Ar. 31. Jahrgang 1916. Das 8 esc beh im Vilde 1 Belge des 9 aunheimer 6 Heute Al. aher Babiſhe Nau S Q ——— „ e, 2 — Torpedoboot in Fahrt Eine Erßahlung Hleine Ar ache 5 grohe Mir kung von E. Wellner Ein letzter prüfender Blick aus den großen blauen Augen der blonden Schönheit flog über ihr Spiegelbild. Dann nickte Cona und lächelte dabei voller Stolz. Es war kein ſchönes Cächeln, wie es ſonſt wohl auf die Tippen eines blühenden jungen Mädchens treten mag, wenn ſie ſich an ihrer eigenen Holdſeligkeit erfreut; vielmehr war es das Lächeln einer berechnenden, kaltherzigen Frau. In der Tat war für CTona Herdinger die eigene Schönheit nur Kapital. Und mit die⸗ ſem Kapital gedachte ſie ſich ein äußerlich prächtiges und beneidenswertes Cos zu er⸗ kaufen. Ja, ſie befand ſich hier im hauſe der Frau Kommerzienrat Balitz nur zu dieſem Zweck. Der Sohn des Hauſes, der zu ſeinem gro⸗ ßen Schmerz, aber zur Freude ſeiner Mutter Kapitän König Berl. J.-G. der Sührer des Unterſeehandelsſchiffes„Deutſchland“ militärfrei war, galt als die glänzendſte Partie der großen Stadt; Lona war mit ihrer Schweſter Brigitte auf einige Wochen in der Dilla Balitz eingeladen. Wenn man Frau Kommerzienrat Balitz beobachtete, ſo konnte man bemerken, daß ſie die beiden ſo verſchiedenen Schweſtern, Long und Brigitte, mit ganz verſchiedenen Gefühlen betrachtete. Ihren klugen und ſcharfen Augen war es keineswegs ent- 8 gangen, daß in Conas glanzvoller Hülle ein J ſteinernes herz lebte, in Brigittes unſchein⸗ 8 barer Geſtalt dagegen eine Seele, überquel⸗ g lend von Ciebe. 7 8 Das ſcharfe Mutterauge ſah auch ganz 8 beutlich, daß ihr Sohn Brigittes ganzes 3 herz ausfüllte, während Cona mit ihrer ge⸗ wohnten feinen Koketterie ihn abſichtlich 3 mehr und mehr anzog, ohne ihn zu lieben. 3 Walter Balitz war ein ſehr ſympathiſcher, hochgewachſener junger Mann, vor deſſen 3 braunen Augen immer ein kneifer blitzte. 8 dieſe ſeine Kurzſichtigkeit hatte ihn auch vom Militärdienſt befreit, noch dazu auf J eine groteske Weiſe. 5 8 Während der zwei Studienſemeſter, die er Jin heidelberg zugebracht, bevor er die väter⸗ lichen Fabriken übernahm, hatte nämlich 8 walter zahlreiche Menſuren ausgefochten J und bei einer ſolchen Gelegenheit die obere 8 HoOooοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοοο οοοοοο 000000000 der kreuzte jetzt ihren Weg. Hälfte ſeiner rechten Ohrmuſchel eingebüßt. Man ſah den kleinen Schaden nicht unter dem blonden dichten Kraushaar, man hatte auch früher nur darüber gelacht, wenn die Rede darauf kam. Die ſtrenge Militär- behörde aber verlangte, daß ein Soldat kei⸗ nen Kneifer, ſondern eine Brille trug— und eine Brille blieb eben nicht ſitzen auf der fehlenden Ohrmuſchel. Cangſam ſchien Walter in die ausgeſtell⸗ ten Uetze des ſchönen Hausgaſtes hineinzu⸗ gleiten. Er hatte allerdings auch für Brigitte viel übrig, aber Cona war eine ſo blendende Er⸗ ſcheinung, die auch durch Geiſt und Witz ſeſ⸗ ſelte, daß ſie die jüngere Schweſter ſtets in den Schatten ſtellte. Eines Morgens machte man einen ge⸗ meinſamen Ausflug in die Nähe einer Bu⸗ chenwaldung. Lona ſah in ihrem weißen, ſpitzenbeſetzten Kleide