N. XXXV. 1767. Mannheimer Zeitung Donnerſtag den 30. April. Mannheim, den 29. April. Vorgeſtern hielte die Churfuͤrſtliche Aka⸗ demie der Wiſſenſchaften ihre halb⸗ jaͤhrige offentliche Verſammlung, welche der Ehrenpreſident, Herr Schoͤpflin, mit einer kurzen lateiniſchen Rede uͤber die neue⸗ ſten Akademiſche Vorfaͤllen eroͤffnete, der beſtaͤndige Secretarius Herr Lamey aber mit Beurtheilung der eingeſchikten ſechs Preisſchriften uͤber die Rebenſticher fort⸗ ſezte. Die Akademie hatte fuͤr gut befun⸗ den, die drei beſten derſelben, da keine der aufgegebenen Frage ein vollkommenes Ge⸗ nuͤgen geleiſtet, mit einer kleinern Schau⸗ muͤnze von 12. Ducaten zu bekroͤnen. Bei Eroͤfnung der darzu gehoͤrigen Zetteln fan⸗ den ſich folgende Namen: 1) Philipp Ja⸗ cob Breſtchel notar. caeſ. publ. juratus zu Gimmeldingen, 2) Iſrael Walther Pfarrer bei der Reformirten Gemeinde zu Weſthoffen in der Pfalz. 3) An⸗ dreas Brauer, Evangeliſcher Pfarrer zu Sfnaweyer im obern Elſaß. Einer vierten Preisſchrift iſt das ſoge⸗ nannte acceſſit geſtattet worden und ſoll mit denen drei vorigen eheſtens zum Druck be⸗ ſoͤrdert werden. Sie unterſcheidet ſich durch die lateiniſche Aufſchrift: Arcana quærentibus libenter ſua revelat natura. Ihr Verfaſſer bleibet indeſſen unbekannt, bis er ſich ſelbſt wird erklaͤret haben, ob es ihm angenehm ſeye, ebenfalls bekannt ge⸗ macht zu werden. Da wie geſagt, dieſer Frage noch kein vollkommenes Genuͤgen geſchehen, ſo wiederholte die Akademie dieſelbe und ver⸗ ſprache in zwei Jahren einen oder nach Gut⸗ befinden gar zwei Preiſſe jeden von 25. Ducaten auszutheilen. Sie lautete aber alſo: Welches iſt die Natur und Eigenſchaft der Rebenſticher, welche im Fruͤhjahr an den friſchen Keimen und Reben oͤfters ſo groſen Schaden thun, von dem Ey an bis zu ihrem Untergang. Wie ſiehet dieſes Ungeziefer aus und welchen Ver⸗ aͤnderungen iſt es unterworfen. In wel⸗ chem Boden und in welcher Art von Re⸗ ben trift man es am haͤufigſten an, und wie kan es am beſten oder leichteſten ver⸗ tilget oder die Reben dagegen verwahret werden? Was hierinn vornemlich weiter zu un⸗ terſuchen ſeye, wird in der Vorrede zu de⸗ nen vier im Druck erſcheinenden Preisſchrif⸗ ten beſonders angezeigt werden. Die Aufgaben auf das Fruͤhjahr 1768. ſind folgende: 1.) Derjenige Einwohner oder diejenige Gemeinde der Churpfalz, welche glaub⸗ wuͤrdig erweiſen wird, daß er oder ſie bis zu End des Jahres 1767. die meiſten Frucht⸗ oder ſonſt nuzbare Baͤume gepflanzet habe, empfaͤngt eine Preismuͤnze von 25. Ducaten. Der Be⸗ weiß muß durch gerichtliche von dem Oberamt beglaubigte Zeugniſſe beige⸗ bracht, und in ſolchen die Anzahl und Gattung der Baͤumen, die Zeit ihrer Anpflanzung, auch in welchem Zuſtand ſie ſich in dem Fruͤhjahr 1768. befinden, gemeldet, die Zeugniſſe aber vor Oſtern eben dieſes Jahrs an den beſtaͤndigen Se⸗ cretarius der Akademie eingeſchikt wer⸗ den. 2.) Derjenige ſo bis Oſtern 1763. die feinſte nnd laͤngſte Wolle von ſeinen Schaafen in der groͤſten Menge erzielet, und davon eine Probe an die Akademie uͤberſendet, empfaͤngt einen gleichen Preis von 25. Ducaten. Es iſt noͤthig, die