des Legationsraths Freiherrn Donnerstag, 18 Oktober 1894. v. Babo nach dem Lokal des Kunſtvereins, an deſſen Eingang der ganze Vorſtand Aufſtellung genommen hatten. Herr Bank- direktor Zeiler begrüßte die Herrſchaften, worauf dieſelben die ausgeſtellten Gemälde eingehend beſichtigten und ein von dem verſtorbenen Maler Karl Roux dahier hergeſtelltes Bild ankauften. Vom Kunſtverein fuhren der Großherzog und der Erbgroßherzog nach der ſtädtiſchen Gemäldegalerie, wo der Stadtrath zum Empfang anweſend war. Von hier ging es in die Großherzogliche Gemäldegalerie, wo ebenfalls Alles in Augenſchein genommen wurde. Von dort fuhren die Herren nach dem Theaterkeller und der Rheiniſchen Credit und Hypothekenbank, woſelbſt zu ihrem Empfange der ganze Aufſichtsrath unter Führung des Präſidenten Herrn Karl Eckhard aufgeſtellt war. Herr Eckhard hielt eine Anſprache an die Allerhöchſten Herrſchaften, worauf dieſelben die ſämmt⸗ lichen Bureauräumlichkeiten auf das Eingehendſte in Augenſchein nahmen, über welche der Großherzog und der Erbgroßherzog wiederholt ihre lebhafte Befriedigung äußerten. Der Aufenthalt in der Rheiniſchen Credit- und Hypothekenbank dauerte zirka 1 ¼ Stunde. Die Frau Großherzogin und Erbgroßherzogin beſichtigten am Samſtag Nachmittag das Großherzogliche Inſtitut und das Louiſenhaus. Am Samſtag Abend herrſchte ſchon ein feſtliches Getriebe in den Straßen der Stadt. Auch trafen im Laufe des Samſtags ſchon eine Unmaſſe von Fremden ein, ſo daß die ſämmtlichen hieſigen Gaſthöfe überfüllt waren und Derjenige ſich glücklich ſchätzte, dem es gelang, noch ein Dachkämmerchen oder ein ſonſtiges kleines Zimmerchen zu erlangen. l Vorfeier des Militärvereins. 5 In ſeinem prachtvoll illuminirten Vereinslokal„Gambrinus⸗ halle“ veranſtaltete der Militär-Verein am Samſtag Abend eine Vorfeier zur Enthüllung des Kaiſerdenkmals, welche ſo ſtark beſucht war, daß das Local wohl noch einmal ſo groß hätte ſein dürfen, um die Erſchienenen alle faſſen zu können. Der feſt⸗ lichen Veranſtaltung wohnte auch der Präſident des Badiſchen Militärvereinsverbandes, Herr General Röder von Diers burg bei. Der Vorſitzende, Prof. Mathy, eröffnete die Ver- ſammlung, indem er den Kameraden Carl Reiß und Jacob 9 Kuhn den Dank des Vereins für ihre reichen Spenden dar⸗ brachte, ſodann machte Prof. Mathy Mittheilung davon, daß Seitens des Kriegervereins der Antrag auf Verſchmelzung mit dem Militärverein eingelaufen ſei, was von der Verſammlung lebhaft begrüßt wurde. Die demnächſt ſtattfindende Genes. Verſammlung wird über dieſen Antrag zu entſcheiden haben. Schließlich begrüßte der Vorſitzende mit herzlichen Worten den anweſenden Präſidenten des Badiſchen Militärvereins⸗Verbandes und brachte auf denſelben ein dreifaches Hurrah aus.— Herr General Röder von Diersburg dankte für die freundlichen Worte des Vorredners und ſagte, es ſei ein Zeichen guter Kameradſchaft, was er hier von den Herren Reiß und Kuhn gehört. Möge dieſer Geiſt treuer Kamerad⸗ ſchaft im ganzen Lande Anklang finden. Seit Beſtehen des Verbandes ſeien ſchon über 1 Million Mk. an Wohlthätigkeits⸗ gaben geſpendet worden. Ein echt kameradſchaftlicher Geiſt herrſche im hieſigen Vereine und er beglückwünſche denſelben zu der Perſönlichkeit, welche an der Spitze desſelben ſtehe. Des 005 Weiteren beleuchtete der Herr General die Aufgabe und Ziele des Militärvereinsverbandes und weiſt ſodann auf die Ver⸗ dienſte des Protektors desſelben, unſeres allverehrten Groß. herzogs hin, der für ſeine alten Soldaten ein ganz beſonderes Herz habe. Sein Hoch galt unſerem Großherzog und ſtimmte die große Berſammlung mit Begeiſterung in dieſes Hoch ein.— Kamerad Kuhn nimmt Bezug auf die Enthüllungsfeier des Denkmals und entwirft in großen Zügen ein geſchichtliches Charakterbild des verſtorbenen Deutſchen Kaiſers. Mit beredten, von Herzen kommenden Worten hebt Redner die großen Ver⸗ dienſte des erſten Kaiſers des neugeeinten Reiches hervor und der vielfach oft ſtürmiſche Beifall, welcher dem Kameraden Kuhn während ſeiner vortrefflichen Ausführungen oftmals zu Theil ward, bewies, daß er den Zuhörern aus dem Herzen ſprach.— Die Kameraden Michel, Wilhelm Müller und Lutz er⸗ freuten die Verſammlung durch deklamatoriſche und geſangliche Vorträge und auch das verſtärkte Doppelquartett des Vereins unter Leitung des Kameraden L. Weber trug das Seine zur Verſchönerung des Abends bei. Der„Orcheſterverein“, welcher ſchon des öfteren durch ſeine Mitwirkung die Vereins- abende verſchönte, war auch heute wieder erſchienen, um dieſe Vorfeier zur Denkmalsenthüllung durch muſikaliſche Vorträge zu verherrlichen. Die Mitglieder des badiſchen Staatsminiſteriums, ſowie die übrigen geladenen Ehrengäſte, deren Namen wir ſchon ver⸗ öffentlicht haben, trafen theils im Laufe des Samstag Nach⸗ mittags, theils in den geſtrigen Morgenſtunden ein. Der Sonntag Morgen a brachte ſchon in den frühen Stunden ein feſtliches Treiben in den Straßen. Leider war das Wetter ein höchſt ungünſtiges und der Wetterprophet Falb ſcheint mit ſeinen Vorausſagungen wieder einmal Recht behalten zu haben. Während am Freitag ein geradezu wunderbares Herbſtwetter geherrſcht und auch am Samstag noch die Sonne von einem nur mit leichten weißen Wölkchen bedeckten Himmel heruntergegrüßt hatte, blickte der Wettergott geſtern Morgen griesgrämig und ſehr übelgelaunt darein und bald öffnete er auch ſeine Schleuſen, um ſein Mög⸗ lichſtes zur Schädigung und Beeinträchtigung des Feſtjubels und Feſttrubels zu thun. Tauſende aufgeſpannter und triefen⸗ der Regenſchirme, ununterbrochenes Aufſchauen nach dem grau über der Stadt hängenden Firmamente; das war die Signatur der geſtrigen Vormittagsſtunden. Daß der Feſtſchmuck der Stadt unter dieſem geradezu abſcheulichen Wetter auf das Schwerſte litt, braucht wohl nicht erſt geſagt zu werden. Vieler⸗ ſeits wollte man geſtern Morgen noch die letzte Hand an die Dekoration und Ausſchmückung der Häuſer legen, angeſichts des niedergehenden Alles durchnäſſenden und kalten Regens unterließ man dies jedoch vielfach. Ob der Fremdenzufluß unter dem ſchlechten Wetter litt, iſt natürlich ſchwer zu ſagen. So viel ſteht feſt, daß auch trotz des Regens ganz gewaltige Menſchenmaſſen nach Mannheim 9 2. Seite. General-Anzeiger. Mannheim, 18. Oktober. ſtrömten, um der Feier der Enthüllung des Denkmals an⸗ zuwohnen. Nicht nur die kursmäßigen Züge, ſondern auch die von allen Gegenden des badiſchen Landes einlaufenden Extra⸗ züge waren überfüllt. Namentlich ſcheint unter den alten Sol⸗ daten geſtern die Parole„Auf nach Mannheim!“ geheißen zu haben, denn der größte Theil der eintreffenden Fremden trug das Militärvereinsabzeichen. Auf dem Bahnhof hatten ſich zum Empfang der auswärtigen Krieger und Militärvereine Mit⸗ glieder der hieſigen militäriſchen Vereine eingefunden Unter Trommelſchlag zogen die meiſten Vereine in die Stadt und in ihr in dieſer oder jener Wirthſchaft befindliches Quartier. Gegen 7 Uhr Morgens trafen die Prinzen Karl und Max von Baden auf dem Bahnhofe ein, wo zu ihrem Empfange Mitglieder des Stadtrathes anweſend waren. Feſtgottesdienſt. Um 8½¼ Uhr fuhren die Allerhöchſten Herrſchaften vom Schloß durch die Breite Straße und die Kirchenſtraße nach der Trinitatiskirche, welche mit Guirlanden u. ſ w. hübſch ge⸗ ſchmückt war. Am Portal wurden die Allerhöchſten Herrſchaften durch die geſammte evangeliſche Geiſtlichkeit Mannheims im Ornate begrüßt. Der Großherzog führte die Frau Großherzogin und der Kronprinz von Schweden die Frau Erbgroßherzogin. Am Gottesdienſte nahmen noch Theil: der Erbgroßherzog, die ſämmtlichen Miniſter, die geladenen Ehrengäſte und das Ge⸗ folge. Die Frau Kronprinzeſſin von Schweden und Norwegen erſchien nicht zum Gottesdienſt. Die Feſtpredigt hielt Herr Kirchenrath Greiner. Der Geſangschor des hieſigen Grenadier— regiments ſowie die Grenadierkapelle verſchönten durch ihr Mit⸗ wirken den erhebenden und ergreifenden Gottesdienſt. Als die Höchſten Herrſchaften die Kirche betraten, ſpielte die Orgel ein Präludium, unter deſſen feierlichen Klängen die Allerhöchſten Herrſchaften ſich an ihre auf den vorderſten, zu dieſem Zwecke reſervirten Bänken befindlichen Plätze begaben. Die Kirche war überfüllt. Der Gottesdienſt dauerte etwa 1 Stunde, worauf die Allerhöchſten Herrſchaften die Kirche wieder verließen und nach dem Schloſſe fuhren. Auf dem ganzen Wege von und zu der Kirche bildete ein zahlloſes Publikum Spalier und begrüßte die Allerhöchſten Herrſchaften mit begeiſterten Hochrufen. Fe ſtzug. Von 10 Uhr an ſtellte ſich auf dem Marktplatze unter hef— tigem Regenwetter der Feſtzug auf. Die meiſten Vereine ver- ſammelten ſich in ihren Lokalen und marſchirten dann nach dem Marktplatze. Punkt 11 Uhr erfolgte der Abmarſch des Nabel Eröffnet wurde derſelbe von der hieſigen Grenadier⸗ apelle, den 6., 7. und 8. Klaſſen der hieſigen Volks- und der Bürgerſchule, dem Gymnaſium, dem Realgymnaſium, der Real⸗ ſchule und der Gewerbeſchule; die zweite Abtheilung eröffnete die Karlsruher Artillerie-Kapelle, worauf die ſämmtlichen hie⸗ ſigen Geſangvereine folgten. Die dritte Abtheilung wurde durch geſellige, ſowie durch die Ruder-, Velociped-, Turn-, Schützen-, Schiffer⸗ und ſonſtige derartige Vereine gebildet. Die vierte Abtheilung ſetzte ſich aus den militäriſchen Vereinen zuſammen; den Anfang machten hier die freiwilligen Sanitätskolonnen von Speier, Frankenthal und Ludwigshafen, die Krankenträger— abtheilung der militäriſchen Vereine Mannheims, die Kranken⸗ trägerabtheilung des Militärvereins Neckarau, dann kamen die 6 Vereine des Militärverbandes Ludwigshafen, der Verein ehe⸗ maliger Leibdragoner in Karlsruhe, der Militärverein von Karls⸗ ruhe, der Gauverband der Bergſtraße, der Pfalzgauverband und der Bezirsverband Schwetzingen. Den Schluß machten die Militär⸗ und Kriegervereine des Rhein-Neckargau-Militär⸗ vereinsverbandes. Im Feſtzuge bewegten ſich 6 Muſikkapellen, die vom Markt⸗ platze bis zum Engelhorn'ſchen Hauſe in der Breiten Straße ununterbrochen ſpielten, um dann zu ſchweigen, da während des Einmarſches des Zuges in den Schloßhof abwechſelnd die Grenadierkapelle und die Artilleriekapelle ſpielten. Eine viel⸗ tauſendköpfige Menſchenmenge umſäumte die beiden Seiten der Breiten Straße. Euthüllungsakt. Schon von halb 10 Uhr an füllte ſich trotz des ſtrömenden Regens der Schloßhof und je näher die Stunde des Enthüllungs⸗ aktes rückte, deſto ſtärker wurde der Menſchenſtrom, welcher unter einem Dache von Regenſchirmen nach dem Schloßhofe drängte. Allmählich füllten ſich auch die Tribünen, deren Be⸗ ſucher ſich theilweiſe in Winterkleidung gehüllt hatten. Auf der linksſeitigen Tribüne nahmen die Mitglieder des Stadt⸗ raths, des Stadtverordnetenkollegiums und des Denkmalkomites, ſowie etwa 80 ſich aus allen Schichten der Bevölkerung rekru— tirenden Feſtjungſrauen Platz. Die Letzteren trugen weiße Kleider und im Haar hübſche Kornblumenkränze. In den änden hielten ſie theils prachtvolle Palmwedeln, theils träußchen oder Kränze aus Kornblumen. Glücklicherweiſe hörte es gegen halb 11 Uhr auf zu regnen und wenn auch der Himmel keine Anſtalten machte, ein feſtliches Gewand anzulegen, ſo verſchonte er doch die Feſtverſammlung mit ſeinen Güſſen. Gegen ½11 Uhr marſchirten die zwei Bataillone des hieſigen Grenadier⸗ Regiments in den Schloßhof, von dem das erſte Bataillon die Ehrenkompagnie bildete und deshalb beide Fahnen mit ſich führte, während das andere Bataillon zur Spalierbildung und zum Abſperren der für die Vereine beſtimmten Theile des Schloß⸗ hofes diente. Das erſte Bataillon nahm vor dem Denkmal in Paradeform Aufſtellung. Punkt 11 Uhr erſchollen plötzlich Kommandorufe, die Soldaten präſentirten und brauſende Hoch— und Hurrahrufe wälzten ſich in ununterbrochener Reihenfolge Das Kaiſer Wilhelm⸗Denkmal nach ſeiner Enthüllung. Jed' Geiſteswerk, das dunkel ungeboren Zu höchſter, edelſter Geſtaltung drängt Und das aus tauſend unſichtbaren Poren Des Werdens froh, den Weg zum Lichte lenkt, So wie der junge Tag, umtanzt von Horen, Dem Menſchen Glück und reine Freude ſchenkt, Soll von des Künſtlers ſchönſten Lebenstagen Den holden Stempel an der Stirne tragen. (Guſtav Eberlein.) In dieſem Sinne kann das neuenthüllte Denkmal ein Werk höchſter Freude genannt werden, denn es verkörpert ſolch' ſchöne Lebenstage nicht allein des Künſtlers, ſondern unſerer geſammten deutſchen Nation. Das großartige Kunſtwerk, welches geſtern unſerer Stadt übergeben wurde, iſt wie aus freudigſtem Herzen geſchaffen und wie von jubelnder, triumphirender Bewegung er⸗ füllt, die zu höchſter Begeiſterung mit fortreißt. Eine Symboli⸗ ſirung des Sieges ſchwebte dem Künſtler bei Ausführung ſeines Werkes vor. Sieg ſpricht ſich auf den energiſchen Zügen des Heldenkaiſers aus und die wilde Bewegtheit ſeines Roſſes läßt erkennen, daß es aus heißem Kampfe daherkommt. Wie jubelnd ſchwingt der Genius des Sieges, der ſich in Jünglingsgeſtalt am Poſtamente des Denkmals von einem wild erregten Löwen erhebt, das Siegesreis. Und an den Seiten des Sockels ſieht man die Vorzeichen und Folgen des herrlichen Sieges dargeſtellt und verſinnbildlicht: Auf der einen Seite die Kaiſerproklamation in Verſailles, wobei unſer Großherzog das erſte Hoch auf den deutſchen Kaiſer ausbrachte, auf der