berauſchend aus; Frau Balitz aber betrachtete wohlgefällig Brigitte, deren liebliches Geſicht unter dem breitrandigen Strohhut ſehr beſcheiden und zutraulich in die Welt blickte. Im Walde angelangt, gingen Frau Balitz und Brigitte voran, in einiger Entfernung folgte Walter mit Cona. Eine Gruppe armer, beerenſuchender Kin Sie hatten Körbchen mit roten Erdbeeren gefüllt. Tona blieb ſtehen, mit begehrlichen Blicken die Früchte muſternd. Sie wollte die Erdbeeren kaufen, aber die Kinder ſchüttelten die Köpfchen— ſie ſollten die Beeren nach hauſe bringen, weil ſie zu trockenem Brot ihre einzige Mahlzeit bildeten. Hochmütig ſchürzte ona die Tippen und wollte weiterſchreiten, da hob das jüngſte barfüßige Mädchen ihr winziges Körbchen, das ſie mühſam genug bis zur hälfte gefüllt hatte, in die höhe. „Da,“ ſagte die Kleine,„die ſchenke ich Dir, ich brauche keine.“ Da ſie bei dieſen Worten Cona ganz nahe gekommen war, traten die kleinen Füßchen verſehentlich auf Tonas Spitzenkleid, denn dieſe hatte ſich heruntergebeugt, um lächelnd das Geſchenk in Empfang zu nehmen. Als ſie ſich aufrichtete, zerriß der Spitzen⸗ ſtoff. Eine flammende Röte ſchoß in das ſchöne Antlitz und die blauen Augen funkelten vor Wut. „Da ſieh, Du ungeſchickter Balg!“ ſchrie Lona mit ſchriller Stimme,„was Du an⸗ gerichtet haſt!“ Walter erſchrak bis ins tiefſte Herz hin⸗ ein. Er liebte Kinder über alles und war eben im Begriff geweſen, der allerliebſten und in ihrer Art doch gewiß großmütigen Kleinen ein Silberſtück zu überreichen, als Conas Sorn ſich über ſie ergoß. „Es iſt unerhört,“ zeterte Cona weiter, „das neue Kleid iſt mir nun verleidet! Du verdienſt durchgeprügelt zu werden!“ Und wahrhaftig, die weiße Hand hob ſich, als wollte ſie das entſetzt zu ihr emporſtar⸗ rende Geſichtchen treffen. „Aber Fräulein Cona!“ rief Walter aus. „Wie können Sie um eine ſolche Kleinig⸗ keit in ſo großen Zorn geraten! Das kleine 5 Mädchen wollte Ihnen doch geradezu ein Opfer bringen.“ Aber noch kochte zu ſehr die Wut in Cona und ſie erwiderte ſchneidend: „Ach, was wiſſen ſolche Ceute von Opfer! Die paar Erdbeeren kann man doch wahr⸗ haftig nicht mit einem ſo großen Namen benennen.“ Und heftig ſtieß ſie das Kind beiſeite, um mit ſchnellen Schritten weiterzueilen. Sie ahnte nicht, daß ſie in dieſem Kugen⸗ blick ihr Tebensglück von ſich geſtoßen hatte. Walter bückte ſich herab zu der Kleinen, drückte ihr ein noch größeres Geldſtück in die hand und gab ihr das Körbchen mit Erdbeeren zurück. Berl. S.-G. Alfred Lohmann Vorſitzender des Auſſichtsrates der deutſchen Ojeantreederei Bremen „Die Dame meint es nicht ſo böſe,“ ſprach er dabei;„nun lauf' nur, daß Du nicht ſo ſpät heimkommſt.“ Später verſuchte Lona vergebens von neuem, ihren plötzlich abgekühlten Verehrer an ſich zu feſſeln. Sie bemühte ſich, ſo lie⸗ benswürdig zu ſein, wie noch nie, und neckte ihn in ſcheinbarer Verlegenheit über ſein allzu weiches Herz. „Ich glaube,“ ſagte ſie,„Ihre Gedanken vorhin habe ich ganz deutlich erraten. Als ich von Schlägen ſprach, da dachten Sie, daß ich ſelber eigentlich wegen meiner dummen Heftigkeit Strafe verdient hätte.