Anzahl der Schaafe und die Menge der Wolle durch gerichtliche von dem Ober⸗ amt beglaubte Zeugniſſe zu erweiſen. In eben dieſer offentlichen Verſamm⸗ lung wurden des Herrn Weihbiſchofs von Sontheim zu Trier hochwuͤrdigſte Gnaden als Ehren⸗Mitglied der Akademie, und nach⸗ folgende ſechs auſſerordentliche Mitglieder derſelben bekannt gemacht: Herr Johann Bernoulli, der Univerſitaͤt zu Baſel hoch⸗ beruͤhmter Lehrer; Herr Johann Mills ein Engliſcher Edelmann, der ſich durch ſei⸗ ne oͤconomiſche Schriften einen vorzuͤglichen Namen gemacht; Herr Johann Heinrich Bachmann, Pfalz⸗Zweybruͤckiſcher Regie⸗ rungs⸗und Conſiſtorialrath, auch des da⸗ ſigen Hochfuͤrſtlichen Archivs wuͤrdigſter Vorſteher; Herr Chriſtian Ernſt Hanſel⸗ mann, des Fuͤrſtlichen Hohenlohiſchen Ge⸗ ſammthauſes Hof⸗ und Lehenrath, deſſen gelehrte Werke ganz Deutſchland kennet; Herr Caſimir Haͤffelin, der Theologie und Canoniſchen Rechten Licentiat, der hochan⸗ ſehnlichen Stiftskirche zu Heinsberg im Her⸗ zogthum Guͤlch Chorherr und Ihro Churfuͤrſt⸗ lichen Durchlaucht zu Pfalz Hofcaplan, welcher morgen eine gelehrte Reiſe nach Frankreich und Italien antretten wird; Herr Jacob Hemmer, auch Churpfaͤlziſcher Hofcaplan, welcher ſich durch ſeine mathe⸗ matiſche Kenntnis bei der Akademie ruͤhm⸗ lich bekannt gemacht. Zulezt wurden noch drei Abhandlungen vorgeleſen, die erſte: Vindiciæ Rupertinæ von Herrn Schoͤpflin, um den aus dem Churpfaͤlziſchen Hauſe erwehlten Roͤmiſchen Koͤnig Rupertus gegen verſchiedene Beſchul⸗ digungen zu vertheidigen; die zweite von Herr Profeſſor Crollius aus Zweibruͤcken uͤber die alte Grafen von Veldenz, erſten Geſchlechts, und ihren gemeinſchaftlichen Urſprung mit denen Wild⸗ und Raugra⸗ fen ꝛc. die dritte von Herr Profeſſor Nebel aus Heidelberg uͤber eine ſonderbare bei der Oefnung einer verſtorbenen alten Frau erſt kuͤrzlich wahrgenommene Begebenheit. Die⸗ ſe Frau war im Jahr 1675. zu Marburg gebohren, im Jahr 1709. mit dem damali⸗ gen Vorſteher des Reformirten Gymna⸗ ſiums zu Heidelberg, Herr Johann Daniel Andreaͤ, verheirathet und iſt den 5. dieſes Monats im 92ſten Jahr ihres Alters ver⸗ ſtorben. Vor mehr als fuͤnfzig Jahren, nachdem ſie ſchon einige Kinder zur Welt gebohren hatte, fande ſie ſich abermals ſchwanger. Zur Zeit der Niederkunft em⸗ pfande ſie die gewoͤhnliche Schmerzen, aber ohne einigen Erfolg der Geburt. Des jetzigen Herrn Profeſſor Nebels Herr Gros⸗ vatter hielte dieſe Sache fuͤr merkwuͤrdig genug, um eine Nachricht davon in die Ephemerides acad. nat. cur. cent. VI. obſervat. 52. im Jahr 1716. einrucken zu laſſen, woraus erhellet, daß ſie ſich ſchon drei Jahre vorher zugetragen hatte. Nach ihrem Tod war deſſen wuͤrdiger Enkel be⸗ dacht, durch eine anatomiſche Oefnung ſich und andere zu belehren, was fuͤr eine Be⸗ ſchaffenheit es mit dieſer ungluͤklichen Ge⸗ burt gehabt habe, und er war ſo gluͤklich das gleichſam in Knochen verwandelte Kind in dem Leib ſeiner Mutter, aber an einem ungewoͤhnlichen Ort, zu entdecken, wel⸗ ches er auch bei dermaliger Vorleſung of⸗ fentlich ſehen laſſen. Heute nach 10 Uhr iſt der Churfuͤrſt⸗ liche Hof nach Schwetzingen