andern Seite die Botſchaft des Kaiſers an die Mühſeligen und Beladenen des Volkes, daß ihnen bei Alter und Krankheit Hilfe werde. An der Rückſeite des Sockels aber deutet eine Schilderung des Rheinüberganges des jungen Prinzen Wilhelm im Jahre 1814 die beſonderen Beziehungen des Denkmals auf unſere Stadt an. Der Bildhauer hat die Proportionen aller dieſer Theile des Denkmals ſehr gut getroffen. Durch die Höhe und Schmalheit des Sockels erſcheinen Roß und Reiter in mächtigſter Größe; jede Verbreiterung des Poſtaments hätte die gewaltige durch die Luft; der Großherzogliche Hof verließ das Schloß, um ſich nach der Tribüne auf dem Feſtplatze zu begeben Der Groß— herzog, die Frau Großherzogin, der Erbgroßherzog und die Frau Erbgroßherzogin, der Kronprinz von Schweden und Nor— wegen mit ſeinen beiden Söhnen, die Prinzen Karl und Max von Baden, General der Kavallerie von Albedyll, ſowie das ganze Gefolge, unter denen ſich die Miniſter, Reichstags vize— präſident von Buol, der Regierungspräſident der bayeriſchen Pfalz von Auer, Generalintendant Dr. Bürklin u. ſ. w. be⸗ fanden, ſchritten durch das vom Militär und der freiwilligen Feuerwehr gebildete Spalier, fortwährend ſtürmiſch begrüßt von der Feſtverſammlung. Das Großherzogliche Paar wurde von Herrn Oberbürger— meiſter Beck geführt, während der Vertreter des deutſchen Kaiſers, General v. Albedyll, als Geleite die Herren Landes— kommiſſär Geh. Oberregierungsrath Frech und Geh. Regierungs— rath Freiherr von Rüdt hatte. Nachdem die Allerhöchſten Herrſchaften mit ihrem Gefolge, unter dem ſich auch noch Herr Generalmajor von Oppen, der frühere Kommandeur des hie— ſigen Grenadierregiments befand, in dem prachtvoll geſchmückten Pavillon Platz genommen hatten, erfolgte der Einmarſch des Feſtzuges, voran die Grenadierkapelle, welche den Torgauer Marſch ſpielte. An der Tribüne ſchwenkte die Grenadierkapelle ab und nahm der linken Tribüne gegenüber Aufſtellung, um, wie wir ſchon oben erwähnt, während des Aufmarſches des Zuges abwechſelnd mit der an der Spitze der zweiten Ab— theilung befindlichen Artilleriekapelle zu ſpielen. Die einzelnen Klaſſen der Schulen, die verſchiedenen Ver— eine und Korporationen riefen den Allerhöchſten Herrſchaften ihre Grüße in ſtürmiſchen Hochs zu, während die Turner freu— dige Gutheilsrufe, die Ruderer die Hipp hipp Hurrahs und die militäriſchen Vereine brauſende Hurrahrufe emporſandten. Der Einmarſch des Zuges nahm circa dreiviertel Stunden in An⸗ ſpruch, das Schauſpiel war ein impoſantes und erhebendes, namentlich erquickte allgemein das friſche, fröhliche Auftreten unſerer Jugend. Der Großherzog und die Frau Großherzogin dankten ununterbrochen für die ihnen zugehenden Grüße und das fröhliche Aufleuchten des Geſichts unſeres Landesherrn bei dem Vorbeimarſch der Schulkinder bewies, daß er die Jugend in ſein Herz geſchloſſen hat und daß eine fröhlich heitere Jugend ihm ſtets große Freude bereitet. Der Einmarſch des Zuges in den Schloßhof vollzog ſich ſehr glatt und ohne jedwede Störung, dank dem ganz vorzüglich umſichtigen Arrangement des Herrn Bezirksthierarztes Fuchs, welcher bei dem geſtrigen Feſte ſeine Qualität als Feſtordner auf das Glänzendſte doku— mentirt hat. Um ¼12 Uhr nahm der eigentliche Akt der Enthüllung des Denkmals ſeinen Anfang mit dem von den hieſigen Ge— ſangvereinen unter der meiſterhaften Leitung des Herrn Hof— kapellmeiſters Langer vorgetragenen Chor:„Mit dem Herrn fang Alles an“, welcher einen tiefen Eindruck machte. Hierauf betrat Herr Bankpräſident Carl Eckhard das an der linken Tribüne angebrachte Rednerpult, um folgende Anſprache zu halten: Durchlauchtigſter Großherzog! Gnädigſter Fürſt und Herr! Im Namen und im Auftrag des Denkmalkomitees und der Stadt Mannheim entbiete ich den erſten Feſtgruß unſerem Lan— desherrn, dem hohen Protektor unſeres patriotiſchen Unterneh— mens und der gnädigſten Landesfürſtin, der Tochter des heute von uns gefeierten Helden. Ich begrüße in unſerer Mitte das künftige Herrſcherpaar unſeres Landes und drücke unſere ganz befondere Freude auch darüber aus, daß die Tochter des Für— ſtenpaares an der Seite ihres hohen Gatten und mit ihren Söhnen in unſerer Mitte heute erſcheinen konnte. Ich danke ebenſo auch den Prinzen des Großherzoglichen Hauſes für ihre unſerem Feſte ausgeſprochene Theilnahme. Zur ganz beſonderen Ehre rechnet es ſich auch die Stadt Mannheim, daß ein Ver⸗ treter Sr. Majeſtät des deutſchen Kaiſers in unſerer Mitte erſchienen iſt. Herzliches Willkommen allen Feſtgäſten, die von Nah und Fern herbeigeeilt ſind, um mit uns das hochbedeut— ſame Feſt zu feiern. Wenn wir die ganze hohe Bedeutung des heutigen Tages voll und ganz erfaſſen wollen, dann müſſen wir uns zurückverſetzen in jene trübe Zeit am Anfang dieſes Jahr- hunderts, wo halb Europa und insbeſondere Deutſchland unter dem Joche eines fremden Eroberers ſeufzte. Preußen, das am Kränkendſten Gedemüthigte, erhob ſich zuerſt in gottvertrauender Vaterlandsliebe. Es brach im Vereine mit Oeſterreich und Rußland die Macht des franzöſiſchen Kaiſers und der heute gefeierte Held zog am 1. Januar 1814 zum erſten Mal in der Nähe unſerer Stadt über den Rhein, um dem feindlichen Lande, dem ruheloſen, einen Frieden abzuringen. Glänzende Siege ſind erfochten worden, ein Friede wurde abgeſchloſſen, aber die gewiß berechtigten Wünſche der deutſchen Nation ſind damals leider nicht in Erfüllung gegangen. Eines iſt aber geblieben als Frucht jener großen Kriege: der Glaube an die Zukunft unſeres Vaterlandes, der Glaube iſt wach geblieben, im ganzen deutſchen Lande, in Baden, und auch— ich freue mich dies ſagen zu können— in unſerer Vaterſtadt Mannheim. Unſer Landesfürſt hat dieſen Glauben gehegt und gepflegt, ungeachtet mancher bitteren Er⸗ fahrungen, im Vertrauen auf den geſunden Sinn ſeines Volkes. Die 1860er Arbeiten auf allen politiſchen und wirthſchaftlichen Gebieten werden auf immerdar im dankbaren Gedächtniß des badiſchen Volkes verbleiben. Was damals Baden in Kopf und Herzen trug, das nahm im Jahre 1870 der König von Preußen Wirkung nur abgeſchwächt. Die vordere Gruppe des Sockels iſt in ſchönem Verhältniß zur Reiterfigur und die Reliefs an den Seiten mit ihren weil beraustretenden Geſtalten ſind gleich— falls in paſſender Größe gehalten. Etwas dürftig nimmt ſich nur das Relief an der Rückſeite des Sockels aus, doch liegt dies an dem ſchmalen Raum, der immerhin noch gut ausgenutzt iſt. Das ganze Denkmal macht einen durchaus einheitlichen Eindruck. Der Sockel wurde aus rothem ſchwediſchen Granit durch die Firma Schraep in Roſtock in tadelloſer Weiſe hergeſtellt und der Guß der Figuren und die feine Abtönung der Bronze von der Aktiengeſellſchaft Schäffer& Walcker in Berlin bewirkt. Während das Denkmal in ſeiner Geſammtheit ein durchaus ideales Gepräge hat, ſo iſt es in vielen Einzelheiten doch mit ſchärfſtem Realismus geſtaltet. Am wenigſten die Figur des Kaiſers ſelbſt, die als erhabenes Symbol der Majeſtät und Größe Deutſchlands aufgefaßt zu ſein ſcheint. Dagegen iſt der Kopf des Pfer⸗ des mit den ſchnaubenden Nüſtern und den hervortretenden Augen wie der Natur abgelauſcht. Auch die Muskulatur der Jüng⸗ lingsgeſtalt an der Vorderſeite des Sockels und vor Allem der mächtige, wie noch vom Kampf erfüllte Löwe ſind vom beweg⸗ teſten Realismus. Rein ideal gehalten und zart ausgeführt ſind die poeſievollen Vordergruppen zu den Reliefs zu beiden Seiten des Denkmals, während die Darſtellung der hiſtoriſchen Vorgänge flott und keck hingeworfen iſt. Wie die Wirkung des Denkmals ſich in Bezug auf den Schloßplatz geſtaltet, wird ſich erſt nach Abbruch der Tribünen richtig beurtheilen laſſen; jedenfalls kann ſich dieſelbe nur noch ſteigern. Der Schöpfer des Denkmals Guſtav Eberlein, der gegen⸗ wärtig in unſerer Stadt weilt), iſt ein tief denkender Künſtler, der immer darauf bedacht iſt, ſeine Schaffensbereiche zu er⸗ weitern. Beſonders ſein Verhältniß zur Dichtkunſt, ſeine Dichtungen zeugen davon, daß er ſeine künſtleriſchen Ideen aus innerlichſter poetiſcher Anlage faßt und dieſelbe auch in reine Poeſie zu verwandeln verſteht. So iſt das 1892 von ihm herausgegebene Prachtwerk„Aus eines Bildners Seelenleben“ eine höchſt harmoniſch wirkende Vereinigung von eigenen Zeich⸗ nungen ſeiner plaſtiſchen Werke in Verbindung mit ſeinen Poeſieen und muſikaliſchen Compoſitionen— jedenfalls eine in ſeine mächtige Hand. Die franzöſiſche Kriegserklärung, die deutſchen Siege, die Zertrümmerung des franzöſiſchen Kaiſer— thums, der Abſchluß eines ehrenvollen auch für die Zukunft die Grenzen des Vaterlandes wahrenden Friedens, alles dies folgte in bis dahin ungeahnter Raſchheit und Schlagfertigkeit. Wäh⸗ rend der greiſe Kaiſer im fremden Lande mit ſeinem helden⸗ müthigen Sohn weilte, leiteten Gattin und Tochter Werke der Barmherzigkeit in der Heimath. Viele tüchtige Mitarbeiter zählte der Kaiſer an ſeinem großen Werke. Ich kann Ihnen nur zwei ſeiner treueſten Diener nennen, den patriotiſch weit blickenden Staatsmann und den genial blickenden Feldherrn. Ihnen und ihrem Herrſcher iſt Deutſchlard zu unausſprechlichem Danke ver— pflichtet. So vollbrachte der Heldenkaiſer, ſich ſelbſt in ſeiner Beſcheidenheit oft als das Werkzeug der über Deutſchland wal⸗ tenden Vorſehung betrachtend, unter Mitwirkung der deutſchen Fürſten unter Aufbietung der geſammten Volkskraft das größte Werk des Jahrhunderts, die Befreiung, Vervollſtändigung und Einigung der deutſchen Nation zum großen, mächtigen Reiche. Die Proklamation am 18. Januar 1871 war eine Friedens⸗ proklamation erſten Ranges, dem entſprach auch die noch faſt 20jährige Regierung des Heldenkaiſers und die Proklamation am 17. November 1881, die wir auf unſerem Denkmal ab⸗ gebildet haben, iſt eine der größten Friedensthaten in allen Reichen. Wenn auch noch manche Trübung obwaltet, die Nach⸗ welt wird ſie dereinſt preiſen als eines der größten Friedens⸗ werke, die einem Volke dargeboten worden ſind. Am 9. März 1888 iſt unſer großer Kaiſer zu ſeinen Vätern heimgegangen, geliebt, beweint von ſeinem treuen Volke, betrauert von allen Völkern der Erde. Sein Todestag war, ich darf es wohl ſagen, der Geburtstag dieſes Denkmals. Sogleich erging ein Aufruf patriotiſcher Männer von Mannheim an alle Einwohner ihrer Vaterſtadt, an alle; denn der Kaiſer hat für alle gelebt und für alle gewirkt. Der Aufruf fand auch diejenige Aufnahme, die die Veranſtalter erwartet und erhofft hatten. Heute iſt nun dieſes gemeinſame Friedenswerk, das erſte Denkmal des Kaiſers in Baden, errichtet und es ſteht mir nun zu, zu danken allen Denjenigen, welche durch Rath und That dies Werk ermöglicht haben. Ich danke der Regierung und den Gemeindebehoͤrden für ihre thatkräftige Förderung dieſes Werkes. Ich danke hiermit auch öffentlich dem Künſtler, Profeſſor Guſtav Eberlein⸗Berlin, der unſere Wünſche und unſere Gedanken in künſtleriſcher Form zu bilden verſtanden. Ich danke auch allen ſeinen kunſtgeübten Mitarbeitern. Hiermit iſt die mehr als 6 Jahre andauernde, oft recht ſchwierige Thätig⸗ keit des Denkmalsausſchuſſes beſchloſſen und es erübrigt mir nur noch die Uebergabe des Denkmals an ſeine Beſtimmung. Ich übergebe hiermit in feierlicher Weiſe das errichtete Denkmal der Stadtgemeinde Mannheim zu bleibendem Schutze. Es iſt von uns errichtet als eine Zierde, als eine Ehre der Stadt Mannheim. Sie ſoll es bewahren als ein Kleinod. Es iſt ein bleibendes Wahrzeichen, welches zur Stärke und Pflichttreue an⸗ eifern ſoll. Nicht allein zur Bewunderung, nein zur Nachahmung für alle Bürger, denn nur wenn im Gemeinweſen Alle ihre Schuldigkeit thun, kann etwas Rechtes und Großes entſtehen. Es iſt ein Markſtein der Einigkeit und des Friedens, denn ohne Einigkeit wäre das große Werk des Jahres 1870 niemals zu Stande gekommen. Ohne Einigkeit und Frieden in der Bürgerſchaft wäre auch dies nicht zu Stande gekommen. Nun noch ein kurzes Wort an die Jugend. Sie iſt berufen und verpflichtet, das, was eine große Zeit, was die Vorfahren unter Einſetzung ihres Herzblutes hier ſchon erreicht haben, treu zu bewahren. Ich habe in einem langen und oft ſehr bewegten Leben ſchöne Tage, ich habe auch ſchon recht böſe Tage geſehen, und auch böſe Tage können wieder einmal kommen. Für jene Zeit möchte ich heute an dieſem bedeutenden Tage den Jungen in der Verſammlung die ernſte Mahnung zurufen: Steht feſt, haltet treu zu Kaiſer und Reich, ſorget, daß die Ideale und insbeſondere die Vaterlandsliebe niemals aus dem deutſchen Volkscharakter entſchwinden möge. Ich habe heute vor Fürſten und vor dem Volke geſprochen, wie die Ueberzeugung und das Herz mich hieß. Das beſte und eindringlichſte Wort möge nun das Werk ſelbſt ſprechen, welches wir in Verehrung und Dank⸗ barkeit errichtet. So falle denn die Hülle, es erſtehe die hehre Geſtalt des großen Kaiſers. Unter Glockengeläute, Kanonenſchüſſen, ſtürmiſchen minuten⸗ langen Hochrufen, Tücherſchwenken, Muſikklängen, fiel die Hülle des Denkmals: Es war ein geradezu unbeſchreiblicher, tief— ergreifender Augenblick und in vielen Augen ſah man Thränen. Die Frau Großherzogin weinte und es dauerte mehrere Minuten, bis ſich die allgemeine Bewegung des Publikums etwas gelegt hatte. Die Grenadierkapelle und die Artilleriekapelle ſpielten den Kaiſermarſch, woran ſich der Geſang einer Feſthymne durch die Geſangvereine ſchloß. Sodann trat Herr Oberbürgermeiſter Beck vor, um das Denkmal mit folgenden Worten zu übernehmen: Unter den im tauſendfachen Wiederhall zujubelnden Freuden⸗ rufen der feſtlichen Verſammlung hat ſich ſoeben ein feierlicher Moment, ein weihevoller Act vollzogen, bei dem wir uns nur eines Herzensſchlages zu fühlen wähnten, der ſich tief eingraben wird in Aller Gedächtniß, der ein ehrenvolles Blatt in der Geſchichte Mannheims abſchließt, jenes Blatt, das uns erzählt von einer einmüthigen patriotiſchen Erhebung unſerer Bürgerſchaft, die alle Parteien mit gleicher Wärme des Gefühls zuſammenſchloß mit dem Loſungsworte:„Dem unſterblichen Heldenkaiſer ein dauerndes gewaltiges würdiges Denkmal.