“ Ihre Augen lachten ihn bei dieſen Wor- ten verführeriſch an. Er aber tat das Schlimmſte, was er in dieſem Augenblick tun konnte— er ſchwieg. Kleine Urſachen, große Wirkungen. Drei Cage ſpäter reiſte Lona empört über die Caunenhaftigkeit und den„Wankelmut“ Walters ab und beglückte eine andere Fa- milie mit ihrem Beſuch. Wiederum vierzehn Cage ſpäter veröffent- lichte Frau Kommerzienrat Balitz die Der- lobung ihres Sohnes mit Brigitte. Und ein glücklicheres Ehepaar hat es nicht gegeben, als dieſe beiden waren. 5 doocoooooo ooo oooooooooo ooo o οο οοõ,Htd Ac OOO O0 o οοο οοοοõ, V 0 οοαοοõ,H ou0o0 0 O0 οο οõοοοοαοõοõq˖o o οο ,j,b oo ο,ẽd ooo o οο οοõ,Lẽ,jů Goo oo ο o οοõ˖,ẽ,q-m ooo co o ,ẽWd o οο 0% ——— 2 1 5 Schwimmdocke RNenard-Kiel — 856606668655668500 0 ooοοοοο n ˙ͤο 5555866666660 0 8888866865566 o οοοο οο οοοοοο οοο ο οοοοοοο 000000000 — e e eee e eee b eee eee ee c n e%fαο= ⁰⁰/ο eee Deeetee 7— 1 1 In mehr als einem Sinne iſt uns der Rhein, der deutſcheſte Strom, neu ge⸗ ſchenkt in dieſen Zeiten. Er war ja der Gier unſerer Feinde das heiß erſtrebte Ziel. Uach ſeinen Ufern ſollte der erſte Stoß gehen und Coblenz war die Stadt, auf die ſich die franzöſiſchen Heere zuerſt ſtürzen wollten. Un der ehernen deutſchen Mauer zerſchellte fränkiſche trunkene Siegeszuverſicht, Coblenz bleibt deutſch, ſo lange Deutſche atmen. Und neu geſchenkt iſt uns auch der Rhein und ſeine ſchönſte Stadt in anderer Art. War er nicht unmodern geworden, unſer deutſcheſter Strom? hatte nicht ein verausländertes Weſen uns nachahmungs⸗ ſüchtigen Deutſchen das Wort aufgebracht von dem„unmodernen Rhein“?„Don der altmodiſchen Rheinromantik?“ War nicht der Rhein„überwunden“ und die Luſt an ihm in die Rumpelkammer geworfen zu vielen anderen Dingen, die doch des deut⸗ ſchen Volkes beſtes Erbteil ſind? Hat man ihn nicht in Derruf gebracht und lieber andere Reiſeziele geſucht, moderne Ziele für moderne Menſchen? Aber jetzt lieben wir ihn wieder, unſern vielteuren deutſchen Rhein, für den das koſtbare Blut unſerer Nation gefloſſen iſt. Und jetzt, da ſo viele Schuppen von unſern Augen gefallen ſind, jetzt ſind ſie wieder ſehend geworden und mit einem neuen Entzücken ſchauen wir den majeſtätiſchen Strom, wie er ſich dehnt im reichſten Bette, eingefaßt von einem Kranze weißer Städtlein und von herrlich geſchwungenen grünen Waldbergen, überglänzt von fun⸗ kelndem Sonnenlicht, belebt von rieſigen Schiffszügen, von ſchnellen Perſonen⸗ dampfern und flinken Fährbooten, über- wölbt von gewaltigen Brücken, die wie aus zartem Spitzengewebe gebildete erſcheinen. Und da, wo aller Reiz ſich zuſammenzu⸗ drängen ſcheint auf einen einzigen Punkt. da liegt die Stadt, von der Goethe ſagt, daß er nie ſo heitere Morgen und ſo herr⸗ liche Abende geſehen zu haben glaubt, als hier. Liegt ſtrahlend hingebreitet in ein geſegnetes Talbecken, das ihre graue ehr⸗ würdige Altſtadt mit den tauſendjährigen Kirchen und alten geſchäftigen Straßen und ihre helle, ausgedehnte Dillenſtadt, verſtecht im üppigſten Grün und ge⸗ ſchmiegt an die grünen Rheinwellen, ganz ausgefüllt. Liegt im Duft der heiteren Morgen, im Glanz der Mittage, im Farbenrauſch der herrlichſten