gegangen. Wien, den 22. April. Ihro Majeſtaͤt der Kaiſer haben ohn⸗ geacht des ſchlimmen Wetters am Char⸗ freytag die heiligen Graͤber in etlichen Vor⸗ ſtaͤtten allhier insgeheim beſuchet. Am Oſtertag war oͤffentliche Tafel, aber ohne Muſik. Der Kaiſerin Koͤnigin Apoſtoliſche Majeſtaͤt hielten ſich die drei Feyertage uͤber ſtill in Hoͤchſt Dero Zimmer. Vorgeſtern erſchien der Herzog von St. Eliſabeth zum erſten mal als Ambaſſador Sr. Siciliani⸗ ſchen Majeſtaͤt bei Hof. Man hoffte, die Franzoͤſiſche Schaubuͤhne wieder hergeſtellt zu ſehen, aber nun iſt gar keine Frage mehr davon. Auf der Teutſchen hingegen iſt am Montag wieder zu ſpielen angefangen wor⸗ den. Geſtern begab ſich der Herr Graf von Taxis, Churpfaͤlziſcher Kammerherr, mit ſeiner jungen Frau Gemahlin von hier nach Mannheim. Madrit, den 5. April. Bei uns iſt in der Nacht vom 31. des vor⸗ rigen auf den 1. diſes Monats eine der merk⸗ wuͤrdigſten Veraͤnderungen vorgegangen, dann damals ſind alle in der hieſigen Hauptſtadt ſich befindende Jeſuiten auf⸗ gehoben, auf Waͤgen nach Cartagena ge⸗ bracht, und von da weiter nach Italien geſchickt worden, wo Ihro Catholiſche Ma⸗ jeſtaͤt einen jeden derſelben mit 70. 80. auch 100 Piaſter lebenslang verſorgen wollen. Den uͤbrigen Vaͤttern dieſer Geſellſchaf iſt der 13te dieſes Monats anberammt, um das Koͤnigreich zu verlaſſen. Es iſt dieſes eine Folge von einer am 2ten dieſes von dem Koͤnig ſelbſt unterſchriebenen pragma⸗ tiſchen Sanction, wodurch die ganze Geſell⸗ ſchaft Jeſu aus allen ſeinen Staaten in al⸗ len Theilen der Welt auf ewig verwieſen worden, ohne daß ein einiger derſelben auch nach verlaßung des Ordens ohne be⸗ ſondere Koͤnigliche Erlaubnis, jemals die⸗ ſelben wieder betreten, noch vielweniger leh⸗ ren, predigen und Beicht hoͤren doͤrfe. Man erſiehet daraus, daß dieſe Verbannung ſchon den 29. Jener beſchloſſen und den 27ten Hornung die wuͤrkliche Vollziehung dem Grafen von Aranda aufgetragen worden. Ihro Majeſtaͤt haben zugleich gut befunden, die Beweggruͤnde einer ſo groſen Entſchlie⸗ ſung weiter nicht bekannt zu machen, ſon⸗ dern geben uͤberhaupt nur die ihnen oblie⸗ gende Pflicht fuͤr das Wohl ihrer Unter⸗ thanen und die allgemeine Ruhe zur Urſache an. Niemand darf bei Strafe des Hoch⸗ verraths etwas dagegen reden noch ſchrei⸗ ben. Die von dem Orden beſeſſene Guͤter und Einkuͤnften ſollen nicht zur koͤniglichen Kammer gezogen, ſondern zu beſſerm Un⸗ terhalt armer Pfarrer, Seminarien und andern dergleichen geiſtlichen Stiftungen verwendet werden. Auch weiß man, daß der Koͤnig deswegen nach Rom an dem Pabſt geſchrieben und den Verlauf dieſer Sache zwar kuͤrzlich, doch nachdruͤcklich be⸗ richtet habe. Die Spaniſchen Jeſuiten doͤrfen ſich nirgends anders als in dem Kir⸗ chen⸗Staat niederlaſſen, bei Verluſt des ihnen verſprochenen jaͤhrlichen Unterhalts, welchen ſie unter verſchiedenen andern Be⸗ dingnißen beizubehalten befliſſen ſeyn muͤſſen. In Madrit waren allein ſechs Haͤuſer dieſer Geſellſchaft und bei 300 Paters. Fortſezung des Artikels von Thoren. „ An verſchiedenen Orten, hat man ge⸗ „ richtliche Verbote bekannt gemacht, wel⸗ „ che den Gottesdienſt, die Ausſpenduug „ der Sacramente, die Begraͤbniſſe und „ andere Religionshandlungen verſagen. „ Unſere Geiſtlichkeit, Pfarrer und Ael⸗ „ teſten, ſind vor die Roͤmiſchkatholiſchen „ Conſiſtoria geladen, geſtrafet, geſchimpfet „ und verwieſen worden: Man begnuͤget „ ſich nicht, Gewaltthaͤtigkeiten gegen Per⸗ „ ſonen und Oerter, die zum Gottesdienſt „ beſtimmet ſind, auszuuͤben; man ver⸗ „ folget ſogar ins beſondere die weltlichen „ im Buͤrgerſtande, blos weil ſie in An⸗ „ ſehung der Religion anders denken. Man „ ſchließt ſie in den Staͤdten von der Raths⸗ „ herren Wuͤrde, von den Zuͤnften aus, „ und man verhindert ſie, ſich daſelbſt „ haͤuslich niederzulaſſen, indem man ih⸗ „ nen die Ungleichheit ihres Standes „ vorwirft, ſie fuͤr unfaͤhig erklaͤret, in „ Gerichten ein gerichtliches Zeugnis abzu⸗ „ legen; ihre Kinder ſind als unehelige „ anzuſehen, wann die Trauungen der „ Eltern durch einen von unſern Paſtoren „ vollzogen worden iſt. „ Wir Adelichen ſind noch weniger von „ von der Verfolgung befreiet, ob wir gleich „ durch unſere Geburt, und den Reichs⸗ „ grundgeſezen in dem Koͤnigreich Poh⸗ „ len und dem Grosherzogthum Litthauen, „ eben die Vorrechte und Freiheiten, als „ die Roͤmiſchkatholiſchen genieſſen ſollen: „ ob wir gleich dem Staate eben dieſelbe „ Steuern abtragen; ob wir gleich eben „ denſelben Eifer fuͤr den Dienſt des Koͤniges „ und der Republik bezeugen, indem wir „ beſtaͤndig bereit ſind, unſere Guͤter und „ Leben dafuͤr aufzuopfern; ob wir gleich „ in allen und allenthalben demjenigen fol⸗ „ gen und nachkommen, was die Ehre, „ Treue, Glauben und unſere Schuldigkeit „ von uns fordert, daruͤber uns niemand „ einen gegruͤndeten Vorwurf machen kan; „ ſo hat man uns dennoch durch unrecht⸗ „ maͤſige Conſtitutiones, ohnerachtet der „ Proteſtationen und feierlichen Tractaten „ mit den Nordiſchen Maͤchten,(welche „ nicht mehr erlauben, dieſe Sache, als „ mit gemeinſchaftlicher Einwilligung aller „ contrahirten und garantirten Partheien, „ zu beruͤhren) ſeit dem Jahre 1717. nach „ und nach, unſere Rechte, Freiheiten und „ Befreiungen, die mit unſerm Adel ver⸗ „ knuͤpfet ſind, entzogen. Man hat uns „ den Zugang zu anſehnlichen Bedienungen „ verwehret; vom Senat, von der Gewalt, „ Geſetze zu geben und von der Gerichtsbar⸗ „ keit ausgeſchloſſen, indem man uns fuͤr un⸗ „ faͤhig, Staroſteien und koͤniglichen Guͤter „ zu beſitzen, erklaͤret hat; dergeſtalt daß wir „ uns aller Rechte unſerer Geburt beraubet „ ſehen. Wir ſind allen Bedruͤckungen und „ Verſolgungen ausgeſetzet, davon alle Ge⸗ „ richtsbarkeiten voll ſind. Dem Publico dienet zur Nachricht, daß kuͤnftigen Montag als den 4ten bevorſte⸗ henden Monat Mai Morgens fruͤhe 9 Uhr in dahieſigem Churfuͤrſtlicher Hof⸗Kammer⸗ Stall zehen Stuͤck annoch tuͤchtige Hof⸗ Kammer Fuhrpferd und zwey Maulthier an den Meiſtbiethenden oͤffentlich verſteigt werden ſollen. Wobei ſich die zu ein⸗ oder anderem Luſttragende einfinden koͤnnen. Mannheim den 28ten April 1767. Churpfaͤlziſche Hof⸗Kammer. 12 Fuder Wachenheimer Wein von de⸗ nen Jahrgaͤngen 1745 und 1746 ſind Fu⸗ derweis zu verkaufen.