“ Nachdem wir ſei Publication einzig in ihrer Art. In dieſem Werke findet ſich auch eine Wiedergabe des Modells zu unſerm neu enthüllten Kaiſer⸗Wilhelm-Denkmal mit einem von dem Künſtler unſrer Stadt gewidmeten Sonnett„Sieg“ betitelt, das mit folgenden Verſen ſchließt: Schon ſahen wir das Bild in Erz gegoſſen, Das wir gemodelt uns in ſtillem Denken Und bogen ſchon zum Kranz die goldnen Reiſer. Von Strömen der Begeiſterung umfloſſen— Und deutſche Kunſt, ſie durfte ſich verſenken In ewiges Gebild, in Deutſchlands größten Kaiſer. Guſtav Eberlein iſt 1847 zu Spiekershauſen bei Hannö⸗ veriſch-Münden geboren. Er war zuerſt, wie jener große italieniſche Meiſter Benvenuto Cellini, Goldſchmied, ſtudirte jedoch dann 3 Jahre auf der Kunſtſchule zu Nürnberg, ſchloß ſich aber hierauf der Schule Reinhold Begas in Berlin an. Eberleins Begabung auf bildneriſchem Gebiet iſt viel umfaſſend. Allem, was er geſtaltet, dem Zarten, Lieblichen, wic dem Erhabenen, Feierlichen, Pathetiſchen weiß er den Stempel ſeines mächtigen, originellen Talentes aufzuprägen. Man denke nur an all die graziöſen Frauengeſtalten, die der Künſtler in ſinnbildlicher Weiſe dargeſtellt hat oder an Arbeiten anderer Art, wie an den über 40 m langen Fries an dem Ge⸗ bäude des Kultusminiſteriums in Berlin, an das Colloſalrelief „der Genius Deutſchlands“ und an die Vorwürfe zu andern großen Kaiſerdenkmälern für Elberfeld und Ruhrort, und man wird ſich der Bedeutung dieſes Künſtlers für die deutſche Bild⸗ hauerkunſt ſo recht bewußt werden. Das prächtigſte ſeiner Werke beſitzt aber nunmehr mit dem geſtern neu enthüllten Denkmal unſere Stadt Mannheim. Es iſt bekanntlich das erſte Denkmal, welches in unſerm badiſchen Lande dem deutſchen Heldenkaiſer errichtet wurde. Hier wird es allzeit ein herrlicher künſtleriſcher Schmuck und ein Wahrzeichen begeiſterter Vaterlandsliebe ſein, das unſerer Stadt zu nicht geringerer Ehre gereicht, wie dem Meiſter ſelbſt, der es in ſo vollendeter Weiſe geſchaffen hat. Oe ) Bemerkt ſei, daß ein vorzügliches Portrait des Künſtlers von Anton Schönerer(Berlin) gegenwärtig im Saale des Kunſtvereins ausgeſtellt iſt. ieee . . —— 8 * 8 e — Mannheim, 18. Oktober. 6 Jahren mit Sehnſucht und Spannung dem Tage der Vollend⸗ ung der heutigen Feier als einem feſtlichen Höhepunkte in dem arbeitsreichen Leben unſerer Stadt entgegengeharrt hatten, ſehen wir nunmehr das Denkmal in hellem Tagesglanze groß und mächtig ſich erheben in die Lüfte. Wohl wird Kaiſer Wilhelms Andenken, der mit ehernem Schritte durch die Weltgeſchichte gegangen, auch ohne ein Denkmal von Erz unvergänglich ſein, denn es lebt für alle Zeiten tief in der Bruſt aller wackeren Deutſchen, ſo lange für Großes noch bewegte Herzen ſchlagen. Und doch regt ſich durch Alldeutſchland in allen Ständen, einem Herzensbedürſniſſe, einem gemeinſamen Impulſe folgend, der Drang, auch ſein äußeres Bild, die von einem bezwingenden Zauber umfloſſene Herrſchergeſtalt nicht verwiſchen zu laſſen in dem rauſchendem Strom der Zeiten, ſondern durch die bildende Kunſt zu verewigen, um auch die kommenden Geſchlechter die hehre Heldengeſtalt ſehen, in ſich aufnehmen und feſthalten zu laſſen. Kaiſer Wilhelm iſt künftig unter uns, wenn auch nur in ehernen Standbilde. Welche Flucht von erhebenden Stim⸗ mungen ruft ſein Name, in dem der nationale Gedanke ſich verkörpert, ruft dies Denkmal, von dem die Manen des Heim⸗ gegangenen zu uns herabzuwinken ſcheinen, in uns hervor. Schaaren ſich doch um dies Denkmal drei Geſchlechter. Die Alten, die ohne Ahnung ſeiner künftigen erhabenen Miſſion mit ihm Ohnmacht und Demüthigung des Vaterlandes beklag— ten, bis es ihm endlich gelungen, die wunderſame, ſeit Jahr- hunderten im Zauberſchlafe befangene Jungfrau„Germania“ wieder zu erwecken; die rüſtigen Männer, die Veteranen alle, die unter ſeinen Augen gekämpft und geſiegt haben; die Jüng⸗ ſten hier, das kommende Geſchecht, hat mit athemloſer Begeiſterung der Thaten des in gigantiſcher Wucht in der Weltgeſchichte hoch aufragenden Helden gelauſcht, der Alexanderſiege, die nicht in einem Ausbruche wilder Beute- und Ländergier, ſondern zur Abwehr frevelhafter Angriffe unternommen worden. Darum ſtrahlt wie aus dem erhebenden Zuſammenwirken aller Volkskreiſe unſerer Stadt zur Schaffung des Denkmals ſo auch heute aus all dem Schimmer und dem Glanze, aus all der prunkvollen Feier, zu der wir uns hier zuſammenfanden, Eines heller hervor: Es ſind die ethiſchen Beziehungen, die beſtehen zwiſchen der patriotiſchen Bürgerſchaft, die das Denkmal errichtete, und dem hierdurch verherrlichten Heldenkaiſer, die gipfeln in dem ſeeliſchen Bedürfniſſe, eine Dankesſchuld zu ent— richten dem Andenken des Mannes, dem wir das koſtbarſte Männerbeſitzthum verdanken; ein geeinigtes Vaterland. In dieſem vaterländiſchen Sinne und Geiſte ſeiner Mitbürger über— nehme ich im Namen der Hauptſtadt Mannheim das Denkmal in den Beſitz dieſer Stadt und überantworte es zugleich dem Schutze der geſammten Einwohnerſchaft, die es treu und ſicher behüten und beſchirmen, ehren und hochhalten wird als ein Kleinod für alle kommenden Geſchlechter. Ich übernehme dies Denkmal mit warmem Danke zuvörderſt an unſern Durchlauch— tigſten und vielgeliebten Landesfürſten, der durch Allerhöchſt ſein Erſcheinen mit den hohen Verwandten und Angehörigen des Großherzoglichen Hauſes der Feier die ſchönſte Weihe gibt, mit warmem Danke an Seine Majeſtät den Kaiſer, der durch Entſendung eines beſonderen Stellvertreters, eines langjährigen Vertrauten des entſchlafenen Heldenkaiſers, eines einſtigen Mit⸗ kämpfers in jener großen Zeit, ſeine lebhafte Theilnahme an unſerem patriotiſchen Werke bekundete, mit warmem Danke an das Comité, welches in langen mühevollen Verhandlungen die Dinge zum Rechten geführt, mit warmem Danke aber auch die vaterlandsbegeiſterte Bürgerſchaft, die, ob vornehm oder nieder, ob reich oder arm, wetteiferte, ihr Scherflein beizutragen. Ein Erinnerungsdenkmal an des Vaterlandes ruhmreichſte Tage und ein Sinnbild der unlösbaren Einigung Deutſchlands, ein Wahr— zeichen unwandelbarer und unerſchütterlicher Treue zu Kaiſer und Reich, wie der Stein und das Erz des Standbildes, wird das Denkmal in die Gegenwart und in die ferne Zukunft ragen. Aber es ſoll dieſe hohe erhabene Reitergeſtalk für uns und unſere Enkel nicht blos ein lebendiger Zeuge großer Thaten der Vergangenheit, ſondern auch ein Bürge ſein für die künftige Erfüllung heiliger Pflichten, die uns für die Forterhaltung des Reiches überkommen. Hoch über dem Standbild entrollt ſich dem geiſtigen Auge das Banner des Reichs, an dem in allem Wechſel der Zeiten und Geſchicke die Stürme vergeblich zauſen und auf dem mit Flammenſchrift eingegraben ſteht die Mahnung, die wir aus ſeinen ernſt blickenden Augen leſen: Wahret treu, was ſchwer errungen, Seid einig, einig, einig! Die Feſtjungfrauen verließen hierauf die Tribüne, um das Denkmal zu ſchmücken. Ebenſo legten die Vereine Kränze am Sockel des Monuments nieder. Sodann ſtiegen der Großherzog, die Frau Großherzogin, der Erbgroßherzog und die Frau Erb— großherzogin die Tribüne herab, um unter Führung des Herrn Profeſſor Eberlein und nachdem ſie ſich die vor dem Denkmal aufgeſtellten Mitglieder des Denkmalcomités hatten vorſtellen laſſen, das Monument auf das Eingehendſte zu beſichtigen. Den erſten Kranz legte der Großherzog am Denkmal nieder, worauf der Kronprinz von Schweden mit ſeinen beiden Söhnen und das Erbgroßherzogliche Paar folgten. Im Ganzen wurden vom Großh. Hauſe 6 prachtvolle Lorbeerkränze an den Stufen des Denkmals niedergelegt. 5 Die ganze etwa 50,000 Köpfe zählende Feſtverſammlung ſang hierauf mit tiefer Begeiſterung das ewig ſchöne ergreifende Lied:„Deutſchland, Deutſchland über Alles.“ Nach der Beſichtigung des Denkmals traten das Groß⸗ herzogliche Haus und die ſonſtigen Ehrengäſte den Rückweg nach dem Schloſſe an. Zuvor brachte Herr Bezirksthierarzt Fuchs mit weithin ſchallender Stimme noch ein Hoch auf den Großherzog und das ganze Großherzogliche Haus aus. Die Feſtjungfrauen hatten ſich nach der Schmückung des Denkmals nach dem Schloſſe begeben und hier vor dem Portal Aufſtellung genommen. Als der Großh. Hof am Schloſſe ankam, reihten ſich die Feſtjungfrauen dem Zuge an und begleiteten die Groß⸗ herzoglichen Herrſchaften bis vor die Großherzogl. Zimmer, wo ſie der Frau Großherzogin vorgeſtellt wurden. Die hohe Frau ſprach mit jedem einzelnen Mädchen auf das Huldvollſte und lud die Feſtjungfrauen für heute Abend ¼7 Uhr in das Schloß ein. a Inzwiſchen leerte ſich der Schloßhof, was allerdings unter großem Gedränge, Stoßen und Schieben vor ſich gehen mußte, jedoch kam keinerlei Unfall vor, wie überhaupt der ganze Ent⸗ hüllungsakt trotz der ganz immenſen Menſchenmaſſe und des kolloſalen Menſchenandrangs ohne jedweden Mißton und ohne jede Störung verlief. Leider hatte ſich inzwiſchen wieder ein ſtrömender Regen eingeſtellt, ſo daß der Abmarſch des Feſtzuges ſtark beeintrachtigt wurde. Die Frau Kronprinzeſſin von Schweden und Norwegen ſah den Einweihungsfeierlichkeiten von einem Fenſter des Schloſſes aus zu. Um 3 Uhr Nachmittags begann das Feſtmahl im Saale des Stadtparks, zu dem ſich die ſtattliche Reihe von weit über 400 Gäſten eingefunden hatte. Der Saal war auf's Prächtigſte dekorirt. Auf der öſtlichen Endſeite prangten in einer großartig angelegten Blattpflanzengruppe, aus der mächtige Palmenwedel aufragten, die Büſten der beiden Kaiſer mit der unſers Landesherrn, an den Seitenwänden zogen ſich grüne Guirlanden hin, untermiſcht mit Wappenbildern und den Namen der badiſchen Städte auf farbigen Tafeln und viele Flaggen und ſonſtige Dekorationen zierten die Emporen. Sehr geſchmack⸗ voll waren auch die Kronleuchter mit Grün und Draperien geſchmückt. Das Arrangement war von Herrn Hochbauinſpektor Uhlmann in ſinniger Weiſe entworfen, während der gärt⸗ neriſche Schmuck von Herrn Stadtgärtner Lippel und die übrige Dekoration von Herrn Tapezier M. Thiele herrührte. General-Anzeiger. Prächtig war auch der Schmuck der Tafel, deren Silberzeug Herr Hoflieferant Netter zur Verfügung geſtellt hatte. Die Tafelmuſik wurde ausgeführt von der Kapelle des hieſigen Grenadier-Regiments unter Leitung ihres Dirigenten Herrn Vollmer. Das Menu war ebenſo trefflich komponirt wie in kulinariſcher Hinſicht von Herrn Reſtaurateur Ehrenfels ausgeführt und zeigte eine großartige Reichhaltigkeit. Die Speiſenfolge war nachſtehende: Jäger-Suppe.— Rheinſalmen mit holländiſcher Tunke und Kartoffeln.— Lendenſtück auf flämiſche Art.— Salmy von Feldhühnern.— Friſcher Hummer.— Maſthühner.— Salat und Dunſtobſt.— Eis nach Neſſelroder Art.— Nachtiſch.