Abende, welcher ihre Türme übergoldet und pur⸗ purn aufglühen läßt, das ſtolze, unver- gleichliche Maſſiv des Ehrenbreitſtein ſo durchglüht, daß es aus Kryſtall aufge- türmt erſcheint, den Strom zu einem gol⸗ denen und ſilbernen und feuerfarbenen und violetten Spiegel macht und in den an den Ufern heraufkletternden ſchmucken Häuſerreihen viele Fenſter funkeln läßt. — —— e dee e e e eee t eee e eee e ee eee e eee e eee eee eee eee Deulſches Eck an Nhein u. Moſel Dies iſt die Zauberſtunde für Coblenz. Aber wenn der Morgen Stadt und Strom, Berg und Cal in zarte Uebelſchleier hüllt, wenn auf dem Fluſſe die durchbrechende Sonne Millionen Lichtfunkeln entzündet und aus dem leichten Schleier eine durch⸗ ſichtige Klarheit ſich erhebt, dann begreift man das Wort des Altmeiſters Goethe vom hellen Morgen. Man muß auch Coblenz ſchauen vom Strome aus, behaglich auf weißem Damp⸗ fer ſchwimmend, und vom Berge aus, wo weite Ueberblicke ein paradieſiſches Ge⸗ mälde erſchauen laſſen. Muß an der präch⸗ tigen Rheinfront entlang wandern und das bunte Treiben am Landeplatz der Dampfer betrachten, auf den Cerraſſen der Gaſthäuſer ſitzen und alles an ſich vor⸗ übergleiten ſehen wie Wirklichkeit gewor⸗ dene Kinobilder. Muß vom Kaiſer⸗ Wilhelm-Denkmal an dem deutſchen Eck aufwärts der romantiſchen, alten Moſel⸗ front entlang ſtreifen und ſchon den Vor- genuß ſeiner Wanderung in das liebliche Moſelidyll genießen, muß die unvergleich⸗ lichen Rheinanlagen durchſchlendern, wo ſich unter tiefſchattenden, alten kllleen immer neue Ausblicke bieten und muß ringsum die höhen beſteigen und von be⸗ haglichen Gaſtſtätten aus, wohlverſorgt mit Speiſ' und Trank die weiten löſt⸗ lichen Fernſichten auf die rheiniſchen Ge⸗ birge, auf Eifel, Hunsrück, Taunus und Weſterwald genoſſen haben, um die über⸗ wältigenden mannigfaltigen Schönheiten dieſes Fleckens Erde ganz zu begreifen. Gewiß, wenn reinſte Schönheit alt- modiſch iſt, dann kann es gar nichts Alt- modiſcheres geben, als Coblenz. Und wenn höchſter Zauber der Romantik altmodiſch iſt, ſo gibt es wiederum nichts Altmo- diſcheres, als Coblenz. Seien wir glücklich, daß wir für dies Altmodiſche den Sinn endlich wiederge⸗ funden haben! Daß wir uns wieder freuen gelernt haben am Suſammenklang von Schönheit und Romantik, am Reiz von Form und Farbe, von Duft und Glanz, von Strom, Himmel, Berg und Cal! Daß wir wieder inne werden der„hellen Morgen“ und der„herrlichen Abende“ und der ganzen paradieſiſchen Heiterkeit bieſer Gefilde! a Tut uns ſolche Freude nicht doppelt not in dieſen Jagen, in denen ſich der höchſte Stolz unſeres deutſchen Blutes miſcht mit der tiefen Trauer um vergoſſenes Blut? Und ſteigt nicht eine ſtolze Genugtuung in uns auf und zugleich der tiefſte Dank für unſere Tapferen, die dies Paradies und dieſen Strom vor der Entweihung durch Feindesheere bewahrt haben? Lie- ben wir nun nicht um ſo tiefer Strom und Land, nicht um ſo dankbarer ſeine Schützer und Schirmer? Klingt nicht dieſer Sturm unſerer Ge⸗ fühle zuſammen in dem brauſenden Sang: „Sie ſollen ihn nicht haben Den freien deutſchen Rhein?“ Feſthalle eee N —— —— 22 — Auf einem Donaumonitor K.—.—.—.———.