— Als S. K. Hoheit der Großherzog im Saale erſchien, brachen die Theilnehmer in ein dreifaches von Herrn Bürgermeiſter Martin ausgebrachtes Hoch aus. Der erlauchte Gaſt nahm in der Mitte der großen Ehrentafel unter einem prächtigen Baldachin Platz. Rechts von ihm tafelte der Kronprinz von Schweden, links der Erbgroßherzog. Daran ſchloſſen ſich zu beiden Seiten weiter die andern Mitglieder des großherzoglichen Hauſes, der Vertreter des Kaiſers ſowie die Staatsminiſter. Dem Großherzog gegenüber ſaß Herr Oberbürgermeiſter Beck, an den ſich links Staatsminiſter Nokk und rechts Generalmajor v. Oppen reihten. Im Verlaufe des Feſtmahls, während dem eine hochbegeiſterte Stimmung herrſchte, erhob ſich S. K. Hoheit der Groß— herzog und hielt mit lauter Stimme folgende Anſprache: M. H.! Wir erheben uns, um unſeres Kaiſers Wilhelm II. zu gedenken, des Trägers der Krone, die uns der große Kaiſer Wilhelm J. wieder erneut und gekräftigt hat. Dieſer große Kaiſer, m. H., hat es, wie wir Alle wiſſen, wohlverſtanden, Dankbarkeit zu erwecken. Der heutige Tag iſt unter Anderem ein ſprechendes Zeugniß dafür. Dieſem Feſte der Dankbarkeit anwohnen zu können, ſchätze ich mich glücklich, es erlebt zu haben, danke ich Gott. Es iſt heute in verſchiedenſter Weiſe der Vergangenheit gedacht worden und es hieße nur erneuern, was in Ihrer aller Gedächtniß, ja Vielen unter uns als Er— lebniß noch vor den Augen ſchwebt, wenn ich darauf zurück— komwen wollte. In der That, es lebt uns noch Allen feſt in der Erinnerung und vor unſerem inneren Auge geht der große Kaiſer, wie wir ihn geſehen und wie Diejenigen, die ihn nicht geſehen haben, ſich ihn vorgeſtellt, leibhaftig vorüber. Dieſes Gedächtniß wird nimmer ſchwinden, welche Zeiten auch kommen mögen. Die Aufgabe aber, meine Herren, die uns bevorſteht, die ſoll uns hauptſächlich beſchäftigen und da gedenke ich der Kraft, die wir unſerem Kaiſer wünſchen, daß er das, was geſchaffen worden iſt mit vielem Blut, mit vieler Hingebung, erhalten möge, kräftigen möge, es zu einem Gedeihen führe, das zur Ehre der Nation gereicht, es auf eine Höhe bringen möge, die der großen Aufgabe würdig iſt, die wir zu vollziehen haben. Mit ſolchen Gefühlen, meine Herrn, aber auch mit dem Vertrauen, daß die Beſtrebungen zur Kräftigung der Nation durch die Nation unterſtützt und gekräftigt werden, mit dieſem Vertrauen erhebe ich das Glas und rufe mit Ihnen: Es lebe unſer Kaiſer, der deutſche Kaiſer Wilhelm II., er lebe hoch! Nicht endenwollender Jubel erſcholl, als der geliebte Landes— herr ſeine begeiſternde Rede vollendete. Bald darauf ergriff Herr Oberbürgermeiſter Beck das Wort zu einer oft von ſtürmiſchem Beifall unterbrochenen glänzenden Rede, in welcher er den Groß— herzog und ſein geſammtes Haus als Palladium der bürgerlichen Freiheit feierte. Gegen ½?7 Uhr wurde die Tafel aufgehoben, worauf ſich die hohen Gäſte nach dem 5 Hoftheater begaben, woſelbſt ſofort die Gala Vorſtelluug begann Nach dem Eintritt der Herrſchaften brachte Herr Bürgermeiſter Bräunig ein Hoch auf den Landesfürſten aus, in welches das übervolle Haus begeiſtert einſtimmte. Zunächſt ging der 3. Akt der Meiſterſinger in Seene. Herr Hofkapellmeiſter Röhr ſtand am Dirigentenpult und mit wuchtiger Pracht rauſchte die Wagner'ſche Muſik vor den Ohren der Zuhörer dahin. Die Beſetzung der Rollen war die gewöhnliche. Nur war in letzter Stunde für Herrn Knapp Herr Kammerſänger Plank von Karlsruhe ein— getreten. Die andern Hauptrollen lagen in den bewährten Hän— den der Herren Döring, Marx und Kraus und der Damen Frau Sorger und Seubert. Als zweites Stück des Abends ging das von unſerm Intendanten Herrn A. Praſch gedichtete Vaterländiſche Feſtſpiel„Hohenzollern“ in Scene. Das Stück zeigte ſich als eine hervorragende poetiſche Leiſtung und erfüllte die Zu⸗ ſchauerſchaft mit jubelnder Begeiſterung. Auf dem Hintergrunde einer einfachen Familienſzene ſpielten ſich die gewaltigen hiſtoriſchen Begebenheiten ab, welche ſich mit dem Geſchlecht der Hohenzollern verbinden und 12 lebende Bilder illuſtrirten mit ſeltener Pracht das, was auf der Bühne erläutert wurde. Von den lebenden Bildern fanden namentlich das, welches die Königin Luiſe und Weihnachten vor Paris zeigte, lebhafteſten Beifall. Der Raum verſagt es uns leider, heute näher auf das Feſtſpiel einzugehen. Wir konſtatiren nur, das es ſtürmiſchen Beifall und ſichtlich auch die hohe Anerkennung der Allerhöchſten Herrſchaf— ten fand. Eingeleitet wurde das Feſtſpiel durch die Ouverture zu „Das Feldlager in Schleſien“, welche Herr Hofkapellmeiſter Langer dirigirte. Herrn Intendant Praſch aber gebührt für ſeine poetiſche Schöpfung die wärmſte Anerkennung, die geſtern Abend bereits in einem Hervorruf ihren berechtigten Ausdruck, fand. Gegen 9 Uhr war die Feſtvorſtellung beendet, worauf ſich die hohen Feſtgäſte in's Schloß begaben, um von dem Balkon des— ſelben aus der Serenade anzuwohnen. Bankett der militäriſchen Vereine im Saalbau. Geſtern Nachmittag 4 Uhr fand im großen Saale des Saalbaues ein großes Bankett der militäriſchen Vereine ſtatt, welchem auch der Präſident des Badiſchen Militär-Vereinsver— bandes, Herr General Röder von Diersburg beiwohnte. Außerdem bemerkten wir eine größere Anzahl active und Re— ſerveoffiziere, ſowohl von hier wie von Ludwigshafen und außer den hieſigen militäriſchen Vereinen ſolche aus der näheren und weiteren Umgebung unſerer Stadt. Die Gallerie war für Frauen reſervirt. Der Beſuch des Bankettes war ein ganz außerordentlich ſtarker. Die Bühne war auf das ſchönſte mit den Büſten der beiden Kaiſer und des Großherzogs, ſowie mit einem Hain grüner Pflanzen geſchmückt, während in den Ecken des Saales die Fahnen der verſchiedenen Vereine Aufſtellung gefunden hatten. Für das Bankett ſelbſt war ein ſehr reich— haltiges Programm aufgeſtellt, welches aus nicht weniger als 21 Nummern beſtand. Eröffnet wurde das Bankett durch den Vortrag der Jubelouvertüre von C. M. v. Weber durch die Kapelle Petermann, welche den muſikaliſchen Theil des Feſtes übernommen hatte und auch in beſter Weiſe ausführte. Herr Schauſpieler Ph. Weger trug mit ſchönem Vortrag einen von dem Studioſus Herrn Karl Wolff gedichteten ſchwungvollen Prolog vor, desgleichen Herr Gg. Michel ein von Herrn Julius Wolff verfaßtes Gedicht, betitelt„Kaiſer Wilhelm J.“ Herr Th. Wendling ſang ein von F. Wickede komponirtes Lied für Baß,„Wilhelm der Held“, während der Zitherklub, welcher ſchon öfters bei Feſtlichkeiten des Militärvereins in dankenswerther Weiſe mitwirkte, auch heute wieder durch zwei Zitherſtücke auf dem Programm vertreten war. Der„Tur n⸗ verein“ fehlte gleichfalls nicht, indem eine größere Anzahl Mitglieder desſelben unter Leitung des J. Turnwarts Herrn Helbach turneriſche Gruppenbilder ſtellte, welche den leb— 3. Seite. hafteſten Beifall aller Anweſenden hervorriefen; endlich ſei noch des Doppelquartetts des Militärvereins gedacht, welches unter Leitung des Herrn Hauptlehrers L. Weber zwei Chorlieder ſang. Ueber die Aufführung der Cantate„Der neunte März“ berichten wir an anderer Stelle. Daß bei einem Feſtbankett das ge⸗ ſprochene Wort nicht fehlen darf, iſt ſelbſtverſtändlich. Als erſter Redner beſtieg Herr Prof. Mathy die Tribüne, indem er die Anweſenden begrüßte und den Manen Kaiſer Wilhelm J. ein Hurrah weihte; ſodann folgte Herr Bankdirektor Hof— pauer, Vorſitzender des Pfalzgauverbandes Heidelberg, welcher für die Einladung der auswärtigen Vereine dankte und unſeren Kaiſer Wilhelm II. feierte und mit einem drei— fachen Hoch auf denſelben ſchloß. Die Verſammlung ſang hierauf ſtehend die„Drei Kaiſerhymne“ von Julius Unger. Herr Fabrikant Vogler von Weinheim, Vorſitzender des Gauverbands Bergſtraße, toaſtete auf unſeren Großherzog, worauf die Abſingung der Großherzog Friedrich-Hymne von Ferdinand Langer folgte.— Herr Bürgermeiſter Mechling von Schwetzingen, Vorſitzender des dortigen Gauverbandes, weihte ſein Glas der deutſchen Armee. Der Großherzog hatte ſein Erſcheinen bei dem Bankett in Ausſicht geſtellt, da jedoch das Feſteſſen im Stadtpark eine bedeutende Verſpätung erlitt, ſo war es dem Fürſten nicht mehr möglich, nach dem Saalbau zu kommen, was Herr Prof. Mathy der Verſammlung mit- theilte und mit einem Hoch auf den Protektor des Militär⸗ Vereins⸗Verbandes und das ganze großherzogliche Haus ſchloß. Den Schluß der offiziellen Toaſte machte der Vorſitzende des Kriegervereins, Herr Peters, indem er der Palladine Kaiſer Wilhelms, Bismarck, Moltke und Roon gedachte. Sein Hoch galt Bismarck, dem Lebenden, und den Verdienſten Moltke's und Roon's.— Da die Zeit nunmehr ziemlich vorgeſchritten war, ſo fand das Bankett gegen ½8 Uhr ſeinen Abſchluß und ſammelten ſich die Theilnehmer vor dem Saalbau, um zum Lampionzuge nach dem Schloſſe anzutreten. Die Illumination am geſtrigen Abend geſtaltete ſich trotz der regneriſchen Witte— rung zu einer wahrhaft großartigen. Einen wunderbaren Anblick gewährte der Schloßhof, namentlich die vordere Hauptfront des Schloſſes, welche den architektoniſchen Formen folgend mit in allen Farben ſchillernden Lämpchen verſehen worden war. Die Beleuchtung des Denkmals geſchah durch einen ſogenannten Scheinwerfer. Die ganze Breite Straße erſtrahlte in der herr⸗ lichſten Illumination. Einige Privathäuſer hatten ein ganz beſonders feſſelndes Arrangement aufzuweiſen, ſo das Haus der Firma Baſſermann& Herrſchel am Marktplatz, das Sauer⸗ beck'ſche Haus in der Breiten Straße, das Engelhard'ſche Haus, der Pfälzer Hof und das Trambahnwartehäuschen am Parade⸗ platz. Wohl 1020000 Menſchen bewegten ſich in dem feenhaft erleuchteten Schloßhofe, um der Serenade beizuwohnen, welche die hieſigen Geſangvereine den Fürſtlichkeiten unmittelbar nach deren Rückkehr vom Theater brachten. Vorher waren die mili— täriſchen Vereine vom Saalbau in einem buntfarbigen Lam⸗ pionzug nach dem Schloßhofe marſchirt. Bis in die ſpäte Mit⸗ ternachtsſtunde herrſchte in den Straßen der Stadt ein feſtliches Leben und Treiben. Es war ein ſchöner, ein prächtiger, ein großartiger Tag, der ſich noch zu einem viel glanzvolleren ge— ſtaltet hätte, wenn ſtatt des Regens ein blauer Himmel und lachender Sonnenſchein die Herrſchaft geſtern in der Hand gehabt hätten. Es war ſchade, jammerſchade um das ſchöne, herrliche Feſt. ** 11. * Auf dem Feſteſſen, welches geſtern Nachmittag im „Stadtpark“ ſtattfand, verlas Herr Oberbürgermeiſter Beck unter dem jubelnden Beifall der Anweſenden folgendes Tele— gramm an den Kaiſer:„An Seine Majeſtät den deutſchen Kaiſer in Berlin: In ſtürmiſchem Jubel über die begeiſterten Worte, in denen nach Enthüllung des Denkmals des unſterb⸗ lichen Heldenkaiſers Wilhelm J. ſoeben Seine Königliche Hoheit unſer geliebter Landesherr Großherzog Friedrich bei dem Feſt⸗ mahl Euere Majeſtät gefeiert haben, geſtattet ſich die Feſtver— ſammlung und die ſtädtiſche Behörde der Hauptſtadt Mannheim, Ew. Majeſtät den ehrfurchtsvollſten Gruß in verehrungsvollſter Huldigung darzubringen. Auf das Tiefſte bedauert die Feſtver⸗ ſammlung, daß Ew. Majeſtät es nicht ermöglichen konnten, unſere ſchöne patriotiſche Feier durch Allerhöchſt Ihre Anweſen— heit zu verherrlichen. Zu aufrichtigem Dank fühlt ſich die Feſt⸗ verſammlung für die Allerhöchſte Entſendung eines Stellver— treters verpflichtet. Mit dem Gelöbniß unwandelbarer Treue zu Kaiſer und Reich verbinden wir die wärmſten Segenswünſche für Ew. Majeſtät und das ganze kaiſerliche Haus. Im Namen der Feſtverſammlung: Beck, Oberbürgermeiſter. Oeffentliche Bibliothek. Am Samſtag Nachmittag beſuchten S. Kgl. Hoheit der Großherzog und S. Kgl. Hoheit der Erbgroßherzog die öffentliche Bibliothek, um den renovirten prachtvollen Leſeſaal zu beſichtigen. Der Großherzog ſprach bei dieſer Gelegenheit Herrn Dr. Nieſer, der als zweiter Vor— ſitzender der Bibliothek dem erſten Vorſtand, den leider noch unpäßlichen Herrn Geheimerath v. La mey, Excellenz, vertrat, ſeine Freude über das Gedeihen und die reiche Geſtaltung der Bibliothek aus und ließ ſich den neuen Bibliothekar, Herrn Kunſtſchriftſteller Max Oeſer vorſtellen. * ** Mannheim, 17. Oktober. Am geſtrigen zweiten Tag hatte es den Anſchein, als ob die Sonne den grauen Wolkenſchleier durchbrechen wollte, um ebenfalls mit Theil zu nehmen an der allgemeinen Feſtes⸗ freude. Der Wahn währte jedoch nur kurze Zeit. Waͤhrend um 9 Uhr Vormittags ein blauer Himmel und die Alles erwärmende und belebende Sonne zu uns herniederlachte, tobte wenige Stunden darauf das wildeſte aus Sturm und Regen beſtehende Herbſtwetter, welches den ganzen Nachmit⸗ tag anhielt. Trotzdem war auch geſtern der Fremdenzufluß ein ganz bedeutender, namentlich bemerkte man zahlreiche Landleute in unſerer Stadt. Nachdem Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und der Erbgroßherzog Vormittags die Oelfabrik ſowie die Maſchinenfabrik von Mohr u. Federhaff beſichtigt hat⸗ ten, begann kurz nach 10 Uhr die Feſtfahrt auf dem Rhein und Neckar. Schon lange vor Beginn derſelben hielt ein vieltauſend— köpfiges Publikum die Neckarbrücke ſowie auch die beiden Neckar⸗Ufer beſetzt, ja ſelbſt auf den Dächern der umliegenden Häuſer hatten zahlreiche Schauluſtige Poſto gefaßt. Die Abfahrtsſtelle befand ſich unterhalb der Neckar— brücke und prangte im reichſten Flaggenſchmucke. Als die Allerhöchſten Herrſchaften gegen 11 Uhr erſchienen, um— brauſten ſie ſtürmiſche nicht endenwollende Hochrufe. Als Feſtſchiff diente der Salon-Dampfer„Niederwald“ von der Köln-Düſſeldorfer Geſellſchaft; derſelbe war auf das Herrlichſte und Geſchmackvollſte dekorirt. Mit kra— chenden Böllerſchüſſen, begeiſterten Hurrah- und Hoch- rufen rauſchte die ſtolze Flotille hinaus in den Neckar, voran der badiſche Regierungsdampfer„Gottfried Tulla“ und der bayeriſche Regierungsdampfer„Pfalz“. An der Feſtfahrt nahmen Theil: Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog, die Großherzogin, der Erbgroß⸗ herzog und die Erbgroßherzogin, Oberſtſtallmeiſter von Holzing, Oberhofmeiſterin von Holzing, die Adjutanten Oberſt Müller, Major von Wencker, die Hofdamen Gräfin von Kageneck, Freiin von Gayling, ferner der General der Kavallerie v. Albedyll, der preußiſche Geſandte von Eiſendecher, die Miniſter Dr. Nokk, 4. Seite. General-Anzeiger. Eiſenlohr, Dr. Buchenberger und von Brauer, Landeskommiſſar Geh. Oberregierungsrath Frech, Geh. Regierungsrath Frhr. von Rüdt, Oberbürgermeiſter Beck, die beiden Bürgermeiſter Bräunig und Martin, die Mitglieder des Stadtraths, die Stadtverordneten, die Mit⸗ glieder der Handelskammer, ſowie die Spitzen der bayeriſchen Behörden. Außer dem Feſtſchiff betheiligten ſich 18 Boote an der Fahrt, welche folgenden Weg hatte: Zuerſt neckarabwärts bis zum Floßhafen, dann rheinaufwärts in den Rheinhafen, dann zurück und rheinaufwärts bis zu der neuen Quaimauer, wo⸗ felbſt die Allerhöchſten Herrſchaften ausſtiegen, um dieſelbe auf das Eingehendſte zu beſichtigen. Von hier fuhren die Fürſtlichkeiten direkt per Wagen nach dem Schloſſe, während das Feſtſchiff weiter rheinaufwärts dampfte, um an der Landungsſtelle der Köln-Düſſeldorfer Geſellſchaft anzulegen. Ihre Königliche Hoheit die Frau Großherzogin, welche die Mannheimer Hafenanlagen ſeit langen Jahren nicht geſehen hat, ſprach wiederholt ihre höchſte Bewunderung aus über die große Ausdehnung, welche dieſe Anlagen erfahren haben. In der mit der Büſte des Großherzogs, Blumen und grünen Pflanzen geſchmackvoll dekorirten Kajüte fand während der Fahrt ein Dejeuner von 30 Gedecken ſtatt, an dem außer den Höchſten Herrſchaften und ihrem Gefolge die Spitzen der hieſigen Behörden theilnahmen. Für die übrigen Feſttheil— nehmer war ein Büffet auf dem Deck errichtet und wurde dieſem reichlich zugeſprochen. Auf dem ganzen Wege ſtand auf den beiderſeitigen Ufern ein ſehr zahlreiches Publikum, welches den Allerhöchſten Herrſchaften ſtürmiſche Ovationen bereitete. Namentlich ſandte auch die pfälziſche Bevölkerung herzliche Grüße durch Völlerſchüſſe, Hochrufe und Tücher— ſchwenken herüber. Beide Rheinufer boten in ihrem reichen Flaggenſchmuck ein äußerſt maleriſches, feſſelndes Bild, das noch erhöht wurde durch die zahlreichen in dem Rhein und dem Neckar ſowie in den Hafenanlagen ankernden, theilweiſe ſehr ſinnig geſchmückten Schiffe. Auch die verſchiedenen Ver— ladehallen u. ſ. w. hatten einen ſchönen Feſtſchmuck erhalten, namentlich fiel das Lagerhaus der Badiſchen Aktiengeſellſchaft für Rhein⸗ und Seetransport vormals J. Gutjahr durch ſeine von Herrn Tapezier Thiele erſtellte geſchmackvolle und reiche Dekoration auf. Während der Fahrt ließen ſich die Allerhöchſten Herrſchaften eine Reihe von Herren vor— ſtellen. Um 1 Uhr war die impoſante Fahrt beendigt. Für 2 Uhr war ein Großes Galadiner im Großherzoglichen Schloſſe angeſagt. Zu demſelben waren 130—140 Einladungen ergangen und zwar an Mitglieder des Stadtraths, des Stadtverordnetenvorſtands, des Denkmal⸗ comites, ferner an die Spitzen der Behörden und des Offizier— korps, ſowie an die Chefs hieſiger hervorragender Firmen und induſtrieller Etabliſſements. Gegen ½3 Uhr erſchienen die Allerhöchſten Herrſchaften in dem prachtvoll ausgeſtatteten Prunkzimmer. Zunächſt hielten das Großherzogliche und Erb— großherzogliche Paar einen eirca 1½ ſtündigen Cerele, worauf etwa um 4 Uhr das Diner begann. Nach dem dritten Gang erhob ſich Se. Königl. Hoheit der Großherzog, um in einem Toaſte die Stadt Mannheim zu feiern. Dieſer Toaſt lautete: Meine Herren! Ich erhebe mein Glas, um auf das Wohl der Stadt Mannheim zu trinken. Indem ich dies unternehme, meine Herren, gedenke ich der Dankbarkeit, welche die Stadt Mannheim in ſo erhebender Weiſe kundgegeben hat, eine hohe Tugend, die noch höher anzuſchlagen iſt, wenn ſie von ſolcher Geſinnung getragen, einen ſolchen Ausdruck empfängt, wie denjenigen, den die Stadt Mannheim gefunden hat, indem ſie dem Andenken Kaiſer Wilhelm's J. ein ſo ſchönes Denkmal errichtete. Dieſes Gefühl der Dankbarkeit iſt auf viele Generationen hinaus ein Vorbild, das hoffentlich ſeine gute Wirkung auf die Zukunft ausüben wird; ich bin deſſen vollkommen überzeugt und wir können der Stadt Mannheim dankbar ſein, daß ſie dieſes Vorbild gegeben hat. Dieſer Dankbarkeit ſchließen wir uns, die Großherzogin und ich und mein ganzes Haus von ganzem Herzen an. Iſt doch hier ein Tochterherz tief bewegt von der großen Liebe, welche dem Vater erwieſen wird noch im Grabe, und dieſe Dank— barkeit empfinde auch ich im Gedächtniß an die Vergangen— heit, die in mir ſo werthe Erinnerungen erweckt, wenn ich daran zurückdenke. Ich habe noch eine höhere Pflicht zu erfüllen, um unſern Dank auszudrücken für Alles, was Sie uns an Freundlichkeit, an Entgegenkommen erwieſen, für die Fürſorge, die Sie uns gewidmet haben in den Tagen, die wir bei Ihnen zubrachten. An dieſe Dankbarkeit ſchließt ſich der warme Wunſch, daß das Gedeihen der Handelsſtadt Mannheim ein ſtetiges ſein möge, wie ſie bisher an Kraft und Bedeutung zugenommen hat. Sie wiſſen, meine Herren, daß ſchon ſeit Jahren ich mit inniger Theilnahme Alles verfolge, was die Intereſſen dieſer wichtigen Stadt berührt. Ich brauche daher wohl nicht zu verſichern, daß es beim Alten bleiben wird und daß wir Alles aufbieten werden— ich ſage wir, die Regierung, wird Alles aufbieten—, den Bedürfniſſen der Stadt und dadurch den Intereſſen des Landes gerecht zu werden. Möge uns Alles gelingen! Hier handelt es ſich um feſtes Zuſammen⸗ wirken, um das zu erreichen, was, wie ich wünſche und hoffe, beiträgt zur Erhaltung der Größe, der Bedeutung dieſer wich⸗ tigen Stadt. Mit dieſem Wunſche, meine Herren, rufe ich aus— und, obgleich Sie Alle der Stadt Mannheim angehören, werden Sie doch gern einſtimmen, wenn ich auf Ihre Vaterſtadt ein dreifaches Hoch ausbringe— die Stadt Mannheim lebe hoch! hoch! hoch!“ Um 6 Uhr war das Diner beendigt. Um 7 Uhr Abends fand ein Empfang der Feſtjungfrauen durch die Frau Großherzogin im Schloſſe ſtatt. Derſelbe dauerte etwa zwei Stunden. Die hohe Frau unterhielt ſich mit jeder einzelnen jungen Dame, befragte dieſelben nach ihren Familienverhältniſſen und richtete auch ſonſt huldvolle Worte an ſie. 5 Das Schülerfeſt, welches geſtern Nachmittag auf dem Meßplatz ſtattfand, war trotz des ſtrömenden Regens äußerſt ſtark beſucht und verlief ohne jeden Unfall. Die Volksſpiele wurden von den Herren Lehrern Kabus, Göller und Nickel geleitet. Es war fehr ſchade, daß ein ſo ungünſtiges Wetter herrſchte, da ſich die Kinder auf dieſes Feſt ungemein gefreut hatten. * 1* Auf das bei dem am Sonntag im„Stadtpark“ ſtatt⸗ gefundene Feſtmahl an den deutſchen Kaiſer abgeſandte Telegramm iſt noch am Sonntag Abend aus Schloß Fried⸗ richshof, woſelbſt der Kaiſer zum Beſuche ſeiner Mutter weilte, folgendes Antworttelegramm eingetroffen: Oberbürgermeiſter Beck Mannheim. Ich ſende der heutigen Feſtverſammlung meinen kaiſer— lichen Dank für den ſchönen Ausdruck patriotiſcher Geſinnung! Ich beklage aufrichtig, der erhebenden Feier nicht habe bei⸗ wohnen zu können im Mittelpunkt einer Bevölkerung, deren national⸗deutſche Geſinnung in der Treue zu Kaiſer und Reich mein volles Vertrauen beſitzt. Gott ſchütze Baden und an ſeiner Spitze ſeine Königliche Hoheit den Großherzog. Wilhem J. R. ** Zwei monumentale Brunnen ſollen zur Rechten und zur Linken des Denkmals im Schloß⸗ hofe errichtet werden. Herr Stadtrath Herſchel, von welchem die Stiftung herrührt, die jetzt mit den Zinſen etwa Mark 60,000 beträgt, hat Herrn Profeſſor Eberlein mit der Herſtellung von Entwürfen beauftragt und ſo ſteht bei der Meiſterhand des Künſtlers zu erwarten, daß dadurch Mannheim ein neuer Schmuck, dem Standbild und dem Cha⸗ rakter unſeres Schloſſes entſprechend, gegeben wird. ** * Der Großherzog iſt heute früh kurz nach 7 Uhr nach Berlin abgereiſt. Ihre Königlichen Hoheiten die Frau Groß herzogin ſowie das Erbgroßherzogliche Paar werden erſt heute Abend um 7 Uhr Mannheim verlaſſen. ** * Die Kronprinzeſſin von Schweden und Norwegen iſt vor— geſtern Nachmittag halb 3 Uhr mit den beiden Prinzen Guſtav Adolf und Wilhelm nach Baden-Baden abgereiſt, während der Kronprinz ſich Abends halb 10 Uhr dahin begab. ** * Unſerem geſtrigen Berichte über den Denkmals-Enthül⸗ lungsakt iſt noch die kurze Anſprache des Herrn Bezirksthier— arztes Dr. Fuchs hinzuzufügen, welche derſelbe kurz vor dem Schluß der erhebenden Feier hielt. Dieſe ſchon geſtern er— wähnte Anſprache lautet: Feſtgenoſſen! Wir können dieſe erhebende hochpatriotiſche Feier nicht würdiger beſchließen als durch den aus tief— bewegtem Herzen zum Himmel aufjauchzenden Jubelruf: Seine Kgl. Hoheit der Großherzog, der Vater des Vater— landes, und das ganze Großherzogliche Haus ſie leben hoch, hoch, hoch! 5 ** * Auszeichnungen. Der Großherzog hat den Orden vom Zähringer Löwen verliehen, und zwar: 1. das Kommandeurkreuz 2. Klaſſe: dem Landeskommiſſär Geheimen Oberregierungsrath Albert Frech und dem Oberbürgermeiſter Otto Beck in Mannheim; 2. das Ritterkreuz 1. Klaſſe: dem Bildhauer Guſtav Eberlein in Berlin. * 4* Mannheim, 16. Oktober. Die Abreiſe des Erbgroßherzoglichen Paares erfolgte geſtern Abend um 6 Uhr 53 Minuten, während die Frau Großherzogin Abends um 9 Uhr 30 Minuten Mannheim verließ. Sowohl bei der Abfahrt des Erbgroßherzog— lichen Paares als bei der Abreiſe der Frau Großher— zogin fand auf ſpeziellen Wunſch der Allerhöchſten Herrſchaften keine offizielle Verabſchiedung ſtatt, nur einige Herren, denen dieſer Wunſch der Herrſchaften nicht bekannt geworden war, hatten ſich auf dem Bahnhofe eingefunden. Das auf dem Bahnhofsperron verſammelte zahlreiche Publikum brachte den abfahrenden fürſtlichen Gäſten begeiſterte Ovationen, für welche die Allerhöchſten Herrſchaf— ten auf das Huldvollſte dankten. Herr Landeskommiſſär Geh. Oberregierungsrath Frech, Herr Geh. Regierungsrath Frei— herr von Rüdt und Herr Oberbürgermeiſter Beck waren geſtern Abend mit ihren Frau Gemahlinnen noch einmal ins Schloß beſchieden worden. Ueber die Beſuche und Beſichtigungen von Fabriken und Wohlthätigkeits⸗Inſtituten durch die Allerhöchſten Herrſchaften am geſtrigen und vorgeſtrigen Tage liegen uns folgende Be— richte vor: 8 Oelfabrik. Um 8 Uhr traf der Großherzog in Begleitung des Erbgroßherzogs, des Freiherrn von Babo, des Herrn Mi⸗ niſter Eiſenlohr, des Herrn Oberſt von Müller, ſo⸗ wie den Spitzen der Behörden und der Mitglieder des Stadt— rathes zur Beſichtigung der Fabrik des Vereins deutſcher Oelfabriken am Lindenhof ein. An dem reich dekorirten Directionsgebäude von Mitgliedern des Aufſichtsraths und der Direction empfangen, nahmen die hohen Herrſchaften zuerſt die reichhaltige, geſchmackvolle Ausſtellung der Rohpro— dukte und Fabrikate in Augenſchein, beſuchten ſodann die Fabrik— die in vollem Betriebe war— unter der Führung der Direction, der Herrn Gerbel und Kloſtermann, ſich mit warmem Intereſſe nach allen Einzelheiten des Be⸗ triebs erkundigend. Beim Austritt aus der Betriebsmaſchi⸗ nenhalle wurde von dem inzwiſchen im Hofraum aufgeſtellten Bnreauperſonal und den Arbeitern ein lebhaftes Hoch ausge— bracht, wofür der Großherzog in ſeiner bekannten, gewinnen⸗ den Art herzlich dankte, indem er ſich gleichzeitig mit einer Anzahl von Arbeitern in huldvollſter Weiſe unterhielt. Um 9 ¼ Uhr verließen die hohen Herrſchaften das Etabliſſement uuter wiederholten Hochrufen des verſammelten Perſonals. Nach allen Aeußerungen der hohen Herrſchaften darf ange— nommen werden, daß dieſelben von dem Beſuch der Fabrik ſehr befriedigt waren. Beſuch bei der Mannheimer Maſchinenfabrik Mohr u. Federhaff. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und der Erb⸗ großherzog mit hohem Gefolge wurden an dem hübſch ge⸗ zierten Eingange der Fabrik vom Herrn Kommerzienrath Mohr empfangen und nach Vorſtellung der Söhne des Letzteren und der drei Prokuriſten zunächſt in das neue Bureaugebäude geleitet, wo das kaufmänniſche Bureau und dann das eine Treppe höher liegende techniſche Konſtruktions— bureau einer kurzen Beſichtigung unterworfen wurde. Zum Aufgang in dieſes obere Stockwerk wurde von dem Großherzog und dem Erbgroßherzog unter Führung des Herrn Commerzienrath Mohr der hydrauliche Perſonen-Aufzug benutzt, deſſen ſehr ſinnigen Sicherheits-Thürverſchlüſſe Ihren Königlichen Hoheiten ſichtliches Intereſſe erweckten. Nach kurzer Einſichtnahme von den neuen hübſchen Bureaulokali⸗ täten wurde der Gang in die Werkſtätten über die eiſerne Verbindungsbrücke angetreten, um zunächſt in die im oberen Stockwerk liegende Abtheilung des Waagenbaues zu gelangen, woſelbſt in einer großen Reihe alle Arten theils fertige, theils in Ausführung begriffene Waagen aufgeſtellt waren. Hier wurde auch die elektriſche Signal⸗Einrichtung, welche von allen Sälen der Fabrik nach dem Maſchinenhaus führt und zum raſchen Abſtellen der Maſchine dient, in Thätigkeit geſetzt. Nachdem ſodann in die anſtoßende Abtheilung des Krahnenbaues eingetreten war, wo die lange Maſchinenhalle einen impoſanten Anblick ge⸗ währte, nahmen die Hohen Herrſchaften den Weg nach dem unteren Waagenbau, woſelbſt insbeſondere die Material- prüfungsmaſchinen, die von der kleinſten Draht⸗ bis zur größten Eiſen- und Drahtſeil-Prüfungsmaſchine zur Aufſtellung gelangt waren, den Hauptgegenſtand des Intereſſes bildeten. In einer größeren Maſchine, durch die Transmiſſion in Bewegung geſetzt, war zur Veranſchaulichung der Proben ein ſtarker Rundeiſenſtab aufgenommen und wurde von Herrn Commerzienrath Mohr der Vorgang des Zerreißens ein⸗ gehend erläutert und die Probe ſelbſt bis zum Bruch des Stabes durchgeführt, welche Verſuche Ihre Königl. Hoheiten und die hohen Offiziere mit ſichtlicher Aufmerkſamkeit verfolgten. Mannheim, 18. Oktober. Nach dieſen auch für den Laien ſehr anregenden Vorführungen wurden die Hohen Herrſchaften durch die lange Maſchinenhalle geleitet, wo ſich Seine Königl. Hoheit u. A. auch mit den Meiſtern und mit verſchiedenen Arbeitern der Fabrik in freundlichſter Weiſe unterhielt, um dann in die Montagehalle der Krahnen einzutreten. Hier wurde zunächſt der große elektriſch betriebene Portalkrahn, der bekanntlich für den hieſigen neuen Rheinhafen beſtimmt iſt, den hohen Herrſchaften im Be— trieb vorgeführt und beſtieg der Großherzog ſelbſt den Krahn, um ſich, nachdem Herr Commercienrath Mohr die Eigenthümlichkeiten der neuen Conſtruction näher erläutert hatte, von der flotten Function und der Einfachheit der Hand— habung ſelbſt zu überzeugen. Neben anderen Krahnen befand