— 6 n 2 29 *. Ne, 3 Deutſches Torpedoboot am Hafenquai von Oſtende Berliner Illultr.-Heſellſchaſ 0 EE ̃—:—:.:.. rr... ̃⅛ X1X—.... ̃j⅛—P‚ðriößCJ]— f ̃j⅛ ſ1X1—....̃]⅛•ĩův w:. ̃j§70⅞ũßa. Feldgraue Hemmungen. Eine Unmöglichkeit! Mit dieſem Ruf werden mir gleich die meiſten Ceſer den Fa- den abſchneiden wollen. Für den Soldaten, ganz allgemein geſagt, hat es überhaupt keine hemmungen zu geben; noch weniger für unſere Feldgrauen im Beſonderen. Ich bin ſo kühn, demgegenüber zu behaupten, daß ſolche Hemmungen, wie ich ſie im Auge habe, wie ich ſie an mir und zahlreichen Kameraden ſelbſt erlebte, keineswegs ty⸗ piſch deutſch ſind, ſondern international ge⸗ nannt werden müſſen. Dieſe hemmungen können nicht nur ſehr peinlich ſein, ſondern ſie können unter Umſtänden auch zu einer Kataſtrophe führen. Vorweg zugegeben: Jeder Soldat hat den ernſten Willen, jedem auch noch ſo unverſtändlich erſcheinen wollenden Befehl nachzukommen; jeder Sol- dat hat den ernſten Willen, in jedem kleinen oder großen Augenblick Herr ſeines Kör⸗ pers und ſeines Geiſtes zu ſein. Trotzdem kann etwas dazwiſchen treten. Eine Hem⸗ mung. Wenn man z. B. plötzlich nieſen muß. Dieles kann dadurch vereitelt werden: ein Schuß, der infolge der hemmung eine Se⸗ Runde zu ſpät abgegeben wird; eine Ehren⸗ bezeugung, dem vorübergehenden Komman⸗ dierenden ſonſt in ſtrammſter Haltung er⸗ wieſen, jetzt aber durch die unerwartete innere Exploſion in eine kleine vorüberfal⸗ lende Verbeugung umgewandelt. pech. Uichts zu machen. Man hat ernſt zu blei⸗ ben. Eine andere Hemmung: Das Bein iſt eingeſchlafen. Man kann plötzlich dem Kom- mando:„Achtung!“ nicht„wie ein geölter Blitz“ nachkommen. Man ſpringt zu ſpät auf. Man kann ſeine Knochen nicht zu⸗ ſammenreißen. Man hat Schampagner— oder ſind es pakete von Stecknadeln?— in den Beinen. Das kann ebenſo wie das Nieſen zu einer Kataſtrophe führen, an der man wahrhaftig ganz unſchuldig iſt. Eine andere Hemmung: Der Schluckauf. Plötz⸗ lich iſt er da, juſt als es:„Stillgeſtanden!“ unter dem großen Schnurrbart des herrn „Spieß“ hervorkommt. Der Schluckauf läßt ſich nicht befehlen. Er tritt in die meiſt ſehr unliebſam empfundene Erſcheinung, wann es ihm beliebt, und er geht erſt wie⸗ der, wenn er es für gut erachtet. Er Rann Leutnant Mulzer Verl 8 der erfolgreiche Kampfflieger, erhielt den Orden„Pour le merite eine ganze Linie ſchmeißen. Seine Herr- ſchaft kann ſo mächtig werden, daß er zum Entſetzen aller Vorgeſetzten aus:„Augen links!“ eigenwillig:„Augen gerade aus!“ macht. Er zerſchneidet neckiſch die Meldung des Befehlsempfängers. Er legt ſich als Stottern auf eine unglückſelige Zunge, die bis dahin niemals daran gedacht hat, zu ſtottern. Und plötzlich hat er ſich noch einen Bundesgenoſſen zu Hilfe gerufen, der ſeine Lätigkeit in demſelben Menſchen, nur etwas tiefer, beginnt. Irgendwo im Ma- gen oder im Bauch kullert es. Erſt etwas dumpf, dann noch einmal hell, ganz hell. Wie ein paar Takte aus einer modernen Oper. Der Soldat iſt inzwiſchen noch blei- cher als bleich geworden, hat ſich in ihm alles gegen ihn verſchworen? Kann noch ein dritter Gegner hinzukommen? Aber die beiden genügen