ſich in dieſer Halle noch ein großer impoſanter Dampfkrahn, welcher für Hamburg beſtimmt ſein ſoll, der ebenfalls im Betrieb gezeigt wurde. Zum Schluß wurde noch die elektriſche Station beſichtigt und die Fabrik-Feuerwehr allarmirt, wobei ſich Seine Kgl. Hoheit mit dieſer und mit mehreren Arbeitern, die ſich inzwiſchen an dem Fabrikeingang geſammelt hatten, in leutſeliger Weiſe unterhielt. Die Zeit war leider zu kurz, um auch die übrigen Fabrik-Abtheilungen noch einer Beſichtigung unterziehen zu können. In ein von Herrn Commereienrath Mohr ausgebrachtes Hoch auf den Groß— herzog und das geſammte Großherzogliche Haus ſtimmte das verſammelte Perſonal kräftig ein und fuhren die hohen Herr— ſchaften, nachdem ſich ſolche ſehr befriedigt über das Geſehene ausgeſprochen hatten, nach der Neckarbrücke, wo die Rhein- fahrt ihren Anfang nahm. Städtiſcher Viehhof. Gegen ½¼ 10 Uhr traf der Erbgroßherzog auf dem ſtädtiſchen Viehhofe ein. Am Eingange desſelben hatten die Herren Verwaltungsrathsmitglieder Bürgermeiſter Martin, die Stadträthe Groß, Freitag und Baſſermann, Herren Emil Hirſch, Ernſt Lemmert, ſowie Hr. Direktor Fuchs und Herr Caſſier Geiger Aufſtellung genommen. Herr Direktor Fuchs hielt eine kleine Anſprache an den hohen Herrn, worauf derſelbe die Viehhofanlagen auf das Eingehendſte beſichtigte. Der Erbghroßherzog ſprach ſich äußerſt lobend und anerkennend über die großartige Anſtalt aus. Die Führung hatten die Herren Oberbürgermeiſter Beck und Direktor Fuchs übernommen. Der Viehhof war geſchmack— voll geziert. Der Aufenthalt dauerte etwa ¼ Stunden. H. Engelhard, Tapetenfabrik. Der Erbgroßherzog traf gegen 11¼ Uhr in der Ta⸗ petenfabrik von H. Engelhard ein, wo er von den beiden Firmeninhabern, den Herren Robert und Emil Engelhard, den Beamten und den im Hofe verſammelten Arbeitern empfangen wurde. Letztere ſangen zur Begrüßung ein Lied, worauf S. K. Hoheit ſich das Comptoirperſonal und die Be— triebsbeamten vorſtellen ließ und mit denſelben freundliche Worte wechſelte. Auch eine Anzahl Arbeiter, beſonders die durch die ſilberne Verdienſtmedaille ausgezeichneten Veteranen, wurden durch huldvolle Anſprachen geehrt. Es folgte darauf ein Rundgang durch die verſchiedenen Druckſäle und ſonſtigen Arbeitsräume, in denen die Herſtellung der Tapete von dem Entwerfen und Graviren der Muſter an bis zu dem Abrollen der in den Handel kommenden Stücke gezeigt wurde. S. K. Hoheit zeigte ein eingehendes Intereſſe für alle einzelnen Sta— dien der Fabrikation, Maſchinen und Einrichtungen und äußerte ſich ſehr ſchmeichelhaft über die Fabrikate der Firma, die in einer kleinen Ausſtellung zuſammengeſtellt waren. Nach beendigtem Rundgang ſang der Geſangverein der Arbeiter zum Abſchied einen Vers des„Deutſchen Liedes“. S. K. H. dankte herzlich und verabſchiedete ſich in der liebenswürdigſten 2 von den Inhabern 8 5 Firma, ihren Beamten und Ar- eitern und verließ unter brauſenden Hochrufen gegen 12 Uhr die Fabrik.. 8 Armaturenfabrik Bopp& Reuther. Nachmittags 2½ Uhr traf der Erbgroßherzog in dem Fabrik⸗Etabliſſement der Firma Bopp& Reuther ein. Der Firmemmhaber Herr Reuther hieß S. Kgl. Hoheit willkom⸗ men. Derſelbe ließ ſich die Beamten ſowie den Arbeiter- vorſtand vorſtellen und wurden viele derſelben, namentlich der Letztere, durch huldvolle Worte ausgezeichnet. Begleitet durch Herrn C. Reuther nahm S. Kgl. Hoheit von ſämmt⸗ lichen Fabrilräumen, als der Eiſen⸗ und Metallgießerei, Schreinerei, Maſchinen- und Montirungswerkſtätte, Metall⸗ dreherei und Abtheilung der Waſſermeſſerfabrikation und den Bureaux Einſicht und dauerte der Beſuch infolge des großen Intereſſes, welches S. Kgl. Hoheit für die verſchiedenen Fabrikationszweige und die hiezu vorhandenen Spezial- einrichtungen zeigte, nahezu 1½ Stunden. S. Kgl. Hoheit hatte auf dem Rundgange ſich mit zahlreichen Arbeitern huldvollſt unterhalten und wird den Betreffenden der heutige Tag ſicher in beſonders angenehmer Erinnerung bleiben. Vor dem Abſchiede brachte Herr C. Reuther unter Dankes⸗ erſtattung für den ehrenden Beſuch auf S. Kgl. Hoheit ein Hoch aus, in welches ſämmtliche Fabrikangehörige mit wahrer Begeiſterung einſtimmten. Benz& Co., Rheiniſche Gasmotoren-Fabrik. Der Erbgroßherzog traf um 4 Uhr ein. Am Portal der Fabrik wurde derſelbe von den Inhabern, der Herren Carl Benz, Fr. v. Fiſcher und Julius Ganß begrüßt und nach ſtattgefundener Vorſtellung zuerſt im die Motoren-Abtheilung geleitet, woſelbſt eine große Anzahl Gas⸗ und Ligroin-Motoren von allen Pferdeſtärken in Betrieb beſichtigt wurden. Alsdann beſichtigte Seine Königl. Hoheit mit großem Intereſſe die einzelnen Abtheilungen dieſer Fabrikation, wobei er ſich mit verſchiedenen Arbeitern auf das Leutſeligſte unterhielt und ſich über Alles eingehend erkundigte. Von hier aus wurde Se. Kgl. Hoheit in die Abtheilung der Motorwagen geleitet und wurden demſelben fünf Motorwagen in den verſchiedenen Modellen im Fabrik⸗ hofe in Thätigkeit vorgeführt. Auch dieſe Spezialität der Fabrik nahm das volle Intereſſe Sr. Kgl. Hoheit in Anſpruch und ließ ſich derſelbe den Mechanismus in allen einzelnen Theilen, ſowie die Bauart der Wagen, die Lenkvorrichtung u. ſ. w. eingehend erklären. Nach„½eſtündigem Aufenthalt verabſchiedete ſich Se. Kgl. Hoheit mit den beſten Wünſchen für das fernere Gedeihen dieſes Unternehmens. Weſpin⸗Stiftung. Um halb 10 Uhr erfreuten die Frau Großherzogin und die Frau Erbgroßherzogin die Weſpin-Stiftung mit ihrem Beſuche. In ihrer Begleitung waren die Hofdamen Fräulein v. Gayling, Fräulein v. Kageneck, Freiherr von Edelsheim, Freiherr von Holzing und der geheime Kabinetsrath Herr von Chelius. Bei ihrer Ankunft wurden die hohen Herr⸗ ſchaften von den Stiftungsräthen Stadtrath Herſchel, Stadtrath Kaltenthaler und Hauptlehrer Banſpach empfangen und dieſe dann durch Hrn. Bürgermeiſter Bräunig Ihren Königl. Hoheiten vorgeſtellt. Im Konferenzzimmer ließ ſich die Frau Großherzogin Mittheilung über die Geſchichte der Anſtalt machen und ging betreffs der Einrichtung in ihren Fragen auf alle Einzelheiten ein. Im Speiſeſaal wurde ſie von den Zöglingen mit einem Vortrag zweier Gedichte be⸗ grüßt, wobei ſie einen der kleinen Burſchen, der etwas ſtecken blieb, aufs Liebenswürdigſte tröſtete und ihm ſogar ſoufflirte. Nach Beſichtigung aller Räumlichkeiten ſprach die Großher⸗ zogin ihre volle Zufriedenheit über das Ganze aus und ver⸗ ließ unter jubelndem Hoch der Waiſen das Weſpinhaus, in welchem ihr freundliches Bild unvergänglich bleiben wird. Mannheim, 18. Oktober. General-Anzeiger. 5. Seite. Luiſenſchule. An den Beſuch der Wespin⸗Stiftung ſchloß ſich unmittel⸗ bar der Beſuch in der Luiſenſchule an. Nachdem Herr Hoch— bauinſpektor Uhlmann über das Gebäude referirt hatte, betraten die Hohen Herrſchaften den ſchönen Aulaſaal und wurden mit einem Geſang der Schülerinnen der oberen Mädchenklaſſen unter Leitung des Herrn Hauptlehrer Bohn begrüßt, worauf eine Schülerin, Namens Hibſchenberger ein von Herrn Hauptlehrer Banſpach verfaßtes Gedicht vortrug, über welches Ihre Königliche Hoheit dem Dichter gegenüber ihre Freude in der gütigſten Weiſe ausſprach. Frau Stadtpfarrer Hitzig, als Vorſteherin des Frauenvereins, ſtellte hierauf die Damen dieſes Vereins, ſowie die Arbeitslehrerinnen der Großherzoginn vor, und der Rektoratsvertreter, Herr Hoffmann, übernahm dieſes Amt bei der Erbgroßherzogin. ie vorgelegten Handarbeiten und die entſprechenden Zeich— nungen fanden großen Beifall und ſprach dies die Frau Großherzogin den Lehrerinnen wiederholt aus. Die verſchiedenen Knabenhorte, von denen Ihre Königl. Ho— heit mit Geſang und einem Gedichte begrüßt wurde, hatten ſehr hübſche Arbeiten ausgelegt und die Abtheilung, welche gerade in Thätigkeit war, bot ein recht heiteres Bild. Nach der Vorſtellung von Mitgliedern des Stadtraths und der Schulkommiſſion verließen die hohen Herrſchaften die Luiſen⸗ ſchule, die den Namen der geliebten Fürſtin trägt und in deren Sinn gelehrt und gelernt werden ſoll. Wöcherinnen⸗Aſyl. Vormittags beſuchte die Frau Großherzogin das unter dem Protektorate der hohen Frau ſtehende Wöchnerin⸗— nenaſyl. Von den Vorſtandsdamen und dem dirigirenden Arzte, Herrn Dr. Meermann, empfangen, beſichtigte die Fürſtin die Anſtalt in allen ihren Räumen und unterhielt ſich in huldvoller Weiſe mit den zahlreichen Wöchnerinnen. Die hohe Protektorin ſprach ihre Befriedigung über die in jeder Beziehung erfolggekrönten Reſultate der Anſtalt aus, welche, wie für eine Reihe außerbadiſcher Entbindungsanſtal⸗ ten, auch für die gut gedeihende Karlsruher Anſtalt Anlaß und Vorbild gegeben habe; auch in Baden-Baden und Kon— ſtanz wolle die hohe Frau, wie ſie ſagte, Anregung geben, ähnliche Anſtalten in kleinerem Style ins Leben zu rufen. Zur Vertheilung an die anweſenden Wöchnerinnen über— ſandte die hohe Frau eine größere Summe, deren Uebergabe durch die Präſidentin, Frau Geh. Ober⸗Reg.⸗Rath Frech, begeiſterten Dank und Glück hervorrief. Höhere Mädchenſchule. Dienſtag Nachmittag ½3 Uhr beſuchte die Frau Gro ß⸗ herzogin die höhere Mädchenſchule. Sie wurde zunächſt von dem Direktor und dem Lehrperſonal feſtlich empfangen und ſodann von den Schülerinnen der unterſten Klaſſe mit einigen im Chor geſprochenen poetiſchen Worten begrüßt. Sie ließ ſich ſämmtliche Lehrer und Lehrerinnen vorſtellen und richtete an Alle liebenswürdige Worte. Ebenſo unter— hielt ſie ſich dann mit einer größeren Anzahl der jüngeren Mädchen auf's Huldvollſte und nahm von ihnen Veilchen⸗ ſträuße entgegen. Im Prüfungsſaale trat ihr eine Schülerin der erſten Klaſſe mit einer kleinen Begrüßungsrede entgegen und überreichte ihr einen Strauß Theeroſen, den Ihre Kgl. Hoheit mit ſichtlicher Freude in Empfang nahm. Dann hörte dieſelbe zwei Strophen eines mehrſtimmigen Liedes an und ſprach mit vielen Schülerinnen auf's Freundlichſte unter öfterer Bezugnahme auf die Enthüllungsfeier. Zum Schluß dankte der Direktor der Anſtalt Ihrer Königlichen Hoheit für die der Schule zu Theil gewordenen Auszeichnung, worauf die hohe Frau allen Lehrerinnen und Lehrern die Hand reichte und ihnen dankte für die, wie ſie ſagte,„ſchöne und bewegte Stunde“, die ſie hier zugebracht habe. Ihre Königl. Hoheit war begleitet von Frau Oberhofmeiſterin v. Holzing und den Herren Oberhofmeiſter v. Edelsheim' und Legations— rath v. Chelius. Iſraelitiſches Kranken- und Pfründnerhaus. Die Ankunft der Frau Großherzogin erfolgte Nachmittags 2% Uhr. Die hohe Frau wurde von dem Präſidenten des Synagogenrathes, Herrn Oberrath Bensheim, dem Vor⸗ ſitzenden der Verwaltungscommiſſion, Herrn Oberrath Dr. Staadecker und dem Hausarzte Herrn Dr. Kahn begrüßt und in die feſtlich dekorirten Empfangsräumlichkeiten geleitet. Nachdem die Mitglieder des Synagogenrathes und der Ver— waltungs⸗Commiſſion der hohen Frau vorgeſtellt waren, be— grüßte Höchſtdieſelbe die Oberin der Anſtalt und die Schwe⸗ ſtern ſowie das Perſonal und geruhte unter Führung des Herrn Dr. Kahn das obere Stockwerk des durchaus umge- bauten Hauſes in Augenſchein zu nehmen. Insbeſondere in⸗ tereſſirte ſich die Frau Großherzogin für das neue Treppen⸗ haus und die kleine Gartenanlage und ſprach ſich in warm lobenden Worten über die beſichtigten Krankenzimmer aus. Für jedes der Inſaſſen derſelben hatte die hohe Frau ein freundliches Wort, für alle Anweſenden den Ausdruck warmen Dankes. Mit herzlichen Segenswünſchen für die Anſtalt ver— ließ die Frau Großherzogin das Haus unter Dankesworten des Vorſtandes und Hochrufen auf unſere Landesmutter und das großherzogliche Haus. Katholiſches Bürgerhoſpital. Um 5 Uhr fuhr die Frau Großherzogin in Begleitung der Herren von Chelius und von Schönau ſowie der Frau von Holzing und des Herrn Bürgermeiſters Bräu— nig vor dem katholiſchen Bürgerhoſpital an, woſelbſt die hohe Frau von dem Stiftungsrathe und dem Verwalter empfangen wurde. Frl. Franziska Neumann begrüßte die Großherzogin unter Ueberreichung eines prachtvollen Bouquets, worauf ſich die Fürſtin ſämmtliche Anweſenden vorſtellen ließ. Hierauf folgte unter Führung des Stiftungsrathes und der Verwaltung ein Rundgang durch ſämmtliche Räume der Anſtalt und ſprach ſich die Großherzogin über die Einrichtung und das geſammte Hausweſen ſehr lobend aus; ſie bezeich— nete das Haus als eine Muſteranſtalt. Schließlich beſuchte ſie auch noch die Kirche des Bürgerhoſpitals, welche aus dieſem Anlaß feſtlich beleuchtet war und woſelbſt die hohe Frau bei ihrem Eintritt mit Orgelklang empfangen wurde; ſowohl bei ihrem Eintritt als beim Weggehen aus der An⸗ ſtalt läuteten die Glocken der Spitalkirche. Chemiſche Fabrik Wohlgelegen. Der Beſuch des Erbgroßherzogs dauerte faſt 2 Stunden; in Begleitung ſeiner Königl. Hoheit befanden ſich der Herr Geh Oberregierungsrath Frech, Herr Oberbürgermeiſter Beck, Herr Handelskammer⸗Präſident Geh. Commerzienrath Diffené, ſowie der Major im Generalſtab und Adjutant Herr Wäncker von Dankenſchweil. Zum Empfang waren vor dem neuen Badehaus verſammelt als Vertreter des Aufſichtsrathes Herr Dr. Adolf Clem m, der Vorſtand der Geſellſchaft Herren Dr. Schneider, A. Grumbach und Dr. Haſenbach, die hieſigen Beamten des Vereins chemiſcher Fabriken, ſowie die große Anzahl derjenigen Ar⸗ beiter, welche 25 Jahre und mehr in Dienſten der Geſellſchaft ſtehen. Der älteſte noch thätige Arbeiter iſt 64 Jahre in Dienſten dieſer Geſellſchaft. Auf dem linken Flügel der Vir⸗ ſammlung war die Fabrik⸗Feuerwehr in ihrer ſchmucken Uni⸗ form aufgeſtellt, gegenüber ſtanden hunderte von Arbeiter- Kindern der Fabrik Wohlgelegen. Obgleich die Fabrik erſt kurz vorher benachrichtigt war, daß ſie die Ehre des Höchſten Beſuches zu erwarten habe, und es den ganzen Tag regnete, ſo war die Fabrik doch auf's Geſchmackvollſte geſchmückt und in allen Theilen vom freundlichſten Ausſehen. Seine Königl. Hoheit trafen gegen 5 Uhr in Wohlgelegen ein und wurden dort von Herrn Director Dr. Schneider Namens der Ge— ſellſchaft, des Vorſtandes, der Beamten und insbeſondere auch Namens der Arbeiter begrüßt und willkommen geheißen, Ihm Aller Dank für die hohe Gnade ſeines Beſuches ausgeſprochen und hierauf ein dreifaches, von den Anweſenden begeiſtert aufgenommenes Hoch ausgebracht, welches von der Arbeiter- Muſik der Wohlgelegener Feuerwehr mit einem Tuſch be— gleitet wurde. Von Fräulein Elſe Schneider, der Tochter des Herrn Central-Directors, wurde mit innigen Worten Seiner Königl. Hoheit ein Roſenbouquet überreicht, welches Hochderſelbe gnädigſt für Ihre Königl. Hoheit die Frau Erbgroßherzogin anzunehmen geruhten. Seine Königl. Hoheit ſprach ſich über den Empfang in gnädigſter, freundlichſter Weiſe auf das Anerkennendſte aus, ließ ſich die Vorſtandsmitglieder, die älteren Beamten ſowie die geſammten alten Arbeiter vorſtellen, mit jedem Sich in Seiner herzgewinnenden Weiſe unterhaltend, und ſchritt dann die Front der Feuerwehr ab, auch hier die Chargen und ebenſo die dekorirten Leute und alten Soldaten mit Anreden auszeichnend. Mit großem Intereſſe und hoher Sachkenntniß beſichtigte Seine Königl. Hoheit ſodann das Badehaus und die Fabrik-Anlagen. Die vielen in der Welt bekannten Pro— dukte des Vereins waren in einem der Arbeiterſäle auf das Prächtigſte und Ueberſichtlichſte aufgeſtellt und geſchmackvoll von Tapezier Hitſchfel dekorirt. In der Fabrik wurden die chemiſchen Prozeſſe ſelbſt von den Herren Betriebsführern und den Aufſehern, die theils in ihrer Feuerwehr-Uniform erſchienen waren, vorgeführt und erläutert. Eingehend be— ſichtigte Seine Königliche Hoheit die Sodafabrikation, die Fabrikationen von Chloroform und Aether, Chlorkalk und Antichlor, der hochgrädigen Säuren, aber auch die Thonerde-, Magneſia-, Antiſebrin- und andere Fabrikationen, ſowie die umfangreichen Werkſtätten des Etabliſſements, von den einzelnen Arbeiter-Gruppen überall mit lebhaften Hochs empfangen. Mit Einbruch der Dunkelheit gingen zwei Feuer— wehrleute mit Fackeln Seiner Königl. Hoheit mit Gefolge, welches ſich mittlerweile zu einem anſehnlichen Zug geſtaltet hatte, voran und ebenſo waren beim Austritt aus der Fabrik bei den Wagen Feuerwehrleute mit Fackeln gruppirt, was einen recht feierlichen Eindruck machte. Seine Kgl. Hoheit erkundigte ſich am Schluſſe der Beſichtigung noch eingehend und vielfach über die Verhältniſſe der Arbeiter, über die Beziehungen von Arbeitgeber zu Arbeitnehmer, über Wohl— that und Einfluß der Bade-Einrichtung auf den Arbeiter und vieles Andere, dankte für den freundlichen Empfang, ſprach ſich durchaus anerkennend über die Leiſtungen der Geſellſchaft und ihrer Arbeiter aus und verließ gegen 6½ Uhr mit einem „Auf Wiederſehen“ die Fabrik, bei der Abfahrt von den donnernden Hochs der vielen Anweſenden begleitet, in welche die Muſik mit einem Tuſch einfiel, an den ſich ein flott ge— ſpielter Marſch anſchloß. Beſuch des Evangeliſchen Hoſpitals. Die Frau Großherzogin beſuchte gegen ½%6 Uhr das Ev. Bürger-Hoſpital in Begleitung der Herren von Chelius und von Schönau ſowie der Frau von Holzing unter Führung des Herrn Bürgermeiſters Bräunig. Die hohe Frau wurde empfangen von dem Stiftungsrath und dem Hausarzt Herrn Pr. Staudt ſowie von Frau Verwalter Weinmann. Die Frau Großherzogin ließ die Anweſenden vorſtellen, und die Tochter des Hauſes Fräul. Anna Wein⸗ mann überreichte mit herzlichen Worten einen Blumenſtrauß, worüber die hohe Frau ſehr erfreut war. Der Beſuch zur Frauenabtheilung unter Führung der Frau Verwalter folgte ſofort, die älteſte 85jährige Pfründnerin Wittwe Pfeiffer überreichte Ihre Kgl. Hoheit ebenfalls Blumen und jede der Frauen wurde mit Anxeden beehrt. Die Männer hatten ſich insgeſammt auf dem Vorplatz des 3. Stockes verſammelt, wo die hohe Frau mit denſelben freundliche Worte wechſelte und ſich auch den älteſten 80jährigen A. Breitenbücher vor⸗ ſtellen ließ. Kleinkinderſchule auf der Neckarſpitze. Unter die Anſtalten, welche Ihre Königl. Hoh. die Frau Großherzogin mit Allerhöchſtem Beſuche beehrten, gehört auch die von der Generaldirektion der Staatseiſenbahnen errichtete Kleinkinderſchule auf der ſogenannten Kolonie bei der Neckar— ſpitze. Am Nachmittag des Dienſtags ſah die ganze Be— wohnerſchaft der Kolonie, welche aus über 700 Seelen be— ſteht, in freudigſter Feſtſtimmuug der Ankunft der erhabenen Fürſtin entgegen. Dieſelbe kam gegen halb vier Uhr mit hohem Gefolge in Begleitung des Herrn Bürgermeiſters Bräunig an und wurden von den Herren Oberbetriebsin— ſpektor Scheyrer und Güterinſpektor Pfeiffer ehr⸗ furchtsvollſt empfangen. Zunächſt erfolgte die Vorſtellung des zur Aufſicht über die Schule berufenen Damenkomites durch erſtgenannteu Oberbeamten. Ihre Königliche. unterhielt ſich nun einige Zeit mit jeder einzelnen Dame. Seitens der Hilfsdame Fräulein L. Scheyrer und zweier Kinder wurden Blumenbouquets überreicht und huldvollſt angenommen. Die Lehrerin Liſette Burkart zeigte hier⸗ auf, mit welcher Liebe und Ausdauer ſie die 64 zur Zeit die Schule beſuchenden Kinder leitet, anlernt und beſtens beauf— ſichtigt. Nach Anhörung von Vorträgen, Geſängen und kind— lichen Spielen, ſprach die Frau Großherzogin zunächſt Frau Scheyrer Ihre Allerhöchſte Anerkennung aus über den ausgezeichneten Zuſtand der Schule, aller Einrichtungen, namentlich wurde der ſchöne praktiſche Bau gelobt und be— tont, welche wahre Wohlthat die Großh. Regierung durch deſſen Errichtung den Angeſtellten der Eiſenbahnverwaltung erwieſen habe. Nach halbſtündigem Aufenthalt verließ die hohe Frau unter den begeiſterten Hochrufen aller Verſam⸗ melten mit dem Ausdrucke des Allerhöchſten Dankes für das Geſehene, die Schule. Es wird dieſer ſchöne Tag in den Herzen der Kinder wie in jenen aller ſonſtigen Anweſenden niemals vergeſſen werden. Volksküche. Zu den öffentlichen Wohlfahrtsanſtalten, welche ſich ſeit Jahren der freundlichen Aufmerkſamkeit J. K. H. der Groß⸗ herzogin bei einem Aufenthalt in hieſiger Stadt berühmen dürfen, gehört auch die vom Frauenverein geleitete Volksküche in G 4, 5. So auch am 16. d. Mts. wieder. Kurz vor 12 Uhr fuhren die Großherzogin mit der Erbgroßherzogin mit Gefolge, geführt von Herrn Bürgermeiſter Bräunig, als dem Vorſitzenden der Städtiſchen Stiftungskommiſſion, vor dem Hauſe an und nahm huldvoll den von der Vorſitzenden der die Küche betreibenden Vereins-Abtheilung II angebotenen Roſenſtrauß entgegen. Ein ähnlicher Strauß wurde ihrer hohen Schwiegertochter dargebracht. Die Anſtalt war auf ausdrücklichen Wunſch der hohen Frau in vollem, ungeſtörtem Betrieb und ein kräftiges Hoch der bereits zahlreich anweſenden Gäſte überraſchte dieſelbe ſichtlich zur großen Freude, bei Be— treten des Speiſeſaales. Mit völliger Sachkenntniß und regem Intereſſe erkundigte ſich die Großherzogin nach dem Betrieb und den Erfolgen der Küche, dabei die Vorſtands⸗ wie die gerade dienſtthuenden Damen und das Perſonal in liebenswürdigſter Weiſe anſprechend, befragend und anregend. Mit großer Befriedigung vernahm auch die edle Beſchützerin des Frauenvereins die Mittheilung von der beabſichtigten Verlegung der Volksküche in ein zweckdienlicheres, ge⸗ räumigeres Lokal, welches eine Ausdehnung des Betriebes und Einrichtung eines eigenen Eßzimmers für Beſucher weib⸗ lichen Geſchlechts u. dgl. m. geſtatten wird. Die Tagesſpeiſen — Brodſuppe, Sauerkraut, Kartoffelbrei und warme Würſtchen — fanden nicht allein den Beifall der hohen Beſucherin und des Gefolges beim Betrachten, ſondern auch beim Verkoſten und dieſes wieder beſchränkte ſich keineswegs auf einige wenige herrkömmliche Biſſen. Es ſchmeckte offenbar gut. Indeſſen hatte die Mittagsſtunde eine immer wachſende Menge von Einkehrenden gebracht, ſo daß ſich die Groß— herzogin an dem Anblick regſter Nachfrage und emſigſter Thätigkeit der Küchenleitung, mit einem Wort, an dem ganzen Segen unſerer Mannheimer Volksküche erfreuen konnte. Nach längerem Verweilen und nach Betonung vollſter Zufriedenheit verließen die beiden hohen Frauen die— ſelbe, um weitere Beſuche noch zu machen, geleitet von den froh bewegten, Dank erfüllten Mitgliedern des Vorſtandes. Aber nicht minder dankbar erkannten die anweſenden Gäſte die Beſtrebungen unſerer fürſtlichen Frauen für die Wohlfahrt und Beſſerſtellung der Minderbemittelten und die ehrende Bethätigung dieſer Geſinnungen durch den Beſuch der Volks- küche an, das bewieſen die herzlichen, lauten Hochrufe, als Großherzogin und Erbgroßherzogin den Speiſeſaal verließen und nochmals als die Wagen den allverehrten hohen Beſuch entführten. Frauenarbeitsſchule. Die Erbgroßherzogin beſuchte Dienſtag 4 Uhr Nachmittags die Frauenarbeitsſchule und wurde vom Vorſtande der die— ſelbe leitenden Frauenvereinsabtheilung II empfangen, ſowie von einer Schülerin durch Ueberreichung eines Roſenſtraußes begrüßt. Die Schule war in voller Thätigkeit und die Erb⸗ großherzogin nahm mit großem Intereſſe Kenntniß von der Thätigkeit der verſchiedenen Klaſſen, welche im Hand- und Maſchinennähen, Kleidermachen und Putzmachen großen Fleiß zeigten. Auch eine kleine Ausſtellung trefflich ausgeführter Arbeiten aus dem ganzen Unterrichtsgebiete fanden den vollen Beifall der hohen Frau. Die Damen des Abtheilungsvor⸗ ſtandes, die Lehrerinnen und viele der Schülerinnen wurden mit freundlichen Worten der fürſtlichen Beſucherin ausgezeichnet und durften ſich der Anerkennung derſelben erfreuen. * ** S. K. Hoheit der Erbg oſtherzog ſtattete am Montag Abend gegen halb 8 Uhr dem kommandirenden General von Schlichting im„Pfälzer Hof“ einen längeren Beſuch ab, wo— 8 der General ſich auf die Reiſe nach Potsdam egab. * . 1. Eberlein⸗-Feſtmahl im Pfälzer Hof. Dienstag Mittag fand im Pfälzer Hof zu Ehren des Schöpfers unſers Kaiſer Wilhelm-Denkmals, des Profeſſor Eberlein aus Berlin, ein feierliches Dejeuner ſtatt, an welchem außer dem Künſtler und ſeiner Gemahlin, Mitglieder des Denkmal- Comites Theil nahmen. Die Reihe der Toaſte eröffnete Herr Altoberbürgermeiſter Moll, welcher den Künſtler Eberlein pries, worauf letzterer in Verſen auf das engere Comits toaſtirte. Herr Bezirksthierarzt Dr. Fuchs feierte die Gattin unſers Denkmal⸗Schöpfers, Frau Profeſſor Eberlein, Herr Reichstags⸗ Abgeordneter Baſſermann Namens des Stadtraths toaſtirte auf die beiden Senioren des Comités, die Herren Moll und Eckhard, Herr Karl Eckhard auf die Mitarbeiter Eberleins Hausding und Schraepp und Rechtsanwalt Dr. Alt gedachte der Todten, insbeſondere des verſtorbenen Julius Baſſermann, Geh. Regierunasrath Benſinger und Franz Thorbeckes. Herr Direktor Hausding ſprach ſodann noch auf die Gaſtfreund— ſchaft Mannheims und Herr Stadtrath Magenau auf die Herren Oberbürgermeiſter Beck und Hochbauinſpektor Uhlmann. Das Dejeuner nahm einen äußerſt erhebenden Verlauf, wozu die vortrefflichen Leiſtungen von Küche und Keller des renom⸗ mirten Pfälzer Hofes das Ihrige beitrugen. 