wahrhaftig ſchon. Es iſt aus. Es iſt alles aus. Drei Cage ſind ihm ſicher. Die ſo ſehnſuchtsvoll erwarteten Ge⸗ freiten⸗Knöpfe verſchwinden in nebelhafter Ferne. Hemmungen. Dielleicht kann ſie ſein Kamerad, der Univerſitäts-Profeſſor iſt, erklären, vor allen Dingen dem herrn Vorgeſetzten erklären, daß ſie noch einmal gnädig ſind F. Rohte, zurzeit im Weſten. Aus aller Melt Rufflands neue Fahne. Die Neuerungsſucht, die man in Rußland durch die außerordentlich wichtige Umänderung des Namens Petersburg in Petrograd bekundete, ſcheint auch noch heute die ruſſiſche Re⸗ gierung ſehr zu beſchäftigen. So meldet der Gau⸗ louis, daß man ſich in ruſſiſchen Hof⸗ und Militär⸗ kreiſen entſchloſſen habe, nach glorreicher Beendigung des Krieges für Väterchens Reich auch eine neue Nationalfahne zu ſchaffen. Während die Farben der ruſſiſchen Fahne bisher Rot, Weiß und Blau waren, alſo die franzöſiſchen Farben nur in anderer Reihenfolge, beabſichtigt man in Rußland ſich fürder⸗ hin„ſelbſtändig“ zu machen und eine neue Flagge mit den Farben Schwarz, Weiß und Gelb einzu⸗ führen. Bei dieſer Gelegenheit ſei daran erinnert, daß Rußland bisher auch inſofern keine eigene Flagge hatte, als die bisherige Fahne dieſelbe war, wie die Nationalflagge Hollands, nur mit dem Unterſchied, daß bei der holländiſchen Fahne die Farbenſtreifen wagerecht verliefen, bei der ruſſiſchen ſenkrecht. Ob aber die Umgeſtaltung der neuen ruſſiſchen Flagge auch eine Reorganiſation des ruſſiſchen Syſtems bedeuten wird, erſcheint nach den bisherigen Erfahrungen mehr als fraglich. Der Krieg und die franzöſiſche Reklame. des Kriegsfieber und der Chauvinismus in Frank ceich bringen nicht nur im Text der franzöſiſchen Preſſe die merkwürdigſten Phantaſieblüten hervor, ſondern ſelbſt der Reklameteil der Blätter wurde auf eine rt kriegeriſch, deren Originalität häufig nicht einer unfreiwilligen Komik entbehrt. Jo veröffentlicht eine franzöſiſche Heilmittelfirma, die ein„Jubol“ genanntes Medikament„zur Vertreibung der mi⸗ kroben aus den Eingeweiden“ auf den Markt bringt, neuerdings ein großes Reklamebild, das einen bisher unbekannten Zuſammenhang zwiſchen dieſem Heilmittel und der Unüberwindlichkeit der franzöſiſchen Soldaten zum Ausdruck bringt. Man ſieht nämlich eine Art Schlauch, der die menſchlichen Eingeweide darſtellen ſoll, und in dieſem ſeltſamen Schlauch läuft ein deutſcher Soldat mit allen Zeichen des Entſetzens vor einem ihn mit aufgepflanztem Bajonett verfolgenden Poilu davon. Der Deutſche trägt die Kuſſchrift„Mikrobe“, der Poilu die Kuf⸗ ſchrift„Jubol.“ Unter dieſem höchſt ſeltſamen zeichneriſchen Meiſterwerk aber kann man in fettem Druck den ſinnreichen Satz leſen:„Wie der poilu den Boches aus ſeinen Gräben jagt, ſo treibt das Jubol die ſchädlichen Mikroben aus den Ein⸗ geweiden.“ 529„%% *** Stilblüte..... klus kKingeführtem erſehen Sie, geſchätztes Auditorium, daß das Verbrennen nach dem Tode entſchieden geſünder als das Ver⸗ ſcharren iſt...“ Sb SbeSbedeeeeeeeeeeeeeeeeee Druck und Verlag der Dr. H. Haas'ſchen Buchdruckerei G. m. b. H. Tiefdruckanſtalt in Mannheim.— Verant⸗ wortlich für die Redaktion: Or. Fritz Soldenbaum.