1 l* 2* J 225 Der 9. März. Cantate von Ernſt Walter. Es muß als ein ſehr glücklicher Gedanke der Veranſtalter 9 des Feſtbanketts bezeichnet werden, daß ſie dieſem durch die 15 1 lungene Aufführung der genannten ſchönen Cantate eine kü leriſche Weihe gaben. Der Komponiſt, der bekanntlich als Muſik⸗ direktor in Landau lebt, hat dieſes Werk urſprünglich für eine Schulfeier und nur mit Klavierbegleitung geſchrieben und hat erſt für die hieſige Aufführung dem Chor Männerſtimmen zu⸗ gefügt und die Begleitung inſtrumentirt. Wenn man dieſe Vorausſetzungen kennt und danach ſeine Anſpruͤche an das Werk bemißt, ſo kann man es als eine ſchöne und wirkungsvolle Kompoſition bezeichnen, die ſehr gut der weihevollen Stimmung des geſtrigen Feſttages entſprach. Auf die frohe Lenzesluſt, der im erſten Chor Ausdruck verliehen wird, fällt wie ein Reif die Ahnung ſchweren Unheils und die letzte Hoffnungsblüthe erſtirbt, als Boten den Tod des Heldenkaiſers melden. Aber der Gedanke an ſein ruhmreiches Leben und an des Vaterlands Größe erhebt das Volk wieder aus der ſchweren Trauer. Dies iſt kurz geſagt der Inhalt der Cantate, die ſich geſtern die dankende Anerkennung einer großen, begeiſterten Menge erwarb. Herr Hofmuſikus R. Bärtich ſtand am Dirigentenpult und löſte die ſchwierige Aufgabe, einen großen aus Mitgliedern ver⸗ ſchiedener Vereine beſtehenden Chor in wenigen Proben vorzu⸗ bereiten und in Ordnung zu halten, mit Geſchick. Die Soliſten Frl. Hayden, Frl. Weber, Herr Schäfer und Herr Moſ er thaten ebenfalls, was in ihren Kräften ſtand, und führten ihre nicht umfangreichen, aber hübſchen Rollen unter lebhaftem Beifall des Publikums durch. Dr. r. * ** Ein wohlgelungenes Turufeſt bildete für die Jugend des hieſigen Gymnaſiums den Abſchluß unſerer großartigen Denkmalfeier. Dasſelbe fand am Montag Nachmittag ſtatt und verlief in ſchönſter Weiſe, obwohl ſich die große Zahl der Schüler infolge der ungünſtigen Witterung auf die Turnhalle beſchränkt ſah, und die in Ausſicht genommenen Veranſtaltungen auf dem Spielplatze leider wegfallen mußten. Zur Eröffnung trugen die Sänger ein vaterländiſches Lied vor, und daran reihten ſich nun in buntem Wechſel Klettern, Wett—⸗ lauf, Ringkampf, Stemmen von Gewichten, Uebungen am Reck, Barren und Pferd. Es war für jeden Zuſchauer mit Freude zu beobachten, mit welchem Eifer jeder Einzelne der fröhlichen Jugendſchaar alle ſeine Kräfte anſpannte, um die Siegespalme zu erringen; zugleich aber durfte es wohl die Turnlehrer der Anſtalt mit berechtigter Genugthuung erfüllen, ihre Mühe durch ſo ſchöne Leiſtungen belohnt zu ſehen. Zumal das Wettturnen an den Geräthen ließ bei nicht wenigen unter den Schülern eine ſehr tüchtige gleichmäßige Durchbildung der Körperkräfte erkennen, und lauten Beifall erweckten wiederholt die ſicher und gewandt ausgeführten Uebungen. Der gemeinſame Geſang der „Wacht am Rhein“ bildete den Uebergang zu dem voller Spannung erwarteten letzten Theile des Feſtes, der Preis- vertheilung, welche Herr Profeſſor Dr. Behaghel vornahm in Vertretung des zur Hoftafel geladenen Direktors Haug. Die Preiſe— es waren deren zwei für jede Klaſſe— beſtanden in Bildniſſen des Kaiſers, Büchern, Schreib- und Zeichengeräthe, Taſchenmeſſern u. dgl. Nachdem dieſe vertheilt worden waren, richtete Herr Prof. Behaghel an die Schuljugend Worte der Anerkennung für ihre Leiſtungen, nicht minder auch Worte der Anerkennung für ihre Leiſtungen, nicht minder auch Worte der Ermahnung, auf daß ſie nicht erlahmen in der weiteren Aus⸗ bildung ihrer Körperkräfte. Denn wenn zur Schulung des Geiſtes nicht auch die Stählung der Körper- und Willenskraft trete, ſo ſtrebe ſie vergebens nach dem Ziele, dereinſt tüchtige 1 5 6. Seite. General-Anzeiger. Mannheim, 18. Oktober. Glieder der menſchlichen Geſellſchaft und wackere Bürger des Vaterlandes zu werdeu. Als leuchtendes Beiſpiel wahrer Man⸗ nestugend feierte er ſchließlich unſern geliebten Landesfürſten, und ein begeiſtertes dreifaches Hoch endete die erhebende Feier. * * Einige Rückblicke auf die Enthüllung des Kaiſer Wilhelm⸗Denkmals. Vorüber ſind nunmehr die ſchönen herzerfriſchenden Feſt— tage, auf welche ſchon ſeit Monaten von der Mannheimer Einwohnerſchaft mit großer Spannung und Erwartung ge— blickt worden war. Wenn wir fragen, ob die Feſttage gehalten haben, was ſie verſprachen, ſo kann man dies wohl mit ruhi⸗ gem Gewiſſen, ohne jedwede Einſchränkung, bejahen. Herr— lichere, erhebendere Tage als wie die jüngſtverfloſſenen, hat unſere Stadt wohl ſelten aufzuweiſen. Kein Mißton, nicht die geringſte Störung trübte die Feſtesfreude, Alles ging wie am Schnürchen, Alles vollzog ſich glatt, in vollſter Ordnung und Harmonie, dank dem ganz vorzüglichen Arrange— ment, dank der angeſtrengten umfaſſenden Thätigkeit unſerer umſichtigen und weitausſchauenden Stadtvertretung und namentlich unſeres Stadtoberhauptes, Herrn Oberbürger— meiſter Beck, deſſen Blicken nichts entging, der an Alles dachte, überall war und überall die Honneurs der Stadt machte. Uneingeſchränkte Anerkennung und wärmſter Dank gebührt deßhalb unſerer Stadtvertretung, nicht minder aber auch der ſtaatlichen Behörde, deren Organe mit einer Um— ſicht und Sorgfalt zu Werke gingen, die nur das höchſte Lob verdienen. Wenn man bedenkt, daß am Sonntag ſowohl Vormittags als Abends trotz der ganz koloſ— ſalen Menſchenanſammlung im Schloßhofe Alles ohne die geringſte Störung vor ſich ging, daß auch ſonſt nicht der kleinſte Unfall paſſirte, ſo kann man wohl ſagen, daß unſere unter der Leitung des Herrn Polizeiamtmanns Dr. Seitz und der Herren Kommiſſäre Guggenbühler, Mitſch, Meng und Reim ling ſtehende Polizei während des Feſtes wieder gezeigt hat, daß ſie auch den ſchwierigſten Aufgaben gerecht zu werden verſteht. Beſonders angenehm berührte die ruhige freundliche Haltung der Schutzleute gegen— über dem Publikum, welche zur Folge hatte, daß es überall bei den Ermahnungen bleiben konnte und keine ernſtere Seiten aufgezogen zu werden brauchten. Eine recht erfreuliche Erſcheinung trat bei dem dies— maligen Beſuche der Allerhöchſten Herrſchaften zu Tage, nämlich die äußerſt ſympathiſche Haltung aller Schichten der Bevölkerung inkluſive unſerer Arbeiterſchaft. Bei den Beſuchen, welche der Großherzog und der Erbgroßherzog verſchiedenen induſtriellen Etabliſſements abſtatteten, zeigte ſich, daß die Arbeiter unſerem Landesherrn und ſeinen er⸗ lauchten Sohne ein großes Vertrauen und allſeitige Liebe entgegenbringen und daß die Beſuche der Allerhöchſten Herr— ſchaften von den Arbeitern dankbar empfunden worden. Als der Großherzog im vorigen Jahre zahlreiche hieſige Fabriken beſuchte, verhielten ſich die meiſten Arbeiter noch etwas reſervirt, in dieſem Jahre dagegen nahmen ſie eine viel vertrautere Stellung ein. Man ſah es ihnen an, daß ſie ſich lebhaft freuten über das Intereſſe, welches das ganze Großherzogliche Haus den arbeitenden Klaſſen und ihren Ver— hältniſſen entgegenbringt, ſowie über das Beſtreben der ein— n Mitglieder des Großherzoglichen Hauſes, die Lage der beiter zu heben und zu beſſern. Wir ſind überzeugt, daß ei einer öfteren Wiederholung der Beſuche die Anhänglichkeit das warme Gefühl der arbeitenden Klaſſen für unſer 0— 1 0— Er hat, ein Friedensfürſt, noch viele Jahre Das neugeeinte deutſche Reich gelenkt, Er wollte ſtets das Gute und das Wahre, Bis ſterbend er ſein hehres Haupt geſenkt. Drum lebt auch fort ſein väterliches Walten So lang noch pocht ein deutſches Männerherz; Ja, ſeine Thaten friſch uns zu erhalten Bedurft es eines Bildes nicht von Erz. 4 Fürſtenhaus ſich immer mehr kräftigen und ſtärken wird. Schon von dieſem Geſichtspunkte aus wäre es ſehr zu be⸗ grüßen, wenn die Allerhöchſten Herrſchaften recht bald wieder unſere Stadt mit ihrem Beſuche beehren und erfreuen würden. Die Tage der Anweſenheit der Allerhöchſten Herrſchaften in Mannheim werden immer frohe erquickende Stunden für unſere Einwohnerſchaft bilden. Während der Großherzog und der Erbgroßherzog die Arbeiter in den Fabriken aufſuchten, widmeten ihre erlauchten Gemahlinnen ihre Zeit den Anſtalten der Volksbildung, der Wohlthätigkeit und Barmherzigkeit, um die Leiter und Lehrer aufzumuntern, zu ermuthigen durch liebenswürdige Worte, um ſich mit den Kleinen zu unterhalten und ſich perſönlich zu überzeugen, ob Alles nach dem Rechten beſtellt iſt. Die Allerhöchſten Herrſchaften haben ſich wiederholt gegenüber den Herren ihrer Begleitung hochbefriedigt über ihren jüngſten Aufenthalt in Mannheim ausgeſprochen. Das Großherzogliche Haus fühlt ſich wohl in Mannheim, das haben die letzten Tage wieder bewieſen. Wie ſchon geſtern erwähnt, waren Herr Landeskommiſſär Geh. Oberregie— rungsrath Frech, Herr Geh. Regierungsrath Freiherr von Rüdt und Herr Oberbürgermeiſter Beck vorgeſtern Abend mit ihren Damen noch einmal in das Schloß beſchieden worden, wobei die hohe Frau Herrn Oberbürgermeiſter Beck ein großes, prachtvoll ausgeführtes Bruſtbild ihres erlauchten Gemahls, des Großherzogs, mit koſtbarer Umrahmung über— reichte. Es iſt dies eine Auszeichnung, welche nicht blos unſerem allverehrten Herrn Oberbürgermeiſter, ſondern auch unſerer ganzen Stadtgemeinde gilt. * Feſtgedicht von Profeſſor Eberlein. Das Gedicht, mit welchem, wie oben erwähnt, Profeſſor Eberlein auf dem Dejeuner im„Pfälzer Hof“ auf das Denk— mal⸗Eomité toaſtirte, hat folgenden Wortlaut: Nun, da das hohe Lied vom Kaiſer uns verklungen, Hehr in des Volkes brauſendem Geſang, Verehrung heiß zu Badens Fürſt gedrungen, Der welke Kranz der Feier uns verſank, Da wollen Sie im engern Kreis den theuern So unvergeßlich ſchönen Tag noch feiern. Was Alle wir nach arbeitsvollen Tagen Erkämpften, ſchönheitsdurſtig, Schritt für Schritt, Was wir als Traum in Geiſt und Herz getragen, Hier ſteht es nun in Bronze und Granit; Ihr weih'tet hier ihm grüne Lorbeerreiſer, Zuerſt in Eurem Land dem großen Kaiſer! Ein reges Mal in Deutſchlands ſchönem Süden, Ein Markſtein, der in ferne Zeiten ſcheint,— Und es war mir, dem Glücklichen beſchieden, Zu ſchaffen ihn, mit Euch im Geiſt' vereint; Ihret waret Alle fleißig an dem Werke, Daß es gedieh in Schönheit und in Stärke. Nun ſehet hin, wie der Beiſt'rung Flamme Noch heut' ans Herz und Stirne Jedem ſchlägt! Das iſt ein Merkmal ſchön an Badens Stamme, Daß es ſein Herz in ſeinen Händen trägt; Es iſt kein Strich an dieſem Monumente, Von dem man Euer Herz nicht leſen könnte! 9 Siem Bailer Den Heldengreis, der, Ehr' und Recht zu wahren, Sum Schwerte griff in ſturmbewegter Seit, Der mutig mit Alldeutſchlands Uriegerſcharen Gezogen in den aufgezwungenen Streit, Der mit den einigen, den deutſchen Heeren Als Uaiſer ruhmbedeckt zurückgekehrt: Man wird ihn preiſen, ſeine Thaten ehren, So lang man großer Männer Thaten ehrt. heimgegangenen alten Heldenkaiſers wiederſpiegelnd. v. d. 4 22— N Und wird in ſpäten Seiten vor ihm ſtehen Ein deutſcher Jüngling, gläubig, ſtark und kühn. So wird ein heilger Schauer ihn umwehen, So wird Begeiſterung ſeine Bruſt durchglühn. So wird ein mächtig inn'rer Drang ihn zwingen, Sum Himmel hoch zu heben ſeine Hand, Zu Gott wird laut aus ſeinem Munde dringen— Ein heil'ger Schwur fürs deulſche Pakerland. Ich danke Euch! Es hat in dieſen Stunden, Die wir vereint im Weihehauch verlebt, Mit Euch mein Herz ſich ewig eng verbunden, Da wir das Werk zuſammen ja erſtrebt;! Mit Allen Euch, die wir im Geiſt uns fanden, Iſt dieſes Kaiſerdenkmal ja entſtanden. Nun laßt uns unſ're Gläſer ſtill erheben, Der Männer denkend, die jetzt nicht mehr find, Sie ſollten dieſen Tag nicht mehr erleben, Hoch über ihren Gräbern ſtreicht der Wind; Wir wollen ihrer ehrenvoll gedenken, Von dieſer Stunde einen Theil auch ſchenken. So müſſen wir nun bald von Mannheim ſcheiden, Ich ſagte, was ich fühlte, einfach ſchlicht, Ihr habt ja nun für gut und ſchlechte Zeiten In Stein und Erz ein ewig' Dankgedicht! Ihr Alle machtet es vereint gelingen, D'rum ſoll für Euch dies donnernd Hoch erklingen! Die weiße Roſe von Goree. (Eine Erinnerung an Kaiſer Wilhelm J.) Nach der Schlacht bei Vionville-Mars la Tour am 15. Auguſt 1870 war der Premier-Lieutenant Ewald von Zedtwitz vom 4. Thüringiſchen Infanterie-Regiment Nr. 72 ſchwerver⸗ wundet nach Gorce gebracht worden und hatte bei einem fran⸗ zöſiſchen Invaliden, der bei Magenta 1859 ein Bein verloren, Aufnahme gefunden, einem Mr. Antoine. Zwar konnte dieſer den todeswunden Offizier nur auf ein Strohlager in einem offenen Kaufmannsladen zu ebener Erde betten, aber er pflegte den Feind auf's Liebevollſte, und ſein Töchterchen brachte ihm täglich die ſchönſten Roſen zur Erquickung. Am 19. Auguſt, der Tag nach der Schlacht bei Gravelotte, ſchlug plötzlich ein heranbrauſendes Geräuſch an des Verwundeten Qhr, und er hörte dann deutlich donnernde Hurrahs erſchallen. Sie ent— quollen den Lippen von 600 Verwundeten, die auf der Straße lagen und ihrem durchfahrenden Könige Wilhelm ſo ihren Siegesgruß entboten. Schon ſah auch Zedtwitz die Pferde des königlichen Wagens. Da ergriff er ſchnell die ſchönſte Roſe und ließ ſie durch einen Soldaten dem Könige mit den Worten überreichen:„Ein ſchwer verwundeter Offizier, der wohl ſchwer⸗ lich den nächſten Tag überleben wird, ſchickt Ew. Majeſtät dieſe Roſe als Siegesgruß für Gravelotte!“ Der König, tief erſchüt⸗ tert, nahm die Roſe, fragte nach des Gebers Namen, wünſchte demſelben dankend Beſſerung und ſteckte die Blume ins Knopf⸗ loch. Dann fuhr der Monarch weiter. v. Zedtwitz genaß langſam von ſeinen ſchweren Wunden und fand dann als ſtellvertretender Bezirks⸗Kommandeur in Halberſtadt Anſtellung. Am 24. Dezember 1871 traf ein ſinniges Bild in Oelmalerei, in deſſen Rahmen oben eine maſſiv ſilberne Roſe eingelaſſen war, mit folgendem an ihn gerichteten Königlichen Handſchreiben ein: „In dankbarer Erinnerung an den mir unvergeßlichen Augenblick, wo Sie ſchwer verwundet in Gorce am 19. Auguſt 1870 mir eine Roſe nachſandten und ich, Sie nicht kennend, an Ihrem Schmerzenslager vorüber gefahren war, ſende ich das beikommende Bild, damit noch in ſpäteren Zeiten man wiſſe, wie Sie in ſolchem Momente Ihres Königs gedachten und wie dankbar er Ihnen bleibt. Weihnachten 1871. Wilhelm. 22. 12. 1871.“ Das Bild bedarf keiner weiteren Erläuterung. Bild und Brief ſind für immer ein herrliches Denkmal wahrhaft König⸗ lichen Dankes, zugleich in ergreifendſter Weiſe die Eigenart unſe * . K r—— 7——— D 1 Milßelm⸗ Denkmal.= Doch ach, er hat ſein treues Volk verlaſſen, Er weilt ſchon lang in einer andern Welt, 0 Sein edler Sohn auch mußte ſchon erblaſſen, Der Enkel nun des Keiches Süͤgel hält. Wir müſſen nun zu ihm den Blick erheben, Wie einſt zu ſeinem Ahn ſo groß und hehr, Und während Wilhelms Thaken weiterleben Entſchwindet uns ſein Bildnis mehr und mehr. Drum heil der Stadt, die wieder uns gegeben Den Kaiſer, der von ſeinem Volke ſchied; Wir glauben ihn zu ſehn in vollem Leben, Das Antlitz von Begeiſterung durchglüht. Nun wird ſein Bild uns immerdar beglücken Wie ſeiner Thaten Glanz uns nie erliſcht, Nun dürfen wir es rufen mit Entzücken: „Noch lebt der Uaiſer, er verließ uns nicht!“ ——